Language of document : ECLI:EU:T:2014:895

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

16. Oktober 2014(*)

„Staatliche Beihilfen – Elektrischer Strom – Vorzugstarife – Beschluss, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten – Nichtigkeitsklage – Nicht anfechtbare Handlung – Zum Zeitpunkt der Klageerhebung vollständig durchgeführte Beihilfemaßnahme – Unzulässigkeit

In der Rechtssache T‑129/13

Alpiq RomIndustries Srl mit Sitz in Bukarest (Rumänien),

Alpiq RomEnergie Srl mit Sitz in Bukarest,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Wollmann und F. Urlesberger,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, T. Maxian Rusche und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2012) 2542 endg. der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 über die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die staatliche Beihilfe SA.33451 (2012/C) (ex 2012/NN) – Rumänien – Mutmaßliche Vorzugstarife in Verträgen zwischen Hidroelectrica S.A. und Stromhändlern

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich, des Richters J. Schwarcz (Berichterstatter) und der Richterin V. Tomljenović,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

1        Die Klägerinnen, die Alpiq RomIndustries Srl (im Folgenden: ARI) und die Alpiq RomEnergie Srl (im Folgenden: ARE), sind in Rumänien niedergelassene Stromhändler. Am 29. November 2004 schloss ARI, damals unter der Firma Buzmann Industries, mit der Hidroelectrica SA (im Folgenden: Anbieter), einem öffentlichen rumänischen Stromerzeugungsunternehmen, einen Stromliefervertrag für eine Dauer von zehn Jahren, vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2014 (im Folgenden: ARI‑Vertrag). Am 3. April 2008 schloss ARE, damals unter der Firma Ehol Distribution Srl, mit dem Anbieter und einem anderen Händler einen Vertrag, mit dem dieser Händler ihr die Lieferung einer Strommenge von 1 800 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr abtrat, die Gegenstand eines am 14. Januar 2004 unterzeichneten Vertrags zwischen diesem Händler und dem Anbieter war (im Folgenden: ARE-Vertrag).

2        Sechs weitere Händler unterzeichneten mit dem Anbieter Stromlieferverträge.

3        Zum ARI‑Vertrag wurden zwischen dem 9. August 2005 und dem 20. Dezember 2010 neun Nachtragsvereinbarungen geschlossen zur Festlegung des Preises für die Megawattstunde (MWh) Strom, zur Regelung der Zahlungsmodalitäten für den Preis, zur Verlängerung der Vertragslaufzeit oder zur Aufnahme einer Preisanpassungsformel. Zum ARE-Vertrag wurden zwischen dem 8. April 2008 und dem 21. Dezember 2010 sechs Nachtragsvereinbarungen geschlossen zur Festlegung der Menge des verkauften Stroms, zur Regelung der Voraussetzungen für die Rechnungsstellung, zur Festlegung des Preises für die MWh Strom oder zur Aufnahme einer Preisanpassungsformel.

4        Am 2. August 2011 ging bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde des Minderheitsaktionärs des Anbieters ein, in der darauf hingewiesen wurde, dass die Verträge zwischen dem Anbieter und den acht Händlern zu Preisen unter dem Durchschnittspreis für zweiseitige Transaktionen auf dem freien Markt in Rumänien geschlossen worden seien.

5        Mit Schreiben vom 22. September 2011 bat die Kommission Rumänien um Auskunft hinsichtlich der genannten Verträge, das mit Schreiben vom 16. und 18. November 2011 beantwortet wurde. Außerdem erhielt die Kommission zwei Schreiben vom 17. Januar 2012 mit Äußerungen der Klägerinnen sowie ein Schreiben vom 27. Februar 2012 mit Äußerungen eines dritten Händlers. Die Kommission richtete am 16. November 2011 Besprechungen mit dem Beschwerdeführer und am 21. und 22. März 2012 mit den Vertretern der drei Händler ein.

6        Mit dem Beschluss K(2012) 2542 endg. vom 25. April 2012 leitete die Kommission das förmliche Prüfungsverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die staatliche Beihilfe SA.33451 (2012/C) (ex 2012/NN) – Rumänien – Mutmaßliche Vorzugstarife in Verträgen zwischen Hidroelectrica S.A. und Stromhändlern (im Folgenden: angefochtener Beschluss) ein.

7        Im 52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses äußert die Kommission ernsthafte Bedenken, die sich darauf bezogen, dass die Verträge mit den Händlern eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV enthalten könnten, und auf die Vereinbarkeit einer solchen Beihilfe mit dem Vertrag, weil die Beihilfe die Betriebskosten oder die Einkaufskosten vermindert habe, die sonst in voller Höhe von den Beihilfeempfängern hätten getragen werden müssen, ohne dass mit ihr die Erreichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse angestrebt werde.

