Language of document : ECLI:EU:T:2013:277

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

29. Mai 2013(*)

„Kohäsionsfonds – Verordnung (EG) Nr. 1164/94 – Vorhaben, die die Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana im Gebiet von Andévalo, die Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken sowie die Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga betreffen – Teilweise Streichung der finanziellen Beteiligung – Öffentliche Bau- und Dienstleistungsaufträge – Begriff des ‚Bauwerks‘ – Auftragsaufteilung – Festsetzung der Finanzkorrekturen – Anhang II Art. H Abs. 2 der Verordnung Nr. 1164/94 – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑384/10

Königreich Spanien, Prozessbevollmächtigter: zunächst J. M. Rodríguez Cárcamo, dann A. Rubio González, abogados del Estado,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Steiblytė, D. Kukovec und B. Conte als Bevollmächtigte, zunächst im Beistand von J. Rivas Andrés und X. García García, avocats, sowie von M. Vilarasau Slade, Solicitor, dann im Beistand von J. Rivas Andrés und X. García García,

Beklagte,

wegen eines Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2010) 4147 der Kommission vom 30. Juni 2010, mit der die finanzielle Beteiligung des Kohäsionsfonds an folgenden Vorhaben (Vorhabengruppen) gekürzt wurde: „Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana: Kreis Andévalo“ (2000.ES.16.C.PE.133), „Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken: Guadaira, Aljarafe und Nationale Schutzzonen des Guadalquivir“ (2000.16.C.PE.066) sowie „Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga“ (2002.ES.16.C.PE.061),

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, des Richters S. Frimodt Nielsen und der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin),

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2012

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

 Den Kohäsionsfonds betreffende Vorschriften

1        Art. 158 EG (jetzt nach Änderung Art. 174 AEUV) bestimmt:

„Die Gemeinschaft entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern.

Die Gemeinschaft setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern.“

2        Art. 161 Abs. 2 EG (jetzt nach Änderung Art. 177 Abs. 2 AEUV) lautet:

„Ein vom Rat … errichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei.“

3        Der Kohäsionsfonds ist mit der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates vom 16. Mai 1994 zur Errichtung des Kohäsionsfonds (ABl. L 130, S. 1) errichtet worden.

4        Art. 4 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung regelt die Höhe der finanziellen Mittel, die Vorhaben zugeteilt werden können, die im Zeitraum 2000 bis 2006 für eine Beteiligung des Kohäsionsfonds in Betracht kommen.

5        Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung beläuft sich der Satz der Gemeinschaftsunterstützung aus dem Fonds auf 80 bis 85 v. H. der öffentlichen oder gleichgestellten Ausgaben.

6        Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„Die aus dem Fonds finanzierten Vorhaben müssen in Einklang stehen mit den Bestimmungen der Verträge, den aufgrund der Verträge erlassenen Rechtsakten und den Gemeinschaftspolitiken, einschließlich der Politiken in den Bereichen Umweltschutz, Verkehr, transeuropäische Netze, Wettbewerb und Vergabe öffentlicher Aufträge.“

7        Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„(1)      Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften übernehmen in erster Linie die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Vorhaben. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Maßnahmen:

c)      Sie stellen sicher, dass die Vorhaben in Übereinstimmung mit allen geltenden Gemeinschaftsvorschriften verwaltet und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nach dem Grundsatz einer wirtschaftlichen Haushaltsführung verwendet werden.

…“

8        Die Regeln zur Verwaltung des Kohäsionsfonds werden in Anhang II der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung im Einzelnen dargestellt.

9        Art. H des Anhangs II der Verordnung Nr. 1164/94 in ihrer geänderten Fassung bestimmt:

„Finanzkorrekturen

„(1)      Wenn die Kommission nach Abschluss der notwendigen Überprüfungen zu dem Schluss gelangt, dass

a)      die Durchführung eines Vorhabens die gewährte Beteiligung weder ganz noch teilweise rechtfertigt, wobei auch die Nichterfüllung einer der in der Entscheidung zur Gewährung der Beteiligung genannten Bedingungen und insbesondere jede erhebliche Änderung der Art des Vorhabens oder seiner Durchführungsbedingungen, für die nicht um die Zustimmung der Kommission nachgesucht wurde, als Grund in Frage kommt, oder

b)      Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang mit der Beteiligung des Fonds vorliegen und der betreffende Mitgliedstaat nicht die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen hat,

so setzt die Kommission die Beteiligung des Fonds an dem betreffenden Vorhaben aus und fordert den Mitgliedstaat unter Angabe von Gründen auf, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern.

Erhebt der Mitgliedstaat Einwände gegen die Bemerkungen der Kommission, so wird er von der Kommission zu einer Anhörung eingeladen, bei der beide Seiten bemüht sind, zu einer Einigung über die Bemerkung und die daraus zu ziehenden Schlüsse zu gelangen.

(2)      Bei Ablauf des von der Kommission festgelegten Zeitraums fasst die Kommission, wenn innerhalb von drei Monaten kein Einvernehmen erzielt worden ist, unter Beachtung des vorgesehenen Verfahrens und unter Berücksichtigung etwaiger Bemerkungen des Mitgliedstaats den Beschluss,

a)      den Vorschuss gemäß Artikel D Absatz 2 zu kürzen oder

b)      die erforderlichen Finanzkorrekturen vorzunehmen. Dies bedeutet, dass die Fondsbeteiligung für das betreffende Vorhaben ganz oder teilweise gestrichen wird.

Diese Beschlüsse werden unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gefasst. Die Kommission setzt den Betrag einer Korrektur unter Berücksichtigung der Art der Unregelmäßigkeit oder der Änderung sowie des Umfangs der möglichen finanziellen Auswirkungen etwaiger Mängel der Verwaltungs- oder Kontrollsysteme fest. Bei Kürzung oder Streichung der Beteiligung werden die gezahlten Beträge wiedereingezogen.

(3)      Zu Unrecht erhaltene und wieder einzuziehende Beträge werden an die Kommission zurückgezahlt. Nach den von der Kommission festzulegenden Regeln werden Verzugszinsen erhoben.

(4)      Die Kommission legt die ausführlichen Durchführungsbestimmungen für die Absätze 1 bis 3 fest und teilt sie den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament mit.“

10      Die Art. 17 bis 21 der Verordnung (EG) Nr. 1386/2002 der Kommission vom 29. Juli 2002 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates in Bezug auf die Verwaltungs- und Kontrollsysteme bei Kohäsionsfondsinterventionen und das Verfahren für die Vornahme von Finanzkorrekturen (ABl. L 201, S. 5) beschreiben Gegenstand und Anwendungsbereich der Verordnung und enthalten ausführliche Vorschriften zu dem Verfahren, das bei der Anwendung von Korrekturen an der vom Kohäsionsfonds ab 1. Januar 2000 erhaltenen Unterstützung einzuhalten ist.

11      Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1386/2002 bestimmt:

„(1)      Die Höhe der Finanzkorrekturen, die die Kommission gemäß Anhang II Artikel H Absatz 2 der Verordnung … Nr. 1164/94 für einzelne oder systematische Unregelmäßigkeiten vornimmt, wird, soweit möglich und ausführbar, auf der Grundlage einzelner Dossiers ermittelt und entspricht, unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit, dem Betrag, der dem Fonds zu Unrecht belastet wurde.

(2)      Ist eine genaue Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit nicht möglich oder ausführbar oder wäre es unverhältnismäßig, die betreffenden Ausgaben ganz zu streichen, und stützt die Kommission daher Finanzkorrekturen auf eine Extrapolation oder einen Pauschalsatz, so verfährt sie folgendermaßen:

a)      im Falle einer Extrapolation wendet sie eine repräsentative Stichprobe von Vorgängen mit ähnlichen Merkmalen an;

b)      im Falle eines Pauschalsatzes bewertet sie die Bedeutung der Regelverletzung und den Umfang und die finanziellen Auswirkungen der Mängel des Verwaltungs- und Kontrollsystems, die zur festgestellten Unregelmäßigkeit geführt haben.

…“

12      Die Leitlinien für die von den Kommissionsdienststellen angewendeten Grundsätze, Kriterien und indikativen Sätze bei der Festsetzung von Finanzkorrekturen gemäß Anhang II Artikel H Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds (K[2002] 2871) (im Folgenden: Leitlinien 2002) legen die Kriterien und allgemeinen Grundsätze dar, auf die die Europäische Kommission in der Praxis bei der Festsetzung der genannten Finanzkorrekturen zurückgreift. Im Übrigen sehen die Leitlinien für die Ermittlung von Finanzkorrekturen, die an aus den Strukturfonds oder dem Kohäsionsfonds kofinanzierten Ausgaben vorzunehmen sind, wenn die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen nicht eingehalten wurden (im Folgenden: Leitlinien 2007), Beträge und Sätze vor, die spezifisch bei Unregelmäßigkeiten anzuwenden sind, die bei der Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über Verfahren zur Vergabe von aus dem Kohäsionsfonds kofinanzierten öffentlichen Aufträgen entdeckt werden.

 Einschlägige Bestimmungen für öffentliche Aufträge

13      Die nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 (vgl. vorstehend Randnr. 6) einschlägige Referenzregelung für öffentliche Aufträge besteht insbesondere in der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) und in der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1).

 Richtlinie 93/37

14      Nach ihrer Präambel und ihrem zweiten Erwägungsgrund verfolgt die Richtlinie 93/37 den Zweck, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge aufzuheben, um die betreffenden Verträge einem echten Wettbewerb zuzuführen. Im zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie wird klargestellt, dass es, damit auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens ein echter Wettbewerb entsteht, erforderlich ist, „dass die beabsichtigten Auftragsvergaben der öffentlichen Auftraggeber der Mitgliedstaaten in der gesamten Gemeinschaft bekannt gemacht werden“.

15      In Art. 1 Buchst. c, e, f und g der Richtlinie 93/37 heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie

c)      ist ein Bauwerk das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- oder Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll;

e)      sind offene Verfahren diejenigen einzelstaatlichen Verfahren, bei denen alle interessierten Unternehmer ein Angebot abgeben können;

f)      sind nicht offene Verfahren diejenigen einzelstaatlichen Verfahren, bei denen nur die vom öffentlichen Auftraggeber aufgeforderten Unternehmen ein Angebot abgeben können;

g)      sind Verhandlungsverfahren diejenigen einzelstaatlichen Verfahren, bei denen die öffentlichen Auftraggeber ausgewählte Unternehmen ansprechen und mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die Auftragsbedingungen verhandeln;

…“

16      Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die öffentlichen Auftraggeber die Bestimmungen dieser Richtlinie in den Fällen einhalten bzw. für ihre Einhaltung Sorge tragen, in denen sie Bauaufträge, die von anderen Einrichtungen vergeben werden, zu mehr als 50 v. H. direkt subventionieren.“

17      Art. 6 Abs. 1, 4 und 6 der Richtlinie 93/37 stellt fest:

„(1)      Diese Richtlinie gilt

a)      für öffentliche Bauaufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Mehrwertsteuer mindestens dem Gegenwert von 5 000 000 Sonderziehungsrechten (SZR) in [Euro] entspricht;

b)      für öffentliche Bauaufträge im Sinne des Artikels 2 Absatz 1, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer mindestens 5 000 000 [Euro] entspricht.

