Language of document : ECLI:EU:T:2015:64

BESCHLUSS DES GERICHTS (Zweite Kammer)

22. Januar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Rechtsbehelfsfrist – Beginn – Zustellung der Entscheidung der Beschwerdekammer durch Fernkopierer – Eingang der Fernkopie – Verspätung – Kein Zufall oder Fall höherer Gewalt – Offensichtliche Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑488/13

GEA Group AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Schneiders,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch A. Pohlmann, dann durch S. Hanne als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 21. März 2013 (Sache R 935/2012‑4) über die Anmeldung des Wortzeichens engineering for a better world als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Gervasoni (Berichterstatter) und L. Madise,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 2. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 16. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 11. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 28. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung,

aufgrund des am 11. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schreibens der Klägerin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 6. September 2011 meldete die Klägerin, die GEA Group AG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) die Wortmarke engineering for a better world für Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 7, 9, 11, 35, 37, 39, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung als Gemeinschaftsmarke an.

2        Mit Bescheid vom 20. März 2012 wies der Prüfer die Markenanmeldung auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurück.

3        Am 15. Mai 2012 erhob die Klägerin beim Amt eine Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009.

4        Mit Entscheidung vom 21. März 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück.

5        Die angefochtene Entscheidung wurde der Klägerin am 25. März 2013 durch Fernkopierer zugestellt.

6        Da sie keine Kenntnis von dieser Fernkopie erlangt hatte, reichte die Klägerin am 13. Juni 2013 beim HABM in dem Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer einen ergänzenden Schriftsatz ein.

7        Am 11. Juli 2013 informierte die Kanzlei des HABM die Klägerin darüber, dass die Vierte Beschwerdekammer über die Beschwerde entschieden habe und dass sie ihr die angefochtene Entscheidung am 25. März 2013 durch Fernkopierer zugestellt habe. Sie teilte ihr außerdem die angefochtene Entscheidung sowie den Sendebericht ihres Fernkopierers mit Datum vom 25. März 2013, der die Bemerkung „ok“ enthält, erneut mit.

 Vorbringen der Parteien

8        Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

9        Das HABM beantragt,

–        die Klage als unzulässig und, hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

10      Nach Art. 111 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch mit Gründen zu versehenden Beschluss entscheiden.

11      Im vorliegenden Fall ist das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts ausreichend unterrichtet und beschließt in Anwendung von Art. 111 der Verfahrensordnung, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

12      Das HABM macht geltend, die Klägerin habe die Frist für die Erhebung einer Klage vor dem Gericht versäumt, da die Klageschrift fast drei Monate nach Ablauf dieser Frist erhoben worden sei.

13      Nach Art. 65 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 ist die Klage innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung der Beschwerdekammer beim Gericht einzulegen.

14      Gemäß Regel 61 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 303, S. 1) in geänderter Fassung können die Zustellungen, die das HABM vornimmt, durch Fernkopierer erfolgen. Die Zustellung mittels Fernkopierer kann alle Entscheidungen des HABM betreffen (Urteil vom 19. April 2005, Success-Marketing/HABM – Chipita [PAN & CO], T‑380/02 und T‑128/03, Slg, EU:T:2005:133, Rn. 58) und damit auch die Entscheidungen der Beschwerdekammern.

15      Regel 65 („Zustellung durch Fernkopierer oder andere technische Kommunikationsmittel“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 stellt klar, dass „[e]ine Mitteilung … als an dem Tag zugestellt [gilt], an dem sie auf dem Fernkopierer des Empfängers eingetroffen ist“. In Regel 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95, in der es um die „Berechnung der Fristen“ geht, heißt es ferner, dass, „[wenn] die Handlung in einer Zustellung [besteht], … das maßgebliche Ereignis der Zugang des zugestellten Schriftstücks [ist], sofern nichts anderes bestimmt ist“.

16      Da im vorliegenden Fall keine Bestimmung von dieser Regel abweicht, stellt der Zeitpunkt des Empfangs der Fernkopie somit den Beginn der Klagefrist gegen die durch Fernkopierer zugestellten Entscheidungen des HABM dar.