8        In den Erwägungsgründen 54 bis 66 des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission aus, sie sei befugt, Beihilfen, die durch vor dem 1. Januar 2007 geschlossene Verträge gewährt worden seien, nach dem AEU-Vertrag zu beurteilen und festzustellen, ob diese Verträge als eine bestehende oder als eine neue Beihilfe anzusehen seien. In Anwendung der Bestimmungen in Anhang V Punkt 2.1 des Protokolls über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumäniens in die Europäische Union (ABl. 2005, L 157, S. 93) nahm sie an, dass es sich bei den Verträgen um Beihilfemaßnahmen handele, die vor dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union eingeführt worden seien, aber nach dem Zeitpunkt des Beitritts fortgegolten hätten, und die die in Punkt 2.1 Abs. 2 vorgesehenen Bedingungen für die Annahme einer bestehenden Beihilfe nicht erfüllten. Außerdem stellten jeder Vertrag und die zu ihm getroffenen Nachtragsvereinbarungen eine einzige Abmachung dar, die keine wesentlichen Änderungen erfahren habe. In Anbetracht dessen gelangte die Kommission vorläufig zu der Auffassung, dass die aufgrund der Verträge geleistete Beihilfe am 1. Januar 2007 eine neue Beihilfe (im Folgenden: mutmaßliche Beihilfemaßnahme) gewesen sei und dass dies u. a. erst recht für den 2008 geschlossenen ARE-Vertrag gelte.

9        Im 103. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gelangte die Kommission in diesem Stadium zu dem Schluss, dass die den Händlern durch Vorzugstarife für Strom gewährte mutmaßliche Beihilfemaßnahme vom 1. Januar 2007 an als rechtswidrige staatliche Beihilfe einzustufen sei. Im 104. Erwägungsgrund befand sie, dass sie in diesem Stadium der Ansicht sei, dass diese Maßnahme, die die Gebühren vermindere, die die Begünstigten normalerweise zahlen müssten, eine Betriebsbeihilfe darstelle, die nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könne.

 Verfahren und Anträge der Parteien

10      Mit Klageschrift, die am 4. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

11      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen, soweit sie ARE betrifft;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

13      Im Wege einer prozessleitenden Maßnahme hat das Gericht die Kommission aufgefordert, den vollständigen Text der neun Nachtragsvereinbarungen zum ARI‑Vertrag einzureichen. Die Kommission hat die angeforderten Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt.

 Entscheidungsgründe

 Vorbemerkungen

14      In ihrer Klageschrift haben die Klägerinnen einen einzigen Klagegrund geltend gemacht. Ihrer Ansicht nach fehlte der Kommission die Befugnis, von Rumänien vor seinem Beitritt zur Union am 1. Januar 2007 eingeführte Maßnahmen, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwendbar gewesen seien, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Vertrag zu überprüfen. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass der angefochtene Beschluss in Anbetracht der lückenhaften Prüfung der für die Rechtssache relevanten Fragen unzureichend begründet sei.

15      Die Kommission hält die Klage in erster Linie für unzulässig, hilfsweise für unbegründet.

16      Zur Zulässigkeit der Klage trägt sie in erster Linie vor, die Klage sei offensichtlich unzulässig, weil der angefochtene Beschluss im Zeitpunkt der Klageerhebung keine eigenständige Rechtswirkung mehr entfaltet habe, da der Insolvenzverwalter des Anbieters die Verträge am 1. August 2012 beendet habe. Außerdem sei die Klage offensichtlich unzulässig, weil die Verträge durch Nachtragsvereinbarungen wesentliche Veränderungen erfahren hätten, die eine Umgestaltung der Beihilferegelung im Sinne von Art. 108 Abs. 3 AEUV und der Rechtsprechung darstellten, und weil der angefochtene Beschluss mit der Klage nur insoweit angefochten werde, als er sich auf die ursprünglich unterzeichneten Verträge beziehe.

17      Im Hinblick auf Art und Tragweite der angesprochenen Rechtsfragen ist vor allem auf den ersten Unzulässigkeitsgrund einzugehen, mit dem im Wesentlichen bestritten wird, dass der angefochtene Beschluss eine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV sei.

 Zur Anfechtbarkeit des angefochtenen Beschlusses

18      Nach Auffassung der Kommission ist die Klage offensichtlich unzulässig, weil der angefochtene Beschluss im Zeitpunkt der Klageerhebung keine eigenständige Rechtswirkung mehr entfaltet habe, da der Insolvenzverwalter des Anbieters die Verträge am 1. August 2012 beendet habe. Selbst wenn der angefochtene Beschluss aufgehoben würde, würden die Verträge nicht wiederaufleben. Nach der Rechtsprechung habe aber ein Kläger kein Interesse daran, die Nichtigerklärung eines Beschlusses über die förmliche Einleitung des Prüfverfahrens zu verlangen, wenn sich das Risiko einer Aussetzung der Beihilferegelung nicht verwirklicht habe, weil die Verpflichtung zur Aussetzung die einzige rechtliche Folge eines solchen Beschlusses sei, sich aus Art. 108 Abs. 3 AEUV ergebe und unabhängig davon bestehe, ob es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handele. Zudem sei die Kommission nur dann zu einer Rückforderungsanordnung ermächtigt, wenn hinsichtlich des Beihilfecharakters der betreffenden Maßnahme keinerlei Zweifel bestehe.

