Language of document : ECLI:EU:T:1998:140

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

25. Juni 1998 (1)

„Staatliche Beihilfe — Luftverkehr — Fluggesellschaft in Finanzkrise — Genehmigung einer Kapitalerhöhung“

In den verbundenen Rechtssachen T-371/94 und T-394/94

British Airways plc, Gesellschaft englischen Rechts, Hounslow (Vereinigtes Königreich),

Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden, Gesellschaft dänischen, norwegischen und schwedischen Rechts, Stockholm,

Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV, Gesellschaft niederländischen Rechts, Amstelveen (Niederlande),

Air UK Ltd, Gesellschaft englischen Rechts, Stansted (Vereinigtes Königreich),

Euralair international, Gesellschaft französischen Rechts, Bonneuil (Frankreich),

TAT European Airlines, Gesellschaft französischen Rechts, Tours (Frankreich),

Prozeßbevollmächtigter: Solicitor Romano Subiotto, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Elvinger, Hoss und Prussen, 15, Côte d'Eich, Luxemburg,

Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94,

und

British Midland Airways Ltd, Gesellschaft englischen Rechts, Castle Donington (Vereinigtes Königreich), Prozeßbevollmächtigte: Solicitor Kevin F. Bodley und Rechtsanwalt Konstantinos Adamantopoulos, Athen, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Arsène Kronshagen, 12, boulevard de la Foire, Luxemburg,

Klägerin in der Rechtssache T-394/94,

unterstützt durch

Königreich Schweden, vertreten durch Staffan Sandström als Bevollmächtigten,

Königreich Norwegen, vertreten durch Margit Tveiten als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Königlich norwegisches Konsulat, 3, boulevard Royal, Luxemburg,

Maersk Air I/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Dragøer (Dänemark),

und

Maersk Air Ltd, Gesellschaft englischen Rechts, Birmingham (Vereinigtes Königreich),

Prozeßbevollmächtigte: Solicitor Roderic O'Sullivan und Solicitor Philip Wareham, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Arendt und Medernach, 8—10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

Streithelfer in der Rechtssache T-371/94,

Königreich Dänemark, vertreten durch Peter Biering, Abteilungsleiter im Außenministerium, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Dänische Botschaft, 4, boulevard Royal, Luxemburg,

und

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch John E. Collins, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigten, und Richard Plender, QC, Zustellungsanschrift: Botschaft des Vereinigten Königreichs, 14, boulevard Roosevelt, Luxemburg,

Streithelfer in beiden Rechtssachen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Nicolas Khan und Ben Smulders, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Beistand: Ami Barav, zugelassen als Barrister in England und Wales und als Rechtsanwalt in Paris,

Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch Marc Perrin de Brichambaut, Leiter der Direktion für Rechtsfragen im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Edwige Belliard, Catherine de Salins und Jean-Marc Belorgey, stellvertretende Direktorin, Abteilungsleiterin bzw. Chargé de mission in derselben Direktion, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8B, boulevard Joseph II, Luxemburg,

und

Compagnie nationale Air France, Gesellschaft französischen Rechts, Paris, Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Olivier d'Ormesson, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Jacques Loesch, 11, rue Goethe, Luxemburg,

Streithelferinnen,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 94/653/EG der Kommission vom 27. Juli 1994 über die angemeldete Kapitalerhöhung von Air France (ABl. L 254, S. 73)

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten C. W. Bellamy sowie der Richter K. Lenaerts, C. P. Briët, A. Kalogeropoulos und A. Potocki,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. und 7. Mai 1997,

folgendes

Urteil

Den Klagen und den Verfahren zugrunde liegender Sachverhalt

Verwaltungsverfahren

1.
    Mit Schreiben vom 18. März 1994 unterrichtete die französische Regierung die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag über ihre Absicht, der Compagnie nationale Air France (im folgenden: Air France) Kapital in Höhe von 20 Milliarden FF zuzuführen. Dieser Mitteilung war ein Umstrukturierungsplan mit dem Titel „Projet pour l'entreprise“ (im folgenden: Plan) beigefügt.

2.
    Nach einer Besprechung mit Vertretern der Air France und der französischen Regierung sowie aufgrund des Schriftwechsels mit diesen eröffnete die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag. Sie unterrichtete die französischen Behörden hiervon mit Schreiben vom 30. Mai 1994, das am 3. Juni 1994 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurde (ABl. C 152, S. 2; im folgenden: Mitteilung vom 3. Juni 1994).

3.
    In dieser Mitteilung vertrat die Kommission die Auffassung, daß die beabsichtigte Kapitalerhöhung eine staatliche Beihilfe darstelle, und stellte fest, daß sie zu prüfen habe, ob das Beihilfevorhaben die Handelsbedingungen in einer Weise verändere, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe. In diesem Zusammenhang nahm die Kommission u. a. an,

—    daß im wirtschaftlichen Umfeld die wirtschaftliche Lage und die Zukunftsaussichten des gesamten Air-France-Konzerns zu berücksichtigen seien;

—    daß sie prüfen müsse, welche Auswirkungen die Beihilfe auf die Wettbewerbsstellung von Air France auf internationalen und einheimischen Routen habe, auf denen Air France im Wettbewerb mit anderen europäischen Verkehrsunternehmen stehe.

4.
    In der Folge schickten die französischen Behörden der Kommission eine Reihe von Schreiben zu und nahmen mit Vertretern der Air France an mehreren von der Kommission ausgerichteten Besprechungen teil. Bis zum 4. Juli 1994 erhielt die Kommission Stellungnahmen von 23 Beteiligten, darunter dem Vereinigten Königreich, dem Königreich Dänemark, dem Königreich Schweden, dem Königreich Norwegen, der Vereinigung der Luftfahrtunternehmen der EG (Association des Compagnies Aériennes de la Communauté Européenne; ACE) und zahlreichen europäischen Fluggesellschaften, u. a. den Klägern.

5.
    Die meisten Beteiligten teilen die Bedenken der Kommission in bezug auf eine Genehmigung der in Rede stehenden Beihilfe. Ihre Haupteinwendungen beziehen sich u. a. auf folgendes:

—    Die Beihilfe werde nicht nur der Air France, sondern auch dem gesamten Konzern zugute kommen;

—    die Beihilfe werde zu einer Überkapitalisierung des Air-France-Konzerns führen;

—    der Kauf von 17 neuen Flugzeugen zum Preis von 11,5 Milliarden FF sei nicht akzeptabel;

—    die Beurteilung, ob die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, dürfe nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung des Beihilfeempfängers erfolgen;

—    falls die Beihilfe genehmigt werde, müsse eine gewaltige Reduzierung der Kapazitäten der Air France vorgeschrieben werden.

6.
    Die Äußerungen der Beteiligten wurden an die französischen Behörden weitergeleitet, die darauf mit Schreiben vom 13. Juli 1994 an die zuständigen Kommissionsdienststellen antworteten. Am 14. Juli 1994 richtete der französische Premierminister ein Schreiben an das zuständige Mitglied der Kommission, in dem er die Zusicherungen seiner Regierung für den Fall der Billigung des Planes darlegte. Am 18. Juli 1994 wurden zwei zusätzliche Zusicherungen der französischen Regierung übermittelt. Schließlich ließen die französischen Behörden der Kommission am 26. Juli 1994 zusätzliche Informationen zugehen.

Die angefochtene Entscheidung

7.
    Am 27. Juli 1994 erließ die Kommission die Entscheidung 94/653/EG über die angemeldete Kapitalerhöhung von Air France (ABl. L 254, S. 73; im folgenden: angefochtene Entscheidung), die sich wie folgt zusammenfassen läßt.

8.
    Nach einer Beschreibung der Struktur des Air-France-Konzerns (tätig im Luftverkehr, bei Hoteldienstleistungen, im Tourismus, in der Gastronomie, in der Wartung und in der Pilotenausbildung) stellt die Kommission fest, daß dieser Konzern neben British Airways eine der drei großen europäischen Fluggesellschaften sei. Seit Anfang der 90er Jahre verfolge er eine Politik des Erwerbs von Beteiligungen an anderen Fluggesellschaften (UTA, Air Inter, Sabena und CSA), mit der insbesondere seine Stellung auf dem Inlandsmarkt gesichert und der Wettbewerb auf den internationalen Routen aufgenommen werden solle. Der Air-France-Konzern habe ein Programm zur Modernisierung und Erweiterung seiner Flotte in Angriff genommen, das durch Darlehen finanziert worden sei; durch die finanziellen Belastungen aus diesen Darlehen sei das Betriebsergebnis verschlechtert worden; 1990 sei zum ersten Mal ein Verlust von 717,2 Millionen FF ausgewiesen worden. In dieser Lage habe der Air-France-Konzern mehrere Umstrukturierungspläne verabschiedet, die jedoch alle gescheitert seien.

9.
    Zusammenfassend stellt die Kommission fest, daß der Air-France-Konzern sich einer überaus ernsten finanziellen und wirtschaftlichen Krise gegenübersehe. Nach einem Verlust in Höhe von 3,2 Milliarden FF im Jahr 1992 betrage der Verlust im vierten aufeinanderfolgenden Jahr im Jahr 1993 8,4 Milliarden FF. In den zurückliegenden drei Jahren habe sich die Situation des Konzerns kontinuierlich verschlechtert. Die Kluft zwischen dem Air-France-Konzern und seinen Konkurrenten habe sich wegen des schlechten Ergebnisses 1993 weiter vergrößert; dieses Ergebnis erkläre sich in erster Linie durch die geringe Produktivität und die hohen Betriebskosten sowie die hohen Finanzlasten.

10.
    Die Kommission beschreibt dann die großen Linien des Planes, mit dem aus der Air France „ein echtes Unternehmen“ gemacht werden soll, wobei dieses Ziel in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 31. Dezember 1996 erreicht werden solle, und zwar durch eine Senkung der Kosten und der finanziellen Aufwendungen, eine Änderung der Produktkonzeption und einen besseren Betriebsmitteleinsatz, eine Umstrukturierung des Unternehmens sowie eine Beteiligung der Angestellten.

11.
    In diesem Zusammenhang führt die Kommission u. a. aus, daß die Zahl der im Umstrukturierungszeitraum auszuliefernden Flugzeuge von 22 auf 17 gesenkt werde und sich die Flotteninvestitionen dadurch auf 11,5 Milliarden FF verringerten. Die Einsatzflotte (145 Flugzeuge) werde nur um ein Flugzeug erweitert; das Sitzplatzangebot werde leicht gesenkt. Außerdem werde Air France ihre Flotte dadurch rationalisieren, daß sie eine Reihe von Flugzeugen abgebe. Die Heterogenität ihrer Flotte (24 verschiedene Typen oder Versionen) sei nämlich einer der Faktoren, die ihre Betriebskosten erhöhten. Darüber hinaus werde die Air France ihr Netz vereinfachen, die Frequenzen auf rentablen Routen erhöhen, die Langstreckenrouten ausbauen, wenig genutzte Verbindungen aufgeben und sich auf Routen mit guten Wachstumsaussichten konzentrieren. Auf sozialer Ebene sei in dem Plan die Reduzierung des Personalbestands um 5 000 Beschäftigte, das Einfrieren der Löhne und Gehälter (vorbehaltlich einer Überprüfung) und ein Beförderungsstopp vorgesehen. Außerdem werde die Air France in elf Betriebszentren (Profit-Center) neugegliedert, die ihre eigenen Ergebnisse auswiesen, wobei jedes Zentrum mit eigenen Mitteln ausgestattet sei. Die Umsetzung des Planes werde über die Kapitalerhöhung und die Veräußerung von nicht zum Kernbereich gehörenden Teilen des Betriebsvermögens finanziert.

12.
    Die Kommission stellt fest, im Laufe ihrer Verhandlungen mit der französischen Regierung habe diese eine Reihe von Zusicherungen in bezug auf die Umsetzung des Planes und die Verwendung des der Air France zugewiesenen Kapitals gegeben, wobei die Kapitalzufuhr in drei Tranchen vorgesehen sei: 10 Milliarden FF 1994, 5 Milliarden FF 1995 und 5 Milliarden FF 1996. Diese Zusicherungen sind in Form von Bedingungen in den verfügenden Teil der Entscheidung übernommen worden.

13.
    Auf der Grundlage des Vorstehenden ist die Kommission der Auffassung, daß die in Rede stehende Kapitalzufuhr eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92

Absatz 1 des Vertrages und Artikel 61 Absatz 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im folgenden: EWR-Abkommen) darstelle, die unter Berücksichtigung des großen Europa-Netzes der Air France und des starken Wettbewerbs auf den meisten von der Air France beflogenen Routen den Wettbewerb innerhalb des EWR verzerre. Außerdem beeinträchtige die Beihilfe den Handel zwischen den EWR-Ländern, da die Zivilluftfahrt ein internationaler Tätigkeitsbereich sei.

14.
    Die Kommission schließt zunächst die Anwendung anderer Ausnahmevorschriftendes Vertrages und des EWR-Abkommens aus und prüft dann, inwieweit den in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens festgelegten Kriterien entsprochen wird.

15.
    Bei der Untersuchung der gegenwärtigen Lage der Zivilluftfahrt vertritt die Kommission die Auffassung, daß dieser Sektor sich anscheinend von der 1990 einsetzenden wirtschaftlichen Krise erholt habe. Trotz der positiven Ergebnisse (Zuwachs im Passagierverkehr) flögen einige europäische Luftfahrtunternehmen weiterhin Verluste ein, und zwar aufgrund der auf dem Markt bestehenden Überkapazitäten. Die Aussichten für das europäische Luftverkehrsgewerbe seien mittelfristig jedoch recht positiv. Vor diesem Hintergrund dürften die Überkapazitäten nur von begrenzter Dauer sein. Die Kommission ist daher der Ansicht, daß der Markt nicht in einer strukturellen, durch Überkapazitäten gekennzeichneten Krise stecke und daß die Lage des Luftverkehrsgewerbes keine generellen Kapazitätskürzungen rechtfertige.

16.
    Nach Auswertung des Planes ist die Kommission der Ansicht, daß dieser geeignet sei, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Air France wiederherzustellen, und daß eine wirkliche Umstrukturierung der Air France zur Entwicklung des europäischen Luftverkehrsgewerbes dadurch beitragen werde, daß sie dessen Wettbewerbsfähigkeit stärken werde; sie liege somit im gemeinsamen Interesse. In diesem Zusammenhang verweist eine Fußnote auf das Aktionsprogramm der Kommission „Die Zivilluftfahrt in Europa auf dem Weg in die Zukunft“ (KOM[94] 218).

17.
    Bei der Prüfung, ob die geplante Beihilfe in einem angemessenen Verhältnis zum Umstrukturierungsbedarf von Air France steht, ist die Kommission der Ansicht, daß diese Maßnahme sowohl notwendig als auch angemessen ist, um das Unternehmen in die Lage zu versetzen, seinen Umstrukturierungsplan erfolgreich durchzuführen und seine Leistungsfähigkeit zurückzuerlangen. Dabei untersucht die Kommission die verschiedenen von Air France zwischen 1989 und 1993 ausgegebenen Finanzierungsinstrumente und zieht daraus den Schluß, daß der Verschuldungsgrad (Fremd-/Eigenkapital) Ende 1996 1,12:1 betragen werde. Für die Bilanz des Air-France-Konzerns ergebe sich nämlich folgendes Bild: Eigenkapital = 18,65 Milliarden FF und Fremdkapital = 20,85 Milliarden FF. Dieser Wert liege über dem Durchschnittswert in der zivilen Luftfahrt, wo 1,5:1 als akzeptabler Wert gelte.

Wenn man von der Beihilfe absehe, könne Air France, um ihre finanzielle Lage von sich aus zu verbessern, insbesondere Flugzeugbestellungen zurückstellen und Vermögenswerte verkaufen. Was die erste Möglichkeit angehe, so habe Air France bereits einige Bestellungen aufgeschoben; durch weitere Verschiebungen würde sich das Durchschnittsalter der Flotte auf über 10 Jahre erhöhen, was für ein Unternehmen, das seine Wettbewerbsstärke wiedererlangen möchte, zu hoch sei. Was den Verkauf von Vermögenswerten betreffe, so gebe es nur wenige Vermögenswerte, deren Verkauf hinreichende Erlöse erbringen könnte, wie z. B. Méridien, Sabena und Air Inter. Sabena und Air Inter bildeten zentrale Bausteine im Luftverkehrsgeschäft der Air France. Der Verkauf der übrigen Vermögenswerte sei bereits im Plan vorgesehen und dürfe im übrigen nicht zu einer nennenswerten Kürzung der Beihilfe führen.

18.
    Bei der Prüfung, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen in einem dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Maße beeinträchtigt, verweist die Kommission auf die Zusicherungen, die die französische Regierung im Verwaltungsverfahren gemacht hat — insbesondere die Zusicherung, daß allein die Air France durch die Beihilfe begünstigt sein werde — und folgert daraus, daß sie sich aufgrund dieser Zusicherungen weniger Sorgen in bezug auf Nebenwirkungen der Beihilfe mache, weil es diese Zusicherungen der Air France praktisch unmöglich machten, die Beihilfe zur Subventionierung von Air-Inter-Aktivitäten einzusetzen. Die Kommission habe die Untersuchung der Auswirkungen der Beihilfe auf den Handel daher auf die Air France beschränkt, die die tatsächlich dadurch Begünstigte sei.

19.
    Nach Auffassung der Kommission schränken diese Zusicherungen den Spielraum von Air France bei der Festlegung der Angebotskapazität und der Preise sehr stark ein und hindern sie daran, auf allen von ihr innerhalb des EWR beflogenen Strecken eine aggressive Preispolitik zu verfolgen. Im übrigen habe Air France in den ersten vier Monaten des Jahres 1994 ihr Angebot auf dem Europäischen Markt gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum bereits um 6,4 % reduziert, während das Angebot aller europäischen Fluggesellschaften durchschnittlich um 3,8 % gestiegen sei. Durch die Auflage, daß das Angebot von Air France hinter dem Marktzuwachs zurückbleiben müsse, werde sich ihr Marktanteil innerhalb des EWR zugunsten ihrer Konkurrenten verkleinern. Hierdurch werde ausgeschlossen, daß die Beihilfe den Handel in einem dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Maße beeinträchtigen werde.

20.
    Die Kommission unterstreicht, daß sie bei ihrer Analyse der Auswirkungen der Beihilfe im EWR auch der erhöhten Liberalisierung des Luftverkehrs in der Gemeinschaft nach dem Erlaß von mehreren als das „dritte Paket“ bezeichneten Verordnungen des Rates im Jahre 1992 Rechnung tragen müsse. In diesem Zusammenhang stelle die Aufhebung von Vorschriften, durch die die Air France vor Wettbewerb geschützt werde, eine angemessene Gegenleistung dar, die die Gewährung einer mit dem gemeinsamen Interesse vereinbaren Beihilfe rechtfertige.

21.
    Sie ist schließlich der Ansicht, daß die negativen Auswirkungen der Beihilfe nicht noch durch die Nutzung von ausschließlichen Rechten oder die Vorzugsbehandlung der Air France verstärkt würden, da die französischen Behörden zugesichert hätten, zum einen die auf das Pariser Flughafensystem angewendeten Regeln für die Verkehrsaufteilung so zu ändern, daß sie nicht mehr diskriminierend seien, und zum andern dafür Sorge zu tragen, daß die Umbauarbeiten an den beiden Abfertigungsgebäuden Orly-Sud und Orly-West die Wettbewerbsbedingungen nicht zu Lasten der auf dem Flugplatz Orly operierenden Fluggesellschaften verändern werden. Die Kommission weist darüber hinaus darauf hin, daß sie am 27. April 1994 eine Entscheidung erlassen habe, wonach Frankreich den Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft spätestens bis zum 27. Oktober 1994 die Ausübung von Verkehrsrechten auf den Strecken Paris (Orly)—Toulouse und Paris (Orly)—Marseille genehmigen müsse.

22.
    Im Ergebnis ist die Kommission der Auffassung, daß die Bedenken, die sie bei Eröffnung des Verwaltungsverfahrens geäußert habe, durch die Zusicherungen der französischen Behörden in ihrer Gesamtheit entkräftet würden.

23.
    Nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung ist die Beihilfe, die der Fluggesellschaft Air France zu deren Umstrukturierung entsprechend dem Plan im Zeitraum 1994 bis 1996 in Form einer in drei Tranchen zu zahlenden Kapitalerhöhung von 20 Milliarden FF gewährt werden soll, gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar, sofern die französische Regierung die sechzehn Zusicherungen einhält, die Bestandteil des Artikels 1 der Entscheidung sind.

24.
    Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung macht die Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe davon abhängig, daß diese Zusicherungen eingehalten, der Plan effektiv umgesetzt und die angestrebten Ergebnisse tatsächlich erzielt werden, um sicherzustellen, daß die Höhe der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar bleibt. Der französischen Regierung wird aufgegeben, der Kommission vor der Freigabe der zweiten und der dritten Beihilfetranche in den Jahren 1995 und 1996 einen Bericht über den Fortgang der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms sowie über die wirtschaftliche und finanzielle Lage von Air France vorzulegen, wobei die Kommission unabhängige Sachverständige mit der Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung des Planes sowie der Erfüllung der an die Genehmigung der Beihilfe geknüpften Bedingungen betrauen wird.

Gerichtliche Verfahren

25.
    Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen die vorliegenden Klagen erhoben, die am 21. November bzw. 22. Dezember 1994 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind.

26.
    Die schriftlichen Verfahren sind normal verlaufen.

27.
    Durch Beschlüsse des Präsidenten der Ersten erweiterten Kammer des Gerichts vom 10. März, 8. Mai und 12. Juni 1995 sind das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich, das Königreich Schweden, das Königreich Norwegen und die Maersk Air I/S und die Maersk Air Ltd; im folgenden: Maersk-Gesellschaften) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der jeweiligen Klägerinnen zugelassen worden.

28.
    Durch Beschlüsse des Präsidenten der Ersten erweiterten Kammer des Gerichts vom 12. Juni 1995 ist die Französische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen worden.

29.
    Durch Beschlüsse des Gerichts (Erste erweiterte Kammer) vom 12. Juni 1995 ist Air France als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen und ihr gestattet worden, in den mündlichen Verhandlungen in französischer Sprache zu plädieren.

30.
    Durch Entscheidung des Gerichts ist der Berichterstatter der Zweiten erweiterten Kammer zugewiesen worden, an die die Rechtssachen demzufolge verwiesen worden sind.

31.
    Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) beschlossen, die mündlichen Verhandlungen ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat die Parteien jedoch aufgefordert, ihr Vorbringen zu einigen Punkten zu vertiefen.

32.
    Die Parteien haben in der Sitzung vom 6. und 7. Mai 1997 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

33.
    Bei dieser Gelegenheit hat das Gericht eine prozeßleitende Maßnahme gemäß Artikel 64 seiner Verfahrensordnung erlassen und die Klägerinnen sowie die Beteiligten, die dem Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen als Streithelfer beigetreten sind, aufgefordert, bei der Kanzlei die Erklärungen einzureichen, die sie bei der Kommission im Verwaltungsverfahren eingereicht hatten, soweit sie noch nicht zu den Akten gegeben worden waren. Aufgrund dieser Maßnahme sind die Erklärungen der British Airways, der TAT European Airlines (TAT), der Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden (SAS), der Euralair international und der Air UK am 8. Mai 1997 bei der Kanzlei eingegangen; die Erklärungen des Königreichs Dänemark, des Vereinigten Königreichs, des Königreichs Schweden und des Königreichs Norwegen sind bereits in der mündlichen Verhandlung übergeben worden.

34.
    Nachdem die Parteien zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung gehört worden sind und keine Einwände erhoben haben, hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) die beiden Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

Anträge der Beteiligten

35.
    Die Klägerinnen beantragen in beiden Rechtssachen,

—    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

—    der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Klägerin in der Rechtssache T 394/94 beantragt außerdem, prozeßleitende Maßnahmen und Beweiserhebungen gemäß den Artikeln 64 und 65 der Verfahrensordnung anzuordnen und der Kommission die Vorlage aller einschlägigen Akten und sonstigen Unterlagen aufzugeben, über die diese verfügt.

36.
    Das Vereinigte Königreich beantragt,

—    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

—    der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Vereinigten Königreichs aufzuerlegen.

37.
    Das Königreich Dänemark, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen beantragen,

—    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

38.
    Die Maersk-Gesellschaften beantragen,

—    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

—    die Kosten ihrer Streithilfe der Kommission aufzuerlegen, soweit es Sache des Gerichts ist, darüber zu entscheiden.

39.
    Die Kommission beantragt,

—    die Klagen abzuweisen;

—    den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

—    dem Königreich Dänemark, dem Vereinigten Königreich, dem Königreich Schweden, dem Königreich Norwegen und den Maersk-Gesellschaften einen Teil der Kosten der Kommission aufzuerlegen.

40.
    Die Französische Republik beantragt,

—    die Klagen abzuweisen.

41.
    Die Air France beantragt,

—    die Klagen abzuweisen;

—    den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Air France aufzuerlegen.

Zur Begründetheit

42.
    Zur Begründung ihrer Klagen machen die Klägerinnen mehrere Rügen geltend, die sich wie folgt zusammenfassen lassen. Im Rahmen der ersten Gruppe von Rügen (I) werfen die Klägerinnen der Kommission zum einen vor, dadurch gegen die Regeln für das in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages vorgesehene Verwaltungsverfahren verstoßen zu haben, daß sie es unterlassen habe, ausreichende Informationen einzuholen und/oder den Beteiligten, darunter den Klägern, ausreichende Informationen an die Hand zu geben, damit sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechend angehört werden und die Rechte, die ihnen die Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages und 62 Absatz 1 Buchstabe a des EWR-Abkommens einräumten, wirksam ausüben könnten. Zum andern werfen die Klägerinnen der Kommission vor, daß sie zur Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit den Artikeln 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens keine unabhängigen Sachverständigen herangezogen und nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um die Richtigkeit der von den französischen Behörden und von der Firma Air France erteilten Auskünfte zu prüfen.

43.
    Im Rahmen der zweiten Gruppe von Rügen (II) werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und des Artikels 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens mehrere Fehler begangen. In diesem Zusammenhang wird gerügt, daß die Kommission zunächst gegen den für staatliche Beihilfen geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch verstoßen habe, daß sie erstens zu Unrecht den Kauf von 17 neuen Flugzeugen durch die Air France genehmigt habe (A), zweitens zu Unrecht die Finanzierung von Betriebskosten und von operativen Maßnahmen der Air France genehmigt habe (B), drittens eine fehlerhafte Einstufung der von der Air France zwischen 1989 und 1993 ausgegebenen Wertpapiere vorgenommen habe (C), viertens den Verschuldungsgrad der Air France falsch beurteilt habe (D) und es fünftens zu Unrecht unterlassen habe, den Verkauf gewisser Vermögensgegenstände der Air France zu verlangen, die hätten veräußert werden können (E). Darüber hinaus werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe zu Unrecht angenommen, daß durch die Beihilfe die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs gefördert werden solle, ohne daß die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert würden. In diesem Zusammenhang richtet sich ihre Kritik insbesondere gegen zwölf der sechzehn Bedingungen, von der die Entscheidung über die Genehmigung der Beihilfe abhängig gemacht worden ist. Schließlich ziehen die Klägerinnen unter

verschiedenen Gesichtspunkten die Eignung des Umstrukturierungsplans der Air France in Zweifel und werfen der Kommission vor, sie sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, daß mit diesem Plan die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von Air France wiederhergestellt werden könne. Im Rahmen dieser verschiedenen Rügen werfen die Klägerinnen der Kommission außerdem vor, sie habe die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend begründet. Mit einer letzten Rüge macht die Klägerin in der Rechtssache T-394/94, die British Midland Airways Ltd, einen Verstoß gegen Artikel 155 des Vertrages geltend.

I — Zu den einen nicht ordnungsgemäßen Ablauf des Verwaltungsverfahrens betreffenden Rügen

Vorbringen der Beteiligten

44.
    Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 macht im wesentlichen geltend, das in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages geregelte Verwaltungsverfahren sei kontradiktorisch und die Kommission müsse daher den Beteiligten ausreichende Informationen an die Hand geben, damit sie die potentiellen Auswirkungen einer Beihilfe ihnen gegenüber voll würdigen könnten. Im vorliegenden Fall sei die Mitteilung der Kommission vom 3. Juni 1994 unzureichend gewesen. Insbesondere habe die Kommission

—    die Berechnung des Betrages von 20 Milliarden FF nicht erklärt,

—    was die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen angehe, nicht angegeben, welche Flugzeugtypen angeschafft würden und aus welchen Flugzeugtypen die Flotte bestehe,

—    den Wortlaut des Umstrukturierungsplans nicht angegeben,

—    nicht erklärt, worauf sich die Berechnung einer Produktivitätssteigerung der Air France von 30 % oder 33,3 % gestützt habe,

—    nicht angegeben, welche Kosten durch das vorgeschlagene freiwillige Ausscheiden von Personal entstünden,

—    im einzelnen keine Angaben über die Aktiva von Air France gemacht und auch keine Aufgliederung der mit dem Kerngeschäft zusammenhängenden Aktiva und der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktiva vorgelegt,

—    keine Schätzung des Wertes der Hotelkette Méridien vorgelegt,

—    im einzelnen keine Angaben zum Wert der Beteiligungen der Air France an der Air Inter, der Sabena oder anderen Gesellschaften gemacht und

auch nicht erklärt, warum diese Aktiva nicht als nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktiva angesehen worden seien,

—    im einzelnen keine Angaben zum geplanten Air-France-Netz in der Weise gemacht, daß die eventuellen Auswirkungen dieses Netzes auf den Wettbewerb hätten berechnet werden können,

—    im einzelnen keine Abgaben zu den von der Air France geplanten „neuen Produkten“ in der Weise gemacht, daß deren Auswirkungen auf den Wettbewerb hätten eingeschätzt werden können,

—    bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung nicht über den Jahresabschluß von Air France verfügt,

—    nicht erklärt, warum sie nicht die Mitteilung der wesentlichen Informationen gefordert habe, die zum Erlaß einer in bezug auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt begründeten Entscheidung erforderlich seien,

—    die Tochtergesellschaften, insbesondere die Air Inter, nicht berücksichtigt, weil der Umstrukturierungsplan sich ausschließlich auf Air France konzentriert habe,

—    nicht erklärt, wie die Vorschläge für die Fortführung der Expansionsvorhaben der Air France mit den Zielen des Vertrages hätten in Einklang gebracht werden können, und zwar insbesondere angesichts des Scheiterns der beiden vorangehenden Kapitalzufuhren in Höhe von 5,8 Milliarden FF.

45.
    In ihren bei der Kommission im Verwaltungsverfahren eingereichten Erklärungen hatte die British Midland bereits die Mehrzahl der oben genannten Punkte angesprochen und die Kommission u. a. dazu aufgefordert, sie von dem von der Air France vorgelegten Umstrukturierungsplan in Kenntnis zu setzen, da sie andernfalls nicht über ausreichende Informationen verfüge, um sich zu dem Beihilfevorhaben sachgerecht äußern zu können.

46.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 sind ebenfalls der Auffassung, daß die in der Mitteilung vom 3. Juni 1994 enthaltenen Informationen nicht ausreichend seien. Hätte die Mitteilung genauere Angaben über die Absichten der Air France enthalten, ihre Frequenz auf rentablen Routen zu erhöhen, die Langstreckenrouten auszubauen, den Betrieb auf wenig genutzten Routen einzustellen und sich auf Routen mit guten Wachstumsaussichten zu konzentrieren, so hätten die Klägerinnen der Kommission bei der Bewertung dieser Aspekte des Umstrukturierungsplans behilflich sein können. Insbesondere habe die Kommission nicht angegeben, wie die Air France die Notwendigkeit gerechtfertigt habe, 17 neue Flugzeuge anzuschaffen, so daß die Beteiligten der Kommission nicht die

Informationen hätten liefern können, die diese benötigt hätte, um diesen Aspekt der Angelegenheit sorgfältig und unparteiisch prüfen zu können.

47.
    Darüber hinaus werde in der Mitteilung die verwendete Maßeinheit, ausgedrückt in „Equivalent Revenue Passenger Kilometre“ (im folgenden: ERPK) überhaupt nicht erwähnt. Mit dieser Maßeinheit, die speziell für Air France ausgearbeitet und auf die Berechnung ihrer eigenen gegenwärtigen und zukünftigen Produktionsschwellenwerte angewendet worden sei, seien sie erstmals in der angefochtenen Entscheidung konfrontiert worden.

48.
    Außerdem hätte die Kommission die französische Fassung der Mitteilung, was eine eventuelle Überkapitalisierung von Air France angehe, überprüfen müssen. Die Übertragung der ORA (obligations remboursables en actions — Obligationen, die in Aktien zu tilgen sind) und der TSDI (titres subordonnés à durée indéterminée reconditionnés — nachrangige neukonditionierte Schuldverschreibungen mit unbestimmter Laufzeit) „from the side of the debts into the equity“ in der englischen Version sei mit einer Übertragung „du passif vers l'actif“ übersetzt worden. Dieser Übersetzungsfehler habe die Formulierung von sachdienlichen Stellungnahmen für Dritte, die die französische Fassung verwendet hätten, erschweren müssen.

49.
    Schließlich hätte die Kommission wegen der Komplexität der Angelegenheit von unabhängigen Wirtschafts-, Finanzierungs- und Luftverkehrswirtschaftssachverständigen unterstützt werden müssen. Wie aus Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, der die Einschaltung von unabhängigen Sachverständigen vor der Freigabe der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe vorsehe, erkenne die Kommission selbst an, daß es unbedingt erforderlich sei, die richtige Anwendung des Umstrukturierungsplans durch externe Sachverständige prüfen zu lassen. Sie gestehe daher unausgesprochen ein, daß sie nicht über ausreichende Fachkenntnisse verfüge, um eine solche Überprüfung selbst vornehmen zu können.

50.
    Die Klägerinnen in beiden Rechtssachen sind der Ansicht, daß die Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung überhastet vorgegangen sei, was mit der Beachtung der Grundrechte der Klägerinnen und der anderen Beteiligten unvereinbar sei. Die angefochtene Entscheidung sei nämlich nur sechzehn Werktage nach dem Ablauf der Frist erlassen worden, die den Beteiligten zur Abgabe ihrer Stellungnahmen gesetzt worden sei; dies stelle einen außergewöhnlich kurzen Zeitraum für die Untersuchung, Diskussion und Entscheidung der durch das streitige Beihilfevorhaben aufgeworfenen komplexen Probleme dar. Der zeitliche Abstand zwischen der Eröffnung des gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eingeleiteten Verfahrens und dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung (3. Juni und 27. Juli 1994) habe tatsächlich 37 Werktage betragen und damit erheblich unter dem Durchschnitt der in ähnlichen Sachen festgestellten Zeitspannen gelegen.

51.
    Das Königreich Dänemark hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß sie die Kommission im Verwaltungsverfahren vergeblich dazu aufgefordert habe, den anderen Mitgliedstaaten die Antwort der französischen Regierung auf die Mitteilung vom 3. Juni 1994 zu übermitteln, damit diese ihre Erklärungen abgeben könnten, bevor die Kommission ihre Entscheidung treffe.

52.
    Die Kommission entgegnet, im Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages sei keine kontradiktorische Erörterung mit beteiligten Dritten vorgeschrieben. Diese könnten nicht den Anspruch erheben, ebenso behandelt zu werden wie der Adressat der abschließenden Entscheidung. In diesem Zusammenhang verweist die Kommission auf die Rechtsprechung zum Wettbewerb, wonach die Verfahrensrechte der Beschwerdeführer nicht ebenso weit gingen wie die Verteidigungsrechte der Unternehmen, gegen die die Kommission ihre Untersuchung führe.

53.
    Die Mitteilung, mit der das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 eröffnet werde, bezwecke ausschließlich, daß die Kommission von den Beteiligten alle Informationen erhalte, die dazu bestimmt seien, ihr Klarheit über ihr zukünftiges Vorgehen zu verschaffen. Im vorliegenden Fall seien in der Mitteilung vom 3. Juni 1994 alle Aspekte aufgezählt, in bezug auf die sie habe Erklärungen erhalten wollen, um über das von den französischen Behörden mitgeteilte Beihilfevorhaben entscheiden zu können. In dieser Mitteilung habe sie alle Informationen geliefert, die dafür erforderlich seien, daß die Betroffenen ihre Meinung zum Ausdruck bringen könnten.

54.
    Allgemeiner gesehen vertritt die Kommission die Ansicht, sie habe in ihrer Mitteilung nur die Informationen anführen können, über die sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügt habe und die weder belanglos seien noch unter das Berufs- oder Geschäftsgeheimnis fielen. Im übrigen bestehe das Ziel einer Mitteilung nach Artikel 93 Absatz 2 nicht darin, eine endgültige Meinung zum Ausdruck zu bringen, sondern darin, Fragen aufzuwerfen. Was die zahlreichen Informationen angehe, die nach Ansicht der Klägerinnen in der Mitteilung vom 3. Juni 1994 hätten enthalten sein müssen, so seien die genannten Punkte überwiegend entweder unter das Geschäftsgeheimnis gefallen oder hätten keine Zweifel aufgeworfen, in bezug auf die die Kommission weitere Auskünfte benötigt hätte.

55.
    Was die Dauer der Prüfung angeht, weist die Kommission darauf hin, daß das streitige Beihilfevorhaben ihr am 18. März 1994 mitgeteilt und die angefochtene Entscheidung 131 Tage später am 27. Juli 1994 erlassen worden sei. Der zeitliche Abstand zwischen diesen beiden Daten sei etwa der gleiche wie in ähnlichenSachen (Entscheidung 91/555/EWG der Kommission vom 24. Juli 1991 betreffend Beihilfen der belgischen Regierung zugunsten der Luftverkehrsgesellschaft Sabena [ABl. L 300, S. 48; im folgenden: Sabena-Entscheidung], Entscheidung 94/118/EG der Kommission vom 21. Dezember 1993 über eine Beihilfe Irlands zugunsten des Aer-Lingus-Konzerns [ABl. 1994, L 54, S. 30; im folgenden: Aer-Lingus-Entscheidung], Entscheidung 94/698/EG der Kommission vom 6. Juli 1994 über eine Kapitalerhöhung, Kreditbürgschaften und die bestehende Steuerbefreiung zugunsten von TAP [ABl. L 279, S. 29; im folgenden: TAP-Entscheidung]). Daß diese Zeitspanne normal gewesen sei, werde durch Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1) bestätigt, wonach eine Entscheidung, durch die ein angemeldeter Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werde, innerhalb einer Frist von vier Monaten erlassen werden müsse.

56.
    Die Kommission vertritt schließlich die Ansicht, daß sie rechtlich nicht verpflichtet sei, sich vor dem Erlaß ihrer Entscheidungen an externe Sachverständige zu wenden.

Würdigung durch das Gericht

Allgemeines

57.
    Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die französischen Behörden die Kommission von dem Beihilfevorhaben offiziell unterrichtet haben; nachdem die Kommission beschlossen hatte, das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, war sie verpflichtet, vor der Entscheidung über dieses Vorhaben „den Beteiligten eine Frist zur Äußerung“ zu setzen.

58.
    Was den Zweck der letztgenannten Passage des Artikels 93 Absatz 2 angeht, ist sodann darauf hinzuweisen, daß diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zum einen die Kommission verpflichten soll, dafür Sorge zu tragen, daß alle potentiell Betroffenen unterrichtet werden und Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt geltend zu machen (Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 17) und zum andern die Kommission in die Lage versetzen soll, sich vor Erlaß ihrer Entscheidung umfassend über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13).

59.
    Was insbesondere die Verpflichtung der Kommission zur Unterrichtung der Beteiligten betrifft, hat der Gerichtshof entschieden, daß die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens darstellt (Urteil Intermills/Kommission, Randnr. 17), wobei er festgestellt hat, daß „diese Mitteilung ... lediglich dem Zweck [dient], von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen“ (Urteil vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 19). Das Gericht ist dieser Rechtsprechung, durch die den Beteiligten im wesentlichen die Rolle von

Informationsquellen für die Kommission im Rahmen des gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zugewiesen wird, gefolgt (Urteil vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T-266/94, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, Slg. 1996, II-1399, Randnr. 256).

60.
    Daraus folgt, daß die Beteiligten einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, keineswegs geltend machen können (siehe in diesem Sinne das in einer Wettbewerbssache ergangene Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnrn. 19 und 20, und das Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, Randnr. 46) und lediglich über das Recht verfügen, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden.

61.
    Das Ausmaß der Rechte auf Beteiligung und Information, über die die Betroffenen im Rahmen des gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eingeleiteten Verwaltungsverfahrens verfügen, kann jedoch in zweierlei Hinsicht beschränkt sein.

62.
    Wenn — wie im vorliegenden Fall — ein Mitgliedstaat die Kommission von einem Beihilfevorhaben, dem Belege beigefügt sind, unterrichtet und die zuständigen Stellen der Kommission anschließend eine Reihe von Gesprächen mit den Beamten des Mitgliedstaats führen, so kann zum einen der Informationsstand der Kommission bereits ein verhältnismäßig hohes Niveau erreicht haben, bei dem nur noch eine beschränkte Zahl von Zweifeln bestehen bleiben, die durch Auskünfte der Beteiligten ausgeräumt werden könnten. Da die Erörterung zwischen dem Mitgliedstaat und der Kommission sich auf die Einzelheiten des Beihilfevorhabens, die wirtschaftliche und finanzielle Lage des begünstigten Unternehmens und dessen Stellung im Wettbewerb sowie auf das interne Funktionieren dieses Unternehmens erstreckt, ist sie notwendigerweise gründlicher als die Erörterung mit den Beteiligten. Folglich gibt die Kommission den Beteiligten zwar allgemeine Informationen über die wesentlichen Bestandteile des Beihilfevorhabens, sie kann sich aber darauf beschränken, ihre Mitteilung im Amtsblatt auf die Punkte des Vorhabens zu konzentrieren, hinsichtlich deren sie noch gewisse Zweifel hegt.

63.
    Zum andern ist die Kommission nach Artikel 214 des Vertrages verpflichtet, den Beteiligten keine Information zugänglich zu machen, die ihrer Natur nach unter das Berufsgeheimnis fallen, wie insbesondere Angaben über den internen Betrieb des begünstigten Unternehmens. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Stellung der Beteiligten nicht von derjenigen der Beschwerdeführer in Wettbewerbssachen, denen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes keine Geschäftsgeheimnisse mitgeteilt werden dürfen (vgl. das in Randnr. 60 zitierte Urteil BAT und Reynolds/Kommission, Randnr. 21).

64.
    Die Beschränktheit der oben genannten Rechte auf Beteiligung und Information steht, da diese Rechte nur den Ablauf des Verwaltungsverfahrens betreffen, nicht

im Widerspruch zur Verpflichtung der Kommission gemäß Artikel 190 des Vertrages, ihre abschließende Entscheidung, durch die das Beihilfevorhaben genehmigt wird, mit einer ausreichenden Begründung zu versehen, in der zu allen wesentlichen Beschwerdepunkten Stellung genommen werden muß, die die unmittelbar und individuell durch diese Entscheidung betroffenen Beteiligten entweder von sich aus oder aufgrund von Informationen, die die Kommission übermittelt hat, aufgeworfen haben. Selbst wenn man annimmt, daß die Kommission in einem Einzelfall zulässigerweise der Nutzung anderer Informationsquellen den Vorzug geben und dadurch die Bedeutung der Beteiligung der Betroffenen mindern kann, so befreit dies sie nicht von der Verpflichtung, ihre Entscheidung mit einer angemessenen Begründung zu versehen (siehe unten, Randnr. 96).

65.
    Anhand der oben entwickelten Grundsätze sind die angeblichen Unregelmäßigkeiten des Ablaufs des Verwaltungsverfahrens zu prüfen, wobei nicht streitig ist, daß die Klägerinnen und die dem Verfahren zur Unterstützung ihrer Anträge beigetretenen Beteiligten sowie die ACE, die im Verwaltungsverfahren bei der Kommission einer Genehmigung des streitigen Beihilfevorhabens widersprochen haben, als Beteiligte im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages, so wie dieser vom Gerichtshof in seinem Urteil Intermills/Kommission (zitiert in Randnr. 58, Randnr. 16) ausgelegt worden ist, anzusehen sind.

Die Mitteilung vom 3. Juni 1994

66.
    Was erstens die angebliche Unzulänglichkeit der Mitteilung vom 3. Juni 1994 angeht, ist festzustellen, daß in dieser Mitteilung folgendes dargelegt wird:

—    Die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Air France vor der Ausarbeitung des Beihilfevorhabens, insbesondere die früheren Umstrukturierungspläne und Kapitalzuführungen sowie die aufgelaufenen Verluste,

—    die wesentlichen Themen des neuen Umstrukturierungsplans,

—    der vorgesehene Beihilfebetrag von 20 Milliarden FF und

—    die Hauptbedenken der Kommission in diesem Verfahrensstadium, insbesondere in bezug auf die Produktivitätssteigerungen der Air France, die Struktur des Air France-Konzerns, die Stellung der Air France im Wettbewerb und die Möglichkeit ihrer Überkapitalisierung.

Das Gericht ist der Ansicht, daß diese Information ausreichte, um die Beteiligten in die Lage zu versetzen, ihren Standpunkt gegenüber der Kommission sachgerecht zu vertreten.

