Language of document : ECLI:EU:T:2013:343

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

3. Juli 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke NEO – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 – Umfang der Überprüfung durch die Beschwerdekammer – Abhängigkeit der Prüfung, ob die Klage begründet ist, von deren Zulässigkeit – Art. 59 und 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 – Begründungspflicht – Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 – Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen – Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑236/12

Airbus SAS mit Sitz in Blagnac (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Würtenberger und R. Kunze,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch O. Mondéjar Ortuño als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 23. Februar 2012 (Sache R 1387/2011‑1) über die Anmeldung des Wortzeichens NEO als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 29. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 28. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 23. Dezember 2010 meldete die Klägerin, die Airbus SAS, beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) in geänderter Fassung eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der Marke, deren Eintragung beantragt wurde, handelt es sich um das Wortzeichen NEO.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen 7, 12 und 39 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Luftfahrzeugmotoren; Maschinen und Werkzeugmaschinen, insbesondere für die Herstellung und Reparatur von Luftfahrzeugmotoren; Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge); Kupplungen und Vorrichtungen zur Kraftübertragung (ausgenommen solche für Landfahrzeuge); Motoren (außer solche für Landfahrzeuge), Turbinen, ausgenommen für Landfahrzeuge; (Hilfs-)Generatoren; Teile und Zusatzteile für die vorgenannten Waren“;

–        Klasse 12: „Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, auf dem Wasser und auf Schienen; Luftfahrzeuge; Raumfahrzeuge; Satelliten; Trägerraketen; Ballons; Flugzeugkomponenten; Apparate, Maschinen und Geräte für die Luftfahrt; Propeller; Militärfahrzeuge für den Transport, insbesondere in der Luft; Teile und Zusatzteile für alle vorgenannten Waren“;

–        Klasse 39: „Transportwesen; Lufttransporte; Lagerung von Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugteilen; Wiederverwerten und Recyclen von Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugteilen; Zertifizierung und Neuzertifizierung von Fahrzeugen; technische Flugerprobung; Luftverkehrsmanagement; Flugsicherheitsdienstleistungen; Betrieb von Flughäfen; Betankung von Fahrzeugen; Luftbetankung“.

4        Mit Schreiben vom 10. Mai 2011 teilte das HABM der Klägerin mit, dass die Marke für die von der Anmeldung erfassten Waren der Klassen 7 und 12 gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung ausgeschlossen sei. Die Eintragung wurde jedoch für die Dienstleistungen der Klasse 39 zugelassen.

5        Am 6. Juli 2011 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung eine Beschwerde beim HABM ein, die auf die Aufhebung der Entscheidung in ihrer Gesamtheit gerichtet war.

6        Mit Entscheidung vom 23. Februar 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück.

7        Vorab stellte die Beschwerdekammer fest, dass sie gemäß Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 befugt sei, von Amts wegen eine erneute Prüfung der Anmeldung im Hinblick auf alle in Art. 7 der Verordnung aufgezählten absoluten Eintragungshindernisse vorzunehmen, ohne in irgendeiner Weise durch die Begründung des Prüfers eingeschränkt zu sein. Sie zog hieraus den Schluss, dass sie zur Wiedereröffnung der Prüfung auch in Bezug auf die Dienstleistungen befugt sei, für die die Eintragung vom Prüfer zugelassen worden sei.

8        Die Beschwerdekammer prüfte die Beschwerde zunächst unter dem Gesichtspunkt von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009. Insoweit stellte sie fest, dass die Waren und Dienstleistungen sich im vorliegenden Fall sowohl an die breite Öffentlichkeit als auch an Fachkreise richteten. In Anbetracht der Art der Waren und Dienstleistungen zeige der Verbraucher einen hohen Grad an Aufmerksamkeit. Ferner wiesen die Fachkreise naturgemäß einen höheren Aufmerksamkeitsgrad auf.

