Language of document : ECLI:EU:T:2017:865

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

5. Dezember 2017(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Versorgungsbezüge – Übertragung nationaler Ruhegehaltsansprüche – Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung“

In der Rechtssache T‑728/16

Sabine Tuerck, Beamtin der Europäischen Kommission, wohnhaft in Woluwe-Saint-Pierre (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi und T. Martin,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch G. Gattinara und L. Radu Bouyon als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 10. Dezember 2015, mit der die Übertragung der von der Klägerin vor ihrem Eintritt in den Dienst der Europäischen Union erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf das System der Union bestätigt wird,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius (Berichterstatter) und U. Öberg,

Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Oktober 2017

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, Frau Sabine Tuerck, trat am 1. März 2004 in den Dienst der Europäischen Union ein. Gemäß Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Mai 2010 die Übertragung ihrer vor dem Eintritt in den Dienst der Union erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf das Versorgungssystem der Union. Zum Zeitpunkt der Einreichung ihres Antrags war die Klägerin in Besoldungsgruppe AD 11, Dienstaltersstufe 5, eingestuft.

2        Am 30. Juni 2010 bestätigte das Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) den Eingang des Antrags der Klägerin.

3        Am 26. November 2010 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2010 nach Besoldungsgruppe AD 12, Dienstaltersstufe 1, befördert.

4        Am 29. April 2013 bestätigte das PMO die Zulässigkeit des Antrags der Klägerin und übermittelte diesen an die Deutsche Rentenversicherung Bund (im Folgenden: DRV).

5        Mit Schreiben vom 5. Mai 2015 antwortete die DRV, dass sich das übertragbare Kapital, das den von der Klägerin zuvor erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspreche, zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Übertragung, dem 27. Mai 2010, auf 141 652,07 Euro belaufen habe.

6        Am 22. Juni 2015 unterbreitete das PMO der Klägerin einen Vorschlag zur Anrechnung von ruhegehaltsfähigen Dienstjahren entsprechend der Übertragung ihrer vor ihrem Eintritt in den Dienst der Europäischen Kommission bei der DRV erworbenen Ruhegehaltsansprüche (im Folgenden: Anrechnungsvorschlag). Demnach hätte – auf der Grundlage der vorläufigen Zahlen im Zusammenhang mit dem von der DRV angekündigten Gesamtkapitalbetrag, nämlich 141 652,07 Euro, und vorbehaltlich der Annahme des Anrechnungsvorschlags durch die Klägerin – die Übertragung der Ruhegehaltsansprüche der Klägerin nach Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts unter Zugrundelegung der auf den Zeitpunkt ihres Antrags auf Übertragung, den 27. Mai 2010, anwendbaren Parameter und unter Berücksichtigung ihres Alters, ihrer Besoldungsgruppe und ihrer Dienstaltersstufe zu diesem Zeitpunkt zur Anerkennung einer Beitragsdauer von drei Jahren, acht Monaten und 29 Tagen geführt.

7        Am 30. Juni 2015 nahm die Klägerin den Anrechnungsvorschlag an.

8        Am 10. Dezember 2015 stellte das PMO der Klägerin die Entscheidung zu, mit der ihr – im Anschluss an die gemäß Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts durchgeführte tatsächliche Übertragung des Kapitalbetrags, der ihren vor ihrem Eintritt in den Dienst der Union bei der DRV erworbenen Rentenansprüche entsprach, und unter Berücksichtigung der mit Beschluss C(2011) 1278 der Kommission vom 3. März 2011, veröffentlicht in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 17‑2011 vom 28. März 2011, angenommenen Allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu den Art. 11 und 12 des Anhangs VIII des Statuts (im Folgenden: ADB) – eine Anrechnung von ruhegehaltsfähigen Dienstjahren zuerkannt wurde (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). In dieser Entscheidung hieß es, dass die Übertragung der Ruhegehaltsansprüche der Klägerin zur Anerkennung einer Beitragsdauer von drei Jahren und vier Monaten geführt habe. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, zog das PMO von dem tatsächlich von der DRV übertragenen Kapital von 146 714,33 Euro für jedes zwischen dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung vollendete Jahr einfache Zinsen zum Zinssatz von 3,1 % ab, also den Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung in Höhe von 20 666,28 Euro. Das PMO war also der Ansicht, dass sich der Betrag, der den von der Klägerin zuvor erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspreche, für die Zwecke der Ermittlung der Anrechnung von ruhegehaltsfähigen Dienstjahren auf 126 048,05 Euro belaufe.

9        Am 9. März 2016 legte die Klägerin Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung ein. Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung vom 5. Juli 2016 zurückgewiesen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

10      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 14. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Am 30. Juni 2017 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung die Kommission aufgefordert, schriftlich zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits Stellung zu nehmen. Diese hat dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist Folge geleistet.