19      Nach Auffassung der Klägerinnen verändert die Einstufung der Maßnahme als neue Beihilfe ihre Lage, weil der angefochtene Beschluss ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt aufkommen lasse, was den Mitgliedstaat dazu veranlassen könnte, die Maßnahme bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission einzustellen, sowie weil der Beschluss sie zur Bildung von Rückstellungen für den Fall von Rückforderungen zwingen könne und weil er bei Geschäftspartnern ihnen gegenüber negative Reaktionen hervorrufen könne. Außerdem könne die vorläufige Wirkung des Durchführungsverbots nicht durch Anfechtung der das Verfahren abschließenden Entscheidung beseitigt werden.

20      Das Durchführungsverbot gelte nicht nur für Beihilfen, die sich aktuell in Durchführung befänden, sondern auch für Maßnahmen, die bereits vollständig abgewickelt seien. Allein das Durchführungsverbot in Art. 108 Abs. 3 AEUV begründe Verpflichtungen mit direkten Rechtswirkungen für die Empfänger der Beihilfe, wobei eine Rückforderungsentscheidung voraussetze, dass das Durchführungsverbot Wirkungen für die Vergangenheit erzeuge, die nicht aufgehoben würden, wenn die Beihilfemaßnahme in der Zwischenzeit ausgelaufen sei. Die Klägerinnen meinen folglich, dass ihr Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht entfallen sei, da dessen negative Auswirkungen bereits eingetreten seien und die zur Verteidigung angeführte Rechtsprechung nicht einschlägig sei.

21      Zum einen sind anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV nach ständiger Rechtsprechung, die zu Nichtigkeitsklagen von Mitgliedstaaten oder Organen entwickelt wurde, unabhängig von ihrer Form alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten sollen (Urteile des Gerichtshofs vom 31. März 1971, Kommission/Rat, genannt „AETR“, 22/70, Slg. 1971, 263, Rn. 42, vom 2. März 1994, Parlament/Rat, C‑316/91, Slg. 1994, I‑625, Rn. 8, und vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, Slg. 2011, I‑9639, Rn. 36). Zudem kann nach der Rechtsprechung ein Mitgliedstaat Nichtigkeitsklage gegen eine verbindliche Rechtswirkungen entfaltende Handlung erheben, ohne dass er ein Rechtsschutzinteresse dartun muss (vgl. Urteil Deutsche Post und Deutschland/Kommission, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen, grundsätzlich keine Handlungen sind, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können (Urteile des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Rn. 10, vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg. 2008, I‑5829, Rn. 42, und Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 50). Bei diesen Zwischenmaßnahmen handelt es sich in erster Linie um Handlungen, die eine vorläufige Meinung des Organs zum Ausdruck bringen (Urteil Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 50; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil IBM/Kommission, Rn. 20).

23      Zu Nichtigkeitsklagen, die von natürlichen oder juristischen Personen gegen Handlungen der Organe erhoben werden, hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die Nichtigkeitsklage nur dann gegeben ist, wenn die verbindlichen Rechtswirkungen der Handlung geeignet sind, die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen (Urteile IBM/Kommission, oben in Rn. 22 angeführt, Rn. 9, und Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 37).

24      Zu betonen ist allerdings, dass die in der vorstehenden Rn. 23 angeführte Rechtsprechung zu Klagen entwickelt wurde, die natürliche oder juristische Personen beim Unionsrichter gegen an sie gerichtete Handlungen erhoben hatten. Wird eine Nichtigkeitsklage von einem nicht privilegierten Kläger gegen eine nicht an ihn gerichtete Handlung erhoben, überschneidet sich das Erfordernis, dass die verbindlichen Rechtswirkungen der angefochtenen Maßnahme die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können, mit den Voraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV (Urteil Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 38).

25      Um zu beurteilen, ob der angefochtene Beschluss Gegenstand einer Klage sein kann, ist daher anhand der in Rn. 21 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob er eine Handlung darstellt, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten soll (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 40).

