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Klage, eingereicht am 5. Januar 2007 - Belgien / Kommission

(Rechtssache T-5/07)

Verfahrenssprache: Französisch

Parteien

Kläger: Königreich Belgien (Prozessbevollmächtigte: L. Van den Broeck, Rechtsanwälte J. P. Buyle und C. Steyaert)

Beklagte: Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Anträge

Der Kläger beantragt,

die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

die Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 2006 für nichtig zu erklären, soweit die "ESF-Altforderungen", die er freiwillig, aber vorbehaltlich aller prozessualen Rechte am 21. Dezember gezahlt hat, als nicht verjährt angesehen werden;

festzustellen, dass diese Forderungen nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95/EG verjährt waren, und die Europäische Kommission zu verurteilen, ihm den Betrag von 631 177,60 Euro zuzüglich Verzugszinsen ab 21. Dezember 2004 nach dem Leitzins der EZB erhöht um 3,5 Prozentpunkte zurückzuzahlen;

hilfsweise, die Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 2006 für nichtig zu erklären, soweit darin angenommen wird, dass die Nichtzahlung von streitigen ESF-Altschulden Zinsen verursacht, und die Europäische Kommission zu verurteilen, ihm die Zinsen, die er für die streitigen Forderungen bezahlt hat, nämlich den Betrag von 377 724,99 Euro zuzüglich Verzugszinsen ab 21. Dezember 2004 nach dem Leitzins der EZB erhöht um 3,5 Prozentpunkte zurückzuzahlen;

weiter hilfsweise, die Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 2006 in Bezug auf den geforderten Zinssatz für nichtig zu erklären; folglich festzustellen, dass sich dieser Zinssatz entsprechend dem von der EZB für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz ändert, so wie er im Amtsblatt veröffentlicht wird, und die Kommission zu verurteilen, ihm die Differenz zu den zu viel gezahlten Zinsen für die streitigen Forderungen zuzüglich Verzugszinsen ab 21. Dezember 2004 nach dem Leitzins der EZB erhöht um 3,5 Prozentpunkte zurückzuzahlen;

der Kommission jedenfalls die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Mit der vorliegenden Klage beantragt der Kläger die Nichtigerklärung der in dem Schreiben vom 18. Oktober 2006 enthaltenen Entscheidung der Kommission, mit dem sie es ablehnte, dem Kläger den Betrag zurückzuzahlen, den dieser aufgrund von Altforderungen des Europäischen Sozialfonds gezahlt hatte, und dessen Rückzahlung er wegen der Verjährung dieser Forderungen und hilfsweise wegen des Fehlens einer rechtlichen Grundlage für die Zinsforderung verlangt.

Im Zeitraum von 1987 bis 1992 verlangte die Kommission vom Kläger mit Entscheidungen, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 2950/83/EWG1 und der Entscheidung 83/673/EWG2 ergingen, die Rückerstattung von Beträgen, die verschiedenen belgischen Einrichtungen (Projektträgern) in der Form von Beihilfen gezahlt worden waren, und die diese nicht verwendet hatten. Der Kläger leitete die von der Kommission ausgestellten Belastungsanzeigen an die betroffenen Projektträger weiter. Manche von ihnen führten die Rückzahlungen direkt an die Kommission aus, während andere einen Briefwechsel mit der Kommission über die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Rückzahlung begannen. Eine erneute Diskussion wurde auf Initiative der Kommission im Jahr 2002 eingeleitet. Im Jahr 2004 verrechnete die Kommission die Beträge, die aufgrund der streitigen ESF-Altforderungen (zwischen dem 15. Januar 1987 und dem 31. Dezember 1991 ausgestellte Belastungsanzeigen) zuzüglich Verzugszinsen ab Ausstellung der Belastungsanzeigen geschuldet wurden, mit den Forderungen des Klägers gegenüber der Kommission im Rahmen der Verwaltung des Europäischen Sozialfonds. Diese Verrechnungen und die von der Kommission festgesetzten Zinsen wurden vom Kläger mit der Begründung beanstandet, dass die Schuld verjährt sei und es keine rechtliche Grundlage für die Festsetzung von Verzugszinsen gebe. Trotzdem bezahlte das Königreich Belgien, um einen möglichen Zinsenlauf zu beenden, einen Betrag, der der Restschuld für die nicht verrechneten Forderungen des ESF entsprach. Gleichzeitig führte es aus, dass es die in den Schreiben vertretenen Argumente nicht aufgebe und sich das Recht vorbehalte, die Rückzahlung dieser Beträge entsprechend der Begründetheit ihrer Argumente zu verlangen. Die Kommission antwortete mit Schreiben vom 19. Januar 2005, in dem sie sich zu den Einwänden des Klägers äußerte. Dieses Schreiben war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, die das Königreich Belgien beim Gericht erster Instanz eingereicht hatte. Mit Beschluss vom 2. Mai 2006 wurde die Klage als unzulässig abgewiesen, weil das streitige Schreiben keine anfechtbare Handlung im Sinne des Art. 230 EG sei3.