14      Am 27. Juli 2017 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung die Klägerin aufgefordert, an die DRV heranzutreten und diese zu ersuchen, ihr ein Dokument auszuhändigen, in dem zum einen die Höhe ihrer im deutschen Rentensystem erworbenen Ruhegehaltsansprüche zum 27. Mai 2010 bestätigt wird und zum anderen die Gründe dafür erläutert werden, weshalb zwischen dem oben genannten und dem am 11. September 2015 tatsächlich an die Kommission übertragenen Betrag ein Unterschied besteht.

15      Die Klägerin ist der Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 25. September 2017 nachgekommen. Sie hat ihrem Schreiben einen Brief der DRV vom 13. September 2017 beigelegt.

 Rechtliche Würdigung

16      Zur Stützung ihrer Klage führt die Klägerin zwei Klagegründe an, und zwar erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der ADB und zweitens einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts.

17      Zur Stützung ihres ersten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das PMO sei nicht berechtigt gewesen, so wie es dies getan habe, von dem von der DRV übertragenen Kapital für jedes zwischen dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung vollendete Jahr einfache Zinsen in Höhe von 3,1 % abzuziehen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der ADB dürfe der Betrag, der dem Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung entspreche, nur dann „pauschal“ abgezogen werden, wenn es der Einrichtung, bei der die früheren Ruhegehaltsansprüche erworben worden seien, nicht möglich sei, den Wert dieser Ansprüche zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung mitzuteilen. Die DRV habe dem PMO jedoch mit Schreiben vom 5. Mai 2015 den Wert der Ruhegehaltsansprüche der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung ihres Antrags auf Übertragung, dem 27. Mai 2010, mitgeteilt.

18      Die Kommission hält dem entgegen, dass die DRV die Zusammensetzung des tatsächlich übertragenen aktualisierten Betrags nicht näher aufgeschlüsselt habe, so dass es ihr unmöglich gewesen sei, zwischen dem Kapital, das den von der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspreche, einerseits und dem Wertzuwachs dieses Kapitals andererseits zu unterscheiden. Darüber hinaus bedürfe es zur Sicherstellung einer objektiven Durchführung des Verfahrens zur Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen eines Rückgriffs auf einheitliche Parameter, die sich auf jedes Übertragungsverfahren anwenden ließen.

19      Insoweit ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 des Anhangs VIII des Statuts der Beamte, der in den Dienst der Union tritt, nach Ausscheiden aus dem Dienst bei einer Verwaltung, einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung, oder nach dem Ausüben einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit, in der Zeit zwischen seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit und dem Zeitpunkt, zu dem er den Anspruch auf Ruhegehalt im Sinne des Art. 77 des Statuts erwirbt, den Kapitalwert der Ruhegehaltsansprüche, die er aufgrund der genannten Tätigkeit erworben hat, an die Union zahlen lassen kann; zugrunde gelegt wird hierbei der zum Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung bestehende Kapitalwert.

20      Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 des Anhangs VIII des Statuts sieht vor, dass in diesem Fall die Anstellungsbehörde eines jeden Organs, bei dem der Beamte im Dienst steht (im Folgenden: Anstellungsbehörde), unter Berücksichtigung des Grundgehalts, des Alters und des Wechselkurses zum Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung mittels allgemeiner Durchführungsbestimmungen die Anzahl der ruhegehaltsfähigen Dienstjahre festlegt, die es ihm gemäß der Versorgungsordnung der Union für die frühere Dienstzeit unter Zugrundelegung des übertragenen Kapitals und abzüglich des Wertzuwachses des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung anrechnet.

21      Nach Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 der ADB wird die Zahl der anzurechnenden ruhegehaltsfähigen Dienstjahre unter Zugrundelegung des übertragbaren Betrags berechnet, der dem Anspruch entspricht, der während der in Art. 5 Abs. l Unterabs. 1 und Abs. 2 Unterabs. l der ADB genannten Zeiträume erworben wurde, abzüglich des Betrags, der dem Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung entspricht.

22      Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der ADB sieht im Wesentlichen vor, dass dann, wenn das innerstaatliche oder internationale Organ den Wert der Ruhegehaltsansprüche zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags nicht mitteilen kann, für die Zeitspanne vom Zeitpunkt der Registrierung des Antrags bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung von dem übertragenen Betrag ein einfacher Zinsbetrag zum Zinssatz von 3,1 % abgezogen wird.

