Language of document : ECLI:EU:T:2024:333

URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)

29. Mai 2024(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2022 im Voraus erhobenen Beiträge – Bestimmung der jährlichen Zielausstattung des SRF – Obergrenze nach Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Art. 291 Abs. 2 AEUV – Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 – Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 – Durchführungsbefugnisse des Rates – Entsprechend begründete Sonderfälle – Umfang der Durchführungsbefugnisse – Zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils“

In der Rechtssache T‑395/22,

Hypo Vorarlberg Bank AG mit Sitz in Bregenz (Österreich), vertreten durch Rechtsanwälte G. Eisenberger und A. Brenneis sowie Rechtsanwältin J. Holzmann,

Klägerin,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. Kerlin, C. Flynn, D. Ceran, T. Wittenberg und K.‑P. Wojcik als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte B. Meyring und T. Klupsch,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäisches Parlament, vertreten durch J. Etienne, G. Bartram und M. Menegatti als Bevollmächtigte,

und durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Haunold, J. Bauerschmidt und A. Westerhof Löfflerová als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov, der Richter G. De Baere, D. Petrlík (Berichterstatter) und K. Kecsmár sowie der Richterin S. Kingston,

Kanzler: S. Jund, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2024

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Hypo Vorarlberg Bank AG, die Nichtigerklärung des Beschlusses SRB/ES/2022/18 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 11. April 2022 über die Berechnung der für 2022 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: angefochtener Beschluss), soweit er sie betrifft.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin ist ein in Österreich niedergelassenes Kreditinstitut.

3        Mit dem angefochtenen Beschluss legte der SRB gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) die im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF (im Folgenden: im Voraus erhobene Beiträge) für das Jahr 2022 (im Folgenden: Beitragszeitraum 2022) der Institute fest, die unter Art. 2 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 4 dieser Verordnung fallen (im Folgenden: Institute); die Klägerin zählt zu diesen Instituten.

4        Mit Beitragsbescheid vom 22. April 2022 gab die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA, Österreich) in ihrer Eigenschaft als nationale Abwicklungsbehörde im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 der Klägerin auf, ihren vom SRB festgesetzten im Voraus erhobenen Beitrag für den Beitragszeitraum 2022 zu entrichten.

 Angefochtener Beschluss

5        Der angefochtene Beschluss umfasst einen Textkörper nebst drei Anhängen.

6        Der Textkörper des angefochtenen Beschlusses beschreibt das Verfahren zur Bestimmung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2022, das für alle Institute gilt.

7        Zu diesem Zweck wies der SRB in Abschnitt 5 dieses Beschlusses zunächst darauf hin, dass die im SRF verfügbaren Mittel bis zum Ablauf des ursprünglichen Zeitraums von acht Jahren ab dem 1. Januar 2016 (im Folgenden: Aufbauphase) eine Zielausstattung (im Folgenden: endgültige Zielausstattung) von mindestens 1 % der gedeckten Einlagen (im Folgenden: gedeckte Einlagen) aller Institute erreichen müssen, die in allen am einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) teilnehmenden Mitgliedstaaten (im Folgenden: teilnehmende Mitgliedstaaten) zugelassen sind.

8        Sodann legte der SRB in Abschnitt 5 des angefochtenen Beschlusses die in Art. 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates vom 19. Dezember 2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der Verordnung Nr. 806/2014 im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (ABl. 2015, L 15, S. 1) genannte jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2022 (im Folgenden: jährliche Zielausstattung) fest. In diesem Zusammenhang stellte der SRB klar, dass er die Kriterien berücksichtigt habe, die in Art. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/747 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Kriterien für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge sowie der Umstände und Bedingungen, unter denen die Zahlung außerordentlicher nachträglich erhobener Beiträge teilweise oder ganz aufgeschoben werden kann (ABl. 2017, L 113, S. 2), vorgesehen seien.

9        Ferner erläuterte der SRB, dass er die jährliche Zielausstattung auf ein Achtel von 1,6 % des Betrags der gedeckten Einlagen aller Institute im Jahr 2021 festgelegt habe, wie er sich aus den Daten ergeben habe, die von den Einlagensicherungssystemen gemäß Art. 16 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44) übermittelt worden seien.

10      In Abschnitt 6 des angefochtenen Beschlusses beschrieb der SRB die Methodik für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2022. Insoweit führte er in Rn. 74 dieses Beschlusses näher aus, dass für diesen Zeitraum 6,67 % der im Voraus erhobenen Beiträge gemäß Art. 103 der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) und gemäß Art. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 auf „nationaler Grundlage“ berechnet worden seien, d. h. auf der Grundlage der Daten, die von Instituten übermittelt worden seien, die im Hoheitsgebiet des betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaats zugelassen seien (im Folgenden: nationale Grundlage). Die übrigen im Voraus erhobenen Beiträge (d. h. 93,33 %) seien gemäß den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 4 der Durchführungsverordnung 2015/81 auf „Grundlage der Bankenunion“ berechnet worden, d. h. auf der Grundlage der Daten, die von allen Instituten übermittelt worden seien, die in den Hoheitsgebieten aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassen seien.

11      In Abschnitt 6 des angefochtenen Beschlusses erläuterte der SRB auch, dass die anderen Institute als diejenigen, die in Anbetracht ihrer besonderen Merkmale einen Pauschalbetrag entrichteten, einen an ihr Risikoprofil angepassten im Voraus erhobenen Beitrag zu entrichten hätten, den er in den folgenden Hauptphasen festgelegt habe.

12      In der ersten Phase berechnete der SRB gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 den „Pauschalbeitrag“ jedes Instituts, der sich anteilig aus dem Betrag der Verbindlichkeiten – ohne Eigenmittel und gedeckte Einlagen – (im Folgenden: Nettoverbindlichkeiten) des betreffenden Instituts im Verhältnis zu den Nettoverbindlichkeiten aller Institute ergibt, die im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassen sind (im Folgenden: jährlicher Grundbeitrag). Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 zog der SRB bestimmte Arten von Verbindlichkeiten von den für die Bestimmung dieses Beitrags zu berücksichtigenden Nettoverbindlichkeiten des Instituts ab.

13      In der zweiten Phase der Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags nahm der SRB gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 eine Anpassung des jährlichen Grundbeitrags entsprechend dem Risikoprofil des betreffenden Instituts vor.

14      Der SRB berechnete den im Voraus erhobenen Beitrag jedes Instituts, indem er die jährliche Zielausstattung auf der Grundlage des auf dem risikoadjustierten jährlichen Grundbeitrag beruhenden Verhältnisses auf alle Institute aufteilte.

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        den angefochtenen Beschluss einschließlich seiner Anhänge für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        dem SRB die Kosten aufzuerlegen.

16      Der SRB beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, dessen Wirkungen bis zu seiner Ersetzung oder zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem das Urteil rechtskräftig wird, aufrechtzuerhalten.

17      Das Europäische Parlament beantragt,

–        die Klage abzuweisen, soweit sie auf die Einrede der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 2014/59 und der Verordnung Nr. 806/2014 gestützt ist;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

18      Der Rat der Europäischen Union beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

19      Die Klägerin stützt ihre Klage auf acht Gründe:

–        erstens auf einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 2 EUV, die Art. 15, 296 und 298 AEUV sowie die Art. 42 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), weil der angefochtene Beschluss nicht vollständig bekannt gegeben worden sei;

–        zweitens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gegen Art. 102 der Richtlinie 2014/59, Art. 69 Abs. 1 und 2 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 bei der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung durch den SRB;

–        drittens und viertens auf einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c der Charta, weil der angefochtene Beschluss unzureichend begründet sei;

–        fünftens auf einen Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Charta, weil der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei;

–        sechstens auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Art. 4 bis 7 und 9 sowie von Anhang I der Delegierten Verordnung 2015/63, die darauf beruhe, dass das Recht auf eine gute Verwaltung sowie das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, die Art. 16, 17, 20 und 21 der Charta, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 290 AEUV verstoßen werde;

–        siebtens auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 8 Abs. 1, 4 und 5 der Durchführungsverordnung 2015/81, die darauf beruhe, dass gegen Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 291 Abs. 2 AEUV verstoßen werde, sowie auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014, die darauf beruhe, dass gegen Art. 291 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 296 Unterabs. 2 AEUV verstoßen werde;

–        achtens auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 2014/59 und der Verordnung Nr. 806/2014, die darauf beruhe, dass gegen Art. 1 Abs. 2 EUV, die Art. 15, 296 und 298 AEUV, die Art. 16, 17, 41, 42 und 47 der Charta, die Begründungspflicht sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen werde.

20      Zunächst ist der siebte Klagegrund zu prüfen.

 Siebter Klagegrund: Einrede der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Durchführungsverordnung 2015/81

21      Mit dem siebten Klagegrund erhebt die Klägerin eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen die Verordnung Nr. 806/2014 und die Durchführungsverordnung 2015/81. Dieser Klagegrund ist im Wesentlichen in zwei Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, dass Art. 8 Abs. 1, 4 und 5 der Durchführungsverordnung 2015/81 die Grenzen der in Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 291 Abs. 2 AEUV festgelegten Durchführungsbefugnisse verkenne, mit dem zweiten, dass in der Verordnung Nr. 806/2014 unter Verstoß gegen Art. 291 Abs. 2 AEUV nicht begründet werde, warum die in Art. 70 Abs. 7 dieser Verordnung vorgesehene Durchführungsbefugnis dem Rat und nicht der Europäischen Kommission übertragen worden sei.