26      Zum anderen hat eine Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Verfahrens zur Prüfung einer staatlichen Beihilfe, wenn die Kommission eine in der Durchführung begriffene Maßnahme als neue Beihilfe qualifiziert, nach der Rechtsprechung eigenständige Rechtswirkungen, insbesondere was die Aussetzung der fraglichen Maßnahme betrifft (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑400/99, Slg. 2001, I‑7303, Rn. 62, des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑346/99 bis T‑348/99, Slg. 2002, II‑4259, Rn. 33, und vom 25. März 2009, Alcoa Trasformazioni/Kommission, T‑332/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 35). Das gilt nicht nur dann, wenn die in der Durchführung begriffene Maßnahme vom betroffenen Mitgliedstaat als bestehende Beihilfe angesehen wird, sondern auch dann, wenn dieser der Ansicht ist, die von der Entscheidung über die Einleitung betroffene Maßnahme falle nicht unter Art. 107 Abs. 1 AEUV (vgl. entsprechend Urteile Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, Rn. 33, und Alcoa Trasformazioni/Kommission, Rn. 35).

27      Eine Entscheidung, in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene und von der Kommission als neue Beihilfe eingestufte Maßnahme das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, ändert nämlich – insbesondere im Hinblick auf die Fortführung der fraglichen Maßnahme – zwangsläufig deren rechtliche Bedeutung sowie die Rechtsstellung der begünstigten Unternehmen. Bis zum Erlass einer solchen Entscheidung können der Mitgliedstaat, die begünstigten Unternehmen und die anderen Wirtschaftsbeteiligten davon ausgehen, dass die Maßnahme als allgemeine Maßnahme, die nicht unter Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, oder als bestehende Beihilfe durchgeführt werden darf. Dagegen bestehen nach Erlass einer solchen Entscheidung zumindest erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme, die unbeschadet der Möglichkeit, eine gerichtliche einstweilige Anordnung zu beantragen, den Mitgliedstaat veranlassen muss, die Maßnahme auszusetzen, da die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eine sofortige Entscheidung, mit der die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt festgestellt würde und die es erlauben würde, die Durchführung der Maßnahme fortzusetzen, ausschließt. Eine solche Entscheidung könnte auch vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden, das alle Konsequenzen aus dem Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV zu ziehen hätte. Schließlich kann sie die von der Maßnahme begünstigten Unternehmen veranlassen, jedenfalls neue Zahlungen oder Vorteile abzulehnen oder Rückstellungen vorzunehmen, die für etwaige spätere Ausgleichszahlungen erforderlich sind. Auch die Geschäftspartner der Begünstigten werden deren geschwächte Rechts- und Finanzlage berücksichtigen (Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 59, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 34, und Alcoa Trasformazioni/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 36).

28      Schließlich sind unter den in den Rn. 26 und 27 des vorliegenden Urteils genannten eigenständigen Rechtswirkungen die verbindlichen Rechtswirkungen von vorbereitenden oder Zwischenmaßnahmen wie dem vorliegend angefochtenen Beschluss zu verstehen. In Bezug auf diese Rechtswirkungen kann eine Klage gegen die Entscheidung, mit der das Verfahren über die mutmaßliche staatliche Beihilfe abgeschlossen wird, den Begünstigten keinen ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutz bieten (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutsche Post und Deutschland/Kommission, oben in Rn. 21 angeführt, Rn. 54 bis 56).

29      Im Licht dieser Erwägungen ist zu bestimmen, ob der angefochtene Beschluss eine Handlung, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten soll, und damit eine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV darstellt.

30      Dem Vorbringen der Kommission liegt das Postulat zugrunde, dass eine Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, in der Regel nur eine vorbereitende Maßnahme darstelle, die keine verbindlichen Rechtswirkungen entfalte und nicht geeignet sei, die Interessen des Begünstigten der mutmaßlichen Beihilfe durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen. Die Kommission räumt jedoch ein, dass eine solche Entscheidung ausnahmsweise eine anfechtbare Handlung darstelle, wenn sie gegen eine in der Durchführung begriffene Maßnahme gerichtet sei. In diesem Fall entfalte eine Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eigenständige Rechtswirkungen aufgrund ihrer Aufschiebungswirkung, da der Mitgliedstaat, der Adressat der Entscheidung sei, zur Aussetzung der Beihilfe verpflichtet sei.

31      Als Erstes ist festzustellen, dass, wie aus Rn. 8 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die Kommission vorläufig zu der Auffassung gelangt war, dass die aufgrund der Verträge gezahlte Beihilfe an dem Tag, an dem der Beitritt von Rumänien zur Union wirksam wurde, d. h. am 1. Januar 2007, eine neue Beihilfe gewesen sei und dass dies u. a. erst recht für den 2008 geschlossenen ARE-Vertrag gelte.

32      Als Zweites ist hervorzuheben, dass bisher weder der Gerichtshof noch das Gericht über die Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf eine Maßnahme zu befinden hatten, die zum Zeitpunkt der fraglichen Entscheidung oder zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr in der Durchführung begriffen war. Auch wenn nach Ansicht der Klägerinnen jede Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens beim Unionsrichter angefochten werden kann, hängt die Möglichkeit, auf Nichtigerklärung zu klagen, in Wirklichkeit von der Frage ab, ob eine solche Entscheidung eigenständige Rechtswirkungen hat (Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 62, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 33, und Alcoa Trasformazioni/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 35).