23      Aus dem klaren und genauen Wortlaut der oben in den Rn. 19 bis 22 genannten Bestimmungen folgt somit, dass die Entscheidungen über die Anrechnung ruhegehaltsfähiger Dienstjahre auf den zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags übertragbaren Kapitalbetrag, wie er von den zuständigen innerstaatlichen oder internationalen Behörden der Anstellungsbehörde mitgeteilt wurde, gestützt sind, wobei gegebenenfalls der Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags und der tatsächlichen Übertragung abgezogen wird. Ferner ergibt sich daraus, dass nur dann, wenn es der zuständigen innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung nicht möglich ist, den Wert der Ruhegehaltsansprüche zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags mitzuteilen, von dem tatsächlich übertragenen aktualisierten Kapital einfache Zinsen zum Zinssatz von 3,1 % abgezogen werden. Haben die zuständigen innerstaatlichen oder internationalen Behörden der Anstellungsbehörde den Wert der Ruhegehaltsansprüche zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags mitgeteilt, darf diese daher von diesem Betrag keinen Abzug vornehmen, und die Berechnung der statutarischen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre ist demzufolge auf der Grundlage des gesamten Betrags durchzuführen.

24      Was die Bestimmung des Werts der zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags erworbenen Ruhegehaltsansprüche durch die innerstaatlichen oder internationalen Behörden angeht, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass dieser Vorgang der alleinigen Zuständigkeit der Verwaltung unterliegt, die das Rentensystem verwaltet, dem der Betroffene vor seinem Eintritt in den Dienst der Union angehört hat; denn dieser Vorgang bestimmt den Kapitalwert der im nationalen System nach der einschlägigen Regelung des betreffenden Mitgliedstaats erworbenen Ruhegehaltsansprüche (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2013, Časta, C‑166/12, EU:C:2013:792, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Mitgliedstaaten beim Erlass der nationalen Regelungen zur Durchführung von Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts über einen erheblichen Gestaltungsspielraum verfügen (Urteil vom 5. Dezember 2013, Časta, C‑166/12, EU:C:2013:792, Rn. 31).

25      Im vorliegenden Fall lässt sich der angefochtenen Entscheidung entnehmen, dass die DRV am 11. September 2015 einen aktualisierten Kapitalbetrag von 146 714,33 Euro an die Kommission übertragen hat. Das PMO hat von diesem Kapitalbetrag für jedes zwischen dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung vollendete Jahr einfache Zinsen zum Zinssatz von 3,1 % abgezogen, also den Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung in Höhe von 20 666,28 Euro. Das PMO war daher der Auffassung, dass sich der Betrag, der den von der Klägerin zuvor erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspreche, auf 126 048,05 Euro belaufe.

26      Die DRV hat dem PMO mit Schreiben vom 5. Mai 2015 jedoch mitgeteilt, wie sich die vorläufige Berechnung des zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags der Klägerin übertragbaren Betrags ihrer Ansicht nach gestaltet. Laut diesem Schreiben beläuft sich der am 27. Mai 2010 übertragbare Betrag auf 141 652,07 Euro, davon 340,22 Euro Zinsen.

27      Dieser zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags der Klägerin übertragbare Betrag stellte die Grundlage für den Vorschlag zur Anrechnung von ruhegehaltsfähigen Dienstjahren dar, der ihr am 22. Juni 2015 unterbreitet wurde.

28      Aus den in den Akten enthaltenen Angaben geht zudem hervor, dass die DRV auf Ersuchen der Klägerin dieser mit Schreiben vom 4. Februar 2016 bestätigte, dass der zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung, dem 27. Mai 2010, übertragbare Betrag 141 652,07 Euro betrug, nämlich 141 311,85 Euro für die von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt erworbenen Ruhegehaltsansprüche, zuzüglich 340,22 Euro Zinsen.

29      Diese Information wurde von der DRV in ihrem Schreiben vom 13. September 2017, das diese infolge der oben in Rn. 14 erwähnten prozessleitenden Maßnahme an die Klägerin sandte, nochmals bestätigt.

30      Somit ist erstens festzustellen, dass die DRV der Kommission den Wert der von der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags der Klägerin, d. h. am 27. Mai 2010, erworbenen Ruhegehaltsansprüche mitgeteilt hat. Folglich kann sich die Kommission nicht, wie sie es getan hat, mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, ausgehend von der Höhe des tatsächlich übertragenen aktualisierten Kapitals zwischen dem Kapitalwert der von der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung erworbenen Ruhegehaltsansprüche einerseits und dem Wertzuwachs dieses Kapitals zwischen dem Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung andererseits zu unterscheiden.