9        Die Beschwerdekammer stellte sodann fest, dass das streitige Zeichen aus der Vorsilbe „neo“ bestehe, das in mindestens sechs Sprachen der Union „neu“ bedeute: im Englischen, Französischen, Deutschen, Griechischen, Spanischen und Portugiesischen. Dass der Wortbestandteil „neo“ nie allein vorkomme und immer als Vorsilbe benutzt werde, ändere an dieser Schlussfolgerung nichts. Anders als andere Vorsilben besitze nämlich der Begriff „neo“ eine eindeutige und bestimmte Bedeutung. Außerdem besitze im modernen Griechisch das Wort „neo“ eine eigene Existenz und bedeute „neu“. Die Beschwerdekammer stellte zudem fest, dass der maßgebliche Verbraucher in den oben angeführten Sprachen aus dem Begriff „neo“ selbst schließe, dass dieser sich auf etwas beziehe, das neu sei, modern sei oder dem neuesten Stand der Technik entspreche. Das in Rede stehende Zeichen sei somit bloß anpreisend und dazu bestimmt, die positiven Eigenschaften der von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen hervorzuheben.

10      Die Beschwerdekammer zog hieraus den Schluss, dass das Zeichen NEO aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise dazu dienen könne, eine wesentliche und wünschenswerte Eigenschaft der für die Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen. Der Umstand, dass die Waren oder Dienstleistungen neu oder auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden seien, stelle eine für die maßgeblichen Verbraucher attraktive Eigenschaft dar, gleichviel ob es sich um Fachleute oder Angehörige der allgemeinen Öffentlichkeit handele.

11      Die Beschwerdekammer prüfte die Beschwerde sodann unter dem Gesichtspunkt des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Hierzu stellte sie fest, dass das Wort „neo“ einen Gattungscharakter habe und in verschiedenen Zusammenhängen als anpreisender Begriff oder Werbeausdruck verwendet werde, der auf etwas hinweise, das entweder neu sei oder dem neuesten Stand der Technik entspreche. Nichts lenke den maßgeblichen Verbraucher von der gewöhnlichen Bedeutung des geprüften Wortes ab. Daher enthalte das Wort „neo“ nichts, was es über seine grundlegende Bedeutung als Werbeausdruck oder anpreisender Begriff hinaus den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglichte, es sich leicht und sofort als unterscheidungskräftige Marke für die betreffenden Waren und Dienstleistungen einzuprägen. Die Beschwerdekammer zog hieraus den Schluss, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke nicht als Hinweis auf den Ursprung sämtlicher von ihr erfasster Waren wahrnähmen.

12      Schließlich war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die angemeldete Marke nicht allein deshalb als eintragungsfähig angesehen werden könne, weil das HABM möglicherweise Zeichen zugelassen habe, die nach Auffassung der Klägerin ähnlich seien.

13      Die Beschwerdekammer stellte daher fest, dass die angemeldete Marke für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 besitze und es daher rechtmäßig sei, dass „der Prüfer die Eintragung der angefochtenen Marke abgelehnt [habe]“.

 Anträge der Parteien

14      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

15      Das HABM beantragt,

–        die Aufhebungsklage in vollem Umfang abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

16      Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe, und zwar erstens einen Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 und Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009, zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 dieser Verordnung, drittens einen Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung und viertens einen Verstoß gegen deren Art. 76.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 und Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009

17      Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch, dass sie die Prüfung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 39, für die der Prüfer die Marke zur Eintragung zugelassen habe, wieder aufgenommen habe, gegen Art. 64 Abs. 1 und Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

18      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass die Beschwerdekammer ordnungsgemäß und im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 und der Rechtsprechung gehandelt habe.

