Language of document : ECLI:EU:T:2014:10

Rechtssache T‑528/11

Aloe Vera of America, Inc.

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke ‒ Widerspruchsverfahren ‒ Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke FOREVER ‒ Ältere nationale Bildmarke 4 EVER - Relatives Eintragungshindernis ‒ Verwechslungsgefahr ‒ Ähnlichkeit der Zeichen ‒ Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ‒ Ernsthafte Benutzung der älteren Marke ‒ Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 16. Januar 2014

1.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Begriff – Auslegung unter Berücksichtigung des Normzwecks von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 42 Abs. 2 und 3)

2.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Begriff – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 42 Abs. 2 und 3)

3.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Anwendung der Kriterien auf den konkreten Fall

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 42 Abs. 2 und 3)

4.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Prüfung des Widerspruchs – Nachweis der Benutzung der älteren Marke – Ernsthafte Benutzung – Beurteilungskriterien – Erfordernis konkreter und objektiver Beweise

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 42 Abs. 2 und 3)

5.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

6.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke – Bildmarken FOREVER und 4 EVER

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

1.      Der Normzweck des Erfordernisses, dass die ältere Marke im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke ernsthaft benutzt worden sein muss, um einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung entgegengehalten werden zu können, besteht darin, Markenkonflikte zu begrenzen, soweit kein berechtigter wirtschaftlicher Grund vorliegt, der einer tatsächlichen Funktion der Marke auf dem Markt entspringt. Dagegen zielt diese Bestimmung weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen Verwertungen von Marken vorzubehalten.

(vgl. Rn. 23)

2.      Eine Marke wird im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird.

Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke.

Bezüglich des Umfangs der Benutzung der älteren Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen.

(vgl. Rn. 24-26)

3.      Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer älteren Marke im konkreten Fall ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren vorzunehmen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt.

Der erzielte Umsatz und die Zahl der unter der älteren Marke verkauften Waren können nicht absolut beurteilt werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen relevanten Umständen wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, sowie den charakteristischen Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt gesehen werden. Daher braucht die Benutzung der älteren Marke nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden. Selbst eine geringfügige Benutzung kann also als ernsthaft eingestuft werden, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen. Folglich ist es nicht möglich, von vornherein und abstrakt zu bestimmen, ab welcher mengenmäßigen Grenze eine Benutzung als ernsthaft anzusehen ist, so dass ein Mindestmaß der Benutzung, das das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) oder auf eine entsprechende Klage hin das Gericht daran hindern würde, sämtliche Umstände des ihnen unterbreiteten Streitfalls zu würdigen, nicht festgesetzt werden kann.

(vgl. Rn. 27, 28)

4.      Die ernsthafte Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen. Außerdem gilt gemäß Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung als Nachweis der ernsthaften Benutzung einer nationalen oder Gemeinschaftsmarke, auf die ein Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung gestützt ist, auch der Nachweis der Benutzung der älteren Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dadurch die Unterscheidungskraft der Marke zu beeinflussen.

(vgl. Rn. 29, 30)

5.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 48, 49, 80)

6.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 51, 52, 84)