(4)      Bauwerke oder Bauaufträge dürfen nicht in der Absicht aufgeteilt werden, sie der Anwendung dieser Richtlinie zu entziehen.

(6)      Die öffentlichen Auftraggeber tragen dafür Sorge, dass nicht zwischen den verschiedenen Unternehmen diskriminiert wird.“

18      Nach Art. 7 der Richtlinie 93/37 wenden die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe ihrer Bauaufträge die offenen und nicht offenen Verfahren an, mit Ausnahme der in den Abs. 2 und 3 genannten Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren angewandt werden kann. Insbesondere bestimmt Art. 7 Abs. 3 Buchst. d der genannten Richtlinie:

„Die öffentlichen Auftraggeber können in den folgenden Fällen Bauaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung vergeben.

d)      bei zusätzlichen Bauarbeiten, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Bauleistung erforderlich sind, sofern der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der diese Bauleistung ausführt:

–        wenn sich diese Arbeiten in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den öffentlichen Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder

–        wenn diese Arbeiten zwar von der Ausführung des ersten Vorhabens getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind.

Der Gesamtbetrag der Aufträge für die zusätzlichen Bauarbeiten darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten.“

19      Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 93/37 bestimmt:

„Die öffentlichen Auftraggeber teilen in einer nicht verbindlichen Bekanntmachung die wesentlichen Merkmale der Bauaufträge mit, deren Vergabe sie beabsichtigen, wenn deren Auftragswert mindestens so hoch ist wie der in Artikel 6 Absatz 1 festgelegte Schwellenwert.“

20      Art. 30 der Richtlinie 93/37 definiert die Zuschlagskriterien für die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Bauaufträge. Insbesondere heißt es in Art. 30 Abs. 1, 2 und 4:

„(1)      Bei der Erteilung des Zuschlags wendet der öffentliche Auftraggeber folgende Kriterien an:

a)      entweder ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises

b)      oder – wenn der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt – verschiedene auf den jeweiligen Auftrag bezogene Kriterien, wie z. B. Preis, Ausführungsfrist, Betriebskosten, Rentabilität oder technischer Wert.

(2)      In dem in Absatz 1 Buchstabe b) genannten Fall gibt der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung er vorsieht, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung.

(4)      Scheinen bei einem Auftrag Angebote im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig, so muss der öffentliche Auftraggeber vor der Ablehnung dieser Angebote schriftlich Aufklärung über die Einzelposten der Angebote verlangen, wo er dies für angezeigt hält; die anschließende Prüfung dieser Einzelposten erfolgt unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen.“

 Richtlinie 92/50

21      Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 92/50 bestimmt:

„(2)      Die Auftraggeber sorgen dafür, dass keine Diskriminierung von Dienstleistungserbringern stattfindet.

(3)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Auftraggeber die Bestimmungen dieser Richtlinie in den Fällen einhalten bzw. für ihre Einhaltung Sorge tragen, in denen sie einen von anderen Stellen in Verbindung mit einem Bauauftrag im Sinne des Artikels 1a Absatz 2 der Richtlinie 71/305/EWG vergebenen Dienstleistungsauftrag zu mehr als 50 v. H. direkt subventionieren.“

22      Art. 7 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 92/50 stellt fest:

„(1) a) Diese Richtlinie gilt

–        für öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne des Artikels 3 Absatz 3 und für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die Dienstleistungen des Anhangs I Teil B, Dienstleistungen der Kategorie 8 des Anhangs I Teil A und Fernmeldedienstleistungen der Kategorie 5 des Anhangs I Teil A, deren CPC‑Referenznummern 7524, 7525 und 7526 lauten, zum Gegenstand haben, die von den in Artikel 1 Buchstabe b) genannten Auftraggebern vergeben werden und deren geschätzter Wert ohne Mehrwertsteuer mindestens 200 000 [Euro] beträgt;

(3)      Die Wahl der Berechnungsmethode darf nicht die Absicht verfolgen, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen, und ein Beschaffungsbedarf für eine bestimmte Menge von Dienstleistungen darf nicht in der Absicht aufgeteilt werden, ihn der Anwendung dieses Artikels zu entziehen.“

23      Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 92/50 sieht vor:

„Die Auftraggeber, die einen Dienstleistungsauftrag im Wege eines offenen, eines nicht offenen oder – in den in Artikel 11 genannten Fällen – eines Verhandlungsverfahrens vergeben wollen, teilen ihre Absicht durch Bekanntmachung mit.“

24      Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 92/50 bestimmt:

„Die in Artikel 15 Absätze 2 und 3 erwähnten Bekanntmachungen werden ungekürzt im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften und in der Datenbank TED in ihren Originalsprachen veröffentlicht. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Elemente aller Bekanntmachungen wird in den übrigen Amtssprachen der Gemeinschaften veröffentlicht, wobei nur der Wortlaut in der Originalsprache verbindlich ist.“

25      Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 bestimmt:

„Bei den offenen Verfahren beträgt die von den Auftraggebern festzusetzende Frist für den Eingang der Angebote mindestens 52 Tage vom Tag der Absendung der Bekanntmachung an.“

26      Das Kapitel 3 der Richtlinie 92/50 definiert die Zuschlagskriterien für die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Dienstleistungsaufträge. In Art. 36 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Der Auftraggeber wendet unbeschadet der für die Vergütung von bestimmten Dienstleistungen geltenden einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bei der Erteilung des Zuschlags folgende Kriterien an:

a)      entweder – wenn der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt – verschiedene auf den jeweiligen Auftrag bezogene Kriterien, z. B. Qualität, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit der Leistung, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt, Ausführungszeitraum oder ‑frist, Preis,

b)      oder ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises.

(2)      [B]ei Aufträgen, die auf das wirtschaftlich günstigste Angebot vergeben werden sollen, geben die Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung.“

27      Art. 37 der Richtlinie 92/50 lautet:

„Scheinen im Fall eines bestimmten Auftrags Angebote im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig zu sein, so muss der Auftraggeber vor der Ablehnung dieser Angebote schriftlich Aufklärung über die Einzelposten des Angebots verlangen, wo er dies für angezeigt hält; die anschließende Prüfung erfolgt unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen.

Der Auftraggeber kann Erläuterungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Dienstleistung, der gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstiger Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt, oder der Originalität der Dienstleistung des Bieters anerkennen.

Wenn die Auftragsunterlagen den Zuschlag auf das niedrigste Angebot vorsehen, muss der Auftraggeber der Kommission die Ablehnung von als zu niedrig erachteten Angeboten mitteilen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Vorhaben und betroffene Vorhabengruppe

 Vorhaben Andévalo

28      Mit der Entscheidung C (2001) 4113 vom 18. Dezember 2001, die später durch die Entscheidung C (2006) 3835 vom 21. August 2006 geändert wurde, gewährte die Kommission nach dem Kohäsionsfonds eine Unterstützung für das Vorhaben mit der Referenznummer 2000.ES.16.C.PE.133 mit der Bezeichnung „Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana: Kreis Andévalo“ (im Folgenden: Andévalovorhaben). Das Ziel dieses Vorhabens bestand darin, für die entlang dieses Flusses gelegenen Gemeinden die Bedingungen für die Bereitstellung von Wasser und die Versorgung mit Wasser zu verbessern. Die öffentlichen oder gleichwertigen Gesamtkosten dieses Vorhabens wurden mit 11 419 216 Euro und der Beitrag des Kohäsionsfonds mit 9 135 373 Euro festgesetzt.

29      Das Andévalovorhaben wurde von den spanischen Behörden mit den folgenden Bauaufträgen durchgeführt:

–        Auftrag Nr. 1: der Bauauftrag C6 betreffend den westlichen Andévalo, der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und am 5. Dezember 2000 für eine Auftragssumme von 6 729 606,04 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 6 393 693,58 Euro;

–        Auftrage Nr. 2: der Bauauftrag C7 betreffend den östlichen Andévalo, Abschnitte I, IV und VI, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 2. Februar 2000 für 2 286 142,95 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde;

–        Auftrag Nr. 3: der Bauauftrag C8 betreffend den östlichen Andévalo, Abschnitte I, III und VII, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 1. Dezember 2000 für 2 461 997 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 2 491 978,77 Euro. Zu diesem Auftrag wurde unmittelbar mit dem Auftragnehmer über einen Betrag von 172 867,02 Euro einschließlich Mehrwertsteuer ein Nachtrag vereinbart.

30      Zuständig für die Durchführung des Andévalovorhabens war die Dirección General de Obras Hidráulicas de la Junta de Andalucía (Generaldirektion für hydraulische Werke der Regierung von Andalusien). Diese Stelle hat diese Aufgabe der Gesellschaft GIASA übertragen.

 Vorhabengruppe Guadalquivir

31      Mit der Entscheidung C (2000) 4316 vom 29. Dezember 2000, die später durch die Entscheidung C (2006) 3417 vom 1. Dezember 2006 geändert wurde, gewährte die Kommission nach dem Kohäsionsfonds eine Unterstützung für die Vorhabengruppe mit der Referenznummer 2000.16.C.PE.066 mit der Bezeichnung „Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken: Guadaira, Aljarafe und Nationale Schutzzonen des Guadalquivir“ (im Folgenden: Vorhabengruppe Guadalquivir). Das Ziel dieser Vorhabengruppe bestand darin, entlang des Flusses Guadalquivir die Behandlung von Schmutzwasser gemäß der Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135, S. 40) zu verbessern. Die öffentlichen oder gleichwertigen Gesamtkosten dieser Vorhabengruppe wurden mit 40 430 000 Euro und der Beitrag des Kohäsionsfonds mit 32 079 293 Euro festgesetzt.

32      Die Vorhabengruppe Guadalquivir umfasste sechs Vorhaben, darunter das Vorhaben Nr. 1 für die Errichtung von Anlagen zur Behandlung von Abwasser und Abflusswasser in den Gemeinden Morón de la Frontera (Spanien), Arahal (Spanien) und Mairena-El Viso del Alcor (Spanien) sowie das Vorhaben Nr. 2 zur Errichtung eines Kollektors entlang dem Guadalquivir im Gebiet von El Aljarafe.