19      Der vorliegende Klagegrund wirft die Frage auf, ob eine Beschwerdekammer des HABM, die mit einer Beschwerde des Anmelders gegen die Entscheidung des Prüfers befasst ist, befugt ist, die in Rede stehende Gemeinschaftsmarkenanmeldung für alle von dieser Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, wenn der Prüfer unter Zulassung der Eintragung für die Dienstleistungen entschieden hat, die Eintragung für die Waren abzulehnen, und der Beschwerdeführer bei der Beschwerdekammer die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in ihrer Gesamtheit beantragt hat.

20      In dieser Hinsicht war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass sie gemäß Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 befugt war, von Amts wegen eine erneute Prüfung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung für alle in dieser benannten Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf alle in Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten absoluten Eintragungshindernisse vorzunehmen, obwohl der Prüfer die Eintragung für die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen bereits zugelassen hatte.

21      Nach Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 entscheidet die Beschwerdekammer nach der Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, über die Beschwerde und kann dabei im Rahmen der Zuständigkeit der Dienststelle tätig werden, die die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Aus dieser Bestimmung folgt, dass die Beschwerdekammer infolge der Wirkung der Beschwerde gegen eine Entscheidung des Prüfers, mit der eine Anmeldung zurückgewiesen wurde, eine vollständige neue Prüfung der Anmeldung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht vornehmen kann, d. h. im vorliegenden Fall, dass sie über die Anmeldung, durch ihre Zurückweisung oder Zulassung selbst entscheiden und damit die angefochtene Entscheidung entweder bestätigen oder unwirksam werden lassen kann (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnrn. 56 und 57).

22      Diese Befugnis zur Vornahme einer vollständigen neuen Prüfung der Anmeldung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht setzt jedoch die Zulässigkeit der Beschwerde bei der Beschwerdekammer voraus (vgl. entsprechend Beschluss des Gerichtshofs vom 2. März 2011, Claro/HABM, C‑349/10 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44).

23      Insoweit bestimmt aber Art. 59 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009, dass „[d]ie Beschwerde … denjenigen zu[steht], die an einem Verfahren beteiligt waren, das zu einer Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind“. Dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass die an einem Verfahren vor dem HABM Beteiligten die von der unteren Instanz erlassene Entscheidung nur anfechten können, soweit ihre Anträge in dieser Entscheidung zurückgewiesen worden sind. Soweit dagegen die untere Instanz den Anträgen eines Beteiligten stattgegeben hat, ist dieser zur Erhebung einer Beschwerde vor der Beschwerdekammer nicht mehr befugt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2011, Völkl/HABM – Marker Völkl [VÖLKL], T‑504/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Aus Art. 59 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt sich, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Prüfer eine angemeldete Gemeinschaftsmarke nur für die von der Anmeldung erfassten Waren, hingegen nicht für die darin benannten Dienstleistungen zurückgewiesen hat, die von dem Anmelder eingelegte Beschwerde sich nur auf die Ablehnung des Prüfers beziehen kann, die Eintragung für die von der Anmeldung erfassten Waren zuzulassen. Die vom Prüfer entschiedene Zulassung der Anmeldung für die Dienstleistungen kann dagegen nicht Gegenstand einer Beschwerde des Anmelders sein.

25      Folglich wurde im vorliegenden Fall, auch wenn die Klägerin bei der Beschwerdekammer eine auf Aufhebung der Entscheidung des Prüfers in ihrer Gesamtheit gerichtete Beschwerde erhoben hatte, die Beschwerdekammer gemäß Art. 59 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 mit der Beschwerde in statthafter Weise nur befasst, soweit die untere Instanz die Anträge der Klägerin zurückgewiesen hatte.

26      Infolgedessen überschritt die Beschwerdekammer die in Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 59 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 festgelegten Grenzen ihrer Befugnisse, soweit sie von Amts wegen die erneute Prüfung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung für die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen im Hinblick auf die absoluten Eintragungshindernisse gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 vornahm und dabei befand, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 dieser Verordnung im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen besitze.

