Language of document : ECLI:EU:T:2019:237

URTEIL DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)

10. April 2019(*)

„Staatliche Beihilfen – Postsektor – Finanzierung der höheren Lohn- und Lohnnebenkosten bei einem Teil der Beschäftigten der Deutschen Post durch Subventionen und Erlöse aus den preisregulierten Diensten – Beschluss, das förmliche Prüfverfahren auszuweiten – Beschluss, mit dem nach Abschluss der Vorprüfungsphase das Vorliegen neuer Beihilfen festgestellt wird – Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlung – Rechtsschutzinteresse – Zulässigkeit – Folgen der Nichtigerklärung des endgültigen Beschlusses – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑388/11

Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Sedemund, T. Lübbig und M. Klasse,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch D. Grespan, T. Maxian Rusche und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

UPS Europe SPRL/BVBA, vormals UPS Europe NV/SA, mit Sitz in Brüssel (Belgien),

und


United Parcel Service Deutschland Sàrl & Co. OHG, vormals UPS Deutschland Inc. & Co. OHG, mit Sitz in Neuss (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte T. Ottervanger und E. Henny, dann Rechtsanwalt T. Ottervanger und schließlich Rechtsanwalt R. Wojtek,

Streithelferinnen,

wegen eines Antrags gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2011) 3081 endg. vom 10. Mai 2011, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die staatliche Beihilfe C 36/07 (ex NN 25/07) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post auszuweiten, von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2011, C 263, S. 4) veröffentlicht wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius, P. Nihoul, J. Svenningsen und U. Öberg (Berichterstatter),

Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Zu dem Prüfverfahren zwischen 1999 und 2002

1        Im Jahr 1950 errichtete die Bundesrepublik Deutschland eine Post, die Deutsche Bundespost. Im Jahr 1989 ersetzte die Bundesrepublik Deutschland die Deutsche Bundespost durch drei gesonderte Unternehmen. Es handelte sich hierbei um den Postdienst, die Postbank und die Telekom.

2        Mit dem Gesetz vom 14. September 1994 zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (BGBl. 1994 I, S. 2325) wurde der Postdienst in die Deutsche Post AG, Klägerin in der vorliegenden Rechtssache, umgewandelt, und ebenso wurden die Postbank und die Telekom ab 1. Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt.

3        Am 17. August 1999 entschied die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Eingang einer Beschwerde der UPS Europe NV/SA, jetzt UPS Europe SPRL/BVBA (im Folgenden: UPS), Streithelferin im vorliegenden Rechtsstreit, ein förmliches Prüfverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen, das sich auf mehrere zunächst dem Postdienst und dann der Klägerin gewährte Beihilfen bezog (im Folgenden: Eröffnungsentscheidung von 1999). Zu den streitigen Beihilfen gehörten die der Klägerin von den deutschen Behörden zur Deckung der Pensionen von Beschäftigten mit Beamtenstatus gezahlten Subventionen (im Folgenden: Pensionssubventionen).

4        Mit der Entscheidung 2002/753/EG vom 19. Juni 2002 über Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post AG (ABl. 2002, L 247, S. 27, im Folgenden: endgültige Entscheidung von 2002) schloss die Kommission das 1999 eröffnete förmliche Prüfverfahren ab. Nach der Feststellung, dass der staatliche Ausgleich für Nettomehrkosten einer Rabattpolitik bei den dem Wettbewerb offenstehenden Haus-zu-Haus-Paketdiensten einen Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstelle, erklärte die Kommission in Art. 1 des verfügenden Teils der Entscheidung diese staatliche Beihilfe zugunsten der Klägerin in Höhe von 572 Mio. Euro für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, und schrieb der Bundesrepublik Deutschland in Art. 2 des verfügenden Teils die Beitreibung der Beihilfe vor. Nach Ansicht der Kommission war die streitige Beihilfe in mehreren Formen zustande gekommen, nämlich insbesondere in Form von Transferzahlungen, die über die Telekom zugunsten der Klägerin vorgenommen wurden, staatlichen Bürgschaften zugunsten der Klägerin und Pensionssubventionen.

5        Am 4. September 2002 erhob die Klägerin beim Gericht eine unter dem Aktenzeichen T‑266/02 in das Register eingetragene Klage auf Nichtigerklärung der endgültigen Entscheidung von 2002.

6        Mit Urteil vom 1. Juli 2008, Deutsche Post/Kommission (T‑266/02, EU:T:2008:235), erklärte das Gericht die endgültige Entscheidung von 2002 für nichtig, weil die Kommission nicht nachgewiesen hatte, dass ein Vorteil für die Klägerin gegeben war.

7        Mit Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post (C‑399/08 P, EU:C:2010:481), wies der Gerichtshof das gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel zurück.

a)      Zum Beschluss von 2007, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten

8        Mit Schreiben vom 12. September 2007 nach Einlegung einer zweiten Beschwerde, mit der UPS rügte, dass nicht alle in der ersten Beschwerde genannten Maßnahmen geprüft worden und nach Erlass der endgültigen Entscheidung von 2002 rechtswidrige Beihilfen gewährt worden seien, sowie einer weiteren Beschwerde durch einen Wettbewerber der Klägerin teilte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ihren Beschluss mit, wegen der staatlichen Beihilfe C 36/07 (ex NN 25/07), die der Deutschen Post von den deutschen Behörden gewährt worden sei, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten (ABl. 2007, C 245, S. 21, im Folgenden: Eröffnungsbeschluss von 2007). In diesem neuen Beschluss bezeichnete die Kommission es als erforderlich, sich eingehend mit den Wettbewerbsverzerrungen zu befassen, die durch die der Klägerin gewährten staatlichen Mittel hervorgerufen worden seien. Sie wies darauf hin, dass das durch die Eröffnungsentscheidung von 1999 eingeleitete Verfahren ergänzt werde, um die neu übermittelten Informationen einzubeziehen und endgültig zur Vereinbarkeit der gewährten Mittel mit dem EG-Vertrag Stellung zu nehmen.