67.
    Soweit die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 der Auffassung sind, daß die Maßeinheit ERPK, das Streckennetz der Air France und seine zukünftige Entwicklung sowie die Gründe, die die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen rechtfertigten, ebenfalls in der Mitteilung hätten wiedergegeben werden müssen, genügt die Antwort der Kommission, daß sie in bezug auf diese speziellen Punkte keine Bedenken gehabt habe, um das Schweigen der Mitteilung in dieser Hinsicht zu rechtfertigen, durch das den Klägerinnen das Recht nicht genommen wird, vom Gericht prüfen zu lassen, ob die endgültige Entscheidung in bezug auf diese Gesichtspunkte ausreichend begründet ist oder aber offensichtliche Berurteilungs- oder Rechtsfehler aufweist.

68.
    Was die Rügen angeht, die die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 in bezug darauf erhebt, daß die zahlreichen oben genannten Einzelheiten nicht mitgeteilt worden seien (siehe oben, Randnr. 44), beruft sich die Kommission zu Recht auf das Geschäftsgeheimnis, das es ihr verbot, den Wettbewerbern der Air France kommerziell sensible Daten der Fluggesellschaft zugänglich zu machen. Insbesondere der Umstrukturierungsplan enthielt — vor seiner Billigung durch die Kommission und zu Beginn seiner Durchführung — derartige Informationen, und es stand den Wettbewerbern ganz offensichtlich nicht zu, jede einzelne der von der Air France geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen zu bewerten und mit ihren eigenen Geschäftsführungsmaßnahmen zu vergleichen. Andernfalls könnten die Wettbewerber sich in die innere Umstrukturierung der Air France einmischen und versuchen, Maßnahmen zu „diktieren“, die ihnen für diese günstig erschienen, nachdem sie wertvolle Informationen über ihre Wettbewerberin erhalten hätten. Dieser Beurteilung widerspricht nicht, daß andere Beteiligte, wie z. B. die ACE (S. 27, letzter Absatz ihrer Erklärungen), sich anscheinend diesen Umstrukturierungsplan haben verschaffen können. Dies darf die Kommission nicht dazu veranlassen, gegen Artikel 214 des Vertrages zu verstoßen.

69.
    Außerdem ist der Jahresabschluß der Air France für 1993 im „Bulletin des annonces légales obligatoires“ vom 17. Juni 1994 auf Seite 10207 veröffentlicht worden (Nr. 319 des Streithilfeschriftsatzes der Air France in der Rechtssache T-371/94) und war den Beteiligten somit zugänglich. Diese können der Kommission folglich nicht vorwerfen, daß sie die endgültigen Zahlen in ihrer Mitteilung vom 3. Juni nicht veröffentlicht und ihre abschließende Entscheidung in Unkenntnis dieser Daten getroffen habe.

70.
    Schließlich beschränkt sich der Vorwurf gegenüber der Kommission, sie habe sich vor Erlaß ihrer abschließenden Entscheidung wesentliche Informationen nicht verschafft und habe nicht alle entscheidungserheblichen Aspekte der Sache ausreichend geprüft, auf bloße allgemeine Behauptungen und Annahmen, die durch keinen konkreten Beweis bestätigt werden. Die Kommission durfte sich somit auf die Antwort beschränken, daß sie alle sachdienlichen und erforderlichen Informationen tatsächlich erhalten habe und diese von ihr gründlich geprüft worden seien. Im übrigen bezieht sich diese Rüge in Wirklichkeit nicht auf das Stadium der Mitteilung vom 3. Juni 1994, sondern auf das spätere Stadium der angefochtenen

Entscheidung. Das gleiche gilt für die beiden letzten Rügen der Klägerin in der Rechtssache T-394/94 (siehe oben, Randnr. 44), bei denen es sich in Wirklichkeit um Rügen handelt, die sich im Rahmen der Begründetheit und der sachlichen Würdigung gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung richten. Sie werden daher im folgenden in einem anderen Zusammenhang geprüft werden.

Die Dauer der Prüfung

71.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, in Anbetracht der Komplexität des streitigen Beihilfevorhabens sei die Zeit, die sich die Kommission vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung zur Prüfung zugestanden habe, zu kurz gewesen. Dazu ist zunächst festzustellen, daß weder der Vertrag noch sonstige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften vorsehen, daß bei Entscheidungen über staatliche Beihilfen, die nach Abschluß des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages erlassen werden, eine feststehende Frist einzuhalten ist. Auch wenn man annimmt, daß die Kommission mit zu großer Eile tätig geworden wäre und sich nicht genügend Zeit zur Prüfung des streitigen Vorhabens gelassen hätte, so könnte ein solches Verhalten im übrigen als solches die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung noch nicht rechtfertigen. Eine Nichtigerklärung würde vielmehr voraussetzen, daß dieses Verhalten in einem Verstoß gegen spezifische Verfahrensvorschriften, der Verletzung der Begründungspflicht oder der materiellen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck käme. Diese Rüge ist folglich zurückzuweisen, ohne daß es erforderlich wäre, sich zur Erheblichkeit der Entscheidungspraxis der Kommission auf dem Gebiet derUnternehmenszusammenschlüsse zu äußern.

Die externen Sachverständigen

72.
    Der Vorwurf gegenüber der Kommission, sie habe zur Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidung keine externen Sachverständigen hinzugezogen, ist offensichtlich nicht begründet, da weder eine Bestimmung des Vertrages noch sonstige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften die Kommission dazu verpflichten. Außerdem verfügte die Kommission auf jeden Fall vor dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung über ein verhältnismäßig hohes Informationsniveau auf dem Gebiet des Luftverkehrs. In diesem Zusammenhang hatte die Kommission sich mit der Lage des Luftverkehrs, die u. a. Gegenstand des Anfang 1994 vom „Rat der Weisen“ veröffentlichten Berichts „Expanding Horizons“, des Programms „Die Zivilluftfahrt in Europa auf dem Weg in die Zukunft“ sowie der Veröffentlichungen der International Air Transport Association (IATA) und der Association of European Airlines (AEA) war, bereits vertraut gemacht. Darüber hinaus hatte die Kommission im Luftverkehrssektor schon andere Entscheidungen erlassen, wie z. B. die Sabena-, die Aer-Lingus-, und die TAP-Entscheidung (siehe Randnr. 55). Schließlich deutet kein besonderer Gesichtspunkt des vorliegenden Falles darauf hin, daß die Kommission externe Sachverständige benötigt hätte.

Der Übersetzungsfehler

73.
    Der Fehler in der französischen Fassung der Mitteilung vom 3. Juni 1994, den die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 festgestellt haben, ist derartig offensichtlich, daß er den mit dem Luftverkehrssektor vertrauten Kreisen ohne weiteres auffallen mußte. Es liegt nämlich auf der Hand, daß Anleihepapiere nach den Buchführungsgrundsätzen nicht „du passif vers l'actif“ („from the side of the debts into the equity“ nach der englischen Fassung der Mitteilung) übertragen werden können, sondern daß ihre Qualifizierung allein innerhalb der Passiva vorgenommen werden muß, wo sie entweder Eigenmittel oder Verbindlichkeiten darstellen.

74.
    Auf jeden Fall hat die Kommission in dieser Passage ihrer Mitteilung ausdrücklich festgestellt, daß sie die Klassifizierung dieser Papiere noch gründlich prüfen müsse. Die Beurteilung durch die Kommission war folglich noch nicht endgültig, und zwar auch im Hinblick auf den durch den oben genannten Fehler verfälschten Punkt. Dieser Fehler kann daher die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsverfahrens nicht berühren, da die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang allein darin bestand, ob die abschließende Entscheidung noch durch diesen Fehler berührt worden ist, was selbst von den Klägerinnen nicht geltend gemacht worden ist.

Die Beteiligung der anderen Mitgliedstaaten

75.
    Die Rüge des Königreichs Dänemark, daß die Kommission den anderen Mitgliedstaaten die Antwort der französischen Regierung auf die Mitteilung vom 3. Juni 1994 hätte übermitteln müssen, ist als unzulässig zurückzuweisen, da sie von den Klägerinnen nicht erhoben worden ist. Da die Streithelferinnen gemäß Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen müssen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet, und da nach Artikel 37 Absatz 4 der EG-Satzung des Gerichtshofes mit den aufgrund ihres Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können, ist das Königreich Dänemark als Streithelferin nicht berechtigt, diese Rüge zu erheben (siehe in diesem Sinne das Urteil des Gerichtshofes vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 19 bis 22).

76.
    Auf jeden Fall verpflichtet Artikel 93 des Vertrages nach seinem Wortlaut die Kommission nicht, den anderen Mitgliedstaaten die Erklärungen zu übermitteln, die sie von der Regierung des Staates erhalten hat, der die Genehmigung zur Gewährung einer Beihilfe beantragt. Vielmehr geht aus Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 3 des Vertrages hervor, daß die anderen Mitgliedstaaten an einer speziellen Beihilfesache nur beteiligt sind, wenn diese Sache auf Antrag des betroffenen Staates dem Rat vorgelegt wird.

Ergebnis

77.
    Nach alledem weist das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages, das im vorliegenden Fall abgelaufen ist, keinen Mangel auf, so daß die diesbezüglichen Rügen zurückzuweisen sind.

II — Zu den Rügen, die sich auf die Beurteilungsfehler und Rechtsfehler stützen, die die Kommission unter Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens begangen haben soll

Allgemeines

78.
    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Rechtmäßigkeit der streitigen Beihilfe anhand von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens geprüft. Im Rahmen dieser Prüfung hat sie festgestellt, daß eine wirkliche Umstrukturierung von Air France im gemeinsamen Interesse liege, daß die Höhe der Beihilfe nicht unangemessen sei und daß die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere.

79.
    Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 des Vertrages über ein weites Ermessen (siehe z. B. die Urteile des Gerichtshofes vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnrn. 17 und 24, vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 310/85, Deufil/Kommission, Slg. 1987, 901, Randnr. 18, und vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307, Randnr. 49). Da es bei diesem Ermessen um die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten geht, muß sich die gerichtliche Kontrolle einer in diesem Rahmen getroffenen Entscheidung auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalts, der der getroffenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalt und kein Ermessensmißbrauch vorliegen (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 11, und zitierte Rechtsprechung). Insbesondere steht es dem Gericht nicht zu, seine Würdigung in wirtschaftlicher Hinsicht an die Stelle derjenigen des Urhebers der Entscheidung zu setzen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 23). Diese Rechtsprechung ist auch für die Prüfung im Rahmen von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens maßgeblich.

80.
    Die Kommission trägt vor, ein Teil der von den Klägerinnen erhobenen Rügen beruhe auf Ereignissen, die nach dem Erlaß der Entscheidung eingetreten seien. Die Klägerinnen entgegnen, einige dieser später eingetretenen Ereignisse fügten sich in einen ununterbrochenen Geschehensablauf ein, von dem die Kommission habe Kenntnis haben müssen. Im übrigen veranschaulichten einige der später

eingetretenen Sachverhalte deutlich die Stellungnahmen, die die Klägerinnen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegt hätten.

81.
    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 173 des Vertrages nach dem Sachverhalt und der Rechtslage zu beurteilen ist, die bei Erlaß des Aktes bestanden (Urteile des Gerichtshofes vom 7. Februar 1979 in den verbundenen Rechtssachen 15/76 und 16/76, Frankreich/Kommission, Slg. 1979, 321, Randnr. 7, und des Gerichts vom 15. Januar 1997 in der Rechtssache T-77/95, SFEI u. a./Kommission, Slg. 1997, II-1, Randnr. 74), und nicht von rückschauenden Betrachtungen über seinen Wirkungsgrad abhängen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Februar 1973 in der Rechtssache 40/72, Schröder, Slg. 1973, 125, Randnr. 14). Insbesondere sind die komplexen Bewertungen, die die Kommission vorgenommen hat, nur anhand der Informationen zu prüfen, über die diese bei der Durchführung dieser Bewertungen verfügte (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 2263, Randnr. 16, und vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I-4551, Randnr. 33).

82.
    Nach den oben genannten Grundsätzen ist hier die Prüfung des Vorbringens der Klägerinnen vorzunehmen, die die Würdigung der Angemessenheit der Beihilfe, die Würdigung der Auswirkungen der Beihilfe auf den Zivilluftfahrtsektor des EWR und die Würdigung der Eignung des Umstrukturierungsplans, der mit der streitigen Beihilfe verbunden ist, in Zweifel ziehen.

Zu den auf einen Verstoß gegen den für staatliche Beihilfen geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützten Rügen

83.
    Mit diesen Rügen werfen die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Streithelferinnen der Kommission vor, sie habe eine Beihilfe genehmigt, die ihrer Höhe nach außer Verhältnis zum Umstrukturierungsbedarf der Air France stehe. Diese Rügen stützen sich im wesentlichen auf das Urteil Philip Morris/Kommission (zitiert in Randnr. 79, Randnr. 17), in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß die Mitgliedstaaten keine Zahlungen leisten dürfen, die die Lage des durch die Beihilfe begünstigten Unternehmens verbessern, „ohne für die Erreichung eines der in Artikel 92 Absatz 3 genannten Ziele erforderlich zu sein“.

A — Zur Rüge, daß die Kommission zu Unrecht die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen durch die Air France genehmigt habe

Vorbringen der Beteiligten

84.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, es sei unverhältnismäßig gewesen, eine Beihilfe zu genehmigen, deren Ziel darin bestanden habe, der Air France die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen zu ermöglichen. Die Kommission habe offensichtlich

Unrecht, wenn sie zu dem Ergebnis gelange, daß die Höhe der Beihilfe durch die Stornierung oder Verschiebung der von Air France getätigten Bestellung in Höhe von 11,5 Milliarden FF nicht verringert werden könne. Die Kosten der notwendigen regelmäßigen Flottenerneuerung seien Anlageinvestitionen und gehörten grundsätzlich zu den normalen Betriebskosten einer Fluggesellschaft. Diese Art der Erneuerung müsse ohne staatliche Beihilfe vorgenommen werden. Auf jeden Fall sei die Anschaffung von neuen Flugzeugen für die Air France nicht unbedingt erforderlich gewesen.

85.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 werfen der Kommission darüber hinaus vor, sie habe in diesem Punkt eine unzureichende Begründung gegeben, obwohl sie im Laufe des Verwaltungsverfahrens davon unterrichtet worden sei, daß die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen kein wesentlicher Bestandteil des Umstrukturierungsplans der Air France gewesen sei und daher habe storniert werden müssen. Die Kommission habe die ihr auf ihre Mitteilung vom 3. Juni 1994 hin von Dritten vorgelegten Stellungnahmen nicht ernsthaft geprüft. Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 und die Streithelferinnen Maersk machen allgemein geltend, die Kommission habe es unterlassen, die angefochtene Entscheidung mit einer angemessenen Begründung zu versehen und insbesondere die von Dritten im Verwaltungsverfahren vorgelegten detaillierten Stellungnahmen nicht gebührend berücksichtigt.

86.
    Die Kommission trägt vor, die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen sei für Air France notwendig gewesen. Dabei verweist sie auf die angefochtene Entscheidung, wonach die hohen Betriebskosten von Air France zum Teil auf die Heterogenität ihrer Flotte zurückzuführen sei, deren Rationalisierung daher im Umstrukturierungsplan vorgesehen sei (ABl. S. 75 und 76). Durch diesen Plan werde das Durchschnittsalter der Flotte von Air France keineswegs gesenkt, sondern die Zunahme des Durchschnittsalters lediglich verlangsamt. Außerdem verbrauchten die neuen Düsenflugzeuge erheblich weniger Treibstoff, entsprächen den Umweltschutzvorschriften und ihre Instandsetzungs- und Wartungskosten seien gering. Schließlich seien sie für die Passagiere attraktiver.

87.
    Was ihre Begründungspflicht angeht, ist die Kommission der Ansicht, daß die angefochtene Entscheidung in Einklang mit Artikel 190 des Vertrages stehe. Es reiche nämlich aus, in einer Entscheidung die wichtigsten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen darzulegen, auf denen sie beruhe und die für das Verständnis des Gedankengangs erforderlich seien, der die Kommission zu ihrer Entscheidung geführt habe (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg. 1963, 143, 155). Die Kommission brauche jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens aufgeworfen worden seien (siehe z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den verbundenen Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 66). Schließlich sei das Begründungserfordernis nach den

Umständen des Einzelfalls zu würdigen, insbesondere danach, welchen Inhalt der Rechtsakt habe, welcher Art die angeführten Gründe seien und welches Interesse die Adressaten an Erklärungen haben könnten. Die in der oben angeführten Rechtsprechung aufgestellten Bedingungen seien bei der angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang beachtet worden; in dieser würden auf 17 Seiten des Amtsblatts alle für die vorliegende Rechtssache erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte dargelegt und auch die Einwände zusammengefaßt, dievon Dritten während des Verwaltungsverfahrens erhoben worden seien. Die Kommission bestreitet insbesondere, daß sie die im Verwaltungsverfahren eingereichten Erklärungen nicht berücksichtigt habe. Diese Erklärungen seien gebührend geprüft und den französischen Behörden zur Stellungnahme zugeleitet worden.

Würdigung durch das Gericht

88.
    In Anbetracht der von den Klägerinnen erhobenen Rügen ist zuerst zu prüfen, ob der angefochtenen Entscheidung, was die Genehmigung der Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen durch Air France angeht, eine ausreichende Begründung fehlt. Mit Rücksicht auf die ständige Rechtsprechung, wonach ein etwaiger Mangel in der Begründung von Amts wegen aufgegriffen werden kann (Urteile des Gerichtshofes vom 20. März 1959 in der Rechtssache 18/57, Nold/Hohe Behörde, Slg. 1959, 91, 114, und vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C-166/95 P, Kommission/Daffix, Slg. 1997, I-983, Randnrn. 24 und 25, sowie des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 129), hat das Gericht die Klägerinnen und die dem Verfahren zur Unterstützung ihrer Anträge beigetretenen Streithelferinnen aufgefordert, die Erklärungen, die sie während des Verwaltungsverfahrens in ihrer Eigenschaft als Beteiligte im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages bei der Kommission abgegeben hatten, vorzulegen, soweit diese Erklärungen noch nicht zu den Akten gegeben worden waren (siehe oben, Randnr. 33).

89.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes muß die nach Artikel 190 des Vertrages notwendige Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß das Gemeinschaftsgericht seine Kontrolle ausüben kann und es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erfahren (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15, und die darin angeführte Rechtsprechung).

90.
    Was den Begriff „Betroffener“ im Sinne der oben genannten Rechtsprechung angeht, hat der Gerichtshof in einer Rechtssache, die eine Entscheidung der Kommission über die Ablehnung der Genehmigung eines Beihilfevorhabens eines Mitgliedstaats zugunsten eines inländischen Unternehmens betraf, entschieden, daß das Begründungserfordernis insbesondere nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten „oder andere durch den [angefochtenen] Rechtsakt unmittelbar und

individuell“ im Sinne von Artikel 173 des Vertrages „betroffene Personen“ an Erläuterungen haben können (Urteil vom 13. März 1985 in den verbundenen Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, Randnr. 19).

91.
    Der Gerichtshof hat sodann festgestellt, daß ein Unternehmen, das im Wettbewerb mit dem durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen steht, als „beteiligt“ im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages anzusehen und in dieser Eigenschaft als von der Entscheidung der Kommission, durch die die Gewährung der streitigen Beihilfe genehmigt worden ist, unmittelbar und individuell betroffen zu betrachten ist. Dabei hat der Gerichtshof auch darauf hingewiesen, daß die Beteiligten im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages bereits als die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände, definiert worden waren (Urteil vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnrn. 24 bis 26, und die darin angeführte Rechtsprechung).

92.
    Es zeigt sich also, daß das Erfordernis, eine Entscheidung über staatliche Beihilfen zu begründen, nicht nur nach dem Interesse an Informationen bestimmt werden kann, das der Mitgliedstaat hat, an den diese Entscheidung gerichtet ist. Hat ein Mitgliedstaat von der Kommission nämlich das erhalten, was er beantragt hatte, d. h. die Genehmigung seines Beihilfevorhabens, so kann sein Interesse daran, daß eine begründete Entscheidung an ihn gerichtet wird, anders als das Interesse der Wettbewerber des Beihilfeempfängers, nur sehr gering sein, insbesondere wenn er während der Verhandlungen mit der Kommission und insbesondere durch den Schriftwechsel mit dieser vor Erlaß der Genehmigungsentscheidung ausreichende Auskünfte erhalten hat.

93.
    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß die Streithelferinnen Maersk und ACE Beteiligte im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages sind und daß die angefochtene Entscheidung sie im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages unmittelbar und individuell betrifft, da ihre Marktstellung durch die durch die angefochtene Entscheidung genehmigte Beihilfemaßnahme spürbar beeinträchtigt wird (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnr. 25).

94.
    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch aufgrund ihres Zusammenhangs sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil Delacre u. a./Kommission, zitiert in Randnr. 89, Randnr. 16, und die darin angeführte Rechtsprechung). Zwar braucht die Kommission in der Begründung einer Entscheidung nicht auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens

vorgetragen worden sind (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1995 in der Rechtssache C-360/92 P, Publishers Association/Kommission, Slg. 1995, I-23, Randnr. 39), sie hat jedoch alle maßgeblichen Umstände und Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-329/93, C-62/95 und C-63/95, Deutschland u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5151, Randnr. 32; im folgenden: Urteil Bremer Vulkan/Kommission), damit das Gemeinschaftsgericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann und sowohl die Mitgliedstaaten als auch die beteiligten Bürger sich darüber unterrichten können, unter welchen Voraussetzungen die Kommission den Vertrag angewandt hat (Urteil Publishers Association/Kommission, Randnr. 39).

95.
    Außerdem hat die Kommission die angefochtene Entscheidung gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages erlassen, d. h. in einem Bereich, in dem sie über ein weites Ermessen verfügt (siehe oben, Randnr. 79). Da der Gerichtshof entschieden hat, daß das Ermessen der Kommission mit der Verpflichtung verbunden ist, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469, Randnr. 14), erfordert die Kontrolle dieser Verpflichtung eine Begründung, die so genau ist, daß das Gericht sich vergewissern kann, daß die Verpflichtung eingehalten worden ist.

96.
    Es ist daher zu prüfen, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung die Argumentation der Kommission klar und unzweideutig wiedergegeben hat, und zwar insbesondere in bezug auf die für die Beurteilung des streitigen Beihilfevorhabens wesentlichen Rügen, die der Kommission im Verwaltungsverfahren von den Firmen British Airways, TAT, Koninklijke Luchtvaart Maatschappij (KLM), SAS, Air UK, Euralair und British Midland sowie von der ACE, insbesondere im Namen von Euralair und Maersk, vom Königreich Dänemark, vom Vereinigten Königreich, vom Königreich Schweden und vom Königreich Norwegen (im folgenden: Beteiligte) zur Kenntnis gebracht worden sind.

97.
    Aus der Gesamtheit der beim Gericht eingereichten Erklärungen ergibt sich, daß einige dieser Beteiligten bei der Kommission mit Nachdruck geltend gemacht hatten, daß die im Umstrukturierungsplan vorgesehene Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen für 11,5 Milliarden FF unannehmbar sei. Da alle nicht subventionierten Fluggesellschaften angesichts der Überkapazitätskrise Anfang der 90er Jahre die Bestellungen neuer Flugzeuge hätten stornieren oder verschieben müssen, könne die Air France sich einer solchen Verpflichtung nicht entziehen. Die Entscheidung, 11,5 Milliarden FF in die Anschaffung von Flugzeugen zu investieren, erhöhe den Bedarf an zusätzlichem Kapital und damit die Verbindlichkeiten der Air France. In Anbetracht ihrer katastrophalen Finanzlage sei es nicht gerechtfertigt, Erlöse aus der Veräußerung anderer Aktiva für eine solche Finanzierung zu verwenden. Um die im Umstrukturierungsplan vorgesehene Vereinheitlichung der Flotte von Air France zu erreichen, sei vielmehr der Umbau vorhandener Flugzeuge geboten.

98.
    Insbesondere die Firma TAT und das Vereinigte Königreich haben vorgetragen, daß die Investition, die die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen darstelle, die kurzfristige operative Tätigkeit von Air France und nicht deren Umstrukturierung betreffe. Es handele sich um eine normale Modernisierung, durch die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhalten werden solle. Eine derartige Maßnahme müsse aber aus den Eigenmitteln eines Unternehmens finanziert werden und nicht durch eine staatliche Beihilfe. Im vorliegenden Fall sei es unvermeidlich, daß die streitige Beihilfe entgegen den Erfordernissen der Rechtsprechung und der Entscheidungspraxis der Kommission zur Finanzierung der Anschaffung dieser Flugzeuge verwendet werde. Diese Beihilfe sei als eine den Erfordernissen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages nicht entsprechende Betriebsbeihilfe zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil Deufil/Kommission (zitiert in Randnr. 79) und das Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 1988 in den verbundenen Rechtssachen 62/87 und 72/87 (Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, Slg. 1988, 1573) sowie auf die Entscheidung 90/70/EWG der Kommission vom 28. Juni 1989 über die von Frankreich einigen Unternehmen der Stahlerstverarbeitung gewährten Beihilfen (ABl. 1990, L 47, S. 28) verwiesen worden.

99.
    Dazu stellt das Gericht fest, daß die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausführt, eines der Handicaps des Air-France-Konzerns sei die Heterogenität seiner Flotte, die aus zu vielen unterschiedlichen Flugzeugen bestehe (24 verschiedene Typen oder Versionen); diese Heterogenität sei einer der Faktoren, der die Betriebskosten erhöhe (die Wartungskosten seien wegen der großen Zahl der erforderlichen unterschiedlichen Ersatzteile und der Unterschiede in der Qualifikation des fliegenden Personals und des Bodenpersonals besonders hoch). Am 31. Dezember 1993 habe der Konzern über eine Flotte von 208 Flugzeugen mit einem Durchschnittsakter von 8,6 Jahren verfügt (wobei die Einsatzflotte von Air France aus 145 Flugzeugen bestanden habe) (ABl. S. 75).

100.
    Was die im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Hauptmaßnahmen angeht, gibt die Kommission an, es sei vorgesehen, die Zahl der im Umstrukturierungszeitraum auszuliefernden Flugzeuge von 22 auf 17 zu senken. Die entsprechende Investition belaufe sich damit auf 11,5 Milliarden FF (ABl. S. 75). Was das für diese Investition erforderliche Kapital betrifft, nimmt die Kommission die Zurückstellung von Bestellungen zur Kenntnis, wodurch das Durchschnittsalter der Flotte bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums auf rund 9,3 Jahre steigen werde. Jede zusätzliche Verzögerung bei der Erneuerung der Flotte werde diesen Wert nur noch weiter ansteigen lassen und könne die Wettbewerbsfähigkeit von Air France und die Durchführung ihrer Umstrukturierung beeinträchtigen (ABl. S. 82).

101.
    Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob die Beihilfe in einem angemessenen Verhältnis zum Umstrukturierungsbedarf steht (ABl. S. 83), vertritt die Kommission die Ansicht, die Air France habe, wenn man von der Beihilfe absehe, drei Möglichkeiten, ihre Finanzlage aus eigener Kraft zu verbessern, wobei eine darin

bestehe, daß sie ihre Flugzeugbestellungen verschiebe. Da sie aber einige Bestellungen bereits aufgeschoben habe, würde sich das Durchschnittsalter der Flotte durch das Zurückstellen weiterer Bestellungen auf mehr als 10 Jahre erhöhen; dies sei für eine Fluggesellschaft, die ihre volle Wettbewerbsstärke wiederzuerlangen suche, zu hoch (ABl. S. 85).

102.
    Nach Ansicht des Gerichts lassen sich aus dieser Begründung klar und unzweideutig die Gründe entnehmen, aus denen die Kommission der Auffassung ist, daß in dem besonderen Fall der Air France die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen unbedingt erforderlich sei. Die Begründung enthält die von der Kommission als wesentlich angesehenen Punkte, nämlich die für Air France bestehende Notwendigkeit, über eine Flotte mit einem angemessenen Durchschnittsalter zu verfügen, den Umstand, daß die Zahl der anzuschaffenden Flugzeuge nur einen Bruchteil der ursprünglich geplanten Zahl darstellt, und die Tatsache, daß die vorgesehene Investition dazu dienen wird, die Flotte von Air France homogener zu machen, und damit im Ergebnis zu einer Senkung der Betriebskosten führen wird. Somit hat die Kommission gleichzeitig eine ausreichende Antwort auf den ersten Teil der Erklärungen der Beteiligten im Verwaltungsverfahren gegeben.

103.
    Im zweiten Teil ihrer Erklärungen haben die Beteiligten einen Teil der streitigen Beihilfe als eine nach der Rechtsprechung verbotene Betriebsbeihilfe qualifiziert, da mit ihr rein operative Tätigkeiten der Air France finanziert werden sollten, nämlich die Erneuerung der Flugzeuge ihrer Flotte als Anlageinvestitionsgüter.

104.
    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß der Gerichtshof in seinem Urteil Deufil/Kommission (zitiert in Randnr. 79) der Annahme der Kommission zugestimmt hat, daß eine für eine normale Modernisierung zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit bestimmte Investition mit Eigenmitteln desUnternehmens und nicht mit einer staatlichen Beihilfe hätte finanziert werden müssen (Randnrn. 16 bis 19). In seinem Urteil Exécutif régional wallon/Kommission (zitiert in Randnr. 98) hat der Gerichtshof entschieden, daß die Erwägungen der Kommission, wonach eine Investition mit dem Ziel der Erneuerung und der technischen Modernisierung einer Produktionsanlage, die regelmäßig erfolgen müsse, nicht als eine Investition zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages angesehen werden könne, eine verständliche Argumentationslinie darstellen und in das Ermessen der Kommission fallen (Randnrn. 31, 32 und 34).

105.
    Die Beteiligten haben unter Berufung auf diese Rechtsprechung geltend gemacht, es bestehe die Gefahr, daß die genehmigte Beihilfe unangemessen hoch ausfalle, wenn ein Teil der Beihilfe nicht zur Umstrukturierung der Air France im eigentlichen Sinne verwendet werde. Im Urteil Philip Morris/Kommission (zitiert in Randnr. 79, Randnr. 17) habe der Gerichtshof aber entschieden, daß die Mitgliedstaaten keine Zahlungen leisten dürften, die die finanzielle Lage der begünstigten Unternehmen verbesserten, „ohne für die Erreichung eines der in Artikel 92 Absatz 3 genannten Ziele erforderlich zu sein“.

106.
    Die Beteiligten haben somit vorgetragen, daß ein Rechtsfehler vorliegen könne, und zwar ein Verstoß gegen den speziell für staatliche Beihilfen in Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages niedergelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich dabei um eine für die Beurteilung des streitigen Beihilfevorhabens wesentliche Rüge. Die Kommission war daher gehalten, in der Begründung der angefochtenen Entscheidung dazu Stellung zu nehmen.

107.
    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die Kommission in der angefochtenen Entscheidung annimmt, daß die Investition in die Erneuerung der Flotte für die Durchführbarkeit der Umstrukturierung von Air France notwendig sei (ABl. S. 82) und daß durch die Verschiebung der Bestellungen neuer Flugzeuge das Durchschnittsalter der Flotte von Air France auf mehr als 10 Jahre ansteigen werde, was für eine Fluggesellschaft, die ihre volle Wettbewerbsstärke wiederzuerlangen suche, zu hoch sei (ABl. S. 85). Die Investition in die Erneuerung der Flotte in Höhe von 11,5 Milliarden FF, die unter den „grandes lignes de force“ im Umstrukturierungsplan vorgesehen ist (ABl. S. 75), wird von der Kommission somit als wesentlicher Bestandteil der Umstrukturierung der Air France angesehen.

108.
    Vor dem Gericht hat die Kommission im übrigen diese Auffassung bestätigt und erklärt, die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen sei „im Rahmen der Durchführung des Vorhabens“ gerechtfertigt gewesen (Nr. 40 der Gegenerwiderung in der Rechtssache T-371/94). Darüber hinaus war die Anschaffung der Flugzeuge nach dem von der Kommission vorgelegten Gutachten der Firma Ernst & Young (Anlage 2 zur Klagebeantwortung in der Rechtssache T-371/94) „ein integraler Bestandteil des Programms zur Rationalisierung der Flotte ..., wobei diese Investition einen entscheidenden Faktor des Planes darstellt“ (S. 22, Nr. 22 des Gutachtens).

109.
    Zu den Modalitäten der Finanzierung dieser Investition wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, daß die Durchführung des Umstrukturierungsplans durch eine Kapitalerhöhung und die Veräußerung von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögensteilen finanziert werde, aus der die Air France einen Erlös von etwa 7 Milliarden FF erwarte, nämlich insbesondere durch den Verkauf einer Reihe von Flugzeugen, der einen Erlös in Höhe von 4,1 Milliarden FF erbringen solle, sowie durch die Veräußerung von Ersatzteilen (1,2 Milliarden FF), eines Gebäudes (0,4 Milliarden FF) und der Méridien-Hotelkette (ABl. S. 76). In der angefochtenen Entscheidung wird hinzugefügt, daß die französischen Behörden zugesichert hätten, daß die Beihilfe während der Laufzeit des Programms von der Air France ausschließlich zu Umstrukturierungszwecken verwendet werde (ABl. S. 78 und 79).

110.
    In ihrer Bewertung der Tragfähigkeit des Umstrukturierungsplans erklärt die Kommission, die Beihilfe diene der Finanzierung der Durchführung des Planes und der Neuordnung der Finanzen der Air France (ABl. S. 82). Alles in allem ist sie davon überzeugt, daß die der Air France gewährte Beihilfe sowohl notwendig als

auch angemessen sei, um das Unternehmen in die Lage zu versetzen, seinen Umstrukturierungsplan erfolgreich durchzuführen und seine Leistungsfähigkeit zurückzuerlangen (ABl. S. 86). Schließlich verpflichtet die Auflage Nummer 6 die französischen Behörden dazu, dafür Sorge zu tragen, daß die „Beihilfe ... von Air France ... ausschließlich zu Umstrukturierungszwecken ... verwendet werden“ wird (ABl. S. 89).

111.
    Wie sich aus dieser Begründung ergibt, geht die angefochtene Entscheidung davon aus, daß die streitige staatliche Beihilfe zwar dazu dient, die Verschuldung der Air France zu verringern, daß mit ihr aber auch die durch die Veräußerung von Vermögensteilen mitfinanzierte Durchführung des Umstrukturierungsplans finanziert werden soll. Gleichzeitig ist die Kommission aber der Ansicht, daß die Investition in die Erneuerung der Flotte selbst ein unabdingbarer Bestandteil der Umstrukturierung der Air France darstelle. Es ergibt sich also, daß in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt wird, daß die Beihilfe dazu dient, die die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen umfassende Investition in die Flotte zu finanzieren. Auf jeden Fall verbietet die Entscheidung nicht, daß die Beihilfe zumindest teilweise zur Finanzierung dieser Investition verwendet werden kann. Die einzigen selbständigen Finanzmittel der Air France, mit denen zur Finanzierung dieser Investitionen beigetragen werden soll, nämlich die Erlöse aus der Veräußerung von Vermögensteilen, sollen sich nämlich nur auf 7 Milliarden FF belaufen, während die Kosten der Investition 11,5 Milliarden FF betragen.

112.
    Obwohl eine solche mit der Veräußerung alter Flugzeuge verbundene Anschaffung offensichtlich eine Modernisierung der Flotte von Air France darstellt, enthält die angefochtene Entscheidung keine Äußerung dazu, ob die Urteile in den Rechtssachen Deufil/Kommission und Exécutif régional wallon/Kommission (zitiert in den Randnrn. 79 und 98) hier maßgeblich sind, was die Beteiligten geltend machen. Die Kommission hat es somit unterlassen, klarzustellen, ob sie die streitige Finanzierung ausnahmsweise hinnahm, weil sie diese Urteile unter den besonderen Umständen des Einzelfalls hier für nicht maßgeblich hielt, oder ob sie von dem in diesen Urteilen niedergelegten Grundsatz als solchem abgehen wollte.

113.
    Eine Stellungnahme der Kommission zu dieser Frage wäre um so notwendiger gewesen, als in ihrer eigenen Entscheidungspraxis der grundsätzliche Widerstand gegen alle Betriebsbeihilfen, mit denen die normale Modernisierung von Anlagen finanziert werden soll, zum Ausdruck kommt. Die Kommission ist nämlich der Ansicht, daß die für eine solche Modernisierung bestimmten Investitionen nicht als Umstrukturierungsinvestitionen angesehen werden können und daher aus den eigenen Finanzmitteln der betroffenen Unternehmen ohne Inanspruchnahme staatlicher Mittel finanziert werden müssen (Entscheidung 85/471/EWG der Kommission vom 10. Juli 1985 über eine von der deutschen Regierung gewährte Beihilfe für einen Hersteller von Polyamid- und Polypropylengarn in Bergkamen [ABl. L 278, S. 26, 29], Entscheidung 89/228/EWG der Kommission vom 30. November 1988 über das Gesetzesdekret Nr. 370/87 der italienischen Regierung vom 7. September 1987 — am 4. November 1987 zum Gesetz Nr. 460 umgewandelt

— mit neuen Vorschriften für die Erzeugung und Vermarktung von Erzeugnissen des Weinbaus [ABl. 1989, L 94, S. 38, 41], Entscheidung 92/389/EWG der Kommission vom 25. Juli 1990 über die staatlichen Beihilfen, die mit den Gesetzesdekreten Nr. 174 vom 15. Mai 1989 und Nr. 254 vom 13. Juli 1989 sowie in dem Gesetzentwurf Nr. 4230 über die Inkraftsetzung der genannten Gesetzesdekrete vorgesehen sind [ABl. 1992, L 207, S. 47, 51]).

114.
    Daraus folgt, daß die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht erkennen läßt, daß die Kommission tatsächlich geprüft hat, ob — und wenn ja, aus welchen Gründen — die Modernisierung der Air-France-Flotte teilweise mit einer zur Umstrukturierung des Unternehmens bestimmten Beihilfe finanziert werden durfte, und zwar entgegen der oben genannten Rechtsprechung und entgegen ihrer eigenen Entscheidungspraxis.

115.
    Diese Feststellung wird durch die näheren Angaben, die die Französische Republik und Air France gegenüber dem Gericht zu den im Umstrukturierungsplan vorgesehenen aeronautischen Investitionen in Höhe von 11,5 Milliarden FF gemacht haben, nicht entkräftet. Da diese Streithelferinnen angegeben haben, daß der Betrag von 11,5 Milliarden FF in drei Teile zerfalle, nämlich 7,6 Milliarden für die Anschaffung von 17 Flugzeugen, 3 Milliarden für die Anschaffung von Ersatzteilen und 0,9 Milliarden für aeronautische Arbeiten, ist offenkundig, daß die aeronautischen Arbeiten und die Ersatzteile ebenso wie die neuen Flugzeuge der Modernisierung des Unternehmens dienen.

116.
    Zwar hat die Kommission im vorliegenden Verfahren später geltend gemacht, die streitige Beihilfe sei nur zur Entschuldung der Air France und nicht zur Anschaffung der 17 neuen Flugzeuge bestimmt, da die Investition in die Flotte ausschließlich aus den Betriebserträgen von Air France finanziert werden müsse. Es ist jedoch festzustellen, daß diese von den Bevollmächtigten der Kommission vor dem Gericht entwickelte Argumentation nicht nur in der angefochtenen Entscheidung nicht aufgeführt ist, sondern auch durch die Begründung der Entscheidung widerlegt wird, wonach die Beihilfe dazu bestimmt war, zumindest teilweise die Durchführung des Umstrukturierungsplans zu finanzieren, der die Modernisierung der Air-France-Flotte umfaßte. Wie der Gerichtshof aber im Urteil vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache C-137/92 P (Kommission/BASF u. a., Slg. 1994, I-2555, Randnrn. 66 bis 68) entschieden hat, stellen der verfügende Teil und die Begründung einer Entscheidung, die gemäß Artikel 190 des Vertrages stets mit Gründen zu versehen ist, ein unteilbares Ganzes dar, so daß es nach dem Kollegialprinzip ausschließlich Sache des Kollegiums der Mitglieder der Kommission ist, beide zugleich anzunehmen, wobei jede über eine rein orthographische oder grammatikalische Anpassung hinausgehende Änderung in die ausschließliche Zuständigkeit des Kollegiums fällt.

117.
    Diese auf das Kollegialitätsprinzip gestützten Erwägungen treffen auch auf die hier angefochtene Entscheidung zu, die ebenfalls gemäß Artikel 190 des Vertrages zu

begründen war und mit der das Kollegium der Mitglieder der Kommission das Ermessen ausübte, das ihm unter Ausschluß aller anderen Stellen bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages vorbehalten ist. Dem Vorbringen der Bevollmächtigten der Kommission vor dem Gericht ist daher nicht zu folgen (siehe in diesem Sinne auch das Urteil Bremer Vulkan/Kommission, zitiert in Randnr. 94, Randnrn. 47 und 48).

118.
    Dies gilt erst recht für die Erklärungen, die die dem Verfahren zur Unterstützung der Kommission beigetretenen Beteiligten, die Air France und die Französische Republik, abgegeben haben. Sie tragen vor, erstens sei es unmöglich gewesen, die Bestellungen für die 17 neuen Flugzeuge zu stornieren oder zurückzustellen, weil es sich um feststehende vertragliche Verpflichtungen gehandelt habe, deren Nichtbeachtung die Zahlung von Vertragsstrafen nach sich gezogen hätte; zweitens seien von den 34 Flugzeugen, deren Wiederverkauf im Umstrukturierungsplan vorgesehen gewesen sei, sieben neu gewesen, so daß die Erlöse aus ihrem Wiederverkauf sieben neuen noch nicht angeschafften Flugzeugen entsprochen hätten; drittens seien von den 17 neuen Flugzeugen sieben sofort wieder verkauft worden, ohne sie in Betrieb zu nehmen und viertens sei der Gesamtbetrag der Betriebseinnahmen von Air France im Umstrukturierungsplan mit 19,2 Milliarden FF angesetzt worden, so daß diese Einnahmen ausgereicht hätten, um die Ausgaben für die Investitionen in der Erneuerung der Flotte zu decken. Dieses Vorbringen ist durch das Kollegialitätsprinzip nicht gedeckt und kann daher dem Begründungsmangel, an dem die angefochtene Entscheidung leidet, nicht abhelfen.

119.
    Äußerst hilfsweise ist noch hinzuzufügen, daß den vor dem Gericht abgegebenen Erklärungen, wonach sich bei Anwendung der im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen eine Eigenfinanzierungsbruttospanne ergeben würde, mit der die Air France ihre Betriebs- und Investitionskosten bestreiten könnte, — unter der Annahme, daß diese Erklärungen zulässig sind — auf jeden Fall die Begründung der angefochtenen Entscheidung widersprechen würde, aus der hervorgeht, daß das finanzielle Gleichgewicht und die Rentabilität der Air France erst Ende 1996 wiederhergestellt sein sollten (ABl. S. 75).

120.
    Nach alledem entspricht die Begründung der angefochtenen Entscheidung, was die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen angeht, nicht den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages.

B — Zur Rüge, die Kommission habe zu Unrecht die Finanzierung von Betriebskosten und von operativen Maßnahmen der Air France genehmigt

Vorbringen der Beteiligten

121.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 sind der Ansicht, die Kommission habe nicht geprüft, ob die Beihilfe für die Umstrukturierung von Air France unabdingbar notwendig und nicht nur nützlich für die Finanzierung der Entwicklungder Tätigkeiten von Air France und der Modernisierung ihrer Anlagen gewesen sei.

Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages lasse eine operative Beihilfe, mit der die Tätigkeiten des Beihilfeempfängers modernisiert werden sollten, nicht zu.

122.
    Die einzigen strukturellen Kosten, die sich aus der Durchführung des Umstrukturierungsplans ergäben, beträfen die 5 000 freiwillig ausgeschiedenen Beschäftigten; die genaue Höhe dieser Kosten bleibe offen, da die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt keine Angabe enthalte. Die Kosten, die durch andere im Umstrukturierungsplan vorgesehene Maßnahmen — insbesondere die Geschäftspolitik zur Wiedergewinnung von Kundschaft sowie die Einführung von „Euroconcept“ und von „Première Club“ — entstehen könnten, seien als Betriebskosten anzusehen. Es sei wahrscheinlich, daß Air France die Beihilfe auch zur Finanzierung anderer operativer Maßnahmen verwenden werde, die im Umstrukturierungsplan nicht ausdrücklich vorgesehen seien. Insbesondere habe die Air France die Preise auf den Verbindungen zwischen den EWR-Ländern und Drittländern ganz erheblich gesenkt.

123.
    Sie — die Klägerinnen — hätten den Beweis dafür, daß die Einführung von neuen Klassen auf den Mittelstreckenverbindungen und die Einführung der neuen Klasse auf den Langstreckenverbindungen durch die Air France im Herbst 1995 das Unternehmen 150 Millionen FF bzw. etwa 500 Millionen FF kosten würden, wie sich aus zwei im März 1995 in der Presse erschienenen Artikeln ergebe. Die Betriebskosten, die vor Ende 1996 z. B. durch die Einführung der beiden neuen Klassen entstanden seien, würden folglich mit Hilfe der streitigen Beihilfe finanziert werden.

124.
    Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 ist ebenfalls der Ansicht, die Beihilfe werde ganz massiv dazu dienen, neue Produkte der Air France wie z. B. ihre Aktion „classe club“, zu finanzieren. In diesem Zusammenhang weisen die Klägerinnen in der Rechtssache C-371/94 darauf hin, daß Air France über eine „Sicherheitsspanne“ verfüge (ABl. S. 85), die sie dazu einsetzen könne, um ihre Tätigkeiten aufrechtzuerhalten und zu modernisieren. Die Beihilfe sei so unangemessen hoch, daß die Air France die Rekapitalisierung ihrer Tochtergesellschaft Jet Tours oder die Übertragung eines Teils der Beihilfe auf ihre Tochtergesellschaft Air Charter ins Auge fassen könne.