17      Im vorliegenden Fall behauptet das HABM, die angefochtene Entscheidung am 25. März 2013 durch Fernkopierer zugestellt zu haben. Die Klägerin räumte in ihrem Schreiben vom 30. August 2013 ein, dass ihr die Kanzlei des HABM eine Kopie des Sendeberichts ihres Fernkopierers über die Zustellung der angefochtenen Entscheidung, der die Bemerkung „ok“ enthalte, geschickt habe. Sie räumte außerdem ein, dass das IT‑System ihres Prozessbevollmächtigten die Fernkopie vom 25. März 2013 registriert und gespeichert habe. Hingegen sei ihr Prozessbevollmächtigter aufgrund eines technischen Defekts vor dem 11. Juli 2013 zu keinem Zeitpunkt über den Eingang der streitigen Fernkopie und erst recht nicht über deren Inhalt informiert worden.

18      Allerdings kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Fernkopie, mit der die streitige Entscheidung zugestellt wurde, nicht am 25. März 2013 empfangen und demnach die Klagefrist nicht ab diesem Zeitpunkt begonnen hat.

19      Die Rechtsprechung unterscheidet nämlich zum einen zwischen der Mitteilung eines Rechtsakts an seinen Empfänger, die für eine ordnungsgemäße Zustellung erforderlich ist, und der tatsächlichen Kenntnis dieses Aktes, die nicht erforderlich ist, um davon auszugehen, dass die Zustellung ordnungsgemäß war. Gemäß dieser Rechtsprechung setzt eine wirksame Zustellung nicht die tatsächliche Kenntnisnahme durch die Person voraus, die nach den internen Vorschriften der Empfangseinheit für das jeweilige Gebiet zuständig ist, da eine Entscheidung ordnungsgemäß zugestellt ist, wenn sie ihrem Adressaten zugegangen und dieser in die Lage versetzt worden ist, von ihr Kenntnis zu nehmen (Urteil vom 15. Dezember 1994, Bayer/Kommission, C‑195/91 P, Slg, EU:C:1994:412, Rn. 20; vgl. auch Urteil vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg, EU:T:1998:198, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit wird für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung einzig ihr äußerer Aspekt berücksichtigt, d. h. die ordnungsgemäße Übermittlung an ihren Empfänger, und nicht ihr interner Aspekt, der das interne Funktionieren der Empfangseinheit betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil European Night Services u. a./Kommission, EU:T:1998:198, Rn. 79).

20      Daraus folgt, dass für die Ermittlung des Zeitpunkts des Empfangs einer Zustellung nur der externe Aspekt dieser Zustellung zu berücksichtigen ist, d. h. der formale und ordnungsgemäße Empfang durch die Empfangseinheit unabhängig vom tatsächlichen Empfang und der Kenntnisnahme innerhalb dieser Einheit. Diese Erwägung wird nicht durch das oben genannte Erfordernis der Rechtsprechung in Frage gestellt, wonach die Zustellung impliziert, dass der Empfänger in die Lage versetzt werden muss, von dem zugestellten Akt Kenntnis zu erlangen. Damit ist nämlich die Pflicht des Zustellenden gemeint, die Umstände einer tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Empfänger herbeizuführen, d. h. eine Handlungspflicht (die dem externen Aspekt der Zustellung entspricht) und nicht eine ihm obliegende Pflicht, sich in den internen Betrieb des Empfängers einzumischen, um diese Kenntnisnahme sicherzustellen, d. h. eine Ergebnispflicht (die dem internen Aspekt der Zustellung entspricht) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 1985, Cockerill-Sambre/Kommission, 42/85, Slg, EU:C:1985:471, Rn. 11).

