Language of document : ECLI:EU:C:2009:284

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

13. Januar 2010(*)

„Vorabentscheidungsersuchen – Antrag auf Zulassung als Streithelfer – Unzulässigkeit “

In den verbundenen Rechtssachen C‑92/09 und C‑93/09

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Amtsgericht Wiesbaden (Deutschland) mit Entscheidungen vom 27. Februar 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 6. März 2009, in den Verfahren

Volker und Markus Schecke GbR (C‑92/09),

Hartmut Eifert (C-93/09)

gegen

Land Hessen

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

auf Vorschlag des Berichterstatters K. Lenaerts,

nach Anhörung der Generalanwältin E. Sharpston

folgenden

Beschluss

1        Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Gültigkeit der Art. 42 Nr. 8b und 44a der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1437/2007 des Rates vom 26. November 2007 (ABl. L 322, S. 1) geänderten Fassung, die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 259/2008 der Kommission vom 18. März 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 76, S. 28) und der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105, S. 54) sowie die Auslegung der Art. 7 Buchst. e, 18 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich und 20 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31).

2        Mit Antragsschrift vom 23. Juni 2009 hat Herr Breyer beantragt, in den vorliegenden Rechtssachen als Streithelfer zugelassen zu werden, um zu den vom Verwaltungsgericht Wiesbaden vorgelegten Vorabentscheidungsfragen Erklärungen abzugeben.

3        Zur Begründung seines Antrags stützt sich Herr Breyer auf die Art. 23 und 40 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Er macht geltend, er habe ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Verfahrens zur Beantwortung der Vorabentscheidungsersuchen durch den Gerichtshof, könne jedoch den Ausgangsverfahren nicht beitreten, so dass nur eine Streithilfe in den vorliegenden Verfahren es ihm erlaube, sein Grundrecht auf rechtliches Gehör auszuüben. Im Übrigen greife die Richtlinie 2006/24, deren Gültigkeit vom vorlegenden Gericht in Zweifel gezogen werde, in seine Grundrechte ein, insbesondere in die durch die Art. 8 und 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unterzeichnet in Rom am 4. November 1950, verliehenen Rechte. Könnte der Antragsteller den vorliegenden Verfahren nicht beitreten, würde dies gegen die Art. 6 Abs. 1 und 13 der Konvention verstoßen.

4        In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Recht, als Streithelfer vor dem Gerichtshof aufzutreten, in Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs geregelt ist, der dieses Recht natürlichen und juristischen Personen zuerkennt, wenn diese glaubhaft machen, ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits zu haben. Dieser Artikel bestimmt außerdem, dass mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können. Somit gilt dieser Artikel für Streitverfahren vor dem Gerichtshof zur Entscheidung eines Rechtsstreits (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 30. März 2004, ABNA u. a., C‑453/03, Randnr. 14, vom 25. Mai 2004, Parking Brixen, C‑458/03, Randnr. 5, und vom 9. Juni 2006, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., Randnr. 7).

5        Art. 234 EG, auf dessen Grundlage die vorliegenden Rechtssachen anhängig gemacht worden sind, eröffnet kein Streitverfahren zur Entscheidung eines Rechtsstreits, sondern hat ein Verfahren eingeführt, das den nationalen Gerichten, um eine einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch eine Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und ihnen zu gewährleisten, ermöglichen soll, um eine Auslegung der Gemeinschaftsvorschriften zu ersuchen, die sie auf die bei ihnen anhängigen Streitsachen anwenden (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 12. September 2007, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, C‑73/07, Slg. 2007, I‑7075, Randnr. 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

6        Daraus folgt, dass ein Beitritt im Vorabentscheidungsverfahren nicht möglich ist (vgl. die Beschlüsse Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., Randnr. 9, sowie Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, Randnr. 10).

7        In den in Art. 267 AEUV genannten Fällen wird die Beteiligung am Verfahren durch Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs geregelt, wonach das Recht, beim Gerichtshof Schriftsätze einzureichen oder Stellungnahmen abzugeben, nur den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission sowie gegebenenfalls den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union, die die Maßnahme erlassen hat, deren Gültigkeit oder Auslegung angefochten wird, den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, der EFTA‑Überwachungsbehörde und Drittstaaten zusteht. Mit dem Ausdruck „beteiligte Parteien“ meint diese Bestimmung nur diejenigen Personen, die in dem Verfahren vor dem nationalen Gericht Parteistellung haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. März 1973, Bollmann, 62/72, Slg. 1973, 269, Randnr. 4, sowie Beschluss Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia, Randnr. 11).

8        Da Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs diesem keinen Beurteilungsspielraum für die Ausdehnung des Rechts, in einem Vorabentscheidungsverfahren Schriftsätze einzureichen oder Stellungnahmen abzugeben, auf natürliche oder juristische Personen, die nicht ausdrücklich vorgesehen sind, belässt (vgl. in diesem Sinne Beschluss Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., Randnr. 14), kann eine Person wie Herr Breyer, die nicht die Eigenschaft einer „beteiligten Partei“ im Sinne von Art. 23 der Satzung hat, nicht berechtigt sein, vor dem Gerichtshof Erklärungen zu den vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen abzugeben, selbst wenn diese Person der Ansicht ist, dass der Gemeinschaftsakt, dessen Gültigkeit von diesem Gericht in Frage gestellt wird, geeignet ist, ihre Grundrechte zu beeinträchtigen.

9        Da dem Antrag von Herrn Breyer weder auf der Grundlage von Art. 40 noch auf der von Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs stattgegeben werden kann, ist er als unzulässig zurückzuweisen.

 Kosten

10      Da keine Kosten angefallen sind, ist hierüber nicht zu entscheiden.

Aus diesen Gründen hat der Präsident des Gerichtshofs beschlossen:

1.      Der Antrag von Herrn Breyer auf Zulassung als Streithelfer wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Über die Kosten ist nicht zu entscheiden.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.