22      Die Prüfung ist mit dem zweiten Teil des siebten Klagegrundes zu beginnen.

 Zweiter Teil des siebten Klagegrundes: Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014

23      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014, indem er dem Rat eine Durchführungsbefugnis übertrage, gegen Art. 291 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoße, weil in dieser Verordnung nicht dargetan werde, warum diese Übertragung einen „entsprechend begründeten Sonderfall“ im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV darstelle.

24      Der SRB, das Parlament und der Rat bringen vor, dass der 114. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 eine ausreichende Begründung für die Übertragung der oben in Rn. 23 genannten Durchführungsbefugnis an den Rat enthalte.

25      Im Wege einer prozessleitenden Maßnahme vom 18. Dezember 2023 sowie in der mündlichen Verhandlung forderte das Gericht den SRB, das Parlament und den Rat auf, sich genauer dazu zu äußern, inwieweit die Übertragung der oben in Rn. 23 genannten Durchführungsbefugnis an den Rat in der Verordnung Nr. 806/2014 ausreichend begründet sei. In ihrer Antwort auf diese prozessleitende Maßnahme sowie auf die Fragen in der mündlichen Verhandlung bekräftigten der SRB, das Parlament und der Rat ihr Argument, wonach die im 114. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 enthaltene Begründung ausreiche.

26      Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Europäischen Union, so werden gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, „in entsprechend begründeten Sonderfällen“ und in den in den Art. 24 und 26 EUV vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.

27      Speziell zum Erfordernis, die Übertragung einer solchen Befugnis an den Rat zu begründen, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass nach Art. 291 Abs. 2 AEUV ausführlich begründet werden muss, warum dem Rat der Erlass von Maßnahmen zur Durchführung eines verbindlichen Rechtsakts der Union anvertraut wird (vgl. Urteil vom 28. Februar 2023, Fenix International, C‑695/20, EU:C:2023:127, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Entsprechend der Natur und dem Inhalt des umzusetzenden Basisrechtsakts muss dessen Urheber in diesem Zusammenhang gebührend begründen, warum eine Ausnahme von der Regel gemacht wird, dass es normalerweise Aufgabe der Kommission ist, die Durchführungsbefugnis auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Im vorliegenden Fall überträgt Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 dem Rat eine Durchführungsbefugnis im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV. Er ermächtigt den Rat nämlich, im Rahmen der von der Kommission gemäß Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassenen delegierten Rechtsakte Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen zu Art. 70 Abs. 1, 2 und 3 dieser Verordnung zu erlassen, und zwar insbesondere hinsichtlich der Anwendung der Methode zur Berechnung der einzelnen Beiträge und der praktischen Modalitäten bei der Zuordnung der Institute zu den in dem delegierten Rechtsakt festgelegten Risikofaktoren (im Folgenden: betreffende Durchführungsbefugnis).

30      Zu den zwei in Art. 291 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Fällen, in denen dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden können, ist festzustellen, dass die betreffende Durchführungsbefugnis nicht zu den in den Art. 24 und 26 EUV vorgesehenen Fällen zählt. Folglich war vom Unionsgesetzgeber ausführlich und entsprechend der Natur und dem Inhalt der Verordnung Nr. 806/2014 zu begründen, dass die Übertragung dieser Befugnis an den Rat einen entsprechend begründeten Sonderfall im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV darstellt.

31      Hierzu machen der SRB, das Parlament und der Rat geltend, dass die Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat im 114. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 begründet werde:

„Der Rat sollte im Rahmen der aufgrund der Richtlinie 2014/59 … angenommenen delegierten Rechtsakte Durchführungsrechtsakte erlassen, um die Anwendung der Methode für die Berechnung einzelner Beiträge zum [SRF] sowie die technischen Modalitäten zur Berechnung des Pauschalbeitrags und des risikoadjustierten Beitrags festzulegen. Durch diese Methode sollte sichergestellt werden, dass sowohl die pauschalen als auch die risikoadjustierten Elemente in der Formel zur Berechnung einzelner Beiträge in einer Weise zu[r] Geltung kommen, die im Einklang mit den Abwicklungsgrundsätzen steht und … den gemäß Artikel 103 Absatz 7 der Richtlinie 2014/59 … angenommenen delegierten Rechtsakten entspricht. Bei der Methode sollte der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigt werden, ohne dass Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten geschaffen werden.“

32      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Erwägungsgrund nicht erläutert wird, warum der Unionsgesetzgeber entschieden hat, die betreffende Durchführungsbefugnis dem Rat zu übertragen. Es wird nämlich nur auf den Zweck und den Inhalt der anzunehmenden Durchführungsrechtsakte sowie auf die Entscheidung eingegangen, den Rat zu deren Erlass zu ermächtigen, ohne auch nur ansatzweise darzulegen, warum diese Durchführungsbefugnis dem Rat und nicht der Kommission übertragen wird.

33      Entsprechende Gründe lassen sich insbesondere nicht aus der im zweiten Satz dieses Erwägungsgrundes erwähnten Erforderlichkeit ableiten, sicherzustellen, dass die Rechtsakte zur Durchführung der Verordnung Nr. 806/2014 mit den nach Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 angenommenen delegierten Rechtsakten vereinbar sind. Der bloße Umstand, dass diese Vereinbarkeit sicherzustellen ist, erklärt nämlich nicht, warum der Rat hierfür sorgen soll und nicht die Kommission. Dies gilt umso mehr, als diese Erforderlichkeit der Ausübung einer Durchführungsbefugnis innewohnt – und zwar unabhängig davon, wem die Befugnis übertragen wurde – und als diese delegierten Rechtsakte von der Kommission erlassen werden, nicht vom Rat.

34      Zudem enthält die Verordnung Nr. 806/2014 keine weiteren Begründungsansätze, aus denen erkennbar würde, welche konkreten Gründe die Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat gerechtfertigt haben. Der SRB, das Parlament und der Rat haben sich im Übrigen weder in ihren Schriftsätzen noch im Rahmen der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung auf weitere Begründungsansätze gestützt, sondern sich darauf beschränkt, auf den 114. Erwägungsgrund dieser Verordnung zu verweisen.

35      Wie vom Rat selbst ausgeführt, liefert insbesondere der 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 keine solche Begründung, da er die Übertragung der in Art. 18 Abs. 7 dieser Verordnung vorgesehenen, das Abwicklungsverfahren betreffenden Durchführungsbefugnisse an den Rat rechtfertigen soll und nicht die Übertragung der Durchführungsbefugnis an den Rat durch Art. 70 Abs. 7 dieser Verordnung, die im vorliegenden Fall in Rede steht.

36      Durch die Aussage, dass es „[w]egen der beträchtlichen Auswirkungen der Abwicklungsbeschlüsse auf die finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten und der Union als solche sowie auf die Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten … wichtig [ist], dass dem Rat Durchführungsbefugnisse zum Erlass bestimmter Beschlüsse im Zusammenhang mit der Abwicklung übertragen werden“, zeigt der 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 in Wirklichkeit auf, dass die Übertragung dieser Durchführungsbefugnis an den Rat nicht begründet wurde. Der 114. Erwägungsgrund dieser Verordnung, auf den sich der SRB, das Parlament und der Rat stützen, liefert keine solche Begründung der Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat.

37      Obwohl unter bestimmten Umständen die Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat anhand des Kontexts begründet werden kann, in den sie sich einfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 60 bis 65), ist außerdem zum einen darauf hinzuweisen, dass sich der SRB, das Parlament und der Rat in ihren Schriftsätzen und in den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung auf keinen anderen konkreten Umstand gestützt haben, der sich aus dem Kontext ergibt, in dem die Verordnung Nr. 806/2014 erlassen wurde, und der zeigen könnte, warum die betreffende Durchführungsbefugnis dem Rat übertragen wurde und nicht der Kommission.

38      Zum anderen findet sich, anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat (T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678), ergangen ist, auf das der Rat Bezug nimmt, weder in der Verordnung Nr. 806/2014 noch in einem anderen Gesetzgebungsakt der Union ein Begründungsansatz, der erkennen ließe, dass die Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat aufgrund der besonderen Rolle gerechtfertigt wäre, die ihm bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zugedacht sei (Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat, T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678, Rn. 77 bis 82, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 60 bis 65).

39      Hierzu ist klarzustellen, dass die in den Erwägungsgründen 14 und 15 der Durchführungsverordnung 2015/81 genannten Gründe betreffend die im zwischenstaatlichen Übereinkommen über die Übertragung von Beiträgen auf den SRF und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge, unterzeichnet in Brüssel am 21. Mai 2014 (im Folgenden: Übereinkommen vom 21. Mai 2014), vorgesehene schrittweise gemeinsame Nutzung des SRF nicht zur Begründung der Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat herangezogen werden können. Da die Verpflichtung, die Übertragung von Durchführungsbefugnissen an den Rat zu begründen, den Urheber des umzusetzenden Basisrechtsakts trifft – im vorliegenden Fall also das Parlament und den Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens –, kann der Rat nämlich nicht im Nachhinein im Rahmen eines später von ihm erlassenen Durchführungsrechtsakts die Übertragung einer solchen Befugnis an ihn selbst rechtfertigen.

40      Selbst wenn man annimmt, dass das Übereinkommen vom 21. Mai 2014, auf das in den Art. 1, 67 und 77 der Verordnung Nr. 806/2014 verwiesen wird, im Rahmen der Begründung der Übertragung dieser Befugnis an den Rat berücksichtigt werden kann, genügt der Hinweis, dass dieses Übereinkommen nicht die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge als solche betrifft und daher nichts enthält, was auf eine besondere Rolle hindeutet, die dem Rat bei der Berechnung dieser Beiträge zugedacht sein soll. Im Übrigen haben weder der SRB noch das Parlament oder der Rat in ihren Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung erwähnt, dass sich aus diesem Übereinkommen eine solche besondere Rolle ergeben könnte.