33      Das Vorhaben Nr. 1 wurde von den spanischen Behörden mit den folgenden Bauaufträgen durchgeführt:

–        Auftrag Nr. 1: der Bauauftrag C9 betreffend die Abwasseraufbereitungsanlage von Arahal, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 30. Januar 2001 für 2 695 754,97 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde;

–        Auftrag Nr. 2: der Bauauftrag C10 betreffend die Fertigstellung der Kollektoren in der Abwasseraufbereitungsanlage von Arahal, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 5. Juli 2002 für 1 489 645,75 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde;

–        Auftrag Nr. 3: der Bauauftrag C11 betreffend die Vorhaben und Arbeiten an der Abwasseraufbereitungsanlage von Morón de la Frontera, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 15. Dezember 2000 für 4 223 345,28 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde;

–        Auftrag Nr. 4: der Bauauftrag C12 betreffend die Arbeiten an den Kollektoren von Morón de la Frontera, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 15. Dezember 2000 für 1 731 763,63 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde;

–        Auftrag Nr. 5: der Bauauftrag C13 betreffend die Kollektoren von Mairena und El Viso del Alcor, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 18. Dezember 2000 für 1 839 563,07 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde.

34      Das Vorhaben Nr. 2 wurde von den spanischen Behörden mit den folgenden Bauaufträgen durchgeführt:

–        Auftrag Nr. 6: der Bauauftrag C14 betreffend die Abwasserentsorgung von El Aljarafe und die Kollektoren auf dem rechten Ufer des Guadalquivir, Abschnitt I, der im Amtsblatt veröffentlicht und am 10. Dezember 2001 für 9 406 625,91 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 8 118 902,97 Euro;

–        Auftrag Nr. 7: der Bauauftrag C15 betreffend die Abwasserentsorgung von El Aljarafe und die Kollektoren auf dem rechten Ufer des Guadalquivir, Abschnitt III, der im Amtsblatt veröffentlicht und am 25. Oktober 2002 für 8 759 174,44 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 7 360 382,98 Euro;

–        Auftrag Nr. 8: der Bauauftrag C16 betreffend die Abwasserentsorgung von El Aljarafe und die Kollektoren auf dem rechten Ufer des Guadalquivir, Abschnitt IV, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 20. November 2002 für 3 091 893,55 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 2 273 420,82 Euro.

35      Zuständig für die Durchführung der Vorhabengruppe Guadalquivir war die Agencia Andaluza del Agua de la Consejería de Medio Ambiente de la Junta de Andalucía (Andalusische Wasseragentur des Umweltministeriums der Regierung von Andalusien). Diese Stelle hat diese Aufgabe der Gesellschaft GIASA übertragen.

 Vorhabengruppe Granada und Málaga

36      Mit der Entscheidung C (2001) 4689 vom 24. Dezember 2002, die später durch die Entscheidung C (2006) 3784 vom 16. August 2006 geändert wurde, gewährte die Kommission nach dem Kohäsionsfonds eine Unterstützung für die Vorhabengruppe mit der Referenznummer 2002.ES.16.C.PE.061 mit der Bezeichnung „Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga“ (im Folgenden: Vorhabengruppe Granada und Málaga). Das Ziel dieser Vorhabengruppe bestand darin, für die in den Provinzen Granada und Málaga gelegenen Gemeinden die Bedingungen für die Bereitstellung von Wasser und die Versorgung mit Wasser zu verbessern. Die öffentlichen oder gleichwertigen Gesamtkosten dieses Vorhabens wurden mit 22 406 817 Euro und der Beitrag des Kohäsionsfonds mit 17 925 453 Euro festgesetzt.

37      Die Vorhabengruppe Granada und Málaga umfasste sechs Vorhaben, darunter die Vorhaben Nr. 3 und Nr. 4 für die Errichtung eines äußeren Rings bzw. eines Regulierungsbeckens für die Wasserversorgung der Gemeinde Antequera (Spanien) sowie das Vorhaben Nr. 5 für die Errichtung eines Regulierungsbeckens und eines Schließgitters für die Wasserversorgung des Kreises Axarquía.

38      Die Vorhaben Nr. 3 und Nr. 4 wurden von den spanischen Behörden mit den folgenden Bau- und Dienstleistungsaufträgen durchgeführt:

–        Auftrag Nr. 1: der Bauauftrag C1 betreffend die bauliche Ausführung des äußeren Rings zur Versorgung von Antequera, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 26. Dezember 2002 für 5 100 083,94 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 4 922 173,68 Euro;

–        Auftrag Nr. 2: der Dienstleistungsauftrag C2 betreffend Planung und Leitung der Arbeiten bei der Errichtung eines äußeren Rings und eines Regulierungsbeckens für die Versorgung von Antequera, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 1. Juli 2002 für 349 708,28 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 347 136,30 Euro;

–        Auftrag Nr. 3: der Bauauftrag C3 betreffend die bauliche Ausführung des Regulierungsbeckens zur Versorgung von Antequera, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 19. Mai 2003 für 3 632 124,71 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 3 514 731,79 Euro.

39      Das Vorhaben Nr. 5 wurde von den spanischen Behörden mit den folgenden Bau- und Dienstleistungsaufträgen durchgeführt:

–        Auftrag Nr. 4: der Bauauftrag C4 betreffend die bauliche Ausführung des Vorhabens, das das Becken Nr. 1 des Versorgungssystems von Axarquía und das Schließgitter in Velez-Málaga (Spanien) betrifft, der im Amtsblatt veröffentlicht und am 20. November 2003 für 10 959 270 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 9 605 655,66 Euro;

–        Auftrag Nr. 5: der Dienstleistungsauftrag C5 betreffend Planung und Leitung der Arbeiten bei der Errichtung des Beckens Nr. 1 des Versorgungssystems von Axarquía und des Schließgitters in Velez-Málaga, der nicht im Amtsblatt veröffentlicht und am 18. November 2003 für 341 043,97 Euro einschließlich Mehrwertsteuer vergeben wurde. Der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer belief sich auf 383 922,38 Euro, nämlich 180 821,74 Euro für die Planung und 203 100,64 Euro für die Leitung der Arbeiten.

40      Zuständig für die Durchführung der Vorhabengruppe war die Dirección General de Obras Hidráulicas de la Junta de Andalucía. Diese Stelle hat diese Aufgabe der Gesellschaft GIASA übertragen.

 Verwaltungsverfahren

41      Zwischen dem 13. und dem 17. September 2004, dem 13. und dem 17. Dezember 2004 und dem 25. und 29. April 2005 führte die Kommission in Spanien eine Überprüfung des Andévalovorhabens und der Vorhabengruppen Guadalquivir sowie Granada und Málaga durch.

42      Mit Schreiben vom 13. Mai 2005, vom 15. Dezember 2005 und vom 20. Januar 2006 übersandte die Kommission den spanischen Behörden drei Berichte, in denen sie auf bestimmte Unregelmäßigkeiten hinwies, die bei dem Vorhaben und den Vorhabengruppen, die überprüft worden waren, festgestellt worden waren und die sich auf die Nichtbeachtung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge bezogen. Die spanischen Behörden antworteten auf diese Berichte mit Schreiben vom 26. Juli 2005, vom 3. März 2006 und vom 19. April 2006.

43      Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 informierte die Kommission die spanischen Behörden, dass die festgestellten Unregelmäßigkeiten als erwiesen erachtet würden, und tat ihre Absicht kund, das Verfahren zur Aussetzung der Zwischenzahlungen und zur Anwendung von Finanzkorrekturen gemäß Anhang II Art. H der Verordnung Nr. 1164/94 einzuleiten. Die spanischen Behörden antworteten der Kommission mit Schreiben vom 11. und vom 18. Mai sowie mit Schreiben vom 29. Oktober 2009.

44      Am 10. November 2009 führte die Kommission eine Anhörung der spanischen Behörden durch, um zu einer Einigung über die streitigen Fragen zu gelangen. Bei dieser Anhörung ersuchten die spanischen Behörden um eine zusätzliche Frist von 15 Tagen, um weitere diesen Vorgang betreffende Beweise vorlegen zu können. Die fraglichen Unterlagen übersandten die spanischen Behörden am 2. Dezember 2009.

45      Mit Schreiben vom 11. Februar 2010 übersandte die Kommission den spanischen Behörden die Endfassung des Berichts über die Anhörung.

 Angefochtene Entscheidung

46      Am 30. Juni 2010 erließ die Kommission die Entscheidung C (2010) 4147, mit der die finanzielle Beteiligung des Kohäsionsfonds an folgenden Vorhaben (Vorhabengruppen) gekürzt wurde: „Wasserversorgung für Siedlungen im hydrografischen Becken des Río Guadiana: Kreis Andévalo“ (2000.ES.16.C.PE.133), „Abwasserentsorgung und ‑aufbereitung im Guadalquivir-Becken: Guadaira, Aljarafe und Nationale Schutzzonen des Guadalquivir“ (2000.16.C.PE.066) sowie „Wasserversorgung für gemeindeübergreifende Systeme der Provinzen Granada und Málaga“ (2002.ES.16.C.PE.061) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die dem Königreich Spanien am 1. Juli 2010 zugestellt wurde.

47      In der angefochtenen Entscheidung bekräftigte die Kommission, sie habe bei ihren vor Ort in Spanien durchgeführten Überprüfungen bestimmte Unregelmäßigkeiten aufgedeckt, die sich auf die Nichtbeachtung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge bezögen. Insbesondere sei bei bestimmten öffentlichen Aufträgen, die von der Gesellschaft GIASA veröffentlicht worden seien und die sich sowohl auf das Andévalovorhaben als auch auf die Vorhabengruppen Guadalquivir und Granada und Málaga bezögen, der Zuschlag insbesondere unter Verstoß gegen die Art. 6, 7, 11 und 30 der Richtlinie 93/37, gegen die Art. 7, 15, 18, 36 und 37 der Richtlinie 92/50 und unter Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit erteilt worden.

48      Erstens hätten die spanischen Behörden künstlich bestimmte öffentliche Aufträge, die einem einzigen Bauwerk entsprochen hätten, aufgespalten, um sie dem Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 zu entziehen und somit der Verpflichtung zu entgehen, im Amtsblatt eine Vergabebekanntmachung zu veröffentlichen. Diese Unregelmäßigkeit betreffe insbesondere die sich auf das Andévalovorhaben beziehenden Aufträge mit den Nrn. 1 und 3, die sich auf die Vorhabengruppe Guadalquivir beziehenden Aufträge mit den Nrn. 6, 7 und 8 sowie die sich auf die Vorhabengruppe Granada und Málaga beziehenden Aufträge mit den Nrn. 1 und 3. Außerdem hätten die Aufträge Nr. 2 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Granada und Málaga in Anbetracht ihres Zuschlagsbetrags jeweils im Amtsblatt veröffentlicht werden müssen.