Am 29. Juni 2006 richtete der Kläger ein weiteres Schreiben an die Kommission und forderte die Rückzahlung des Betrags, der der Restschuld für die nicht verrechneten Forderungen des ESF entsprach und den er gezahlt hatte, um einen möglichen Zinsenlauf zu beenden, auf der Grundlage der vorher geltend gemachten Argumente zur Verjährung der Forderung und zum Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die Zinsforderung. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 teilte die Kommission ihre Weigerung mit, der geforderten Rückerstattung nachzukommen. Es handelt sich dabei um die mit der vorliegenden Klage angefochtene Handlung.

Zur Stützung seiner Anträge trägt der Kläger vor, dass die einzige europäische Regelung, die die Rückforderung von Beträgen, die nicht entsprechend den sie betreffenden europäischen Bestimmungen verwendet worden seien, durch die Kommission auf allgemeine Weise behandele, die Verordnung Nr. 2988/95/EG4 sei. Art. 3 dieser Verordnung, der Fristen für die Verfolgungsverjährung vorsehe, sei im vorliegenden Fall anzuwenden. Falls das Gericht der Ansicht sei, dass er der Kommission die Verjährungsfristen des Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/95/EG nicht entgegenhalten könne, sei Art. 2 Abs. 4 derselben Verordnung heranzuziehen und belgisches Recht zur Dauer der Verjährung für "persönliche" Klagen anzuwenden.

Zur Stützung der hilfsweise gestellten Anträge in Bezug auf die Unrichtigkeit der rechtlichen Grundlage, auf die sich die Kommission bei der Forderung von Verzugszinsen vom Kläger gestützt hat, macht das Königreich Belgien geltend, dass die Kommission durch die Anwendung von Art. 86 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2342/2002/EG5 über Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung einen Fehler begangen habe. Es gebe eine besondere Regelung, die dieser Verordnung derogiere, und nach dieser besonderen Regelung könne sich die Kommission zur Bestimmung der möglicherweise zu zahlenden Zinsen nur auf die Regelung der Verwaltung des ESF stützen, die Ursprung der Forderungen sei, deren Rückzahlung die Kommission verlange. In dieser Hinsicht könne die Kommission nur Zinsen verlangen, soweit diese vorgesehen seien, was nach Ansicht des Klägers zu dieser Zeit nicht der Fall gewesen sei.

Weiter hilfsweise trägt der Kläger vor, dass entgegen der Entscheidung der Kommission der geforderte Zinssatz variabel gewesen sei. Folglich beantragt er, die Kommission zur Rückzahlung der Zinsen, die er in Bezug auf die streitigen Forderungen zu viel bezahlt habe, zu verurteilen.

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1 - Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds, ABl. L 289, S. 1.

2 - Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1983 über die Verwaltung des Europäischen Sozialfonds, ABl. L 377, S. 1.

3 - Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 2. Mai 2006, Königreich Belgien/Kommission (Rechtssache T-134/05, Slg. 2006, II-0000).

4 - Verordnung (EG, Euratom) des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. L 312, S. 1.

5 - Verordnung (EG, Euratom) der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. L 357, S. 1.