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Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 11. April 2013 (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs - Deutschland) - Land Berlin/ Ellen Mirjam Sapir, Michael J. Busse, Mirjam M. Birgansky, Gideon Rumney, Benjamin Ben-Zadok, Hedda Brown

(Rechtssache C-645/11)

(Verordnung [EG] Nr. 44/2001 - Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Nr. 1 - Begriff "Zivil- und Handelssache" - Rechtsgrundlos geleistete Zahlung einer staatlichen Stelle - Rückforderung der Zahlung in einem Gerichtsverfahren - Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit im Fall der Konnexität - Enger Zusammenhang zwischen den Klagen - Beklagter mit Wohnsitz in einem Drittstaat)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundesgerichtshof

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Land Berlin

Beklagte: Ellen Mirjam Sapir, Michael J. Busse, Mirjam M. Birgansky, Gideon Rumney, Benjamin Ben-Zadok, Hedda Brown

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen - Bundesgerichtshof - Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und von Art. 6 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) - Begriff "Zivil- und Handelssache" - Frage der Einbeziehung einer Klage, mit der eine ohne Rechtsgrund geleistete Zahlung zurückgefordert wird, die eine staatliche Stelle im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens zur Wiedergutmachung eines durch das NS-Regime verursachten Schadens geleistet hat

Tenor

Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass der Begriff "Zivil- und Handelssache" eine Klage auf Erstattung einer ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung umfasst, wenn eine öffentliche Stelle durch eine Behörde, die durch ein Gesetz zur Wiedergutmachung von Verfolgungen seitens eines totalitären Regimes geschaffen wurde, angewiesen worden ist, einem Geschädigten zur Wiedergutmachung einen Teil des Erlöses aus einem Grundstückskaufvertrag auszuzahlen, stattdessen aber versehentlich den gesamten Kaufpreis an diese Person überwiesen hat und anschließend die ohne Rechtsgrund geleistete Zahlung gerichtlich zurückfordert.

Art. 6 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass zwischen den Klagen gegen mehrere Beklagte, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten haben, eine enge Beziehung im Sinne dieser Bestimmung besteht, wenn sich diese Beklagten unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens auf weiter gehende Wiedergutmachungsansprüche berufen, über die einheitlich entschieden werden muss.

Art. 6 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass er auf Beklagte, die ihren Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben und die im Rahmen einer gegen mehrere Beklagte, zu denen auch Personen mit Wohnsitz in der Union gehören, gerichteten Klage verklagt werden, nicht anwendbar ist.

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1 - ABl. C 80 vom 17.03.2012.