21      Das Gericht hat daher entschieden, dass die Vorlage von Sendeberichten einer Fernkopie durch das HABM mit Angaben, die ihnen Beweiskraft verleihen, ausreicht, um den Empfang dieser Fernkopie durch ihren Empfänger darzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil PAN & CO, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2005:133, Rn. 67, 68, 80, 81 und 85). Fernkopierer sind nämlich so konzipiert, dass jedes Übertragungsproblem, aber auch jedes Empfangsproblem durch eine Fehlermeldung angezeigt wird, die dem Versender genau den Grund des Nichtempfangs mitteilt, wie er ihm durch den Fernkopierer des Empfängers mitgeteilt worden ist, und dass bei fehlender Mitteilung eines solchen Problems eine Nachricht über die tatsächliche Übertragung erzeugt wird. Somit ist bei Fehlen einer Fehlermeldung und beim Vorliegen eines Sendeberichts mit der Angabe „ok“ davon auszugehen, dass die versendete Fernkopie vom Empfänger empfangen worden ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin selbst auf die Angabe „ok“ im Sendebericht, der ihr vom HABM übergeben wurde, verwiesen und erklärt, dass daraus hervorgehe, dass die Zustellung der angefochtenen Entscheidung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Sie hat außerdem auch eingeräumt, dass die Fernkopie, mit der die angefochtene Entscheidung zugestellt worden sei, im IT‑System ihres Prozessbevollmächtigten am 25. März 2013 gespeichert worden sei.

22      Wenn nur die Kenntnisnahme der streitigen Fernkopie erlauben würde, ihren Empfang durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin nachzuweisen, wäre außerdem die Erbringung des Nachweises der tatsächlichen Zustellung einer Entscheidung und des Zeitpunkts, zu dem diese von ihrem Empfänger erhalten wurde, für das HABM unmöglich, obwohl die Entscheidung ihrem Empfänger ordnungsgemäß zugestellt worden wäre. Der Fristbeginn für Klagen gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM hinge von zufälligen Umständen ab, ohne dass es auf die Sorgfalt ankäme, mit der das HABM die Entscheidung zugestellt hat, obwohl die Klagefristen gerade eingeführt wurden, um für Rechtssicherheit zu sorgen (vgl. die unten in Rn. 26 angeführte Rechtsprechung).

23      Aus alledem folgt, dass die Frist von zwei Monaten für die Erhebung der Klage gegen die angefochtene Entscheidung, erhöht um die in Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung vorgesehene Entfernungsfrist, am Tag nach dem Empfang der streitigen Fernkopie begonnen hat, d. h. am 26. März 2013. Diese Frist ist somit am 4. Juni 2013 abgelaufen.

24      Die vorliegende Klage, die am 2. September 2013 eingereicht worden ist, ist damit verspätet.

25      Es ist jedoch zu prüfen, ob, wie die Klägerin geltend macht, die Störung ihres Fernkopierers einen Zufall oder einen Fall höherer Gewalt begründet, der dem Gericht erlaubt, ihr auf der Grundlage von Art. 45 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, die auf das Verfahren vor dem Gericht gemäß Art. 53 dieser Satzung anwendbar ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

26      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klagefristen nach ständiger Rechtsprechung zwingendes Recht sind und nicht zur Disposition der Parteien und des Gerichts stehen (vgl. Urteil vom 11. November 2010, Transportes Evaristo Molina/Kommission, C‑36/09 P, EU:C:2010:670, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 15. März 1995, COBRECAF u. a./Kommission, T‑514/93, Slg, EU:T:1995:49, Rn. 40). Die strikte Anwendung der Verfahrensvorschriften entspricht dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu vermeiden. Nach Art. 45 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs kann von den Verfahrensfristen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen – bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt – abgewichen werden (Urteil vom 22. September 2011, Bell & Ross/HABM, C‑426/10 P, Slg, EU:C:2011:612, Rn. 43).

27      Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Begriffe Zufall und höhere Gewalt ein objektives Merkmal, das sich auf ungewöhnliche und außerhalb der Sphäre des Klägers liegende Umstände bezieht, und ein subjektives Merkmal umfassen, das mit seiner Verpflichtung zusammenhängt, sich gegen die Folgen des ungewöhnlichen Ereignisses zu wappnen, indem er, ohne übermäßige Opfer zu bringen, geeignete Maßnahmen trifft. Insbesondere muss der Kläger den Ablauf des eingeleiteten Verfahrens sorgfältig überwachen und insbesondere zum Zweck der Einhaltung der vorgesehenen Fristen Sorgfalt walten lassen (Urteil Bayer/Kommission, oben in Rn. 19 angeführt, EU:C:1994:412, Rn. 32). Der Begriff der höheren Gewalt trifft daher nicht auf eine Situation zu, in der eine sorgfältige und umsichtige Person objektiv in der Lage gewesen wäre, den Ablauf einer Klagefrist zu verhindern (Urteil vom 12. Juli 1984, Ferriera Valsabbia/Kommission, 209/83, Slg, EU:C:1984:274, Rn. 22, und Beschluss vom 18. Januar 2005, Zuazaga Meabe/HABM, C‑325/03 P, Slg, EU:C:2005:28, Rn. 25).