41      Schließlich kann der Rat nicht – wie er es in der mündlichen Verhandlung getan hat – geltend machen, dass die Entscheidung des Unionsgesetzgebers, ihm die betreffende Durchführungsbefugnis zu übertragen, auf „politischen Gründen“ beruhe. Zum einen enthalten weder der 114. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 noch ein anderer Erwägungsgrund oder eine andere Bestimmung dieser Verordnung eine derartige Begründung. Zum anderen ist diese Erklärung zu pauschal, um den Anforderungen zu genügen, die sich aus der oben in den Rn. 27 und 28 wiedergegebenen Rechtsprechung ergeben, da sie weder ausführlich ist noch mit der Natur oder dem Inhalt der Verordnung Nr. 806/2014 zusammenhängt.

42      Nach alledem ist festzustellen, dass die Übertragung der betreffenden Durchführungsbefugnis an den Rat in der Verordnung Nr. 806/2014 nicht begründet ist.

43      Der Einrede der Rechtswidrigkeit ist daher stattzugeben, und Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 ist gemäß Art. 277 AEUV für auf den vorliegenden Fall unanwendbar zu erklären. Folgerichtig ist auch die Durchführungsverordnung 2015/81, die vom Rat auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassen wurde und zu deren Durchführung der angefochtene Beschluss diente, nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar.

44      Vor diesem Hintergrund und im Interesse einer effizienten und geordneten Rechtspflege sind auch der erste Teil des siebten Klagegrundes – soweit er die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 betrifft – und der zweite Klagegrund zu prüfen, der die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung betrifft.

 Erster Teil des siebten Klagegrundes, soweit er die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 betrifft

45      Die Klägerin macht geltend, dass ein gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV erlassener Durchführungsrechtsakt den vom Unionsgesetzgeber festgelegten rechtlichen Rahmen lediglich präzisieren, den betreffenden Gesetzgebungsakt aber nicht ändern oder ergänzen könne, auch nicht in seinen nicht wesentlichen Teilen. Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 beschränke sich aber nicht auf eine Präzisierung des Inhalts der Verordnung Nr. 806/2014, sondern ergänze diesen, da er die durch diese Verordnung eingeführte Methode der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge ändere.

46      Der SRB und der Rat treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Insbesondere aus den Erwägungsgründen 14 und 15 der Durchführungsverordnung 2015/81 ergebe sich, dass sich Art. 8 Abs. 1 dieser Durchführungsverordnung damit begnüge, den durch die Verordnung Nr. 806/2014 festgelegten Rechtsrahmen anzupassen, und diese Verordnung weder ändere noch ergänze. Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 ziele darauf ab, die einheitliche Anwendung von Art. 103 der Richtlinie 2014/59 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 zu gewährleisten, um Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Diese Verzerrungen beruhten auf der erheblichen Abweichung zwischen den im Voraus erhobenen Beiträgen, die gemäß der durch die Verordnung Nr. 806/2014 eingeführte Methode festgelegt würden, einerseits und den im Voraus erhobenen Beiträgen, die die Institute gemäß den die Richtlinie 2014/59 umsetzenden nationalen Regelungen hätten zahlen müssen, andererseits. Dem SRB zufolge könnten solche Verzerrungen außerdem entstehen, wenn es eine Diskrepanz zwischen den nach der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegten im Voraus erhobenen Beiträgen und der Abwicklungsfinanzierung, die für diese Institute gemäß den Regeln über die schrittweise gemeinsame Nutzung des SRF während der Aufbauphase potenziell zur Verfügung stehe, gäbe. Dies ergebe sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Durchführungsverordnung 2015/81.

47      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Durchführungsverordnung 2015/81 auf Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 basiert, der den Rat ermächtigt, Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen zu Art. 70 Abs. 1, 2 und 3 dieser Verordnung zu erlassen, und dass Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 Art. 291 Abs. 2 AEUV anwendet (siehe oben, Rn. 29).

48      Somit ist die dem Rat übertragene Durchführungsbefugnis sowohl durch Art. 291 Abs. 2 AEUV als auch durch Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 begrenzt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 22. März 2023, Tazzetti/Kommission, T‑825/19 und T‑826/19, EU:T:2023:148, Rn. 155).

49      Was die Grenzen der sich aus Art. 291 Abs. 2 AEUV ergebenden Durchführungsbefugnisse betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass diese Befugnisse im Wesentlichen die Befugnis umfassen, Maßnahmen zu erlassen, die für die einheitliche Durchführung der Bestimmungen des Gesetzgebungsakts, auf dessen Grundlage sie erlassen werden, erforderlich oder zweckmäßig sind und sich darauf beschränken, seinen Inhalt unter Beachtung der mit ihm verfolgten wesentlichen allgemeinen Ziele zu präzisieren, ohne ihn in seinen wesentlichen oder nicht wesentlichen Teilen zu ergänzen oder zu ändern (Urteil vom 28. Februar 2023, Fenix International, C‑695/20, EU:C:2023:127, Rn. 49).

50      Insbesondere beschränkt sich eine Durchführungsmaßnahme auf die Präzisierung der Bestimmungen des betreffenden Gesetzgebungsakts, wenn sie allgemein oder für bestimmte Sonderfälle nur darauf abzielt, die Tragweite dieser Bestimmungen zu klären oder die Modalitäten ihrer Anwendung festzulegen, sofern diese Maßnahme hierbei jeden Widerspruch zu den Zielen der Bestimmungen vermeidet und den Regelungsgehalt des Rechtsakts oder seinen Anwendungsbereich nicht in irgendeiner Weise verändert (Urteil vom 28. Februar 2023, Fenix International, C‑695/20, EU:C:2023:127, Rn. 50).

51      Um festzustellen, ob die Kommission oder der Rat beim Erlass einer Durchführungsmaßnahme die Grenzen der ihnen gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV durch einen Gesetzgebungsakt übertragenen Durchführungsbefugnisse eingehalten hat, ist daher zu prüfen, ob eine solche Maßnahme erstens die wesentlichen allgemeinen Ziele dieses Gesetzgebungsakts und insbesondere die Ziele der von der Durchführungsmaßnahme betroffenen Bestimmung dieses Gesetzgebungsakts beachtet, zweitens für die einheitliche Durchführung dieser Bestimmung erforderlich oder zweckmäßig ist und diese drittens in keiner Weise ergänzt oder ändert (Urteil vom 28. Februar 2023, Fenix International, C‑695/20, EU:C:2023:127, Rn. 51).

52      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin nicht geltend, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 gegen die ersten beiden in der vorstehenden Rn. 51 genannten Voraussetzungen verstoße. Sie führt hingegen aus, dass diese Bestimmung der dritten dort genannten Voraussetzung nicht genüge, da sie sich nicht darauf beschränke, den Inhalt der Verordnung Nr. 806/2014 zu präzisieren, sondern ihn ergänze. Es ist daher zu prüfen, ob Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 diese dritte Voraussetzung erfüllt.

53      Zum Umfang dieser Prüfung ist festzustellen, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 nicht der Festlegung der Durchführungsbestimmungen zu Art. 70 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 – der unwiderrufliche Zahlungsverpflichtungen betrifft –dient, so dass die Prüfung der vorliegenden Einrede der Rechtswidrigkeit auf die Frage zu beschränken ist, ob der Rat durch den Erlass von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 die Grenzen der ihm zur Umsetzung von Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 übertragenen Durchführungsbefugnisse überschritten hat.

54      Folglich ist prüfen, ob sich Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 darauf beschränkt, den Inhalt von Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 zu präzisieren, oder ob er diese Bestimmung – wie von der Klägerin vorgebracht – ergänzt.

55      Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 70 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 der im Voraus erhobene Beitrag der einzelnen Institute anteilig aus dem Betrag ihrer Nettoverbindlichkeiten im Verhältnis zu den aggregierten Nettoverbindlichkeiten aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berechnet wird.

56      Gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 806/2014 beruht die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge der einzelnen Institute auf zwei Komponenten: zum einen dem jährlichen Grundbeitrag, der sich anteilig aus dem Betrag der Nettoverbindlichkeiten eines Instituts im Verhältnis zur Gesamthöhe der Nettoverbindlichkeiten aller im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute ergibt, und zum anderen dem risikoadjustierten Beitrag, der auf der Grundlage der in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 festgelegten Kriterien errechnet wird, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und keine Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten ausgelöst werden dürfen.

57      Art. 4 der Durchführungsverordnung 2015/81 sieht vor:

„… der [SRB berechnet] für jeden Beitragszeitraum auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung den jährlichen Beitrag, der von jedem Institut zu entrichten ist. Die jährliche Zielausstattung wird unter Bezugnahme auf die Zielausstattung des [SRF] gemäß Artikel 69 Absatz 1 und Artikel 70 der Verordnung … Nr. 806/2014 und im Einklang mit der in der Delegierten Verordnung … 2015/63 dargelegten Methodik festgelegt.“

58      Art. 8 („Besondere Anpassungen in der Aufbauphase“) Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 bestimmt wiederum, dass abweichend von Art. 4 dieser Verordnung die im Voraus erhobenen Beiträge der Institute während der Aufbauphase nach einer „angepasste[n] Methodik“ berechnet werden. Diese Bestimmung legt für sieben Jahre der acht Jahre dauernden Aufbauphase jeweils einen Anteil der im Voraus erhobenen Beiträge fest, der auf der nationalen Grundlage, also nach Art. 103 der Richtlinie 2014/59 und Art. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63, berechnet wird, sowie einen Anteil dieser Beiträge, der auf der Grundlage der Bankenunion, also nach den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 4 der Durchführungsverordnung 2015/81, berechnet wird.