27      Die angefochtene Entscheidung ist somit aufzuheben, soweit darin festgestellt wurde, dass die angemeldete Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 39, für die die Eintragung vom Prüfer zugelassen worden war, beschreibend und ohne Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 sei.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009

28      Die Klägerin meint, die Beschwerdekammer habe nicht dargetan, dass die Vorsilbe „neo“ in Alleinstellung eine eindeutige und bestimmte, für die betreffenden Fachkreise sofort erkennbare Bedeutung besitze. Wenn darüber hinaus berücksichtigt werde, dass den betreffenden Fachkreisen die Marke NEO in der „angemeldeten Form“, d. h. in Großbuchstaben, als Slogan und nicht in irgendeinen (textlichen) Zusammenhang eingebunden, beispielsweise auf einem Flugzeugrumpf, begegnen werde, könne niemand wirklich in Abrede stellen, dass diese Marke als Herkunftshinweis angesehen werde, der Unterscheidungskraft besitze.

29      Das HABM bringt vor, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die griechischen Verbraucher den Begriff „neo“ nicht dahin auffassen würden, dass er eine beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Bedeutung in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen habe. Wie in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, existiere der Begriff „neo“ als solcher im Griechischen und bedeute „neu“. Es könne vernünftigerweise angenommen werden, dass von den maßgeblichen Verkehrskreisen zumindest die griechischen Verbraucher diesen Begriff ohne Weiteres dahin auffassten, dass er einen unmittelbar beschreibenden und anpreisenden Wortsinn habe, nämlich den, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen neu seien. Das Vorbringen der Klägerin zur Schreibweise des Begriffs „neo“ in Großbuchstaben oder zu seiner Benutzung in besonderen Zusammenhängen könne den Eindruck der Verbraucher, dem der Begriff begegne, nicht aufwiegen.

30      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 nur im Hinblick auf die Waren zu prüfen ist, für die die Anmeldung vom Prüfer zurückgewiesen wurde, da als Ergebnis der Prüfung des ersten Klagegrundes die angefochtene Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009 aufzuheben ist, soweit die Anmeldemarke für die Dienstleistungen, für die der Prüfer die Anmeldung zur Eintragung zugelassen hatte, für nicht unterscheidungskräftig erklärt worden ist.

31      Was zunächst die Rüge des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 betrifft, sind nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.

32      Ein Zeichen fällt unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen. Die Wahl des Begriffs „Merkmal“ durch den Gesetzgeber hebt den Umstand hervor, dass die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen nur solche sind, die dazu dienen, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen. So kann auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 die Eintragung eines Zeichens nur dann verweigert werden, wenn vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass es von den beteiligten Verkehrskreisen tatsächlich als eine Beschreibung eines dieser Merkmale erkannt werden wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 24. April 2012, Leifheit/HABM [EcoPerfect], T‑328/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, das verlangt, dass Zeichen oder Angaben, die die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Diese Vorschrift schließt es daher aus, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. Februar 2010, O2 [Germany]/HABM [Homezone], T‑344/07, Slg. 2007, II‑153, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Des Weiteren ist nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ein Zeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es in der Sprache eines Mitgliedstaats beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig ist, selbst wenn es in einem anderen Mitgliedstaat eintragungsfähig ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. November 2011, Geemarc Telecom/HABM – Audioline [AMPLIDECT], T‑59/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon ausging, dass die von der Anmeldemarke erfassten Waren sich sowohl an die allgemeine Öffentlichkeit als auch an Fachkreise richten und dass diese maßgeblichen Verkehrskreise eine erhöhte Aufmerksamkeit aufweisen.

36      Die Klägerin bestreitet nicht, dass das Wort „neo“, wie von der Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wurde, im modernen Griechisch existiert und in dieser Sprache die Bedeutung „neu“ hat.