125.
    Die Klägerinnen in beiden Rechtssachen widersprechen der Auffassung der Kommission, daß die streitige Beihilfe nur dazu bestimmt sei, die finanziellen Belastungen von Air France dadurch zu reduzieren, daß sie deren Verschuldungsgrad verringere, und nicht dazu, die Betriebskosten der Air France zu finanzieren. In diesem Zusammenhang vertreten sie die Ansicht, die bloße Möglichkeit, daß die Beihilfe dazu bestimmt sein könne, die Tätigkeiten der Air France aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, genüge, um sie unvereinbar mit Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages zu machen. Zur Unterstützung dieses Vorbringens nehmen sie Bezug auf das Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88 (Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433,

Randnrn. 10 und 14), wonach es nicht erforderlich sei, nachzuweisen, daß die zur Verfügung gestellten staatlichen Mittel spezifisch und ausdrücklich dazu bestimmt seien, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern die Feststellung genüge, daß der Umstand, daß der Begünstigte Mittel erhalte, ihm auf jeden Fall ermögliche, andere Mittel freizumachen, um zu demselben Ergebnis zu gelangen.

126.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 fügen hinzu, die Kommission habe den Unterschied zwischen dem Betrag der streitigen Beihilfe und dem Betrag, der zur Durchführung des früheren Programms „PRE 2“ benötigt worden wäre, zum einen oder dem Betrag von 8 Milliarden FF, der vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung als erforderlich für die Durchführung des Umstrukturierungsplans angesehen worden sei, zum anderen, nicht erklärt. Außerdem habe die Kommission nicht geprüft, ob und inwieweit die von anderen Fluggesellschaften ohne finanzielle Hilfe des Staates durchgeführte Umstrukturierung nicht beweise, daß das freie Spiel der Marktkräfte die Air France dazu veranlaßt hätte, ihre Tätigkeiten ohne staatlichen Eingriff umzustrukturieren.

127.
    In der mündlichen Verhandlung haben diese Kläger vorgetragen, die Umstrukturierungsbeihilfe müsse mit jeder einzelnen geplanten Maßnahme verknüpft werden. Die Kommission hätte Bedingungen dafür aufstellen müssen, wie die Beihilfe hätte verwendet werden müssen. Es sei unannehmbar, daß ein allgemeines Gleichgewicht in bezug auf die global „für den Bedarf von Air France“ gewährte Beihilfe bejaht werde.

128.
    Die Kommission versichert, sie habe den logischen Zusammenhang und die Wirksamkeit des Umstrukturierungsplans sowie die Angemessenheit des Beihilfebetrags, den Air France benötige, um den Plan erfolgreich durchzuführen, beurteilt. Um diese Beurteilung vornehmen zu können, brauche sie keine Fragen zu prüfen, die nichts mit den dem Plan innewohnenden Merkmalen zu tun hätten, und erst recht nicht die Erfahrungen anderer Fluggesellschaften.

129.
    Außerdem sei die genehmigte Beihilfe allein dazu bestimmt, die finanziellen Belastungen von Air France durch eine Senkung ihres Verschuldungsgrads zu verringern. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen werde die Beihilfe nicht dazu verwendet, die Betriebskosten von Air France zu finanzieren. Durch die Anwendung der im Umstrukturierungsplan vorgesehenen harten Maßnahmen einschließlich der Veräußerung von Vermögensteilen müßte sich ein Bruttoeigenfinanzierungsspielraum ergeben, der es der Air France ermöglichen werde, ihre Betriebs- und Investitionskosten zu bestreiten. Dies reiche jedoch nicht dafür aus, daß sie auch ihre finanziellen Belastungen tragen könne. Ohne eine Senkung ihres Verschuldungsgrads werde die Air France nicht überleben können. Ende 1996 werde die Air France alle ihre Kosten unabhängig davon, ob es sich um Betriebs- oder Finanzkosten handele, bestreiten können.

130.
    Die Kommission weist darauf hin, daß die durch den Umstrukturierungsplan bewirkten Verbesserungen der Betriebsergebnisse während der Laufzeit des Planes

5 Milliarden FF erbringen sollten. Dieser Betrag werde es der Air France zwar ermöglichen, ihre Betriebskosten zu decken, nicht aber die Hauptschuld mit Zinsen zurückzuzahlen. Dank der Beihilfe würden die finanziellen Belastungen von Air France von 3,2 Milliarden FF im Jahre 1993 auf 1,8 Milliarden im Jahre 1996 zurückgehen (ABl. S. 75). Die Kommission verweist auf das Gutachten von Ernst & Young (Anlage 2 zur Klagebeantwortung in der Rechtssache T-371/94) und trägt vor, die Verbindlichkeiten von Air France würden um 18,9 Milliarden FF verringert; ohne die Beihilfe würden ihre für 1996 vorgesehenen Nettoverluste sich auf 694 Millionen FF belaufen, während sie mit der Beihilfe einen Nettogewinn von 457 Millionen FF verzeichnen müßte. Die Gefahr einer Überkapitalisierung werde dadurch ausgeschlossen, daß die genehmigte Beihilfe in drei Tranchen zu zahlen sei.

131.
    Das Urteil Italien/Kommission (zitiert in Randnr. 125) stützt nach Ansicht der Kommission die Auffassung der Klägerinnen in keiner Weise. In dieser Rechtssache habe der Gerichtshof angenommen, daß die Kapitalzuführung durch den Staat in Anbetracht der ständigen Betriebsverluste des betroffenen Unternehmens, die von dem betreffenden Staat ausgeglichen worden seien, und mangels eines Umstrukturierungsprogramms eine Beihilfe darstelle. Damit habe der Gerichtshof auf die Behauptung der betroffenen Regierungen geantwortet, daß die in Frage stehenden Mittel keine staatlichen Beihilfen gewesen seien. Die von den Klägerinnen zitierten Passagen bezögen sich nur auf diese Frage, während die Klägerinnen sich hier auf das Urteil zur Unterstützung des — ganz anderen — Vorbringens beriefen, wonach die Kommission zur Feststellung, ob die der Air France gewährte Beihilfe unbedingt erforderlich gewesen sei, ein nicht zutreffendes rechtliches Kriterium angewendet habe.

132.
    Die Französische Republik und die Air France wenden sich gegen die Auffassung, daß die streitige Beihilfe — auch wenn sie zur Verringerung der Belastung von Air France durch Verbindlichkeiten und nicht zur Deckung eines Teils der Betriebskosten berechnet worden sei — dennoch dem Betrieb zugutekomme. Würde man eine derartige Auffassung bejahen, so liefe dies auf ein Verbot von Umstrukturierungsbeihilfen hinaus, denn es sei immer möglich, zu behaupten, daß eine auf ein besonderes Sanierungsziel gerichtete Beihilfe an die Stelle von Betriebserträgen trete, die ohne die Beihilfe zur Erreichung dieses Zieles eingesetzt worden wären. Man müsse aber klar unterscheiden zwischen Umstrukturierungsbeihilfen, die zur Verbesserung der betrieblichen Bedingungen in den betroffenen Unternehmen beitrügen und die in vollem Umfang mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein könnten, und reinen Betriebsbeihilfen oder über längere Zeit gewährten Rettungsbeihilfen, die dies grundsätzlich nicht sein könnten.

Würdigung durch das Gericht

133.
    Soweit die Klägerinnen der Kommission vorwerfen, sie habe der Air France gestattet, die Beihilfe an einige ihrer Tochtergesellschaften weiterzuleiten, gleichzeitig vortragen, daß es ihnen wahrscheinlich erscheine, daß Air France die Betriebskosten global finanzieren werde, ist ihr Vorbringen zu vage, als daß ihm gefolgt werden könnte, und beschränkt sich auf bloße Annahmen, die nicht auf genaues tatsächliches Vorbringen gestützt sind.

134.
    Auch den aus dem früheren Umstrukturierungsplan „PRE 2“ hergeleiteten Argument ist nicht zu folgen. Dieser Plan stieß nämlich auf den Widerstand der Gewerkschaften und des Personals der Air France; er konnte daher nicht durchgeführt werden. Unter diesen Umständen verpflichtete nichts die Kommission, bestimmte Bestandteile eines gescheiterten Umstrukturierungsplans vergleichend zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den Betrag von 8 Milliarden FF, der vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung genannt worden sein soll. Da es sich nicht um die von den französischen Behörden der Kommission im Rahmen des förmlich eingereichten Umstrukturierungsplans offiziell unterbreite Zahl handelte, mußte die Kommission sie nicht berücksichtigen.

135.
    Zwar läßt sich nicht ausschließen, daß die Kommission die von der Air France geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen mit den von anderen Fluggesellschaften ergriffenen Maßnahmen vergleichen kann, jedoch muß die Umstrukturierung eines Unternehmens auf dessen innere Probleme ausgerichtet sein und die Erfahrungen, die andere Unternehmen in unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Zusammenhängen zu anderen Zeiten gemacht haben, können irrelevant sein.

136.
    Soweit die Klägerinnen außerdem geltend machen, die Beihilfe hätte in einzelne jeweils mit einer individuellen Umstrukturierungsmaßnahme verknüpfte Tranchen aufgeteilt werden müssen, ist das Gericht der Ansicht, daß durch eine solche Vorgehensweise notwendigerweise die Kosten jeder einzelnen Maßnahme offengelegt und damit die internen Funktionsstrukturen von Air France bekanntgemacht worden wären. Derartige Daten sind aber — zumindest für einen gewissen Zeitraum — vertraulich und sind gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere den Konkurrenten von Air France geheimzuhalten. Unter diesen Umständen ist der Mechanismus der nachträglichen Kontrollen gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in Verbindung mit der Bedingung für die Genehmigung Nr. 6, als ein sachgerechtes System anzusehen, durch das eine Überkapitalisierung der Air France aufgrund einer Verwendung der Beihilfe zu anderen Zwecken als der Umstrukturierung ausgeschlossen werden soll.

137.
    Soweit die Klägerinnen geltend machen, die einzige wirkliche Umstrukturierungsmaßnahme in dem streitigen Plan betreffe die Reduzierung des Personalbestands der Air France (freiwilliges Ausscheiden von 5 000 Beschäftigten) und alle anderen Maßnahmen seien in Wirklichkeit rein operativer Natur, ist darauf hinzuweisen, daß mit der streitigen Beihilfe, wie oben in den Randnummern 110, 111, 116 und 117 festgestellt worden ist, zumindest teilweise die Umstrukturierung von Air France finanziert werden soll und daß die Behauptung,

wonach die Beihilfe ausschließlich zur Entschuldung der Air France verwendet worden sei, sich nicht im Wortlaut der angefochtenen Entscheidung findet und daher zurückzuweisen ist. Folglich ist zu prüfen, ob die verschiedenen von den Klägerinnen angeführten Maßnahmen strukturellen Charakter haben.

138.
    In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den Akten, daß die Air France weder über Fabriken noch über Industrieanlagen mit Herstellungsverfahren verfügt, die technisch umstrukturiert werden könnten. Bei einem solchen Unternehmen konzentriert sich die Tätigkeit im wesentlichen auf das Beförderungsangebot für Personen und Fracht sowie auf die für die Erbringung dieser Dienstleistungen eingesetzten Mittel. Daher können nur die Struktur dieses Angebots sowie diejenige der Organisation des Unternehmens, die zur Unterstützung dieses Angebots dient, berechtigterweise Gegenstand eine Umstrukturierung sein.

139.
    Aufgrund dieser Feststellung ist das Gericht der Ansicht, daß die Streichung von 5 000 Stellen sowie die Neugliederung von Air France in elf für ihre finanziellen Ergebnisse verantwortliche Betriebszentren von der Kommission vernünftigerweise als strukturelle Maßnahmen qualifiziert werden konnten. Dies erscheint wenigersicher, was die kommerziellen Initiativen (Euroconcept, Classe club und Première Club) und die Änderungen des Streckennetzes angeht, da die Air France sich damit darauf beschränkt, der kommerziellen Entwicklung des Marktes zu folgen, ohne in die Strukturen des Unternehmens als solche einzugreifen. Derartige Maßnahmen sind daher wohl rein operativer Natur und betreffen nur den Betrieb von Air France.

140.
    Ohne daß es erforderlich wäre, sich dazu zu äußern, ob die Rechtsprechung und die Entscheidungspraxis, die in den Punkten 98 und 113 angeführt werden, hier von Bedeutung sind, ist jedoch darauf hinzuweisen, daß der Umstrukturierungsplan durch eine Kapitalerhöhung mittels der Beihilfe sowie die Veräußerungen von Vermögensteilen finanziert werden sollte, von denen die Air France sich Einnahmen in Höhe von etwa 7 Milliarden FF erhoffte (ABl. S. 76). In Anbetracht der verhältnismäßig geringen Beträge, die von den Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 in diesem Zusammenhang genannnt worden sind (150 Millionen FF und 500 Millionen FF), durfte die Kommission aber annehmen, daß diese Maßnahmen durch die aus der Veräußerung eigener Aktiva durch Air France herrührenden Mittel und durch die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb gedeckt sein würden.

141.
    In diesem Zusammenhang ist die von der „Fungibilität“ der Beihilfe ausgehende und auf das Urteil Italien/Kommission (zitiert in Randnr. 125) gestützte Argumentation zurückzuweisen, wonach der Umstand, daß die Air France die Beihilfe erhalte, es ihr ermögliche, andere Betriebsmittel freizumachen, die dann nicht etwa zur Rückzahlung ihrer Schulden verwendet würden, sondern zur Finanzierung der oben genannten Maßnahmen eingesetzt werden könnten. Da es sich im vorliegenden Fall um Investitionsmaßnahmen und betriebliche Maßnahmen normalen Umfangs handelt, die jede Fluggesellschaft vernünftigerweise ergreifen

muß, um ihre operative Tätigkeit gegenüber der Konkurrenz auf dem Markt aufrechterhalten zu können, haben die Französische Republik und Air France zu Recht vorgetragen, daß diese These von der „Fungibilität“ tatsächlich auf ein Verbot aller Umstrukturierungsbeihilfen hinauslaufen und das begünstigte Unternehmen dazu verurteilen würde, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen.

142.
    Es ist richtig, daß die Lösung, was die Investition von 11,5 Milliarden FF angeht, die in der angefochtenen Entscheidung als „Flotteninvestition“ definiert wird (ABl. S. 75), anders ausfallen könnte. Das Gericht ist jedoch nicht in der Lage, diese Problematik inhaltlich zu prüfen, da die angefochtene Entscheidung in diesem wesentlichen Punkt nicht begründet ist (siehe oben, Randnrn. 111 bis 120). Was das Vorbringen zur tariflichen Praxis von Air France auf den Strecken außerhalb des EWR angeht, die angeblich mit der Beihilfe finanziert wird, setzt die Prüfung dieses Punktes eine Analyse der Wettbewerbsstellung der Air France auf diesen Strecken voraus. Diese Analyse wird in einem anderen Zusammenhang erfolgen (siehe unten, Randnrn. 259 bis 280).

143.
    Die Rüge, die Kommission habe zu Unrecht die Finanzierung von Betriebskosten und operativen Maßnahmen genehmigt, ist folglich unter dem letztgenannten Vorbehalt zurückzuweisen.

C — Zur Rüge der fehlerhaften Klassifizierung der von der Air France zwischen 1989 und 1993 ausgegebenen Wertpapiere

Vorbringen der Beteiligten

144.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 tragen vor, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfe eine staatliche Beihilfe nicht so hoch sein, daß sie für den Empfänger zu einem Verschuldungsgrad führe, der niedriger als derjenige seiner Konkurrenten sei. Im vorliegenden Fall habe die Kommission aber eine fehlerhafte Klassifizierung der ORA (obligations remboursables en actions — Obligationen, die in Aktien zu tilgen sind), der TSDI (titres subordonnés à durée indétérminée reconditionnés — nachrangige neukonditionierte Schuldverschreibungen mit unbestimmter Laufzeit) und der TSIP—BSA (titres subordonnés à intérêts progressifs assortis de bons de souscription d'actions — nachrangige Schuldverschreibungen mit steigendem Zins und einem Zeichnungsrecht für Aktien) vorgenommen, die von der Air France in den Jahren 1989 bis 1993 ausgegeben worden seien, um den Verschuldungsgrad des Unternehmens im Jahre 1996 zu berechnen. Bei einer richtigen Klassifizierung dieser Papiere hätte sich ergeben, daß der Verschuldungsgrad von Air France viel niedriger sei als derjenige aller andern Fluggesellschaften.

145.
    In der angefochtenen Entscheidung sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, daß die ORA für die Zwecke der Berechnung des Verschuldungsgrads der Air France „Quasi-Eigenkapital“ darstellten; die Kommission habe jedoch zu Unrecht angenommen, daß die ORA von 1993 — wie im übrigen die TSIP-BSA — durch

konventionelle Verbindlichkeiten ersetzt werden würden, da sie aufgrund ihrer Entscheidung 94/662/EG vom 27. Juli 1994 über die Zeichnung von Air-France-Anleihen durch CDC-Participations (ABl. L 258, S. 26) als rechtswidrige staatliche Beihilfen zurückzuerstatten seien. Die Air France sei aber nicht verpflichtet gewesen und habe nicht zugesichert, die ORA von 1993 durch konventionelle Verbindlichkeiten zu ersetzen. Darüber hinaus dürften die liquiden Mittel, über die die Air France verfügen werde, wenn sie die Beihilfe erhalten habe, die Ersetzung der Einnahmen aus den ORA und den TSIP-BSA von 1993 durch zusätzliche liquide Mittel praktisch überflüssig machen.

146.
    Nach Ansicht der Klägerinnen veranschaulicht die Entwicklung der Lage nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung ihre These. Nach einem Artikel in der Presse habe die Kommission am 5. April verlangt, daß Frankreich (und nicht die Air France) einen Betrag von 1,5 Milliarden FF bis zum Abschluß des Verfahrens vor dem Gericht und dem Gerichtshof über die Nichtigerklärung der Entscheidung 94/662 auf einem Sperrkonto hinterlege. Der Air France komme folglich der Wert der 1993 ausgegebenen ORA und TSIP-BSA weiterhin zugute, zumindest bis zum Erlaß des Urteils des Gerichtshofes oder des Gerichts, d. h. während des größten Teils des Umstrukturierungszeitraums.

147.
    Die Klägerinnen machen geltend, in Wirklichkeit hätten die ORA und die TSIP-BSA sowie ein Teil des Wertes der aus den TSDI herrührenden Anleihe zur Berechnung des Verschuldungsgrads der Air France in der Spalte „Eigenkapital“ ausgewiesen werden müssen, denn sie stellten Kapital dar, das der Air France bis zu ihrer Liquidation ständig zur Verfügung stehe.

148.
    Was insbesondere die TSDI angehe, würden den Zeichnern ihre Einlagen aus einem Bankfonds zurückgezahlt, in dem die Air France einen Teil (25 %) des ursprünglichen Wertes der TSDI plaziert habe, während ein erheblicher Teil des Wertes dieser Papiere (75 %) von der Air France auf Dauer gehalten werde. Anders als beim Erlöschen einer Verbindlichkeit, die sich aus ihrer Begleichung durch den Anleiheschuldner ergebe, bestünden die TSDI auch nach der Rückzahlung des Kapitals rechtlich weiter. Im übrigen habe die Kommission in ihrer Mitteilung vom 3. Juni 1994 (ABl. S. 8) selbst erklärt, die „automatische“ Rückzahlung der TSDI erfolge durch einen Bankfonds, die Verpflichtung zur Rückzahlung werde für Air France nur im Fall einer Liquidation des Unternehmens wirksam und die TSDI seien bei der 1992 von der Kommission durchgeführten Analyse der Finanzlage der Air France mit Zustimmung der französischen Regierung dem Eigenkapital zugerechnet worden. Die TSDI stellten Mittel dar, die der Air France ständig zur Verfügung stünden und die ihr daher einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenzunternehmen verschafften. Rechne man zum Eigenkapital nur den Teil des Wertes der TSDI hinzu, den die Air France auf Dauer behalte, so habe dies eine erhebliche Auswirkung auf ihren Verschuldungsgrad für das Jahr 1996, denn dieser beliefe sich dann auf 0,76:1 und nicht auf 1,12:1.

149.
    Außerdem habe die Kommission bei der Klassifizierung der betroffenen Finanzinstrumente die finanziellen Konzepte, um die es gehe, nicht richtig verstanden. Sowohl bei den TSDI als auch bei den TSIP-BSA hänge die Zahlung von Zinsen vom Ergebnis der Air France ab und könne ausgesetzt werden. Auch sei das Kriterium der Konvertibilität insoweit nicht sachgerecht, als die Kommission angebe, daß die TSIP-BSA zu gegebener Zeit zu Eigenkapital würden, „sofern die Marktbedingungen es dem Inhaber ermöglichen, sein Zeichnungsrecht auszuüben“. Damit habe die Kommission verkannt, daß das Zeichnungsrecht ein gesondertes, zusätzliches, abtrennbares und selbständiges Recht sei, deren Inhaber der gleiche sein könne wie der Inhaber des TSIP oder auch nicht. Das TSIP sei nicht konvertibel, weil es sich um ein auf Dauer nachrangiges Wertpapier handele. Der Begriff der „Konvertibilität“ sei in gleicher Weise auch auf die TSDI nicht anwendbar, denn es handele sich dabei um auf Dauer nachrangige Wertpapiere, die im Falle der Liquidation der Air France zurückgezahlt werden könnten. Schließlich sei es nicht sachgerecht, daß die Kommission die Rechte berücksichtige, die die ORA, TSDI und TSIP-BSA ihren Inhabern einräumten.

150.
    Die Kommission trägt zunächst vor, sie habe in der angefochtenen Entscheidung unterstrichen, daß die finanzielle Natur der betreffenden Wertpapiere bisweilen nicht eindeutig sei (ABl. S. 84). Sodann trägt sie vor, gemäß ihrer Entscheidung 94/662 müsse der für die Zeichnung der im April 1993 emitierten ORA und TSIP-BSA gezahlte Betrag von der Air France zurückerstattet werden, so daß der Wert dieser Papiere als Verbindlichkeit angesehen werden müsse. Was die ORA von 1991 angehe, so seien sie als Eigenkapital anzusehen, da sie, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen sei, unausweichlich in Aktien umgewandelt würden, während die 1989 und 1992 emitierten TSDI als eine Verbindlichkeit (Fremdkapital) anzusehen seien, da sie nach 15 Jahren zurückzuzahlen seien und keine Umwandlung in Aktien erfolgen könne (ABl. S. 85).

151.
    Soweit die Klägerinnen sich auf die Entscheidung der Kommission vom 5. April 1995 berufen (siehe oben, Randnr. 146), macht diese geltend, diese Entscheidung, die nach der angefochtenen Entscheidung erlassen worden sei, habe keine Auswirkungen auf die Klassifizierung der in Frage stehenden Papiere. Solange eine rechtliche Verpflichtung zur Rückzahlung der Beträge der ORA und der TSIP-BSA bestehe, sei sie außerdem zu der Annahme berechtigt, daß diese Beträge durch konventionelle Verbindlichkeiten ersetzt würden.

152.
    Was die TSDI angeht, unterstreicht die Kommission, daß sie neu konditioniert seien. Der Umstand, daß die Air France einen Teil des Erlöses aus den TSDI behalte, habe keine Auswirkungen auf deren Qualifizierung. Diese Schlußfolgerung werde durch die Stellungnahme des Conseil supérieur de l'Ordre français des experts-comptables (Hoher Rat des französischen Buchprüferverbandes) bestätigt. Was zähle, sei die Verpflichtung zur Rückzahlung der Hauptschuld. Der Nettofinanzstrom zwischen der Air France und dem Trust, bei dem ein Teil der Mittel deponiert sei, werde nach Ablauf eines Zeitraums von 15 Jahren bei Null angelangt sein. Das Darlehen, das die TSDI darstellten, werde tatsächlich durch das

Erlöschen des Trusts und das nachfolgende Erlöschen der Verbindlichkeit der Air France zurückgezahlt. Der gesamte durch die Emission der neukonditionierten TSDI aufgebrachte Betrag werde also von der Air France bei Ablauf des Zeitraums von 15 Jahren zurückgezahlt. Der Betrag des Erlöses aus den TSDI sei nicht beim Trust hinterlegt und bleibe nicht auf Dauer in den Händen des Emittenten. Dieser Betrag entspreche der Verpflichtung des Emittenten, 15 Jahre lang jährlich Zinsen auf den Gesamtbetrag der TSDI zu zahlen. Das Beharren der Klägerin auf der Behauptung, daß der Emittent einen Teil des Erlöses aus den neukonditionierten TSDI auf Dauer behalte, beruhe auf einer subjektiven analytischen Betrachtungsweise, nach der jedes Darlehen als eine Zuführung von Eigenmitteln angesehen werden könne.

153.
    Auch wenn die Zahlung von Zinsen sowohl bei den TSDI als auch bei den TSIP-BSA ausgesetzt werden könne, bleibe die Air France dennoch verpflichtet, die aufgelaufenen Zinsen aus diesen Beträgen zu zahlen. Mit anderen Worten: Die Zinszahlung werde nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Was die Ausführungen der Klägerinnen zu den Rechten angehe, die die in Frage stehenden Finanzinstrumente ihren Besitzern einräumten, habe die angefochtene Entscheidung der Natur der Rechte, die diese Instrumente ihren Inhabern einräumten oder nicht einräumten, keine besondere Bedeutung beigemessen. Der wesentliche Gesichtspunkt sei die obligatorische Umwandlung der Papiere in Aktien gewesen.

154.
    Die Air France trägt zu den neukonditionierten TSDI vor, die Berufsgruppe der Buchhalter habe sich erst ab Ende 1991 mit der Definition der Natur dieser Papiere befaßt. Die Commission française des opérations de bourse (französischer Ausschuß für Börsengeschäfte) habe sich in einer Mitteilung vom 6. März 1992 dagegen ausgesprochen, die neukonditionierten TSDI dem Eigenkapital zuzurechnen. Seit Ende 1993 hätten die Buchhalter Kenntnis vom Entwurf einer Stellungnahme des Ordre français des experts-comptables gehabt, in der die TSDI als Verbindlichkeit qualifiziert worden seien. Die Stellungnahme des Conseil supérieur de l'Ordre des experts-comptables sei am 7. Juli 1994 endgültig in diesem Sinn beschlossen worden.

Würdigung durch das Gericht

155.
    Zunächst ist festzustellen, daß die Kommission bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe in der angefochtenen Entscheidung unterstreicht,daß der Verschuldungsgrad von Air France sehr weitgehend davon abhänge, wie mehrere von dem Unternehmen emittierte Papiere einzustufen seien, wobei die Verschuldungsgrade erheblich je nachdem variierten, ob diese Papiere als Eigenkapital oder als Verbindlichkeiten eingestuft werden (ABl. S. 83). Sie beschreibt anschließend die Höhe und die Merkmale der von der Air France in den letzten fünf Jahren vor der angefochtenen Entscheidung emittierten Finanzinstrumente, nämlich der im Dezember 1991 und im April 1993 emittierten

ORA, der im Juni 1989 und im Mai 1992 emittierten TSDI sowie der im April 1993 emittierten TSIP-BSA (Abl. S. 83 und 84). Schließlich legt sie die Kriterien dar, nach denen sich Eigenmittel von Anleihen unterscheiden, und zwar insbesondere nach den geltenden Vorschriften des französischen Rechts, der Vierten Gemeinschaftsrichtlinie über den Jahresabschluß von Gesellschaften sowie der Auffassung des Comité professionnel de doctrine comptable (Fachausschuß für Buchführungslehre) (ABl. S. 84 und 85).

156.
    Die Beteiligten stimmen darin überein, daß die ORA als „Eigenkapital“ oder „Eigenmittel“ zu qualifizieren sind, da diese Papiere niemals abgelöst werden sollen, sondern in Aktien umgewandelt werden müssen. Im übrigen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich eine dahin gehende Qualifizierung vorgenommen (ABl. S. 85).

157.
    Was insbesondere die von der Air France im April 1993 emittierten und von dem Unternehmen CDC-Participations gezeichneten ORA angeht, ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission mit ihrer Entscheidung 94/662 die Rückerstattung des gezahlten Betrages mit der Begründung angeordnet hat, daß die Zeichnung der Papiere eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstelle. Zwar hat die Französische Republik diese Entscheidung beim Gerichtshof angefochten (Rechtssache C-282/94) und Air France hat Klage beim Gericht erhoben (Rechtssache C-358/94), diese Klagen haben aber keine aufschiebende Wirkung gehabt, so daß die den emittierten ORA entsprechenden Mittel von der Air France zurückzuerstatten waren. Im übrigen ist die Entscheidung der Kommission bestandskräftig geworden, da das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-358/94 (Air France/Kommission, Slg. 1996, II-2109), durch die die Klage gegen diese Entscheidung abgewiesen worden ist, rechtskräftig geworden und die Rechtssache C-282/94 durch Beschluß vom 17. April 1997 im Register des Gerichtshofes gestrichen worden ist.

158.
    Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß der Air France bis zur Verkündung dieses Urteils der Wert tatsächlich zugute gekommen ist, den diese ORA darstellen. Die Verfügbarkeit eines Kapitals während eines bestimmten Zeitraums stellt nämlich kein Kriterium dar, nach dem sich Eigenkapital von Verbindlichkeiten unterscheidet. Kapital, über das ein Unternehmen verfügen kann, ist in der Bilanz eines Unternehmens stets allein der Spalte „Passiva“ zuzuordnen, und zwar entweder als „Verbindlichkeiten“, wenn es zurückzuzahlen ist, oder als „Eigenkapital“, wenn es dem Unternehmen auf Dauer zur Verfügung steht. Da die streitigen ORA aber vom 27. Juli 1994 an zurückzuzahlen waren, hat die Kommission sie zu recht als Verbindlichkeiten qualifiziert.

159.
    Das gleiche gilt für die im April 1993 emittierten TSIP-BSA, die ebenfalls Gegenstand der Entscheidung 94/662 waren. Das Gericht braucht sich folglich nicht zu ihrer grundsätzlichen Klassifizierung zu äußern.

160.
    Was die neukonditionierten TSDI angeht, haben die Beteiligten mehrere Finanz- und Buchhaltungssachverständigengutachten über die Klassifizierung diese Papiere vorgelegt. Die Klägerinnen nehmen Bezug auf das Gutachten von Professor Pene (Anlage 40 zur Klageschrift und Anlage 16 zu den Erklärungen zu den Streithilfen), während die Kommission und die Air France sich auf das Büro Ernst & Young (Anlage 2 zur Klagebeantwortung mit einem speziellen Vermerk zu den neukonditionierten TSDI in Anlage A und Anlage zur Gegenerwiderung) bzw. auf Professor Vermaelen (Anlage 7 zum Streithilfeschriftsatz der Air France) stützen. Darüber hinaus verweist die Kommission auf das am 7. Juli 1994 gebilligte Gutachten des Conseil supérieur de l'Ordre des experts-comptables (S. 18/19 der Anlage B zum Gutachten von Ernst & Young, das der Klagebeantwortung als Anlage 2 beigefügt ist).

161.
    Aus diesen einander widersprechenden Sachverständigengutachten geht hervor, daß die Klassifizierung der neukonditionieren TSDI komplexe wirtschaftliche und finanzielle Bewertungen impliziert. Die Kommission verfügt daher auf diesem Gebiet über ein weites Ermessen, und das Gericht kann ihre Entscheidung in diesem Punkt nur beanstanden, wenn es einen offensichtlichen Beurteilungsfehler festgestellt hat. Allem Anschein nach hat die Kommission aber den Mechanismus der Rückzahlung der TSDI — neben dem Umstand, daß sie nicht in Aktien umgewandelt werden können — nicht zu Unrecht als entscheidenden Gesichtspunkt für ihre Qualifizierung als Verbindlichkeiten angesehen.

162.
    Diese Schlußfolgerung wird nicht dadurch entkräftet, daß die Zahlung von Zinsen für diese TSDI bei schlechten finanziellen Ergebnissen der Air France ausgesetzt werden kann. Daß ein Finanzierungsvorgang den Charakter einer Anleihe hat, wird nämlich nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Bedingungen der Verzinsung unter einem speziellen Gesichtspunkt für den Zeichner der Anleihe unvorteilhaft sind.

163.
    Schließlich widerspricht dieser Schlußfolgerung auch nicht, daß die Kommission ursprünglich dazu neigte, die TSDI als „Eigenkapital“ zu qualifizieren (Mitteilung vom 3. Juni 1994, ABl. S. 8). Wie die Air France vor dem Gericht dargelegt hat, spiegelt diese Änderung der Betrachtungsweise nämlich die Entwicklung wider, die die Qualifizierung der TSDI von 1991 bis 1994 innerhalb des Berufsstands der Buchhalter selbst durchlaufen hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Conseil supérieur de l'Ordre français des experts-comptables in seinem Gutachten vom 7. Juli 1994 — also unmittelbar vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung die neukonditionierten TSDI definitiv als Verbindlichkeiten angesehen hat. Der Kommission kann nicht vorgeworfen werden, daß sie sich bei der Qualifizierung dieser französischen Papiere der abschließenden Stellungnahme der französischen Organisation, die den auf diesem Gebiet sachkundigen Berufsstand vertritt, angeschlossen hat.

164.
    Da die Kommission bei der Klassifizierung der von der Air France emittierten Wertpapiere keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, ist die Rüge zurückzuweisen.

D —Zu der Rüge, die Kommission habe den Verschuldungsgrad von Air France verkannt

Vorbringen der Beteiligten

165.
    Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 sind der Ansicht, der für 1996 geplante gefaßte Verschuldungsgrad von Air France zeige, daß die Verschuldung des Unternehmens auf ein Niveau reduziert werde, das weit unter demjenigen seiner Konkurrenzunternehmen liege. Die Kommission habe nämlich berechnet, daß dieser Wert 1,12:1 betragen werde, und erklärt, daß er über dem Durchschnitt im zivilen Luftfahrtgewerbe liege, wo 1,5:1 als akzeptabler Wert angesehen werde; damit habe sie die von der Firma KPMG — einer internationalen Unternehmensberatungsgesellschaft — und der IATA erstellte Studie, auf die in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werde (Abl. S. 85), falsch interpretiert. Diese Studie zeige in Wirklichkeit, daß der geplante Verschuldungsgrad für die Air France unter dem als optimal angesehenen Wert liege und erheblich niedriger sei als der in der Studie für das Jahr 1992 genannte tatsächliche Durchschnitt (2,3:1 oder 2,1:1 je nach Berechnungsweise). Die Unverhältnismäßigkeit der Beihilfe erscheine noch ausgeprägter, wenn man den Verschuldungsgrad der Air France (1,12:1) mit den durchschnittlichen Verschuldungsgraden (2,57:1 im Jahr 1992 und 3,17:1 im Jahr 1993) vergleiche, die in der Veröffentlichung der IATA „Airline Economic Results and Prospects“ (Anlage 12 zur Erwiderung) angegeben seien.

166.
    Die der Air France gewährte unverhältnismäßige Beihilfe werde nicht allein dadurch zu einer verhältnismäßigen Beihilfe, daß man einen Vergleich in bezug auf andere Finanzkennziffern, wie z. B. das Zinsdeckungsverhältnis, vornehme. Die Feststellung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung, daß dieses Verhältnis bei der Air France im Jahre 1996 2,44:1 betragen und damit dem von den Konkurrenzunternehmen der Air France 1993 erreichten Durchschnittswert von 2,42:1 sehr nahe kommen werde (ABl. S. 85), sei daher unerheblich. Im übrigen sei dieser Wert unvollständig und gebe lediglich die Fähigkeit eines Unternehmens wieder, die Gewinne, die es erziele, zur Rückzahlung seiner finanziellen Belastungen einzusetzen. Darüber hinaus sei nicht klar, nach welchem Kriterium die Kommission die Fluggesellschaften ausgewählt habe, mit denen sie den Wert der Air France im Jahr 1996 vergleiche.

167.
    Außerdem werde im Sachverständigengutachten der Firma Ernst & Young (Anlage 2 zur Klagebeantwortung), auf das die Kommission sich stütze, erklärt, daß die Air France den theoretisch optimalen Verschuldungsgrad von 1,5:1 mit einer Beihilfe in Höhe von maximal 15,25 Milliarden FF hätte erreichen können. Es sei daher überraschend, daß in demselben Gutachten versucht werde, zu rechtfertigen, daß die Air France 20 Milliarden Franken erhalte, indem behauptet werde, daß es

keinen besonderen Grund dafür gebe, daß die Air France einen „durchschnittlichen“ Verschuldungsgrad haben müsse.

168.
    Im übrigen sei jeder Vergleich zwischen Verschuldungsgraden von bestreitbarem Wert. In diesem Zusammenhang gehe aus der von der Firma KPMG und der IATA erstellten Studie hervor, daß es bei der Berechnung der Verschuldungsgrade erhebliche Unterschiede gebe und daß es daher schwierig sei, gültige Vergleiche zwischen Fluggesellschaften anzustellen. Schließlich sei nicht belegt, ob die von der Kommission durchgeführte Berechnung des Verschuldungsgrads der Air France auf Brutto- oder Nettozahlen beruhe; es werde auch keine Erklärung dazu gegeben, wie diese Zahlen aufzuschlüsseln seien.

169.
    Darüber hinaus habe die Kommission ihre Untersuchung zu Unrecht auf einen sehr kurzen Zeitraum, nämlich das Jahr 1996, beschränkt, während dessen die Beihilfe noch gezahlt werde, ohne ihre Auswirkungen auf die spätere Finanzlage der Air France zu berücksichtigen, die dank der Beihilfe finanziell erheblich stärker als ihre Wettbewerber geworden sei. Die Kommission hätte eine dynamische Analyse der Auswirkungen der Beihilfe über den Umstrukturierungszeitraum hinaus auf die Stellung der Air France im Wettbewerb im Verhältnis zu ihren Konkurrenten vornehmen müssen, um bestimmen zu können, ob die Beihilfe nicht unverhältnismäßig gewesen sei. Die Beihilfe trage dazu bei, der Air France im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern eine viel bessere Finanzlage zu verschaffen, als es die Werte nahe legten, auf die die Kommission sich in der angefochtenen Entscheidung gestützt habe.

170.
    Die Kommission verweist auf das Gutachten der Firma Ernst & Young und macht geltend, die streitige Kapitalzuführung sei so berechnet worden, daß sie den Mindestbetrag darstelle, der zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts der Air France erforderlich sei. Was den zur Berechnung des Verschuldungsgrads verwendeten Betrag der Verbindlichkeiten angehe, habe sie gemäß einem feststehenden Trend in der Finanzanalyse eine Nettozahl berücksichtigt. Der Verschuldungsgrad sei folglich nicht durch die Verwendung des Betrages der Bruttoverbindlichkeiten aufgebläht worden.

171.
    Der Verschuldungsgrad von 1,12:1 sei nicht der einzige Gesichtspunkt gewesen, der in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden sei, um die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe gemessen am Umstrukturierungsbedarf von Air France zu beurteilen, und das Zinsdeckungsverhältnis habe ebenfalls Bedeutung gehabt. Nichts verlange, daß der Verschuldungsgrad von Air France im Jahr 1996 dem Durchschnittswert des Zivilluftfahrtsektors habe entsprechen müssen. Es reiche aus, daß er sich dem Satz von 1,5:1 in annehmbarer Weise annähere.

172.
    Die Kommission trägt vor, sie habe das Zinsdeckungsverhältnis nicht dazu herangezogen, um eine Beihilfe, deren Unverhältnismäßigkeit sich aus dem Verschuldungsgrad von Air France ergebe, verhältnismäßig zu machen. Die

Erheblichkeit des Zinsdeckungsverhältnisses stehe außer Zweifel. Mit diesem Wert werde die Fähigkeit des Unternehmens gemessen, seine Finanzierungskosten zu bestreiten, wobei das Ziel der streitigen Beihilfe gerade darin bestehe, die Air France in bezug auf die finanzielle Belastung zu sanieren. Die Erwähnung des Zinsdeckungsverhältnisses der Wettbewerber der Air France im Jahre 1993 in der angefochtenen Entscheidung veranschauliche lediglich den Wert, den gesunde Fluggesellschaften erzielt hätten.

173.
    Schließlich trägt die Kommission vor, sie habe auch andere finanzielle Verhältniszahlen berücksichtigt. Was den Rentabilitätsgrad des Eigenkapitals angehe, sei im Gutachten der Firma Ernst & Young lediglich angegeben worden, daß diese Verhältniszahl einen zusätzlichen Indikator dafür abgebe, in welcher Höhe eine Beihilfe erforderlich sei, damit die Air France ihre wirtschaftliche Lebensfähigkeit wiedergewinnen könne. Daß die genehmigte Beihilfe der Höhe nach das erforderliche Minimum dargestellt habe, sei auf der Grundlage der verschiedenen Prognosen für die Finanzkennziffern belegt worden.

174.
    Die Air France nimmt Bezug auf die (in Randnr. 55 genannten) Entscheidungen Sabena und Aer Lingus sowie auf die Entscheidung 94/696/EG der Kommission vom 7. Oktober 1994 über die dem Unternehmen Olympic Airways vom griechischen Staat gewährten Beihilfen (ABl. L 273, S. 22, im folgenden: Olympic-Airways-Entscheidung), mit denen die Kommission staatliche Beihilfen im Sektor der Zivilluftfahrt genehmigt habe. Die Verschuldungsgrade dieser Unternehmen würden bei Auslaufen ihres Umstrukturierungsplans dem Wert der Air France ähneln, ja sogar besser sein. Sie gäben also einen Eigenkapitalanteil wieder, der ebenso hoch oder sogar höher als derjenige der Air France sei. So habe die Kommission Werte von 1,25:1 (Sabena), von 0,75:1 und 0,41:1 (Aer Lingus) und von 0,78:1 (Olympic Airways) akzeptiert.

Würdigung durch das Gericht

175.
    Die Problematik der Finanzkennziffern der Air France, insbesondere die Problematik des Verschuldungsgrads, wirft äußerst technische Fragen der Finanzbuchhaltung auf. Diese Feststellung wird dadurch bekräftigt, daß die Beteiligten zur Stützung ihrer Thesen auf sieben Sachverständigengutachten verweisen, nämlich die Gutachten des Büros Ernst & Young (Anlage 2 zur Klagebeantwortung und Anlage zur Gegenerwiderung), von Professor Pene (Anlage 40 zur Klageschrift sowie Anlagen 9 und 10 zur Erwiderung), von Professor Vermaelen (Anlage 7 zum Streithilfeschriftsatz der Air France) und von Doktor Weinstein (Anlage 1 zum Streithilfeschriftsatz des Vereinigten Königreichs).

176.
    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Unternehmensberatungsfirma Lazard Frères den zur Neufinanzierung der Air France im Rahmen der Umstrukturierung erforderlichen Betrag unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Einnahmen und Kosten des Unternehmens und im Hinblick auf dessen zukünftige Rentabilität festgesetzt (ABl. S. 75) und die

Kommission diesen Betrag in Ausübung ihres Ermessens akzeptiert hat. Außerdem waren die letztgenannten Daten — zumindest im Stadium des Entwurfs des Umstrukturierungsplans sowie seiner Durchführung höchst sensibel und vertraulich, insbesondere im Verhältnis zu den Fluggesellschaften, die im Wettbewerb mit der Air France stehen. Es steht folglich weder den Klägerinnen noch im übrigen auch dem Gericht zu, die für Air France bestehende Notwendigkeit, den Betrag von 20 Milliarden FF zu erhalten, um die festgelegten Umstrukturierungs- und Entschuldungsziele erreichen zu können, vom Grundsatz her in Frage zu stellen.

177.
    Da die Berechnung der 20 Milliarden FF als Ausgangspunkt für die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Beihilfe anzunehmen ist, reduziert sich die Frage, welche Auswirkungen diese Kapitalzufuhr auf die finanziellen Verhältniszahlen von Air France hat, grundsätzlich auf einen einfachen mathematischen Vorgang.

178.
    Dabei ist darauf hinzuweisen, daß die Unternehmensberatungsfirma Lazard Frères die Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf die Finanzkennziffern von Air France analysiert und die Notwendigkeit unterstrichen hat, die Kapitalstruktur (ratios de structure financière), das Zinsdeckungsverhältnis (ratio de couverture des frais financiers) und die Rentabilität des Eigenkapitals (ratio de rentabilité des fonds propres) zu berücksichtigen (ABl. S. 84). Nach der Untersuchung dieser Daten ist die Kommission zu einem Verschuldungsgrad von 1,12:1 gelangt, wobei sie festgestellt hat, daß dieser „Wert ... über dem Durchschnitt im zivilen Luftfahrtgewerbe [liegt], wo 1,5 als akzeptabler Wert gilt“ (ABl. S. 85).

179.
    Dieser Vergleich zwischen den beiden Werten des Verschuldungsgrads stützt sich auf eine von der Firma KPMG in Zusammenarbeit mit der IATA erstellten Studie. Diese im August 1992 verfaßte Studie (Anlage 45 zur Klageschrift in der Rechtssache T-371/94) enthält folgende Passage (S. 26/27):

„Verhältnisse Verbindlichkeiten/Eigenkapital

...

Bei der Leitung einiger Fluggesellschaften wurde angefragt, welches ihrer Ansicht nach der optimale Verschuldungsgrad einer Fluggesellschaft ist. Die Antworten liegen zwischen 0,5:1 und 4:1; aus ihnen geht jedoch nicht hervor, ob die langfristigen Pachtverträge in diese Antworten einbezogen sind. In den eingegangenen Antworten wird im Durchschnitt ein optimales Ergebnis von 1,5:1 angegeben.