59      Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 sieht somit im Wesentlichen vor, dass Jahr für Jahr ein immer kleiner werdender Teil der im Voraus erhobenen Beiträge auf der nationalen Grundlage berechnet wird, während die Berechnung eines immer größer werdenden Teils dieser Beiträge auf der Grundlage der Bankenunion erfolgt.

60      Was insbesondere den hier in Rede stehenden Beitragszeitraum 2022 betrifft, sieht Art. 8 Abs. 1 Buchst. g der Durchführungsverordnung 2015/81 konkret vor, dass „[a]bweichend von Artikel 4 [der Durchführungsverordnung 2015/81]“ die Institute „6,67 % ihres gemäß Artikel 103 der Richtlinie 2014/59 … und Artikel 4 der Delegierten Verordnung … 2015/63 berechneten jährlichen Beitrags und 93,33 % ihres gemäß den Artikeln 69 und 70 der Verordnung … Nr. 806/2014 und Artikel 4 der [Durchführungsverordnung 2015/81] berechneten jährlichen Beitrags“ zahlen.

61      Hierzu ist festzustellen, dass sich zum einen bereits aus dem Wortlaut von Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt, dass die durch diese Bestimmung eingeführte Methode zur Berechnung des jährlichen Grundbeitrags der betreffenden Institute darin besteht, die Nettoverbindlichkeiten der einzelnen Institute zur Gesamthöhe der Nettoverbindlichkeiten aller „im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten“ zugelassenen Institute ins Verhältnis zu setzen. Gemäß diesen Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 werden für die Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags der einzelnen Institute also die Daten aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berücksichtigt; dies gilt zumindest für die erste Komponente dieses Beitrags, also für den jährlichen Grundbeitrag.

62      Zum anderen gelten gemäß diesen Bestimmungen die durch Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eingeführte Berechnungsmethode und insbesondere die Regel zur Bestimmung der dieser Methode zugrunde zu legenden Daten vollumfänglich für jedes Jahr der Aufbauphase – dies umfasst auch den Beitragszeitraum 2022.

63      Die durch Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 eingeführte „angepasst[e] Methodik“ zielt jedoch geradezu darauf ab, über weite Strecken der Aufbauphase für die Berechnung eines Teils der im Voraus erhobenen Beiträge eine andere Datengrundlage heranzuziehen, als in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehen.

64      So werden gemäß Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 in Verbindung mit Art. 103 der Richtlinie 2014/59 zur Berechnung eines Teils der für diesen Zeitraum im Voraus erhobenen Beiträge nur die Daten berücksichtigt, die von im Hoheitsgebiet des jeweiligen teilnehmenden Mitgliedstaats zugelassenen Instituten übermittelt werden; die Daten, die von im Hoheitsgebiet der anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten übermittelt werden, werden außen vor gelassen, obwohl im Rahmen der durch Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 eingeführten Methode bei der Berechnung des jährlichen Grundbeitrags gerade auch die Daten der im Hoheitsgebiet der anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berücksichtigt werden.

65      Daraus folgt, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 die in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge ändert. Dies gilt insbesondere für die erste Komponente dieser Methode, die die Berechnung des jährlichen Grundbeitrags betrifft, da es hinsichtlich der im Rahmen dieser Methode zu berücksichtigenden Daten zu einer Änderung kommt, was die Grundlage dieser Methode berührt.

66      Als Konsequenz ergibt sich daraus – wie im Übrigen vom Rat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt –, dass sich die Beträge der im Voraus erhobenen Beiträge von Instituten wie der Klägerin, die nach der durch Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 eingeführten „angepasste[n] Methodik“ berechnet werden, zwangsläufig von jenen unterscheiden, die sich bei Anwendung der durch Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eingeführten Methode ergeben hätten.

67      Das Ausmaß der oben in Rn. 65 genannten Änderung wird dadurch verdeutlicht, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 für sieben Jahre der acht Jahre dauernden Aufbauphase von der in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Methode abweicht, so dass diese Methode über weite Strecken der Aufbauphase nicht ihre volle Wirkung entfalten kann.

68      Als Zweites ist der Rat gemäß Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 zwar ermächtigt, Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung umzusetzen, der in Unterabs. 2 Buchst. b vorsieht, dass der risikoadjustierte Beitrag auf der Grundlage der in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 festgelegten Kriterien zu errechnen ist, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und keine Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten ausgelöst werden dürfen.

69      Das mit Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 verfolgte Ziel, Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten – wie die oben in Rn. 46 dargelegten – zu vermeiden, bezieht sich jedoch auf die Frage, ob der in Rede stehende Durchführungsrechtsakt die wesentlichen allgemeinen Ziele des Gesetzgebungsakts beachtet und ob er für die einheitliche Durchführung dieses Rechtsakts erforderlich oder zweckmäßig ist. Diese Frage betrifft also die erste und die zweite der oben in Rn. 51 genannten Voraussetzungen für die Feststellung, ob der Rat beim Erlass einer Durchführungsmaßnahme die Grenzen der ihm gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV durch einen Gesetzgebungsakt übertragenen Durchführungsbefugnisse eingehalten hat. Wie oben in Rn. 52 dargetan, macht die Klägerin jedoch nicht geltend, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 gegen diese Voraussetzungen verstoße, da er darauf abziele, Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten zu vermeiden, sondern dass er den Regelungsgehalt des Rechtsakts ergänze und auf diese Weise gegen die dritte der oben in Rn. 51 wiedergegebenen Voraussetzungen verstoße.

70      Zu dieser oben in Rn. 51 genannten dritten Voraussetzung ergibt sich aus den Erwägungen in den Rn. 49 und 50 des vorliegenden Urteils, dass sich das betreffende Organ beim Erlass von Durchführungsmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 291 Abs. 2 AEUV darauf beschränken muss, den Basisrechtsakt zu präzisieren, ohne seinen Regelungsgehalt zu verändern. Unter der Annahme, dass der Rat mit Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten vermeiden wollte, hatte er also die Grenzen der ihm gewährten Durchführungsbefugnisse zu beachten, d. h., sich auf eine Präzisierung der in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zu beschränken und von einer Änderung des Regelungsgehalts dieser Bestimmung in Bezug auf diese Methode abzusehen.

71      Wie es sich aus den Rn. 55 bis 67 dieses Urteils ergibt, führt die „angepasste Methodik“ von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 im vorliegenden Fall aber zu einer Änderung der in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge. Vor diesem Hintergrund kann die Einführung einer solchen Methode nicht durch das legitime Ziel der Vermeidung von Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten gerechtfertigt werden.

72      Folglich kann das in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 zum Ausdruck gebrachte Ziel des Unionsgesetzgebers, Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten zu vermeiden, nicht so verstanden werden, dass der Rat ermächtigt wird, in einem Durchführungsrechtsakt die sich insbesondere aus Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 ergebende Grundlage der Methode zur Berechnung dieser Beiträge zu ändern.

73      Als Drittes ist, soweit der SRB und der Rat insbesondere auf die Erforderlichkeit verweisen, eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen von Art. 103 der Richtlinie 2014/59 und von Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sicherzustellen, um während der Aufbauphase den Übergang von der Berechnung gemäß der in der Richtlinie 2014/59 vorgesehenen Methode zur Berechnung gemäß der in der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Methode zu ermöglichen, darauf hinzuweisen, dass sich die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF, die von den in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 806/2014 fallenden Instituten zu entrichten sind, zu denen auch die Klägerin gehört, nach Art. 70 dieser Verordnung richtet und nicht nach Art. 103 der Richtlinie 2014/59, der die im Voraus erhobenen Beiträge zu den nationalen Abwicklungsfinanzierungsmechanismen regelt.

74      Der Rat hat in der mündlichen Verhandlung außerdem eingeräumt, dass die Berechnung des für den Beitragszeitraum 2022 im Voraus erhobenen Beitrags von Instituten wie der Klägerin ohne Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 ausschließlich auf der Grundlage der in Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Methode hätte erfolgen müssen und folglich die Daten aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute hätten berücksichtigt werden müssen.

75      Es trifft zu, dass die Risikoanpassung der im Voraus erhobenen Beiträge gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 „auf der Grundlage der in Artikel 103 Absatz 7 [dieser] Richtlinie festgelegten Kriterien“ zu erfolgen hat. Außerdem erlässt der Rat nach Art. 70 Abs. 7 dieser Verordnung Durchführungsrechtsakte „im Rahmen eines … delegierten Rechtsakts“, den die Kommission im Einklang mit Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassen hat, um das Konzept der Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil der Institute zu präzisieren. Diese Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 verweisen jedoch nur auf das in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 vorgesehene Konzept der Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge entsprechend dem Risikoprofil. So verweist Art. 70 Abs. 2 und 7 der Verordnung Nr. 806/2014 insbesondere weder auf Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 noch auf die durch Art. 103 Abs. 2 dieser Richtlinie eingeführte Berechnungsmethode für diese Beiträge als solche, bei der ausschließlich die Daten der im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaats zugelassenen Institute berücksichtigt werden.

76      Unter diesen Umständen ergibt sich – auch wenn der Rat beim Erlass der Durchführungsverordnung 2015/81 das in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 vorgesehene Konzept der Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil und die auf der Grundlage dieser Bestimmung von der Kommission zur Präzisierung dieses Konzepts erlassenen delegierten Rechtsakte berücksichtigen musste – weder aus Art. 70 der Verordnung Nr. 806/2014 noch aus Art. 103 der Richtlinie 2014/59 oder aus den genannten delegierten Rechtsakten, dass der Rat ermächtigt war, mit dieser Durchführungsverordnung eine angepasste Berechnungsmethode einzuführen, nach der ein Teil der jährlichen Grundbeiträge auf der nationalen Grundlage – also auf der Grundlage der in Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 festgelegten Daten – berechnet wird.