9        Mit Klageschrift, die am 22. November 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑421/07 in das Register eingetragen wurde, beantragte die Klägerin die Nichtigerklärung des Eröffnungsbeschlusses von 2007.

10      Mit Urteil vom 8. Dezember 2011, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07, EU:T:2011:720), stellte das Gericht dort in Rn. 75 fest, dass, „bei Vornahme [des Eröffnungsbeschlusses von 2007] das 1999 im Hinblick auf die streitigen Maßnahmen eingeleitete förmliche Prüfverfahren mit der [endgültigen] Entscheidung von 2002 nicht über die in deren verfügendem Teil genannten 572 Millionen Euro hinaus abgeschlossen worden war“. Das Gericht schloss in Rn. 78 des Urteils daraus, dass „[der Eröffnungsbeschluss von 2007] bei [seiner] Vornahme weder die rechtliche Bedeutung der streitigen Maßnahmen noch die Rechtsstellung der Klägerin geändert [hat]“, und kam in Rn. 80 des Urteils zu dem Ergebnis, dass die Klage für unzulässig zu erklären war.

11      Im Rechtsmittelverfahren stellte der Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission (C‑77/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:695), fest, dass die Kommission das mit der Eröffnungsentscheidung von 1999 eröffnete Verfahren dadurch vollständig abschlossen hatte, dass sie in Art. 1 des verfügenden Teils der endgültigen Entscheidung von 2002 die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und in Art. 2 dieses verfügenden Teils der Bundesrepublik Deutschland die Rückforderung dieser Beihilfe aufgegeben hatte. Der Gerichtshof schloss daraus, dass das Gericht mit der Feststellung, dass das 1999 eröffnete förmliche Prüfverfahren mit der endgültigen Entscheidung von 2002 nicht über die in deren verfügendem Teil genannten 572 Mio. Euro hinaus abgeschlossen worden war, einen Rechtsfehler begangen hatte. Folglich hob der Gerichtshof das Urteil vom 8. Dezember 2011, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07, EU:T:2011:720), auf und verwies die Rechtssache an das Gericht zurück.

12      In seinem Urteil vom 18. September 2015, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07 RENV, EU:T:2015:654), stellte das Gericht in Rn. 44 fest, dass der Eröffnungsbeschluss von 2007 hinsichtlich aller von ihm betroffenen Maßnahmen als eine Entscheidung, ein vollständig abgeschlossenes förmliches Prüfverfahren wiederzueröffnen, anzusehen ist. Das Gericht stellte fest, dass dieser Beschluss unter Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von [Artikel 108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) und den Grundsatz der Rechtssicherheit erlassen worden war, da die Kommission durch ihn das mit der endgültigen Entscheidung von 2002 vollständig abgeschlossene förmliche Prüfverfahren wieder eröffnet hatte, um eine neue endgültige Entscheidung zu erlassen, ohne die endgültige Entscheidung von 2002 zu widerrufen oder zurückzunehmen. Da gegen jenes Urteil kein Rechtsmittel eingelegt wurde, wurde es rechtskräftig.

b)      Zum Beschluss von 2011, das förmliche Prüfverfahren auszuweiten, und zum endgültigen Beschluss von 2012

13      Am 10. Mai 2011 setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland von dem Beschluss K(2011) 3081 endg., das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die staatliche Beihilfe C 36/07 (ex NN 25/07) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post auszuweiten, in Kenntnis, von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2011, C 263, S. 4) veröffentlicht wurde (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Mit diesem Beschluss wurde das förmliche Prüfverfahren betreffend die staatlichen Beihilfen, die der Klägerin als Ausgleich für ihre Universaldienstverpflichtungen gewährt wurden, auf die Subventionen ausgeweitet, die der Klägerin von den deutschen Behörden zur Finanzierung der Pensionen von Arbeitnehmern, die den Status von Beamten haben, gezahlt wurden. Mit diesem neuen Beschluss sollte das 2007 wiedereröffnete förmliche Prüfverfahren ausgeweitet werden, um speziell die Pensionsregelung zu prüfen, auf die zuvor nur oberflächlich eingegangen worden war.

14      Mit Beschluss 2012/636/EU vom 25. Januar 2012 über die Maßnahme C 36/07 (ex NN 25/07) Deutschlands zugunsten der Deutschen Post AG (ABl. 2012, L 289, S. 1, im Folgenden: endgültiger Beschluss von 2012) stellte die Kommission u. a. fest, dass die staatliche Finanzierung der Ruhegehälter eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstelle, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Bestimmte staatliche Ausgleichszahlungen zugunsten der Klägerin stellten dagegen eine mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe dar, und die staatlichen Garantien für Verbindlichkeiten, die von der Deutschen Bundespost vor ihrer Umwandlung in drei Aktiengesellschaften eingegangen worden seien, seien eine bestehende Beihilfe.