Sie wurden anschließend aufgefordert, die Verschuldungsgrade ihres eigenen Unternehmens anzugeben, und zwar zunächst einschließlich und dann ausschließlich der langfristigen Pachtverträge. Der durchschnittliche Verschuldungsgrad der

Unternehmen, die geantwortet haben, beträgt 2,3:1 einschließlich der langfristigen Pachtverträge und 2,1:1 ohne diese Verträge.

...

Es gibt signifikante Abweichungen dabei, wie die Verschuldungsgrade berechnet werden. Sachdienliche Vergleiche zwischen den verschiedenen Fluggesellschaften sind daher schwierig ...“

180.
    Wie aus dieser Textpassage hervorgeht, ist die Repräsentativität der durch die Untersuchung innerhalb der Zivilluftfahrt ermittelten Zahlen recht gering. In Anbetracht der „signifikanten Abweichungen“, die dabei festgestellt worden sind, können die Unterschiede zwischen den Zahlen 1,12:1, 1,5:1, 2,1:1 und 2,3:1 für sich allein daher nicht als signifikant für den Nachweis angesehen werden, daß die Kommission die Finanzlage der Air France im Verhältnis zur durchschnittlichen Lage in der Zivilluftfahrt verkannt hat.

181.
    Nach dieser Feststellung erscheint die für Ende 1996 vorgesehene Zahl von 1,12:1 in Anbetracht der oben genannten, von 0,5:1 bis 4:1 gehenden Zahlen und der von der Kommission in ihren (in den Randnrn. 55 und 174 genannten) Entscheidungen Sabena, Olympic Airways und Aer Lingus gebilligten Werten von 1,25:1, 0,78:1, 0,75:1 und 0,41:1 nicht als unverhältnismäßig. Das gleiche gilt für das Zinsdeckungsverhältnis der Air France, das nach Angabe der Kommission 1996 2,44:1 betragen und damit dem von den Wettbewerbern der Air France 1993 erreichten Durchschnittswert von 2,42:1 sehr nahe kommen wird (ABl. S. 85).

182.
    Aus den oben in Randnummer 176 dargelegten Gründen kann die Rüge, daß im Gutachten der Firma Ernst & Young selbst angenommen worden sei, daß 15,25 Milliarden FF dafür ausreichten, daß die Air France einen optimalen Verschuldungsgrad von 1,5:1 erreiche, nicht durchgreifen. Äußerst hilfsweise ist hinzuzufügen, daß in der von den Klägerinnen zitierten Passage dieses Gutachtens (S. 21, Fußnote 21) — wie die Kommission vorgetragen hat — lediglich eine Korrektur der von den Klägerinnen vorgenommenen Berechnungen des Betrages vorgenommen wird, der erforderlich ist, um den Wert von 1,5:1 zu erreichen; dieser Betrag beläuft sich nach der Angabe von Ernst & Young auf 15,25 und nicht auf 13,9 Milliarden FF. Im übrigen heißt es im Gutachten von Ernst & Young weiter, daß es jedenfalls keinen besonderen Grund dafür gebe, daß der Verschuldungsgrad der Air France 1,5:1 betragen müsse.

183.
     Zu Recht trägt die Kommission vor, daß der Bericht der IATA mit der Überschrift „Airline Economic Results and Prospects“, auf den die Klägerinnen sich beziehen, die durchschnittlichen Verschuldungsgrade von mehr als 30 Fluggesellschaften in der ganzen Welt wiedergibt, und zwar einschließlich der Iran Air, der Royal Air Maroc und der Tunis Air, die nach gewerblicher und finanzieller Struktur kaum Ähnlichkeit mit der Air France haben und mit dieser nicht in einem wirklichen Wettbewerb stehen. Die Kommission war daher nicht verpflichtet, den

Verschuldungsgrad der Air France mit den Verschuldungsgraden der Fluggesellschaften zu vergleichen, die Gegenstand dieses Berichts sind.

184.
    Soweit die Klägerinnen sich in ihrer Klageschrift gefragt haben, ob die Berechnung des Verschuldungsgrads der Air France von Brutto- oder von Nettozahlen ausging, genügt die Feststellung, daß die Kommission in ihrer Klagebeantwortung — ohne daß die Klägerinnen dem widersprochen hätten — vorgetragen hat, daß sie eine Nettozahl berücksichtigt habe, so daß der Verschuldungsgrad nicht durch die Verwendung eines Bruttobetrags der Verbindlichkeiten aufgebläht worden sei. Schließlich verpflichtete nichts die Kommission, den Verschuldungsgrad der Air France über den Umstrukturierungszeitraum hinaus zu berechnen, da dieser den einzigen Bezugszeitraum für die Geltung der mit der Genehmigung der Beihilfe verknüpften Bedingungen zu Lasten der Französischen Republik und der Air France darstellt.

185.
    Da die Kommission, was die Berechnung und die Berücksichtigung der in der angefochtenen Entscheidung genannten Finanzkennziffern angeht, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, ist die Rüge zurückzuweisen.

E — Zu der Rüge, die Kommission habe es zu Unrecht unterlassen, den Verkauf von Vermögensteilen der Air France zu verlangen, die hätten veräußert werden können

Vorbringen der Beteiligten

186.
    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission sei offensichtlich zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Höhe der streitigen Beihilfe nicht dadurch hätte verringert werden können, daß andere Vermögensbestandteile der Air France außer den im Umstrukturierungsplan vorgesehenen verkauft worden wären. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange nämlich, daß ein Unternehmen, das eine Umstrukturierung beabsichtige, seine gesamten Eigenmittel einsetze, bevor es die staatliche Beihilfe in Anspruch nehme. Die Kommission hätte folglich von der Air France verlangen müssen, daß sie sich dadurch liquide Mittel verschaffe, daß sie alle ihre nicht zum Luftverkehrssektor gehörenden Vermögensbestandteile unabhängig davon veräußere, wie hoch die dadurch erzielten Erlöse seien. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte die Beihilfe sehr viel geringer sein können.

187.
    Dazu tragen die Klägerinnen vor, der Air-France-Konzern umfasse 103 Gesellschaften, die in Sektoren tätig seien, die mit Reisen zusammenhingen, aber nicht zum Luftverkehr gehören, wie z. B. im Tourismus, im Gaststätten- und Hotelgewerbe, in der Flugzeugwartung, in der kommerziellen Informatik und im Transitfrachtverkehr; unter diesen Gesellschaften finde man Unternehmen von der Bedeutung des Servair-Konzerns und der Firma Jet Tours, die 1993 einen Umsatz in Höhe von 2,6 bzw. 2,4 Milliarden FF erzielt hätten. Die Tätigkeit dieser Unternehmen erstrecke sich auf Vorgänge, die so weit vom Luftverkehr entfernt

seien wie die Herstellung von Käse. Mehr als 20 % der Einnahmen der Air France rührten aus Tätigkeiten her, die keinerlei Bezug zum Luftverkehr hätten. Darüber hinaus halte die Air France Beteiligungen an 20 Fluggesellschaften.

188.
    Durch die Veräußerung einiger der Beteiligungen der Air France an anderen Gesellschaften, insbesondere an der Air Inter und der Sabena, könnten Erlöse erzielt werden, die hoch genug seien, um einen großen Teil der Beihilfe überflüssig zu machen. Ohne die streitige Beihilfe müßte die Air France wie irgendeine Muttergesellschaft, die Verluste erleide, sich an ihre Tochtergesellschaften einschließlich der Air Inter wenden, damit diese zur Begrenzung ihrer Verluste beitrügen. Zur Information haben die Klägerinnen den Wert der Beteiligungen der Air France an 8 Fluggesellschaften (Air Charter, Air Inter, Sabena, MEA, Austrian Airlines, Tunis Air, Air Mauritius, Royal Air Maroc) und einer anderen Gesellschaft (Servair) berechnet. Insgesamt sei der Wert dieser Beteiligungen auf 3,1 bis 6 Milliarden FF zu veranschlagen.

189.
    Was die Air Inter angeht, haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sei deren angeblicher Nutzen für die Air France in Wirklichkeit nur sehr gering gewesen. Die Rolle der Air Inter beschränke sich darauf, die Passagiere aus der französischen Provinz zu dem Knotenpunkt („hub“) der Air France auf dem Flughafen Charles de Gaulle für internationale Flüge zu bringen. Die Air France hätte aber genau zu dem gleichen Ergebnis gelangen können, wenn sie entweder ihre eigenen Flugzeuge eingesetzt oder mit anderen Gesellschaften einschließlich der Air Inter Kooperationsabkommen geschlossen hätte. Die Air Inter sei daher für das Funktionieren der Air France kein unbedingt erforderlicher Vermögensbestandteil.

190.
    Der Wert der Kapitalbeteiligung der Air France an der Sabena in Höhe von 37,5 % könne auf 6 Milliarden BFR veranschlagt werden. Die Air France habe diese Aktien 1992 gekauft, was nahelege, daß diese Beteiligung kaum als lebenswichtig für die Air France angesehen werden könne, da diese viele Jahre ohne diese Beteiligung habe arbeiten können. Außerdem habe der Präsident der Sabena im September 1994 öffentlich erklärt, daß die Air France ihre Beteiligung werde abgeben müssen. Sie — die Klägerinnen — hätten der Kommission schon im Stadium des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt, daß zahlreiche Indizien ein Beweis dafür sein könnten, daß die Fortsetzung einer Allianz zwischen der Air France und der Sabena keine Daseinsberechtigung mehr gehabt habe. In diesem Zusammenhang verweisen die Klägerinnen auf einen im Juni 1994 in der Presse erschienenen Artikel (Anlage 46 zur Klageschrift), wonach das belgische Unternehmen wünsche, daß die Air France ihre Beteiligung abgebe.

191.
    Im übrigen habe die Air France ein Viertel des Betrages, den sie für ihre Beteiligung am Kapital der Sabena schulde, einige Tage nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung gezahlt. Die Air France verwende die Beihilfe ganz offensichtlich, um diese Ausgabe zu bestreiten, da es ihr an liquiden Mitteln fehle. Die Kommission hätte die Air France daran hindern müssen, diesen Betrag zu

bezahlen, da eine zu Umstrukturierungszwecken genehmigte Beihilfe nicht für denErwerb von Anteilen anderer Unternehmen verwendet werden dürfe. Wäre die Air France daran gehindert worden, diese Zahlung vorzunehmen, so hätte sie wohl die Notwendigkeit verspürt, ihre Beteiligung an der Sabena im Rahmen ihrer Umstrukturierungsbemühungen zu veräußern.

192.
    Sie — die Klägerinnen — verlangten von der Air France nicht, daß diese Vermögensbestandteile verkaufe, die unbestreitbar zu ihren strategischen Aktiva gehörten. Die Air France hätte jedoch insbesondere die Vermögensgegenstände veräußern können, die sie in ihrem Jahresbericht für das Wirtschaftsjahr 1993 selbst als nicht wesentliche Aktiva bezeichne. Unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Presse fügen die Klägerinnen hinzu, die Air France habe im September 1994 allem Anschein nach den Verkauf einiger Vermögensgegenstände ins Auge gefaßt, die die Kommission einen Monat zuvor als solche angesehen habe, die nicht veräußert werden könnten, wie z. B. die Beteiligung am Servair-Konzern oder die Beteiligung an Amadeus, einem elektronischen Reservierungssystem. Dies allein mache die Schlußfolgerungen der Kommission hinfällig, daß die Air France keine anderen Vermögensgegenstände zu verkaufen brauche, weil durch die Veräußerung keiner dieser Vermögensgegenstände genügend Mittel beschafft werden könnten.

193.
    Auf die Behauptung der Kommission, es sei aus Gründen der Vertraulichkeit nicht möglich gewesen, offenzulegen, welches die anderen Vermögensgegenstände gewesen seien, die die Air France habe abstoßen wollen, entgegnen die Klägerinnen, dies sei jedoch die Praxis der Kommission, wenn sie von einem Unternehmen als Vorbedingung für die Genehmigung von Zusammenschlüssen nach der (in Randnr. 55 angeführten) Verordnung Nr. 4064/89 verlange, daß dieses Vermögensgegenstände veräußere. So habe die Kommission den Verkauf von namentlich bezeichneten Vermögensgegenständen in ihrer Entscheidung 91/403/EWG vom 29. Mai 1991 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M043 — Magneti Marelli/CEAc) (ABl. L 222, S. 38) und ihrer Entscheidung 92/553/EWG vom 22. Juli 1992 betreffend ein Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall IV/M.190 — Nestlé/Perrier) (ABl. L 356, S. 1) verlangt. Selbst wenn die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögensgegenstände der Air France vor der Genehmigung der Beihilfe nicht hätten verkauft werden können, hätte die Kommission im übrigen die Übergabe dieser Vermögensgegenstände an einen Bevollmächtigten, z. B. eine Investitionsbank, die deren Verkauf hätte organisieren können, verlangen können. Die Klägerinnen verweisen als Beispiel auf den Fall des Crédit Lyonnais (ABl. 1995, C 121, S. 4), wo eine neue Struktur geschaffen worden sei, das „Consortium de réalisations“ (Verwertungskonsortium), eine 100%ige Tochtergesellschaft des Crédit Lyonnais, die die Aktiva des Crédit Lyonnais habe kaufen müssen, die hätten veräußert oder abgestoßen werden sollen. Ebenso hätte im vorliegenden Fall die Beteiligung der Air France an der Sabena an eine Bank abgegeben werden können, die das Geld bis zum Verkauf an einen Dritten hätte vorschießen können.

194.
    In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen außerdem vorgetragen, solange die angefochtene Entscheidung nicht den Verkauf namentlich bezeichneter Vermögensgegenstände vorschreibe, habe die Air France keinerlei Interesse daran, während des Umstrukturierungszeitraums Aktiva zu veräußern, weil eine solche Veräußerung zur Verringerung der gewährten Beihilfe geführt hätte. Diese Feststellung werde durch die spätere Entwicklung bestätigt, die es der Air France ermöglicht habe, den Verkauf ihrer Beteiligung an der Sabena durch den entgangenen Gewinn „auszugleichen“, der darauf beruhe, daß sie weniger Flugzeuge als vorgesehen verkauft habe. Dies beweise, daß der Verkauf von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktiva von der Kommission von Anfang an hätte veranschlagt werden müssen.

195.
    Das Königreich Dänemark trägt vor, in ihrer (in Randnr. 55 angeführten) Entscheidung Aer Lingus habe die Kommission die Aer Lingus gezwungen, sich von den Aktiva zu trennen, die nichts mit dem Transport zu tun gehabt hätten, um damit zur Umstrukturierung mit einem Betrag beizutragen, der höher gewesen sei als der Betrag der erhaltenen Beihilfe. Darüber hinaus habe die Air France ihre Anteile an der tschechischen Gesellschaft CSA tatsächlich verkauft. Es sei nicht zu verstehen, warum die Air France nicht auch ihre Beteiligungen an der Sabena oder an der Air Inter hätte verkaufen können.

196.
    Das Vereinigte Königreich vertritt die Ansicht, die Kommission hätte die Möglichkeit, daß die Air France ihre Anteile an der Sabena veräußere, ernsthaft in Erwägung ziehen müssen. Eine solche Veräußerung hätte die Fortsetzung der zwischen den beiden Gesellschaften bestehenden geschäftlichen Vereinbarungen nicht notwendigerweise verhindert. Viele Fluggesellschaften hätten nämlich untereinander derartige Vereinbarungen geschlossen, ohne daß man es für erforderlich halte, daß jede Gesellschaft eine erhebliche Minderheitsbeteiligung an der anderen besitze. Die Kommission habe auch nicht erklärt, warum die Air France ihre Anteile an der Air Inter nicht habe veräußern können, und zwar um so mehr, als die Kontrolle der Air France über die Air Inter das Ergebnis einer verhältnismäßig kurz zurückliegenden Erwerbung sei. Schließlich seien einige Gesellschaften, die zum Air-France-Konzern gehörten, sehr rentabel, wie z. B. der Servair-Konzern, und durch ihren Verkauf hätten sich daher erhebliche Erlöse erzielen lassen. Andere Gesellschaften seien tatsächlich defizitär, so daß der Verkauf oder die Einstellung der Tätigkeit bei ihnen zu einer erheblichen Senkung der Defizite des Air-France-Konzerns und damit zu einer Verringerung des erforderlichen Beihilfebetrags hätten führen können.

197.
    Das Königreich Norwegen ist der Ansicht, die Kommission habe es unterlassen, von der Air France zu verlangen, daß diese alle ihre nicht zum Luftverkehr gehörenden Aktiva verkaufe. Ein solcher Verkauf sei ein wichtiger Bestandteil eines Umstrukturierungsplans, nicht nur wegen des Beitrages zur Liquidität des betroffenen Unternehmens, sondern auch zu der Reduzierung seiner Kosten, der Wiederherstellung seiner Identität und der Konzentration seiner Tätigkeit. Im vorliegenden Fall gebe es eine große Zahl von Tätigkeiten der Air France, die im

Verhältnis zum Kerngeschäft einer Fluggesellschaft peripher seien. Die British Airways, die SAS, die KLM und andere internationale Fluggesellschaften hätten Maßnahmen zur Vergabe bestimmter Dienstleistungen, die zu geringeren Kosten von unabhängigen Dritten erbracht werden könnten, an Subunternehmer ergriffen. Diese Gesellschaften hätten zahlreiche nicht zum Luftverkehr gehörende Aktiva veräußert, auch wenn die durch jeden einzelnen Verkauf erzielten Erlöse unbedeutend sein könnten.

198.
    Die Kommission bestreitet, daß sie es unterlassen habe, die für Air France bestehenden Möglichkeiten zur Veräußerung von einigen ihrer Aktiva in Erwägung zu ziehen. Nach der Prüfung der einzelnen Beteiligungen der Air France sei sie zu dem Ergebnis gelangt, daß der im Plan ins Auge gefaßte Verkauf von Aktiva im Rahmen der Unstrukturierung der Air France sachgerecht gewesen sei. Die Beteiligungen der Air France an der Sabena oder an der Air Inter seien nicht bewertet worden, da deren Verkauf nicht zum Umstrukturierungsplan gehört habe und da diese Beteiligungen als zum Kerngeschäft gehörende Aktiva der Air France hätten angesehen werden können.

199.
    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission vorgetragen, da das Kerngeschäft der Air France und der Air Inter der Luftverkehr sei, könne nicht der Hauch eines Zweifels daran bestehen, daß Air Inter ein zum Kerngeschäft gehörender Vermögensbestandteil der Air France sei. Die Wichtigkeit der Air Inter für die Air France rühre daher, daß die Air France im Gegensatz zu anderen Fluggesellschaften kein Inlandsnetz besitze. Aus diesem Grund, habe die Kommission angenommen, daß die Air Inter tatsächlich ein zum Kerngeschäft gehörender Vermögensbestandteil für die Air France sei, die nicht das Risiko eingehen dürfe, daß die Air Inter unter die Kontrolle der Konkurrenz gerate. Die Air France habe hinzugefügt, daß die Wirkungen der kommerziellen Zusammenarbeit mit der Air Inter unabdingbare Voraussetzung für ihr Überleben seien, da die Beherrschung eines Inlandsnetzes für eine große Fluggesellschaft lebenswichtig sei. Die Air France brauche die Air Inter, um die Zuflüsse aus den Umsteigeverbindungen des Inlandsnetzes zu erhalten und damit ihre Langstreckenflüge auszulasten. Im übrigen kontrollierten alle großen europäischen Fluggesellschaften ihr Inlandsnetz und zögen daher eine Mehrheitsbeteiligung an ihrem Inlandsnetz dem Abschluß von geschäftlichen Vereinbarungen mit diesem Netz vor.

200.
    Die Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Air France sei unter gebührender Berücksichtigung aller ihrer Interessen und ihrer Gesamtstrategie geprüft worden. Dabei habe die Kommission die Überzeugung gewonnen, daß die von der Air France beabsichtigten Veräußerungen von Aktiva ausreichend seien. In diesem Zusammenhang sei der Verkauf von Aktiva durch andere Fluggesellschaften unter anderen Umständen und anderen Zeiten unerheblich für die Prüfung der Frage, welche Aktiva von der Air France hätten veräußert werden

müssen. Die Art und das Ausmaß der Interessen der einzelnen Fluggesellschaften machten nämlich jeden Vergleich nutzlos.

201.
    Außerdem sei es nicht möglich gewesen, andere Vermögensgegenstände oder Beteiligungen, die Air France habe abstoßen wollen, namentlich zu bezeichnen, denn eine solche Offenlegung hätte eine Einmischung in die Führung der laufenden Verhandlungen über diese Aktiva dargestellt und hätte sich nachteilig auf diese Verhandlungen auswirken können. Im übrigen verbiete die angefochtene Entscheidung die Veräußerung anderer Aktiva nicht. Die Bedingungen auf dem Markt könnten sich entwickeln und Anreize dafür schaffen, im Umstrukturierungsplan nicht ins Auge gefaßte Aktiva zu veräußern, oder sich auf den Preis derjenigen auswirken, deren Veräußerung darin vorgesehen sei. Bei der Prüfung, ob die Beihilfe, gemessen am Umstrukturierungsbedarf, verhältnismäßig sei, habe die Kommission hervorgehoben (ABl. S. 86), daß die zu zahlenden Beträge je nach Bedarf angepaßt werden könnten, um der Entwicklung der Finanzlage der Air France insbesondere nach dem Verkauf von Vermögensbestandteilen Rechnung zu tragen.

202.
    Der Hinweis der Klägerinnen auf die Befugnis, die die Verordnung über Unternehmenszusammenschlüsse der Kommission einräume, sei unerheblich, da Zusammenschlüsse sich auf die Struktur des betreffenden Marktes als solche auswirkten. Auch die Verweisung auf die Möglichkeit, die Vermögensbestandteile einem Bevollmächtigten zu übertragen, der damit betraut werde, ihren Verkauf zu organisieren, gebe für die Argumentation der Klägerinnen nichts her. Die Kontrolle eines Unternehmens sei nämlich die wesentliche Frage, die sich im Recht der Unternehmenszusammenschlüsse stelle, während dies hier nicht der Fall sei. Was das durch den Plan des Crédit Lyonnais geschaffene „Consortium de réalisations“ angehe, so handele es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft; der Vorgang stelle daher eine interne Reorganisation eines Konzerns dar.

203.
    Auf jeden Fall habe kein Teil der streitigen Beihilfe dazu dienen sollen, daß die Air France die letzte Tranche ihrer Beteiligung an der Sabena bezahlen könne. Die Beihilfe sei mit dem Ziel genehmigt worden, die Finanzkostenbelastung der Air France zu reduzieren. Im übrigen wäre es rechtswidrig gewesen, die Air France dazu zu veranlassen, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Sabena nicht zu erfüllen und damit einen Vertragsbruch zu fördern.

204.
    Die Französische Republik und die Air France tragen vor, die Beteiligung der Air France am Kapital der Sabena sei einer ihrer zum Kerngeschäft gehörenden und strategischen Vermögensteile gewesen. Im Juli 1994 habe alles darauf hingedeutet, daß die Neuaushandlung der Vereinbarung über diese Beteiligung für die Air France zu einem erheblichen Verlust führen und die Sabena in eine schwierige Lage bringen werde. Erst im Oktober 1994 habe die belgische Regierung ihre Entscheidung bekanntgegeben, die Sabena mit neuem Kapital auszustatten. Im Juli 1994 hätten weder die Air France noch die französische Regierung die diesbezüglichen Absichten der belgischen Regierung gekannt. Da die Air France

sich der Kapitalerhöhung, die von der belgischen Regierung befürwortet worden sei, nicht habe anschließen können, habe diese ihr daraufhin vorgeschlagen, die Beteiligung zurückzukaufen, während eine neue Partnerschaft zwischen der Sabena und der Swissair ins Auge gefaßt worden sei.

205.
    Die Air France trägt vor, einige ihrer nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktiva seien bereits zu Beginn der Durchführung des Planes veräußert worden. So sei ihre Beteiligung am Kapital der tschechischen Fluggesellschaft CSA am 25. März 1994 veräußert worden. Ebenso sei die Beteiligung der (zu 75 % der Air France gehörenden) Servair am Kapital der Firma Saresco und demzufolge an deren in der Käseherstellung tätigen Tochtergesellschaft veräußert worden. Die Veräußerung des Hotelkonzerns Méridien, die in der Zwischenzeit tatsächlich erfolgt sei, habe sich auf 20 der 103 Unternehmen dieses Konzerns bezogen. Aus der angefochtenenEntscheidung gehe klar hervor, daß im Rahmen des Planes weitere Veräußerungen vorgesehen seien. Der Zeitplan und eine Schätzung des Umfangs dieser Veräußerungen seien der Kommission für alle nicht zum Luftverkehr gehörenden Aktiva von erheblichem Wert mitgeteilt worden. Diese Aktiva seien jedoch in der Entscheidung aus auf der Hand liegenden Gründen der Vertraulichkeit nicht ausdrücklich angeführt worden.

206.
    In der mündlichen Verhandlung hat die Air France ausgeführt, das elektronische Reservierungssystem Amadeus stelle zwar keine Luftverkehrstätigkeit dar, sei aber von wesentlicher Bedeutung für alle Luftverkehrstätigkeiten des Konzerns. Entgegen den Andeutungen der Klägerinnen sei ihre Beteiligung an Amadeus nicht verkauft worden und sie habe auch nicht die Absicht, sie zu verkaufen.

207.
    Was die Servair angeht, hat die Air France — ebenfalls in der mündlichen Verhandlung — bestätigt, daß deren Veräußerung im Umstrukturierungsplan vorgesehen gewesen sei. Die Erlöse aus dem Verkauf von Servair seien in den Finanzvorschauen verzeichnet gewesen und seien daher zur Verringerung des Betrages der Neukapitalisierung berücksichtigt worden. Diese Information habe jedoch vertraulich bleiben müssen um zum einen einen Verkauf der Servair zu einem höheren Preis aushandeln zu können, und zum anderen mit Rücksicht auf die Gefahr sozialer Unruhen, die diese Nachricht unfehlbar bei der Servair ausgelöst hätte, was die Qualität des Service von Air France während des Fluges von Air France die von diesem wichtigen Lieferanten von Fertigmahlzeiten sehr stark abhängig sei, ganz erheblich in Frage gestellt hätte. Der Fortgang des Verkaufs der Servair sei von der Kommission und ihren Sachverständigen anläßlich der Genehmigung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe im einzelnen geprüft worden.

208.
    Was die andern Vermögensteile angeht, wie z. B. Air Charter und Jet Tours, hat die Air France bei der gleichen Gelegenheit unterstrichen, daß diese unbestreitbar zu ihren strategischen Aktiva gehörten. Im übrigen hätten sich aus dem Verkauf von Jet Tours und von Air Charter für die Air France nur unbedeutende Erlöse

ergeben. Schließlich sei auch der Verkauf der Minderheitsbeteiligungen der Air France an der Royal Air Maroc, der Austrian Airlines, der Tunis Air, der Air Mauritius und der Aéropostale von der Kommission im einzelnen untersucht worden. Aus diesen Verkäufen hätten sich keine nennenswerten Erlöse erzielen lassen und sie hätten sich auf die Höhe der Neukapitalisierung nicht ausgewirkt.

Würdigung durch das Gericht

209.
    Die Kommission hat im Rahmen der Prüfung der streitigen Beihilfe die Ansicht vertreten, die Umstrukturierung der Air France, der größten französischen Fluggesellschaft und einer der drei größten europäischen Gesellschaften, werde zur Entwicklung des europäischen Luftverkehrsgewerbes durch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Air France beitragen und liege somit im allgemeinen Interesse (ABl. S. 83). Die Kommission hat damit angezeigt, daß sie keine Politik mit dem Ziel der vollständigen Zerschlagung des Air-France-Konzerns verfolgte, sondern daß sie es vorzog, der Air France ihren Platz unter den größten europäischen Fluggesellschaften neben Lufthansa und British Airways zu erhalten. Da die Ausübung des der Kommission nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages zustehenden Ermessens, die zum Erlaß der angefochtenen Entscheidung geführt hat, die Würdigung komplexer wirtschaftspolitischer Sachverhalte einschließt, kann sie im vorliegenden Fall nur wegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers oder eines Rechtsfehlers beanstandet werden, um so mehr als die Kommission dafür Sorge getragen hat, mit Hilfe der Staffelung der Zahlung der Beihilfe in drei Tranchen eine Kontrolle der Entwicklung der Finanzlage der Air France einzurichten, die sie in die Lage versetzte, die zu zahlenden Beträge gegebenenfalls anzupassen (ABl. S. 86).

210.
    Im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens hat die Kommission nur eine beschränkte Zahl von nicht zum Kernbereich gehörenden Vermögensteilen benannt — nämlich die Hotelkette Méridien, ein Gebäude sowie Flugzeuge, die an der Grenze ihrer Lebensdauer angelangt waren, und Ersatzteile (ABl. S. 75 und 76) — deren Veräußerung der Air France aufgegeben worden war, damit die Höhe der Beihilfe auf 20 Milliarden FF beschränkt werden konnte.

211.
    Sowohl das Argument, daß das Königreich Dänemark aus der (in Randnr. 55 genannten) Entscheidung Aer Lingus herleitet, in der die Kommission dem Empfänger der Beihilfe den Verkauf aller seiner nicht zum Kernbereich gehörenden Aktiva aufgegeben habe, als auch die Verweisung des Königreichs Norwegen auf das Beispiel von British Airways, SAS, KLM und anderen internationalen Fluggesellschaften, die im Rahmen ihrer Umstrukturierung zahlreiche nicht zum Luftverkehr gehörende Aktiva veräußert hätten, sind folglich nicht stichhaltig. Die Umstände einer Umstrukturierung sind nämlich allein durch die konkrete Lage des betroffenen Unternehmens bedingt. Daß die oben genannten Gesellschaften im tatsächlichen Zusammenhang ihrer eigenen Umstrukturierung dazu veranlaßt oder verpflichtet waren, zahlreiche Vermögensteile zu veräußern, kann daher für sich allein die Entscheidung nicht in

Frage stellen, die die Kommission in der im Juli 1994 bestehenden besonderen Lage mit dem Ziel getroffen hat, der Air France ihre Stellung im Konzert der drei größten europäischen Fluggesellschaften zu erhalten und ihr zu gestatten, den größten Teil ihrer Aktiva zu behalten.

212.
    Die Kommission durfte daher als Vermögensteile, die von der Air France nicht veräußert werden konnten, die drei folgenden Kategorien von Aktiva ansehen: erstens diejenigen, die für die gegenwärtige und zukünftige Tätigkeit der Gesellschaft als Luftverkehrsunternehmen von wesentlicher Bedeutung waren; zweitens diejenigen, die ihr als Elemente von Kooperationsstrategien dienten und bei denen zu vermeiden war, daß sie unter die Kontrolle eines Konkurrenzunternehmens gelangen könnten; schließlich diejenigen, die mit der Tätigkeit einer großen Fluggesellschaft eng verknüpft waren. Wie aus den Akten hervorgeht, hat die Kommission diese Aktiva als unveräußerlich qualifiziert, insbesondere Air Charter, Air Inter, Sabena, Amadeus und Jet Tours.

213.
    Was die Gesellschaft Air Charter angeht, genügt die Feststellung, daß sie ebenso wie die Air France im Luftverkehrssektor selbst tätig ist. Sie gehört daher zum Kernbereich von Air France. Zwar ist die Air Charter auf den Charterluftverkehr spezialisiert, d. h. auf einen im Verhältnis zum regulären Luftverkehr spezifischen Markt, es handelt sich dabei aber nur um zwei Aspekte der gleichen Tätigkeit im Luftverkehr, deren Aufteilung in zwei getrennte Gesellschaften letztlich nur eine interne Aufgabenverteilung zum Ausdruck bringt. Die Kommission konnte folglich zu Recht davon ausgehen, daß die Air Charter einen wesentlichen Bestandteil der Luftverkehrstätigkeit der Air France darstellte.

214.
    Was die Gesellschaft Air Inter betrifft, gibt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung an, die französische Regierung habe zugesichert, daß die Beihilfe allein der Air France zugutekommen werde und daß sie zu diesem Zweck eine Holding gründen werde, die gleichzeitig die Air Inter und die Air France kontrollieren werde (Zusicherung Nr. 1). Die Kommission ist der Ansicht, daß diese Zusicherung ihre Besorgnis in bezug auf Nebenwirkungen der Beihilfe abschwäche, weil sie die Air France daran hindere, die Beihilfe zur Subventionierung der Tätigkeit von Air Inter einzusetzen. Gestützt auf Auskünfte über die zukünftige Struktur der Holding sowie auf die entsprechende Zusicherung der französischen Behörden ist die Kommission der Meinung, daß die Beihilfe der Compagnie nationale Air France und deren Tochtergesellschaften, darunter der Air Charter, zugutekomme (ABl. S. 81 und 86).

215.
    Unstreitig verfügte die Air France anders als die Lufthansa und die British Airways vor der Übernahme der Kontrolle über die Air Inter im Jahr 1990 nicht über ein Inlandsnetz. Zu Recht hat die Kommission daher angenommen, daß diese Kontrolle — die während des Umstrukturierungszeitraums durch den Mechanismus der oben beschriebenen Holding ausgeübt worden ist — für die gegenwärtige und die zukünftige Tätigkeit der Air France deshalb wesentlich war, weil beim Verlust

dieser Kontrolle der Zubringerluftverkehr („feeder traffic“) der Air France, mit dem die Air Inter betraut war, ernstlich hätte beeinträchtigt werden können. Die Tätigkeit der Air Inter konzentriert sich nämlich im wesentlichen auf den innerfranzösischen Luftverkehr. Aus diesem französischen Inlandsmarkt kommt aber ein wesentlicher Zubringerverkehr zum Knotenpunkt der Air France auf dem Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle (im folgenden: Paris [CDG]). Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, daß die Air France sich nicht der Gefahr aussetzen kann, daß die Air Inter nach der Veräußerung unter den Einfluß eines Konkurrenzunternehmens gerät und daß sie damit die Kontrolle über einen wesentlichen Teil ihres Zubringerluftverkehrs verliert.

216.
    Die unmittelbare Angliederung der Air Inter an die Air France konnte auch nicht in annehmbarer Weise durch die Übernahme der Air Inter durch eine Bank und den damit verbundenen Abschluß von kommerziellen Vereinbarungen über den Zubringerluftverkehr mit der Air Inter oder mit anderen Gesellschaften ersetzt werden. Die Klägerinnen haben nämlich nicht nachgewiesen, daß mit dieser Lösung die Gefahr hätte abgewendet werden können, daß die Air Inter von einem Konkurrenzunternehmen übernommen und dadurch das Funktionieren des Zubringerluftverkehrs der Air France beeinträchtigt worden wäre. Was den Abschluß der Vereinbarungen mit anderen Fluggesellschaften angeht, genügt die Feststellung, daß die Stellung der Air Inter im Wettbewerb auf dem französischen Inlandsmarkt im Juli 1994 so stark war, daß von der Air France, die sich umstrukturieren und ihre Rentabilität wiedererlangen wollte, nicht verlangt werden konnte, ihre guten Beziehungen zu der Air Inter durch Verträge mit Gesellschaften zu ersetzen, die auf dem französischen Markt noch über keine mit denjenigen der Air Inter vergleichbaren Infrastrukturen verfügten.

217.
    Zum Vorbringen der Klägerinnen, die Air France könne selbst ihren eigenen Zubringerluftverkehr übernehmen, insbesondere im französischen Inlandsnetz, ist festzustellen, daß der Umstrukturierungsplan der Air France eine genutzte Flotte von 146 Flugzeugen vorsieht, ohne diese Flotte speziell diesem Zubringerluftverkehr zuzuweisen. Vielmehr sieht dieser Plan eine Steigerung des Angebots der Air France vor allem im Langstreckenverkehr vor, was eine verstärkte Nutzung ihrer Flotte in diesem Bereich voraussetzt. Aus dieser Sicht ist die Bedienung des Inlandsmarktes im wesentlichen Sache der Air Inter, die ihre eigenen Flugzeuge dafür einsetzen muß. Es stand der Kommission aber nicht zu, der Air France aufzugeben, sich auf dem Inlandsmarkt zu konzentrieren, da dies die Gefahr mit sich gebracht hätte, daß die Air France bei den internationalen Flügen geschwächt worden wäre.

218.
    Was die Beteiligung der Air France am Kapital der Sabena angeht, ist einzuräumen, daß die Air France seinerzeit nur eine Minderheitsbeteiligung (37,5 %) am Kapital der belgischen Gesellschaft hielt. Dies schließt jedoch nicht aus, daß diese Beteiligung ein wichtiges strategisches Element der Luftverkehrstätigkeit der Air France darstellte. Es ist nämlich auf die Entscheidung vom 5. Oktober 1992 (Anlage 24 zu den Erklärungen der Klägerinnen zu den

Beitritten der Streithelfer in der Rechtssache T-371/94) hinzuweisen, in der die Kommission erklärt hat, daß sie keine Einwände gegen das von der Air France, der Sabena und dem belgischen Staat unterzeichnete Vereinbarungsprotokoll habe, durch das der Air France über die Firma Finacta eine Beteiligung von 37,58 % am Kapital der Sabena (37,5 % der Stimmrechte) eingeräumt wurde.

219.
    In dieser allen Interessierten zugänglichen Entscheidung (siehe die Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 31. Oktober 1992, C 272, S. 5) werden u. a. folgende Punkte erwähnt:

—    Die von der Air France kontrollierte Firma Finacta muß die Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Sabena genehmigen (Vetorecht) und kann die Entscheidungen des Verwaltungsrats der Sabena, die eine Änderung der Strategie, des „Business plan“, des Investitionsplans und des Planes für die gewerbliche Kooperation beinhalten, blockieren;

—    die Präsidenten der Air France und der Sabena werden sich bei erheblichen Schwierigkeiten beim Funktionieren der Organe oder der Durchführung der Strategie abstimmen;

—    die grundlegenden Elemente der zukünftigen Strategie der Sabena sind von der Air France mitbeschlossen worden.

220.
    In dieser Entscheidung von 1992 qualifizierte die Kommission die Sabena im wesentlichen als gemeinschaftliches Unternehmen, das vom belgischen Staat und von der Air France zusammen kontrolliert wird, wobei die letztgenannte über Rechte, die weit über die normalerweise Minderheitsaktionären zuerkannten Rechte hinausgehen, und über Mittel verfügt, das Verhalten der Sabena auf dem Markt zu kontrollieren. Das Ziel der Vereinbarung besteht nach der Feststellung der Kommission darin, die Zusammenarbeit zwischen der Air France und der Sabena weiterzuentwickeln, alle zwischen den beiden Partnern möglichen Synergieeffekte umzusetzen und insbesondere ein innergemeinschaftliches Netz mit dem Flughafen Brüssel—Zaventem als Zentrum zu schaffen.

221.
    In Anbetracht dieser Entscheidung vom 5. Oktober 1992, deren Kenntnis von den Beteiligten erwartet wird, konnte die Kommission daher vernünftigerweise annehmen, daß verhindert werden mußte, daß die Beteiligung der Air France am Kapital der Sabena, die für Air France ein Instrument einer strategischen Allianz darstellte, mit der Folge aufgegeben würde, daß ein Konkurrenzunternehmen die bis jetzt von der Air France eingenommene bevorzugte Stellung übernehmen könnte.

222.
    Was die Auffassung des Vereinigten Königreichs angeht, daß diese Beteiligung durch Kooperationsvereinbarungen hätte ersetzt werden können, genügt die Feststellung, daß mit dieser Auffassung der besondere Charakter dieser Beteiligung

verkannt wird, durch die der Air France, obwohl es sich um eine Minderheitsbeteiligung handele, eine Befugnis zur Kontrolle des geschäftlichen Verhaltens der Sabena eingeräumt wurde und die daher über den Einfluß hinausging, den ein Vertragspartner normalerweise ausüben kann. Das Vereinigte Königreich hat nicht nachgewiesen, daß die Air France eine solche bevorzugte Stellung auch ohne die Beteiligung am Kapital der Sabena hätte erlangen können. Die Besonderheit der Allianz zwischen der Air France und der Sabena steht darüber hinaus auch einem Vergleich mit dem im März 1994 tatsächlich erfolgten Verkauf der Beteiligung der Air France am Kapital der tschechischen Gesellschaft CSA entgegen.

223.
    Zwar hat die Air France kurz nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung 170 Millionen FF als letzte Tranche des Kaufpreises für ihre Beteiligung am Kapital der Sabena gezahlt. Nichts läßt jedoch die Annahme zu, daß die streitige Beihilfe dafür bestimmt gewesen oder verwendet worden wäre. Zum einen beruhte diese Zahlung, wie die Französische Republik und die Air France vorgetragen haben, auf vertraglichen Verpflichtungen, die 1992, also vor der Genehmigung der Beihilfe entstanden sind (siehe die in den Randnrn. 218 und 219 zitierte Entscheidung der Kommission vom 5. Oktober 1992). Wie die französische Regierung vor dem Gericht ausgeführt hat, sahen diese Verpflichtungen einen Fälligkeitskalender für die von der Air France 1992, 1993 und — für die letzte Tranche — zwischen dem 15. und dem 31. Juli 1994 vorzunehmenden Zahlungen vor. Das Bestehen dieser Zahlungsverpflichtungen zu Lasten der Air France konnte vernünftigerweise für sich allein nicht bewirken, daß eine Beihilfe zur Entschuldung und zur Umstrukturierung der Air France, sei es auch nur teilweise, blockiert worden wäre. Zum anderen ging diese Zahlung in Anbetracht des relativ geringen Betrages nicht über die Grenzen einer normalen Investition hinaus. Die Kommission durfte folglich annehmen, daß sie durch die Mittel aus dem Verkauf von Vermögensteilen durch die Air France und durch die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb gedeckt sein würde (siehe oben, Randnrn. 140 und 141).

224.
    Außerdem hat sich ergeben, daß die Beteiligung der Air France am Kapital der Sabena später für 680 Millionen FF veräußert worden ist (Mitteilung der Kommission bezüglich der dritten Tranche der von der Kommission am 27. Juli 1994 genehmigten Beihilfe zur Umstrukturierung von Air France (ABl. 1996, C 374, S. 9, 14). Wie die Französische Republik und die Air France vorgetragen haben, ohne daß ihnen in diesem Punkt widersprochen worden wäre, hat die belgische Regierung, die Hauptaktionärin der Sabena, erst im Oktober 1994 beschlossen, daß eine Rekapitalisierung der Sabena erforderlich sei, was de facto bedeutete, daß die Air France, die sich dieser Neukapitalisierung nicht anschließen konnte, ausgeschlossen war. Darüber hinaus wurde die Kapitalentflechtung zwischen der Air France und der Sabena erst im Juli 1995 abgeschlossen. Das Gericht stellt daher fest, daß bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung nichts die Kommission darauf hinwies, daß die Air France die Beendigung ihrer Allianz mit der Sabena und die Veräußerung ihrer Beteiligung ernstlich ins Auge gefaßt hatte. Unter diesen Umständen brauchte die Kommission aus den von den Klägerinnen

angeführten Gerüchten in der Presse, in denen von einem unmittelbar bevorstehenden Erwerb dieser Beteiligung durch die Swissair die Rede war, nicht zu folgern, daß die Air France ihre Beteiligung am Kapital der Sabena schon im Juli 1994 nicht mehr als ein wichtiges strategisches Element ihrer Tätigkeit im Luftverkehr ansah.

225.
    Außerdem hat die Kommission in ihrer Entscheidung vom 21. Juni 1995 über die Genehmigung der Zahlung der zweiten Tranche der streitigen Beihilfe ausdrücklich angegeben (Mitteilung veröffentlicht in ABl. C 295, S. 2 und 5), daß die finanziellen Auswirkungen eines Verkaufs dieser Beteiligung im Rahmen ihrer Entscheidung über die Zahlung der dritten Tranche der Beihilfe berücksichtigt werden würde. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen, die nach der im vorliegenden Fall angefochtenen Entscheidung ergangen sind, kann im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits, der nur die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 27. Juli 1994 betrifft, nicht geprüft werden.

226.
    Was einem eventuellen Verkauf von Amadeus angeht, ist festzustellen, daß dieser Vermögensbestandteil das elektronische Reservierungssystem der Air France darstellt. Dazu hat die Air France erklärt, sie habe Amadeus alle Reservierungsvorgänge für ihre Flugscheine übertragen, sie sei für ihren Vertrieb von diesem System vollständig abhängig und ein solches System sei für die Entwicklung des Luftverkehrsgeschäfts unbedingt erforderlich, weshalb auch die Mehrheit der Fluggesellschaften darüber verfüge. Das Gericht ist der Ansicht, daß die Kommission unter diesen Voraussetzungen vernünftigerweise annehmen durfte, daß dieser Vermögensteil der Air France nicht veräußert werden konnte, da er eine mit dem Betrieb einer großen Fluggesellschaft eng verbundene Tätigkeit betraf.

227.
    Das gleiche gilt für die Beteiligung der Air France am Kapital der im Tourismussektor tätigen Firma Jet Tours. Dabei handelt es sich um einen Wirtschaftssektor, der zumindest teilweise mit dem Flugverkehrssektor zusammenhängt. Die Kommission konnte Jet Tours daher als einen Vermögensteil ansehen, mit dem sowohl der Air France als auch der Air Charter Touristen als Kundschaft zugeführt werden sollten. Sie durfte folglich zu der Schlußfolgerung gelangen, daß die Air France nicht dazu gezwungen werden sollte, sich von diesem Vermögensteil zu trennen.