31      Was zweitens die Berechnung der Anzahl der im Versorgungssystem der Union anzurechnenden ruhegehaltsfähigen Dienstjahre durch die Dienststellen der Kommission betrifft – eine Berechnung, die sich, wie aus Rn. 24 hervorgeht, von der Berechnung des aktualisierten Kapitals unterscheidet – ist festzustellen, dass weder Art. 11 Abs. 2 des Anhangs VIII des Statuts noch eine andere Vorschrift des Statuts ausdrücklich die Verpflichtung enthält, von dem tatsächlich übertragenen aktualisierten Kapital Zinsen in Höhe des in Art. 8 des genannten Anhangs vorgesehenen Zinssatzes von 3,1 % abzuziehen. Daraus folgt, dass die Behauptung der Kommission, wonach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 des Anhangs VIII des Statuts dem PMO jedenfalls vorschreibe, den Kapitalbetrag, der den zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspreche, „zu aktualisieren“, in keiner Bestimmung des Statuts eine Stütze hat. Der einzige vom Statut vorgeschriebene Abzug ist der des Wertzuwachses des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung des zu diesem Zeitpunkt aktualisierten Kapitals. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Kommission, den Kapitalbetrag festzulegen oder, wie sie behauptet, „zu aktualisieren“, der sachlich den Ruhegehaltsansprüchen entspricht, die der betreffende Beamte zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung für seine früheren Tätigkeiten erworben hat.

32      Drittens ist hervorzuheben, dass es Art. 7 Abs. 1 der ADB der Kommission – entgegen ihrem Vorbringen – nicht erlaubt, Zinsen abzuziehen, wenn es der zuständigen innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung, wie dies in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist, nicht unmöglich war, den Wert der zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags erworbenen Ruhegehaltsansprüche mitzuteilen. Der Kommission zu ermöglichen, zugunsten des Unionshaushalts einen Teil des Kapitalbetrags einzubehalten, der den von der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung des Antrags auf Übertragung erworbenen Ruhegehaltsansprüchen entspricht, würde dazu führen, dass sich die Kommission einen Teil der im Rahmen der Übertragung liquidierten nationalen Ruhgehaltsansprüche, die nach der Rechtsprechung jedoch dem Beamten zustehen, rechtswidrig aneignen würde, und somit dazu, dass der Unionshaushalt ungerechtfertigt bereichert wäre.

33      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich sowohl aus den Akten als auch aus den Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergibt, dass die Differenz von 5 062,26 Euro zwischen dem übertragbaren Betrag der zum 27. Mai 2010 im deutschen Versicherungssystem erworbenen Ruhegehaltsansprüche, den die DRV der Kommission am 5. Mai 2015 mitgeteilt hat, einerseits und dem am 11. September 2015 tatsächlich an die Kommission übertragenen Betrag, der den Wertzuwachs des Kapitals zwischen dem Zeitpunkt des Antrags und der tatsächlichen Übertragung darstellt, andererseits aus der Anwendung eines von der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission im Jahr 1994 unterzeichneten Abkommens zur Durchführung von Art. 11 des Anhangs VIII des Statuts resultiert. Nach diesem Abkommen ist der zuständige deutsche Rentenversicherungsträger verpflichtet, den Betrag, der ihm von den innerstaatlichen Behörden rückwirkend zur Verfügung gestellt wird, für den Zeitraum von dem Zeitpunkt, zu dem die gegenständlichen Mittel an diese Einrichtung übertragen werden bis zu dem Zeitpunkt, an dem diese Einrichtung diese Mittel auf das Versorgungssystem der Union überträgt, um 3,5 % für jedes vollendete Jahr zu erhöhen. Somit ergibt sich der Betrag von 5 062,26 Euro im vorliegenden Fall aus der Anwendung des Zinssatzes von 3,5 % für jedes vollendete Jahr auf den Betrag, der der DRV zu zwei Zeitpunkten, nämlich am 13. Mai 2014 und am 30. Juli 2014, zur Verfügung gestellt und sodann am 11. September 2015 von dieser Einrichtung auf die Kommission übertragen wurde.

34      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie von dem tatsächlich übertragenen aktualisierten Kapital für jedes zwischen dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Übertragung und der tatsächlichen Übertragung vollendete Jahr einfache Zinsen zum Zinssatz von 3,1 % abgezogen hat, obwohl es der DRV unter den besonderen Umständen der vorliegenden Rechtssache nicht unmöglich war, ihr den Wert der von der Klägerin zum Zeitpunkt der Registrierung ihres Antrags erworbenen Ruhegehaltsansprüche mitzuteilen.

35      Nach alledem ist, ohne dass die Begründetheit des von der Klägerin geltend gemachten zweiten Klagegrundes geprüft werden müsste, der vorliegenden Klage stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

 Kosten

36      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da im vorliegenden Fall die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 10. Dezember 2015, mit der die Übertragung der von Frau Sabine Tuerck vor ihrem Eintritt in den Dienst der Europäischen Union erworbenen Ruhegehaltsansprüche auf das System der Union bestätigt wird, wird aufgehoben.

2.      Die Kommission trägt die Kosten.

Pelikánová

Valančius

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Dezember 2017.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.