15      Mit Klageschrift, die am 30. März 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑143/12 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde, erhob die Bundesrepublik Deutschland Klage auf Nichtigerklärung des endgültigen Beschlusses von 2012.

16      Mit Klageschrift, die am 4. April 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑152/12 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde, erhob auch die Klägerin Klage auf Nichtigerklärung der Art. 1, 2, 4, 5 und 6 des endgültigen Beschlusses von 2012.

17      Mit Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), erklärte das Gericht die Art. 1, 4, 5 und 6 des endgültigen Beschlusses von 2012 für nichtig, weil die Kommission einen Vorteil für die Klägerin nicht nachgewiesen hatte.

18      Gegen das Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), wurde vor Ablauf der maßgeblichen Frist kein Rechtsmittel eingelegt. Daher wurde es rechtskräftig.

19      Mit Beschluss vom 17. März 2017, Deutsche Post/Kommission (T‑152/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:188), entschied das Gericht, dass der Rechtsstreit in der Rechtssache T‑152/12 in der Hauptsache erledigt war, da diese Klage denselben Gegenstand hatte wie die Klage in der Rechtssache T‑143/12, in der das Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), ergangen war, ein auf Teilnichtigkeit lautendes Urteil, das rechtskräftig geworden war.

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 22. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

21      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 6. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben.

22      Mit Beschluss vom 23. Juli 2013 ist nach Anhörung der Parteien das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zu der das Verfahren in der Rechtssache C‑77/12 P beendenden Entscheidung des Gerichtshofs über das Urteil vom 8. Dezember 2011, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07, EU:T:2011:720), ausgesetzt worden, die am 24. Oktober 2013 ergangen ist.

23      Mit Beschluss vom 12. Mai 2014 sind UPS und die UPS Deutschland Inc. & Co. OHG, jetzt United Parcel Service Deutschland Sàrl & Co. OHG, als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

24      Mit Beschluss vom 15. September 2014 ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zu der das Verfahren in der Rechtssache T‑421/07 RENV beendenden Entscheidung erneut ausgesetzt worden, die am 18. September 2015 ergangen ist und zur Nichtigerklärung des Eröffnungsbeschlusses von 2007 geführt hat.


25      Nach der Fortsetzung des Verfahrens hat das Gericht mit Beschluss vom 20. November 2015 entschieden, die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorzubehalten.

26      Am 7. Januar 2016 hat die Kommission die Klagebeantwortung eingereicht.

27      Am 25. Februar 2016 hat die Klägerin die Erwiderung eingereicht.

28      Am 14. März 2016 haben die Streithelferinnen einen gemeinsamen Streithilfeschriftsatz eingereicht.

29      Am 20. April 2016 hat die Kommission die Gegenerwiderung eingereicht.

30      Mit Schreiben der Kanzlei vom 24. November 2016 hat das Gericht die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gebeten, zu den Folgen Stellung zu nehmen, die sich aus dem Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), im Hinblick auf eine mögliche Erledigung der Hauptsache nach Art. 131 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ergeben, insbesondere betreffend die Fortführung des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf den für nichtig erklärten Teil des endgültigen Beschlusses von 2012, sowie zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses der Klägerin.

31      Die Parteien haben fristgemäß Stellung genommen.

32      Auf Vorschlag der Ersten Kammer hat das Gericht nach Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

33      Mit Schreiben der Kanzlei vom 18. Dezember 2017 hat das Gericht den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Hinblick auf die mündliche Verhandlung Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt.

34      Die Parteien haben die Fragen des Gerichts fristgemäß beantwortet.

35      Die Klägerin beantragt,

–        die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen;

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.


36      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferinnen, beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses für gegenstandslos zu erklären;

–        höchst hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

37      In der Einrede der Unzulässigkeit macht die Kommission geltend, der angefochtene Beschluss diene ausschließlich der Sicherung der Verteidigungsrechte der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Begriffs der Beihilfe und hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Binnenmarkt, ohne selbständige Rechtswirkungen zu entfalten, und sei daher keine anfechtbare Handlung. Auch deshalb habe die Klägerin jedenfalls kein Interesse an seiner Nichtigerklärung. Die Kommission ist zudem der Ansicht, dass die Hauptsache infolge des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), nicht erledigt sei.

38      Die Klägerin weist das Vorbringen der Kommission zurück und trägt vor, ihr Rechtsschutzinteresse bestehe so lange fort, wie die Kommission den angefochtenen Beschluss nicht zurücknehme.

39      Die Streithelferinnen unterstützen die Anträge der Kommission zur Zulässigkeit der Klage und vertreten ebenfalls die Auffassung, dass die Hauptsache infolge des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), nicht erledigt sei. Infolge der Nichtigerklärung des endgültigen Beschlusses von 2012 durch das Gericht bestehe das Interesse der Klägerin am Erlass eines neuen endgültigen Beschlusses durch die Kommission fort.

40      Es ist festzustellen, dass die Kommission die Unzulässigkeit der vorliegenden Klage im Wesentlichen mit derselben Begründung einredeweise geltend macht, die sie bereits im Rahmen der Klage gegen den Eröffnungsbeschluss von 2007 vortrug. Obwohl der Gerichtshof dieses Vorbringen in seinem Urteil vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission (C‑77/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:695), bereits zurückgewiesen hat, hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie ihre Einrede der Unzulässigkeit aufrechterhalten möchte.


41      Nach gefestigter Rechtsprechung stellen Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können, Handlungen oder Entscheidungen dar, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein können (Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 37 und 38, und vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission, C‑77/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:695, Rn. 51).