228.
    Die Klägerinnen können der Kommission auch nicht vorwerfen, daß sie der Air France nicht den Verkauf aller ihrer Minderheitsbeteiligungen an anderen Fluggesellschaften wie an Tunis Air, Air Mauritius, Royal Air Maroc und Austrian Airlines aufgegeben hat. Da ein solcher Verkauf eher belanglos gewesen wäre, hätte der vollständige Rückzug der Air France aus ihren Kapitalbeteiligungen an diesen Gesellschaften nicht in einem wesentlichen unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem Umstrukturierungsplan gestanden.

229.
    Was die Erklärung der Air France in der mündlichen Verhandlung, daß die Veräußerung anderer in der angefochtenen Entscheidung nicht namentlich bezeichneter Aktiva, wie die Veräußerung des Servair-Konzerns, in ihrem Umstrukturierungsplan vorgesehen gewesen sei, und die eventuelle Vertraulichkeit dieser Daten angeht, ist festzustellen, daß der Erlös aus diesen Veräußerungen zwar zur Mitfinanzierung der Durchführung des Umstrukturierungsplans bestimmt war, aber nicht automatisch von dem Beihilfebetrag in Höhe von 20 Milliarden FF abgezogen werden durfte, der als notwendig angesehen und durch die angefochtene Entscheidung genehmigt war. Selbst die 7 Milliarden FF, die die Air France aus der Veräußerung der Méridien-Kette, eines Gebäudes und von 34 Flugzeugen zu erlösen hoffte, dienten im übrigen nur dazu, die Beihilfe auf 20 Milliarden zu beschränken, und nicht dazu, diesen Betrag zu verringern. Erst bei der Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe hat die Kommission sich das Recht vorbehalten, die gesamte Finanzlage der Air France unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Verkäufe von Vermögensteilen in Betracht zu ziehen. Das Gericht ist der Ansicht, daß die in bezug auf diese Verkäufe aufgeworfenen finanziellen Fragen einschließlich der Frage ihrer Verhältnismäßigkeit und ihrer Vertraulichkeit daher nur gemessen an den Entscheidungen über diese zweite und diese dritte Tranche geprüft werden können. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es aber nicht um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen.

230.
    Das Vorbringen der Klägerinnen, die Air France selbst habe in ihrem Jahresbericht für das Wirtschaftsjahr 1993 eine Reihe ihrer Aktiva als „non core activities“ („nicht zum Kernbereich gehörende Tätigkeiten“) definiert, um dann deren Verkauf zu verlangen, ist tatsächlich nicht begründet. Nur die englische Übersetzung dieses Berichts enthält nämlich die Passage, auf die die Klägerinnen sich berufen (S. 26 und 27; Anlage 4 zur Klageschrift in der Rechtssache T-371/94), während die französische Fassung von „activités non aériennes“ („nicht zum Luftverkehr gehörende Tätigkeiten“) spricht und somit kein Werturteil über die betreffenden Aktiva enthält. Da die Air France eine französische Gesellschaft ist, liegt es aber auf der Hand, daß der in französischer Sprache abgefaßte Jahresbericht maßgeblich ist.

231.
    Da der Kommission dadurch, daß sie von der Air France nicht verlangt hat, daß diese die von den Klägerinnen und den zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen dem Verfahren beigetretenen Streithelfer bezeichneten Aktiva verkaufe, keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, ist die Rüge zurückzuweisen.

232.
    Nach alledem sind — vorbehaltlich der Feststellungen in den Randnummern 84 bis 120 — alle Rügen zurückzuweisen, mit denen eine Verletzung des bei staatlichen Beihilfen geltenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geltend gemacht wird. In diesem Umfang sind die Klägerinnen und die dem Verfahren zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen beigetretenen Streithelfer in der Lage gewesen, ihre Rechte wahrzunehmen, und hat das Gericht seine richterliche Kontrolle ausüben können. Außer was die Genehmigung des Kaufs von 17 neuen Flugzeugen angeht, entspricht die angefochtene Entscheidung folglich in dieser Hinsicht den

Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages, so daß die Rüge, die Begründung sei unzureichend, zurückzuweisen ist.

Zu der Rüge, die Kommission habe fehlerhaft gehandelt, als sie angenommen habe, daß die Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines bestimmten Wirtschaftszweigs bestimmt sei, ohne die Handelsbedingungen in eine dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu verändern

A — Zu der Rüge, die Kommission habe zu Unrecht eine Beihilfe genehmigt, die nicht der Entwicklung eines bestimmten Wirtschaftszweigs, sondern derjenigen eines einzelnen Unternehmens diene

Vorbringen der Beteiligten

233.
    In ihrer Klageschrift macht die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 geltend, die streitige Beihilfe komme einem bestimmten Unternehmen zugute und trage nicht zur Entwicklung eines Wirtschaftszweigs bei. Bei der Genehmigung der Beihilfe habe die Kommission dem Überleben der Air France ganz offensichtlich die ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, anstatt dieses Ziel und die negativen Auswirkungen der Beihilfe auf die Wettbewerber der Air France sowie auf den Luftverkehrsmarkt der Gemeinschaft gegeneinander abzuwägen.

234.
    Die Kommission hält die Behauptungen der Klägerinnen für offensichtlich unbegründet. In der angefochtenen Entscheidung habe sie unterstrichen, daß sie die Entwicklung eines Sektors in seiner Gesamtheit und nicht nur die Entwicklung des Empfängers der Beihilfe zu berücksichtigen habe. Anschließend habe sie ausführlich erörtert, ob für die Beihilfe die Ausnahmeregelung in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages habe gelten können.

Würdigung durch das Gericht

235.
    Bei einem Unternehmen von der Bedeutung der Air France, einer der drei größten europäischen Fluggesellschaften, wird eine wirkliche Umstrukturierung eine Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des europäischen Zivilluftfahrtsektors bewirken (siehe in diesem Sinne die Schlußanträge des Generalanwalts Van Gerven in der Rechtssache C-305/89, Italien/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991, Slg. 1991, I-1603, 1616 und 1630, Nr. 17). Der Rüge ist folglich nicht stattzugeben.

236.
    Im übrigen hat die Klägerin in ihrer Erwiderung ausdrücklich bejaht, daß sie nicht behaupte, daß eine einem einzigen Unternehmen gezahlte Beihilfe als solche rechtswidrig sei, und hat hinzugefügt, daß zahlreiche einzelnen Unternehmen gewährte Beihilfen gerechtfertigt seien, weil sie Sektoren in deren Gesamtheit zugute kämen.

237.
    Soweit die Klägerin der Kommission vorwirft, diese habe die Air France in der Weise einseitig begünstigt, daß sie nur die positiven Seiten der Umstrukturierung der Air France berücksichtigt habe, ohne die negativen Seiten in Erwägung zu ziehen, werden diese Rügen später im entsprechenden Zusammenhang geprüft werden.

B — Zur Rüge, die Kommission habe zu Unrecht eine Beihilfe genehmigt, die die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere

Vorbringen der Beteiligten

238.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beihilfe verändere die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise. Sie diene dazu, die Kosten der Air France künstlich zu senken und verlagere folglich die Belastung durch die Kostensenkung auf nicht subventionierte Fluggesellschaften. In diesem Zusammenhang habe die Kommission in der Rechtssache Frankreich/Kommission (zitiert in Randnr. 79, Randnr. 44) selbst angenommen, daß der Umstand, daß ein Unternehmen künstlich am Leben erhalten werde, die Wettbewerbsfähigkeit anderer Hersteller schwäche, die dazu veranlaßt worden seien, ihre Umstrukturierung durchzuführen, ohne eine staatliche Beihilfe zu erhalten. In seinem Urteil in derselben Rechtssache (Randnr. 50) habe der Gerichtshof die Entscheidung der Kommission bestätigt, durch die die Genehmigung der staatlichen Beihilfe mit der Begründung abgelehnt worden sei, daß sie die Wettbewerbsfähigkeit anderer Hersteller in der Gemeinschaft geschwächt habe, so daß diese möglicherweise vom Markt verdrängt würden, obwohl sie bisher Dank der mit eigenen Mitteln finanzierten Umstrukturierung ihre Tätigkeit hätten fortführen können. Die Klägerinnen verweisen außerdem auf die Schlußanträge des Generalanwalts Slynn in der Rechtssache Deutschland/Kommission (Urteil zitiert in Randnr. 58) und auf das Urteil in der Rechtssache Philip Morris/Kommission (zitiert in Randnr. 79, Randnr. 26), aus dem hervorgehe, daß die Kommission bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages den Gemeinschaftsrahmen und insbesondere die globale Lage des betreffenden Sektors zu berücksichtigen habe.

239.
    Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 trägt vor, die angefochtene Entscheidung bestätige, daß die in Frage stehende Beihilfe den Wettbewerb im EWR verfälsche. Sie weist darauf hin, daß sie in den der Kommission im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erklärungen angeregt habe, daß die Kommission eine Untersuchung jedes einzelnen durch die Beihilfe betroffenen geographischen Marktes vornehme, d. h. der einzelnen Strecken, auf denen die betroffenen Luftverkehrsunternehmen in unmittelbarem Wettbewerb stünden. Diese Auffassung werde durch das Urteil Frankreich/Kommission (zitiert in Randnr. 79, Randnr. 50) bekräftigt, in dem der Gerichtshof ausgeführt habe, daß die Auswirkung der Beihilfe auf alle Wettbewerber des begünstigten Unternehmens zu prüfen sei. Sie — die Klägerin — stehe auf den Strecken London—Nizza, London—Paris und Glasgow—Paris im

Wettbewerb mit der Air France. Dennoch sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, daß alle negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen akzeptabel seien. Dadurch habe die Kommission die Air France, ein Unternehmen, das zum öffentlichen Sektor gehöre, gegenüber der Klägerin, einem selbständigen, zum Privatsektor gehörenden Unternehmen, begünstigt. Damit habe die Kommission eine diskriminierende Unterscheidung vorgenommen, die in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu Wettbewerbsverzerrungen führe (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 304/85, Falck/Kommission, Slg. 1987, 871, Randnr. 27).

240.
    In diesem Zusammenhang wirft die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 der Kommission darüber hinaus vor, diese habe dadurch gegen Artikel 190 des Vertrages verstoßen, daß sie es unterlassen habe, ihre Behauptung, die Beihilfe berühre die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise, angemessen zu begründen und auf die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erklärungen stichhaltige Antworten zu geben. Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 machen außerdem geltend, die Kommission habe die von Dritten vorgelegten Stellungnahmen zu ihrer Mitteilung vom 3. Juni 1994 nicht ernsthaft geprüft. Vor dem Gericht haben sie Zahlenbeispiele vorgelegt und die einzelnen Strecken mit den geschätzten Marktanteilen der verschiedenen auf diesen Strecken im Wettbewerb stehenden Fluggesellschaften aufgezählt (Nr. 21 und Fußnoten 33 bis 42 der Klageschrift in der Rechtssache T-371/94).

241.
    Die Maersk-Firmen sind gleichfalls der Ansicht, die Kommission hätte der Auswirkung der Beihilfe auf die kleinen und mittleren Fluggesellschaften, die auf den regionalen Routen tätig seien, größere Aufmerksamkeit widmen müssen. Sie werfen der Kommission damit vor, es unterlassen zu haben, die negative Auswirkung der streitigen Beihilfe auf den Wettbewerb bei den regionalen Flugverkehrsdiensten zu untersuchen. In diesem Zusammenhang tragen sie vor, sie bedienten die Strecke Lyon—Birmingham und wollten ab 16. Oktober 1995 die Strecke Billund—Paris (CDG) bedienen. Die Auswirkungen einer staatlichen Beihilfe zeigten sich nicht nur auf dem beschränkten Markt, auf dem das begünstigte Verkehrsunternehmen tätig sei und der nach Routen zwischen einzelnen Städten definiert werde, sondern auch auf einem größeren Luftverkehrsmarkt und auf mittelbar miteinander im Wettbewerb stehenden Routen.

242.
    Die mittelbaren Wirkungen der angefochtenen Entscheidung auf kleine Verkehrsunternehmen, die entweder Nebenstrecken zu den Hauptzentren betrieben, von denen aus die großen Verkehrsunternehmen operierten, oder mittelbar im Wettbewerb stehende Routen, würden durch die von der Firma Maersk betriebene Route zwischen Birmingham und Lyon veranschaulicht. Diese Route konkurriere mittelbar mit der Route zwischen London (Heathrow)—Paris und mit der Route Birmingham—Paris und stehe unter dem Druck der Konkurrenz

dieser beiden Routen. Der Auslastungsgrad der Air France auf der Strecke Birmingham—Paris habe aber nach den Zahlen für das Jahr 1992 nur 32 % betragen, verglichen mit den 61 % ihrer Wettbewerber. Effizient geleitete Fluggesellschaften könnten dazu gezwungen sein, bestimmte Routen aufzugeben, ja sogar daran gehindert sein, neue zu entwickeln, wenn das Vorhandensein einer aus öffentlichen Mittel subventionierten Gesellschaft zu einer Verringerung ihrer Renditen führe.

243.
    Die Kommission habe die Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf den potentiellen Wettbewerb im Luftverkehrssektor nicht ausreichend untersucht. Diese Feststellung werde durch die Strecke Kopenhagen—Paris veranschaulicht, auf der der Auslastungsgrad der Air France nach den Zahlen für das Jahr 1992 nur 49 % — gegenüber 61 % bei den Konkurrenzunternehmen — erreicht habe. Auch wenn die Auswirkung auf den potentiellen Wettbewerb sich nicht im vollen Umfang messen lasse, werde sie doch dadurch belegt, daß die Firma Maersk bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung beschlossen habe, ihre Pläne, eine Verbindung zwischen Billund und Paris (CDG) einzurichten, zurückzustellen.

244.
    Das Königreich Schweden vertritt ebenfalls die Ansicht, die streitige Beihilfe verstärke den Druck auf die konkurrierenden Regionalgesellschaften, was sie dazu veranlassen könne, ihre peripheren Routen aufzugeben. Die Stellung dieser Gesellschaften könne selbst durch — global gesehen — beschränkte Maßnahmen eines der größten auf dem Markt tätigen Unternehmen stark beeinträchtigt werden, während die anderen großen Gesellschaften nicht im gleichen Ausmaß berührt würden.

245.
    In der mündlichen Verhandlung haben die schwedische und die norwegische Regierung vorgetragen, die skandinavischen Fluggesellschaften, die auf den Routen zwischen Frankreich und den größten Städten Skandinaviens im Wettbewerb mit der Air France stünden, hätten auch inländische Routen, die aufgrund einer äußerst niedrigen Bevölkerungsdichte unter einer schwachen Auslastung litten, die aber im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung der Randgebiete notwendig seien. Diese Verbindungen seien äußerst empfindlich gegenüber Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Beihilfen, die einem großen Wettbewerber wie der Air France gewährt würden. Die großen Gesellschaften hätten nur selten Interesse an peripheren Routen. Wettbewerbsverzerrungen auf Routen mit starkem Verkehr könnten daher zu einer Verschlechterung oder zum Wegfall der Verkehrsbedienung der Randgebiete führen. Dies sei von Nachteil für das gemeinsame Interesse daran, ausreichende Flugverbindungen auch an der Peripherie des EWR zu gewährleisten.

246.
    Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 trägt vor, nichts in der angefochtenen Entscheidung beweise, daß die Kommission ihre Verpflichtung erfüllt habe, das Interesse daran, das Überleben der Air France zu garantieren, und die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb, die die Zuführung des exorbitanten Betrages von 20 Milliarden FF als Beihilfe unweigerlich haben müsse, gegeneinander

abzuwägen. Die Kommission habe niemals erklärt, weshalb sie der Auffassung sei, daß die günstigen Auswirkungen ausreichten, um die negativen Auswirkungen des Umstrukturierungsplans auszugleichen, sondern habe sich auf die bloße Untersuchung der günstigen Auswirkungen der Beihilfe für ihren Empfänger beschränkt.

247.
    Die Air France habe in den letzten Jahren erhebliche Verluste angehäuft, und zwar trotz der von der Kommission genehmigten Kapitalzuführung in Höhe von 5,8 Millarden FF. Angesichts der andauernden und wachsenden Verluste der Air France hätte die Kommission nachträglich bemerken müssen, daß ihre seinerzeit auf Angaben der Air France gestützten Untersuchungen grundlegend mangelhaft gewesen seien. Anders als die Air France hätten ihre meisten Wettbewerber, nicht subventionierte und selbständige Fluggesellschaften, rigorose Maßnahmen zur Kostensenkung und Umstrukturierung ergreifen müssen, um sich einem kommerziellen Umfeld anpassen zu können, das sich innerhalb des liberalisierten Marktes schnell weiterentwickle. Diese für ihr Überleben notwendigen Maßnahmen hätten nur aufgrund erheblicher Personalkürzungen, der Aufgabe nicht rentabler Routen, der Stornierung von Bestellungen neuer Flugzeuge, der Rücknahme von Investitionen in andere Fluggesellschaften und des Verkaufs von nicht zum Kernbereich gehörenden Vermögensteilen durchgeführt werden können. Zum Beispiel habe sie, die Klägerin, bedeutende Kampagnen zur Kostensenkung in Gang gesetzt, zu der u. a. die Streichung von Stellen und die Aufgabe von nicht rentablen Routen einschließlich der zwischen Edinburgh und Paris gehörten, die die Air France weiter betreibe.

248.
    Das Königreich Dänemark und das Vereinigte Königreich fügen hinzu, die Kommission hätte einen Vergleich zwischen der Air France und anderen Gesellschaften durchführen müssen, die eine Umstrukturierung mit oder ohne staatliche Beihilfe durchgeführt hätten. Nur so hätte sich die Kommission eine Vorstellung vom Markt und den auf diesem Markt tätigen Gesellschaften machen können, was eine Vorbedingung dafür darstelle, daß sie ihr Ermessen richtig ausüben könne. Die Erfahrung, die einige mit der Air France im Wettbewerb stehende Gesellschaften gemacht hätten, zeige, was man tun könne, um die Lebensfähigkeit einer großen internationalen Fluggesellschaft ohne staatliche Beihilfen wiederherzustellen. So habe die British Airways die Bedienung von 16 internationalen Strecken eingestellt, eine große Zahl von Flugzeugen verkauft und in den 80er Jahren 13 500 Arbeitsplätze gestrichen. Bei der Lufthansa habe die Umstrukturierung seit 1992 einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um 17 % erforderlich gemacht.

249.
    Die Klägerin, das Königreich Dänemark und das Vereinigte Königreich vertreten die Ansicht, die 16 Bedingungen, von denen die Kommission die Genehmigung der Beihilfe abhängig gemacht habe, seien wirkungslos und könnten daher nicht verhindern, daß die Beihilfe in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verhängnisvolle Auswirkungen auf die Handelsbedingungen habe. Die

Wirkung der Bedingungen sei auf die Laufzeit des Umstrukturierungsplans beschränkt, d. h. sie würden Ende 1996 unwirksam, während die Beihilfe über diesen Zeitpunkt hinaus weiter Auswirkungen auf die Air France und auf den Luftverkehrsmarkt haben werde. Der Fehler, der durch die Beschränkung der Anwendung der Bedingungen auf die Laufzeit des Plans begangen worden sei, werde durch die geplante Fusion der europäischen Aktivitäten der Air France mit denjenigen der Air Inter Anfang 1997 veranschaulicht. Daß die Kommission derartige von der französischen Regierung einzuhaltende Bedingungen festgelegt habe, statt den Umstrukturierungsplan einer ins einzelne gehenden Prüfung zu unterziehen, stehe im Widerspruch zu den für das Ermessen der Kommission auf diesem Gebiet geltenden Regeln. Die Kommission dürfe sich der nach Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Beurteilung nicht dadurch entziehen, daß sie statt dessen eine Reihe von Bedingungen aufstelle.

250.
    Die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Streithelfer unterstreichen insbesondere die für die Air France bestehende Möglichkeit, die aufgrund der angefochtenen Entscheidung für den französischen Staat geltenden Bedingungen für die Genehmigung zu umgehen. So könne die Holdinggesellschaft, die die Air France und Air Inter kontrolliere, es der diesen Bedingungen nicht unterworfenen Air Inter ermöglichen, Maßnahmen zu ergreifen, die der Air France verboten seien. Werde die angefochtene Entscheidung nicht für nichtig erklärt, so sei jeder Adressat einer staatlichen Beihilfe in der Lage, Tochtergesellschaften oder Schwestergesellschaften zu gründen, um sich den Bedingungen für die Genehmigung entziehen und auf dem Markt weiter unbeschränkt tätig sein zu können.

251.
    Die Kommission vertritt die Ansicht, die Klägerinnen würfen zu Unrecht die Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschten und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten, im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages mit den Beihilfen, die die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise veränderten, im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c in einen Topf. Die Kommission habe niemals angenommen, daß die streitige Beihilfe den Wettbewerb nicht verfälsche oder den Handel nichtbeeinträchtige. Eine solche Beihilfe stelle jedoch nicht notwendigerweise eine Beihilfe dar, die die Handelsbedingungen in eine dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere. Die Klägerinnen gingen von dem Grundsatz aus, daß jede Anstrengung, die die Air France unternehme, um zu überleben, ihren Wettbewerbern schaden werde. Diese Auffassung sei aber bei richtiger Auslegung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und des Artikels 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens nicht haltbar.

252.
    In der Rechtssache Frankreich/Kommission (zitiert in Randnr. 79) habe die Kommission angenommen, daß die genehmigte Beihilfe eine Rettungsmaßnahme sei, die noch dazu den für diese Beihilfeart festgelegten Kriterien nicht entspreche. Die streitige Beihilfe sei keine Rettungsmaßnahme, sondern sei tatsächlich mit einem Umstrukturierungsplan verknüpft. Der Standpunkt, den die Kommission in

jener Rechtssache eingenommen habe, sei daher mit ihrem Standpunkt im vorliegenden Fall keineswegs unvereinbar.

253.
    Die Passage in den Schlußanträgen des Generalanwalts Slynn in der Rechtssache Kommission/Deutschland (zitiert in Randnr. 58) habe sich auf die Frage bezogen, ob die streitige Beihilfe als eine Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige angesehen werden könne und nicht ob sie die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere. Der Auszug aus dem Urteil in der Rechtssache Philip Morris/Kommission (zitiert in Randnr. 79) habe sich ebenfalls auf die erste Voraussetzung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und nicht auf die nachteiligen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen bezogen.

254.
    Die Kommission habe geprüft, ob die Beihilfe als im Sinne der Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens als mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des Abkommens vereinbar habe angesehen werden können. Aus den in ihrer Entscheidung angegebenen Gründen habe sie zu dem Ergebnis kommen können, daß die Beihilfe unter die vorgesehene Ausnahmeregelung fallen könne und daß sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, sofern bestimmte Zusagen eingehalten wurden und bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien. Sie habe in der angefochtenen Entscheidung erklärt, daß sie bei der Untersuchung der Auswirkungen der Beihilfe im EWR die verstärkte Liberalisierung des Luftverkehrs nach der Verabschiedung des „dritten Pakets“ berücksichtigt und sich vergewissert habe, daß die negativen Auswirkungen der Beihilfe nicht durch die Nutzung von Exklusivrechten oder eine Vorzugsbehandlung für Air France verstärkt würden.

255.
    Die Kommission macht geltend, einige der Zusagen, die sie von der französischen Regierung erhalten habe, seien beispiellos oder von einer Strenge ohnegleichen. Keine andere Regierung habe zugesichert, ein Unternehmen, das eine Beihilfe erhalte, zu privatisieren (Zusicherung Nr. 2), und Beschränkungen der Freiheit der Preisgestaltung seien in der Vergangenheit niemals auferlegt worden (Zusicherung Nr. 9). Auch habe nur die Hälfte des Gesamtbetrags der Beihilfe sofort ausgezahlt werden können, da die Zahlung des Restbetrags in zwei Tranchen von der Einhaltung einer Reihe von Bedingungen und der Genehmigung durch die Kommission abhängig gemacht worden sei (Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung). Darüber hinaus habe die französische Regierung die Zusicherung gegeben, daß sie der Air France keine neuen Zuwendungen oder weitere Beihilfen in welcher Form auch immer gewähren werde (Zusicherung Nr. 5) und daß sie sich in das Management der Air France außer aus Gründen, die mit ihrem Status als Aktionärin in Verbindung stünden, nicht einmischen werde (Zusicherung Nr. 4).

256.
    Soweit die Maersk-Firmen ihr vorwerfen, sie habe die Rolle der kleinen und mittleren Luftverkehrsunternehmen nicht in ihre Untersuchungen einbezogen, trägt die Kommission vor, ihre Beurteilung habe sich nicht auf die großen europäischen

Gesellschaften beschränkt. Um sich zu vergewissern, daß die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise veränderten, habe sie insbesondere die Gewißheit erlangen müssen, daß die Beihilfe nicht zur Preisunterbietung verwendet werde und daß die Kapazität nicht stärker gesteigert werde, als es dem Wachstum des Marktes entsprochen habe. Die Sorge darum habe für alle Wettbewerber der Air France und für den europäischen Zivilluftfahrtsektor insgesamt gegolten.

257.
    Was das Vorbringen angeht, sie habe die negativen Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb im Regionalluftverkehr nicht untersucht, macht die Kommission geltend, die Streithelferinnen brächten nicht den kleinsten Beweis für ihre Rüge bei, daß die Beihilfe von der Entwicklung von Flugdiensten nach Regionalflughäfen oder von diesen aus abschrecke. Was die angeblichen Auswirkungen der Beihilfe auf einen größeren als den tatsächlich von der Air France bedienten Markt, auf mittelbar miteinander in Wettbewerb stehende Routen und auf den potentiellen Wettbewerb angeht, erklärt die Kommission, die diesbezüglichen Behauptungen seien unbegründet. Sie wisse nicht, was die Verschiebung des Vorhabens der Streithelferinnen Maersk bedeute, eine Verbindung Billund—Paris einzurichten. Das Zögern der Streithelferinnen sei wahrscheinlich auf die Aufnahme der Verbindung Kopenhagen—Paris durch British Airways im Jahr 1993 zurückzuführen, wo diese sofort einen Marktanteil von 18 % erlangt habe. Generell ist die Kommission der Ansicht, daß die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Würdigung der Auswirkung der Beihilfe auf die Handelsbedingungen den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages entspreche.

258.
    Die Air France vertritt die Ansicht, alles in der angefochtenen Entscheidung zeige, daß die Auswirkungen der Beihilfe in einem gemeinschaftlichen Rahmen beurteilt worden seien. Die Kommission habe nämlich die Lage und die Entwicklung des europäischen Luftverkehrs und die Auswirkungen der Beihilfe auf die Stellung der Air France im Wettbewerb unter Berücksichtigung der gesteigerten Liberalisierung des Luftverkehrs untersucht. Schließlich bestehe der ganze Zweck der von der französischen Regierung gegebenen Zusicherungen gerade darin, zu verhindern, daß die Beihilfe von der Air France zum Nachteil ihrer Wettbewerber eingesetzt werden könne.

Würdigung durch das Gericht

1.    Zur Begründung

259.
    In Anbetracht der von den Klägerinnen und den zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen den Verfahren beigetretenen Streithelfern ist erstens zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung, was die Beurteilung der Auswirkungen der Beihilfe auf die mit der Air France im Wettbewerb stehenden Gesellschaften und die maßgeblichen Flugverbindungen angeht, ohne ausreichende Begründung ist. In diesem Zusammenhang weist das Gericht darauf hin, daß es die Klägerinnen und die Streithelfer dazu aufgefordert hat, die Erklärungen vorzulegen, die sie

gegenüber der Kommission im Verwaltungsverfahren als Beteiligte im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages abgegeben hatten (siehe oben, Randnr. 33).

260.
    Wie bereits ausgeführt worden ist (Randnrn. 89 bis 96) hat das Gericht daher zu prüfen, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung die Überlegungen der Kommission klar und unzweideutig wiedergibt, und zwar insbesondere im Hinblick auf die für die Beurteilung des Beihilfevorhabens in bezug auf seine Wirkung wesentlichen Rügen, die die Beteiligten der Kommission im Verwaltungsverfahren zur Kenntnis gebracht haben.

261.
    Liest man die gesamten beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen, so ergibt sich, daß einige dieser Beteiligten bei der Kommission insbesondere darauf bestanden hatten, daß diese die Auswirkungen der Beihilfe auf die mit der Air France im Wettbewerb stehenden Fluggesellschaften und auf die einzelnen betroffenen Flugrouten beurteilen müsse. Es ist nämlich behauptet worden, daß die Beihilfe den zum Air-France-Konzern gehörenden Gesellschaften ermöglichen werde, ihre beherrschende Stellung auf dem französischen Inlandsmarkt weiter auszunutzen. Da der im Luftverkehrssektor maßgebliche geographische Markt aus den Verbindungen bestehe, die die Nutzer als substituierbar ansehen, d. h. die Routen von Stadt zu Stadt, müsse außerdem die Frage der Substituierbarkeit geprüft werden. Andere wettbewerbsfähige Gesellschaften könnten nämlich die bisher von der Air France bedienten Routen übernehmen. Darüber hinaus müsse die Kommission ihr Augenmerk auf die Auswirkungen der Beihilfe auf die Lage der kleinen Fluggesellschaften richten, die häufig von einigen speziellen Routen abhingen. Der Umstand, daß ein großes Verkehrsunternehmen wie die Air France eine staatliche Beihilfe erhalte, könne das Gleichgewicht im Wettbewerb auf diesen Routen beeinträchtigen.

262.
    Einige der Beteiligten haben die Auswirkungen der streitigen Beihilfe auf den Wettbewerb auf den internationalen Routen außerhalb des EWR unterstrichen. Die Air France habe nämlich in den Niederlanden eine aggressive Werbung betrieben, wobei sie sehr niedrige Tarife für Flüge via Paris u. a. nach Hongkong, Singapur, Jakarta, Tokio, Kapstadt und Johannisburg angeboten habe (KLM, Erklärungen S. 1). Die Air France stehe im Wettbewerb auf 8 der 20 internationalen Routen, auf denen der Wettbewerb am heftigsten sei (Vereinigtes Königreich, Erklärungen S. 6). Die anderen Gesellschaften in der Gemeinschaft, die auf außergemeinschaftlichen Routen präsent seien, würden aufgrund der möglichen Substituierbarkeit berührt, die z. B. zwischen Rom und London bei einem Flug nach New York bestehe. Es bestehe daher eine Wettbewerbssituation auf allen Routen zwischen Europa und Nordamerika zum einen und dem Fernen Osten zum anderen. So stehe die British Airways im Wettbewerb mit anderen Gesellschaften, was die Flüge Rom—New York und Paris—New York angehe. Für viele europäische Gesellschaften sei der Inlandsmarkt zu klein. Die außergemeinschaftlichen Routen seien daher langfristig für sie lebenswichtig, weshalb viele sich weitgehend auf den Transatlantikverkehr stützten (S. ii, 57 und

58 des Lexecon-Berichts über die Auswirkungen der staatlichen Beihilfe auf den Wettbewerb für die europäische Luftverkehrsindustrie, den die British Airways im Verwaltungsverfahren vorgelegt und der Klageschrift der Rechtssache T-371/94 als Anlage 17 beigefügt hat).

263.
    Was die Kommission angeht, ist daran zu erinnern, daß ihre Dienststellen sich der durch die Auswirkung der Beihilfe auf die Stellung der Air France im Wettbewerb hervorgerufenen Probleme in dem Maße bewußt waren, daß sie bereits in der Mitteilung vom 3. Juni 1994 erklärt hatten, daß sie diese Auswirkungen auf die internationalen und die inländischen Routen prüfen müßten, auf denen die Air France mit anderen europäischen Verkehrsunternehmen im Wettbewerb stehe, und hinzugefügt hatten, daß der Umstrukturierungsplan der Air France keine Analyse des Streckennetzes und seiner künftigen Entwicklung enthalte (ABl. S. 8).

264.
    Was die angefochtene Entscheidung angeht, ist festzustellen, daß die Kommission bei der Prüfung, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigt, darauf hinweist, daß sie bei Einleitung des Verwaltungsverfahrens erklärt habe, daß sie die Auswirkungen der Beihilfe auf die Stellung der Air France im Wettbewerb sowohl auf den internationalen Routen als auch auf den Inlandsrouten untersuchen müsse, wo die Air France im Wettbewerb mit anderen europäischen Gesellschaften stehe. Sodann unterstreicht die Kommission, daß die französische Regierung für die Laufzeit des Umstrukturierungsplans zugesichert habe,

—    die Zahl der Flugzeuge der von der Air France betriebenen Flotte nicht auf mehr als 146 zu erhöhen (Bedingung Nr. 7);

—    das Angebot der Air France auf den Strecken zwischen Frankreich und den anderen Ländern des EWR nicht über das 1993 erreichte Niveau hinaus zu steigern (Bedingung Nr. 8);

—    dafür Sorge zu tragen, daß die Air France keine Praktiken anwende, die darin bestünden, für ein gleichwertiges Angebot auf Verbindungen innerhalb des EWR niedrigere Tarife als ihre Konkurrenten anzubieten (Bedingung Nr. 9);

—    der Air France bei den Verkehrsrechten keine Vorzugsbehandlung einzuräumen (Bedingung Nr. 10);

—    dafür Sorge zu tragen, daß die Air France zwischen Frankreich und den anderen Ländern des EWR nicht mehr Linienverbindungen betreibe als 1993, d. h. 89 Linienverbindungen (Bedingung Nr. 11);

—    das Angebot von Air Charter auf dem Stand von 1993 zu beschränken (Bedingung Nr. 12) (ABl. S. 79, 86, 88 und 89).

265.
    Die Kommission ist der Ansicht, daß diese in Bedingungen für die Genehmigung der Beihilfe umgewandelten Zusicherungen den Spielraum, über den Air France bei der Kapazität, beim Angebot und bei der Preisfestsetzung verfüge, sehr stark einschränken, und daß diese Einschränkungen notwendig seien, damit die Beihilfe nicht dazu verwendet werden könne, die Schwierigkeiten der Air France auf ihre Wettbewerber zu verlagern. Die Zusicherungen hinderten die Air France daran, auf allen von ihr innerhalb des EWR beflogenen Strecken eine aggressive Tarifpolitik zu betreiben (ABl. S. 86).

266.
    Was insbesondere die Auswirkungen der Beihilfe auf dem französischen Inlandsmarkt angeht, weist die Kommission noch auf folgendes hin:

—    die französischen Behörden hätten zugesichert, die Regeln für die Aufteilung des Verkehrs auf das Pariser Flughafensystem gemäß der Entscheidung 94/290/EG der Kommission vom 27. April 1994 in einem Verfahren zur Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 (SacheVII/AMA/II/93 — TAT— Paris(Orly)—London, ABl. L 127, S. 22) so zu ändern, daß sie nicht mehr diskriminierend seien (Bedingung Nr. 15),

—    die französischen Behörden hätten zugesichert, daß sie dafür Sorge tragen würden, daß die Umbauarbeiten an dem dem internationalen Verkehr vorbehaltenen Abfertigungsgebäude Orly-Süd und an dem dem Inlandsverkehr vorbehaltenen Abfertigungsgebäude Orly-West die Wettbewerbsbedingungen nicht zum Nachteil der den Flughafen Orly anfliegenden Fluggesellschaften beeinträchtigten (Bedingung Nr. 16),

—    sie habe am 27. April 1994 eine Entscheidung erlassen, wonach Frankreich den Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft spätestens ab 27. Oktober 1994 die Ausübung von Verkehrsrechten auf den Strecken Paris(Orly)—Toulouse und Paris(Orly)—Marseille genehmigen müsse (ABl. S. 87 und 88).

267.
    Aus dieser Begründung geht hervor, daß die Kommission die Wettbewerbssituation nicht „Strecke für Strecke“ geprüft hat, obwohl eine solche Prüfung von den Beteiligten angeregt und von der Kommission selbst ins Auge gefaßt worden war. Anstatt die Auswirkung der Beihilfe auf die einzelnen von der Air France beflogenen Linien im einzelnen zu untersuchen, hat die Kommission sich dafür entschieden, dem französischen Staat die sechzehn in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Bedingungen für die Genehmigung der Beihilfe zu stellen. Daraus folgt, daß die Kommission diese Bedingungen als geeignet und ausreichend dafür ansieht, sicherzustellen, daß die Auswirkungen der in den Anwendungsbereich der Artikel 92 EG-Vertrag und 61 des EWR-Abkommens fallenden Beihilfe für den Zivilluftfahrtsektor dem gemeinsamen Interesse nicht zuwiderlaufen.

268.
    Es ist festzustellen, daß die Bedingungen in bezug auf die Höchstzahl der Flugzeuge der Air France (Nr. 7), das Verbot, der Air France bei den Verkehrsrechten eine Vorzugsbehandlung einzuräumen (Nr. 10) und die Begrenzung des Angebots der Air Charter (Nr. 12), deren Geltung keinen geographischen Grenzen unterliegt, auf jeden Fall das Gebiet des EWR erfassen. Was die Bedingungen in bezug auf den Umfang des Angebots der Air France (Nr. 8), die Tarifierungspraktiken der Air France (Nr. 9), die Höchstzahl der Linienverbindungen (Nr. 11), die Regeln für die Aufteilung des Verkehrs auf das Pariser Flughafensystem (Nr. 15) und den Umbau der beiden Abfertigungsgebäude in Orly (Nr. 16) angeht, so betreffen sie spezifisch den geographischen Markt innerhalb des EWR einschließlich des französischen Inlandsmarkts. Die Kommission stellt ausdrücklich fest, daß diese Bedingungen den Spielraum der Air France einschränkten und sie daran hinderten, „auf den von ihr innerhalb des EWR beflogenen Strecken“ eine aggressive Preispolitik zu betreiben (ABl. L 86).

269.
    Was die Begründung angeht, zeigt die Art und Weise, in der die Problematik behandelt wird, nach Ansicht des Gerichts, daß die Kommission sich tatsächlich mit der Wettbewerbssituation innerhalb des EWR befaßt hat, wobei die Frage, ob die oben genannten Bedingungen für die Genehmigung wirklich ausreichend und dafür geeignet sind, zur Prüfung der Begründetheit gehört. Auch wenn diese Begründung den Erklärungen der Beteiligten nicht folgt, die einer Prüfung „Strecke für Strecke“ vorgeschlagen hatten, zeigt sie doch klar, daß die Kommission es für zweckmäßig gehalten hat, eine solche Prüfung durch den Mechanismus der sechzehn dem französischen Staat gestellten Bedingungen für die Genehmigung zu ersetzen. Dies ermöglicht den Beteiligten, die Reaktion der Kommission auf ihre Erklärungen festzustellen, zu prüfen, ob die von der Kommission gewählte Betrachtungsweise begründet ist, und ihre Interessen vor dem Gemeinschaftsgericht in der Weise zu vertreten, daß sie geltend machen, daß der Mechanismus der sechzehn Bedingungen in Anbetracht der innerhalb des EWR herrschenden Wettbewerbssituation nicht umfassend und sachgerecht sei.

270.
    Es ist jedoch festzustellen, daß die Begründung der angefochtenen Entscheidung keinerlei Angaben über die Wettbewerbssituation der Air France außerhalb des EWR enthält. Zum einen fehlt eine Untersuchung des internationalen Streckennetzes der Air France, bei der die Routen berücksichtigt würden, auf denen die Air France im Wettbewerb mit anderen Fluggesellschaften mit Sitz innerhalb des EWR steht. Zum andern erstrecken sich die Bedingungen für die Genehmigung, die den Umfang des Sitzplatzangebots der Air France (Nr. 8), deren Tarifierungspraktiken (Nr. 9) und die Höchstzahl der betriebenen Linienverbindungen (Nr. 11) betreffen, nur auf die Verbindungen nach außerhalb des EWR liegenden Ländern, die die Air France betreibt oder betreiben will, d. h. die Langstreckenflüge, insbesondere die transatlantischen. Aus der Sicht der Kommission steht es der — durch die genehmigte Beihilfe finanziell gestärkten — Air France daher vollkommen frei, auf den außerhalb des EWR liegenden internationalen Verbindungen ihre Kapazitäten aufzustocken, die Zahl dieser

Verbindungen zu erhöhen und Tarife anzuwenden, die so niedrig sind, wie sie es wünscht.

271.
    Der Umstrukturierungsplan der Air France sieht aber ausdrücklich den Ausbau der Langstreckenrouten und eine Erhöhung der Frequenzen auf rentablen Strecken vor, und die französischen Behörden haben eine Erweiterung des Angebots der Air France im Langstreckenverkehr um 10,2 % angekündigt (ABl. S. 76 und 77). Darüber hinaus hatten die Beteiligten die Kommission erstens auf die Problematik der Definition des maßgeblichen Marktes im Luftverkehr aufmerksam gemacht, der ihrer Ansicht nach aus spezifischen Routen besteht, die die Nutzer als austauschbar ansähen, zweitens darauf, daß die Air France versucht habe, mit einer Werbekampagne Kundschaft aus den Niederlanden für Flüge zu außerhalb des EWR liegenden Zielen via Paris zu gewinnen, womit die Air France selbst zeige, daß diese Flüge mit Hilfe eines geeigneten Zubringerluftverkehrs weitgehend austauschbar seien, und drittens auf die entscheidende Bedeutung dieser Flüge auf das langfristige Überleben zahlreicher europäischer Fluggesellschaften.

272.
    Außerdem hat die Kommission in ihrer Entscheidung vom 5. Oktober 1993 (Air France, Sabena, siehe Randnnrn. 218 und 219) den maßgeblichen Markt als den planmäßigen Luftverkehr definiert, mit dem zwei geographische Zonen verbunden werden können, d. h. ein Bündel von Flugverbindungen, soweit eine Austauschbarkeit zwischen den Verbindungen besteht, die dieses Bündel bilden, wobei eine solche Austauschbarkeit auf verschiedenen Faktoren wie u. a. der Länge der Verbindungen, der Entfernung zwischen den einzelnen Flughäfen an den Endpunkten der jeweiligen Verbindungen, die das Bündel bilden, oder der Frequenz auf der jeweiligen Verbindung beruht (Nr. 25). Demzufolge ist die Kommission in bezug auf die Verbindung zwischen Europa und dem französischsprachigen Schwarzafrika zu dem Ergebnis gelangt, daß der maßgebliche Markt als ein Bündel von Verbindungen zwischen allen Abflugpunkten im EWR zum einen und jedem einzelnen Zielort in Afrika zum anderen definiert werden könne (Nr. 39).

273.
    Das Gericht ist der Auffassung, daß die Kommission in Anbetracht dieser Entscheidungspraxis und mit Rücksicht auf die diesbezüglichen Erklärungen der Beteiligten verpflichtet war, sich zur Problematik von Flugverbindungen außerhalb des EWR zu äußern, auf denen die durch die genehmigte Beihilfe begünstigte Air France im Wettbewerb mit anderen innerhalb des EWR niedergelassenen Gesellschaften stand. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil Bremer Vulkan/Kommission (zitiert in Randnr. 94, Randnrn. 53 und 54) entschieden hat, stellen Angaben über die Lage auf den betreffenden Märkten, insbesondere die Stellung des durch eine Beihilfe begünstigten Unternehmens und diejenige der Konkurrenzunternehmen einen wesentlichen Bestandteil der Begründung einer Entscheidung über die Vereinbarkeit eines Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 92 des Vertrages dar. Zwar ist das genannte Urteil aufgrund von Artikel 92 Absatz 1 erlassen worden, nach Ansicht

des Gerichts ist eine derartige Begründung aber auch im Rahmen der Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens in bezug darauf geboten, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert.

274.
    Da die Kommission die Bedingungen Nrn. 8, 9 und 11 nicht auf die von der Air France beflogenen Routen außerhalb des EWR erstreckt hat, hätte die Kommission — im Rahmen ihrer Untersuchung des maßgeblichen Marktes — ermitteln müssen, ob die z. B. ab Paris, London, Rom, Frankfurt, Kopenhagen, Amsterdam oder Brüssel durchgeführten Flüge außerhalb des EWR untereinander austauschbar waren und ob daher bei diesen Flügen eine Wettbewerbssituation zwischen den Fluggesellschaften bestand, deren Verkehrsknotenpunkt in einer dieser Städte liegt.

275.
    Die Wichtigkeit einer solchen Begründung wird durch die nicht bestrittenen Zahlen veranschaulicht, die die Kläger in der Rechtssache T-371/94 vorgelegt haben, um nachzuweisen, daß ein großer Teil der Umsätze und Gewinne der British Airways, der SAS und der KLM auf Routen außerhalb des EWR, insbesondere auf den Verbindungen mit den Vereinigten Staaten, Kanada, Afrika, dem Mittleren Osten, Indien und dem Fernen Osten, erzielt wird (Klageschrift Nr. 212 und Fußnote 282). Wie der Gerichtshof im Urteil Bremer Vulkan/Kommission (zitiert in Randnr. 94, Randnr. 34) entschieden hat, können solche nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung datierenden Gegebenheiten berücksichtigt werden, um die Begründungspflicht der Kommission zu veranschaulichen. Auf jeden Fall hatten einige der Beteiligten gegenüber der Kommission bereits unterstrichen, daß die außergemeinschaftlichen, insbesondere die transatlantischen Routen von entscheidender Bedeutung für das Überleben zahlreicher europäischer Fluggesellschaften seien und daß der Wettbewerb auf diesen Routen am heftigsten sei.

