Language of document : ECLI:EU:T:2023:30

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

1. Februar 2023(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke aquamation – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑319/22,

Krematorium am Waldfriedhof Schwäbisch Hall GmbH & Co. KG mit Sitz in Schwäbisch Hall (Deutschland), vertreten durch die Rechtsanwälte F. Dehn, L. Maritzen und C. Kleiner,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten F. Schalin, der Richterin G. Steinfatt (Berichterstatterin) und des Richters D. Kukovec,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die Krematorium am Waldfriedhof Schwäbisch Hall GmbH & Co. KG, die Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29. März 2022 (Sache R 2154/2021-1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 15. April 2021 meldete die Klägerin beim EUIPO das Wortzeichen aquamation als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 20 und 45 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 20: „Bestattungsurnen“;

–        Klasse 45: „Bestattungsdienste für Haustiere; Bestattungsdienste für Haustiere inklusive deren Einäscherung; Bestattungsdienste einschließlich Einäscherung“.

4        Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2021 wies der Prüfer die Anmeldung der Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c sowie Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) zurück.

5        Am 17. Dezember 2021 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke für alle von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sei und ihr die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung fehle.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten, einschließlich der im Beschwerdeverfahren angefallenen Kosten, aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

10      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, sie habe Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 fehlerhaft angewandt, indem sie festgestellt habe, dass die angemeldete Marke für alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend sei.

11      Erstens obliege es dem EUIPO, die relevanten Beweise beizubringen, anhand deren der beschreibende Charakter der angemeldeten Marke nachgewiesen werden könne. Insbesondere hätte das EUIPO den Bedeutungsgehalt des Begriffs „aquamation“ nachweisen und den Nachweis erbringen müssen, dass vernünftigerweise zu erwarten sei, dass er tatsächlich benutzt werde. Das EUIPO habe sich jedoch lediglich auf Wikipedia-Artikel sowie auf US-amerikanische Interneteinträge einzelner Unternehmen gestützt, die aufgrund ihres begrenzten Beweiswerts weder bestätigen könnten, dass das Wort „aquamation“ in den englischen Sprachgebrauch eingegangen sei, noch die Untermauerung der vermeintlich herrschenden Marktgepflogenheiten erlaubten. Das EUIPO hätte Nachweise wie Studien, Befragungen oder Sprachgutachten vorlegen müssen.

12      Zweitens sei der Begriff „aquamation“ nicht in dem von der Beschwerdekammer dargestellten Sinn zu verstehen. Die Auffassung der Beschwerdekammer, wonach sich der Begriff „aquamation“ aus „aqua“ (Wasser) und „cremation“ (Verbrennung) zusammensetze, weshalb die maßgeblichen Verkehrskreise ihn als Hinweis auf die alkalische Hydrolyse verstehen würden, sei nämlich widersprüchlich, da sich die Begriffe „Wasser“ und „Verbrennung“ nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers gegenseitig ausschlössen.

13      Folglich deute der Begriff „aquamation“ nicht auf die Bestattung durch alkalische Hydrolyse hin und beschreibe auch nicht die Bestimmung der in Rede stehenden Waren zur Aufbewahrung der Überreste von Lebewesen nach einer Bestattung. Dieser Begriff könne allenfalls Assoziationen in Bezug auf Merkmale der Bestattungsdienste hervorrufen, jedoch genüge das bloße Hervorrufen von Assoziationen in Bezug auf diese Dienstleistungen nicht, um den beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke zu begründen.

14      Drittens stelle der Begriff „aquamation“ eine von der Klägerin selbst geschaffene Wortneuschöpfung dar, die mit vielen Prozessen im Zusammenhang mit Flüssigkeiten in Verbindung gebracht werden könne. Nach dem Sprachgebrauch der maßgeblichen Verkehrskreise könne ein Verständnis des Begriffs „aquamation“ als Hinweis auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden sei, nicht festgestellt werden.

15      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

16      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

17      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Merkmale der Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, dienen können, als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 7. November 2014, Kaatsu Japan/HABM [KAATSU], T‑567/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:937, Rn. 28).

18      Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Marke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Die Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Ein Zeichen fällt unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Verbot, wenn es zu den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es den betreffenden Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Daher lässt sich der beschreibende Charakter eines Zeichens nur danach, wie die maßgeblichen Verkehrskreise es verstehen, und im Hinblick auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. Urteil vom 8. Juli 2008, Lancôme/HABM – CMS Hasche Sigle [COLOR EDITION], T‑160/07, EU:T:2008:261, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zu den maßgeblichen Verkehrskreisen in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass sich die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen vorrangig an den Endverbraucher richteten. Diese Beurteilung ist von der Klägerin nicht in Frage gestellt worden.

22      Bei der Bestimmung der Bedeutung der angemeldeten Marke für die maßgeblichen Verkehrskreise hat die Beschwerdekammer auf den Teil der Union abgestellt, in dem Englisch gesprochen wird, d. h. zumindest die Verkehrskreise in Irland und Malta, wobei sie darauf hingewiesen hat, dass gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 ein Zeichen auch dann von der Eintragung ausgeschlossen sei, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorlägen. Sie war der Auffassung, dass der Begriff „aquamation“ als Zusammensetzung aus „aqua“ (Wasser) und „cremation“ (Verbrennung) als Beschreibung einer Bestattung im Wege einer alkalischen Hydrolyse in den englischen Sprachgebrauch eingegangen sei.