77      Als Viertes ist festzustellen, dass weder in der Verordnung Nr. 806/2014 noch in der Richtlinie 2014/59 die Einführung einer Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge vorgesehen ist, die auf einer schrittweisen Abschaffung der auf der nationalen Grundlage basierenden Berechnungsmethode und ihrer fortschreitenden Ersetzung durch die auf der Bankenunion basierende Methode beruht, und der Rat darin auch nicht zur Einführung einer solchen Methode ermächtigt wird.

78      Auch wenn der Rat durch den Erlass von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 zwar das legitime Ziel der Vermeidung von Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten verfolgen durfte, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die in Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 vorgesehene angepasste Berechnungsmethode für die im Voraus erhobenen Beiträge zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, ändert dies nichts an dem Umstand, dass es Sache des Unionsgesetzgebers war, eine etwaige schrittweise Abschaffung der auf der nationalen Grundlage basierenden Berechnungsmethode und ihre fortschreitende Ersetzung durch die auf der Bankenunion basierende Methode vorzusehen. Gegebenenfalls kann dieser den Rat ermächtigen, in einem Durchführungsrechtsakt die Durchführungsbestimmungen festzulegen. Der Rat konnte daher im Rahmen eines Durchführungsrechtsakts nicht anstelle des Unionsgesetzgebers einen solchen Übergang vorsehen, ohne die Grenzen seiner Durchführungsbefugnis zu überschreiten.

79      Ebenso ermächtigt weder Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 noch eine ihrer anderen Bestimmungen den Rat, Durchführungsrechtsakte zu erlassen, um die Diskrepanz zwischen den nach dieser Verordnung bestimmten im Voraus erhobenen Beiträgen auf der einen Seite und der Abwicklungsfinanzierung, die den betreffenden Instituten gemäß den Regeln über die schrittweise gemeinsame Nutzung des SRF während der Aufbauphase potenziell zur Verfügung steht, auf der anderen Seite zu verringern.

80      Eine solche Ermächtigung ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 77 der Verordnung Nr. 806/2014, der die Modalitäten der Inanspruchnahme des SRF regelt.

81      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 die „Inanspruchnahme des [SRF] … an das Übereinkommen gebunden [ist], in dem die teilnehmenden Mitgliedstaaten vereinbaren, die von ihnen gemäß [der Verordnung Nr. 806/2014] und der Richtlinie 2014/59 … und auf nationaler Ebene erhobenen Beiträge auf den [SRF] zu übertragen“. Gemäß Art. 77 Abs. 2 dieser Verordnung nimmt zudem der SRB während der Aufbauphase den SRF „gemäß [diesem] Übereinkommen … im Einklang mit den Grundsätzen in Anspruch, die auf einer Aufteilung des [SRF] in nationale Kammern jedes teilnehmenden Mitgliedstaats und auf einer fortschreitenden Zusammenführung der einzelnen, auf nationaler Ebene erhobenen und den nationalen Kammern des [SRF] zugewiesenen Mittel beruhen“. Art. 5 des Übereinkommens vom 21. Mai 2014 legt die Regeln fest, nach denen der SRB über die Kammern des SRF verfügen kann, indem er das Tempo der schrittweise erfolgenden gemeinsamen Nutzung des SRF bestimmt.

82      Da Art. 77 der Verordnung Nr. 806/2014 den Rat nicht zum Erlass von Durchführungsrechtsakten ermächtigt und die Durchführungsverordnung 2015/81 nur auf Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 beruht, kann Art. 77 der Verordnung Nr. 806/2014 jedoch ebenso wenig die Einführung der sich aus Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 ergebenden „angepasste[n] Methodik“ rechtfertigen. Dies gilt erst recht für das Übereinkommen vom 21. Mai 2014.

83      Als Fünftes ist, soweit sich der SRB und der Rat auf einen weiten Ermessensspielraum des Rates bezüglich der Art und Weise stützen, wie Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 auszulegen ist, Folgendes zu beachten.

84      Nach der Rechtsprechung ist der Rat im Rahmen seiner Durchführungsbefugnis, deren Grenzen insbesondere nach Maßgabe der wesentlichen allgemeinen Ziele des fraglichen Gesetzgebungsakts zu beurteilen sind, zwar berechtigt, alle für die Durchführung des betreffenden Gesetzgebungsakts erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, soweit diese nicht gegen diesen Gesetzgebungsakt verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2014, Parlament/Kommission, C‑65/13, EU:C:2014:2289, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Ermessensspielraum des betreffenden Organs bezieht sich jedoch auf die Frage, ob die Durchführungsmaßnahme für die Durchführung des in Rede stehenden Gesetzgebungsakts zweckmäßig oder erforderlich ist, nicht auf das Verbot der Ergänzung dieses Akts durch eine Durchführungsmaßnahme; es handelt sich dabei um zwei unterschiedliche Voraussetzungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2014, Parlament/Kommission, C‑65/13, EU:C:2014:2289, Rn. 44 und 45).

85      Nach alledem ist festzustellen, dass Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 den Regelungsgehalt von Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ändert, und zwar was die Daten betrifft, die im Rahmen dieser Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zu berücksichtigen sind. Daraus folgt, dass der Rat durch den Erlass von Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 die ihm durch Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 291 Abs. 2 AEUV eingeräumte Durchführungsbefugnis überschritten hat.

86      Da die Tragweite einer Rechtswidrigkeitseinrede auf das zu beschränken ist, was zur Entscheidung über den Rechtsstreit unerlässlich ist (Urteil vom 25. Oktober 2018, KF/SATCEN, T‑286/15, EU:T:2018:718, Rn. 156), und angesichts des Umstands, dass sich der angefochtene Beschluss auf den Beitragszeitraum 2022 bezieht und deshalb Art. 8 Abs. 1 Buchst. g der Durchführungsverordnung 2015/81 anwendet, der diesen Zeitraum betrifft, ist dieser Einrede der Rechtswidrigkeit stattzugeben, soweit sie Art. 8 Abs. 1 Buchst. g dieser Durchführungsverordnung betrifft, und ist diese Bestimmung gemäß Art. 277 AEUV für auf den vorliegenden Fall unanwendbar zu erklären.

87      Diese Rechtswidrigkeit reicht aus, um dem ersten Teil des siebten Klagegrundes stattzugeben, ohne dass es einer Prüfung der Rechtmäßigkeit von Art. 8 Abs. 4 und 5 der Durchführungsverordnung 2015/81 bedarf.

88      Im Interesse einer effizienten und geordneten Rechtspflege ist außerdem der zweite Klagegrund zu prüfen, der die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung betrifft.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 102 der Richtlinie 2014/59, Art. 69 Abs. 1 und 2 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 bei der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung durch den SRB

89      Die Klägerin macht geltend, dass der SRB mit der Festlegung der jährlichen Zielausstattung auf 14 253 573 821,46 Euro, was einem Achtel von 1,6 % der gedeckten Einlagen im Jahr 2021 entspreche, gegen Art. 102 der Richtlinie 2014/59, Art. 69 Abs. 1 und 2 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 verstoßen habe.

90      Aus Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebe sich, dass der Gesamtbetrag der jährlichen Beiträge keinesfalls mehr als 12,5 % der endgültigen Zielausstattung betragen dürfe (im Folgenden: 12,5%‑Obergrenze). Bei einer prognostizierten finalen Zielausstattung von 80 Mrd. Euro, wie es hier der Fall sei, hätte der SRB 2022 somit nicht mehr als 10 Mrd. Euro erheben dürfen.

91      Der SRB macht in erster Linie geltend, dass die in Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Regel, dass die 12,5%‑Obergrenze nicht überschritten werden dürfe, während der Aufbauphase nicht gelte. Nach seiner Auffassung habe die in Art. 69 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehene Regel, wonach die im Voraus erhobenen Beiträge bis zum Erreichen der Zielausstattung zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden müssten, Vorrang vor der Vorgabe in Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung, weil die erstgenannte Regel eine lex specialis ratione temporis gegenüber der letztgenannten Regel darstelle, die dagegen nur eine lex generalis sei.

92      Hilfsweise macht der SRB geltend, wie er insbesondere in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass die in Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Regel, wonach die 12,5%‑Obergrenze nicht überschritten werden dürfe, nicht absolut gelte. Er hält es für unmöglich, diese Regel anzuwenden und zugleich der Vorgabe in Art. 69 Abs. 1 dieser Verordnung nachzukommen, nach der er sicherzustellen habe, dass der SRF am Ende der Aufbauphase seine endgültige Zielausstattung erreiche, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen entspreche. Diese Unmöglichkeit sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die endgültige Zielausstattung in dem Sinne dynamisch sei, dass sie im Laufe der Aufbauphase steigen könne. Im Fall einer Erhöhung der gedeckten Einlagen, die zu einer Erhöhung der endgültigen Zielausstattung führen würde, und einer zu Beginn der Aufbauphase vom SRB unterschätzten Höhe dieser Zielausstattung würde die wörtliche Anwendung von Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 den SRB daran hindern, eine spätere Anpassung der im SRF anzusammelnden Finanzmittel vorzunehmen, um dieser Unterschätzung entgegenzuwirken. Für den SRB sei es aber schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die endgültige Zielausstattung genau vorherzusagen, weil in der Aufbauphase Unwägbarkeiten auftreten könnten, die sich auf die Entwicklung der Höhe der gedeckten Einlagen auswirken würden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände und in Anbetracht des mit dem SRF verfolgten und im allgemeinen Interesse liegenden Ziels – nämlich zur finanziellen Stabilität der Europäischen Union beizutragen – habe der SRB dem Ziel, bis zum Ende der Aufbauphase die endgültige Zielausstattung zu erreichen, Vorrang einräumen müssen, so dass die in Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Anforderung außer Acht gelassen oder flexibel ausgelegt werden müsse.