37      Was die Verwendung des Zeichens NEO im modernen Griechisch für die von der Anmeldung erfassten Waren betrifft, ist im Einklang mit den Ausführungen der Beschwerdekammer in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung davon auszugehen, dass der maßgebliche Verbraucher, ohne komplexe gedankliche Schritte auszuführen, dem Begriff selbst entnehmen wird, dass er auf etwas Neues, Modernes oder dem neuesten Stand der Technik Entsprechendes hinweist, und dass in dieser Sprache das Zeichen bloß anpreisend und dazu bestimmt ist, die positiven Eigenschaften der von der Anmeldung erfassten Waren herauszustellen. Die Beschwerdekammer hat sich bei diesen Erwägungen nämlich berechtigterweise auf Tatsachen gestützt, die auf der allgemeinen praktischen Erfahrung mit der Vermarktung von Waren beruhten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2011, Vuitton Malletier/HABM – Friis Group International [Darstellung eines Schließmechanismus], T‑237/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).

38      Insoweit spielt es keine Rolle, dass die maßgeblichen Verkehrskreise ein hohes Aufmerksamkeitsniveau aufweisen.

39      Wie das HABM zu Recht bemerkt hat, kommt es insoweit ebenso wenig darauf an, dass das angemeldete Zeichen in Großbuchstaben geschrieben werde und wie ein Slogan zu verwenden sein solle. Nach der Rechtsprechung des Gerichts besteht eine Wortmarke nämlich ausschließlich aus Buchstaben, Wörtern oder Wortkombinationen in normaler Schriftart ohne spezifische grafische Elemente. Der Schutz, der sich aus der Eintragung einer Wortmarke ergibt, erstreckt sich auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen grafischen oder gestalterischen Aspekte, die diese Marke möglicherweise annehmen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Mai 2008, Radio Regenbogen Hörfunk in Baden/HABM [RadioCom], T‑254/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Aufgrund dieser Erwägungen sind die Argumente der Klägerin, die sich auf die Schreibweise des Begriffs „neo“ in Großbuchstaben und seine Verwendung als Slogan stützen, zu verwerfen.

40      Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer hinsichtlich der von der Anmeldung erfassten Waren zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass das Zeichen NEO aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise, die des modernen Griechischen mächtig sind, beschreibend ist. Da die Feststellung, dass die angemeldete Marke in einem Teil der Union beschreibend ist, einen hinreichenden Grund darstellt, um die Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung auszuschließen, braucht über den möglicherweise beschreibenden Charakter des Zeichens für die fraglichen Waren in den anderen in der angefochtenen Entscheidung genannten Sprachen nicht entschieden zu werden.

41      Somit ist die Rüge des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurückzuweisen.

42      Was zweitens die Rüge des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 angeht, ist zu beachten, dass zwischen dem Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und dem ihres Art. 7 Abs. 1 Buchst. b eine gewisse Überschneidung besteht, da beschreibende Zeichen, auf die Art. 7 Abs. 1 Buchst. c abzielt, auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung haben. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b unterscheidet sich dadurch von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c, dass er alle Umstände erfasst, unter denen ein Zeichen nicht die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden vermag (Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, Slg. 2011, I‑1541, Randnrn. 46 und 47).

43      Im vorliegenden Fall stützte die Beschwerdekammer ihre Feststellung der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auf den beschreibenden Charakter des fraglichen Zeichens. So führte sie in Randnr. 34 der angefochtenen Entscheidung aus, dass das Wort „neo“ einen Gattungscharakter habe und in verschiedenen Zusammenhängen als anpreisender Begriff oder Werbebegriff verwendet werde, der auf etwas hinweise, das entweder neu sei oder den neuesten technischen Entwicklungen entspreche. Dabei werde der maßgebliche Verbraucher durch nichts von dem gewöhnlichen Sinn des untersuchten Wortes abgebracht.

44      Wie oben in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils angegeben, muss das Zeichen NEO für die von der Anmeldung erfassten Waren als aus der Sicht der maßgeblichen, des modernen Griechischen mächtigen Verkehrskreise beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 angesehen werden. Gemäß der in Randnr. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung genügt der bloße Befund, dass das Zeichen NEO beschreibend ist, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass das Zeichen im modernen Griechisch aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise für die von der Anmeldung erfassten Waren auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 hatte.