42      Was speziell die verbindlichen Rechtswirkungen einer Entscheidung anbelangt, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene und als neue Beihilfe eingestufte Maßnahme einzuleiten, ändert eine solche Entscheidung notwendigerweise die Rechtslage in Bezug auf die betreffende Maßnahme sowie die durch sie begünstigten Unternehmen, insbesondere was ihre weitere Umsetzung angeht. Nach dem Erlass einer solchen Entscheidung bestehen zumindest erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme, die den Mitgliedstaat veranlassen müssen, die Zahlung auszusetzen, da die Einleitung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV es ausschließt, dass eine sofortige Entscheidung ergeht, mit der die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt würde und die es ermöglichen würde, die Durchführung der Maßnahme ordnungsgemäß fortzusetzen. Eine solche Entscheidung könnte vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden, das aufgerufen ist, alle Konsequenzen aus dem Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV zu ziehen. Schließlich kann sie die von der Maßnahme begünstigten Unternehmen veranlassen, auf jeden Fall neue Zahlungen zurückzuweisen oder Rückstellungen vorzunehmen, die für etwaige spätere Rückzahlungen erforderlich sind. Auch die Geschäftskreise werden in ihren Beziehungen zu den Beihilfeempfängern deren geschwächte Rechts- und Finanzlage berücksichtigen (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission, C‑77/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:695, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Beschluss vom 22. Mai 2015, Autoneum Germany/Kommission, T‑295/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:350, Rn. 17).

43      Im vorliegenden Fall stufte die Kommission in Rn. 80 des angefochtenen Beschlusses die Pensionssubventionen als neue Beihilfe ein. In Rn. 103 des angefochtenen Beschlusses nannte sie einen Betrag von mehreren Milliarden Euro, den die Klägerin für den Zeitraum von 1995 bis 2007 an Beitragszahlungen an den Pensionsfonds hätte leisten müssen, um den Fortbestand des Wettbewerbs mit den anderen Wettbewerbern auf demselben Markt zu gewährleisten. Außerdem erinnerte sie die Bundesrepublik Deutschland in Rn. 106 des angefochtenen Beschlusses an die Pflicht zur Aussetzung der streitigen Beihilfemaßnahmen.

44      Wie sich aus der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung ergibt, ist die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung der betreffenden Maßnahme nicht die einzige Rechtswirkung einer Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, wie dem angefochtenen Beschluss. Die Klägerin läuft nämlich aufgrund eines solchen Beschlusses insbesondere Gefahr, dass ein nationales Gericht einstweilige Maßnahmen erlässt, um zum einen die Interessen der beteiligten Parteien und zum anderen die praktische Wirksamkeit der Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, zu wahren. In diesem Zusammenhang ist es möglich, dass das nationale Gericht insbesondere die Rückforderung der etwaigen Beihilfen anordnet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 29 bis 31).

45      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie nach Erlass des angefochtenen Beschlusses Rückstellungen über die Beträge vorgenommen habe, die im Fall des Erlasses eines abschlägigen endgültigen Beschlusses für etwaige von ihr zu leistende Rückzahlungen erforderlich wären.

46      Aus alledem ist zu schließen, dass der angefochtene Beschluss bei Erhebung der Klage einen Rechtsakt darstellte, der die Interessen der Klägerin durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen konnte, und daher alle Merkmale einer anfechtbaren Handlung im Sinne des Art. 263 AEUV aufweist.

47      Ferner ist hinsichtlich des Vorbringens der Kommission und der Streithelferinnen, mit dem der Fortbestand des Rechtsschutzinteresses der Klägerin in Frage gestellt werden soll, daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse erste und wesentliche Grundvoraussetzung einer jeden Klage ist (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2013, Post Invest Europe/Kommission, T‑413/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:246, Rn. 22). Durch dieses Erfordernis wird auf der Verfahrensebene im Interesse einer geordneten Rechtspflege sichergestellt, dass die Gerichte nicht mit Anträgen auf Gutachten und/oder rein theoretischen Fragen befasst werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2009, Socratec/Kommission, T‑269/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:211, Rn. 38). Der Unionsrichter kann auch über das bloße Vorbringen der Parteien hinaus von Amts wegen prüfen, ob ein Rechtsbehelfsführer aufgrund einer nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eingetretenen Tatsache, durch die der Rechtsbehelf jeden Vorteil für den Rechtsbehelfsführer verlieren kann, kein Interesse an der Einlegung oder Aufrechterhaltung eines Rechtsbehelfs hat, und den Rechtsbehelf aus diesem Grund für unzulässig oder gegenstandslos erklären (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 19. Oktober 1995, Rendo u. a./Kommission, C‑19/93 P, EU:C:1995:339, Rn. 13).

48      Das Rechtsschutzinteresse muss bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteil vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 42, und Beschluss vom 7. Dezember 2011, Fellah/Rat, T‑255/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:718, Rn. 12).