93      In diesem Zusammenhang macht der SRB außerdem geltend, dass es ihm, wenn die in Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Regel über die Einhaltung der 12,5%‑Obergrenze während der Aufbauphase anwendbar wäre und strikt angewandt werden müsste, unmöglich wäre, Art. 69 Abs. 2 dieser Verordnung einzuhalten, der von ihm verlange, zum einen die im Voraus erhobenen Beiträge zeitlich so gleichmäßig wie möglich zu staffeln und zum anderen die Konjunkturphase und die etwaigen Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu berücksichtigen. Um das Spannungsverhältnis zwischen diesen beiden Bestimmungen aufzulösen, müsse insbesondere die 12,5%‑Obergrenze in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie lediglich eine unverbindliche Konkretisierung der Anforderung darstelle, die im Voraus erhobenen Beiträge zeitlich so gleichmäßig wie möglich zu staffeln.

94      Das Parlament und der Rat sind entgegen dem Hauptvorbringen des SRB der Auffassung, dass die sich aus Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebende Anforderung, dass die 12,5%‑Obergrenze nicht überschritten werden dürfe, auch in der Aufbauphase gelte. Sie schließen sich jedoch dem vom SRB hilfsweise vertretenen Standpunkt an, dass diese Anforderung nicht absolut sei und im Licht des Hauptziels, wonach der SRF bis zum Ende der Aufbauphase die endgültige Zielausstattung erreichen müsse, flexibel zu sehen und anzuwenden sei.

95      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 bis zum Ende der Aufbauphase die im SRF verfügbaren Mittel die endgültige Zielausstattung erreichen müssen, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute entspricht.

96      Nach Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 müssen die im Voraus erhobenen Beiträge während der Aufbauphase zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden, bis die oben in Rn. 95 erwähnte endgültige Zielausstattung erreicht ist, wobei jedoch die Konjunkturphase und die etwaigen Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu berücksichtigen sind.

97      Ferner sieht Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass „der [SRB] jährlich die einzelnen Beiträge [errechnet], damit die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, 12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen“. Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 4 dieser Verordnung fügt hinzu, dass „[i]n jedem Fall der … aggregierte Betrag der einzelnen Beiträge aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute 12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen [darf]“.

98      Als Erstes ist in Bezug auf die zeitliche Anwendung der in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Anforderung der 12,5%-Obergrenze darauf hinzuweisen, dass das Gericht bereits entschieden hat, dass diese Anforderung während der Aufbauphase gelten soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2021, ABLV Bank/SRB, T‑758/18, EU:T:2021:28, Rn. 68, 69 und 100).

99      Dies geht zunächst aus dem klaren Wortlaut von Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, der vorsieht, dass „[w]ährend der … Aufbauphase“ die im Voraus erhobenen Beiträge „gemäß Artikel 70“ dieser Verordnung berechnet werden, wobei ein solcher Verweis unmissverständlich darauf hinweist, dass sämtliche in der letztgenannten Bestimmung vorgesehenen Anforderungen, einschließlich der in ihrem Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 vorgesehenen, während der Aufbauphase gelten.

100    Sodann heißt es in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014, dass der SRB die Anforderung der 12,5%‑Obergrenze „jährlich“ einhalten muss, ohne dass ihre zeitliche Anwendung in irgendeiner Weise auf den der Aufbauphase folgenden Zeitraum beschränkt wird.

101    Auch keine andere Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 besagt, dass die Anforderung der 12,5%‑Obergrenze während der Aufbauphase nicht gelte oder dass der SRB während dieser Phase davon abweichen könne.

102    Schließlich wird die Auslegung, dass diese Anforderung auch während der Aufbauphase gilt, durch die Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 806/2014 bestätigt.

103    Aus Ziff. 4.3.2 der Begründung und Art. 65 Abs. 1 des Vorschlags COM(2013) 520 final der Europäischen Kommission vom 10. Juli 2013, der zum Erlass der Verordnung Nr. 806/2014 geführt hat, geht nämlich hervor, dass die Kommission in ihrem Gesetzgebungsvorschlag empfohlen hatte, dass sich die Aufbauphase für die Bildung des SRF über zehn Jahre erstrecken sollte.

104    In den folgenden Phasen des Gesetzgebungsverfahrens hatte der Rat, wie aus dem in der mündlichen Verhandlung erörterten interinstitutionellen Dossier vom 27. März 2014 (8078/1/14 REV 1) hervorgeht, vorgeschlagen, die im Voraus erhobenen Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten waren, jährlich auf 10 % der endgültigen Zielausstattung zu begrenzen. Als sich das Parlament und der Rat im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens darauf einigten, die Aufbauphase auf acht Jahre zu verkürzen, beschlossen sie zugleich, die in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Obergrenze auf 12,5 % zu erhöhen.

105    Daraus folgt, wie der Rat im Übrigen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens bestätigt hat, dass der Unionsgesetzgeber einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der in die Aufbauphase fallenden Jahre und dem in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegten Prozentsatz der Obergrenze hergestellt hat.

106    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene 12,5%‑Obergrenze während der Aufbauphase gilt.

107    Dies hat der SRB im Übrigen in Nr. 106 des Anhangs III des angefochtenen Beschlusses, der seine Auswertung der Stellungnahmen der Institute enthält, die an der Konsultation zu den im Voraus erhobenen Beiträgen zum SRF für 2022 teilgenommen hatten, selbst eingeräumt, indem er feststellte, dass er „[d]ie 12,5 %-Obergrenze durch die Anwendung [eines] Koeffizienten auf [ein Achtel] des Gesamtbetrags der in Rede stehenden Einlagen eingehalten [habe]“.

108    Als Zweites ist in Bezug auf den Inhalt der Anforderung der 12,5%‑Obergrenze darauf hinzuweisen, dass der SRB gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 dafür zu sorgen hat, dass die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, 12,5 % der Zielausstattung, wie sie in Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehen ist, nicht übersteigen.

109    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014, wie die Vorarbeiten zu dieser Verordnung bestätigen, insoweit auf einem dynamischen Ansatz für die endgültige Zielausstattung beruht, als diese anhand der Höhe der gedeckten Einlagen am Ende der Aufbauphase zu bestimmen ist. In Ziff. 4.3.2 der Begründung ihres Vorschlags COM(2013) 520 final vom 10. Juli 2013, der zur Annahme der genannten Verordnung führte, hatte die Kommission nämlich erläutert, dass die endgültige Zielausstattung dynamisch bleiben und steigen werde, wenn der Bankensektor wachsen sollte.

110    Die Notwendigkeit, die Entwicklung des Betrags der gedeckten Einlagen zu berücksichtigen, erklärt sich außerdem aus dem Zweck der Erhebung der im Voraus erhobenen Beiträge, der u. a. darin besteht, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit dieser seine Aufgaben erfüllen kann, wie sich aus dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113). Das Ziel des SRM besteht gemäß dem zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung u. a darin, seinerseits die Stabilität der Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten zu stärken und zu verhindern, dass mögliche Krisen auf nicht teilnehmende Mitgliedstaaten übergreifen.

111    In dieser Hinsicht geht aus Ziff. 4.3.2 der Begründung des Vorschlags COM(2013) 520 final hervor, dass mit zunehmender Größe des Bankensektors im Lauf der Zeit auch die für den SRF bereitzustellenden Finanzmittel steigen sollten. Eine Schätzung dieser Größe ermöglicht es somit, die Höhe der Finanzmittel zu prognostizieren, die für den SRF bereitgestellt werden müssten, damit dieser im Fall einer Krise des Bankensektors zur Finanzierung von Abwicklungsinstrumenten verwendet werden kann und somit deren wirksame Anwendung gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 im Licht des 101. Erwägungsgrundes dieser Verordnung gewährleistet ist.

112    Im Rahmen von Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 hat sich der Unionsgesetzgeber für einen Ansatz entschieden, bei dem der Betrag der gedeckten Einlagen dazu dient, die Größe des Bankensektors zu schätzen und so die Finanzmittel zu berechnen, die dem SRF zur Verfügung gestellt werden müssen. Aus einer solchen Perspektive spiegelt ein möglicher Anstieg des Betrags der gedeckten Einlagen zwischen dem Beginn und dem Ende der Aufbauphase eine Vergrößerung des Bankensektors wider, was mit einer Erhöhung der vom SRF am Ende dieser Phase benötigten Finanzmittel einhergeht.

113    Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Betrag der endgültigen Zielausstattung, auf den sich die 12,5%‑Obergrenze bezieht, anhand des Betrags der gedeckten Einlagen bestimmt werden muss, wie er sich zum Ende der Aufbauphase ergeben wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass dieser Betrag erst zum Ende der Aufbauphase mit Sicherheit bekannt sein kann.

114    Da es sich bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge nach den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 um ein jährliches Verfahren handelt, das auf der Festlegung einer endgültigen Zielausstattung, die bis zum Ende der Aufbauphase erreicht werden muss, und dann einer jährlichen Zielausstattung, die auf die Institute aufzuteilen ist, beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113), obliegt es dem SRB, für jeden Beitragszeitraum eine möglichst genaue Schätzung der endgültigen Zielausstattung anhand der zum Zeitpunkt dieser Schätzung verfügbaren Daten (im Folgenden: prognostizierte endgültige Zielausstattung) vorzunehmen.