33      Insoweit ist davon auszugehen, dass eine Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eigenständige Rechtswirkungen hat, wenn sie aufgrund der in ihr enthaltenen Schlussfolgerungen für den Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, und den oder die Begünstigten der betreffenden Beihilfemaßnahme eine unmittelbare, gewisse und hinreichend verbindliche Wirkung entfaltet. Es handelt sich daher um eine Entscheidung, die für sich allein, und ohne dass weitere Maßnahmen der Kommission oder anderer Stellen erforderlich wären, den Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, verpflichtet, eine oder mehrere Maßnahmen zu ergreifen, um ihr nachzukommen.

34      Dies ist der Fall, wenn die Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf eine Beihilfemaßnahme beschließt, die ohne vorherige Anmeldung durchgeführt wurde und zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses noch durchgeführt wird. In diesem Fall wird die Tragweite der betreffenden Maßnahme durch die vorläufige Schlussfolgerung der Kommission, dass sie wegen der Durchführung ohne vorherige Anmeldung als rechtswidrige staatliche Beihilfe einzustufen sei, zwangsläufig verändert. Angesichts einer solchen Beurteilung, die einen erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der betreffenden Maßnahme aufkommen lässt, muss der Mitgliedstaat, an den der Beschluss gerichtet ist, diese Maßnahme aussetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 59, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 34, und Alcoa Trasformazioni/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 36). Es handelt sich hierbei um eine unmittelbare, gewisse und hinreichend verbindliche Wirkung der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, da der Mitgliedstaat allein aufgrund der Entscheidung zur Aussetzung der betreffenden Maßnahme verpflichtet ist, um die Konsequenzen aus den in dieser enthaltenen vorläufigen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der genannten Maßnahme zu ziehen.

35      Darüber hinaus ist unionsgerichtlich entschieden worden, dass die nationalen Gerichte, wenn die Kommission das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene Maßnahme eingeleitet hat, verpflichtet sind, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Konsequenzen aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung dieser Maßnahme zu ziehen (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 2013, Deutsche Lufthansa, C‑284/12, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 42).

36      Zu diesem Zweck können die nationalen Gerichte beschließen, die Durchführung der betreffenden Maßnahme auszusetzen und die Rückforderung der bereits gezahlten Beträge anzuordnen. Sie können auch beschließen, einstweilige Maßnahmen zu erlassen, um zum einen die Interessen der beteiligten Parteien und zum anderen die praktische Wirksamkeit der Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, zu wahren (Urteil Deutsche Lufthansa, oben in Rn. 35 angeführt, Rn. 43).

37      Im Unterschied zu einer Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene Maßnahme entfaltet eine solche Entscheidung, die eine nicht mehr in der Durchführung begriffene Maßnahme betrifft, in Ermangelung einer unmittelbaren, gewissen und hinreichend verbindlichen Tragweite gegenüber dem Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, und dem oder den Begünstigten der betreffenden Maßnahme keine eigenständige Rechtswirkung.

38      So ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, an den Begünstigten gezahlte Beihilfen wegen des Erlasses einer solchen Entscheidung zurückzufordern. Insoweit werden der Kommission, wenn sie dem betroffenen Mitgliedstaat aufgeben will, die Beihilfe einstweilig zurückzufordern, bereits durch die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) sehr strenge Voraussetzungen auferlegt. Gemäß deren Art. 11 Abs. 2 dürfen hinsichtlich des Beihilfecharakters der betreffenden Maßnahme keinerlei Zweifel bestehen, ein Tätigwerden muss dringend geboten sein, und es muss ein erheblicher und nicht wiedergutzumachender Schaden für einen Wettbewerber ernsthaft zu befürchten sein. Diese Voraussetzungen sind, auch wenn sie für den Erlass einer anderen Entscheidung als jener zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens festgelegt wurden, die auch eine andere Tragweite hat, Hinweise darauf, dass dem Mitgliedstaat aus dieser an ihn gerichteten Entscheidung allein keine allgemeine Verpflichtung zur Rückforderung rechtswidrig gezahlter Beihilfen erwächst. Im Übrigen sieht Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 ausdrücklich vor, dass die Kommission nach dem Erlass einer endgültigen Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird, nicht die Rückforderung der Beihilfe verlangt, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde.