49      Zweitens wies die Kommission darauf hin, dass die vertragschließende Stelle bei den Zuschlagskriterien aller fraglichen Aufträge das Kriterium einer Erfahrung in Spanien, in Andalusien und mit der Gesellschaft GIASA aufgeführt habe. Zum einen stehe die Aufnahme dieses Kriteriums nicht im Einklang mit dem Unionsrecht, weil es sich auf die Fähigkeit der Bieter und nicht auf den Gegenstand des Auftrags beziehe und somit den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzen könne. Zum anderen widerspreche das Erfordernis einer Erfahrung in Spanien, in Andalusien und mit der Gesellschaft GIASA dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus sei die sogenannte „Durchschnittspreis“-Methode zu beanstanden, die für die Zuteilung von Punkten bei der wirtschaftlichen Bewertung verwendet werde, die in der Zuteilungsphase der meisten der fraglichen Aufträge durchgeführt werde. Diese Methode stehe nicht im Einklang mit dem Unionsrecht, soweit bei ihrer Verwendung kostspieligere Angebote bei ansonsten für die übrigen Kriterien gleichen Bedingungen hätten begünstigt werden können, die dem Grenzwert des „Durchschnittspreises“ näher kämen als andere, weniger kostspielige Angebote.

50      Drittens machte die Kommission den spanischen Behörden zum Vorwurf, sie hätten das in der Richtlinie 93/37 vorgesehene Verhandlungsverfahren für die Vergabe zusätzlicher Bauarbeiten zu einem öffentlichen Auftrag angewandt, für den der Zuschlag ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung erteilt worden sei. Den spanischen Behörden sei auch nicht der Nachweis gelungen, dass unvorhergesehene Ereignisse vorlägen, die ihr gemäß den insoweit im Unionsrecht vorgesehenen Ausnahmen den Rückgriff auf ein derartiges Verfahren erlaubt hätten, weswegen sie das offene Verfahren hätten wählen müssen. Die Kommission macht diese Unregelmäßigkeit nur für den Nachtrag der spanischen Behörden zum Auftrag Nr. 3 des Andévalovorhabens nach dessen Zuschlag geltend.

51      Viertens warf die Kommission den spanischen Behörden vor, sie hätten in den Verdingungsunterlagen der im Rahmen der Vorhabengruppe Granada und Málaga vergebenen Aufträge ein „Präadjudikationsverfahren“ vorgesehen, das in der Möglichkeit bestanden habe, mit dem Auftragnehmer die Auftragsbedingungen selbst nach Vergabe dieser Aufträge auszuhandeln. Dieses Verfahren widerspreche dem Unionsrecht und könne das offene Verfahren, nach dem der Zuschlag für diese Aufträge erteilt worden sei, gänzlich wirkungslos werden lassen.

52      Fünftens war die Kommission der Ansicht, dass die spanischen Behörden für die Aufträge Nr. 2 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Granada und Málaga entgegen den Anforderungen der Richtlinie 92/50 eine unzureichende Frist für die Einreichung von Angeboten vorgesehen hätten.

53      In Anbetracht der festgestellten Unregelmäßigkeiten war die Kommission der Ansicht, dass im vorliegenden Fall eine Finanzkorrektur angebracht sei. Sie war jedoch der Auffassung, dass im vorliegenden Fall eine Korrektur, die in der Streichung sämtlicher Ausgaben für die fraglichen Vorhaben bestanden hätte, eine in Bezug zur Schwere der aufgedeckten Unregelmäßigkeiten unverhältnismäßige Strafe gewesen wäre. Da überdies eine genaue Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit nicht möglich oder ausführbar sei, sei es angebracht, die Korrekturen auf der Grundlage eines Pauschalsatzes vorzunehmen.

54      Zum Andévalovorhaben insbesondere beschloss die Kommission, die Gesamtbeteiligung um 1 642 572,60 Euro gemäß den folgenden Korrekturprozentsätzen zu kürzen:

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für den Auftrag Nr. 3 wegen dessen unzulässiger Aufteilung und fehlender Amtsblattveröffentlichung;

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien; für den Auftrag Nr. 3 war jedoch diese Finanzkorrektur in der im vorstehenden Spiegelstrich genannten Korrektur enthalten;

–        10 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für den Auftrag Nr. 2, dessen Betrag unterhalb des Schwellenwerts für die Anwendung der Richtlinie 93/37 lag, wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien;

–        25 % des bescheinigten Wertes der Nachtragsvereinbarung zum Auftrag Nr. 3 wegen unzulässiger unmittelbarer Vergabe.

55      Zur Vorhabengruppe Guadalquivir beschloss die Kommission, die Gesamtbeteiligung um 3 837 074,52 Euro gemäß den folgenden Korrekturprozentsätzen zu kürzen:

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für den Auftrag Nr. 8 wegen dessen unzulässiger Aufteilung und fehlender Amtsblattveröffentlichung;

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien; für den Auftrag Nr. 8 war jedoch diese Finanzkorrektur in der im vorstehenden Spiegelstrich genannten Korrektur enthalten;

–        10 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5, deren Betrag unterhalb des Schwellenwerts für die Anwendung der Richtlinie 93/37 lag, wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien.

56      Zur Vorhabengruppe Granada und Málaga beschloss die Kommission, die Gesamtbeteiligung um 2 295 581,47 Euro gemäß den folgenden Korrekturprozentsätzen zu kürzen:

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 wegen deren unzulässiger Aufteilung und fehlender Amtsblattveröffentlichung;

–        10 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien, weil das unzulässige und diskriminierende Kriterium der Erfahrung nicht angewandt worden sei, obwohl für diese Aufträge das unzulässige „Durchschnittspreis-“Kriterium angewandt worden sei; für die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 war jedoch diese Finanzkorrektur in der im vorstehenden Spiegelstrich genannten Korrektur enthalten;

–        10 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4, weil in den jeweiligen Verdingungsunterlagen ein unzulässiges „Präadjudikationsverfahren“ vorgesehen sei; jedoch war diese Finanzkorrektur in den in den vorstehenden Spiegelstrichen genannten Korrekturen enthalten;

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Aufträge Nr. 2 und Nr. 5 wegen Verwendung unzulässiger und diskriminierender Zuschlagskriterien;

–        25 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Dienstleistungsaufträge Nr. 2 und Nr. 5 wegen fehlender Amtsblattveröffentlichung und weil in den jeweiligen Verdingungsunterlagen ein unzulässiges „Präadjudikationsverfahren“ vorgesehen sei; jedoch war diese Finanzkorrektur in der in dem vorstehenden Spiegelstrich genannten Korrektur enthalten;

–        10 % des Kohäsionsfondsbeitrags zu den bescheinigten Ausgaben für die Dienstleistungsaufträge Nr. 2 und Nr. 5 wegen unzureichender Frist für die Einreichung von Angeboten für die Aufträge; jedoch war diese Finanzkorrektur in den in den vorstehenden Spiegelstrichen genannten Korrekturen enthalten.

57      Die Höchstbeträge der Beteiligung, die nach dem Kohäsionsfonds für das Andévalovorhaben und die Vorhabengruppen Guadalquivir und Granada und Málaga gewährt wurde, wurden auf 7 260 394,79 Euro, 28 242 218,48 Euro und 15 629 871,53 Euro festgelegt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

58      Mit Klageschrift, die am 8. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Spanien die vorliegende Klage erhoben.

59      Mit Schreiben vom 21. September 2012 hat das Gericht das Königreich Spanien insbesondere ersucht, im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 64 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Aufstellung vorzulegen, in der für jeden der fraglichen öffentlichen Aufträge sein geschätzter Wert ohne Mehrwertsteuer, der Betrag, zu dem für ihn einschließlich Mehrwertsteuer der Zuschlag erteilt worden war, sowie der Betrag anzugeben waren, zu dem ohne Mehrwertsteuer für ihn der Zuschlag erteilt worden war. Diesem Ersuchen ist das Königreich Spanien fristgerecht nachgekommen.

60      Das Königreich Spanien beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

61      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zusammenfassung der Nichtigkeitsklagegründe

62      Das Königreich Spanien stützt seine Klage auf drei Klagegründe, wobei der dritte hilfsweise vorgebracht wird.

63      Mit dem ersten Klagegrund macht das Königreich Spanien im Wesentlichen geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht Finanzkorrekturen wegen Verstößen gegen die Richtlinie 93/37 anwende, während keiner der fraglichen Aufträge dieser Richtlinie unterfalle. Mit dem zweiten Klagegrund bestreitet es, dass bestimmte Aufträge, die sich auf vom Kohäsionsfonds finanzierte Vorhaben bezögen, entgegen Art. 6 Abs. 4 der genannten Richtlinie aufgespalten worden seien, um sie der Anwendung dieser Richtlinie zu entziehen. Mit dem dritten Klagegrund wirft es der Kommission fehlende Transparenz bei der Bestimmung der Finanzkorrekturen und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor.

64      Es ist festzustellen, dass das Königreich Spanien mit dem ersten Klagegrund der Kommission im Wesentlichen vorwirft, sie sei zu dem Ergebnis gelangt, dass für bestimmte Aufträge, mit denen die in der angefochtenen Entscheidung in Rede stehenden Vorhaben durchgeführt würden, der Zuschlag in einer den Bestimmungen der Richtlinie 93/37 zuwiderlaufenden Weise erteilt worden sei. Aufgrund der zu vergebenden Auftragswerte lägen diese Aufträge außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie. Die Kommission erwidert, diese Aufträge seien künstlich von den spanischen Behörden aufgespalten worden, um sie den Anforderungen zu entziehen, die das Unionsrecht vorsehe. Soweit die Antwort auf die letztgenannte Frage Gegenstand des zweiten vom Königreich Spanien vorgebrachten Klagegrundes und damit für die Beurteilung des ersten eine Vorfrage ist, ist zunächst der zweite Klagegrund zu prüfen, danach der erste und schließlich der dritte.

 Zum zweiten Klagegrund: keine Aufspaltung der öffentlichen Aufträge

65      Das Königreich Spanien widerspricht der Schlussfolgerung der Kommission, wonach die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 des Andévalovorhabens, die Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga von den spanischen Behörden unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 künstlich aufgespalten worden seien. Um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift vorliege, hätte die Kommission überdies beweisen müssen, dass die spanischen Behörden die Absicht gehabt hätten, mit dieser Aufspaltung die Anwendung dieser Richtlinie auf die fraglichen öffentlichen Aufträge zu umgehen.

66      Eingangs ist daran zu erinnern, dass Bauwerke oder Bauaufträge nach Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 nicht in der Absicht aufgeteilt werden dürfen, sie der Anwendung dieser Richtlinie zu entziehen. Außerdem definiert Art. 1 Buchst. c der genannten Richtlinie den Begriff des Bauwerks als Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Daher ist bei der Prüfung, ob das Königreich Spanien gegen Art. 6 Abs. 4 dieser Richtlinie verstoßen hat, zu untersuchen, ob die fraglichen öffentlichen Aufträge ein und dasselbe Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der genannten Richtlinie zum Gegenstand hatten.

67      Nach der Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 vorliegt, im Hinblick auf die wirtschaftliche und technische Funktion des Ergebnisses der Arbeiten der betreffenden öffentlichen Aufträge zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofs vom 5. Oktober 2000, Kommission/Frankreich, C‑16/98, Slg. 2000, I‑8315, Randnrn. 36, 38 und 47, vom 27. Oktober 2005, Kommission/Italien, C‑187/04 und C‑188/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27, vom 18. Januar 2007, Auroux u. a., C‑220/05, Slg. 2007, I‑385, Randnr. 41, und vom 15. März 2012, Kommission/Deutschland, C‑574/10, Randnr. 37).