115    Daraus folgt, dass die prognostizierte endgültige Zielausstattung für die Anwendung der 12,5%‑Obergrenze maßgeblich ist.

116    Folglich muss der SRB bei der in einem bestimmten Beitragszeitraum vorgenommenen Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 sicherstellen, dass die Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, 12,5 % der prognostizierten endgültigen Zielausstattung nicht überschreitet.

117    Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen des SRB, des Parlaments und des Rates, die Anforderung der 12,5%-Obergrenze müsse entweder unangewendet bleiben oder „flexibel“ ausgelegt werden, nicht in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang hat der SRB im Wesentlichen geltend gemacht, dass es ihm nicht möglich sei, sowohl die genannte Obergrenze als auch die sich aus Art. 69 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebenden Anforderungen einzuhalten, wonach er erstens sicherstellen müsse, dass der SRF seine endgültige Zielausstattung von mindestens 1 % der gedeckten Einlagen bis zum Ende der Aufbauphase erreiche, und zweitens die im Voraus erhobenen Beiträge bis zum Erreichen der endgültigen Zielausstattung zeitlich so gleichmäßig wie möglich zu staffeln habe, wobei jedoch die Konjunkturphase und die etwaigen Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute gebührend zu berücksichtigen seien. Daraus hat der SRB, dem sich das Parlament und der Rat insoweit angeschlossen haben, abgeleitet, dass Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 im Licht von Art. 69 Abs. 2 dieser Verordnung auszulegen sei, dem zufolge die im Voraus erhobenen Beiträge „zeitlich so gleichmäßig wie möglich“ gestaffelt werden müssten, was nach Ansicht dieser Parteien eine flexible Auslegung der Anforderung der 12,5%‑Obergrenze erlaube.

118    Hierzu ist festzustellen, dass sich der Sinn von Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 eindeutig aus dem Wortlaut dieser Bestimmung selbst ergibt.

119    Nach ständiger Rechtsprechung darf aber die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts im Licht ihres Zusammenhangs und ihres Zwecks nicht dazu führen, dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut dieser Bestimmung jede praktische Wirksamkeit zu nehmen, da sie sonst contra legem und damit unvereinbar mit den Anforderungen des Grundsatzes der Rechtssicherheit wäre. Somit können die Unionsgerichte, wenn sich der Sinn einer Bestimmung des Unionsrechts eindeutig aus ihrem Wortlaut ergibt, nicht von dieser Auslegung abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2023, Mensing, C‑180/22, EU:C:2023:565, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Juni 2021, Lucaccioni/Kommission, T‑316/19, EU:T:2021:367, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Dies gilt für Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 umso mehr, als diese Bestimmung zwingend formuliert ist, wie der Gebrauch der Wendungen „12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen“ (Unterabs. 1) und „[i]n jedem Fall darf der … aggregierte Betrag der … Beiträge [jährlich] 12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen“ (Unterabs. 4) zeigt. Darüber hinaus legt diese Bestimmung eine Obergrenze von exakt 12,5 % fest, indem sie diese zweimal und ohne jede Ausnahme wiederholt, so dass diese Obergrenze von der Behörde, die für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zuständig ist, nicht geändert oder angepasst werden kann.

121    Unter diesen Umständen kann nicht geltend gemacht werden, Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 könne im Licht der in Art. 69 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Anforderung dahin ausgelegt werden, dass die 12,5%‑Obergrenze unangewendet bleiben könne oder nur ein Richtwert sei, so dass es dem SRB freistehe, im Hinblick auf das Erreichen der endgültigen Zielausstattung von ihr abzuweichen.

122    Ebenso lässt Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014, der insbesondere vorsieht, dass die im Voraus erhobenen Beiträge bis zum Erreichen der endgültigen Zielausstattung zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden müssen, keine Auslegung der in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 dieser Verordnung vorgesehenen 12,5%‑Obergrenze in dem Sinne zu, dass diese unverbindlich oder nur ein Richtwert sei. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung dem klaren und präzisen Wortlaut von Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 dieser Verordnung zuwiderlaufen würde, ist nämlich zum einen darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber selbst, indem er in Art. 69 Abs. 2 dieser Verordnung ausdrücklich vorsieht, dass die im Voraus erhobenen Beiträge „gemäß Artikel 70 berechnet“ werden müssen, die gleichzeitige Anwendung sowohl der 12,5%‑Obergrenze als auch der Anforderung, diese im Voraus erhobenen Beiträge zeitlich so gleichmäßig wie möglich zu staffeln, in Betracht gezogen hat. Zum anderen zielt Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 darauf ab, die finanzielle Belastung der Institute zeitlich und so gleichmäßig wie möglich zu verteilen, um erhebliche Schwankungen dieser Belastung von einem Jahr zum anderen zu vermeiden und so der Konjunkturphase und den Auswirkungen, die prozyklische Beiträge auf die Finanzlage dieser Institute haben können, Rechnung zu tragen. Im Gegensatz dazu zielt Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 dieser Verordnung darauf ab, für jedes einzelne Jahr die Höhe der Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, zu begrenzen. Daraus folgt, dass Art. 69 Abs. 2 und Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 unterschiedliche, wenn auch komplementäre Zwecke verfolgen. Daher ist das Argument, dass Art. 69 Abs. 2 dieser Verordnung eine „flexible“ Auslegung der in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 dieser Verordnung vorgesehenen Anforderung der 12,5%‑Obergrenze erforderlich mache, zurückzuweisen.

123    Diese Schlussfolgerung ist umso mehr geboten, als es entgegen der Behauptung des SRB nicht unmöglich ist, die oben in Rn. 117 genannten Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen.

124    Aufgrund der Dauer der Aufbauphase und des Risikos, dass während dieser Zeit unvorhersehbare Ereignisse eintreten, beruht die Schätzung der endgültigen Zielausstattung zwar auf einer vorausschauenden Analyse der Entwicklung der Höhe der gedeckten Einlagen, die hinsichtlich dieser Einschätzung mit Unsicherheiten behaftet ist.

125    Den Aufgaben, die dem SRB übertragen wurden, ist die Berücksichtigung solcher Unsicherheiten jedoch inhärent. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der SRB nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 dafür verantwortlich ist, dass der SRM wirkungsvoll und einheitlich funktioniert. Zu diesem Zweck ist es Aufgabe des SRB, dafür zu sorgen, dass die endgültige Zielausstattung bis zum Ende der Aufbauphase erreicht und gleichzeitig die 12,5%‑Obergrenze eingehalten wird. Der prospektive Charakter seiner Schätzung der endgültigen Zielausstattung bedeutet, dass der SRB die Entwicklung des Betrags der gedeckten Einlagen während der gesamten Aufbauphase mit der nötigen Sorgfalt schätzen muss, damit er über genügend Mittel verfügt, um die Einhaltung der 12,5%‑Obergrenze mit den oben in Rn. 117 genannten Anforderungen in Einklang zu bringen.

126    Dies gilt umso mehr, als die endgültige Zielausstattung nach Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 bis zum Ende der Aufbauphase „mindestens“ 1 % der gedeckten Einlagen erreichen muss. Somit verpflichtet diese Bestimmung den SRB nicht, sicherzustellen, dass diese Zielausstattung exakt 1 % der gedeckten Einlagen entspricht, sondern erlaubt ihm, die Entwicklung der gedeckten Einlagen auf der Grundlage konservativer Projektionen so zu schätzen, dass diese Zielausstattung erreicht und zugleich die 12,5%‑Obergrenze eingehalten wird.

127    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Ausarbeitung der Delegierten Verordnung 2017/747 ebenfalls die gleichzeitige Anwendung der 12,5%‑Obergrenze und der sich aus Art. 69 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebenden Anforderungen, die oben in Rn. 117 angeführt sind, in Betracht gezogen hat. Die Delegierte Verordnung 2017/747, die nach ihrem Art. 1 Nr. 1 insbesondere die Kriterien für die zeitliche Staffelung der Beiträge zum SRF nach Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 festlegen soll, sieht nämlich in ihrem Art. 3 Abs. 4 vor, dass die jährlichen Beiträge in einem bestimmten Beitragszeitraum nur dann vergleichsweise niedriger sein können als der Durchschnitt der „nach Artikel 69 Absatz 1 und Artikel 70 Absatz 2 der Verordnung … Nr. 806/2014 berechneten [jährlichen Beiträge]“, wenn der SRB bestätigt, dass die endgültige Zielausstattung auf der Grundlage konservativer Projektionen am Ende der Aufbauphase erreicht werden kann.

128    Als Drittes ist daher zu prüfen, ob der SRB im angefochtenen Beschluss die in Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Anforderung der 12,5%‑Obergrenze beachtet hat.

129    Insoweit geht aus den Rn. 45 und 60 des angefochtenen Beschlusses zunächst hervor, dass der SRB die prognostizierte endgültige Zielausstattung auf den Betrag von 79 987 450 580 Euro geschätzt hat.

130    Somit musste der SRB bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für den Beitragszeitraum 2022 gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 und auf der Grundlage seiner eigenen Schätzung der endgültigen Zielausstattung sicherstellen, dass die Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten waren, den Betrag von 9 998 431 322,50 Euro nicht überstieg.

131    Wie sich aus Rn. 62 des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit Nr. 124 des Anhangs III dieses Beschlusses und der Spalte „Gemeldeter endgültiger Betrag für 2022 (iii)“ der auf der ersten Seite des Anhangs II dieses Beschlusses enthaltenen Tabelle ergibt, hat der SRB die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2022 auf einen Betrag von 14 253 573 821,46 Euro festgesetzt, wobei dieser Betrag u. a. nach Abzügen gemäß Art. 8 Abs. 2 der Durchführungsverordnung 2015/81 auf 13 675 366 302,18 Euro reduziert wurde.