39      Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung zum einen, dass das nationale Gericht zwar nicht verpflichtet ist, die Rückforderung einer unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährten Beihilfe anzuordnen, wenn die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, mit der die Beihilfe gemäß Art. 107 AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird; wohl aber ist es dazu verpflichtet, dem Beihilfeempfänger aufzugeben, für die Dauer der Rechtswidrigkeit Zinsen zu zahlen (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Februar 2008, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, Slg. 2008, I‑469, Rn. 55). Zum anderen ist ein nationales Gericht, vor dem über die Rückforderung einer Beihilfe gestritten wird, nur dann zum Erlass von Schutzmaßnahmen verpflichtet, wenn die Voraussetzungen, die solche Maßnahmen rechtfertigen, erfüllt sind, d. h., wenn die Qualifizierung als staatliche Beihilfe nicht zweifelhaft ist, wenn die Durchführung der Beihilfe unmittelbar bevorsteht oder die Beihilfe durchgeführt wurde und wenn keine außergewöhnlichen Umstände, die eine Rückforderung unangemessen erscheinen lassen, festgestellt worden sind; andernfalls muss das nationale Gericht den Antrag zurückweisen (Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 2010, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑1/09, Slg. 2010, I‑2099, Rn. 36).

40      In Anbetracht dessen kann nicht angenommen werden, dass eine Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, die in Bezug auf eine nicht mehr in der Durchführung begriffene Maßnahme ergeht, für den Mitgliedstaat eine unmittelbare, gewisse und hinreichend verbindliche Wirkung entfaltet, so dass er zur Rückforderung der rechtswidrig gezahlten Beihilfe verpflichtet wäre.

41      Zur Gewissheit der von der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens entfalteten eigenständigen Rechtswirkungen ist festzustellen, dass – anders als bei der Verpflichtung zur Aussetzung der betreffenden Maßnahme, die sich aus einer solchen Entscheidung ergibt, die in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene Maßnahme ergangen ist – die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe in der Regel erst anlässlich eines Rechtsstreits vor dem nationalen Gericht angeordnet werden kann, dessen Ausgang im Hinblick auf die verschiedenen Faktoren, die dieses Gericht bei einer Verurteilung des von einer rechtswidrigen Beihilfe Begünstigten zur Rückzahlung zu berücksichtigen hat, naturgemäß ungewiss ist (vgl. Rn. 39 des vorliegenden Urteils).

42      Damit ergibt sich aus alledem, dass eine Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf eine nicht mehr in der Durchführung begriffene Maßnahme einzuleiten, keine eigenständigen Rechtswirkungen hat und folglich keine verbindlichen Rechtswirkungen entfaltet. Es handelt sich daher nicht um eine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV.

43      Als Drittes ist festzustellen, dass das Ergebnis, zu dem das Gericht in der vorstehenden Rn. 42 gelangt ist, im vorliegenden Fall nicht die Unzulässigkeit der Klage zur Folge haben kann, da sowohl der ARI‑Vertrag als auch der ARE-Vertrag (zusammen im Folgenden: Verträge) zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in der Durchführung begriffen waren. Es steht jedoch fest, dass die Verträge vom Insolvenzverwalter des Anbieters zum 1. August 2012 beendet wurden. Da die vorliegende Klage am 4. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, war somit die mutmaßliche Beihilfemaßnahme zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr in der Durchführung begriffen.

44      Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift abzustellen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 27. November 1984, Bensider u. a./Kommission, 50/84, Slg. 1984, 3991, Rn. 8, und vom 18. April 2002, Spanien/Rat, C‑61/96, C‑132/97, C‑45/98, C‑27/99, C‑81/00 und C‑22/01, Slg. 2002, I‑3439, Rn. 23).

45      Der angefochtene Beschluss hat daher keine eigenständigen Rechtswirkungen mehr und entfaltet demnach keine verbindlichen Rechtswirkungen mehr für die Verträge. Der angefochtene Beschluss stellt folglich zum Zeitpunkt der Klageerhebung keine anfechtbare Handlung mehr dar.

46      Dass in Rumänien derzeit im Zusammenhang mit der Insolvenz des Anbieters gerichtliche Verfahren anhängig sind, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Klägerinnen haben diese Verfahren zwar in der mündlichen Verhandlung erwähnt, jedoch ausgeführt, dass sich die Urteile der Curte de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest) vom Februar und April 2014 nicht auf die Beendigung der Verträge ausgewirkt hätten.

47      Als Viertes ist festzustellen, dass die verschiedenen Argumente der Klägerinnen an den Schlussfolgerungen in den Rn. 42 und 45 des vorliegenden Urteils nichts ändern können.

48      Erstens tragen die Klägerinnen unter Berufung u. a. auf die in den Rn. 26 und 27 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung vor, dass durch die bloße Anfechtungsmöglichkeit einer das förmliche Prüfverfahren abschließenden Entscheidung ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht ausreichend gewahrt werde im Hinblick auf das Verbot der Durchführung einer staatlichen Beihilfe, das im vorliegenden Fall auf die in den Verträgen vorgesehenen Stromlieferpreise anwendbar sei.