68      Ferner ist zu bemerken, dass der Gerichtshof klargestellt hat, dass das Ergebnis voneinander verschiedener Arbeiten schon dann als Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 eingestuft werden kann, wenn entweder dieselbe wirtschaftliche oder dieselbe technische Funktion erfüllt ist (Urteil Kommission/Italien, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnr. 29). Die Feststellung des Vorliegens einer identischen wirtschaftlichen oder technischen Funktion ist also alternativ und nicht, wie das Königreich Spanien vorträgt, kumulativ.

69      Schließlich ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung die Gleichzeitigkeit der Einleitung der streitigen Vergabeverfahren, die Ähnlichkeit der Vergabebekanntmachungen, die Einheitlichkeit des geografischen Rahmens, in dem die Aufträge durchgeführt werden, und das Vorhandensein eines einzigen öffentlichen Auftraggebers ebenso weitere Hinweise darstellen, die dafür sprechen, dass unterschiedliche Bauaufträge in Wirklichkeit ein einziges Bauwerk betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnr. 65).

70      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Aufträge des Andévalovorhabens, die der Vorhabengruppe Guadalquivir und die der Vorhabengruppe Granada und Málaga dieselbe technische oder wirtschaftliche Funktion erfüllten und dass sie deshalb ein und dasselbe Bauwerk bildeten, das nicht auf unterschiedliche öffentliche Aufträge aufgeteilt werden könne (Erwägungsgründe 66, 97 und 122 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem seien in drei Fällen die zeitliche Nähe der Vergabebekanntmachungen, deren Ähnlichkeit und der Umstand, dass es sich um ein und denselben öffentlichen Auftraggeber handele, weitere Beweise, auf die sich die Auffassung stützen lasse, dass die Gegenstände der fraglichen Aufträge einem einheitlichen Bauwerk entsprächen (Erwägungsgründe 67, 98, 123 und 124 der angefochtenen Entscheidung).

71      Die Einwände des Königreichs Spanien vermögen die Beurteilung der Kommission nicht in Frage zu stellen.

72      Was an erster Stelle das Andévalovorhaben betrifft, macht das Königreich Spanien im Wesentlichen geltend, dass das genannte Vorhaben aus einer Gesamtheit einzelner „Abschnitte“ bestehe, die nicht voneinander abhingen und dazu dienen sollten, für unterschiedliche geografische Zonen Wasser bereitzustellen. Aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeiten der drei öffentlichen Aufträge, mit denen das Vorhaben durchgeführt werde, dieselbe technische oder wirtschaftliche Einheit bildeten.

73      Diesem Argument des Königreichs Spanien ist nicht zu folgen.

74      Erstens ist nämlich darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn das Andévalovorhaben aus verschiedenen „Abschnitten“ bestünde, seine Beschreibung in der Entscheidung C (2001) 4113, die das Königreich Spanien nicht in Abrede stellt, zum einen aufzeigt, dass das Vorhaben die Errichtung eines einzigen Leitungsnetzes vorsah und dass diese Leitungen zum anderen mit demselben Zentralbehälter namens „Nudo Norte“ verbunden sein sollten. Somit sollten die verschiedenen „Abschnitte“ in ihrer Gesamtheit dieselbe wirtschaftliche und technische Funktion erfüllen, nämlich die Trinkwasserverteilung für dasselbe bewohnte Gebiet, ausgehend von einer einzigen Bevorratungsstelle. Diese Schlussfolgerung wird im Übrigen dadurch bestärkt, dass die drei öffentlichen Aufträge zur Durchführung des Andévalovorhabens (vgl. vorstehend Randnr. 29) die Errichtung eines einzigen Leitungsnetzes zum Gegenstand hatten.

75      Zweitens ist das aus dem oben in Randnr. 67 angeführten Urteil Kommission/Frankreich hergeleitete Argument zurückzuweisen. In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass die Elektrizitätsversorgung im französischen Département Vendée, insgesamt betrachtet, dieselbe wirtschaftliche und technische Funktion erfülle, nämlich die Weiterleitung von elektrischer Energie und ihren Verkauf an die Verbraucher. Auf dieser Grundlage ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass die Arbeiten der in dieser Rechtssache in Rede stehenden öffentlichen Aufträge zu einem einzigen Bauwerk gehörten (Urteil Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnrn. 64 und 66).

76      Dieser Gedankengang lässt sich auf den Fall eines Wasserleitungssystems wie das im vorliegenden Fall in Rede stehende übertragen. Denn wie im oben in Randnr. 67 angeführten Urteil Kommission/Frankreich besteht die Funktion der Arbeiten der fraglichen öffentlichen Aufträge darin, ein Gut von öffentlichem Nutzen in ein bestimmtes geografisches Gebiet zu leiten, und obwohl dieses Verteilungsnetz dazu dient, mehrere Gemeinden mit Wasser zu versorgen, steht dies nicht der Schlussfolgerung entgegen, dass es dieselbe wirtschaftliche und technische Funktion erfüllt. Einen entsprechenden Ansatz hat der Gerichtshof außerdem im oben in Randnr. 67 angeführten Urteil Kommission/Italien zugrunde gelegt, das die Errichtung von zwei Autobahnanschlüssen betraf. Nach Ansicht des Gerichtshofs sind sämtliche Hochbauarbeiten für diesen Bau als Teil desselben Bauwerks anzusehen, soweit sie in ihrer Gesamtheit dazu dienen, verschiedene unter Straßenproblemen leidende Gemeinden zu verbinden (Urteil Kommission/Italien, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnr. 27).

77      Drittens ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Vergabe des Auftrags Nr. 1 des Andévalovorhabens und die Vergabe des Auftrags Nr. 3 desselben Vorhabens, wie die Kommission im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, offensichtlich zeitlich eng aufeinander abfolgten, wobei lediglich vier Tage zwischen den beiden Abschlüssen lagen. Sodann bezogen sich beide Aufträge auf denselben Kreis, nämlich Andévalo, weswegen dessen Aufteilung in zwei Teile, nämlich den östlichen und den westlichen Andévalo, nicht als hinreichend erachtet werden kann, um zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich geografisch um zwei unterschiedliche Gebiete handelt. Schließlich ist festzustellen, dass die Aufträge beide vom selben Auftraggeber vergeben wurden, nämlich von der Gesellschaft GIASA. Obwohl diese letztgenannten Aspekte an sich für das Vorliegen eines einheitlichen Bauwerks nicht entscheidend sind, stellen sie doch nach der vorstehend in Randnr. 69 genannten Rechtsprechung zusätzliche Hinweise dar, die es rechtfertigen, vorliegend davon auszugehen, dass ein einziges Bauwerk vorliegt.

78      Hieraus ist zu folgern, dass die Arbeiten der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 des Andévalovorhabens zu ein und demselben Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 gehörten.

79      Was an zweiter Stelle die Vorhabengruppe Guadalquivir betrifft, so macht das Königreich Spanien insbesondere geltend, dass die Arbeiten der Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 dieser Vorhabengruppe kein Bauwerk im Sinne des Unionsrechts seien, weil sie von unterschiedlichen Stellen verwaltet würden und geografisch voneinander entfernt wohnende Bevölkerungsgruppen beträfen.

80      Hierbei ist erstens, wie schon für das Andévalovorhaben ausgeführt wurde, darauf hinzuweisen, dass aus der Beschreibung des Vorhabens Nr. 2 in der Entscheidung C (2000) 4316 hervorgeht, dass es sich auf die Errichtung verschiedener „Abschnitte“ desselben Abwassernetzes bezog, die mit derselben Abwasseraufbereitungsanlage bzw. demselben Kollektor verbunden waren. Die Bauaufträge dieses Vorhabens bezogen sich somit auf dasselbe Netz, dessen „Abschnitte“ nicht voneinander unabhängig waren. Daher ist, wie die Kommission festgestellt hat (97. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), davon auszugehen, dass die genannten „Abschnitte“, insgesamt betrachtet, derselben technischen oder wirtschaftlichen Funktion dienen sollten, die darin bestand, Abwässer in derselben Abwasseraufbereitungsanlage zu behandeln und aufzubereiten, um sie sodann in den Guadalquivir einzuleiten.

81      Wenn das Königreich Spanien zweitens geltend macht, die fraglichen öffentlichen Aufträge beträfen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, ist jedoch festzustellen, dass die Arbeiten dieser Aufträge in demselben geografischen Gebiet, nämlich in El Aljarafe, zur Ausführung kommen sollten. Hierbei ist davon auszugehen, dass, selbst wenn diese Aufträge sich auf Operationen beziehen können, die an unterschiedlichen Orten zur Ausführung gelangen, dies noch nicht bedeutet, dass sie nicht als dasselbe Bauwerk angesehen werden können. Dies ist der Fall, wenn diese Operationen im selben geografischen Gebiet durchgeführt werden (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 67 angeführt, Nr. 72).

82      Drittens stellen, wie schon für das Andévalovorhaben vorstehend in Randnr. 77 ausgeführt wurde, die zeitliche Nähebeziehung der Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und das Vorhandensein eines einzigen öffentlichen Auftraggebers bei allen Aufträgen zusätzliche Hinweise dar, die dafür sprechen, dass davon auszugehen ist, dass die Aufträge einem einheitlichen Bauwerk galten.

83      Hieraus ist zu folgern, dass die Arbeiten der Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir zu ein und demselben Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 gehörten.

84      Zur Vorhabengruppe Granada und Málaga trägt das Königreich Spanien an dritter Stelle vor, dass die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 dieser Vorhabengruppe gemäß der Entscheidung über die Bewilligung der Beteiligung des Kohäsionsfonds verschiedenen Vorhaben entsprächen.

85      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga der Errichtung eines äußeren Rings zur Wasserversorgung von Antequera und eines Speichers zur Speisung dieses Rings galten. Das Argument des Königreichs Spanien, wonach diese Arbeiten voneinander unabhängig seien, vermag somit nicht durchzudringen. Im Gegenteil: Diese Arbeiten erfüllen eine einheitliche wirtschaftliche und technische Funktion, nämlich die Trinkwasserversorgung desselben geografischen Gebiets.

86      Zweitens ist zu betonen, dass die Bauaufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga, wie die Kommission im 123. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, durch den Auftrag Nr. 2 vervollständigt wurden, der Dienstleistungen für die Planung und die Leitung der Arbeiten am äußeren Ring und am Regulierungsbecken für die Wasserversorgung von Antequera zum Gegenstand hatte (vgl. vorstehend Randnr. 38), was deutlich werden lässt, dass die beiden Aufträge zum selben Komplex von Bauarbeiten gehörten.