49      Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage ist der Fortbestand des Rechtsschutzinteresses eines Klägers im konkreten Fall und insbesondere unter Berücksichtigung der Folgen des geltend gemachten Rechtsverstoßes zu beurteilen (Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 65). Der Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Klägers setzt voraus, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung als solche ihm gegenüber weiterhin Rechtswirkungen erzeugen kann (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2013, Post Invest Europe/Kommission, T‑413/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:246, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Im vorliegenden Fall ist, ohne sich dabei unbedingt auf das Vorbringen der Parteien zu beschränken, zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss, mit dem das mit dem Eröffnungsbeschluss von 2007 wiedereröffnete Verfahren ausgeweitet wurde, um „eingehender zu prüfen“, ob die Pensionssubventionen der Klägerin einen Vorteil verschafften, nach Erlass des endgültigen Beschlusses von 2012, mit dem das 2007 wiedereröffnete und durch den angefochtenen Beschluss ausgeweitete Verfahren abgeschlossen wurde, und nach Verkündung des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), mit dem der endgültige Beschluss von 2012 für nichtig erklärt wurde, der Klägerin gegenüber weiterhin Rechtswirkungen erzeugt.

51      Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass bei Erhebung von Klagen zum einen gegen einen Beschluss, ein förmliches Prüfverfahren hinsichtlich einer nationalen Maßnahme zu eröffnen, und zum anderen gegen einen endgültigen Beschluss, mit dem dieses Verfahren abgeschlossen und festgestellt wird, dass die geprüfte nationale Maßnahme eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe ist, die Abweisung der gegen den endgültigen Beschluss gerichteten Klage dazu führt, dass der Gegenstand der gegen den Beschluss zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gerichteten Klage wegfällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission, T‑204/97 und T‑270/97, EU:T:2000:148, Rn. 153 bis 159, vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava/Kommission, T‑168/99, EU:T:2002:60, Rn. 22 bis 26, und vom 9. September 2009, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑30/01 bis T‑32/01 und T‑86/02 bis T‑88/02, EU:T:2009:314, Rn. 345 bis 363).

52      Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, weil sich der angefochtene Beschluss dadurch auszeichnet, dass er erstens auf das Urteil vom 1. Juli 2008, Deutsche Post/Kommission (T‑266/02, EU:T:2008:235), hin ergangen ist, mit dem das Gericht die endgültige Entscheidung von 2002 für nichtig erklärt hat, zweitens den Eröffnungsbeschluss von 2007 vertiefen sollte, der in der Folge durch Urteil vom 18. September 2015, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07 RENV, EU:T:2015:654), für nichtig erklärt wurde, und drittens dem endgültigen Beschluss von 2012 vorausgegangen ist, der durch das Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), ebenfalls für nichtig erklärt wurde. Es ist daran zu erinnern, dass gegen das zuletzt genannte Urteil kein Rechtsmittel eingelegt wurde und es daher rechtskräftig wurde.

53      Da der endgültige Beschluss von 2012 durch das Urteil vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), für nichtig erklärt wurde, ist indes darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Verfahren, mit dem eine für nichtig erklärte rechtswidrige Handlung ersetzt werden soll, genau an dem Punkt wieder aufgenommen werden kann, in dem die festgestellte Regelwidrigkeit begangen worden ist, sofern diese Regelwidrigkeit nicht zur Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens geführt hat. Die Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Union berührt somit nicht notwendig die vorbereitenden Handlungen, und die Nichtigerklärung eines Rechtsakts, der ein Verwaltungsverfahren abschließt, das mehrere Phasen umfasst, hat nicht notwendig und unabhängig von den materiellen oder formellen Gründen des Nichtigkeitsurteils die Nichtigkeit des gesamten Verfahrens zur Folge, das dem Erlass des angefochtenen Rechtsakts vorausgegangen ist (Urteile vom 7. November 2013, Italien/Kommission, C‑587/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:721, Rn. 12, und vom 6. Juli 2017, SNCM/Kommission, T‑1/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:470, Rn. 69).

54      Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission im Lauf des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache zwar stillschweigend eingeräumt hat, dass der angefochtene Beschluss, ohne aus der Unionsrechtsordnung getilgt worden zu sein, nicht mehr Grundlage für einen neuen, das förmliche Prüfverfahren abschließenden Beschluss sein kann, doch hat sie diesen Beschluss bis heute nicht zurückgenommen. Daraus könnte folgen, dass die Kommission in diesem Stadium weiterhin die Möglichkeit hat, das Verfahren im Stadium des Erlasses des angefochtenen Beschlusses wieder aufzunehmen. Folglich ist die Klägerin weiterhin der sich aus diesem Beschluss ergebenden Gefahr einer Rückforderung der von der Kommission gerügten Beihilfen ausgesetzt, wie oben in Rn. 44 bereits ausgeführt worden ist.

55      Des Weiteren ist in Anbetracht der Verflochtenheit der drei von der Kommission seit 1999 eröffneten förmlichen Prüfverfahren und der Abfolge der verschiedenen Entscheidungen des Gerichtshofs und des Gerichts über die Beschlüsse, mit denen diese Verfahren eröffnet und abgeschlossen wurden, festzustellen, dass die Kommission aufgrund ihrer Pflichten gemäß Art. 266 AEUV die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus den von den Unionsgerichten bereits erlassenen und rechtskräftig gewordenen Urteilen vom 1. Juli 2008, Deutsche Post/Kommission (T‑266/02, EU:T:2008:235), vom 18. September 2015, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07 RENV, EU:T:2015:654), und vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), ergeben.