45      Da die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke in einem Teil der Union einen hinreichenden Grund darstellt, um die Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung auszuschließen, braucht über die möglicherweise vorhandene Unterscheidungskraft des Zeichens in den anderen in der angefochtenen Entscheidung genannten Sprachen nicht entschieden zu werden.

46      Folglich konnte die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei feststellen, dass das Zeichen NEO für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 besitzt.

47      Der zweite Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

48      Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, da sie die frühere Eintragungspraxis des HABM und der nationalen Ämter der Mitgliedstaaten der Union außer Acht gelassen und zudem Entscheidungen des HABM zur Marke NEO nicht berücksichtigt habe. Die Beschwerdekammer habe eine Entscheidung erlassen, die der Praxis des HABM zuwiderlaufe, ohne ihren abweichenden Standpunkt durch eine objektive und ausführliche Rechtfertigung zu stützen. Durch die Nichtberücksichtigung von Eintragungen der Marke NEO in den Mitgliedstaaten der Union habe die Beschwerdekammer ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sowie ihren Anspruch auf eine vollständige Begründung der Entscheidung verletzt. Zudem genüge die Argumentation der Beschwerdekammer, dass die Vorsilbe „neo“ in mindestens sechs Sprachen der Union „neu“ bedeute, nicht den in Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Anforderungen. Diese Argumentation sei zu vage und erlaube es ihr nicht, die Tragweite der Versagungsgründe zu bestimmen. Jedoch müsse die Klägerin wissen, auf welche genauen Mitgliedstaaten sich die Zurückweisung der Anmeldung nach Auffassung der Beschwerdekammer beziehe, da sie beabsichtigen könnte, ihre Gemeinschaftsmarkenanmeldung in nationale Anmeldungen umzuwandeln.

49      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass die Beschwerdekammer weder an seine frühere Praxis noch an die Praxis der nationalen Ämter gebunden sei. Dies habe die Beschwerdekammer in ihren Entscheidungsgründen zutreffend dargelegt. Zudem fänden nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 die Bestimmungen des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorlägen. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdekammer mindestens sechs Sprachen angegeben, in denen die Marke beschreibend sei. Was das in der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Umwandlungsverfahren angehe, stelle es nur eine Option des Anmelders dar, so dass die Rüge, im Hinblick auf einen etwaigen Umwandlungsantrag lasse sich nicht die territoriale Reichweite der Zurückweisung bestimmen, nur eine künftige und ungewisse rechtliche Situation betreffe. Ein Kläger könne sich jedoch nicht auf solche künftigen und ungewissen rechtlichen Situationen berufen, um sein Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Rechtsakts darzutun.

50      Erstens ist zu dem Vorbringen, die Entscheidungspraxis des HABM sei nicht beachtet worden, darauf hinzuweisen, dass das HABM verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. Es muss im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht. Die Anwendung dieser Grundsätze muss jedoch mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Somit kann sich derjenige, der ein Zeichen als Marke anmeldet, nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Demgemäß muss diese Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. November 2012, Hartmann/HABM [Nutriskin Protection Complex], T‑415/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer umfassenden Prüfung und unter Berücksichtigung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise festgestellt, dass die angemeldete Marke im modernen Griechisch einen auf der Hand liegenden Hinweis auf die Art und die Beschaffenheit der von der Anmeldung erfassten Waren darstelle. Wie aus den Randnrn. 40 bis 46 des vorliegenden Urteils hervorgeht, genügt diese Feststellung für sich genommen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der Eintragung des Wortzeichens NEO als Gemeinschaftsmarke für die fraglichen Waren die absoluten Eintragungshindernisse nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 entgegenstehen. Demnach wurde entgegen dem Vorbringen der Klägerin ihre Anmeldung des Wortzeichens NEO als Gemeinschaftsmarke für die beanspruchten Waren im Einklang mit der Rechtsprechung auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung und Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 der Beurteilung unterzogen.