276.
    Ferner liegt auf der Hand, daß eine Erhöhung der Kapazitäten der Air France und deren Preisführerschaft bei niedrigen Tarifen auf einer bestimmten Route nach einem Ziel außerhalb des EWR von dem Knotenpunkt der Air France auf dem Flughafen Paris (CDG) aus Auswirkungen auf den Zubringerluftverkehr nach diesem Knotenpunkt haben kann. Wenn nämlich die wirtschaftliche Bedeutung des Knotenpunkts Paris zu Lasten anderer Knotenpunkte innerhalb des EWR zunimmt, wird der Zubringerluftverkehr nach Paris proportional zunehmen, und zwar zum Nachteil des Zubringerluftverkehrs nach anderen Knotenpunkten. Das Vorbringen der Beteiligten zur Lage der kleinen, oft von einigen spezifischen Routen abhängigen Fluggesellschaften, erscheint daher von wesentlicher Bedeutung, so daß die Kommission sich auch dazu hätte äußern müssen. Zur Veranschaulichung ist hinzuzufügen, daß — wie die British Midland in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgetragen hat, ohne daß dies bestritten worden wäre — 30 % ihrer Passagiere Transitpassagiere waren, die zu anderen Zielen auf Langstreckenrouten reisten. Die Kommission durfte folglich die Lage der kleinen im Zubringerluftverkehr tätigen Gesellschaften nicht stillschweigend übergehen.

277.
    Die Problematik der Routen nach Zielen außerhalb des EWR und des diesbezüglichen Zubringerluftverkehrs kann nicht als durch die Bedingung Nr. 7 (Beschränkung der Anzahl der Flugzeuge der Air France) in Verbindung mit der Bedingung Nr. 9 (Einschränkung der Preisführerschaft der Air France beim Zubringerluftverkehr innerhalb des EWR) sowie die Verpflichtung der Air France, die Ziele ihrer Umstrukturierung zu erreichen, gelöst angesehen werden. Wenn es nämlich zutrifft, daß auf den Routen außerhalb des EWR die höchsten Gewinne erzielt werden, wird die Air France alles daran setzen, die größtmögliche Zahl ihrer Flugzeuge auf den ertragreichsten internationalen Routen einzusetzen, ohne in irgendeiner Weise den Erfolg ihrer Umstrukturierung zu gefährden. Was den Zubringerluftverkehr angeht, genügt die Feststellung, daß nichts die Air France verpflichtet, diesen selbst zu übernehmen, da dieser Verkehr nach dem Knotenpunkt Paris von jeder beliebigen von der Air France getrennten Fluggesellschaft wie der Air Inter übernommen werden kann, für die die von der Kommission vorgeschriebenen Bedingungen für die Genehmigung nicht gelten (siehe oben, Randnr. 215); die wirtschaftliche Bedeutung der Bedingung Nr. 9 erscheint daher, soweit sie den von der Air France innerhalb des EWR übernommenen Zubringerluftverkehr erfaßt, im Verhältnis zu der globalen Problematik der Routen außerhalb des EWR gering.

278.
    Schließlich werden der Air Inter durch die Bedingung Nr. 12 zwar absolute Angebotsgrenzen vorgeschrieben, die sich daher auch auf die Routen außerhalb des EWR beziehen, die wirtschaftliche Bedeutung der Air Charter mit 17 Flugzeugen ist aber gegenüber derjenigen der Air France so minimal, daß diese Bedingung für sich allein nicht geeignet ist, den Mangel der Begründung in bezug auf die Lage der Air France auf diesen Linien zu kompensieren. Das gleiche gilt für die Bedingung Nr. 10, durch die den französischen Behörden untersagt wird, der Air France bei den Verkehrsrechten eine Vorzugsbehandlung einzuräumen. Zwar erstreckt sich diese Bedingung auch auf die Rechte in bezug auf Routen außerhalb des EWR, sie kann aber nur Fluggesellschaften zugute kommen, die diese Rechte nutzen können. Dabei handelt es sich im wesentlichen um Gesellschaften aus Drittländern und französische Gesellschaften wie Air France, Air Inter, Air Charter, Air Liberté, Corsair, AOM, TAT und Euralair, soweit sie diese Routen von und nach Frankreich bedienen wollen. Dagegen profitieren die europäischen Gesellschaften, die die Routen außerhalb des EWR im Wettbewerb mit der Air France im wesentlichen von ihren eigenen außerhalb Frankreichs gelegenen Knotenpunkten aus bedienen, von der Bedingung Nr. 10 nur in unbedeutendem Ausmaß.

279.
    Die Kommission sowie die Streithelferinnen, die Air France und die Französische Republik, haben im Rahmen des vorliegenden Verfahrens geltend gemacht, die Verkehrsrechte auf den Verbindungen außerhalb des EWR, insbesondere den Transatlantikrouten, seien in bilateralen Abkommen geregelt und eine Beschränkung in bezug auf die Tarifierung, die Kapazität und die Zahl der Routen sei für die Air France in der Weise nachteilig gewesen, daß sie deren Wettbewerbsfähigkeit verringert habe. Eine solche Beschränkung sei nur für

Gesellschaften außerhalb des EWR von Vorteil gewesen und sei daher dem gemeinsamen Interesse offensichtlich zuwidergelaufen. Es ist jedoch festzustellen, daß diese von den Bevollmächtigten der Kommission und der Streithelfer vor dem Gericht dargelegte Argumentation sich nicht in der angefochtenen Entscheidung findet. Dieses Vorbringen ist folglich nicht durch das Kollegialitätsprinzip gedeckt und ihm ist daher nicht zu folgen. Es kann demzufolge dem Begründungsmangel, an dem die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt leidet, nicht abhelfen (siehe oben, Randnrn. 116 bis 118).

280.
    Nach alledem entspricht die Begründung der angefochtenen Entscheidung, was die Bewertung der Auswirkungen der Beihilfe auf die Wettbewerbsstellung der Air France hinsichtlich ihres Streckennetzes außerhalb des EWR und des diesbezüglichen Zubringerluftverkehrs angeht, nicht den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages. Infolge dieses Begründungsmangels kann das Gericht nicht prüfen, ob das Vorbringen zu diesen Punkten begründet ist (siehe oben, Randnrn. 238 ff.). Darüber hinaus ist das Gericht nicht in der Lage, sich zu dem Vorbringen zu den Tarifpraktiken der Air France auf deren Streckennetz außerhalb des EWR, die als operative Maßnahmen angeblich durch die Beihilfe finanziert werden, zu äußern (siehe oben, Randnrn. 142 und 143).

281.
    Dagegen ist das Gericht in der Lage, zu prüfen, ob die Beurteilung der Auswirkungen der Beihilfe auf die Wettbewerbsstellung der Air France innerhalb des EWR den Sachrügen standhält, die die Klägerinnen und die zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen dem Verfahren beigetretenen Streithelfer erhoben haben.

2.    Zur Begründetheit

282.
    Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die wirtschaftlichen Wertungen bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages, in bezug auf die die Kommission über ein weites Ermessen verfügt, auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind (Urteil Philip Morris/Kommission, zitiert in Randnr. 79, Randnr. 24), was bedeutet, daß die Kommission verpflichtet ist, die Auswirkung einer Beihilfe auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel zu prüfen (Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnr. 136). Da die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Fall auch auf der Grundlage des Artikels 61 des EWR-Abkommens erlassen worden ist, ist der in dem obenstehenden Urteil festgelegte Prüfungsrahmen auf den Europäischen Wirtschaftsraum auszudehnen.

283.
    Außerdem hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69 (Frankreich/Kommission, Slg. 1970, 487, Randnr. 7) entschieden, daß es bei der Entscheidung, ob eine Beihilfe die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert, notwendig ist, insbesondere zu prüfen, ob nicht ein Ungleichgewicht zwischen den von den

betroffenen Unternehmen zu tragenden Lasten einerseits und den sich aus der Beihilfe ergebenden Vorteilen andererseits besteht. Es ist folglich Sache der Kommission, im Rahmen ihrer Prüfung der Auswirkung einer staatlichen Beihilfe die positiven Auswirkungen der Beihilfe und ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines Systems unverfälschten Wettbewerbs gegeneinander abzuwägen, wie die Kommission im übrigen selbst in ihrem Vierzehnten Bericht über die Wettbewerbspolitik (1984, S. 147, Nr. 202) festgestellt hat.

284.
    Was die Frage angeht, ob die Kommission im vorliegenden Fall eine solche Abwägung vorgenommen hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß in der angefochtenen Entscheidung eine historische Übersicht über die verschiedenen Umstrukturierungspläne gegeben wird, die die Air France seit 1991 zur Bewältigung ihrer Finanzprobleme verabschiedet hat: den CAP'93, in dessen Rahmen der Air France 5,8 Milliarden FF gewährt wurden, den PRE 1 und den PRE 2 (ABl. S. 74). Die Kommission hat also die Vorgeschichte des streitigen Planes und insbesondere die bereits als Beihilfe gezahlten 5,8 Milliarden berücksichtigt, als sie die positiven und die negativen Auswirkungen der Beihilfe, die Gegenstand der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten ist, bewertet hat.

285.
    Die Kommission hat dadurch, daß sie feststellt, daß die französische Regierung Mehrheitsaktionär der Air France sei (ABl. S. 76), und daß sie die französischen Behörden zur Einleitung des Privatisierungsprozesses verpflichtet (Artikel 1 Nr. 2 der angefochtenen Entscheidung, ABl. S. 88), auch berücksichtigt, daß die Air France zum öffentlichen Sektor gehört. Daß die Kommission eine einem öffentlichen Unternehmen gezahlte Beihilfe genehmigt, bedeutet als solches aber noch nicht, daß die mit der Beihilfeempfängerin im Wettbewerb stehenden Privatunternehmen diskriminierend behandelt werden. Wie aus dem Urteil Italien/Kommission (zitiert in Randnr. 125, Randnr. 19) hervorgeht, hat die Kommission nämlich auch bei staatlichen Beihilfen den Grundsatz der Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen zu beachten. Die Kommission konnte daher die streitige staatliche Beihilfe genehmigen, ohne damit die privaten Wettbewerber der Air France diskriminierend zu behandeln, vorausgesetzt, daß die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert.

286.
    Die Kommission war auch nicht verpflichtet, in dem hier bestehenden Zusammenhang die von der Air France geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen mit den von anderen Fluggesellschaften beschlossenen zu vergleichen und erst recht nicht dazu, zu verlangen, daß die Umstrukturierung der Air France sich nach derjenigen einer anderen Gesellschaft richten solle (siehe bereits oben, Randnrn. 135 und 211). Ob Maßnahmen zur Umstrukturierung eines Unternehmens geeignet sind, hängt nämlich von dessen Lage im Einzelfall sowie von dem wirtschaftlichen und politischen Rahmen ab, in dem die betreffenden Maßnahmen getroffen werden. Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei Erlaß

der angefochtenen Entscheidung im Juli 1994 einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung im Sektor der europäischen Zivilluftfahrt, die Entwicklung recht günstiger Aussichten für diesen Sektor und das Fehlen einer durch Überkapazitäten gekennzeichneten strukturellen Krise festgestellt (ABl. S. 81 und 82). Diese Gegebenheiten konnten rechtfertigen, daß die von der Air France geplanten und von der Kommission gebilligten Umstrukturierungsmaßnahmen weniger einschneidend als die Maßnahmen waren, die von anderen Gesellschaften im Hinblick auf deren spezifische Lage und den spezifischen Zusammenhang durchgeführt worden waren.

287.
    Wie bereits festgestellt worden ist (vgl. Randnr. 267), hat die Kommission es zwar unterlassen, bei ihrer Untersuchung der Auswirkung der Beihilfe auf den Wettbewerb und den Handel innerhalb des EWR die Wettbewerbssituation „Strecke für Strecke“ zu prüfen, und hat daher nicht in bezug auf jede einzelne von der Air France tatsächlich oder potentiell bediente Verbindung die Bedingungen eines unmittelbaren oder mittelbaren Wettbewerbs mit anderen Fluggesellschaften gestellt, sie hat jedoch dem französischen Staat eine Reihe von Bedingungen auferlegt, durch die der Handlungsspielraum der Air France, insbesondere bei der Kapazität, dem Sitzplatzangebot und der Festsetzung der Tarife, beschränkt werden soll (siehe oben, Randnrn. 264 bis 268).

288.
    Nach Ansicht des Gerichts liegt diese Grundsatzentscheidung im Rahmen des Ermessens, über das die Kommission auf diesem Gebiet verfügt. Zum einen ist die Kommission grundsätzlich befugt, eine Entscheidung, durch die eine Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages genehmigt wird, an Bedingungen zu knüpfen, durch die sichergestellt werden soll, daß die genehmigte Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert (Urteil des Gerichts vom 13. September 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-244/93 und T-486/93, TWD/Kommission, Slg. 1995, II-2265, Randnr. 55). Zum andern ist die Air France, eine der drei großen europäischen Fluggesellschaften, innerhalb des gesamten EWR tätig. Die Kommission durfte daher annehmen, daß die Auswirkungen der Beihilfe nicht im Verhältnis zu dieser oder jener einzelnen Verbindung oder spezifischen Region zu beurteilen waren, sondern im Verhältnis zum gesamten EWR. Es erscheint nicht fehlerhaft, zu diesem Zweck das gesamte Tätigkeitsfeld der Air France mit einem Netz von Verpflichtungen zu überziehen, das den Schutz aller gegenwärtigen und potentiellen Wettbewerber der Air France gegen jegliche aggressive Politik bezweckt, die diese zu verfolgen versucht sein könnte, und zwar um so mehr, als die Kommission den Mechanismus der Bedingungen für die Genehmigung dadurch verstärkt hat, daß sie in Artikel 3 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung vorschreibt, daß die Einhaltung dieser Bedingungen durch unabhängige Sachverständige überprüft werden soll.

289.
    Dieser Schlußfolgerung widerspricht auch nicht die Vorgehensweise, die die Kommission u. a. in ihren Entscheidungen Aer Lingus (zitiert in Randnr. 55, ABl. S. 39) und Olympic Airways (zitiert in Randnr. 174, ABl. S. 30 und 35) gewählt hat,

in denen sie tatsächlich eine Bewertung einiger spezifischer von den betroffenen Fluggesellschaften bedienter Routen vorgenommen hat. Bei diesen beiden Gesellschaften, die im Verhältnis zur Air France von verhältnismäßig bescheidener Größe sind, kann eine bestimmte Route in ihren Tätigkeiten nämlich von ausschlaggebender Bedeutung sein, was rechtfertigt, daß die Prüfung der Auswirkung einer Beihilfe, die einer dieser Gesellschaften gewährt worden ist, in dieser Weise konzentriert wird, während das von der Air France beflogene Streckennetz innerhalb des EWR einen homogeneren Charakter aufweist.

290.
    Soweit die Wirksamkeit der dem französischen Staat gestellten Bedingungen vor dem Gericht bestritten worden ist, und zwar insbesondere im Hinblick auf die für die Air France bestehenden Möglichkeiten, diese Bedingungen zu umgehen, ist festzustellen, daß der rechtliche und praktische Nutzen derartiger Bedingnungen für die Genehmigung darin besteht, daß der betreffende Mitgliedstaat für die ordnungsgemäße Durchführung der Genehmigungsentscheidung Sorge zu tragen und die Kommission zu prüfen hätte, ob die Rückforderung der Beihilfe zu verlangen ist, falls das begünstigte Unternehmen von diesen Bedingungen abweichen sollte (Urteil des Gerichts von 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-380/94, AIUFFASS und AKT/Kommission, Slg. 1996, II-2169, Randnr. 128). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Februar 1992 in der Rechtssache C-294/90 (British Aerospace und Rover/Kommission, Slg. 1992, I-493, Randnr. 11) entschieden, daß die Kommission, wenn der Staat die Bedingungen, von denen die Kommission eine Entscheidung über die Genehmigung einer Beihilfe abhängig gemacht hat, nicht beachtet, gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Vertrages in Abweichung von den Artikeln 169 und 170 des Vertrages den Gerichtshof unmittelbar anrufen kann.

291.
    In Anbetracht des Systems, in dem die einer Entscheidung über die Genehmigung einer Beihilfe zugrunde liegenden Bedingungen ihre Wirkung entfalten, vermag die bloße Behauptung, daß eine der Bedingungen in Zukunft nicht eingehalten werde, die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht in Frage zu stellen (Urteil AIUFFASS und AKT/Kommission, zitiert in Randnr. 290, Randnr. 128). Generell kann die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftshandlung weder von gegebenenfalls bestehenden Umgehungsmöglichkeiten noch von rückschauenden Betrachtungen über ihren Wirkungsgrad abhängen (Urteil Schröder, zitiert in Randnr. 81, Randnr. 14).

292.
    Alle Rügen, mit denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung mit der Begründung in Zweifel gezogen wird, daß die Kontrolle der Beachtung der dem französischen Staat auferlegten Bedingungen für die Genehmigung nicht wirksam sei oder daß die Air France Möglichkeiten habe, diese Bedingungen zu umgehen, brauchen daher nicht geprüft zu werden, da sie unerheblich sind. Soweit sich später herausstellen sollte, daß diese Bedingungen nicht in vollem Umfang beachtet worden sind oder daß es der Air France tatsächlich gelungen ist, sich der Wirkung dieser Bedingungen mißbräuchlich zu entziehen, so hätte die Kommission

gegebenenfalls anläßlich der Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe zu prüfen, ob der genehmigte Betrag zu kürzen ist, oder zu entscheiden, ob von der Französischen Republik zu verlangen ist, daß sie die gezahlte Beihilfe ganz oder teilweise zurückfordert.

293.
    Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung kann folglich mit den Rügen in Zweifel gezogen werden, die dahin gehen, daß die Bedingungen für die Genehmigung ihrem Wesen nach offensichtlich ungeeignet und insbesondere ihrer Tragweite nach rechtlich unzureichend gewesen seien.

294.
    Das Gericht ist der Ansicht, daß die Kommission entgegen der in diesem Zusammenhang von der Klägerin in der Rechtssache T-394/94 erhobenen Rüge durch die Beschränkung der Geltung der Mehrzahl dieser Bedingungen auf die Laufzeit des Umstrukturierungsplans keinen Fehler begangen hat. Es liegt nämlich auf der Hand, daß die Einschränkungen, die zur Begrenzung der Auswirkungen derBeihilfe vorgeschrieben worden waren, nicht endlos gelten konnten. Unter den Umständen des vorliegenden Falles erscheint es nicht willkürlich, das Ende der Geltungsdauer dieser Bedingungen mit dem Ende der Durchführung des Umstrukturierungsplans zusammenfallen zu lassen.

295.
    Im Lichte der vorstehenden Erwägungen sind sodann die Rügen zu prüfen, die sich gegen einige spezifische Bedingungen für die Genehmigung richten. Diese Prüfung wird letztlich zeigen, ob die Kommission — anstatt die Beihilfe zu genehmigen und ihre Entscheidung an mehrere Bedingungen für die Genehmigung zu knüpfen — hätte entscheiden müssen, daß die Beihilfe die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise veränderte.

296.
    Unter diesem Vorbehalt kann die Rüge, die von der Kommission für die Untersuchung der Auswirkungen der Beihilfe auf das gemeinsame Interesse gewählte Methode sei falsch gewesen, nicht durchgreifen.

a) Zur Bedingung Nr. 1

297.
    Durch diese Bedingung werden die französischen Behörden verpflichtet, für folgendes Sorge zu tragen:

„Die gesamte Beihilfe kommt ausschließlich Air France zugute. Unter Air France sind die Compagnie Nationale Air France und alle Gesellschaften, an denen sie mit mehr als 50 % beteiligt ist — mit Ausnahme von Air Inter —, zu verstehen. Um einen Transfer der Beihilfe an Air Inter auszuschließen, wird bis zum 31. Dezember 1994 eine Holding gegründet, die an den Fluggesellschaften Air France und Air Inter Mehrheitsbeteiligungen halten wird. Zwischen den Unternehmen des Konzerns finden weder vor noch nach der tatsächlichen Gründung der Holding finanzielle Transfers statt, die den Rahmen normaler geschäftlicher Beziehungen sprengen. Alle Dienstleistungen und Übertragungen von Sachwerten zwischen den

Gesellschaften werden daher zu marktüblichen Preisen erfolgen; keinesfalls wird Air France Air Inter Vorzugstarife einräumen.“

Vorbringen der Klägerinnen

298.
    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe dadurch, daß sie die Air Inter nicht in ihre Beurteilung einbezogen habe, einen Fehler begangen, durch den die Bedingungen für die Genehmigung der Beihilfe inhaltlich ausgehöhlt worden seien. Zum Beispiel werde die von der Air France geforderte geringfügige Reduzierung der Kapazität dadurch sehr stark erleichtert, daß die Air Inter unbegrenzte Möglichkeiten besitze, ihre Kapazität zu erhöhen. Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, daß die Struktur der geplanten Holding die Air Inter daran hindere, in irgendeiner Weise von der Beihilfe zu profitieren. Die Air Inter und die Air France stellten eine wirtschaftliche Einheit dar, so daß sie für die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Regeln für staatliche Beihilfen als ein einziges Unternehmen zu betrachten seien. Die Änderung des Verhältnisses zwischen der Air France und der Air Inter, bei dem es sich nicht mehr um ein Verhältnis zwischen Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft, sondern um ein solches zwischen zwei von derselben Holding kontrollierte Gesellschaften handele, ändere nichts an dieser Schlußfolgerung. Gleichzeitig sei ein Wettbewerb zwischen der Air France und der Air Inter undenkbar, da sie die gleichen wirtschaftlichen Interessen hätten.

299.
    In diesem Zusammenhang stellen die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 — gestützt auf im August und im September 1994 in der Presse erschienene Artikel — fest, daß Präsident der Holding Christian Blanc sein werde, der seinen Posten als Präsident der Air France behalten werde; 14 weitere Direktoren würden aus dem Kreis der Direktoren und Angestellten der Air France und der Air Inter ausgewählt. der Präsident der Air Inter werde auch dem Verwaltungsrat der Holding angehören und sei im übrigen zum Präsidenten des neuen Zentrums der Air France für dessen europäische Tätigkeiten, dem „Centre de Résultat Europe“, ernannt worden. Die Air Inter werde mit dem „Centre de Résultat Europe“ der Air France unmittelbar nach dem Ende der Laufzeit des Umstrukturierungsplans, d. h. am 1. Januar 1997, fusionieren. In der Zwischenzeit habe die Air Inter damit begonnen, einige europäische Routen der Air France an deren Stelle zu betreiben. Im übrigen hielten die Air France und die Air Inter Anteile an denselben Unternehmen und hätten ihre Zusammenarbeit auf mehreren Gebieten verstärkt. Darüber hinaus habe die Kommission selbst die Air Inter als einen zum Kernbereich der Air France gehörenden Vermögensbestandteil bezeichnet, der nicht habe veräußert werden können.

300.
    Aufgrund der Tatsache, daß die Air Inter zu demselben Konzern wie die Air France gehöre sowie aufgrund der Erklärung, daß die Air Inter mit der Air France fusionieren werde, könne die Air Inter auf die Beihilfe „rechnen“. Dadurch könne die Air Inter den Banken die Gewißheit geben, daß ihre Finanzierung mit

verhältnismäßig geringen Risiken verbunden sei und daß ihre Verpflichtungen nach der Fusion von der neuen Gesellschaft eingelöst werden würden.

301.
    Soweit die Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgeschrieben habe, daß zwischen den beiden Gesellschaften des Konzerns nur normale geschäftliche Beziehungen bestehen dürften, könne diese Bedingung die Air Inter nicht daran hindern, von der streitigen Beihilfe zu profitieren. Es gebe nämlich zahlreiche Formen, in der zwei Gesellschaften desselben Konzerns — insbesondere wenn sie gemeinsame Tätigkeiten und Tochtergesellschaften hätten — Güter und Dienstleistungen zu Bedingungen austauschen könnten, die keinen Bezug zu den marktüblichen Bedingungen hätten, ohne daß irgendeine Möglichkeit bestehe, dies zu überprüfen.

302.
    In diesem Zusammenhang biete das französische Steuerrecht, insbesondere die steuerliche Theorie vom „acte anormal de gestion“ („ungewöhnliche Geschäftsführungshandlung“), die sich auf die von den Gewinnen innerhalb eines Konzerns absetzbaren Aufwendungen beziehe, kein Mittel, um zu überprüfen, ob die Air Inter weder unmittelbar noch mittelbar von der der Air France gewährten Beihilfe profitieren werde. Unmittelbare Transfers wie die Gewährung finanzieller Vergünstigungen durch Provisionen oder Vorzugspreise von seiten der Air France gegenüber der Air Inter im Vorgriff auf die Fusion zwischen den beiden Gesellschaften könnten nämlich nicht als ungewöhnliche Geschäftsführungshandlungen angesehen werden.

303.
    Außerdem sei der Anwendungsbereich der aufgestellten Bedingungen insoweit beschränkt, als er sich nicht auf die Übertragung von rentablen europäischen Strecken und „Slots“ durch die Air France auf die Air Inter erstrecke.

304.
    Was den Austausch von Slots zwischen der Air France und der Air Inter angehe, so erfolge ein derartiger Austausch zwischen Fluggesellschaften häufig. Ein Flughafenslot sei nämlich ein wesentlicher Vermögensbestandteil, der es einer Fluggesellschaft ermögliche, eine bestimmte Route zu betreiben. Es bestehe daher ein Markt, auf dem die Slots ausgetauscht würden. Es gebe jedoch keinen „Marktpreis“. Die zu demselben Konzern gehörenden Fluggesellschaften könnten Slots austauschen, um eine Konzernstrategie umzusetzen. Die Strategie des Air-France-Konzerns gehe aber dahin, die Tätigkeit der Air Inter bis zu der für den 1. Januar 1997 vorgesehenen Fusion außerhalb der französischen Grenzen nach Europa und darüber hinaus auszudehnen. Die Air France könne daher der Air Inter sehr wohl einen sehr rentablen Slot in der Zeit der Verkehrsspitze zum Betrieb einer bestimmten Route übertragen. Aus diesem Grund sei die von der Kommission vorgeschriebene Bedingung, mit der die Trennung zwischen der Air France und der Air Inter aufrechterhalten werden solle, wirkungslos.

305.
    Was die Gesamtheit der Routen angehe, habe die Air Inter dadurch, daß sie vorab von der Air France erfahren könne, welche Routen diese aufgeben wolle, einen erheblichen Vorteil gegenüber ihren unabhängigen Wettbewerbern. Dadurch könne

die Air Inter nämlich die Übernahme einer bestimmten Route vorbereiten, um dann bereit zu stehen, wenn die Air France öffentlich bekanntgebe, daß sie sich von der betreffenden Route zurückziehen werde. Außerdem stelle der Umstand, daß die Air Inter die Infrastruktur der Air France in den betreffenden Flughäfen und Ländern nutzen könne, einen weiteren wichtigen Vorteil gegenüber konkurrierenden Gesellschaften dar, die auf diesen Routen Fuß fassen wollten.

306.
    Aus diesen Gründen könne die Air France ihre Routen tatsächlich an die Air Inter übertragen. Diese Feststellung werde durch im September 1994 in der Presse erschienene Artikel veranschaulicht, in denen offizielle Erklärungen der Air France wiedergegeben seien (Anlage 33 zur Klageschrift). Darüber hinaus sehe eine Vereinbarung von 1992 zwischen der Air France und der Air Inter den Übergang des Flugpersonals der Air France auf die Air Inter für alle europäischen Routen vor, deren Betrieb die Air Inter übernehmen solle. Dabei handele es sich um eine Art von Vereinbarung, die zwei unabhängige Fluggesellschaften im Rahmen des EWR nicht hätten abschließen können.

307.
    Um die von der Air France und der Air Inter verfolgte Konzernstrategie zu demonstrieren, verweisen die Klägerinnen auf den „ABC World Airways Guide“ vom Juni 1994, in dem die Flugpläne zahlreicher in der ganzen Welt tätiger Fluggesellschaften wiedergegeben sind. Darin seien die Flüge der Air Inter unter dem Code „AF“ zusammengefaßt. Durch die Verwendung des Codes „AF“ könne eine Route, die aus einem Inlandsflug der Air Inter und einem internationalen Flug der Air France bestehe, als ein einziger Flug ohne Zwischenlandung dargestellt werden, wodurch dieser Flug im elektronischen Reservierungssystem Vorrang erhalte.

308.
    Die Maersk-Gesellschaften fügen hinzu, das spätere Verhalten der Air France und ihres Konzerns zeige die Nichtbeachtung der Bedingungen, durch die der Air Inter ihre kommerzielle und finanzielle Selbständigkeit habe erhalten werden sollen. Bei den Flugnummern der Air Inter werde nämlich der Informatikcode der Air France zur Koordinierung der elektronischen Reservierungssysteme übernommen; die Air Inter nehme den Namen der zukünftigen europäischen Gesellschaft des Konzerns an und biete ihr vereinfachtes Produkt und ihre niedrigen Tarife auf zahlreichen europäischen Routen, im wesentlichen von Orly aus, an. Darüber hinaus lasse sich die von der Air Inter vorgenommene Preissenkung nur dadurch erklären, daß alle Verluste der Air Inter in wenigen Jahren von der Air France übernommen würden; diese werde in der Zwischenzeit die Beihilfe erhalten haben und werde daher, was die Übernahme derartiger Verluste angehe, in einer besseren Stellung sein.

309.
    Die Streithelferinnen tragen außerdem vor, die Air France und die Air Inter hätten am 2. Januar 1995 das erste Flugzeug in einem neuen gemeinsamen Regional- und Zubringerdienst eingesetzt, der sich „Air France Air Inter Express“ nenne. Nach der eigenen Dokumentation der Air France sei dieses neue gemeinsame Vorgehen Ausdruck einer gemeinsamen Politik mit Blick auf die Fusion der beiden

Gesellschaften. Daß ein gewisser Grad der Integration der Flotten bereits erreicht sei, zeige nicht nur, daß die Kommission sich geirrt habe, als sie angenommen habe, daß die Air Inter nicht durch die Beihilfe begünstigt werde, sondern auch, daß die Maßnahmen, mit denen alle Nebenwirkungen dieser Beihilfe hätten ausgeschlossen werden sollen, unzureichend seien.

310.
    Im übrigen führten Fluggesellschaften, die eine Umstrukturierung vornähmen, normalerweise Kostensenkungsprogramme im gesamten Konzern ein, um damit zu einer Verringerung der Verluste beizutragen. Die Air France könne dank der streitigen Beihilfe vermeiden, von der Air Inter einen solchen Beitrag fordern zu müssen. Infolgedessen sei die Air Inter in der Lage, die gegenwärtige Entwicklung ihrer Tätigkeiten zu finanzieren, während sie ohne Beihilfe gezwungen gewesen wäre, Sparmaßnahmen durchzuführen. Die Beihilfe komme daher der Air Inter zumindest mittelbar zugute.

311.
    In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 darauf hingewiesen, daß die streitige Beihilfe nach der Bedingung Nr. 1 für die Air France sowie für alle Gesellschaften bestimmt gewesen sei, an denen die Air France mit mehr als 50 % beteiligt gewesen sei. Diesen solle die Beihilfe also zugute kommen. Diese Gesellschaften hätten jedoch alle nicht umstrukturiert zu werden brauchen oder sie hätten, wenn sie einer Umstrukturierung bedurft hätten, keinen Umstrukturierungsplan vorgelegt. Die Genehmigung der Beihilfe zugunsten der Air France und ihrer 80 Tochtergesellschaften sei daher offensichtlich rechtswidrig, insbesondere was die Tochtergesellschaften angehe, die nicht im Luftverkehrssektor tätig seien.

312.
    Die Kommission, die Französische Republik und die Air France machen geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

313.
    Was das Vorbringen angeht, die Bedingung Nr. 1 sei inhaltlich nicht geeignet gewesen, weil durch die Nichteinbeziehung der Air Inter in den Anwendungsbereich der angefochtenen Entscheidung die wirtschaftlichen Realitäten, insbesondere die wirtschaftliche Einheit, die die Air France und die Air Inter bildeten, verkannt worden seien, ist darauf hinzuweisen, daß die streitige Beihilfe die doppelte Zielsetzung hatte, zur Entschuldung der Air France und zurFinanzierung des am 31. Dezember 1996 auslaufenden Umstrukturierungsplans beizutragen. Bei der Genehmigung der Beihilfe hatte die Kommission deshalb dafür Sorge zu tragen, daß die Erreichung dieser Ziele nicht durch die zwischen der Compagnie nationale Air France und der Air Inter innerhalb des Air-France-Konzerns bestehenden Beziehungen, insbesondere durch die unmittelbare oder mittelbare Weiterleitung eines Teils der Beihilfe an die Air Inter gefährdet würde. Darüber hinaus hatte die Kommission, wie oben dargelegt worden ist (Randnr. 214 bis 216), zu berücksichtigen, daß die Air Inter einen wichtigen strategischen Vermögensteil der Air France darstellte, so daß von den beiden Gesellschaften

nicht verlangt werden konnte, sich vollständig und endgültig voneinander zu trennen.

314.
    Unter diesen Umständen durfte die Kommission im Rahmen ihres weiten Ermessens annehmen, daß die Air France und die Air Inter für die Anwendung der spezifischen Regelung der staatlichen Beihilfen rechtlich und finanziell unabhängige Gesellschaften darstellen würden. Dieser Holdingmechanismus — verbunden mit dem System der Prüfung durch unabhängige Sachverständige und der Staffelung der Zahlung der Beihilfe in drei Tranchen gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung — konnte nämlich als ein ausreichendes und geeignetes Mittel angesehen werden, um sicherzustellen, daß die Beihilfe nur der Air France zugute kommen werde, und um die rechtliche Struktur der Air France und der Air Inter umzuwandeln, bei denen an die Stelle der Abhängigkeit zwischen Tochtergesellschaft und Muttergesellschaft das Verhältnis zwischen unabhängigen Schwestergesellschaften trat.

315.
    Die rechtliche und finanzielle Trennung der beiden Gesellschaften im Sinne der Regelung über staatliche Beihilfen wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß sie Tochtergesellschaften und Mitglieder ihrer Führungsmannschaften miteinander gemeinsam haben, noch dadurch, daß ihre Interessen im Luftverkehr in die gleiche Richtung gehen. Dabei handelt es sich um rein tatsächliche Gesichtspunkte, die die Kommission und die unabhängigen Sachverständigen allenfalls dazu veranlassen können, bei ihrer in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung des Umstrukturierungsplans und der Erfüllung der an die Genehmigung der Beihilfe geknüpften Bedingungen besonders wachsam zu sein.

316.
    Das gleiche gilt, was die für den 1. Januar 1997 geplante Fusion der beiden Gesellschaften angeht. Unabhängig davon, daß die Kommission im Juli 1994 nicht über einen spezifischen und detaillierten Plan einer solchen Fusion verfügte, den sie in der angefochtenen Entscheidung hätte berücksichtigen können, ist festzustellen, daß die Möglichkeit, sich am Ende des Umstrukturierungszeitraums wieder dem Air-France-Konzern anzuschließen, keineswegs auf die Gesellschaft Air Inter beschränkt war. In dieser Hinsicht unterschied diese sich nicht von jeder anderen von der Air France im Sinne der Regelung über staatliche Beihilfen unabhängigen Fluggesellschaft. Im übrigen liegt es auf der Hand, daß die Air France wie jedes Unternehmen, das eine staatliche Beihilfe erhalten hat, seine Handlungsfreiheit zurückerhalten mußte, sobald die Phase der Umstrukturierung mit den von der Kommission auferlegten Beschränkungen abgeschlossen war.

317.
    Zwar wird in der Begründung der angefochtenen Entscheidung als solcher weder auf die tatsächliche gegenseitige Abhängigkeit der Air France und der Air Inter noch auf die Aussichten einer etwaigen Fusion der beiden Gesellschaften eingegangen. Nach Ansicht des Gerichts machte jedoch die Erwähnung der Holding, deren Folge darin bestand, daß die rechtliche Unabhängigkeit der

Gesellschaften sichergestellt wurde, jede weitere Begründung in dieser Hinsicht überflüssig. In der allgemeinen Systematik der Entscheidung stellt die Air Inter nämlich eine selbständige Gesellschaft dar, die von der Begünstigung durch die Beihilfe ausgeschlossen ist. Für die Dauer dieser Selbständigkeit ist sie folglich wie jede andere durch die Beihilfe nicht begünstigte und von der Air France unabhängige Fluggesellschaft zu behandeln.

318.
    Was den Austausch von Routen und Slots zwischen der Air France und der Air Inter angeht, ist festzustellen, daß diese Transaktionen keine Besonderheit der Beziehungen zwischen diesen beiden Gesellschaften darstellen. Es handelt sich vielmehr um eine bei allen Fluggesellschaften gängige Praxis. So hat die Air France — wie die französische Regierung in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen erklärt hat — 1996 auf dem Flughafen Paris (CDG) 50 Slots mit etwa 30 nicht zum Air-France-Konzern gehörenden Gesellschaften ausgetauscht, davon zwei mit der British Airways, einen mit der British Midland und einen mit der KLM. Mit der Air Inter habe es während der Wintersaison 1994/95 keinen Austausch gegeben; ein einziger Austausch habe für die Sommersaison 1995 und vier für die Wintersaison 1995/96 stattgefunden. Was den Austausch von Routen angeht, hat die französische Regierung angegeben, daß die Route Paris—Dresden von der Lufthansa übernommen worden sei, nachdem die Air France sie aufgegeben habe, während die Jersey Air European die Route Paris—Glasgow und die Crossair die Route Bordeaux—Genf übernommen habe.

319.
    In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, daß eine etwaige Übertragung von rentablen Routen und Slots durch die Air France an die Air Inter im Austausch für nicht rentable Routen und Slots der Umstrukturierung, so wie sie die Air France in ihrem Plan selbst konzipiert hat, zuwiderlaufen und die Erreichung der in der angefochtenen Entscheidung festgelegten betrieblichen und Produktivitätsziele gefährden würde. Die Kommission durfte daher annehmen, daß der durch Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung geschaffene Kontrollmechanismus ausreichte, um einen solchen wenig wahrscheinlichen Vorgang regeln zu können.

320.
    In bezug auf das Vorbringen, daß die Air Inter durch die Beihilfe, ohne die die Air France von der Air Inter einen finanziellen Beitrag zu ihrer Umstrukturierung hätte fordern müssen, zumindest mittelbar begünstigt sei, ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission es im Rahmen ihres weiten Ermessens für gerechtfertigt halten durfte, daß die umstrukturierte Gesellschaft Air France auf dem Niveau der beiden anderen größten europäischen Gesellschaften bleiben sollte (siehe oben, Randnr. 209) und daß die Air Inter einen strategisch wichtigen und damit unveräußerlichen Vermögensteil der Air France darstellte (siehe oben, Randnrn. 214 bis 216). Die Kommission durfte folglich davon ausgehen, daß diese Stellung der Air France geschwächt worden wäre, wenn die Air Inter anstelle der Genehmigung der Beihilfe in Verbindung mit der Errichtung der oben beschriebenen Holding eigene Mittel hätte freimachen oder sich selbst hätte verschulden müssen, um zur Finanzierung der Umstrukturierung der Air France

beizutragen. Unter diesen Umständen kann die Air Inter nicht als durch die Beihilfe mittelbar begünstigt angesehen werden.

321.
    Das Vorbringen, die Kontrolle der Einhaltung der Bedingung Nr. 1 sei wirkungslos oder diese Bedingung könne von der Air France umgangen werden, kann die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung als solche nicht berühren, da es sich nur auf die Phase nach dem Erlaß dieser Entscheidung oder sogar nach dem für die Umstrukturierung der Air France vorgesehenen Zeitraum bezieht (siehe oben, Randnr. 292). Aus demselben Grund ist auch das gesamte Vorbringen der Klägerinnen und der zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Streithelfer zum Verhalten der Air France und/oder der Air Inter nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung unbeachtlich (siehe oben, Randnr. 81).

322.
    Was die in bezug auf das französische Steuerrecht aufgeworfenen Kontrollprobleme angeht, genügt die Feststellung, daß die unabhängigen Sachverständigen — die gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung damit betraut werden, die ordnungsgemäße Durchführung des Umstrukturierungsplans und die Einhaltung der an die Genehmigung der Beihilfe geknüpften Bedingungen zu überprüfen — keineswegs auf die Grundbegriffe des französischen Steuerrechts beschränkt sind, sondern daß es ihnen freisteht, nach den von ihnen als geeignet angesehenen wirtschaftlichen, finanziellen und buchhalterischen Methoden zu kontrollieren, ob die rechtliche und finanzielle Abschottung zwischen der Air France und der Air Inter undurchlässig ist. Bei der Durchführung der Vereinbarung von 1992, die den Übergang des fliegenden Personals der Air France auf die Air Inter während der Geltungsdauer der durch die angefochtene Entscheidung gestellten Bedingungen für die Genehmigung vorsieht, werden diese Bedingungen natürlich zu beachten sein, insbesondere die Bedingung Nr. 1, wonach alle Dienstleistungen zwischen der Air France und der Air Inter zu marktüblichen Preisen zu erbringen sind, wobei die Kontrolle der Einhaltung dieser Bedingungen in die Phase nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung fällt.

323.
    Soweit geltend gemacht worden ist, daß die Bedingung Nr. 1 die Zahlung der Beihilfe an die Tochtergesellschaft der Air France zugelassen habe, für die keine Umstrukturierungsverpflichtung bestanden habe, genügt schließlich die Feststellung, daß die Bedingung Nr. 6 vorschreibt, daß die Beihilfe ausschließlich von der Air France „zu Umstrukturierungszwecken“ zu verwenden ist, was der Air France verbietet, die Beihilfe Tochtergesellschaften zugute kommen zu lassen, die nicht zur Umstrukturierung verpflichtet sind. Was die Air Charter betrifft, die im übrigen Gegenstand der Bedingungen Nrn. 12 und 13 ist, ist darauf hinzuweisen, daß der Charterbereich der Air France durch den streitigen Umstrukturierungsplan erfaßt ist (S. 22 des Planes). Das Gericht ist der Ansicht, daß die Kommission sich bei der Ausübung ihres weiten Ermessens auf diese allgemeine Regelung, die durch den Kontrollmechanismus des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung verstärkt wird, beschränken und annehmen durfte, daß nur die wesentlichen die Air France

selbst, die Air Inter und die Air Charter betreffenden Fragen einer detaillierteren Regelung bedurften.

324.
    Die gegen die Bedingung Nr. 1 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

b) Zur Bedingung Nr. 3

325.
    Nach dieser Bedingung sind die französischen Behörden verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Air France die vollständige Durchführung des Planes in seiner der Europäischen Kommission am 18. März 1994 übermittelten Fassung fortsetzt, insbesondere was die in ERPK je Beschäftigten ausgedrückten Produktivitätsvorgaben während der Laufzeit des Umstrukturierungsplans angeht:

— 1994: 1 556 200 ERPK je Beschäftigten,

— 1995: 1 725 500 ERPK je Beschäftigten,

— 1996: 1 829 200 ERPK je Beschäftigten.

326.
    Außerdem hat die Kommission angegeben, daß der Effizienzindikator ERPK die pro Beschäftigten erbrachten Passagierkilometer und Tonnenkilometer wiedergibt (wobei ein geleisteter Tonnenkilometer für Vergleichszwecke dem Ertrag nach mit 3,5 Passagierkilometern gleichgesetzt wird). Dieser Indikator soll repräsentativ für die Gesamthöhe der Nachfrage nach Personen- und Frachtbeförderungsleistungen sein (ABl. S. 83).

Vorbringen der Klägerinnen

327.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, der ERPK sei keine verläßliche Maßeinheit. Wegen der Unterschiedlichkeit der Tätigkeiten der Verkehrsunternehmen sei es sehr schwierig, eine einzige kombinierte Maßeinheit zu entwickeln, bei der alle Parameter zuverlässig berücksichtigt werden könnten. Im Idealfall müsse folglich ein breites Spektrum von Indikatoren verwendet werden, um die Leistung in verschiedenen spezifischen Bereichen des Luftverkehrssektors zu messen. Die Kommission habe gegen diese grundlegende Regel dadurch verstoßen, daß sie die gegenwärtige und zukünftige Produktivität der Air France mit Hilfe einer einzigen Maßeinheit, nämlich des ERPK, beurteile, die, soweit den Klägerinnen bekannt, im Luftverkehrsmarkt niemals verwendet werde.

328.
    Die Klägerinnen tragen vor, sie selbst mäßen ihre Produktivität normalerweise auf der Grundlage der „geleisteten Tonnenkilometer“ pro Beschäftigten oder der geleisteten „Passagierkilometer“ pro Beschäftigten, ohne diese Einheiten miteinander zu verbinden. Eine Maßeinheit wie der ERPK, bei der Passagierkilometer und Tonnenkilometer miteinander vermischt würden, verdopple die Bedeutung der Passagiere. Außerdem würden in dieser Maßeinheit ganz unterschiedliche Dienstleistungen zusammengefaßt, nämlich die Fracht- und die Passagierbeförderung. Je höher der Anteil der beförderten Fracht sei, desto niedriger seien die Stückkosten, insbesondere wenn eine Gesellschaft Flugzeuge

betreibe, die nur Fracht beförderten. Dies trage dazu bei, eine Gesellschaft, die Fracht befördere, im Verhältnis zu einer Gesellschaft, die Reisende befördere, als außerordentlich leistungsfähig erscheinen zu lassen.

