Language of document :

Klage, eingereicht am 18. Juli 2023 – Evroins inshurans grup/EIOPA

(Rechtssache T416/23)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Klägerin: Evroins inshurans grup AD (Sofia, Bulgarien) (vertreten durch Rechtsanwältin A. Morogai sowie Rechtsanwälte F. Giurgea und H. Drăghici)

Beklagte: Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung

Anträge

Die Klägerin beantragt, eine Entscheidung zu erlassen, in der festgestellt wird, dass

die EIOPA ihre normierten Befugnisse in Bezug auf ihre Rolle und ihre Beteiligung an der Initiierung, Ausarbeitung und Herausgabe der von ihr vorgenommenen Beurteilung der Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung für das Kfz-Haftpflichtportfolio der Euroins Romania Asigurare – Reasigurare SA (EIOPA-23-149) vom 28. März 2023 (im Folgenden: Bericht der EIOPA) überschritten hat;

die EIOPA dadurch die Rechte der Evroins inshurans grup (im Folgenden: Euroins) und der Euroins Romania Asigurare – Reasigurare SA (im Folgenden: Euroins Romania) verletzt und in überzogener und diskriminierender Weise gehandelt hat, dass sie keine Stellungnahme von Euroins Romania zu den Schlussfolgerungen des Berichts der EIOPA angefordert und Euroins Romania keinen Zugang zum Bericht der EIOPA selbst gewährt hat;

die EIOPA dadurch gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Unabhängigkeit, der Objektivität und der Transparenz verstoßen hat, dass sie Euroins und Euroins Romania den Bericht der EIOPA vorenthalten hat; und

der Bericht der EIOPA ab dem Tag seiner Herausgabe für nichtig erklärt wird.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe.

Erstens habe die EIOPA ihre rechtlichen Befugnisse bei der Initiierung, Ausarbeitung und Herausgabe des Berichts der EIOPA überschritten:

Die durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Befugnisse der EIOPA seien bei der Herausgabe des Berichts der EIOPA verletzt worden, da die Verordnung Nr. 1094/2010 weder eine Rechtsgrundlage noch normierte Befugnisse für die EIOPA vorsehe, eigene Beurteilungen der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung für das Kfz-Haftpflichtportfolio einer in einem EU-Mitgliedstaat tätigen Versicherungsgesellschaft zu initiieren oder durchzuführen oder einen Bericht wie den Bericht der EIOPA mit den Schlussfolgerungen einer solchen Beurteilung herauszugeben;1

die EIOPA habe ihre normierten Befugnisse und ihre Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 1094/2010 überschritten, indem sie die Beurteilung der Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung für das Kfz-Haftpflichtportfolio der Euroins Romania Asigurare – Reasigurare SA durchgeführt und den Bericht der EIOPA herausgegeben habe, da derartige Befugnisse nach der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates den nationalen Aufsichtsbehörden vorbehalten seien.1

Zweitens habe die EIOPA bei der Herausgabe des Berichts der EIOPA gegen die Verordnung Nr. 1094/2010, die Richtlinie 2009/138 und die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung, der Unabhängigkeit, der Objektivität und der Transparenz verstoßen:1

Die EIOPA habe die Beurteilung der versicherungstechnischen Rückstellungen vor und nach Rückversicherung für das Kfz-Haftpflichtportfolio von Euroins Romania durchgeführt, ohne der betreffenden Versicherungsgesellschaft, d. h. Euroins Romania, Gelegenheit zu geben, in diese Beurteilung miteinbezogen zu werden, der EIOPA aktuelle, vollständige und genaue technische und finanzielle Daten zur Verfügung zu stellen, die für eine solche Beurteilung erforderlich seien, oder zu den Schlussfolgerungen der Beurteilung der EIOPA, die im Bericht der EIOPA festgehalten worden seien, jedenfalls vor der Herausgabe dieses Berichts Stellung zu nehmen;

die EIOPA habe Euroins und Euroins Romania den Zugang zum Bericht der EIOPA verweigert und gleichzeitig die Bekanntgabe dieses Berichts an die rumänischen Gerichte gestattet;

die Herausgabe des Berichts der EIOPA sei durch keine Krise, wie sie in Art. 18 der Verordnung Nr. 1094/2010 geregelt sei, ausgelöst worden und daher überzogen gewesen;

durch den Bericht der EIOPA diskriminiere die EIOPA Euroins Romania verglichen mit anderen Versicherungsunternehmen in Rumänien und anderen Mitgliedstaaten;

mit dem Bericht der EIOPA werde Euroins Romania ungerecht behandelt, indem es diesem Unternehmen nicht gestattet werde, von den Schlussfolgerungen der EIOPA Kenntnis zu nehmen, sie zu bewerten und zu ihnen Stellung zu nehmen;

der Bericht der EIOPA sei unter Verstoß gegen folgende Verpflichtungen der EIOPA herausgegeben worden: „Verhinderung von Aufsichtsarbitrage und Förderung gleicher Wettbewerbsbedingungen“, „Verbesserung der Angleichung der Aufsicht im gesamten Binnenmarkt“ und „[Sicherstellung], dass alle Interessensvertreter fair behandelt werden“, wie in Art. 1 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1094/2010 vorgesehen.

Drittens sei der Bericht der EIOPA unter Ermessensmissbrauch der EIOPA herausgegeben worden:

Indem die EIOPA i) Euroins Romania zu keinem Zeitpunkt der Beurteilung über deren Verlauf informiert habe, ii) Euroins Romania nicht die Möglichkeit gegeben habe, der EIOPA im Laufe der Beurteilung Einzelheiten/Stellungnahmen/Informationen usw. vorzulegen, und iii) die Bekanntgabe des Berichts der EIOPA an die Gerichte ermöglicht habe, habe sie die rumänische Finanzaufsichtsbehörde bei ihrer voreingenommenen und rechtswidrigen Untersuchung von Euroins Romania und schließlich dem Ausschluss dieses Unternehmens vom rumänischen Versicherungsmarkt unterstützt;

es bestehe eine Divergenz zwischen den Zielen, für die der EIOPA gemäß dem AEUV und der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 Aufsichtsbefugnisse übertragen worden seien, und dem tatsächlichen Ziel und Ergebnis des Berichts der EIOPA, nämlich die rumänische Finanzaufsichtsbehörde bei rechtswidrigen und voreingenommenen Untersuchungen betreffend Euroins Romania zu unterstützen, die Bekanntgabe von Informationen hierüber an die Gerichte zu ermöglichen und letztlich das Recht von Euroins Romania auf eine faire Beurteilung ihrer tatsächlichen finanziellen Lage und auf ein faires Verfahren zu beschränken.

____________

1 Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. 2010, L 331, S. 48).

1 Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung) (ABl. 2009, L 335, S. 1).

1 Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) Text von Bedeutung für den EWR (ABl. 2015, L 12, S. 1).