87      Drittens sind der kurze zeitliche Abstand zwischen der Veröffentlichung der Vergabebekanntmachungen für die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3, wobei die erste am 29. Juni 2002 und die zweite am 16. Juli 2002 veröffentlicht wurde, und der Umstand, dass es sich um denselben öffentlichen Auftraggeber handelte, zusätzliche Hinweise dafür, dass die Arbeiten der genannten Aufträge einem einzigen Bauwerk galten.

88      Hieraus ist zu folgern, dass die Arbeiten der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga zu ein und demselben Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 gehörten.

89      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Königreich Spanien, abgesehen von den vorstehend in den Randnrn. 72 bis 88 geprüften Argumenten, geltend macht, dass die in dem der Klageschrift beigefügten technischen Bericht dargelegten Beurteilungen zeigten, dass die fraglichen Aufträge sich nicht auf Arbeiten bezögen, die zu einem Bauwerk im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 93/37 gehörten.

90      Die Beurteilungen im genannten Bericht vermögen jedoch nicht die vorstehend in den Randnrn. 78, 83 und 88 dargelegten Ergebnisse in Frage zu stellen.

91      Es ist nämlich an erster Stelle darauf hinzuweisen, dass der Bericht rein technische Aspekte analysiert, ohne andere Faktoren zu vertiefen, die für die Frage, ob es sich um ein Bauwerk handelt, gleichermaßen einschlägig sind. Denn der Bericht betrifft, wie die Kommission vorträgt, lediglich die technische Funktion und berücksichtigt nicht die wirtschaftliche Funktion der fraglichen Aufträge.

92      An zweiter Stelle ist festzustellen, dass der technische Bericht sich darauf beschränkt, die technischen Unterschiede jedes beurteilten Teiles der Bauwerke individuell zu beschreiben, und dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass sie unterschiedliche Funktionen hätten. Damit lassen sich aber nicht die vorstehend in den Randnrn. 72 bis 88 getroffenen Feststellungen in Frage stellen, wonach die verschiedenen Teile der fraglichen öffentlichen Aufträge voneinander abhängig sind und, in ihrer Gesamtheit betrachtet, dieselbe technische und wirtschaftliche Funktion erfüllen.

93      Somit beweist der technische Bericht nicht, dass die Arbeiten der streitigen Aufträge verschiedenen Bauwerken gelten.

94      Schließlich macht das Königreich Spanien geltend, dass die Kommission bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 ein subjektives Tatbestandsmerkmal hätte nachweisen müssen, nämlich die Absicht der spanischen Behörden zur Aufteilung der fraglichen Aufträge, um den Verpflichtungen der Richtlinie zu entgehen. Diesem Argument kann nicht gefolgt werden.

95      Hierzu genügt der Hinweis, dass die Feststellung einer gegen die Unionsregelung auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge verstoßenden Aufteilung eines Auftrags subjektiv nicht den Nachweis einer Absicht zur Umgehung der Anwendung der in der Regelung enthaltenen Vorschriften voraussetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnr. 49). Wenn, wie im vorliegenden Fall, eine solche Feststellung getroffen worden ist, ist es unerheblich, ob der betreffende Mitgliedstaat den Verstoß absichtlich oder fahrlässig begangen hat oder ob der Verstoß auf technischen Schwierigkeiten des Mitgliedstaats beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. Oktober 1998, Kommission/Spanien, C‑71/97, Slg. 1998, I‑5991, Randnr. 15). Darüber hinaus ist daran zu erinnern, dass es der Gerichtshof sowohl im Urteil Kommission/Frankreich als auch im Urteil Auroux u. a., die vorstehend in Randnr. 67 angeführt wurden, bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 nicht für notwendig gehalten hat, dass die Kommission vorab die Absicht des betreffenden Mitgliedstaats nachweist, die in der Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen durch eine Auftragsaufteilung zu umgehen.

96      Daraus folgt, dass der Kommission kein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertrat, dass die Arbeiten der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 des Andévalovorhabens, die Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga jeweils ein einziges Bauwerk bildeten, so dass ihre separate Vergabe einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 93/37 darstellt.

97      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Anwendung von Finanzkorrekturen wegen Verstößen gegen die Richtlinie 93/37 auf Aufträge, die nicht der genannten Richtlinie unterfallen, und Beachtung der anwendbaren Grundsätze und Vorschriften

98      Das Königreich Spanien trägt vor, dass die Kommission zu Unrecht der Ansicht gewesen sei, bei den fraglichen öffentlichen Aufträgen sei gegen die Bestimmungen der Richtlinie 93/37 verstoßen worden, da doch diese Aufträge den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht unterlegen hätten. Hierbei handele es sich insbesondere um den Auftrag Nr. 3 des Andévalovorhabens, die Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und um die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga. Überdies seien entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung bei den öffentlichen Aufträgen, die nicht der Richtlinie 93/37 unterlegen hätten, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge geltenden allgemeinen Grundsätze beachtet worden.

99      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 93/37 nach ihrem Art. 6 Abs. 1 Buchst. b für öffentliche Bauaufträge gilt, deren geschätzter Auftragswert ohne Mehrwertsteuer mindestens dem Gegenwert von 5 Millionen Sonderziehungsrechten in Euro entspricht. Mithin werden nur öffentliche Bauaufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Mehrwertsteuer mindestens diesem Betrag entspricht, von der genannten Richtlinie erfasst.

100    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer der fraglichen öffentlichen Aufträge die in der Richtlinie 93/37 vorgesehene Schwelle erreichte.

101    An erster Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Kommission, wie sich vorstehend aus Randnr. 96 ergibt, kein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie die Auffassung vertrat, dass die spanischen Behörden künstlich im Rahmen des Andévalovorhabens die Vergabe des Auftrags Nr. 3 von der des Auftrags Nr. 1, im Rahmen der Vorhabengruppe Guadalquivir die Vergabe des Auftrags Nr. 8 von der der Aufträge Nr. 6 und Nr. 7 und im Rahmen der Vorhabengruppe Granada und Málaga die Vergabe der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 voneinander abgetrennt hätten. Daraus folgt, dass diese Aufträge jeweils ein und dasselbe Bauwerk bildeten, so dass bei der Frage, ob sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 fielen, gemäß Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie und auf der Grundlage der vom Königreich Spanien im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen übermittelten Angaben (vgl. vorstehend Randnr. 59) ihre geschätzten Auftragswerte ohne Mehrwertsteuer zusammenzurechnen waren und auf diese Weise geprüft werden musste, ob die Endsummen mindestens 5 Mio. Euro betrugen.

102    Was erstens den öffentlichen Bauauftrag betrifft, der im Rahmen des Andévalovorhabens in zwei unterschiedliche Aufträge aufgeteilt worden ist, nämlich in die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3, ist festzustellen, dass die Summe der geschätzten Auftragswerte dieser beiden Aufträge ohne Mehrwertsteuer, die sich auf 6 393 639,58 Euro und auf 2 491 978,77 Euro belaufen, 8 885 618,35 Euro beträgt. Da der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer des zu vergebenden Bauauftrags den Betrag von 5 Mio. Euro überschritt, war die Richtlinie 93/37 mithin auf den fraglichen Auftrag anwendbar.

103    Was zweitens den öffentlichen Bauauftrag betrifft, der im Rahmen der Vorhabengruppe Guadalquivir in drei unterschiedliche Aufträge aufgeteilt worden ist, nämlich in die Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8, ist festzustellen, dass die Summe der geschätzten Auftragswerte dieser drei Aufträge ohne Mehrwertsteuer, die sich auf 8 118 902,97 Euro, 7 360 382,98 Euro und 2 273 420,82 Euro belaufen, 17 752 706,77 Euro beträgt. Da der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer des zu vergebenden Bauauftrags den Betrag von 5 Mio. Euro überschritt, war die Richtlinie 93/37 mithin auf den fraglichen Auftrag anwendbar.

104    Was drittens den öffentlichen Bauauftrag betrifft, der im Rahmen der Vorhabengruppe Granada und Málaga in zwei unterschiedliche Aufträge aufgeteilt worden ist, nämlich in die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3, ist festzustellen, dass die Summe der geschätzten Auftragswerte dieser beiden Aufträge ohne Mehrwertsteuer, die sich auf 4 922 173,86 Euro und 3 514 731,79 Euro belaufen, 8 436 905,65 Euro beträgt. Da der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer des zu vergebenden Bauauftrags den Betrag von 5 Mio. Euro überschritt, war die Richtlinie 93/37 mithin auf den fraglichen Auftrag anwendbar.

105    Daraus folgt, dass die Argumentation des Königreichs Spanien, der zufolge der Auftrag Nr. 3 des Andévalovorhabens, der Auftrag Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga nicht den in der Richtlinie 93/37 vorgesehenen Schwellenwert erreichten und somit von ihr nicht erfasst würden, nicht durchzudringen vermag.

106    Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen, soweit er den Auftrag Nr. 3 des Andévalovorhabens, den Auftrag Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga betrifft.

107    Was zweitens die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 fallenden Aufträge, nämlich den Auftrag Nr. 2 des Andévalovorhabens und die Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir, und insbesondere die Frage anbelangt, ob bei ihnen die für sie anwendbaren Grundsätze und Vorschriften beachtet wurden, ist vorab daran zu erinnern, dass die Kommission nach Anhang II Art. H Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1164/94 finanzielle Korrekturmaßnahmen ergreifen kann, wenn sie im Zusammenhang mit der Beteiligung des Kohäsionsfonds eine Unregelmäßigkeit aufdeckt und der betreffende Mitgliedstaat keine Korrekturmaßnahmen ergriffen hat.

108    Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 stellt außerdem im Wesentlichen fest, dass die aus dem Kohäsionsfonds finanzierten Vorhaben im Einklang mit den Bestimmungen der Verträge und den auf deren Grundlage erlassenen Rechtsakten stehen müssen.

109    Nach der Rechtsprechung gelten die in den Richtlinien zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorgesehenen besonderen, strengen Verfahren nur für Verträge, deren Auftragswert den in der jeweiligen Richtlinie ausdrücklich festgelegten Schwellenwert überschreitet (Beschluss des Gerichtshofs vom 3. Dezember 2001, Vestergaard, C‑59/00, Slg. 2001, I‑9505, Randnr. 19). Die Vorschriften dieser Richtlinien gelten daher nicht für Aufträge, deren Wert den dort festgelegten Schwellenwert nicht erreicht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 2008, Kommission/Italien, C‑412/04, Slg. 2008, I‑619, Randnr. 65).

110    Das heißt jedoch nicht, dass solche Aufträge vom Anwendungsbereich des Unionsrechts ausgenommen sind (Beschluss Vestergaard, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnr. 19). Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Vergabe von Aufträgen, die aufgrund ihres Auftragswerts nicht den in der Unionsregelung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vorgesehenen Verfahren unterliegen, sind die öffentlichen Auftraggeber nämlich gleichwohl verpflichtet, die Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des Vertrags und insbesondere das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress, C‑324/98, Slg. 2000, I‑10745, Randnr. 60; Beschluss Vestergaard, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 20 und 21; Urteile des Gerichtshofs vom 20. Oktober 2005, Kommission/Frankreich, C‑264/03, Slg. 2005, I‑8831, Randnr. 32, und vom 14. Juni 2007, Medipac-Kazantzidis, C‑6/05, Slg. 2007, I‑4557, Randnr. 33).