329.
    Da der ERPK lediglich das Produkt aus der Zahl der beförderten Passagiere (einschließlich der in Anzahl Passagiere umgerechneten Fracht) und der Zahl der zurückgelegten Kilometer wiedergebe, bestehe ein einfaches Mittel, die Zahl der ERPK aufzublähen, im übrigen darin, Langstreckenrouten zu bedienen, was die Zahl der zurückgelegten Kilometer erhöhe. Die vorliegenden Statistiken legten den Gedanken nahe, daß die Air France dabei sei, gerade dies auf den Transatlantikrouten zu tun: Sie erhöhe ihre Kapazität, und zwar obwohl alle anderen Fluggesellschaften ihre Kapazitäten verringerten. Darüber hinaus ergebesich aus dieser Maßeinheit keine Angabe über die Rentabilität der Tätigkeiten einer Fluggesellschaft, weil die Multiplikation der Passagierzahl mit der Zahl der zurückgelegten Kilometer nichts über die sich daraus ergebenden Einnahmen und die Kosten der Beförderung der Passagiere aussage. Die Air France könne folglich Ergebnisse präsentieren, die hinsichtlich der Passagierzahl multipliziert mit den zurückgelegten Kilometern zufriedenstellend seien, ihre Einnahmen blieben aber dennoch nicht weniger katastrophal.

330.
    Selbst wenn der ERPK eine geeignete Maßeinheit wäre, begründeten schließlich eine Reihe von Faktoren Zweifel an der Verläßlichkeit dieser Einheit. Zunächst habe die Kommission in ihrer Mitteilung vom 3. Juni 1994 bei der Produktivität der Air France nur vom „Sitzkilometerangebot“ gesprochen. Sodann habe die Kommission in ihrer Entscheidung 94/662 (zitiert in Randnr. 145) die Produktivität der Air France nur nach Beschäftigten pro Flugzeug, beförderten Passagieren je Beschäftigten, und bezahlten Passagierkilometern je Beschäftigten bemessen. Es gebe letztlich keinen Konsens über ein „richtiges“ Umrechnungskriterium für die Erträge aus der Frachtbeförderung und die Erträge aus der Passagierbeförderung.

331.
    Ferner würden bei den Produktivitätszahlen der Air France die Dienstleistungen nicht berücksichtigt, die von den Besatzungen „naß“ gemieteter Flugzeuge erbracht würden, d. h. der Miete von Flugzeugen mit Besatzung, und auch nicht die Dienstleistungen des Personals von Subunternehmern. Die „je Beschäftigten“ gemessene Produktivität werde nämlich künstlich aufgebläht, wenn Personen, die nicht zur Belegschaft der Air France gehörten, in Wirklichkeit zu deren Produktivität beitrügen. Gegenwärtig miete die Air France bei mehreren Gesellschaften Flugzeuge „naß“. Die für die Zahlung der drei Tranchen der Beihilfe geforderten Schwellenwerte in ERPK je Beschäftigten konnten sehr wohl dadurch erreicht werden, daß einfach der Umfang der „Naßmiete“ oder der Subunternehmerverträge erhöht werde, da die durch die Kommission auferlegten Verpflichtungen diese Möglichkeit nicht ausschlössen. In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, daß die Air France bei der TAT komplette Flugzeuge mit Besatzung miete, d. h. nicht nur das technische Flugpersonal. Darüber hinaus

habe die Air France ganze Flugzeuge mit Besatzung bei der Air Littoral und bei der Brit'Air gemietet und miete sie auch weiterhin.

332.
    Schließlich vertreten die Klägerinnen die Ansicht, die Produktivitätszielvorgaben in der Bedingung Nr. 3 seien im Verhältnis zu den Werten, die andere Fluggesellschaften erreichten, zu niedrig. In diesem Zusammenhang werfen sie der Kommission vor, diese habe sich darauf beschränkt, die Produktivität der Air France mit derjenigen zu vergleichen, die sieben andere europäische Fluggesellschaften 1996 hätten erreichen sollen (ABl. S. 83). Zu dieser Gruppe gehörten die Alitalia und die Iberia, die sich in ganz erheblichen Schwierigkeiten befänden und deren Zukunft ungewiß sei. Die Kommission habe zu diesen sieben Fluggesellschaften noch zwei andere Gesellschaften, die SAS und die Swissair, hinzugenommen, die im Durchschnitt viel kürzere Routen als die Air France bedienten und deren Produktivität daher als ungewöhnlich niedrig erscheine. Nur ein Vergleich mit Gesellschaften, die ähnliche Tätigkeiten hätten und ähnliche Entfernungen zurücklegten wie die Air France, sei gerechtfertigt. Um die Leistungsfähigkeit der Air France auf dem Luftverkehrsmarkt zu messen, wäre es nützlicher gewesen, ihre zukünftige Produktivität mit derjenigen von „gesunden“ Fluggesellschaften zu vergleichen wie der KLM, der British Airways, der SAS und der Lufthansa. Auf jeden Fall könne ein solcher Vergleich notwendigerweise nur approximativ sein, da die Kommission sich keine genaue Vorstellung von den von dieser Gruppe von Gesellschaften durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen habe machen können.

333.
    Die Kommission, die Französische Republik und die Air France machen geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

334.
    Die Bedingung Nr. 3 fordert nicht nur die Erreichung der in ERPK ausgedrückten Produktivitätsvorgaben, sondern verpflichtet die französischen Behörden, dafür zu sorgen, daß die Air France die vollständige Durchführung ihres Umstrukturierungsplans fortsetzt; die Zielvorgaben in ERPK werden dabei nur als spezifisches Beispiel angegeben. In gleicher Weise wird die Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe nach Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung u. a. davon abhängig gemacht, daß der Plan für das Unternehmen tatsächlich durchgeführt wird und die vorgesehenen Ziele erreicht werden „(u. a. hinsichtlich der Betriebsergebnisse, der Produktivitätsvorgaben [ERPK/Beschäftigter] ...)“. Daraus folgt, daß die Verbesserung der Gesamtproduktivität der Air France nicht ausschließlich in ERPK gemessen werden wird, sondern auch in bezug auf andere im Umstrukturierungsplan genannte Zielvorgaben für die Verbesserung der Produktivität zu beurteilen sein wird, insbesondere in bezug auf die Vorgaben, die die Verringerung des Personalbestands und der Investitionen, die Einsparungen bei den Anschaffungen, die Verbesserung des Einsatzes der Arbeitszeit und das Einfrieren der Löhne und Gehälter betreffen.

335.
    Damit ist die Einheit ERPK/Beschäftigter auf ihre wahren Dimensionen zurückgeführt und es ist festzustellen, daß sie einen Indikator für die physische Produktivität darstellt, bei dem sowohl die beförderten Passagiere als auch die beförderte Fracht buchmäßig erfaßt werden, wobei — durch die Verwendung des Umrechnungskoeffizienten 3,5 — der wirtschaftlichen Realität Rechnung getragen wird, in der die Kosten der Beförderung einer Tonne Fracht und der damit verbundene Personalbedarf weit unter den entsprechenden Werten für die Passagierbeförderung liegen, während das Umgekehrte für die mit diesen beiden Beförderungsarten erzielten Einnahmen gilt. Mit dieser Maßeinheit, die die Bedeutung der Passagiere keineswegs verdoppelt, läßt sich daher feststellen, ob eine Gesellschaft mit der gleichen Beschäftigtenzahl mehr Passagiere und Fracht befördert als vorher über insgesamt identische Entfernungen oder ob sie die gleiche Passagierzahl und Frachtmenge mit weniger Beschäftigten befördert und damit ihre physische Produktivität verbessert hat.

336.
    Es trifft zu — die Kommission hat es vor dem Gericht selbst eingeräumt —, daß der ERPK nicht unter allen Umständen ein unfehlbares Kriterium darstellt. So kann es sein, daß der Umrechnungskoeffizient 3,5 sich im Laufe der Umstrukturierung der Air France ändert. Es ist jedoch auch eine Tatsache, daß der ERPK besonders geeignet ist, um die Produktivität einer Gesellschaft wie der Air France zu messen, bei der die Frachtbeförderung einen wesentlichen Bestandteil der Luftverkehrstätigkeit in Höhe von 40 % der gesamten Nutzlast darstellt. Außerdem verwendet die Air France seit 1978 traditionell diese Maßeinheit. Unter diesen Umständen war die Kommission berechtigt, neben anderen für die Produktivität der Gesellschaft erheblichen Faktoren den ERPK zu wählen, um die Verbesserung der Produktivität der Air France zu messen.

337.
    Diese Schlußfolgerung wird durch nichts entkräftet, was die Klägerinnen und die zur Unterstützung der Anträge der Kläger dem Verfahren als Streithelfer beigetretenen Beteiligten vorgebracht haben.

338.
    Was die mangelnde Kohärenz angeht, die der Kommission insoweit vorgeworfen wird, als der Indikator ERPK sich nicht in der Entscheidung 94/662 (zitiert in Randnr. 145) finde, die am selben Tag wie die Entscheidung erlassen worden sei, die Gegenstand der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten sei, genügt die Feststellung, daß in der Entscheidung 94/662 anders als in der im vorliegenden Fall angefochtenen Entscheidung darauf erkannt wird, daß die der Air France zu einer früheren Zeit gewährte Beihilfe unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages ist, und daß es darin abgelehnt wird, Artikel 92 Absatz 3 anzuwenden, da es an einem wirklichen Plan zur Umstrukturierung der Air France fehlt. Unter diesen Umständen stand in der Entscheidung 94/662 die Festlegung von in ERPK ausgedrückten Produktivitätsvorgaben für die Air France nicht zur Debatte.

339.
    Was die Möglichkeit angeht, die Anzahl ERPK durch eine bloße Steigerung der zurückgelegten Kilometer künstlich aufzublähen, hat die Kommission zu Recht vorgetragen, daß es irrational erscheine, wenn die Air France mit dem alleinigen Ziel, Kilometer zurückzulegen, ungenügend ausgelastete Flugzeuge fliegen lasse und damit unter der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung geregelten Kontrolle der Kommission und der unabhängigen Sachverständigen die erfolgreiche Durchführung ihres gesamten Umstrukturierungsplans gefährde. Im übrigen bestehe bei den von den klägerischen Gesellschaften zur Messung ihrer eigenen Produktivität verwendeten Indikatoren, den Tonnenkilometern und den Passagierkilometern insoweit das gleiche Manipulationsrisiko, als der Multiplikator dabei ebenfalls die Anzahl der zurückgelegten Kilometer ist.

340.
    Das gleiche gilt für die auf die „Naßmiete“ gestützte Rüge. Zwar läßt sich durch das Chartern von Flugzeugen mit Besatzung das Verhältnis ERPK:Beschäftigter insoweit verbessern, als diese Flugzeuge zur Erhöhung des ERPK beitragen, ohne daß ihre Besatzungen im Nenner des Verhältnisses gezählt werden; diese Verzerrung ergibt sich jedoch unabhängig davon, welches die Maßeinheit ist, sofern diese auf die Zahl der Beschäftigten bezogen ist (Sitzkilometerangebot, Tonnenkilometer), und ist also nicht spezifisch für den ERPK. Außerdem ist die „Naßmiete“ eine gängige Praxis im Luftverkehrssektor, so daß die Lage der Air France sich in dieser Hinsicht nicht grundlegend von derjenigen anderer europäischer Luftverkehrsunternehmen unterscheidet. Schließlich würde die Air France, wenn sie wirklich zahlreiche Flugzeuge „naß“ mieten würde, unter der Kontrolle der Kommission und der unabhängigen Sachverständigen die Durchführung ihres eigenen Umstrukturierungsplans gefährden, der gerade eine Personalreduzierung, einen besseren Einsatz ihrer Flotte und der Besatzungen sowie eine Senkung der Kosten vorsieht. Die Kommission war folglich berechtigt, in diesem Zusammenhang die Auswirkungen etwaiger Fälle von „Naßmiete“ außer acht zu lassen.

341.
    Was die Rüge gegen die Auswahl der sieben Fluggesellschaften für einen Vergleich ihrer Produktivität mit derjenigen der Air France angeht, durfte die Kommission nach Ansicht des Gerichts diesen Vergleich auf eine verhältnismäßig hohe Zahl von Gesellschaften stützen, um so weit wie möglich einen wirklich charakteristischen Durchschnitt des Sektors zu erreichen. Dabei war sie nicht verpflichtet, nur die leistungsfähigsten oder die auf Langstreckenverbindungen spezialisierten Gesellschaften zu wählen, sondern durfte in ihrem Vergleich auch andere Gesellschaften wie die Alitalia, die Iberia, die SAS und die Swissair in die Erwägung einbeziehen, daß durch eine solche Betrachtungsweise der Komplexität des Luftverkehrs insgesamt Rechnung getragen werde. Es ist folglich kein offenkundiger Beurteilungsfehler bei der Auswahl der sieben Fluggesellschaften nachgewiesen worden.

342.
    Das gleiche gilt schließlich für die Behauptung, daß die Produktivitätsvorgaben in der Bedingung Nr. 3 zu niedrig seien. Dabei handelt es sich um eine bloße Behauptung, die nicht durch konkrete Angaben untermauert ist, mit denen ein

offenkundiger Fehler der Kommission in diesem Punkt nachgewiesen werden könnte. Unter diesen Umständen könne die Kommission sich darauf beschränken, dieser Behauptung zu widersprechen und festzustellen, daß die Produktivitätsvorgaben ihrer Beurteilung nach angemessen, ausreichend und realisierbar gewesen seien.

343.
    Nach alledem können die gegen die Bedingung Nr. 3 gerichteten Rügen nicht durchgreifen.

c) Zur Bedingung Nr. 6

344.
    Nach dieser Bedingung sind die französischen Behörden verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Beihilfe von der Air France während der Laufzeit des Planes ausschließlich zu Umstrukturierungszwecken und nicht zum Erwerb weiterer Anteile an anderen Luftverkehrsunternehmen verwendet wird.

Vorbringen der Klägerinnen

345.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, diese Bedingung sei inhaltlich unzureichend, da die Beihilfe im wesentlichen dazu verwendet werde, verschiedene Transaktionen der Air France zu unterstützen. Die Tragweite der Bedingung werde außerdem durch die Auslegung eingeschränkt, die die Air France ihr gebe. Nach deren Auffassung gelte das Verbot des Erwerbs von Beteiligungen am Kapital anderer Fluggesellschaften weder für die Bezahlung von vor dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung erworbenen Beteiligungen noch für die Erhöhung einer bereits bestehenden Beteiligung an anderen Fluggesellschaften wie der Beteiligung an der Sabena. Im übrigen impliziere die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages niedergelegte Bedingung, wonach die staatliche Beihilfe nur für die Umstrukturierung des Empfängers verwendet werden dürfe, schon als solche, daß der Empfänger keine Beteiligungen an Fluggesellschaften erwerben dürfe. Der Erwerb von Beteiligungen an anderen Gesellschaften könne nämlich in keinem Fall als eine Umstrukturierungsmaßnahme angesehen werden.

346.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

347.
    Wie die Kommission vor dem Gericht hervorgehoben hat, verbietet diese Bedingung nach ihrem Wortlaut die Verwendung der Beihilfe sowohl zum Erwerb neuer Beteiligungen als auch zur Erhöhung bestehender Beteiligungen. Was das Vorbringen zur rechtswidrigen Finanzierung von operativen Tätigkeiten und der letzten Tranche des Kaufpreises der Beteiligung am Kapital der Sabena angeht, genügt der Hinweis, daß die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen bereits zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Randnrn. 137 bis 141 und 223).

348.
    Was schließlich die angebliche Überflüssigkeit der Bedingung Nr. 6 angeht, ist festzustellen, daß selbst unter der Annahme, daß das Verbot, eine Beihilfe zum Erwerb von Beteiligungen zu verwenden, bereits in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages geregelt ist, der Nutzen einer derartigen Bedingung darin besteht, daß die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 unmittelbar den Gerichtshof anrufen kann, ohne verpflichtet zu sein, vorher das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 oder des Artikels 169 einzuleiten (siehe Urteil British Aerospace und Rover/Kommission, zitiert in Randnr. 290, Randnr. 11). Außerdem verbietet die Bedingung Nr. 6 nicht nur den Erwerb von Beteiligungen, sondern schreibt auch die ausschließliche Verwendung der Beihilfe für die Zwecke der Umstrukturierung der Air France vor.

349.
    Die gegen die Bedingung Nr. 6 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

d) Zur Bedingung Nr. 7

350.
    Diese Bedingung verpflichtet die französischen Behörden, dafür Sorge zu tragen, daß die Zahl der von der Compagnie nationale Air France betriebenen Flugzeuge während der Laufzeit des Planes nicht auf mehr als 146 erhöht wird.

Vorbringen der Klägerinnen

351.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, daß diese Bedingung wirksam sein werde. Sie erfasse nämlich nicht die „Naßmiete“, mit deren Hilfe die Air France die Zahl der ihr tatsächlich zur Verfügung stehenden Flugzeuge erhöhen könne. Darüber hinaus habe die Kommission nicht berücksichtigt, daß die Air France auf dem Umweg über die Air Inter weiter neue Flugzeuge bestellen und ihre Flotte erweitern könne, und zwar nicht nur, weil die Zugehörigkeit der Air Inter zum Air-France-Konzern bedeute, daß diese beiden Gesellschaften bedeutende wirtschaftliche Interessen gemeinsam hätten, sondern auch wegen ihrer für Anfang 1997 vorgesehenen Fusion. Alle neuen Flugzeuge, die die Air Inter bestellt und erhalten habe, fielen 1997 der Air France zu. Im übrigen verbiete nichts der Air France, den Erwerb von Flugzeugen für die Air Inter zu finanzieren. Die Strategie des Air-France-Konzerns sei darauf gerichtet, aus der Air Inter ein europäisches Verkehrsunternehmen zu machen. Dazu werde der Betrieb einiger Routen, die die Air France betrieben habe, gerade auf die Air Inter übertragen. Ein derartiger Mechanismus bedeute in der Praxis, daß die Air France ihre Einsatzflotte dadurch über die Zahl von 146 Flugzeugen hinaus erweitern könne, daß sie auf die Flotte der Schwestergesellschaft zurückgreife, deren Expansion durch keine Zusicherung beschränkt sei.

352.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

353.
    Was die etwaige „Naßmiete“ von Flugzeugen angeht, ist festzustellen, daß die Bedingung Nr. 7, wie die Kommission vor dem Gericht erklärt hat, auch für mit Besatzung gecharterte Flugzeuge gilt. Dadurch, daß diese Bedingung eine Höchstzahl für die Flugzeuge der von der Air France „betriebenen“ Flotte vorschreibt, erfaßt sie nicht nur die eigenen Flugzeuge der Air France, sondern auch die Flugzeuge, die eine andere Gesellschaft der Air France zur Vefügung stellen wird. Im übrigen ist diese Bedingung zusammen mit dem Umstrukturierungsplan der Air France zu lesen, der unter der Aufsicht der Kommission und der unabhängigen Sachverständigen gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung vorsieht, daß das Sitzplatzangebot gegenüber dem von 1993 leicht gesenkt werden soll (ABl. S. 75).

354.
    Was die Verweisungen auf die Air Inter angeht, genügt die Feststellung, daß die Air Inter für die Dauer der Umstrukturierung der Air France als selbständige Gesellschaft anzusehen ist, daß für die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden Gesellschaften die Bedingung Nr. 1 gilt, daß eine etwaige Umgehung der der Air France auferlegten Bedingungen auf dem Umweg über die Air Inter die Kommission zwar dazu veranlassen kann, die Rückforderung der gezahlten Beihilfe zu verlangen, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung aber nicht berührt und daß die mögliche Fusion der Air France mit der Air Inter die letztgenannte Gesellschaft in der gleichen Weise betrifft wie irgendeine von der Air France unabhängige Fluggesellschaft (siehe oben, Randnrn. 292 und 313 bis 315).

355.
    Die gegen die Bedingung Nr. 7 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

e) Zur Bedingung Nr. 8

356.
    Diese Bedingung verpflichtet die französischen Behörden, das Sitzplatzangebot der Compagnie nationale Air France nicht über das 1993 erreichte Niveau auf den Routen zwischen Paris und dem Europäischen Wirtschaftsraum (7,045 Milliarden ASK) und zwischen dem übrigen Frankreich und dem Europäischen Wirtschaftsraum (1,4134 Milliarden ASK) ansteigen zu lassen. Dieses Angebot könnte um 2,7 % pro Jahr gesteigert werden, sofern die Wachstumsrate auf den einzelnen Märkten nicht geringer ist. Liegt die jährliche Wachstumsrate auf diesen Märkten allerdings über 5 %, so kann das Angebot außer um 2,7 % auch um den Zuwachs jenseits von 5 % erhöht werden.

Vorbringen der Klägerinnen

357.
    Die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 wirft der Kommission vor, diese habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt sei, daß der europäische Luftverkehrssektor nicht von einer strukturellen Überkapazitätskrise betroffen sei. Dabei habe die Kommission die früher und heute bestehende Überkapazität nicht berücksichtigt, obwohl diese vom „Rat der Weisen“ in dessen Bericht über die europäische

Zivilluftfahrt, der im Januar 1994 auf Ersuchen der Kommission selbst erstellt worden sei, ausdrücklich bestätigt worden sei. Der „Rat der Weisen“ habe insbesondere die Ansicht vertreten, daß die Überkapazitäten teilweise auf die gewährten staatlichen Beihilfen zurückzuführen seien. Die These der Kommission, daß die Überkapazitäten nur von „begrenzter Dauer“ seien, werde daher durch die eigenen Quellen der Kommission entkräftet.

358.
    In einem unter Überkapazitäten leidenden Sektor müsse die Gegenleistung für eine staatliche Beihilfe in einer Reduzierung des Angebots des Beihilfeempfängers bestehen, selbst wenn der Markt expandiere. Diese Verpflichtung bleibe bestehen, auch wenn die Überkapazitäten nur eine vorübergehende Erscheinung seien. Die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 sind der Ansicht, daß der Begriff „rechtfertigender Ausgleich“ eine zentrale Stelle in zahlreichen Entscheidungen der Kommission einschließlich der Entscheidungen über staatliche Beihilfen an Kraftfahrzeughersteller aus den 80er Jahren einnehme, in denen der Kraftfahrzeugmarkt unter Überkapazitäten gelitten, aber ein starkes Wachstum verzeichnet habe (siehe u. a. die Entscheidung 89/661/EWG der Kommission vom 31. Mai 1989 über eine Beihilfe der italienischen Regierung an Alfa Romeo, ABl. L 394, S. 9). Außerdem könne der rechtfertigende Ausgleich nicht allein deshalb vermieden werden, weil der Markt wachse, da man die Gefahr des Wiederauftretens von Überkapazitäten niemals ausschließen könne. Das Königreich Dänemark trägt vor, ein Vergleich der (in den Randnrn. 55 und 174 zitierten) Entscheidungen in den Sachen Sabena, TAP, Aer Lingus und Olympic Airways zeige, daß in diesen anderen Sachen der Empfänger der staatlichen Beihilfe stets zu Kapazitätskürzungen verpflichtet worden sei.

359.
    Im übrigen erkläre die Kommission zu Unrecht — auf der Grundlage der Statistiken der IATA, in denen eine jährliche Zunahme des Verkehrs um 6 % prognostiziert werde —, daß die Überkapazitäten auf dem Luftverkehrsmarkt bis 1995 verschwinden könnten. Die Statistiken der IATA seien nämlich kaum verläßlich und ihre Schätzungen seien oft unzutreffend. Darüber hinaus könne die Zunahme des Verkehrs nicht untersucht werden, ohne die ihr zugrunde liegenden Faktoren zu berücksichtigen. Auf den Luftverkehrsmarkt sei die gegenwärtige Zunahme des Verkehrs zu einem großen Teil durch eine Senkung der Tarife und damit durch eine Verringerung der Erträge unter das für das Überleben zahlreicher Fluggesellschaften erforderliche Niveau erreicht worden.

360.
    Die Air France könne die Air Inter einsetzen, um ihre Kapazitäten und ihren Marktanteil ohne Einschränkungen bis zur Fusion der beiden Gesellschaften im Jahre 1997 zu erhöhen. Auch wenn es in diesem Zusammenhang kaum wahrscheinlich sei, daß die Air France eine größere Zahl von Inlandsrouten betreiben werde, so liege das an ihrem strategischen Plan, in dessen Rahmen der Betrieb des Inlandsnetzes und einiger europäischer Routen der Air Inter übertragen worden sei.

361.
    Die Kapazitätsbeschränkungen gälten nur für Routen zwischen Frankreich und anderen als französischen Zielen innerhalb des EWR. Mit Ausnahme der Route Paris (CDG)—Nizza betreibe die Air France innerhalb des EWR nur die Routen zwischen Frankreich und den anderen Ländern des EWR. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240, S. 8) stehe es den Luftfahrtunternehmen des EWR frei, alle Strecken zwischen zwei Mitgliedstaaten des EWR zu betreiben und beschränkte Kabotagedienste in anderen Mitgliedstaaten als dem eigenen anzubieten. Daraus folge, daß die Air France gänzlich frei sei, was die Kapazitäten angehe, die sie auf den Strecken zwischen zwei anderen Mitgliedstaaten des EWR als Frankreich und den Strecken innerhalb eines anderen Mitgliedstaats des EWR als Frankreich anbieten könne.

362.
    Die Bedingung Nr. 8 solle nicht die von der Air France innerhalb Frankreichs insgesamt angebotenen Kapazitäten erfassen. Darüber hinaus hätten die Kapazitätsbeschränkungen wenig Bedeutung, weil das Angebot der Air France im Jahr 1993 — dem Referenzjahr — ein Rekordniveau erreicht habe. Im übrigen gelte die Bedingung nur für den Passagierverkehr. Die Kommission erkläre nicht, warum die Kapazitäten der Air France im Frachtbereich nicht beschränkt würden. Schließlich hindere die Zusicherung in bezug auf Kapazitätserhöhungen die Air France nicht daran, auf die „Naßmiete“ zurückzugreifen, um ihre Kapazitäten zu erhöhen.

363.
    Ferner werfen die Klägerinnen der Kommission vor, diese habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie einen Zusammenhang zwischen der Beschränkung der Kapazitäten der Air France und einem Rückgang des Marktanteils der Air France im EWR hergestellt habe. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nämlich erklärt, durch das Zurückbleiben des Angebots der Air France hinter dem Marktzuwachs werde sich „ihr Marktanteil innerhalb des EWR“ zugunsten ihrer Wettbewerber weiter verkleinern (ABl. S. 87). Selbst wenn die Höchstgrenze von 2,3 % (d. h. 5 % - 2,7 %) für das Wachstum der Kapazitäten der Air France gelte, könne diese aber ihren Marktanteil dadurch erhalten, daß sie ihren Auslastungsgrad einfach um etwas mehr als 1 % erhöhe. Das Vereinigte Königreich weist auf denselben offensichtlichen Beurteilungsfehler hin und fügt hinzu, bei einer Erhöhung des Auslastungsfaktors um 3,8 % (ABl. S. 87) und einer zulässigen Erhöhung der Kapazitäten um 2,7 % ergebe sich, daß die Passagierzahlen der Air France um 6,6 % zunehmen müßten (d. h. 1,038 x 1,027 = 1,066), was mehr sei als der voraussichtliche Marktzuwachs von 5,5 % pro Jahr (ABl. S. 77).

364.
    Die Kommission, die Französische Republik und die Air France machen geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Beurteilung durch das Gericht

365.
    Die Kommission hat sich bei ihrer Feststellung in der angefochtenen Entscheidung, daß der europäische Zivilluftfahrtsektor nicht an strukturellen Überkapazitäten leide, da die bestehenden Überkapazitäten nur von begrenzter Dauer sein dürften, im wesentlichen auf Statistiken der IATA von 1993 gestützt, die für den Luftverkehr eine jährliche Zunahme um 6 % vorhersahen (ABl. S. 82). Die IATA ist aber eine internationale Organisation mit Weltruf, der fast alle Fluggesellschaften angehören und die regelmäßig in Fachkreisen anerkannte Verkehrsprognosen veröffentlicht. Die Kommission durfte sich folglich, ohne einen offensichtlichen Irrtum zu begehen, für ihre Schlußfolgerung, daß keine strukturellen Überkapazitäten vorlägen, auf die von dieser Organisationveröffentlichten Zahlen stützen.

366.
    Dem widerspricht auch nicht der Bericht des „Rates der Weisen“, der zwar ganz allgemein empfiehlt, eine Verringerung der Kapazitäten ins Auge zu fassen, sich aber nicht dazu äußert, ob die bestehenden Überkapazitäten struktureller oder vorübergehender Art sind (S. 18 und 22 der Anlage 13 zur Klageschrift in der Rechtssache T-394/94). Wie die Air France vor dem Gericht vorgetragen hat, ohne dabei auf Widerspruch zu stoßen, hat die Entwicklung des Luftverkehrs im übrigen die Analyse der Kommission bestätigt, da die Überkapazitäten in der Zwischenzeit abgebaut worden sind.

367.
    Ferner ist das Gericht der Ansicht, daß die Kommission aufgrund der Feststellung, daß keine strukturellen Überkapazitäten bestanden, zu dem Ergebnis kommen durfte, daß die Lage des Luftfahrtsektors keine generellen Kapazitätskürzungen rechtfertigte (ABl. S. 82). Daraus ergibt sich notwendigerweise, daß die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie davon absah, eine Kürzung der Kapazitäten der Air France und der Air Charter vorzuschreiben. Aus dieser Sicht war die Kommission daher nicht verpflichtet, eine Untersuchung der Kapazitäten auf den Strecken vorzunehmen, auf denen die Air France und ihre Tochtergesellschaften im Wettbewerb mit anderen europäischen Gesellschaften standen, sondern sie konnte sich darauf beschränken, Grenzen für die Expansion der Air France insoweit vorzuschreiben, als diese Grenzen die Chancen dieser Gesellschaft, ihre finanzielle Lebensfähigkeit und ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, nicht beeinträchtigten. Diese Erwägungen gelten auch für den Frachtsektor, der, wie oben festgestellt worden ist (Randnr. 336), eine wichtige Tätigkeit der Air France darstellt.

368.
    In Anbetracht der Sonderstellung der Air France, einer der drei größten europäischen Fluggesellschaften, geht der Hinweis auf etwaige Kapazitätskürzungen, die andere viel kleinere Gesellschaften wie die Aer Lingus, die TAP, die Sabena oder die Olympic Airways vorgenommen haben, an der Sache vorbei. Das gleiche gilt für die Verweisung auf den Kraftfahrzeugmarkt der 80er Jahre, da nichts vorgetragen worden ist, was die spezifische Bedeutung dieses Marktes für die Untersuchung des Zivilluftfahrtsektors der Jahre 1992 bis 1994 und der mittelfristigen Aussichten dieses Sektors (1994 bis 1997) belegen könnte. Was die Gefahr angeht, daß die Air Inter zur Erhöhung der Kapazitäten der Air France

eingesetzt werden könnte, genügt der Hinweis, daß die beiden Gesellschaften für die Dauer der Umstrukturierung der Air France als voneinander unabhängig anzusehen sind. Was schließlich die „Naßmiete“ angeht, hat die Kommission vor dem Gericht erklärt, daß jeder Flug eines mit Besatzung gecharterten Flugzeugs für die Anwendung der Bedingung Nr. 8 als ein Air-France-Flug angesehen werde. Die Klägerinnen haben diese Erklärung zur Kenntnis genommen, ohne sie zu bestreiten.

369.
    Was den angeblich zu sehr eingeschränkten Anwendungsbereich der Bedingung Nr. 8 angeht, ist einzuräumen, daß sie nur die Strecken zwischen Frankreich und den anderen Ländern des EWR erfaßt und somit das Angebot der Air France auf den Strecken zwischen zwei anderen Ländern des EWR als Frankreich, auf den Strecken innerhalb eines anderen Landes des EWR als Frankreich und auf den französischen Inlandsstrecken nicht begrenzt. Die Kommission hat jedoch dadurch, daß sie sich auf das Netz Frankreich—EWR beschränkt hat, die Grenzen ihres weiten Ermessens nicht überschritten.

370.
    Sie durfte nämlich den französischen Inlandsmarkt deshalb außer acht lassen, weil die Air France nur eine einzige Inlandsroute betrieb, da die Air Inter das nationale französische Verkehrsunternehmen war — und mittelfristig bleibt —, so daß die Nichtberücksichtigung der französischen Inlandsstrecken nur unbedeutende wirtschaftliche Auswirkungen haben konnte. Das gleiche gilt für die Strecken innerhalb von anderen Ländern des EWR als Frankreich, da die Staaten des EWR — gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2408/92 und gemäß Nummer 64a. des Kapitels VI des Anhangs XIII zum EWR-Abkommen (Verkehr — Verzeichnis nach Artikel 47, ABl. 1994, L 1, S. 422), geändert durch den Beschluß des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 7/94 zur Änderung des Protokolls 47 und bestimmter Anhänge des EWR-Abkommens (ABl. 1994, L 160, S. 1, 87) — nicht verpflichtet waren, vor Ende des Umstrukturierungszeitraums der Air France die Ausübung von Kabotagerechten zuzulassen. Der Betrieb derartiger Strecken konnte folglich als außergewöhnlich und wirtschaftlich unbedeutend angesehen werden. Diese Überlegung gilt auch für den Betrieb der Strecken zwischen zwei anderen Ländern des EWR als Frankreich, da die Kommission berechtigt war, die wirtschaftliche Bedeutung einer solchen Tätigkeit ohne irgendeine Anknüpfung an den Knotenpunkt der Air France in Paris außer acht zu lassen.

371.
    Was die Rüge angeht, die Kommission habe die Auswirkungen einer Begrenzung der Kapazitäten der Air France auf die Entwicklung von deren Marktanteil verkannt, ist einzuräumen, daß der Satz in der angefochtenen Entscheidung, wonach „aufgrund der Auflage, daß das Angebot von Air France hinter dem Marktzuwachs zurückbleiben muß ... sich ihr Marktanteil innerhalb des EWR zugunsten ihrer Wettbewerber weiter verkleinern“ wird (ABl. S. 87), insoweit unzutreffend erscheinen kann, als der Marktanteil eines Unternehmens nicht vom Umfang seiner Kapazitäten, sondern vom Ausmaß des Einsatzes dieser Kapazitäten abhängt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das Angebot der Air France, d. h.

die Kapazitäten der Gesellschaft, gemäß der Bedingung Nr. 8 in der Zahl der Sitze ausgedrückt wird, die der Kundschaft angeboten werden. Mit der Feststellung, daß dieses Angebot hinter dem prognostizierten Marktzuwachs zurückbleiben müsse, hat die Kommission daher nur die Möglichkeiten der Air France einschränken wollen, sich an diesem Zuwachs zu beteiligen, d. h. den in Anzahl der angebotenen Sitze definierten potentiellen Marktanteil der Air France. Die Kommission hat vor dem Gericht nämlich ausdrücklich erklärt, daß die der Air France auferlegten Angebotsbeschränkungen keineswegs die Durchführung des Umstrukturierungsplans hätten behindern sollen. Dieser Plan sieht eine Steigerung der Produktivität der Gesellschaft vor, wobei diese Produktivität sowie der tatsächliche Marktanteil der Air France durch eine Verbesserung des Ladefaktors zunehmen können. Stellt man den streitigen Satz in den Zusammenhang der Zielsetzungen der Umstrukturierung der Air France, so kommt daher in ihm kein offensichtlicher Fehler der Kommission zum Ausdruck.

372.
    Soweit der Kommission schließlich vorgeworfen wird, sie habe der Air France gestattet, den voraussichtlichen Verkehrszuwachs von 5,5 % zu überschreiten, genügt die Feststellung, daß die Kommission — ohne daß ihr in diesem Punkt widersprochen worden ist — erklärt hat, daß die voraussichtliche Erhöhung des Ladefaktors der Air France um 3,8 % sich auf den Umstrukturierungszeitraum von drei Jahren bezogen und keinen jährlichen Prozentsatz dargestellt habe; dieser habe sich auf etwa 1,2 % belaufen. Nach der vom Vereinigten Königreich vorgeschlagenen Berechnungsmethode dürfte die Passagierzahl der Air France folglich um 3,9 % (1,012 x 1,027 = 1,039) steigen; diese Zahl liegt unter dem voraussichtlichen Zuwachs von 5 % pro Jahr.

373.
    Nach alledem sind die gegen die Bedingung Nr. 8 gerichteten Rügen zurückzuweisen.

f) Zur Bedingung Nr. 9

374.
    Diese Bedingung verpflichtet die französischen Behörden, sich zu vergewissern, daß die „Air France ... während der Laufzeit des Planes keine Praktiken anwenden [wird], die darin bestehen, für gleichwertige Leistungen auf Verbindungen innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums niedrigere Tarife als ihre Konkurrenten anzubieten“.

Vorbringen der Klägerinnen

375.
    Die Klägerinnen sehen die der Air France auferlegten Beschränkungen bei der Preisgestaltung als wirkungslos an. Der Wortlaut dieser Bedingung lege den Gedanken nahe, daß sie nur für die bestehenden Strecken der Air France gelte, d. h. die Strecken, die diese gegenwärtig zwischen Paris und der französischen Provinz zum einen und anderen Zielen innerhalb des EWR zum anderen betreibe. Die Air France biete eine ganze Palette von Werbetarifen an. Da es diese Tarife bereits bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung gegeben habe, könne man

annehmen, daß sie durch die Bedingungen nicht erfaßt würden. Seit Erlaß der angefochtenen Entscheidung habe die Air France weiter ähnliche Werbetarife angeboten. Auf jeden Fall paßten die Fluggesellschaften ihre durchschnittlichen Tarife nicht so sehr in der Weise an, daß sie das Tarifniveau erhöhten oder senkten, sondern dadurch, daß sie den Zugang der Passagiere zu den einzelnen Tarifgruppen kontrollierten. Durch eine Erhöhung der Anzahl der zu diesen Werbetarifen angebotenen Sitzplätze könne die Air France daher die Preise radikal senken. Im übrigen sei es einem Dritten sehr oft unmöglich, die von einem Wettbewerber angewendeten Tarife zu erfahren, denn diese seien geheim. Darüber hinaus seien die von den Verkehrsunternehmen auf derselben Strecke angebotenen Produkte so unterschiedlich und so schwer miteinander zu vergleichen, daß es in den meisten Fällen sehr schwierig sei, festzustellen, daß ein bestimmter Tarif niedriger sei als ein anderer.

376.
    Die Air France sei nicht daran gehindert, die Preise dadurch zu drücken, daß sie eine bestimmte Strecke mit einem übermäßigen Angebot überschwemme, sofern sie ihre Kapazitäten auf anderen Strecken vermindere. Schließlich erfasse die betroffene Bedingung die Tarifpolitik der Air France für die Produkte oder Dienstleistungen in anderen mit dem Luftverkehr zusammenhängenden Bereichen wie z. B. der Wartung der Flugzeuge nicht. Ebenso auch sei es unmöglich, zu erfahren, ob der Ausdruck „auf Verbindungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums“ die von der Air Charter angebotenen Dienste erfasse.

377.
    Die Maersk-Gesellschaften fügen hinzu, aufgrund der ungenauen Formulierung der Bedingung Nr. 9 sei die Air France in der Lage, die Beihilfe zur Einführung und zur Finanzierung von kostspieligeren Dienstleistungen einzusetzen, die dann als „gleichwertiges Angebot“ angeboten würden. Die jüngste Ankündigung einer Modernisierung ihres Langstreckendienstes durch die Air France, deren Kosten auf 500 Millionen FF geschätzt werde, sei dafür ein typisches Beispiel. Die Wettbewerber, die keine staatliche Beihilfe erhielten, müßten daher entweder durch Einführung höherer Serviceniveaus oder durch Preissenkungen reagieren. Das Königreich Schweden weist außerdem darauf hin, daß die Begriffe „price leadership“ und „gleichwertiges Angebot“ sehr weit und dadurch eine Quelle von Rechtsunsicherheit seien. Mit diesen Begriffen könne die Air France nicht daran gehindert werden, das Angebot von ermäßigten Preisen aufgrund von Kapazitätserhöhungen auf einigen besonderen Strecken zu erhöhen.

378.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

379.
    Zunächst ist festzustellen, daß nichts im Wortlaut der Bedingung Nr. 9 die Auslegung zuläßt, daß diese Bedingung nur für die von der Air France bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung bedienten Strecken gilt. Aus diesem Wortlaut geht vielmehr hervor, daß das Verbot der Preisführerschaft sich auf alle von der Air

France „während der Laufzeit des Planes“ betriebenen Strecken bezieht, wodurch auch die nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung neu eröffneten Strecken erfaßt werden.

380.
    Sodann ist festzustellen, daß die Air Charter auf dem Umweg über die Bedingung Nr. 1 als eine Gesellschaft, an der die Air France mit mehr als 50 % beteiligt ist, ebenfalls durch die Bedingung Nr. 9 erfaßt wird.

381.
    Was die angeblichen Möglichkeiten der Air France angeht, die Bedingungen für den Zugang zu Werbetarifen zu erleichtern oder bestimmte Strecken mit einem Überangebot zu überschwemmen, war die Kommission nach Ansicht des Gerichts berechtigt, diese Möglichkeiten als wenig realistisch anzusehen, da die Air France verpflichtet war, unter der Aufsicht der Kommission und der unabhängigen Sachverständigen gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung ihren Umstrukturierungsplan, der insbesondere die Erhöhung ihrer Produktivität vorsah, vollständig durchzuführen.

382.
    Mit den anderen Rügen wird lediglich geltend gemacht, daß die Bedingung Nr. 9 nicht wirksam angewendet werden könne; diese Rügen können daher im vorliegenden Zusammenhang nicht berücksichtigt werden (siehe oben, Randnr. 292).

383.
    Die gegen die Bedignung Nr. 9 gerichteten Rügen sind somit zurückzuweisen.

g) Zur Bedingung Nr. 10

384.
    Diese Bedingung verpflichtet die französischen Behörden, dafür Sorge zu tragen, daß der „Air France ... bei den Verkehrsrechten keine Vorzugsbehandlung zuteil“ wird.

Vorbringen der Klägerinnen

385.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Kommission habe diese Bedingung zuUnrecht als wirksam angesehen. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2408/92 am 1. Januar 1993 sei die Gewährung von Verkehrsrechten nämlich, was internationale Strecken innerhalb der Gemeinschaft angehe, und seit dem 1. Juli 1994 innerhalb des EWR gegenstandslos geworden. Diese Rechte erhielten die Fluggesellschaften des EWR automatisch. Außerdem beschuldigen die Klägerinnen die französischen Behörden, sie wendeten die Verordnung Nr. 2408/92 nicht ordnungsgemäß an und schützten die Interessen der Air France und der Air Inter.

386.
    Die Bedingung gelte nämlich nur für den Betrieb der Inlandsstrecken. Selbst in diesem Fall sei sie weitgehend bedeutungslos, weil die Air France nur eine einzige Inlandslinie betreibe und die nichtfranzösischen Fluggesellschaften des EWR für den französischen Inlandsmarkt keine Verkehrsrechte zu erhalten brauchten. Auf jeden Fall sei der Zugang dieser Fluggesellschaften zu diesem Markt bis zum 1.

April 1997 eingeschränkt. Außerdem seien die Rechte der Air Inter auf den meisten gewinnbringenden Strecken nach Artikel 5 der Verordnung Nr. 2408/92 geschützt; danach könnten ausschließliche Genehmigungen auf Inlandsstrecken vorübergehend weiter gelten.

387.
    Selbst wenn die Bedignung rechtsgültig wäre, so wäre sie wirkungslos, denn die Personen, denen die Gewährung der Verkehrsrechte übertragen worden sei, gehörten entweder zum Verwaltungsrat der Air France oder zum Verwaltungsrat der Holding. Dies berge für die konkurrierenden Luftverkehrsunternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in sich, die durch eine bloße Bedingung nicht abgewendet werden könne.

388.
    In diesem Zusammenhang erklären die Klägerinnen, die Mitgliedstaaten könnten von den Fluggesellschaften verlangen, daß diese ihr Betriebsprogramm für eine bestimmte Strecke vor der Eröffnung des betreffenden Flugdienstes vorlegten. In Frankreich sei die Annahme oder die Ablehnung von Betriebsprogrammen Sache der Direction générale de l'aviation civile und des Service du trafic aérien. Diese Behörden könnten eine Fluggesellschaft de facto daran hindern, sich auf die ihr automatisch zustehenden Verkehrsrechte zu berufen, indem sie die Genehmigung der Betriebsprogramme der Gesellschaft rechtswidrig ablehnten. Die Ereignisse, die zu der (in Randnr. 266 zitierten) Entscheidung 94/290 der Kommission geführt hätten, und die Ereignisse, die sich danach zugetragen hätten, veranschaulichten diesen Punkt. Die Klägerinnen verweisen dabei auf mehrere Schreiben der obengenannten Behörden, in denen solche Ablehnungen der Genehmigung zum Ausdruck kämen.

389.
    Auf jeden Fall stünden die Air France, die Direction générale de l'aviation civile und der Service du trafic aérien alle unter der allgemeinen Aufsicht des Verkehrsministers. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätige, daß eine organische Verbindung zwischen einem Unternehmen, das auf einem Markt im Wettbewerb mit andern Unternehmen stehe, und den Stellen, die diesen Markt regulierten, gerade wegen der Gefahr der Diskriminierung, die einem solchen Sachverhalt innewohne, gegen Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages verstoße (Urteile vom 19. März 1991 in der Rechtssache C-202/88, Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-1223, Randnrn. 51 und 52, und vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-69/91, Decoster, Slg. 1993, I-5335, Randnrn. 12 bis 22).