23      Wie die Beschwerdekammer in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, werden bei der alkalischen Hydrolyse menschliche oder tierische Überreste in einer alkalischen Lösung erhitzt. Dabei löst sich der Körper auf und es bleiben lediglich Knochen und Zähne übrig. Diese werden dann zermahlen und können in einer Urne aufbewahrt werden.

24      Erstens kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass das englischsprachige Publikum die Bedeutung des Wortes „aqua“ als Bezeichnung für Wasser identifizieren wird, da „aqua“ das Präfix zahlreicher gängiger Wörter der englischen Sprache ist, die sich auf Wasser beziehen (Urteil vom 28. November 2013, Vitaminaqua/HABM – Energy Brands [vitaminaqua], T‑410/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:615, Rn. 80). Zweitens wird der Begriff „mation“ in Anbetracht der von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, d. h. der Bestattungsdienste und ‑urnen, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf das Wort „cremation“ verstanden werden, das zum englischen Sprachgebrauch gehört.

25      Mit dem EUIPO ist jedoch festzustellen, dass sich die Beschwerdekammer darauf beschränkt hat, auf die Bestandteile der angemeldeten Marke hinzuweisen, ohne aber ihre Entscheidung darauf zu stützen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Bestandteile als Beschreibung der von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen wahrnähmen, so dass das Vorbringen der Klägerin, wonach die Assoziation der Begriffe „aqua“ und „cremation“ widersprüchlich sei, da sie sich nach dem Verständnis des Verbrauchers gegenseitig ausschlössen, ins Leere geht.

26      Die Beschwerdekammer hat nämlich in den Rn. 14 ff. der angefochtenen Entscheidung erläutert, dass die Bestattung im Wege der alkalischen Hydrolyse allgemein mit dem Wort „aquamation“ bezeichnet werde, dass diese in Europa bislang für die Bestattung von Tieren angewendet werde und dass ihre Anwendung zunehmend für Menschen diskutiert werde, da sie als umweltfreundliche Bestattung gelte.

27      Insoweit macht die Klägerin geltend, dass Wikipedia-Artikel sowie US-amerikanische Interneteinträge einzelner Unternehmen, die nur wenige Besucher im Monat zählten, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt habe, aufgrund ihres begrenzten Beweiswerts weder bestätigen könnten, dass das Wort „aquamation“ in den englischen Sprachgebrauch eingegangen sei, noch die Untermauerung der vermeintlich herrschenden Marktgepflogenheiten erlaubten.

28      Zwar stellen nach der Rechtsprechung Informationen, die einem Artikel der Online-Kollektiv-Enzyklopädie Wikipedia entstammen, deren Inhalt jederzeit und in bestimmten Fällen von jedem Besucher, selbst anonym, geändert werden kann, unsichere Informationen dar (vgl. Urteil vom 10. Mai 2012, Amador López/HABM [AUTOCOACHING], T‑325/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:230, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dennoch ist mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass solche Artikel gleichwohl Informationen aus anderen Quellen, wie Presseartikeln sowie Erklärungen von Fachleuten, Händlern und Verbrauchern, untermauern können (vgl. Urteil vom 23. September 2020, Clouds Sky/EUIPO – The Cloud Networks [Wi-Fi Powered by The Cloud], T‑738/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:441, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer neben dem Wikipedia entstammenden Artikel auf dieselben zehn Internetseiten abgestellt, die auch der Prüfer aufgerufen hatte, darunter ein Presseartikel und Einträge von Bestattungsunternehmen. Daher kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, sich nur auf unsichere Informationen, die Wikipedia entstammen, gestützt zu haben.

30      Aus allen von der Beschwerdekammer angeführten Quellen geht hervor, dass der Begriff „aquamation“ gemeinhin die Bestattung im Wege der alkalischen Hydrolyse bezeichnet. Es ist unerheblich, dass es sich bei einigen der von der Beschwerdekammer angeführten Internetseiten um Einträge einzelner US-amerikanischer Unternehmen handelt.

31      Erstens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Einträge der einzelnen Unternehmen zählten nur wenige Besucher im Monat, festzustellen, dass sich unter den von der Beschwerdekammer in Rn. 3 der angefochtenen Entscheidung aufgelisteten Internetseiten auch ein Presseartikel befindet, der belegt, dass die Diskussion über alkalische Hydrolyse als neue Form der Bestattung auch in den Medien geführt wird, die sich an die breite Öffentlichkeit richten.

32      Zweitens setzt die Zurückweisung einer Anmeldung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 durch das EUIPO nicht voraus, dass die in dieser Bestimmung genannten Zeichen und Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zur Beschreibung der in der Anmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen oder ihrer Merkmale verwendet werden (Urteil vom 21. Januar 2009, Hansgrohe/HABM [AIRSHOWER], T‑307/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:13, Rn. 29). Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können.