132    Daher ist festzustellen, wie der SRB im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass der angefochtene Beschluss die Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten waren, auf einen Betrag festgesetzt hat, der die Obergrenze von 12,5 % der prognostizierten endgültigen Zielausstattung überstieg.

133    Daraus folgt, dass der SRB gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen hat. Dem zweiten Klagegrund ist somit stattzugeben, ohne dass darüber entschieden zu werden braucht, ob der SRB gegen die anderen von der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes angeführten Bestimmungen verstoßen hat.

 Ergebnis

134    Wie sich aus den Rn. 43 und 86 des vorliegenden Urteils ergibt, hat das Gericht den von der Klägerin erhobenen Einreden der Rechtswidrigkeit stattgegeben und Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014, die Durchführungsverordnung 2015/81 und der Vollständigkeit halber auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. g dieser Durchführungsverordnung für unanwendbar erklärt.

135    Folglich ist der angefochtene Beschluss, der insbesondere auf der Durchführungsverordnung 2015/81 sowie speziell auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. g dieser Verordnung basiert, für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft.

136    Außerdem ist der angefochtene Beschluss, wie Rn. 133 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, auch aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 806/2014 für nichtig zu erklären, ohne dass es einer Prüfung der anderen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe und Rügen bedarf.

 Zur zeitlichen Beschränkung der Urteilswirkungen

137    Der SRB beantragt, im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses dessen Wirkungen bis zu seiner Ersetzung oder zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem das Urteil rechtskräftig wird, aufrechtzuerhalten, weil eine solche Nichtigerklärung schwerwiegende Folgen für die finanzielle Stabilität in der Bankenunion haben würde.

138    In der mündlichen Verhandlung hat der SRB ausgeführt, dass die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses im Fall seiner Nichtigerklärung durch das Gericht aufgrund der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 oder der Durchführungsverordnung 2015/81 für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem Tag des Erlasses einer neuen Regelung aufrechterhalten werden sollten.

139    Ebenfalls in der mündlichen Verhandlung hat das Parlament in diesem Zusammenhang bestätigt, dass der Unionsgesetzgeber nach Vorlage des Vorschlags der Kommission für den Erlass eines Gesetzgebungsakts in der Regel durchschnittlich 15 bis 20 Monate benötige.

140    Die Klägerin tritt den Anträgen des SRB entgegen und macht insbesondere geltend, der SRB habe keine Gründe aufgezeigt, die es rechtfertigen könnten, sie bis zum Erlass eines neuen Beschlusses mit den negativen Folgen eines für nichtig erklärten Rechtsakts zu belasten.

141    Die Unionsgerichte können nach Art. 264 Abs. 2 AEUV, falls sie dies für notwendig halten, diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. Um von der ihnen durch diesen Artikel eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, berücksichtigen die Unionsgerichte die Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und anderer öffentlicher oder privater Interessen (vgl. Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, EU:C:2021:131, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 122).

142    So wurde Art. 264 Abs. 2 AEUV insbesondere dahin ausgelegt, dass er es aus Gründen der Rechtssicherheit, aber auch aus Gründen, die auf die Vermeidung einer Diskontinuität oder eines Rückschritts in der Umsetzung der von der Union verfolgten oder unterstützten Politiken abzielen, erlaubt, die Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung während eines angemessenen Zeitraums aufrechtzuerhalten (vgl. Urteil vom 27. Januar 2021, Polen/Kommission, T‑699/17, EU:T:2021:44, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

143    Im vorliegenden Fall hat das Gericht, wie den Rn. 43, 86 und 133 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt, ohne in diesem Verfahren einen Fehler festzustellen, der die sich aus Art. 2, Art. 67 Abs. 4 und Art. 70 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebende Verpflichtung der Klägerin, einen im Voraus erhobenen Beitrag für den Beitragszeitraum 2022 zu zahlen, als solche berührt.

144    Unter diesen Umständen und in Anlehnung an die Entscheidung, die der Gerichtshof im Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB (C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 177), getroffen hat, wäre die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, ohne die Aufrechterhaltung seiner Wirkungen vorzusehen, geeignet, die Durchführung der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung 2015/63 zu beeinträchtigen, die einen wesentlichen Bestandteil der Bankenunion darstellen, die zur Stabilität des Euro-Währungsgebiets sowie zur finanziellen Stabilität der Union in ihrer Gesamtheit beiträgt. Wäre der SRB nämlich verpflichtet, den im Voraus erhobenen Beitrag der Klägerin sowie die im Voraus erhobenen Beiträge anderer Institute – wie derjenigen, die eine ähnliche Klage erhoben und dabei dieselben Klagegründe geltend gemacht haben, denen in der vorliegenden Rechtssache stattgegeben wurde – mit sofortiger Wirkung zurückzuzahlen, obwohl diese Institute grundsätzlich weiterhin der Verpflichtung zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge unterliegen, bestünde die Gefahr, dass eine solche Rückzahlung dem SRF finanzielle Mittel entzöge, die sich als notwendig erweisen könnten, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets und die finanzielle Stabilität der Union zu gewährleisten.

145    Folglich könnte die Ablehnung des Antrags auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses das Ziel der Finanzstabilität und das Ziel, eine Wirtschafts- und Währungsunion zu errichten, wie es in Art. 3 Abs. 4 EUV vorgesehen ist, beeinträchtigen.

146    Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass einer der vom Gericht festgestellten Nichtigkeitsgründe auf der Rechtswidrigkeit von Art. 70 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 und der Durchführungsverordnung 2015/81 beruht, sind die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Klägerin betrifft, aufrechtzuerhalten, bis die erforderlichen Maßnahmen getroffen sind, die sich aus dem vorliegenden Urteil ergeben, und zwar innerhalb einer angemessenen Frist, die zwölf Monate ab dem Tag, an dem das vorliegende Urteil rechtskräftig wird, nicht überschreiten darf.

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens betreffend die zeitliche Beschränkung der Urteilswirkungen

147    Mit Schriftsatz, der am 5. März 2024 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt. In ihrem Antrag führt sie aus, nach der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2024 von einer Pressemitteilung des SRB vom 15. Februar 2024 Kenntnis erlangt zu haben, in der dieser angebe, dass der SRF zum 31. Dezember 2023 über finanzielle Mittel in Höhe von 78 Mrd. Euro verfügt habe, während die 1 % der gedeckten Einlagen entsprechende endgültige Zielausstattung 75 Mrd. Euro betragen habe. Der Klägerin zufolge verfügt der SRF somit über einen Überschuss von 3 Mrd. Euro, was im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses für die Entscheidung des Gerichts über die Aufrechterhaltung seiner Wirkungen maßgeblich sei. Dieser Überschuss würde es nämlich ermöglichen, den Instituten, die Klage gegen diesen Beschluss erhoben und diese auf einen dem zweiten Klagegrund der vorliegenden Klage entsprechenden Klagegrund gestützt hätten, den Teil ihrer im Voraus erhobenen Beiträge zurückzuzahlen, der die 12,5%‑Obergrenze überschreite, ohne dass die im SRF verfügbaren Finanzmittel die endgültige Zielausstattung von 75 Mrd. Euro unterschritten.

148    Gemäß Art. 113 Abs. 2 Buchst. c seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, wenn eine Hauptpartei dies beantragt und sich dabei auf Tatsachen stützt, die für seine Entscheidung von maßgeblicher Bedeutung sind und die sie vor Abschluss des besagten Verfahrens nicht geltend machen konnte.

149    Hierzu ist festzustellen, dass die von der Klägerin geltend gemachte neue Tatsache für die Entscheidung des Gerichts keinesfalls von maßgeblicher Bedeutung sein kann.

150    Zum einen ist nämlich die oben in Rn. 147 genannte Pressemitteilung des SRB, wie von der Klägerin selbst eingeräumt, ohne Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und für die Entscheidung über die Klageanträge. Zum anderen ist diese Pressemitteilung auch für die Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses nicht maßgeblich. Hierzu genügt der Hinweis, dass der im Voraus erhobene Beitrag der Klägerin und die im Voraus erhobenen Beiträge anderer Institute – wie derjenigen, die eine ähnliche Klage erhoben und dabei dieselben Klagegründe geltend gemacht haben, denen in der vorliegenden Rechtssache stattgegeben wurde – jedenfalls den von der Klägerin genannten Betrag von 3 Mrd. Euro überschreiten könnten.

151    Daher ist der Antrag der Klägerin auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zurückzuweisen.

 Kosten

152    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der SRB unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

153    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen das Parlament und der Rat ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss SRB/ES/2022/18 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 11. April 2022 über die Berechnung der für 2022 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) wird für nichtig erklärt, soweit er die Hypo Vorarlberg Bank AG betrifft.

2.      Die Wirkungen des Beschlusses SRB/ES/2022/18, soweit er die Hypo Vorarlberg Bank betrifft, werden aufrechterhalten, bis die erforderlichen Maßnahmen getroffen sind, die sich aus dem vorliegenden Urteil ergeben, und zwar innerhalb einer angemessenen Frist, die zwölf Monate ab dem Tag, an dem das vorliegende Urteil rechtskräftig wird, nicht überschreiten darf.

3.      Der SRB trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Hypo Vorarlberg Bank.

4.      Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten.

Kornezov

De Baere

Petrlík

Kecsmár

 

Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Mai 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

T. Henze, beigeordneter Kanzler

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.