49      Zum einen verändere die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Einstufung der mutmaßlichen Beihilfemaßnahme als neue Beihilfe ihre Lage, weil sie ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt aufkommen lasse, was den Mitgliedstaat dazu veranlassen könnte, diese Maßnahme bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission einzustellen.

50      Hierzu ist jedoch zunächst darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung die mutmaßliche Beihilfemaßnahme nicht mehr in der Durchführung begriffen war, da die Verträge vom Insolvenzverwalter zum 1. August 2012 beendet worden waren (vgl. Rn. 43 des vorliegenden Urteils). Die mutmaßliche Beihilfemaßnahme kann daher nicht mehr von Rumänien aufgrund des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt werden. Selbst wenn der angefochtene Beschluss ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der mutmaßlichen Beihilfemaßnahme aufkommen lässt, kann dies für sich allein folglich nicht die Annahme rechtfertigen, dass er eigenständige Rechtswirkungen wie die in Rn. 33 des vorliegenden Urteils dargelegten entfalte.

51      Im Übrigen können die Klägerinnen mit dem Hinweis auf die Veränderung ihrer Lage nicht dartun, dass der angefochtene Beschluss eine anfechtbare Handlung sei, d. h. eine Handlung, die eigenständige Rechtswirkungen hat und daher verbindliche Rechtswirkungen entfaltet (vgl. Rn. 25 und 33 des vorliegenden Urteils). In Wirklichkeit machen die Klägerinnen damit ihr Interesse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses geltend. Nach der Rechtsprechung setzt nämlich ein Interesse an der Nichtigerklärung einer Handlung voraus, dass sie verbindliche Rechtswirkungen entfaltet, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1997, ATM/Kommission, T‑178/94, Slg. 1997, II‑2529, Rn. 53 und 54, und Beschluss des Gerichts vom 30. April 2003, Schmitz-Gotha Fahrzeugwerke/Kommission, T‑167/01, Slg. 2003, II‑1873, Rn. 46 und 47). Die Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses unterscheidet sich jedoch von der des Vorliegens einer mit der Nichtigkeitsklage anfechtbaren Handlung.

52      Zum anderen führen die Klägerinnen die Auswirkung des angefochtenen Beschlusses auf ihre Lage an, da dieser sie zur Bildung von Rückstellungen für den Fall von Rückforderungen zwingen oder bei Geschäftspartnern ihnen gegenüber negative Reaktionen hervorrufen könne.

53      Insoweit ist zwischen den beiden hierfür geltend gemachten Auswirkungen des angefochtenen Beschlusses zu unterscheiden.

54      Was die Notwendigkeit der Bildung von Rückstellungen für den Fall von Rückforderungen in Bezug auf die mutmaßliche Beihilfemaßnahme angeht, haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, nichts Derartiges unternommen zu haben, weder im Anschluss an den angefochtenen Beschluss noch später. Für sie habe nämlich die Bildung von Rückstellungen eine Alternative zur Erhebung der vorliegenden Klage in dem Fall dargestellt, dass es ihnen unwahrscheinlich erschienen wäre, die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu erwirken.

55      Allgemein ist festzustellen, dass die Bildung von Rückstellungen für den Fall von Rückforderungen in Bezug auf eine Beihilfemaßnahme nicht als eigenständige Rechtswirkung einer Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens angesehen werden kann. Eine solche Bereitstellung von Mitteln beruht nämlich auf einer Managemententscheidung des durch die betreffende Beihilfemaßnahme begünstigten Wirtschaftsteilnehmers, die dieser sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Hinblick auf die Vorschriften der anwendbaren nationalen Rechnungslegungsvorschriften und die Bewertung des voraussichtlichen finanziellen Verlusts trifft. Angesichts dieser Merkmale kann die Bildung von Rückstellungen für den Fall von Rückforderungen in Bezug auf eine Beihilfemaßnahme nicht als unmittelbare, gewisse und hinreichend verbindliche Wirkung einer Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, betrachtet werden, sondern stellt lediglich eine mittelbare tatsächliche Folge einer solchen Entscheidung dar.

56      Hinsichtlich der geschäftlichen Unsicherheit und der Auffassungen der anderen Wirtschaftsteilnehmer in Bezug auf die Lage des Begünstigten einer Beihilfemaßnahme – wie der Klägerinnen im vorliegenden Fall – ist festzustellen, dass sie nicht als verbindliche Rechtswirkungen angesehen werden können, da es sich lediglich um tatsächliche Folgen handelt und nicht um Rechtswirkungen, die die Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, entfalten soll (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs IBM/Kommission, oben in Rn. 22 angeführt, Rn. 19, und vom 1. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑301/03, Slg. 2005, I‑10217, Rn. 30, sowie des Gerichts vom 20. Mai 2010, Deutschland/Kommission, T‑258/06, Slg. 2010, II‑2027, Rn. 151). Der Unionsrichter hat zwar den Umstand berücksichtigt, dass die Geschäftspartner die geschwächte Rechts- und Finanzlage des Empfängers einer rechtswidrigen Beihilfemaßnahme berücksichtigen werden (Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 59, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 34, und Alcoa Trasformazioni/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Rn. 36). Jedoch hat er damit offensichtlich nur die tatsächlichen Folgen der verbindlichen Rechtswirkungen hervorgehoben, aufgrund deren er in diesen Urteilen befunden hat, dass Entscheidungen, das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene Maßnahme einzuleiten, anfechtbare Handlungen darstellten.