111    Die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verträge auf die Verfahren zur Vergabe von Aufträgen, deren Wert unter dem Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinien liegt, setzt jedoch gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs voraus, dass an diesen Aufträgen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 2007, Kommission/Irland, C‑507/03, Slg. 2007, I‑9777, Randnr. 29, und vom 21. Februar 2008, Kommission/Italien, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 66 und 67).

112    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob an den fraglichen Vorhaben ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse bestand, und sodann, falls dies der Fall sein sollte, zu prüfen, ob bei den Aufträgen, mit denen die Vorhaben durchgeführt wurden, die allgemeinen Grundsätze des Vertrags beachtet wurden.

113    Was an erster Stelle die Frage nach dem eindeutigen grenzüberschreitenden Interesse an den fraglichen Vorhaben betrifft, so ist festzustellen, dass das Königreich Spanien hierzu nichts Gegenteiliges vorgetragen hat.

114    Auf jeden Fall ist davon auszugehen, dass sowohl am Auftrag Nr. 2 des Andévalovorhabens als auch an den Aufträgen Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse bestand. Hierbei ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung objektive Kriterien wie u. a. ein Volumen von gewisser Größe des fraglichen Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort darauf hindeuten können, dass ein solches Interesse besteht. Demgegenüber kann das Bestehen eines solchen Interesses auch ausgeschlossen werden, wenn z. B. der fragliche Auftrag von wirtschaftlich sehr geringer Bedeutung ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. Juli 2005, Coname, C‑231/03, Slg. 2005, I‑7287, Randnr. 20, und vom 15. Mai 2008, SECAP und Santorso, C‑147/06 und C‑148/06, Slg. 2008, I‑3565).

115    In Anbetracht des geschätzten Auftragswerts ohne Mehrwertsteuer, den sowohl der Auftrag Nr. 2 des Andévalovorhabens als auch jeder der Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir aufwies (vgl. vorstehend Randnrn. 29 und 33), sowie angesichts der Nähe der Bauvorhaben zur portugiesischen Grenze konnten diese Aufträge allesamt für Wirtschaftsteilnehmer in der gesamten Union – und insbesondere in Anbetracht des Leistungsorts für solche mit Niederlassung in Portugal – und nicht nur für ortsansässige Wirtschaftsteilnehmer von Interesse sein.

116    Daher ist davon auszugehen, dass das Verfahren zur Vergabe der vorstehend in Randnr. 115 genannten Aufträge gemäß der vorstehend in Randnr. 110 angeführten Rechtsprechung die allgemeinen Grundsätze des Vertrags beachten musste, um sämtlichen an diesen Aufträgen interessierten Wirtschaftsteilnehmern faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

117    Bei der Frage, ob die spanischen Behörden den Verpflichtungen nachgekommen sind, die sie für die vorstehend in Randnr. 115 genannten Aufträge trafen, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass die spanischen Behörden insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen hätten, weil sie als Zuschlagskriterium auf die Erfahrung in Spanien, in Andalusien und mit der Gesellschaft GIASA abgestellt hätten. Das Königreich Spanien hält seinerseits eine solche Beurteilung für unzutreffend.

118    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kriterien, deren Rechtmäßigkeit im vorliegenden Fall in Frage gestellt wird, wie sich aus den Erwägungsgründen 40 und 94 der angefochtenen Entscheidung ergibt, für den Auftrag Nr. 2 des Andévalovorhabens die „Erfahrung in Spanien, in Andalusien und mit der Gesellschaft GIASA“ und für die Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir die „Qualität und [die] Ausführungsfrist der Arbeiten während der letzten fünf Jahre in Spanien, Andalusien und für GIASA“ sind. Da inhaltlich diese beiden Kriterien identisch sind, können sie zusammen geprüft werden.

119    Nach ständiger Rechtsprechung verlangen ferner das sich aus dem AEU-Vertrag ergebende Diskriminierungsverbot und insbesondere die Grundfreiheiten nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des Erbringers von Bauleistungen bzw. des Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten –, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Leistungserbringers, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig vergleichbare Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juli 1991, Säger, C‑76/90, Slg. 1991, I‑4221, Randnr. 12).

120    Im vorliegenden Fall können die Kriterien, auf die für den Zuschlag des Auftrags Nr. 2 des Andévalovorhabens und der Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir abgestellt wird und die lediglich die Erfahrung des in Rede stehenden Bieters in Spanien, Andalusien und mit der Gesellschaft GIASI berücksichtigen, bestimmten Bietern gegenüber anderen Vorteile verschaffen und verstoßen deswegen gegen das Diskriminierungsverbot. Es ist nämlich festzustellen, dass bei der Bewertung des Angebots eines Unternehmens, wenn es nicht in Spanien oder Andalusien gearbeitet oder mit der von den spanischen Behörden benannten Gesellschaft zusammengearbeitet hat, seine Erfahrung auf den Gebieten, auf die sich die fraglichen öffentlichen Aufträge beziehen, nicht berücksichtigt wird. Unter diesen Umständen bewirken diese Zuschlagskriterien, selbst wenn es sich, wie das Königreich Spanien geltend macht, um keine unmittelbare Diskriminierung handelt, eine Begünstigung der Angebote der Bieter vor Ort und stellen einen Malus für die Angebote von Wirtschaftsteilnehmern dar, deren Niederlassung sich in anderen Mitgliedstaaten befindet und für die es offenkundig schwieriger ist, die geforderte Erfahrung nachzuweisen.

121    Daraus ist mithin zu folgern, dass die spanischen Behörden, indem sie das Kriterium einer Erfahrung in Spanien, Andalusien und mit der Gesellschaft GIASI für den Zuschlag des Auftrags Nr. 2 des Andévalovorhabens und der Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir angewandt haben, gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen haben und dass aufgrund dessen die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die spanischen Behörden nicht die allgemeinen europäischen Grundsätze beachtet haben, die für die Vergabe dieser öffentlichen Aufträge gelten.

122    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Fehlende Transparenz bei der Festsetzung der Finanzkorrekturen und Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

123    Das Königreich Spanien wirft der Kommission vor, sie habe bei jeder der Finanzkorrekturen den Betrag nicht transparent festgesetzt und bei dieser Festsetzung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, der in Anhang II Art. H Abs. 2 der Verordnung Nr. 1164/94 vorgesehen sei. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit trägt es insbesondere vor, dass die Kommission die Leitlinien 2002 nicht beachtet habe, weil sie bestimmte Korrekturen kumulativ angewandt habe. Außerdem hätte die Kommission berücksichtigen müssen, dass die spanischen Behörden bei späteren öffentlichen Aufträgen die streitigen Zuschlagskriterien gestrichen hätten, sobald sie Kenntnis von ihrer Rechtswidrigkeit gehabt hätten.

124    Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Kommission, wie sich vorstehend aus Randnr. 96 ergibt, kein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie die Auffassung vertrat, dass spanischen Behörden die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 des Andévalovorhabens, die öffentlichen Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga künstlich aufgeteilt hätten. Das Argument des Königreichs Spanien im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes, dass ihm der Beweis des Gegenteils gelungen sei, ist somit zurückzuweisen. Da der Auftrag Nr. 3 des Andévalovorhabens, der Auftrag Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 der Vorhabengruppe Granada und Málaga in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/37 fielen, hätten sie außerdem im Amtsblatt veröffentlicht werden müssen.

125    Zweitens ist die Kommission, wie sich vorstehend aus Randnr. 121 ergibt, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Kriterium der in Spanien, Andalusien und mit der Gesellschaft GIASA erworbenen Erfahrung als Zuschlagskriterium für den Auftrag Nr. 2 des Andévalovorhabens und die Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Guadalquivir regelwidrig und diskriminierend war.

126    Drittens stellt das Königreich Spanien nicht die Schlussfolgerungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung in Abrede, wonach die auf die Erfahrung und den Durchschnittspreis abstellenden Kriterien regelwidrige und diskriminierende Kriterien seien, die den Zuschlag der fraglichen öffentlichen Aufträge rechtsfehlerhaft werden ließen. Diese Unregelmäßigkeit betrifft die Vergabe der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 des Andévalovorhabens, der Aufträge Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 8 der Vorhabengruppe Guadalquivir und die Aufträge Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 der Vorhabengruppe Granada und Málaga.

127    Viertens ist darauf hinzuweisen, dass das Königreich Spanien im Rahmen der vorliegenden Klage nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der übrigen von der Kommission festgestellten Verstöße gegen die Unionsregelung in Abrede gestellt hat. Insbesondere hat das Königreich Spanien in Bezug auf die Vergabe der Aufträge Nr. 2 und Nr. 5 der Vorhabengruppe Granada und Málaga nicht die Rügen hinsichtlich der rechtswidrigen Auftragsaufteilung, der fehlenden Veröffentlichung im Amtsblatt und der Setzung einer unzureichenden Frist für die Angebotseinreichung beanstandet. Außerdem hat es in Bezug auf die Vergabe der Aufträge Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 der Vorhabengruppe Granada und Málaga nicht die Rügen hinsichtlich des unzulässigen „Präadjudikationsverfahrens“ bei der Auftragsvergabe beanstandet.

128    Daraus folgt, dass alle in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Unregelmäßigkeiten (Erwägungsgründe 33, 34 und 36 der angefochtenen Entscheidung) zu berücksichtigen sind, wenn es darum geht, zu prüfen, ob die Kommission bei der Festsetzung der Finanzkorrekturen gegen die Grundsätze der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. Es handelt sich insbesondere um folgende Verstöße.

129    Beim Andévalovorhaben liegen folgende von der Kommission festgestellte Verstöße vor:

–        Verstoß gegen Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinien 93/37 bei der Vergabe des Auftrags Nr. 1 dieses Vorhabens, weil dieser Auftrag diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsah;

–        Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung bei der Vergabe von Auftrag Nr. 2 dieses Vorhabens, weil dieser Auftrag, der den Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinie 93/37 nicht erreichte, diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsah;

–        Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4, Art. 11 Abs. 1, Art. 7 Abs. 3 Buchst. d, Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinie 93/37 bei der Vergabe von Auftrag Nr. 3 dieses Vorhabens, weil dieser Auftrag rechtswidrig vom Auftrag Nr. 1 abgetrennt, im Amtsblatt nicht veröffentlicht und unter Rückgriff auf ein Verhandlungsverfahren bei der Vergabe abgeändert wurde sowie diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsah.