56      Nach ständiger Rechtsprechung hat das Organ, dem die vom Unionsrichter für nichtig erklärten Rechtsakte zur Last fallen, zwar zu bestimmen, welche Maßnahmen zur Durchführung der Nichtigkeitsurteile erforderlich sind. Allerdings hat das betroffene Organ bei der Ausübung des ihm insoweit zustehenden Ermessens sowohl die Gründe dieser Urteile als auch die anwendbaren Bestimmungen des Unionsrechts zu beachten (vgl. Urteil vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑584/16, EU:T:2017:282, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Art. 266 AEUV verpflichtet das betroffene Organ jedoch, die für nichtig erklärte Handlung nicht durch eine Handlung zu ersetzen, die eben die Fehler aufweist, die in dem Nichtigkeitsurteil festgestellt wurden. Diese Grundsätze gelten umso mehr, wenn das betreffende Nichtigkeitsurteil rechtskräftig geworden ist (Urteil vom 10. November 2010, HABM/Simões Dos Santos, T‑260/09 P, EU:T:2010:461, Rn. 70 und 73).

58      Folglich besteht das Interesse der Klägerin an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und an seiner Tilgung aus der Rechtsordnung fort, da sich die Kommission in dem Fall, dass der Beschluss für nichtig erklärt werden sollte und sie, um die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus den oben in Rn. 55 angeführten drei Nichtigkeitsurteilen ergeben und gemäß den Anforderungen von Art. 266 AEUV geboten sind, entschiede, erneut einen das förmliche Prüfverfahren wieder eröffnenden Beschluss zu erlassen, vergewissern müsste, dass dieser neue Beschluss nicht dieselben Fehler aufweist, die alle vorangegangenen Beschlüsse aufweisen.

59      Unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen prozessualen Komplexität, die sich aus dem Vorliegen mehrerer Entscheidungen der Verwaltung und der Gerichte über dieselben Beihilfemaßnahmen ergibt, ist festzustellen, dass sich die Klägerin in einer Situation besonderer Rechtsunsicherheit befindet, die sich nur durch die Prüfung der Begründetheit der vorliegenden Rechtssache und die etwaige Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses klären lässt, was ihr Interesse an der Anfechtung dieses Beschlusses verstärkt.

60      Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin die Höhe der Beihilfe oder gegebenenfalls der Zinsen für die Dauer der Rechtswidrigkeit, die sie möglicherweise rückerstatten muss, noch nicht einmal vorläufig vorhersehen kann, solange die Kommission von der Möglichkeit ausgeht, einen neuen endgültigen Beschluss erlassen zu können.

61      Denn je nachdem, ob die Kommission annimmt, dass die der Klägerin zur Verfügung gestellten Beträge getrennt unter das 1999, 2007 oder 2011 begonnene Verfahren fallen, könnte die Höhe der möglicherweise zurückzufordernden Beihilfen im Fall der Einstufung der streitigen Beihilfen als neue Beihilfen und der Feststellung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt erheblich variieren, da nach Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) die erste Maßnahme, die die Kommission oder ein Mitgliedstaat auf Antrag der Kommission bezüglich der rechtswidrigen Beihilfe ergreift, eine Unterbrechung der Frist darstellt. Gegebenenfalls wäre, wenn die etwaigen Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar gehalten würden, so dass die Kommission nur die Rückzahlung der Zinsen für die Dauer der Rechtswidrigkeit anordnen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2008, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑199/06, EU:C:2008:79, Rn. 55), die Dauer der Rechtswidrigkeit, auf deren Grundlage die Zinsen zu berechnen wären, je nach Zeitpunkt des Beginns des förmlichen Prüfverfahrens der Kommission ebenfalls unterschiedlich.

62      Nach alledem ist festzustellen, dass das Interesse der Klägerin an der Anfechtung des angefochtenen Beschlusses fortbesteht, und zwar trotz der Tatsache, dass der Wiedereröffnungsbeschluss von 2007 und der endgültige Beschluss von 2012 bereits für nichtig erklärt worden sind.

63      Folglich ist die Klage zulässig und nicht gegenstandslos geworden. Deshalb ist die Einrede der Unzulässigkeit insgesamt zurückzuweisen, ebenso wie das gesamte Vorbringen der Kommission und der Streithelferinnen, das auf die Feststellung des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses der Klägerin gerichtet ist.

 Zur Begründetheit

64      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf sechs Klagegründe. Die ersten fünf Klagegründe betreffen offensichtliche Beurteilungsfehler der Kommission. Der sechste Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV, gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit und gegen das Diskriminierungsverbot.

65      Es ist daran zu erinnern, dass der Klagegrund einer fehlenden oder unzulänglichen Begründung auf den Nachweis einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften gerichtet ist und daher eine als solche von der Beurteilung der Unrichtigkeit der Gründe des angefochtenen Beschlusses, deren Kontrolle zur Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Beschlusses gehört, gesonderte Prüfung erfordert (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67, und vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑66/02, EU:C:2005:768, Rn. 26).

66      Im vorliegenden Fall ist daher der sechste Klagegrund, da er u. a. auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV gestützt ist, zu prüfen, bevor erforderlichenfalls die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses kontrolliert wird, auf die sich die übrigen Klagegründe beziehen.

67      Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind, „[soweit] in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, … staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.


68      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Einstufung als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass alle Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln bestrittene Maßnahme handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69      Bei der vorläufigen rechtlichen Einstufung einer Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ in einem das förmliche Prüfverfahren einleitenden Beschluss ist die Begründungspflicht in Bezug auf alle Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu beachten.

70      Die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erforderliche Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Was speziell die Begründung eines das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einleitenden Beschlusses der Kommission anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Beschluss nach Art. 4 Abs. 2 und 4 der Verordnung 2015/1589 nur erlassen werden kann, wenn die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung zu dem Schluss gelangt, dass die Maßnahme eine neue staatliche Beihilfe darstellt und Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt.