28      Es ist folglich zu ermitteln, ob die Klägerin, wie es ihr obliegt (vgl. Beschluss vom 12. Dezember 2011, AO/Kommission, T‑365/11 P, SlgÖD, EU:T:2011:727, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt nachgewiesen hat, der sie an der Einhaltung der Klagefrist gehindert hat.

29      Zu diesem Zweck ist vorab das von der Klägerin im Anhang ihrer Erwiderung vorgelegte Gutachten für zulässig zu erklären.

30      Nach der Rechtsprechung betrifft nämlich das in Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung vorgesehene Verbot der verspäteten Vorlage von Beweismitteln nicht die in den Erklärungen zu einer Unzulässigkeitseinrede enthaltenen Beweismittel. Die Möglichkeit, in den Erklärungen zu einer Unzulässigkeitseinrede neue Beweismittel vorzubringen, ist als dem Recht der Klägerin, auf die von der Beklagten in ihrer Unzulässigkeitseinrede vorgebrachten Argumente zu antworten, immanent anzusehen, da keine Verfahrensregel von der Klägerin die Vorlage von Beweisen zur Zulässigkeit ihrer Klage ab dem Stadium der Klageschrift verlangt (Beschluss vom 15. Mai 2013, Post Invest Europe/Kommission, T‑413/12, EU:T:2013:246, Rn. 21; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2006, Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, T‑95/03, Slg, EU:T:2006:385, Rn. 50). Diese Rechtsprechung muss auf den vorliegenden Fall übertragen werden, in dem die Klägerin im Anhang ihrer auf die Frage der Zulässigkeit der Klage beschränkten Erwiderung einen neuen Beweis vorlegt, um auf die Behauptungen in der Klagebeantwortung des HABM, die Klage sei unzulässig, zu antworten.

31      Allerdings kann mit den Anhaltspunkten, die aus dem der Erwiderung angefügten Gutachten hervorgehen, sowie sämtlichen anderen von der Klägerin mitgeteilten Daten und vorgebrachten Argumenten nicht nachgewiesen werden, dass sie es mit einem Zufall oder einem Fall höherer Gewalt zu tun hatte.

32      Was das objektive Element des Zufalls oder des Falles höherer Gewalt betrifft, ist festzustellen, dass die Störung des Fernkopierers des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zwar als „ungewöhnlicher Umstand“ im Sinne der oben genannten Rechtsprechung angesehen werden kann, aber kein „Umstand außerhalb der Sphäre“ des Prozessbevollmächtigten ist.

33      Das fragliche Gerät ist nämlich ein kanzleiinternes Werkzeug, für das sie genauso wie für die dort arbeitenden Angestellten allein verantwortlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung werden die Übermittlungsschwierigkeiten innerhalb einer Gesellschaft nicht als Zufälle oder Fälle höherer Gewalt angesehen (Urteil Cockerill-Sambre/Kommission, oben in Rn. 20 angeführt, EU:C:1985:471, Rn. 12; vgl. auch Beschluss vom 28. April 2008, PubliCare Marketing Communications/HABM [Publicare], T‑358/07, EU:T:2008:130, Rn. 17 und 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist sogar entschieden worden, dass der Fehler, der einer dritten Person zuzurechnen ist, die von einer Anwaltskanzlei beauftragt wurde, Handlungen vorzunehmen, die in der Verantwortung dieser Kanzlei liegen, nicht als ein Fehler angesehen werden kann, der außerhalb der Sphäre des von dieser Kanzlei vertretenen Klägers liegt (Urteil Bell & Ross/HABM, oben in Rn. 26 angeführt, EU:C:2011:612, Rn. 50, und Beschluss AO/Kommission, oben in Rn. 28 angeführt, EU:T:2011:727, Rn. 37 und 40). Somit könnte im vorliegenden Fall, selbst wenn, was nicht der Fall ist, die Kanzlei, die die Klägerin vertritt, auf eine externe Gesellschaft für den Betrieb ihrer IT‑und Fernkopiererausstattung zurückgegriffen hätte, der Defekt dieser Ausstattung nicht als ein Umstand angesehen werden, der außerhalb ihrer Sphäre liegt.