52      Da sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit des Zeichens NEO als Gemeinschaftsmarke somit unmittelbar auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 gründet, kann sie nach der oben in Randnr. 50 angeführten Rechtsprechung nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht der Entscheidungspraxis des HABM gefolgt sei.

53      Was zweitens das Argument der Nichtbeachtung der Eintragungspraxis der nationalen Ämter der Mitgliedstaaten betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die in den Mitgliedstaaten bereits vorliegenden Eintragungen nach ständiger Rechtsprechung nur einen Umstand darstellen, der für die Zwecke des Verfahrens zur Eintragung einer Gemeinschaftsmarke lediglich berücksichtigt werden kann, ohne entscheidend zu sein (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Mai 2012, Asa/HABM – Merck [FEMIFERAL], T‑110/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da im Übrigen die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System ist, ist nämlich weder das HABM noch gegebenenfalls der Unionsrichter durch eine Entscheidung gebunden, die auf der Ebene eines Mitgliedstaats ergangen ist und die das betreffende Zeichen zur Eintragung als nationale Marke zulässt (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg. 2008, II‑1927, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Da sich im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens als Gemeinschaftsmarke für die fraglichen Waren unmittelbar auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 gründet (siehe oben, Randnr. 51), kann sie nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht der Entscheidungspraxis bestimmter nationaler Ämter der Mitgliedstaaten gefolgt sei.

55      Was drittens die Rüge betrifft, es liege ein Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 vor, weil die Argumentation der Beschwerdekammer zu vage sei, macht die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen zum Vorwurf, sie habe in unbestimmter Weise die Behauptung aufgestellt, dass die Vorsilbe „Neo“ in „mindestens sechs Sprachen der Union“ die Bedeutung „neu“ habe. Nach Darstellung der Klägerin erlaube ihr diese Feststellung keine Entscheidung darüber, in welchen Mitgliedstaaten sie die Umwandlung ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung in eine Anmeldung für eine nationale Marke gemäß den Art. 112 ff. der Verordnung Nr. 207/2009 beantragen könne. Da sie die Umwandlung nur in den Mitgliedstaaten beantragen könne, in denen das vom HABM festgestellte Eintragungshindernis nicht vorliege, sei eine eingehende Prüfung der Rechtslage in den verschiedenen Mitgliedstaaten erforderlich gewesen. Da die Beschwerdekammer ihr eine solche eingehende Prüfung nicht zur Verfügung gestellt habe, habe sie gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

56      Gemäß Art. 112 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 findet eine Umwandlung einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung oder einer Gemeinschaftsmarke in eine Anmeldung einer nationalen Marke nicht statt, wenn Schutz in einem Mitgliedstaat begehrt wird, in dem gemäß der Entscheidung des HABM der Anmeldung oder der Gemeinschaftsmarke ein Eintragungshindernis oder ein Verfalls- oder Nichtigkeitsgrund entgegensteht.

57      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung das HABM nur zur Beachtung des Inhalts einer solchen Entscheidung verpflichtet, wenn eine solche vorliegt. Dagegen kann diese Bestimmung nichts an der Geltung des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ändern, dem zufolge die in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Eintragungshindernisse auch dann Anwendung finden, wenn diese Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen. Eine Auslegung von Art. 112 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 dahin, dass die Beschwerdekammer, die über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Anmeldung durch den Prüfer wegen des beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen Charakters der angemeldeten Marke in einem Teil der Union im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 entscheidet, auch dann zur Vornahme einer eingehenden Prüfung der Unterscheidungskraft des Zeichens in allen Mitgliedstaaten verpflichtet wäre, wenn auf der Hand liegt, dass das Zeichen in der Sprache eines Mitgliedstaats aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise für die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen einen beschreibenden Charakter hat, entstellte den Inhalt der in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 niedergelegten Regel.