72      Folglich muss jeder Beschluss, den die Kommission nach Abschluss der Vorprüfungsphase erlässt, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der fraglichen staatlichen Maßnahme und – wenn sie die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens beschließt – Ausführungen über die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt enthalten, denn anderenfalls würde die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV ausgehöhlt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2008, TV2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, EU:T:2008:457, Rn. 138 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Ein solcher nach Abschluss der Vorprüfungsphase erlassener Beschluss muss insbesondere die Betroffenen in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierzu muss er es den Beteiligten ermöglichen, zu erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue staatliche Beihilfe darstellen könnte, und zu Zweifeln an ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt veranlasst haben (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2008, TV2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, EU:T:2008:457, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes ist insbesondere zu prüfen, ob die Kommission im angefochtenen Beschluss die Gründe hinreichend dargelegt hat, aus denen sie nach einer Vorprüfung zu der Ansicht gelangte, dass die in Rede stehende Maßnahme vorläufig als staatliche Beihilfe eingestuft werden konnte, noch bevor sie geprüft hat, ob diese Beihilfe neu und mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

75      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen die ihr im vorliegenden Fall obliegende Begründungspflicht verstoßen. Erstens habe sie im angefochtenen Beschluss nicht die Differenz zwischen dem Betrag der tatsächlich von der Bundesrepublik Deutschland an die Klägerin gezahlten Sozialbeiträge (abzüglich des der Erhöhung der genehmigten Briefentgelte entsprechenden Betrags) und dem Betrag der von den dem allgemeinen Sozialversicherungssystem unterliegenden Wettbewerbern gezahlten Sozialbeiträge berechnet. Zweitens habe sie keine Gründe für ihre Ansicht angegeben, dass die Frage, in welcher Höhe die Klägerin Sozialbeiträge entrichtet habe, für die Berechnung des Betrags der angeblichen staatlichen Beihilfe unerheblich sei. Drittens habe sie ihre Einschätzung, dass eine Quersubventionierung vorliege, die in der Form einer Erhöhung der genehmigten Briefentgelte zur Berücksichtigung der von der Klägerin entrichteten Soziallasten eingeführt worden sei, unzulänglich begründet. Viertens habe sie nicht erläutert, warum diese Untersuchung ausschließlich auf eine Prüfung der Vereinbarkeit der Kosten mit dem Binnenmarkt zu stützen sei.

76      Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

77      Zunächst ist daran zu erinnern, dass der angefochtene Beschluss nicht der erste Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ist, den die Kommission in Bezug auf die streitige Maßnahme erlassen hat. Die in der Form von Beiträgen zum Pensionsfonds der Klägerin gewährte Beihilfe war nämlich schon Gegenstand der Eröffnungsentscheidung von 1999, des Eröffnungsbeschlusses von 2007, der endgültigen Entscheidung von 2002 und des endgültigen Beschlusses von 2012.

78      Mit Urteil vom 18. September 2015, Deutsche Post/Kommission (T‑421/07 RENV, EU:T:2015:654), hat das Gericht den Eröffnungsbeschluss von 2007 jedoch für nichtig erklärt, in dessen Rahmen – wie die Kommission in Rn. 5 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat – die Frage, ob die Pensionssubventionen der Klägerin einen Vorteil verschafften, „oberflächlich behandelt“ wurde und noch „eingehender zu prüfen“ war.

79      In Anbetracht dieses besonderen Verfahrenshintergrundes ist festzustellen, dass der Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses eine besondere Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 Abs. 2 AEUV oblag, da sie sich bereits im Rahmen des ursprünglich im Jahr 1999 eingeleiteten und im Jahr 2007 wiedereröffneten förmlichen Prüfverfahrens mit der Frage hatte befassen können, ob die staatlichen Beiträge zum Pensionsfonds der Klägerin eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten.

80      Da die Kommission den angefochtenen Beschluss als Beschluss zur Ausweitung des 2007 wiedereröffneten Verfahrens eingestuft hat, konnte sie nicht ohne Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV annehmen, dass sie noch nicht einmal vorläufig feststellen konnte, ob eines der Kriterien von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt war, und sich darauf beschränken, Bedenken zum Ausdruck zu bringen, ohne insoweit hinlängliche Gründe anzugeben.

81      Aus den Rn. 64 bis 67 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Kommission in dem Teil dieses Beschlusses, der der Beurteilung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe anhand von Art. 107 Abs. 1 AEUV und insbesondere des Vorliegens eines ausschließlichen wirtschaftlichen Vorteils gewidmet ist, lediglich auf die Schwierigkeiten hinwies, mit denen sie konfrontiert gewesen wäre, wenn sie die Wirtschaftsteilnehmer hätte ermitteln müssen, deren rechtliche und tatsächliche Situation als mit der Situation der Klägerin vergleichbar angesehen werden könnte. Sie hob insbesondere hervor, dass sich die Klägerin aufgrund der Tatsache, dass sie im Bereich der Universalpostdienste über ein Ausschließlichkeitsrecht verfügt habe und im Rahmen der Umwandlung der Bundespost viele staatliche Ausgleichszahlungen und Garantien erhalten habe, in einer besonderen und beispiellosen Situation befunden habe.

