Language of document : ECLI:EU:C:2017:491

Rechtssache C49/16

Unibet International Ltd

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Központi Hivatala

(Vorabentscheidungsersuchen des Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen – Praktische Unmöglichkeit der Erlangung einer entsprechenden Erlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene private Wirtschaftsteilnehmer“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 22. Juni 2017

1.        Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiel – Nationale Regelung, mit der ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen errichtet wird – Praktische Unmöglichkeit der Erlangung einer solchen Konzession oder Erlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Wirtschaftsteilnehmer – Rechtfertigung – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Nichtbeachtung der Transparenzpflicht

(Art. 56 AEUV)

2.        Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiel – Nationale Regelung, mit der ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen errichtet wird – Unvereinbarkeit mit Art. 56 AEUV – Sanktionen gegen Zuwiderhandelnde – Unzulässigkeit

(Art. 56 AEUV)

1.      Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, mit der ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Online-Glücksspielen errichtet wird, entgegensteht, wenn sie Vorschriften enthält, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Wirtschaftsteilnehmer diskriminieren, oder wenn sie Vorschriften vorsieht, die nicht diskriminierend sind, aber nicht transparent angewandt werden oder in einer Weise gehandhabt werden, die die Bewerbung bestimmter Bieter verhindert oder erschwert, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind.

Was nun als Erstes eine nationale Regelung wie die am 25. Juni 2014 geltende betrifft, ist festzustellen, dass in einer Vorschrift eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der zuverlässige Glücksspielveranstalter während eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren Glücksspiele im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats veranstaltet haben müssten, insoweit eine Ungleichbehandlung liegt, als sie die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Glücksspielveranstalter gegenüber den betroffenen inländischen Veranstaltern benachteiligt, die diese Voraussetzung leichter erfüllen können. Eine solche unterschiedliche Behandlung kann nicht schlicht mit der Berufung auf ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt werden.

Was als Zweites eine nationale Regelung wie die am 29. August 2014 geltende anbelangt, so begründet die Verpflichtung, während eines Zeitraums von drei Jahren in einem Mitgliedstaat Glücksspiele veranstaltet zu haben, keinen Vorteil zugunsten der im Empfangsmitgliedstaat niedergelassenen Veranstalter und könnte durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt sein. Die Anwendung der fraglichen Vorschriften muss jedoch gegenüber allen Bietern transparent sein. Dieses Erfordernis wird von einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfüllt, bei der nicht hinreichend genau bestimmt war, welche Bedingungen danach für die Ausübung der Befugnisse des Wirtschaftsministers anlässlich eines solchen Verfahrens galten und welche technischen Voraussetzungen von den Glücksspielveranstaltern bei Abgabe ihres Angebots zu erfüllen waren.

(vgl. Rn. 44-48, Tenor 1)

2.      Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Sanktionen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die wegen Verstoßes gegen nationale Rechtsvorschriften, mit denen ein System von Konzessionen und Erlaubnissen für die Veranstaltung von Glücksspielen errichtet wird, verhängt werden, falls sich herausstellt, dass solche nationalen Rechtsvorschriften gegen diesen Artikel verstoßen.

(vgl. Rn. 51, Tenor 2)