33      Zur Beurteilung des beschreibenden Charakters muss das EUIPO daher nicht nur prüfen, ob eine Marke, deren Eintragung beantragt wird, in den Augen der beteiligten Verkehrskreise gegenwärtig eine Beschreibung der Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen darstellt, sondern auch, ob dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist. Kommt das EUIPO am Ende dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist, so muss es die Eintragung der Marke ablehnen (Urteil vom 21. Januar 2009, AIRSHOWER, T‑307/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:13, Rn. 30; vgl. auch entsprechend Urteil vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, EU:C:2004:86, Rn. 56).

34      Bei der Beurteilung der Auswirkung einer Technologie, die sich verbreiten kann, auf das Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise darf es nicht ausgeschlossen sein, dass das EUIPO Quellen aus Gebieten außerhalb der Union berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2009, AIRSHOWER, T‑307/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:13, Rn. 31). Denn es ist – wie die Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – in Anbetracht wirtschaftlicher Trends und der voraussichtlichen Entwicklung des Verhaltens der angesprochenen Verkehrskreise vernünftigerweise zu erwarten, dass sich eine außerhalb des Gebiets der Union entwickelte neue Technologie in naher Zukunft in der Union verbreitet und unmittelbar auf die Wahrnehmung der europäischen Verkehrskreise auswirken kann. Würde das EUIPO einen solchen Beweis wegen seines Ursprungs außerhalb der Union nicht berücksichtigen, bestünde die Gefahr, dass die Verwirklichung des im Allgemeininteresse liegenden Ziels des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 beeinträchtigt würde (Urteil vom 21. Januar 2009, AIRSHOWER, T‑307/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:13, Rn. 31).

35      Die Beschwerdekammer hat daher bei der Beurteilung der zukünftigen Entwicklung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf den beschreibenden Charakter des Begriffs „aquamation“ für die oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen zu Recht US-amerikanische Quellen berücksichtigt.

36      Wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, ist es angesichts des gestiegenen Umweltbewusstseins der breiten Öffentlichkeit wahrscheinlich, dass sich eine wachsende Zahl von Verbrauchern für eine umweltfreundliche Alternative zur Verbrennung interessieren wird, die es ihnen ermöglicht, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Daher konnte die Beschwerdekammer berechtigterweise den Schluss ziehen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Begriff „aquamation“ im Zusammenhang mit den von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen zumindest in Zukunft als Hinweis auf die alkalische Hydrolyse, die die Auflösung des Körpers durch Wasser ermöglicht, wahrnehmen werden.

37      Zum Vorbringen der Klägerin, das Wort „aquamation“ stelle eine von ihr selbst geschaffene Wortneuschöpfung dar, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen unerheblich ist, da aus den von der Beschwerdekammer angeführten Internetseiten hervorgeht, dass dieser Begriff allgemein zur Bezeichnung der auch unter dem Namen „alkalische Hydrolyse“ bekannten Form der Bestattung verwendet wird.

38      Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, das Wort „aquamation“ sei mehrdeutig und könne mit vielen Prozessen im Zusammenhang mit Flüssigkeiten in Verbindung gebracht werden, genügt die Feststellung, dass diese Behauptung in keiner Weise belegt worden ist, da die Klägerin nicht klarstellt, in welchem anderen Sinn dieses Wort verstanden werden könnte.

39      Folglich ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Wort „aquamation“ für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend ist. Denn wie die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, beschreibt der Begriff „aquamation“ in Bezug auf die „Bestattungsurnen“ der Klasse 20 unmittelbar deren Bestimmung zur Aufbewahrung der menschlichen oder tierischen Überreste nach einer Bestattung in Form einer alkalischen Hydrolyse. Die verbleibenden Knochen und Zähne können tatsächlich in einer hierfür bestimmten Bestattungsurne beigesetzt werden.

40      Dies gilt auch in Bezug auf die „Bestattungsdienste für Haustiere; Bestattungsdienste für Haustiere inklusive deren Einäscherung; Bestattungsdienste einschließlich Einäscherung“ der Klasse 45, da das Zeichen lediglich die Art der Bestattung beschreibt, nämlich durch alkalische Hydrolyse, wie die Beschwerdekammer in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat.

41      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass die angemeldete Marke für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend ist und somit unter das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 fällt.

42      Daher ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

43      Soweit die Klägerin mit dem zweiten Klagegrund geltend macht, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ergibt, ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Beschluss vom 13. Februar 2008, Indorata-Serviços e Gestão/HABM, C‑212/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:83, Rn. 27; vgl. auch Urteil vom 21. September 2017, InvoiceAuction B2B/EUIPO [INVOICE AUCTION], T‑789/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:638, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Da im vorliegenden Fall festgestellt worden ist, dass die angemeldete Marke für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend ist und ihr folglich das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entgegensteht, geht der zweite Klagegrund ins Leere und ist somit zurückzuweisen.

45      Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

46      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das EUIPO nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Schalin

Steinfatt

Kukovec

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Februar 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.