390.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

391.
    Was die verschiedenen Rügen angeht, wonach die Bedingung Nr. 10 zu stark eingeschränkt sei, ist festzustellen, daß die europäischen Fluggesellschaften für die Strecken zwischen dem EWR und den Zielen außerhalb des EWR, die durch die

Verordnung Nr. 2408/92 nicht erfaßt werden, immer noch Verkehrsrechte benötigen. Wie die Kommission vor dem Gericht vorgetragen hat, steht die Air France auf diesen Strecken im Wettbewerb mit anderen französischen Fluggesellschaften wie der TAT, der Euralair, der Corsair, der AOM und der Air Liberté. Die Bedingung Nr. 10 ist folglich für diesen Bereich des Luftverkehrs von Bedeutung. Das gleiche gilt für den durch die Verordnung Nr. 2408/92 erfaßten Verkehr insoweit, als die nationalen Behörden unabhängig von den Verkehrsrechten im eigentlichen Sinne nach einem förmlichen Genehmigungsverfahren über die Einzelheiten der Anwendung dieser Verordnung entscheiden. Im übrigen haben die Klägerinnen und die zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen dem Verfahren beigetretenen Beteiligten den französischen Behörden ausdrücklich vorgeworfen, die Vorschriften dieser Verordnung mit dem Ziel nicht ordnungsgemäß angewendet zu haben, die Interessen der Air France und der Air Inter zu schützen.

392.
    Außerdem sind die französischen Behörden zwar aufgrund des Diskriminierungsverbots verpflichtet, der Air France keine Vorzugsbehandlung einzuräumen, der Nutzen der Bedingung Nr. 10 liegt aber, wie bereits dargelegt worden ist (Randnr. 348), darin, daß sie es der Kommission ermöglicht, unmittelbar den Gerichtshof anzurufen, ohne gezwungen zu sein, vorher das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 oder das Verfahren des Artikels 169 des Vertrages einzuleiten.

393.
    Die anderen Rügen beziehen sich auf die Gefahr, daß die französischen Behörden aufgrund ihrer engen Beziehungen zur Air France andere Gesellschaften daran hindern könnten, sich auf ihre Verkehrsrechte zu berufen. Mit diesen Rügen wird daher erneut in Frage gestellt, ob die Bedingung Nr. 10 wirksam angewendet werden kann; sie können daher im vorliegenden Zusammenhang nicht geprüft werden (siehe oben, Randnr. 292).

394.
    Die gegen die Bedingung Nr. 10 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

h) Zur Bedingung Nr. 11

395.
    Durch diese Bedingung werden die französischen Behörden dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die „Air France ... während der Laufzeit des Planes zwischen Frankreich und den übrigen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums nicht mehr Linienverbindungen betreiben [wird] als im Jahr 1993 (89 Linienverbindungen)“.

Vorbringen der Klägerinnen

396.
    Die Klägerinnen sind der Ansicht, diese Bedingung sei wirkungslos, da sie eine Höchstzahl angebe, die es der Air France nicht verbiete, neue Strecken zu eröffnen und andere zu schließen. Darüber hinaus könne die Air France die Zahl der Ziele, die sie anfliege, über die Grenze von 89 hinaus durch „Naßmiete“ und die Zahl der

bedienten Strecken nach Frankreich oder von dort aus durch die Einführung indirekter Strecken über andere Mitgliedstaaten als Verlängerung einiger bestehender Strecken erhöhen, wobei die Strecke London—Paris z. B. zur Strecke London—Paris—Rom werde. Mit Blick auf die für 1997 geplante Fusion beginne die Air Inter bereits, europäische Ziele anzufliegen, die bis jetzt von der Air France bedient worden seien. Die Air France sei folglich in der Lage, im Rahmen der Höchstzahl von 89 neue Strecken zu eröffnen. Jedesmal wenn die Air France eine neue Strecke eröffnen wolle, genüge es, daß sie eine der Strecken, die sie bediene, der Air Inter übertrage, wobei sie wisse, daß alle ihre europäischen Tätigkeiten auf jeden Fall 1997 fusioniert würden.

397.
    Was die Übertragung von Linien der Air France auf die Air Inter angeht, weisen sie auf die Auffassung hin, die der Direktor des Air-France-Konzerns in einem im September 1994 in der Presse erschienenen Artikel zum Ausdruck gebracht habe. Daraus gehe hervor, daß die Air Inter im Laufe der kommenden zwei Jahre eine Reihe von Strecken der Air France übernehmen werde: Die Air Inter solle unter eigener Flagge die Flüge nach dem Maghreb, der Iberischen Halbinsel, Großbritannien und Irland betreiben. Die Leiter des Konzerns seien der Ansicht, daß sie bei der Durchführung dieser Flaggenwechsel völlig freie Hand hätten, und zwar um so mehr als die Air Inter durch derartige Kapazitätsbeschränkungen nicht erfaßt werde.

398.
    Schließlich zeigten die vom Official Airline Guide zusammengestellten Statistiken, daß die Air France im Mai 1994 im EWR nur 64 Strecken betrieben habe. Daß die Kommission eine Beschränkung des Netzes der Air France auf 89 Strecken akzeptiert habe, erlaube dieser folglich, 25 zusätzliche Strecken zwischen Frankreich und anderen Staaten des EWR zu eröffnen. Außerdem erfasse die Bedingung Nr. 11 weder die innerfranzösischen Strecken noch die Strecken zwischen zwei anderen Staaten des EWR als Frankreich.

399.
    Die Kommission, die Französische Republik und die Air France machen geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

400.
    Was die „Naßmiete“ und die Verlängerung bestehender Strecken angeht, ist festzustellen, daß die Kommission vor dem Gericht erklärt hat, daß diese beiden Arten von Maßnahmen unter die Bedingung Nr. 11 fielen. Die Klägerinnen haben diese Auslegung zur Kenntnis genommen, ohne ihr zu widersprechen.

401.
    Was die Verweisung auf die Air Inter angeht, genügt der Hinweis, daß das Verhalten dieser für die Dauer der Umstrukturierung von der Air France unabhängigen Gesellschaft im vorliegenden Zusammenhang unerheblich ist, um so mehr als die Behauptungen über eine Übertragung von Strecken zwischen der Air

France und der Air Inter auf einen nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung veröffentlichten Presseartikel gestützt sind.

402.
    Was den Ausschluß der französischen Inlandsstrecken sowie der Strecken zwischen anderen Staaten des EWR als Frankreich angeht, genügt der Hinweis, daß die Kommission zu der Auffassung berechtigt war, daß die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Strecken so unbedeutend waren, daß sie im vorliegenden Zusammenhang außer acht gelassen werden konnten (siehe oben, Randnr. 370).

403.
    Was die für die Air France bestehende Möglichkeit betrifft, neue Strecken zu eröffnen und andere zu schließen und dabei die Höchstzahl von 89 Strecken einzuhalten, hat die Kommission zu Recht vor dem Gericht erklärt, daß es nicht ihre Absicht habe sein können, die Air France daran zu hindern, auf die Nachfrage des Marktes zu reagieren, sofern alle Bedingungen eingehalten würden. Die Durchführung des Umstrukturierungsplans, mit dem die finanzielle Lebensfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Air France wiederhergestellt werden sollten, wäre nämlich ohne eine solche Flexibilität gefährdet.

404.
    Soweit vorgetragen worden ist, daß die Air France im Mai 1994 im EWR nur 64 Strecken betrieben habe, so daß der Umstand, daß die Kommission ein Netz von 89 Strecken akzeptiert habe, es der Air France erlaubt habe, 25 zusätzliche Strecken zu eröffnen, ist das Gericht schließlich der Auffassung, daß die Kommission die Grenzen ihres weiten Ermessens nicht überschritten hat, als sie die Zahl der von der Air France 1993 betriebenen Strecken zugrunde legte, ebenso wie sie im Rahmen der Bedingungen Nrn. 8 und 12 das jeweilige Angebot der Air France und der Air Charter auf das 1993 erreichte Niveau begrenzt hat.

405.
    Die gegen die Bedingung Nr. 11 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

i) Zur Bedingung Nr. 12

406.
    Durch diese Bedingung werden die französischen Behörden dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß das Angebot von Air Charter während der Laufzeit des Planes auf dem Stand von 1993 eingefroren wird (3 047 Sitzplätze und 17 Flugzeuge), wobei jährliche Angebotsaufstockungen entsprechend der Marktzuwachsrate jedoch möglich sind.

Vorbringen der Klägerinnen

407.
    Die Klägerinnen machen geltend, die Begrenzung des Angebots der Air Charter sei nicht wirksam. Die Air Charter sei kein Luftverkehrsunternehmen, sondern eigentlich eine Handelsagentur, deren Tätigkeit darin bestehe, für Reiseveranstalter Flugzeuge zu chartern. Von den 17 von der Air Charter 1993 betriebenen Flugzeugen hätten aber nur acht dem Air-France-Konzern gehört und neun seien gepachtet gewesen. Die Pachtverträge liefen im Jahr 1995 aus. Die Begrenzung des Angebots sei von den französischen Behörden vorgeschlagen und von der

Kommission seinerzeit akzeptiert worden, als die Air Charter den Verpächtern bereits mitgeteilt gehabt habe, daß sie ihre Pachtverträge nicht verlängern werde. Die Air Charter dürfe daher neun Ersatzflugzeuge in ihre Flotte aufnehmen und damit ihre Kapazitäten auf einem Markt, auf dem bereits ein starker Wettbewerb herrsche, potentiell um 20 % bis 25 % erhöhen. Die Verpächter, die neun Flugzeuge zurückerhielten, würden der Air Charter notwendigerweise Konkurrenz machen; diese sei als Empfängerin der Beihilfe in der Lage, ihre Flugzeuge an die Reiseveranstalter zu künstlich niedrig gehaltenen Preisen zu verpachten.

408.
    Außerdem sehe der Plan keine Umstrukturierungsmaßnahmen der Air Charter vor; trotzdem werde diese einen Teil der Beihilfe erhalten. Demzufolge sei die Begrenzung des Angebots eine Einladung an eine vom Staat subventionierte Gesellschaft, die keinen Umstrukturierungsmaßnahmen unterworfen sei, dieBeihilfe dazu zu verwenden, ihre Flotte zu verdoppeln und auf jeden Fall das Angebot auf dem französischen Charterflugmarkt zu erhöhen.

409.
    Das Vereinigte Königreich ist der Ansicht, daß die Air France oder die Air Charter eine Verpflichtung hätten eingehen müssen, wonach die Air Charter nur so viele Flugzeuge kaufen werde, wie zum Ersatz der aufgrund der Nichtverlängerung der Pachtverträge verlorenen Kapazitäten erforderlich gewesen seien.

410.
    Die Kommission, die Französische Republik und die Air France machen geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

411.
    Was die Gefahr angeht, daß die Air Charter künstlich niedrige Preise anwenden könnte, genügt der Hinweis, daß die Gesellschaft, an der die Air France mit mehr als 50 % beteiligt ist, die Genehmigung Nr. 9 einhalten muß, die es ihr verbietet, für eine gleichwertige Leistung niedrigere Tarife als ihre Konkurrenten anzubieten. Die Kommission konnte folglich davon ausgehen, daß die Air Charter ihr Angebot wie jedes andere kommerzielle Unternehmen allein nach den Bedürfnissen des Marktes gestalten würde.

412.
    Sodann ist festzustellen, daß die Bedingung Nr. 12, soweit sie eine Entwicklung des Angebots der Air Charter über das Niveau von 1993 hinaus außer bei einem Marktzuwachs verbietet, nicht zur Folge hat, daß die Gesellschaft ihre Betriebsflotte verdoppeln darf. Wie die Kommission vor dem Gericht vorgetragen hat, war sie in keiner Weise verpflichtet, der Air Charter vorzuschreiben, entweder Pachtverträge, die diese aus kommerziellen und finanziellen Gründen gerade gekündigt hatte, zu verlängern oder davon abzusehen, Flugzeuge zu ersetzen, für die die Pachtverträge ausliefen, was die Air Charter dadurch benachteiligt hätte, daß ihre Betriebsflotte um mehr als 50 % verringert worden wäre.

413.
    Soweit vorgetragen worden ist, daß die Air Charter einen Teil der Beihilfe erhalte, obwohl der Plan für diese Gesellschaft keine Umstrukturierungsmaßnahme vorsehe, genügt die Feststellung, daß der Umstrukturierungsplan der Air France tatsächlich auch den Chartersektor des Air-France-Konzerns erfaßt (S. 22 des Planes) und daß die Bedingung Nr. 6 auf jeden Fall eine Verwendung für andere Zwecke als für Umstrukturierungszwecke verbietet.

414.
    Die gegen die Bedingung Nr. 12 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

j) Zur Bedingung Nr. 13

415.
    Diese Bedingung verpflichtet die französischen Behörden dazu, zu gewährleisten, daß bei „der Übertragung von Sachwerten bzw. der Erbringung von Dienstleistungen durch Air France an Air Charter ... marktübliche Preise zugrunde gelegt“ werden.

Vorbringen der Klägerinnen

416.
    Die Klägerinnen sehen diese Bedingung als nicht wirksam an. Zum einen sei es unmöglich, sie umzusetzen, weil der Begriff „marktübliche Preise“ ungenau sei und weil sie verlange, daß die Air France eine ihrer Tochtergesellschaften — deren Präsident zum Leiter der Geschäftstätigkeit der Air France in Frankreich ernannt worden sei — so behandele, als sei sie davon nicht betroffen, während sie gleichzeitig einen Teil der Beihilfe erhalte. Im übrigen solle mit dieser Bedingung nicht der Verkauf von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen durch die Air Charter an bzw. für die Air France kontrolliert werden. Dabei brauchten daher keine marktüblichen Preise zugrunde gelegt werden.

417.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

418.
    Soweit diese Rügen sich darauf beschränken, in Frage zu stellen, daß die Bedingung Nr. 13 wirksam angewendet werden kann, genügt der Hinweis, daß sie im vorliegenden Zusammenhang unbeachtet bleiben müssen (siehe oben, Randnr. 292).

419.
    Soweit vorgetragen worden ist, daß diese Bedingung sich weder auf den Verkauf von Gegenständen noch auf die Erbringung von Dienstleistungen durch die Air Charter an bzw. für die Air France bezogen habe, ist festzustellen, daß die Kommission vor dem Gericht erklärt hat, ohne daß ihr widersprochen worden wäre, daß die Air Charter keine nennenswerten Gegenstände oder Dienstleistungen an die Air France geliefert bzw. für diese erbracht habe. Im übrigen haben die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 im Rahmen der Bedingung Nr. 12 selbst eingeräumt, daß die Air Charter kein Luftverkehrsunternehmen sei, sondern eigentlich eine Handelsagentur, deren Tätigkeit darin bestanden habe, Flugzeuge

für Reiseveranstalter zu chartern, und die über etwa 40 Beschäftigte, nicht aber über Mechaniker oder Flugpersonal verfüge (Nr. 234 der Klageschrift in der Rechtssache T-371/94). Unter diesen Umständen war die Kommission berechtigt, die wirtschaftlichen Auswirkungen derartiger Veräußerungen oder Dienstleistungen außer acht zu lassen.

420.
    Die gegen die Bedingung Nr. 13 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

k) Zu den Bedingungen Nr. 15 und Nr. 16

421.
    Diese Bedingungen enthalten für die französische Regierung folgende Verpflichtungen:

—     „Entsprechend der Kommissionsentscheidung vom 27. April 1994 betreffend die Öffnung der Strecke Orly—London wird die französische Regierung die Regeln über die Aufteilung des Verkehrs auf das Pariser Flughafensystem in Zusammenarbeit mit der Flughafengesellschaft Aéroports de Paris so bald wie möglich ändern.“

—     „Die französische Regierung wird dafür Sorge tragen, daß die von der Flughafengesellschaft Aéroports de Paris durchgeführten Umbauarbeiten an den zwei Abfertigungsgebäuden in Orly und eine eventuelle Saturierung eines dieser Abfertigungsgebäude die Wettbewerbsverhältnisse nicht zuungunsten der den Flughafen Orly anfliegenden Gesellschaften verfälschen.“

Vorbringen der Klägerinnen

422.
    Die Klägerinnen tragen vor, die Bedingung Nr. 15 sei nur eine Fiktion gewesen, da die französischen Behörden offensichtlich nicht die Absicht gehabt hätten, sich nach der Entscheidung vom 27. April 1994 zu richten, was dadurch bewiesen werde, daß sie bereits im Mai 1994 Regeln für die Zuteilung von Verkehrsrechten aufgestellt hätten, die offenkundig gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften verstoßen hätten. Außerdem habe die Bedingung Nr. 15 — während die Air France nach der angefochtenen Entscheidung die erste Tranche der Beihilfe sofort habe erhalten dürfen — verlangt, daß der sich aus den Regeln für die Aufteilung des Verkehrs im Pariser Flughafensystem ergebende Wettbewerbsvorteil der Air France zu einer Zeit habe beseitigt werden sollen, die nur mit den Worten „so bald wie möglich“ definiert gewesen sei.

423.
    Die Klägerinnen unterstreichen, daß die Bedingung Nr. 16 illusorisch gewesen sei; sie sei verletzt worden, bevor sie überhaupt aufgestellt worden sei, und zwar wegen der diskriminierenden Bedingungen, die für die Verlagerung aller nicht zum Air-France-Konzern gehörenden französischen Gesellschaften von Orly-West nach Orly-Süd und die Zusammenfassung von Air France und Air Inter in Orly-West

gegolten hätten und die bereits vor dem Erlaß der Entscheidung festgelegt worden seien. Die Flughafengesellschaft Aéroports Paris und die Air France stünden beide unter der Aufsicht des Verkehrsministers. Derartige organisatorische Verbindungen stünden aber aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahr der Diskriminierung, die sich daraus ergebe, im Widerspruch zu Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages. Der Plan für die Neugestaltung der Abfertigungsgebäude von Orly sei so gestaltet worden, daß es für die Wettbewerber der Air Inter schwierig und kostspielig werde, von Orly-Süd aus neue Dienste anzubieten. Folglich hätte nur durch eine grundlegende Änderung des Planes eine Diskriminierung zu Lasten der Wettbewerber der Air France vermieden werden können.

424.
    Generell tragen die Klägerinnen zu diesen Bedingungen vor, eine Zusicherung, deren Gegenstand die Einhaltung der Rechtsvorschriften sei, könne nicht als eine den Nebenfolgen der Beihilfe angemessene Gegenleistung angesehen werden, da die französischen Behörden das Recht auf jeden Fall zu beachten hätten.

425.
    Die Kommission macht geltend, diese Rügen seien nicht begründet.

Würdigung durch das Gericht

426.
    Mit den gegen die Bedingungen Nr. 15 und Nr. 16 gerichteten Rügen wird lediglich geltend gemacht, diese Bedingungen seien sowohl wirkungslos als auch unnütz. Es genügt daher der Hinweis, daß Rügen, mit denen lediglich in Frage gestellt wird, ob eine Bedingung für die Genehmigung der Beihilfe wirksam angewendet werden kann, im vorliegenden Zusammenhang unbeachtet bleiben müssen (siehe oben, Randnr. 292) und, zum anderen, daß der Nutzen dieser Bedingungen — wenn man annimmt, daß die französischen Behörden bereits aufgrund anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften gehalten sind, die in den Bedingungen Nr. 15 und Nr. 16 genannten Verpflichtungen zu beachten — darin besteht, daß sie die Kommission in die Lage versetzen, unmittelbar den Gerichtshof anzurufen, ohne verpflichtet zu sein, vorher ein Verwaltungsverfahren einzuleiten (siehe oben, Randnr. 348).

427.
    Die gegen die Bedingungen Nr. 15 und Nr. 16 gerichteten Rügen sind folglich zurückzuweisen.

428.
    Da keiner der gegen die Bedingungen für die Genehmigung gerichteten Rügen stattgegeben worden ist, ist die Rüge, daß die von der Kommission für die Prüfung der Auswirkungen der Beihilfe gewählte Methode fehlerhaft sei, definitiv zurückzuweisen (siehe oben, Randnrn. 295 und 296).

429.
    Nach alledem sind vorbehaltlich der Randnummern 238 bis 280 alle Rügen zurückzuweisen, die darauf gestützt sind, daß die Kommission angeblich Fehler begangen hat, als sie zu der Auffassung gelangt ist, daß die Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines gewissen Wirtschaftszweigs bestimmt ist, ohne die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise

zu verändern. Insoweit waren die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Beteiligten in der Lage, ihre Rechte wahrzunehmen, und das Gericht hat seine gerichtliche Kontrolle ausüben können. Die angefochtene Entscheidung entspricht folglich — außer was die Würdigung der Auswirkungen der Beihilfe auf die Wettbewerbsstellung der Air France in bezug auf ihr Streckennetz außerhalb des EWR und auf den diesbezüglichen Zubringerluftverkehr angeht — in dieser Hinsicht den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages, so daß die Rüge, die Begründung sei unzureichend, zurückzuweisen ist.

Zu den Rügen in bezug auf die Fehler, die die Kommission begangen haben soll, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Umstrukturierungsplan geeignet sei, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Air France wiederherzustellen

Zur angeblichen generellen Unzulänglichkeit des Umstrukturierungsplans

— Vorbringen der Beteiligten

430.
    Die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Beteiligten beanstanden in allgemeiner Form die Unzulänglichkeit und die mangelnde Genauigkeit des Umstrukturierungsplans. In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 vor, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht in geeigneter Weise angegeben, inwieweit die Beihilfe zur Finanzierung der im Plan enthaltenen unklaren und ungeeigneten Vorschläge erforderlich gewesen sei, und wirft der Kommission vor, daß sie nicht auf der Vorlage eines Planes bestanden habe, der genaue Einzelangaben in bezug auf die zur Herstellung der Lebensfähigkeit der Air France erforderlichen Maßnahmen enthalten habe. Die Klägerinnen in den beiden Rechtssachen rügen, daß die Kommission es unterlassen habe, die angefochtene Entscheidung mit einer ausreichenden Begründung zu versehen, da sie die von Dritten im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erklärungen nicht berücksichtigt habe.

431.
    Die Kommission ist dagegen der Ansicht, daß die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt ausreichend begründet sei. Was die materielle Rechtslage angeht, trägt sie vor, sie habe den inneren Zusammenhang und die Wirksamkeit des Umstrukturierungsplans inhaltlich gewürdigt, ohne Beurteilungs- oder Rechtsfehler zu begehen.

— Würdigung durch das Gericht

432.
    Zunächst ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung, was den von der Air France ausgearbeiteten und vorgelegten Umstrukturierungsplan angeht, mit einer ausreichenden Begründung versehen ist, und zwar insbesondere in Anbetracht der

wesentlichen Rügen, die die Beteiligten im Verwaltungsverfahren erhoben haben (siehe oben, Randnr. 96).

433.
    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die Beteiligten im Verwaltungsverfahren erklärt haben, daß mit dem Umstrukturierungsplan die Lebensfähigkeit der Air France nicht wiederhergestellt werden könne, weil er ungeeignet, unzureichend und zu unbestimmt sei. Er sei noch weniger streng als der frühere Plan, der „PRE 2“, der bereits im August 1992 als unzureichend angesehen worden sei. Er stelle nicht das dar, was für die Air France notwendig sei, sondern nur das, was für Frankreich annehmbar sei, nachdem der „PRE 2“, der strenger als der streitige Plan gewesen sei, wegen sozialer Proteste zurückgezogen worden sei. Im übrigen müsse die Kommission in diesem Zusammenhang alle von der Air France aufgelegten Umstrukturierungspläne berücksichtigen, die sämtlich wegen der politischen Lage und der Macht der Gewerkschaften gescheitert seien.

434.
    Die Beteiligten haben unterstrichen, daß der Umstrukturierungsplan keinerlei Erfolgsaussichten habe, wenn es nicht möglich sei, das überzählige Personal zu entlassen, die Löhne und Gehälter zu kürzen und das Personal zu Produktionssteigerungen zu verpflichten. Der einzige realistische Weg zur Senkung der Kosten der Air France, nämlich eine Steigerung der Produktivität des Personals, werde aber auf freiwilliger Basis ins Auge gefaßt. Es sei daher höchst unwahrscheinlich, daß die erhoffte Produktivitätssteigerung von 30 % erreicht werde. Der Plan empfehle keine Reduzierung des Besitzstandes der Arbeitnehmer der Air France. Er sehe nur die Streichung von 5 000 Stellen in drei Jahren vor, während die Lufthansa 8 000 in zwei Jahren und die British Airways 4 000 in einem Jahr gestrichen hätten. Außerdem werde in dem Plan die Überkapazitätskrise im Luftverkehrssektor in der Gemeinschaft nicht berücksichtigt; es werde sogar eine Erweiterung der Flotte und der Kapazitäten ins Auge gefaßt.

435.
    Sie haben hinzugefügt, daß der im Plan als staatliche Beihilfe vorgesehene Betrag von 20 Milliarden FF nicht klar gewesen sei. Unter Verweisung auf einen Artikel in der Presse haben sie festgestellt, daß es Indizien für einen Mangel an Klarheit in der Buchführung der Air France gegeben habe. Die Kommission müsse dafür sorgen, daß die Rechnungslegung der Air France in diesem Zusammenhang nichts verberge. Im übrigen habe der Präsident der Air France im Februar 1994 in einem Presseartikel erklärt, daß die Gesellschaft Ende März 8 Milliarden FF erhalten solle; im Rahmen des PRE 2 sei ein Betrag von 5 Milliarden FF in der Diskussion gewesen.

436.
    Schließlich werde im Umstrukturierungsplan niemals der Air-France-Konzern erwähnt, und es würden dem Konzern insgesamt keinerlei Beschränkungen auferlegt. Der Plan beziehe sich nur auf die Air France und nehme keinen Bezug auf die zukünftigen Absichten des Konzerns hinsichtlich der Air Inter. Die Air Inter müsse aber umstrukturiert werden. Die Kommission müsse daher verlangen, daß der Plan auch die Geschäftstätigkeit der Air Inter und der Air Charter erfasse.

437.
    In Anbetracht dieser Erklärungen weist das Gericht darauf hin, daß die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Geschichte der verschiedenen von der Air France zur Bewältigung ihrer Finanzprobleme verabschiedeten Umstrukturierungspläne aufzeichnet. So habe die Air France im September 1991 einen ersten Umstrukturierungsplan verabschiedet („CAP'93“), der u. a. eine Kapitalzuführung in Höhe von 5,8 Milliarden FF vorgesehen habe. Im Oktober 1992 habe der Air-France-Konzern, nachdem er eine erneute Verschlechterung seiner Finanzlage festgestellt habe, einen zweiten Umstrukturierungsplan („PRE 1“) verabschiedet, der sich jedoch in den ersten Monaten des Jahres 1993 als ungeeignet zur Verbesserung der Lage des Konzerns erwiesen habe und daher aufgegeben worden sei. Im September 1993 sei ein dritter Plan („PRE 2“) aufgelegt worden und dann wegen seiner Ablehnung durch die Gewerkschaften zugunsten des „Planes“ zurückgezogen worden (ABl. L 74). Was den streitigen Umstrukturierungsplan angeht, erklärt die Kommission, daß er von der Air France auf der Grundlage eines von der Unternehmensberatungsfirma Lazard Frères ausgearbeiteten Papiers erstellt worden sei, in dem auch der zur Wiederherstellung der Finanzstruktur und der Rentabilität der Air France erforderliche Rekapitalisierungsbetrag festgelegt worden sei. Dieser Plan, dessen Ziel zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 31. Dezember 1996 habe erreicht werden sollen, sehe eine Erhöhung der Produktivität der Air France um 30 % vor (ABl. S. 75).

438.
    Anschließend beschreibt und präzisiert die Kommission die wesentlichen Linien des Planes, nämlich die Senkung der Kosten und der finanziellen Aufwendungen (durch einen Abbau der Investitionen, eine Senkung der Betriebskosten und einer Steigerung der Produktivität sowie eine Senkung der Finanzierungskosten), die Änderung der Produktkonzeption und den besseren Betriebsmitteleinsatz (insbesondere durch kommerzielle Initiativen auf der Ebene der Flotte und des Streckennetzes), die Neuorganisation der Gesellschaft und die Beteiligung der Angestellten. Die Kommission fügt hinzu, daß die Umsetzung des Planes über die Kapitalerhöhung und die Veräußerung von nicht zum Kernbereich gehörenden Vermögensteilen finanziert werden solle (ABl. S. 75 und 76).

439.
    Was die Bewertung der Tragfähigkeit des Umstrukturierungsplans angeht, vertritt die Kommission die Ansicht, daß der Plan mehrere Maßnahmen umfasse, die für einen echten Willen zur Umstrukturierung der Gesellschaft sprächen. Insbesondere erkennt sie den großen Umfang der im Sozialbereich gemachten Anstrengungen an (Einfrieren der Löhne und Gehälter, Beförderungsstop, bessere Nutzung der Arbeitszeit, Ausgabe von Gratisaktien an die Belegschaft zum Ausgleich von Lohnkürzungen). Das betroffene Personal habe das Programm in einer Abstimmung gebilligt. Nach der Billigung des Planes durch die Gewerkschaften erklärt sich die Kommission davon überzeugt, daß die im Plan vorgesehenen Maßnahmen in vollem Umfang angenommen und erfolgreich umgesetzt werden könnten (ABl. S. 82).

440.
    Ferner sieht die Kommission die Umstrukturierung der Gesellschaft im Profit-Center, mit der das Unternehmen von Grund auf rationalisiert werden soll, als eine der Stärken des Planes an. Sie ist der Ansicht, durch die im Plan vorgesehenen Produktivitätssteigerungen werde die Air France, verglichen mit anderen Fluggesellschaften, „guter Durchschnitt“ werden, wobei die Kommission angibt, daß sie ihre Analyse auf einen Vergleich der Werte des Effizienzindikators ERPK stütze. Nach einer Erklärung des Funktionierens dieser Maßeinheit stellt die Kommission fest, daß die Produktivität der Air France während des Umstrukturierungszeitraums um 33,3 % steigen werde. Der 1996 erreichte Wert werde höher als der geschätzte Durchschnittswert der sieben anderen großen europäischen Fluggesellschaften sein (Lufthansa, British Airways, KLM, Alitalia, Iberia, SAS und Swissair). Im Ergebnis ist die Kommission der Ansicht, daß mit dem Plan die wirtschaftliche und finanzielle Lebensfähigkeit der Air France wiederhergestellt werden könne, um so mehr als die französische Regierung zugesichert habe, daß die Air France nach kaufmännischen Grundsätzen geführt und wie ein normales Unternehmen behandelt werden solle (ABl. S. 83).

441.
    Nach Ansicht des Gerichts gibt diese Begründung eine angemessene Antwort auf die Erklärungen der Beteiligten und macht die Argumentation der Kommission, was die allgemeinen Gesichtspunkte des Umstrukturierungsplans angeht, hinreichend deutlich. Sie zeigt nämlich, daß die Kommission die früheren Umstrukturierungspläne, mit denen die Lage der Air France nicht hatte verbessert werden können, nicht außer acht gelassen hat. Insbesondere erwähnt die Kommission, daß der Plan „PRE 2“ gescheitert war, weil er weder vom Personal der Air France noch von den Gewerkschaften angenommen worden war, während der neue Plan von ihnen gebilligt worden ist. Es liegt aber auf der Hand, daß nur ein durchführbarer Umstrukturierungsplan, auch wenn er weniger streng als ein früherer nicht durchführbarer Plan ist, Aussichten auf Erfolg haben kann. Die Kommission war folglich nicht verpflichtet, ihre Begründung in diesem Punkt zu vertiefen.

442.
    Was die Frage angeht, ob die im Umstrukturierungsplan angeführten Maßnahmen ausreichen, um die angestrebten Ziele der Rationalisierung und Entschuldung zu erreichen, genügt die Beschreibung der geplanten Maßnahmen und die Einführung des Kontrollmechanismus, den die Kommission gemäß den Artikeln 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung einsetzen kann, um auf der Ebene der Begründung darzulegen, daß die Kommission zum einen an die Möglichkeit der Durchführung des Umstrukturierungsplans glaubt und zum andern sich die als geeignet angesehenen Mittel für den Fall vorbehält, daß die Durchführung des Planes gefährdet sein sollte. Wenn die in Artikel 1 genannten Bedingungen nicht eingehalten würden, könnte die Kommission nämlich gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 2 des Vertrages den Gerichtshof unmittelbar anrufen (siehe oben, Randnr. 348). Darüber hinaus stellt die effektive Durchführung des Planes nach Artikel 2 eine Voraussetzung für die Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe dar.

443.
    In Anbetracht dieses Rahmens des Umstrukturierungsplans war die Kommission nicht verpflichtet, spezifische Erläuterungen in Form eines Vergleichs des Planes der Air France mit den Umstrukturierungsplänen anderer Fluggesellschaften wie der Lufthansa und der British Airways vorzulegen. Diese Pläne betrafen nämlich andere zu unterschiedlichen Zeiten umstrukturierte Gesellschaften.

444.
    Die Rüge, daß es der Buchführung der Air France an Klarheit fehle, ist auf kein tatsächliches Indiz gestützt. In dieser Rüge wird lediglich auf einen Artikel in der Presse verwiesen, wobei die Kommission aufgefordert wird, dafür zu sorgen, daß die Rechnungslegung der Air France in dieser Hinsicht nichts verberge. Die Kommission war daher nicht verpflichtet, sich ausdrücklich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern und insbesondere anzugeben, ob sie dieser Aufforderung nachgekommen war.

445.
    Soweit geltend gemacht worden ist, daß der streitige Umstrukturierungsplan sich nicht auf die Gesellschaft Air France habe beschränken dürfen, sondern auch die anderen Gesellschaften des Konzerns habe erfassen müssen, genügt die Feststellung, daß die Kommission einem Mitgliedstaat nicht aufgeben kann, einen Umstrukturierungsplan für eine Gesellschaft aufzustellen, die nach Auffassung dieses Staates einer Umstrukturierung nicht bedarf. Die Frage, ob und inwieweit die Kommission bei der Prüfung und Genehmigung eines Planes, der die Umstrukturierung einer zu einem Konzern gehörenden Gesellschaft betrifft, gegebenenfalls die anderen Gesellschaften des Konzerns berücksichtigen muß, ist jedoch nicht erheblich für die Begründung der angefochtenen Entscheidung in bezug darauf, ob der betroffene Umstrukturierungsplan, der auf die Gesellschaft Air France beschränkt ist, ausreichend ist. Die die Beteiligung des gesamten Konzerns betreffenden Fragen sind oben in anderem Zusammenhang behandelt worden (Randnrn. 298 bis 324). Das gleiche gilt für die spezielle Frage der Kapazitäten der Air France, die ebenfalls im Vorstehenden besonders geprüft worden ist (Randnrn. 357 bis 373).

446.
    Die Begründung dieses Teils der angefochtenen Entscheidung entspricht folglich den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages.

447.
    Was die Rügen angeht, die in allgemeiner Form auf die Unzulänglichkeit und die mangelnde Genauigkeit des Umstrukturierungsplans gestützt werden, genügt der Hinweis, daß die Kommission bei der Bewertung eines Planes zur Umstrukturierung eines Unternehmens in wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten über ein weites Ermessen verfügt, wobei diese Bewertung sich im übrigen oft auf vertrauliche Daten bezieht, die den Wettbewerbern des betreffenden Unternehmens nicht zugänglich sind. Das Gericht kann folglich nur dann, wenn ein besonders offensichtlicher und schwerer Fehler der Kommission bei der Beurteilung eines solchen Planes vorliegt, die Genehmigung einer staatlichen Beihilfe zur Finanzierung einer solchen Umstrukturierung beanstanden. Im vorliegenden Fall ist aber das Vorliegen eines derartigen Fehlers nicht dargetan

worden. Das Gericht erinnert jedoch daran, daß es nicht in der Lage war, die von der Air France zu erreichenden Produktivitätsziele unter dem besonderen Gesichtspunkt der Fluglinien außerhalb des EWR zu prüfen, da die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt einen Begründungsmangel aufweist (siehe oben, Randnr. 280).

448.
    Unter dem letztgenannten Vorbehalt sind die Rügen gegen die Genehmigung des Umstrukturierungsplans der Air France durch die Kommission zurückzuweisen.

449.
    Unter diesen Umständen ist die Rüge, mit der die Klägerinnen in der Rechtssache T-371/94 geltend machen, mit diesem Plan solle in Wirklichkeit nicht die Lebensfähigkeit der Air France wiederhergestellt werden, sondern es sollten Ziele der Regierung verwirklicht werden, sachlich und rechtlich unbegründet.

Zu den sonstigen Rügen

450.
    Die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Beteiligten machen geltend, der Umstrukturierungsplan der Air France schließe zu Unrecht die Berücksichtigung der Gesellschaft Air Inter, den Verkauf eines Maximums von nicht zum Luftverkehr gehörenden Aktiva und eine globale Reduzierung der Kapazitäten aus. Außerdem sei dieser Plan weitgehend auf den Indikator ERPK gestützt, mit dem die Produktivität der Air Francegemessen werden solle, obwohl diese Maßeinheit dafür nicht geeignet sei. Ferner seien die im Umstrukturierungsplan der Air France vorgesehenen Maßnahmen viel weniger streng als die von anderen Fluggesellschaften getroffenen.

451.
    In diesem Zusammenhang genügt es, auf das oben im Rahmen der Prüfung anderer Rügen Gesagte zu verweisen, um zum Ergebnis zu gelangen, daß keine der oben genannten gegen den Umstrukturierungsplan der Air France gerichteten Rügen anerkannt werden kann.

452.
    Soweit die Klägerinnen und die zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Beteiligten der Kommission vorwerfen, sie habe zu Unrecht den Kauf von 17 neuen Flugzeugen als Bestandteil des Umstrukturierungsplans genehmigt, erinnert das Gericht daran, daß es nicht in der Lage ist, diese Rüge zu prüfen, weil es an einer Begründung in bezug auf die Finanzierung dieser Investition und deren Rechtsnatur fehlt.

III — Zu dem Klagegrund, es liege ein Verstoß gegen Artikel 155 des Vertrages vor

453.
    Soweit die Klägerin in der Rechtssache T-394/94 vorträgt, die Kommission habe dadurch, daß sie die Artikel 92 und 93 des Vertrages nicht richtig angewendet habe, auch gegen Artikel 155 des Vertrages verstoßen, ist festzustellen, daß sich bei der Prüfung des Vorbringens der Klägerinnen und der zur Unterstützung ihrer Anträge dem Verfahren beigetretenen Beteiligten kein Beurteilungs- oder Rechtsfehler bei der Anwendung der Artikel 92 und 93 gezeigt hat. Außerdem soll

Artikel 155 des Vertrages die Befugnisse der Kommission allgemein festlegen. Daher kann nicht behauptet werden, daß jedesmal dann, wenn die Kommission gegen eine spezielle Vorschrift des Vertrages verstößt, dieser Verstoß auch einen Verstoß gegen die generelle Vorschrift des Artikels 155 nach sich zieht. Dieser Klagegrund ist daher auf jeden Fall zurückzuweisen.

IV — Ergebnis

454.
    Die Prüfung des gesamten Vorbringens in den vorliegenden Rechtsstreitigkeiten hat ergeben, daß die angefochtene Entscheidung in zwei Punkten einen Begründungsmangel aufweist, nämlich in bezug auf den Kauf von 17 neuen Flugzeugen für einen Betrag von 11,5 Milliarden FF (siehe oben, Randnrn. 84 bis 120) und in bezug auf die Stellung der Air France im Wettbewerb auf ihrem Streckennetz außerhalb des EWR mit dem entsprechenden Zubringerluftverkehr (siehe oben, Randnrn. 238 bis 280). Diese beiden Punkte sind von wesentlicher Bedeutung in der allgemeinen Systematik der angefochtenen Entscheidung. Diese Entscheidung ist folglich für nichtig zu erklären. Unter diesen Voraussetzungen braucht über den Antrag der Klägerin in der Rechtssache T-394/94 auf Vorlage aller sachdienlichen Akten und Papiere, über die die Kommission verfügt, nicht mehr entschieden zu werden.

Kosten

455.
    Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Klägerinnen sowie die Streithelferinnen Maersk dies beantragt haben, ist die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

456.
    Gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Französische Republik, das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich, das Königreich Schweden, das Königreich Norwegen und die Air France ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Rechtssachen T-371/94 und T-394/94 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

2.    Die Entscheidung 94/653/EG der Kommission vom 27. Juli 1994 über die angemeldete Kapitalerhöhung von Air France wird für nichtig erklärt.

3.    Die Kommission trägt die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferinnen Maersk Air I/S und Maersk Air Ltd.

4.    Die Compagnie nationale Air France, die Französische Republik, das Königreich Dänemark, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, das Königreich Schweden und das Königreich Norwegen tragen ihre eigenen Kosten.

Bellamy                Lenaerts                    Briët

        Kalogeropoulos                Potocki

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Juni 1998.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

A. Kalogeropoulos

Inhaltsverzeichnis

     Den Klagen und den Verfahren zugrunde liegender Sachverhalt

II - 4

         Verwaltungsverfahren

II - 4

         Die angefochtene Entscheidung

II - 5

         Gerichtliche Verfahren

II - 9

     Anträge der Beteiligten

II - 11

     Zur Begründetheit

II - 12

         I —     Zu den einen nicht ordnungsgemäßen Ablauf des Verwaltungsverfahrens betreffenden Rügen

II - 13

                 Vorbringen der Beteiligten

II - 13

                 Würdigung durch das Gericht

II - 17

                     Allgemeines

II - 17

                     Die Mitteilung vom 3. Juni 1994

II - 19

                     Die Dauer der Prüfung

II - 21

                     Die externen Sachverständigen

II - 21

                     Der Übersetzungsfehler

II - 22

                     Die Beteiligung der anderen Mitgliedstaaten

II - 22

                     Ergebnis

II - 22

         II —     Zu den Rügen, die sich auf die Beurteilungsfehler und Rechtsfehler stützen, die die Kommission unter Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens begangen haben soll

II - 23

                     Allgemeines

II - 23

                     Zu den auf einen Verstoß gegen den für staatliche Beihilfen geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützten Rügen

II - 24

                     A —     Zur Rüge, daß die Kommission zu Unrecht die Anschaffung von 17 neuen Flugzeugen durch die Air France genehmigt habe

II - 24

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 24

                         Würdigung durch das Gericht

II - 26

                     B —    Zur Rüge, die Kommission habe zu Unrecht die Finanzierung von Betriebskosten und von operativen Maßnahmen der Air France genehmigt

II - 34

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 34

                         Würdigung durch das Gericht

II - 37

                     C —    Zur Rüge der fehlerhaften Klassifizierung der von der Air France zwischen 1989 und 1993 ausgegebenen Wertpapiere

II - 40

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 40

                         Würdigung durch das Gericht

II - 43

                     D —    Zu der Rüge, die Kommission habe den Verschuldungsgrad von Air France verkannt

II - 46

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 46

                         Würdigung durch das Gericht

II - 48

                     E —    Zu der Rüge, die Kommission habe es zu Unrecht unterlassen, den Verkauf von Vermögensteilen der Air France zu verlangen, die hätten veräußert werden können

II - 51

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 51

                         Würdigung durch das Gericht

II - 58

                 Zu der Rüge, die Kommission habe fehlerhaft gehandelt, als sie angenommen habe, daß die Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines

bestimmten Wirtschaftszweigs bestimmt sei, ohne die Handelsbedingungen in eine dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu verändern

II - 65

                     A —    Zu der Rüge, die Kommission habe zu Unrecht eine Beihilfe genehmigt, die nicht der Entwicklung eines bestimmten Wirtschaftszweigs, sondern derjenigen eines einzelnen Unternehmens diene

II - 65

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 65

                         Würdigung durch das Gericht

II - 65

                    B —     Zur Rüge, die Kommission habe zu Unrecht eine Beihilfe genehmigt, die die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere

II - 66

                         Vorbringen der Beteiligten

II - 66

                         Würdigung durch das Gericht

II - 72

                         1.    Zur Begründung

II - 72

                         2.    Zur Begründetheit

II - 80

                         a) Zur Bedingung Nr. 1

II - 84

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 85

                         Würdigung durch das Gericht

II - 88

                         b) Zur Bedingung Nr. 3

II - 92

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 92

                         Würdigung durch das Gericht

II - 94

                         c) Zur Bedingung Nr. 6

II - 97

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 97

                         Würdigung durch das Gericht

II - 97

                         d) Zur Bedingung Nr. 7

II - 98

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 98

                         Würdigung durch das Gericht

II - 98

                         e) Zur Bedingung Nr. 8

II - 99

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 99

                         Beurteilung durch das Gericht

II - 101

                         f) Zur Bedingung Nr. 9

II - 104

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 104

                         Würdigung durch das Gericht

II - 105

                         g) Zur Bedingung Nr. 10

II - 106

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 106

                         Würdigung durch das Gericht

II - 107

                         h) Zur Bedingung Nr. 11

II - 108

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 108

                         Würdigung durch das Gericht

II - 109

                         i) Zur Bedingung Nr. 12

II - 110

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 110

                         Würdigung durch das Gericht

II - 111

                         j) Zur Bedingung Nr. 13

II - 112

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 112

                         Würdigung durch das Gericht

II - 112

                         k) Zu den Bedingungen Nr. 15 und Nr. 16

II - 113

                         Vorbringen der Klägerinnen

II - 113

                         Würdigung durch das Gericht

II - 114

                 Zu den Rügen in bezug auf die Fehler, die die Kommission begangen haben soll, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Umstrukturierungsplan geeignet sei, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Air France wiederherzustellen

II - 115

                     Zur angeblichen generellen Unzulänglichkeit des Umstrukturierungsplans

II - 115

                         — Vorbringen der Beteiligten

II - 115

                         — Würdigung durch das Gericht

II - 115

                     Zu den sonstigen Rügen

II - 120

         III —    Zu dem Klagegrund, es liege ein Verstoß gegen Artikel 155 des Vertrages vor

II - 120

         IV —     Ergebnis

II - 121

     Kosten

II - 121


1: Verfahrenssprache: Englisch.