57      Zweitens machen die Klägerinnen in der Erwiderung geltend, das Durchführungsverbot für staatliche Beihilfen gelte nicht nur für in der Durchführung begriffene Beihilfen, sondern auch für vollständig durchgeführte Maßnahmen, da die Verpflichtungen aus Art. 108 Abs. 3 AEUV für die Beihilfeempfänger unmittelbare Rechtswirkungen entfalteten. Eine Rückforderungsentscheidung setze eine Ex-tunc-Wirkung des Durchführungsverbots voraus, die durch eine zwischenzeitliche Beendigung der Beihilfemaßnahme nicht aufgehoben werde. Folglich sei das Rechtsschutzinteresse der Klägerinnen an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht entfallen.

58      Es trifft zwar zu, dass es für das Durchführungsverbot für staatliche Beihilfen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV keinen Unterschied macht, ob die rechtswidrige Beihilfe zum Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vollständig durchgeführt oder noch in der Durchführung begriffen ist. Das Durchführungsverbot für nicht angemeldete Beihilfen ist das im primären Recht niedergelegte Grundprinzip, aus dem sich die Verfahrensvorschriften für die Prüfung der staatlichen Beihilfen ergeben. Nach diesem Grundprinzip wird jede rechtswidrige Beihilfe, die von der Kommission für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wurde, von dem Mitgliedstaat, der sie gewährt hat, entsprechend den u. a. in den Urteilen vom 12. Februar 2008 und vom 11. März 2010, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication (oben in Rn. 39 angeführt, Rn. 55 bzw. Rn. 36), aufgestellten Regeln zurückgefordert. Diese Feststellungen sind jedoch ohne Bedeutung für die Frage, ob eine Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV ist, d. h. eine Handlung, die eigenständige Rechtswirkungen hat, die darin bestehen, dass sie aufgrund der Schlussfolgerungen, die in ihr enthalten sind, für den Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, und den oder die Begünstigten der betreffenden Beihilfemaßnahme eine unmittelbare, gewisse und hinreichend verbindliche Wirkung entfaltet (vgl. Rn. 33 des vorliegenden Urteils).

59      Drittens haben die Klägerinnen auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Bestellung des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren des Anbieters eine Handlung des rumänischen Staates sei, die in Form eines vom nationalen Richter an den Verwalter erteilten Mandats ergangen sei.

60      Die Klägerinnen wollen offenbar darauf hinaus, dass die Bestellung des Insolvenzverwalters im vorliegenden Fall eine Rechtswirkung des angefochtenen Beschlusses sei, da der rumänische Staat sie vorgenommen habe, um dem Beschluss nachzukommen. Jedenfalls hat eine solche Bestellung, selbst wenn sie eine Handlung des rumänischen Staats sein sollte, für sich keine Auswirkung auf die mutmaßliche Beihilfemaßnahme. Sofern die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen ferner meinen, dass die Handlungen, die der Insolvenzverwalter in Ausführung der ihm vom rumänischen Konkursrichter übertragenen Aufgaben vorgenommen hat, Rechtswirkungen des angefochtenen Beschlusses seien, ist festzustellen, dass die Beendigung der Verträge durch den Insolvenzverwalter nicht als unmittelbare und gewisse Wirkung des angefochtenen Beschlusses angesehen werden kann (vgl. Rn. 33 des vorliegenden Urteils). Es handelt sich nämlich um eine Entscheidung, die vom Insolvenzverwalter selbst getroffen wurde, ohne dass dargetan worden wäre, dass er allein aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hierzu verpflichtet gewesen sei. Außerdem deutet nichts darauf hin, dass die Beendigung der Verträge durch die vorläufige Beurteilung im angefochtenen Beschluss, dass die mutmaßliche Beihilfemaßnahme rechtswidrig sei, motiviert gewesen wäre.

61      Nach alledem stellt der angefochtene Beschluss keine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV dar. Infolgedessen ist die Klage unzulässig.

 Kosten

62      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind sie zur Tragung ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Alpiq RomIndustries Srl und die Alpiq RomEnergie Srl tragen die Kosten.

Dittrich

Schwarcz

Tomljenović

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Oktober 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.