82      Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich das Vorliegen eines ausschließlichen wirtschaftlichen Vorteils nicht durch einen Vergleich zwischen den Lasten der Klägerin und den Lasten ihrer Wettbewerber nachweisen lasse. Demgegenüber führte sie aus, dass eine vergleichende Prüfung mit den Wettbewerbern der Klägerin im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfen, insbesondere im Stadium einer eingehenderen Prüfung der Beeinträchtigung des Wettbewerbs, angemessen sei.

83      So war die Kommission an späterer Stelle des angefochtenen Beschlusses im Stadium der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt der Ansicht, dass es auf der Grundlage eines Referenzsatzes möglich sei, die von der Klägerin entrichteten Sozialbeiträge mit den von ihren privaten Wettbewerbern entrichteten Sozialbeiträgen zu vergleichen. Sie erläuterte jedoch nicht, inwiefern die Feststellungen, die im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe vorgenommen wurden, die Feststellungen zur Beurteilung des Vorliegens eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils oder gar einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV stützten oder nicht widerlegten.

84      Aus alledem ist zu schließen, dass die Klägerin zutreffend dargetan hat, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 AEUV vorliegt, indem sie hervorgehoben hat, dass der angefochtene Beschluss keine Berechnung enthält, anhand deren sich im Stadium der Einstufung der streitigen Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein Vergleich zwischen den Lasten der Klägerin und den Lasten ihrer Wettbewerber vornehmen lässt, während bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt ein solcher Vergleich vorgenommen wurde.

85      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 148 des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), mit dem der endgültige Beschluss von 2012, den die Kommission nach Abschluss des 2007 wiedereröffneten und durch den angefochtenen Beschluss ausgeweiteten förmlichen Prüfverfahrens erlassen hatte, für nichtig erklärt wurde, auf die Rechtsprechung verwiesen hat, nach der die Kommission im Stadium der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV, d. h. dem Nachweis des Vorliegens eines Vorteils, darzulegen hat, dass eine teilweise Befreiung von der Verpflichtung, Beiträge zum Rentenschutzfonds zu zahlen, für einen ehemaligen angestammten Wirtschaftsteilnehmer einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern darstellt.

86      In den Rn. 150 und 151 des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kommission im endgültigen Beschluss von 2012 zwar versucht hat, das Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils nachzuweisen, doch hat sie diese Prüfung erst im Stadium der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt vorgenommen. Es hat somit dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland beigepflichtet, dass die Kommission rechtsfehlerhaft „[e]inen konkreten Vergleich mit den Kosten, die ein Unternehmen nach deutschem Sozialrecht für Privatangestellte ‚normalerweise‘ zu tragen hat, … erst im Rahmen der Vereinbarkeitsprüfung [begonnen hat]“.

87      Ferner hat das Gericht in den Rn. 152 bis 154 des Urteils vom 14. Juli 2016, Deutschland/Kommission (T‑143/12, EU:T:2016:406), darauf hingewiesen, dass der Kommission die Pflicht, das Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils zugunsten des durch die Beihilfe Begünstigten nachzuweisen, ab dem Zeitpunkt obliegt, zu dem sie die Frage prüft, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt.

88      Da die – vorläufige – Einstufung einer Maßnahme als „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 und 4 der Verordnung 2015/1589 ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Prüfung dieser Maßnahme und dem Erlass des das förmliche Prüfverfahren einleitenden Beschlusses vorgenommen wird, ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass der Kommission auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 1 AEUV eine Begründungspflicht in Bezug auf das Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils gegenüber der Klägerin bereits nach Abschluss der Vorprüfungsphase und nicht erst hinsichtlich des nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens erlassenen Beschlusses oblag.

89      Folglich hat die Kommission dadurch, dass sie das Vorliegen eines die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllenden Vorteils nicht hinreichend klar und eindeutig begründet hat, zugleich aber bereits die Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit dem Binnenmarkt beurteilt hat, die Klägerin nach Abschluss der Vorprüfungsphase und im Stadium des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in eine Situation der Rechtsunsicherheit versetzt. Zudem ist es dem Unionsrichter aufgrund dieses Säumnisses der Kommission nicht möglich, die vorläufige Einstufung der streitigen Maßnahme als „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu kontrollieren.

90      Folglich greift der sechste Rechtsmittelgrund in Bezug auf den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht durch.

91      Da die Prüfung des vorliegenden Rechtsmittelgrundes, soweit dieser auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gestützt ist, ergeben hat, dass der angefochtene Beschluss in Bezug auf Gesichtspunkte, die für seine allgemeine Systematik wesentlich sind, Fehler aufwies, ist er wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften für nichtig zu erklären, ohne dass die Begründetheit des übrigen, im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes geltend gemachten Vorbringens und der übrigen Rechtsmittelgründe geprüft zu werden braucht.

 Kosten

92      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

93      Da die Kommission im vorliegenden Fall mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt hat, sind der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

94      UPS und United Parcel Service Deutschland tragen gemäß Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung jeweils ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Einrede der Unzulässigkeit wird zurückgewiesen.

2.      Der Beschluss K(2011) 3081 endg. der Europäischen Kommission vom 10. Mai 2011, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf die staatliche Beihilfe C 36/07 (ex NN 25/07) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Post auszuweiten, wird für nichtig erklärt.

3.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Deutschen Post AG.

4.      Die UPS Europe SPRL/BVBA und die United Parcel Service Deutschland Sàrl & Co. OHG tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Valančius

Nihoul

Svenningsen

 

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. April 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      I. Pelikánová


*      Verfahrenssprache: Deutsch.