58      Folglich kann nicht angenommen werden, dass Art. 112 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Art. 75 dieser Verordnung auch darauf abzielte, die Beschwerdekammer, die über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Anmeldung durch den Prüfer wegen des beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen Charakters der angemeldeten Marke in einem Teil der Union im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 entscheidet, zur Vornahme einer eingehenden Prüfung der Unterscheidungskraft des Zeichens für die angemeldeten Dienstleistungen oder Waren in allen Mitgliedstaaten zu verpflichten.

59      Daher ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009

60      Mit dem vierten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen habe, da sie ihre Entscheidung nicht mit Nachweisen dafür untermauert habe, dass die Bezeichnung „Neo“ in Alleinstellung im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in der hier betroffenen Branche, sowie in mindestens sechs europäischen Sprachen als Gattungsbegriff oder in einem anpreisenden oder werbenden Sinne benutzt werde. Die Beschwerdekammer habe sich mit allgemeinen und nicht gerechtfertigten Behauptungen begnügt, ohne die Tatsachen des vorliegenden Falles zu prüfen.

61      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

62      Hierzu ist festzustellen, dass es, auch wenn das HABM gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 von Amts wegen den relevanten Sachverhalt zu ermitteln hat, der es zu der Feststellung veranlassen könnte, dass ein absolutes Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vorliegt, hingegen dann, wenn ein Kläger geltend macht, eine Anmeldemarke habe entgegen der vom HABM vorgenommenen Beurteilung Unterscheidungskraft, Sache des Klägers ist, durch konkrete und fundierte Angaben darzulegen, dass die Anmeldemarke Unterscheidungskraft entweder von Haus aus besitzt oder durch Benutzung erworben hat (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM, C‑238/06 P, Slg. 2007, I‑9375, Randnrn. 49 und 50).

63      Im vorliegenden Fall stützte die Beschwerdekammer ihre Auffassung, dass die angemeldete Marke beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft habe, insbesondere auf die Feststellung, dass das Wort „neo“ als solches im modernen Griechisch existiere und in dieser Sprache „neu“ bedeute, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise dem Zeichen NEO im modernen Griechisch in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren entnähmen, dass dieses Zeichen auf etwas hinweise, das neu sei, modern sei oder dem letzten Stand der Technik entspreche.

64      Wie in den Randnrn. 35 ff. des vorliegenden Urteils ausgeführt, bildet diese Feststellung des beschreibenden Charakters und der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke in einem Teil der Union einen hinreichenden Grund, um die Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung auszuschließen.

65      Darüber hinaus ist zu konstatieren, dass die Klägerin keine konkreten und belegten Angaben vorgebracht hat, um darzutun, dass das Zeichen NEO in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise im modernen Griechisch in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren unterscheidungskräftig und nicht beschreibend sein könnte.

66      Folglich kann das Vorbringen, es sei gegen den in Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 normierten Grundsatz der Sachverhaltsermittlung von Amts wegen verstoßen worden, keinen Erfolg haben. Somit ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

67      Da der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 und Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht wird, begründet ist, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit in ihr festgestellt worden ist, dass die Anmeldemarke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 39, für die der Prüfer die Marke zur Eintragung zugelassen hatte, beschreibend und ohne Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ist. Da die übrigen Klagegründe nicht begründet sind, ist die Klage im Übrigen abzuweisen.

 Kosten

68      Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall ist, da dem Antrag der Klägerin nur in Bezug auf die Dienstleistungen stattgegeben wurde, für die der Prüfer die Eintragung zugelassen hatte, zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 23. Februar 2012 (Sache R 1387/2011‑1) wird aufgehoben, soweit sie die Dienstleistungen der Klasse 39 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung betrifft.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Juli 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.