34      Die Behauptung, die fragliche Störung sei zum ersten Mal aufgetreten und daher unvorhersehbar gewesen, kann keinen Umstand begründen, der außerhalb der Sphäre des Prozessbevollmächtigten der Klägerin liegt. Diese Unvorhersehbarkeit könnte höchstens bei der Frage, ob der Betroffene eine Störung des Fernkopierers hätte verhindern können, und somit bei der Würdigung des subjektiven Elements des Zufalls oder des Falles höherer Gewalt eine Rolle spielen.

35      Was konkret das subjektive Element des Zufalls oder des Falles höherer Gewalt anbelangt, liegt es im vorliegenden Fall auch nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nicht alle vernünftigen Maßnahmen getroffen, um die Klagefristen einzuhalten und im vorliegenden Fall das einwandfreie Funktionieren des Fernkopierers sicherzustellen.

36      Aus dem im Anhang der Erwiderung vorgelegten Gutachten geht nämlich hervor, dass im März 2013 Elektroarbeiten, die zu Unterbrechungen von Strom- und Netzwerkleitungen geführt haben, stattgefunden haben. Aus diesem Gutachten geht ebenfalls hervor, dass der Eingang einer Fernkopie dazu führt, dass mehrere Dateien im IT‑System der Anwaltskanzlei, die die Klägerin vertritt, angelegt werden, wovon nur einige den Angestellten zugänglich sind, die mit dem Empfang von Fernkopien betraut sind, wohingegen die anderen nur den Mitgliedern des IT‑Services der Kanzlei zugänglich sind. Durch einen solchen Zugang konnte im Übrigen der Verantwortliche dieses IT‑Services die Spur der am 25. März 2013 vom HABM versendeten Fernkopie über die Zustellung der angefochtenen Entscheidung wiederfinden. Schließlich ist festzustellen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu einer großen, auf das Gebiet des geistigen Eigentums spezialisierten Anwaltskanzlei gehört, die gerade die Aufgabe hat, an ihre Mandanten adressierte Mitteilungen u. a. vom HABM zu empfangen. Gemäß dem oben genannten Gutachten gehen bei ihr zwischen zehn und 15 Fernkopien pro Tag ein.

37      Unter diesen Umständen hätte die die Klägerin vertretende Anwaltskanzlei nicht nur kontrollieren müssen, ob es nicht infolge der durchgeführten Elektroarbeiten zu Störungen des Empfangssystems der Fernkopien kam, sondern wäre auch, ohne übermäßige Opfer zu bringen, in der Lage gewesen, solche Kontrollen u. a. hinsichtlich der Übereinstimmung zwischen den auf dem Server gespeicherten und den in die Empfangsbox übermittelten Fernkopien durchzuführen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat jedoch selbst im Wesentlichen eingeräumt, eine solche Kontrolle nicht vorgenommen zu haben, weil die fragliche Störung niemals aufgetreten sei.

38      Daraus folgt, dass die Begriffe Zufall oder Fall höherer Gewalt auf die vorliegende Situation nicht anwendbar sind, da eine sorgfältige und umsichtige Person objektiv in der Lage gewesen wäre, den Ablauf der Klagefrist zu verhindern.

39      Die vorliegende Klage ist daher als offensichtlich unzulässig abzuweisen.

 Kosten

40      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

41      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die GEA Group AG trägt die Kosten.

Luxemburg, den 22. Januar 2015

Der Kanzler

 

       Die Präsidentin

E. Coulon

 

       M. E. Martins Ribeiro


* Verfahrenssprache: Deutsch.