130    Bei der Vorhabengruppe Guadalquivir liegen folgende von der Kommission festgestellte Verstöße vor:

–        Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung bei der Vergabe der Aufträge Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 dieser Vorhabengruppe, weil diese Aufträge, die den Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinie 93/37 nicht erreichten, diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsahen;

–        Verstoß gegen Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinie 93/37 bei der Vergabe der Aufträge Nr. 6 und Nr. 7 dieser Vorhabengruppe, weil diese Aufträge diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsahen;

–        Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4, Art. 11 Abs. 1, Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinie 93/37 bei der Vergabe von Auftrag Nr. 8 dieser Vorhabengruppe, weil dieser Auftrag rechtswidrig von den Aufträgen Nr. 6 und Nr. 7 abgetrennt und im Amtsblatt nicht veröffentlicht wurde sowie diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsah.

131    Bei der Vorhabengruppe Granada und Málaga liegen folgende von der Kommission festgestellte Verstöße vor:

–        Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4, Art. 11 Abs. 1, Art. 7 Abs. 4, Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinie 93/37 bei der Vergabe der Aufträge Nr. 1 und Nr. 3 dieser Vorhabengruppe, weil diese Aufträge künstlich geschaffene Teile eines rechtswidrig aufgeteilten öffentlichen Auftrags sind, im Amtsblatt nicht veröffentlicht wurden und ein unzulässiges „Präadjudikationsverfahren“ sowie diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsahen;

–        Verstoß gegen Art. 7 Abs. 4, Art. 6 Abs. 6 und Art. 30 der Richtlinie 93/37 bei der Vergabe von Auftrag Nr. 4 dieser Vorhabengruppe, weil dieser Auftrag ein unzulässiges „Präadjuikationsverfahren“ sowie diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsah;

–        Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3, Art. 15 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1, Art. 36 und Art. 37 der Richtlinie 92/50 bei der Vergabe der Aufträge Nr. 2 und Nr. 5 dieser Vorhabengruppe, weil diese Aufträge im Amtsblatt nicht veröffentlicht wurden und diskriminierende und regelwidrige Kriterien vorsahen.

132    Nach Anhang II Art. H Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 und Abs. 3 der Verordnung Nr. 1164/94 müssen die Entscheidungen der Kommission, mit denen Finanzkorrekturen verhängt werden, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Bei der Festsetzung des Korrekturbetrags berücksichtigt die Kommission die Art der Unregelmäßigkeit oder der Änderung sowie den Umfang der möglichen finanziellen Auswirkungen etwaiger Mängel der Verwaltungs- oder Kontrollsysteme.

133    Hierbei ist daran zu erinnern, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört. Er verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Italien/Kommission, T‑308/05, Slg. 2007, II‑5089, Randnr. 153 und die dort angeführte Rechtsprechung).

134    In Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist insbesondere noch darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtungen, deren Einhaltung für das ordnungsgemäße Funktionieren eines Unionssystems von grundlegender Bedeutung ist, mit dem Verlust eines durch die Unionsregelung verliehenen Anspruchs, etwa eines Anspruchs auf einen finanziellen Zuschuss, geahndet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 26. September 2002, Sgaravatti Mediterranea/Kommission, T‑199/99, Slg. 2002, II‑3731, Randnrn. 134 und 135, und vom 19. November 2008, Griechenland/Kommission, T‑404/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

135    Zum Kohäsionsfonds ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 12 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1164/94 in erster Linie die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Vorhaben tragen und insbesondere gehalten sind, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die ordnungsgemäße Verwendung der europäischen Fonds sicherzustellen, um darüber zu wachen, dass die Vorhaben in Übereinstimmung mit allen geltenden Unionsvorschriften verwaltet werden, um Unregelmäßigkeiten zu verhüten und aufzudecken und um sicherzustellen, dass in den Mitgliedstaaten Verwaltungs- und Kontrollsysteme existieren und ordnungsgemäß funktionieren, damit die europäischen Fonds ordnungsgemäß und effizient verwendet werden.

136    Nach dem in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1164/94 zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, dass die finanzierten Vorhaben in Einklang mit den Bestimmungen der Verträge, den aufgrund der Verträge erlassenen Rechtsakten und den Unionspolitiken stehen müssen, trägt das Budget der Union allein Ausgaben, die in Einklang mit den Regeln der Union und mit den aufgrund dieser Regeln erlassenen Rechtsakten getätigt wurden. Folglich ist die Kommission, sobald sie einen Verstoß gegen das Unionsrecht bei den Zahlungen eines Mitgliedstaats aufdeckt, gehalten, die von diesem vorgelegten Abrechnungen zu berichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, Griechenland/Kommission, T‑81/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1368/2002 wird die Höhe der Finanzkorrekturen, die die Kommission gemäß Anhang II Art. H Abs. 2 der Verordnung Nr. 1164/94 für einzelne oder systematische Unregelmäßigkeiten vornimmt, soweit möglich und ausführbar, auf der Grundlage einzelner Dossiers ermittelt und entspricht, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, dem Betrag, der dem Fonds zu Unrecht belastet wurde. Nach Art. 17 Abs. 2 kann die Kommission, wenn eine genaue Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit nicht möglich oder ausführbar ist oder wenn es unverhältnismäßig wäre, die betreffenden Ausgaben ganz zu streichen, ihre Finanzkorrekturen auf eine Extrapolation oder einen Pauschalsatz stützen.

138    Insoweit ist auch noch daran zu erinnern, dass aus Abschnitt 1 der Leitlinien 2002 (vgl. vorstehend Randnr. 12) hervorgeht, dass durch die Finanzkorrekturen eine Situation wiederhergestellt werden soll, bei der 100 % der zur Kofinanzierung durch den Kohäsionsfonds erklärten Ausgaben mit der einschlägigen Unionsregelung übereinstimmen.

139    Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt worden, dass die Kommission zutreffend bestimmte Unregelmäßigkeiten festgestellt hat, die Verstöße der spanischen Behörden gegen die Vorschriften über die Vergabe der öffentlichen Aufträge beim Andévalovorhaben und bei den Vorhabengruppen Guadalquivir und Granada und Málaga betreffen, die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehen (vgl. vorstehend Randnrn. 98 und 121). Es ist festzustellen, dass diese Unregelmäßigkeiten das Verfahren zur Erteilung des Zuschlags der öffentlichen Aufträge, die sich auf dieses Vorhaben und diese Vorhabengruppen bezogen, entscheidend beeinflusst haben.

140    Unter diesen Bedingungen war die Kommission, nachdem sie den Verstoß gegen die die Vergabe öffentlicher Aufträge regelnden Unionsbestimmungen aufgedeckt hatte, gehalten, die erforderlichen Finanzkorrekturen durchzuführen, um eine Situation wiederherzustellen, bei der 100 % der zur Kofinanzierung durch den Kohäsionsfonds erklärten Ausgaben mit der Unionsregelung auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge übereinstimmen, und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

141    Zu den Berechnungsmodalitäten der Finanzkorrekturen geht aus dem 137. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission zunächst der Auffassung war, dass angesichts der Umstände des Einzelfalls eine Korrektur, die in der Streichung sämtlicher Ausgaben für die fraglichen Vorhaben bestanden hätte, eine in Bezug zur Schwere der aufgedeckten Unregelmäßigkeiten unverhältnismäßige Strafe gewesen wäre. Sodann war sie der Auffassung, dass in Anbetracht der Tatsache, dass eine genaue Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit nicht möglich oder ausführbar sei, es angebracht sei, die Korrekturen auf der Grundlage eines Pauschalsatzes vorzunehmen.

142    Hierbei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach den Leitlinien 2007 (vgl. vorstehend Randnr. 12) für Aufträge, die von den europäischen Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge erfasst werden, folgende spezifischen Sätze je nach Art der Unregelmäßigkeit anzuwenden sind:

–        eine Finanzkorrektur von 25 % des Betrags des beanstandeten Auftrags bei Verfahrensfehlern im Hinblick auf die Publizität;

–        eine Finanzkorrektur von 25 % des Betrags des beanstandeten Auftrags bei Anwendung rechtswidriger Zuschlagskriterien. Dieser Betrag kann je nach Schwere des Regelverstoßes auf 10 % oder 5 % herabgesetzt werden;

–        eine Finanzkorrektur von 25 % des Betrags des beanstandeten Auftrags, falls der Auftrag im offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben wurde, der öffentliche Auftraggeber aber während des Vergabeverfahrens mit den Bietern verhandelt. Dieser Betrag kann je nach Schwere des Regelverstoßes auf 10 % oder 5 % herabgesetzt werden.

143    Sodann sind nach den Leitlinien 2007 für Aufträge, die von den europäischen Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge nicht erfasst werden, folgende spezifischen Sätze je nach Art der Unregelmäßigkeit anzuwenden:

–        eine Finanzkorrektur von 25 % des Betrags des beanstandeten Auftrags bei Nichteinhaltung eines angemessenen Grades an Publizität und Transparenz;

–        eine Finanzkorrektur von 25 % des Auftragsbetrags beim Fehlen angemessener Wettbewerbsbedingungen für den genannten Auftrag;

–        eine Finanzkorrektur von 10 % des Auftragsbetrags bei Anwendung rechtswidriger Zuschlagskriterien. Dieser Betrag kann je nach Schwere des Regelverstoßes auf 5 % herabgesetzt werden;

–        eine Finanzkorrektur von 10 % bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Dieser Betrag kann je nach Schwere des Regelverstoßes auf 5 % herabgesetzt werden.

144    Es ist daran zu erinnern, dass das fragliche Organ dadurch, dass es Normen für die Verwaltungspraxis, die Außenwirkungen entfalten sollen, erlassen und durch ihre Veröffentlichung angekündigt hat, dass es sie von nun an auf die von diesen Normen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung seines Ermessens beschränkt und nicht von diesen Normen abweichen kann, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes geahndet würde. Daher ist nicht auszuschließen, dass derartige Verhaltensnormen mit allgemeiner Geltung unter bestimmten Voraussetzungen und je nach ihrem Inhalt Rechtswirkungen entfalten können und dass insbesondere die Verwaltung von ihnen im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie der Gleichbehandlung oder dem Vertrauensschutz vereinbar sind, sofern ein solches Vorgehen nicht gegen andere höherrangige Vorschriften des Unionsrechts verstößt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 209 bis 211, und Urteil des Gerichts vom 7. November 2007, Deutschland/Kommission, T‑374/04, Slg. 2007, II‑4431, Randnr. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

145    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die von der Kommission vorgenommenen Finanzkorrekturen (vgl. vorstehend Randnrn. 54 bis 56) in ihrer Höhe denjenigen entsprechen, die in den Leitlinien 2007 aufgeführt worden sind, und dass daher entgegen dem Vorbringen des Königreichs Spanien insofern der Kommission nicht der Vorwurf fehlender Transparenz gemacht werden kann, als sie die Sätze eingehalten hat, die sie sich selbst vorgegeben hat.

146    Des Weiteren ist das Vorbringen des Königreichs Spanien zurückzuweisen, wonach die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie im Widerspruch zu den Leitlinien 2002 kumulierte Korrekturen angewandt habe.

147    Hierbei ist vorab daran zu erinnern, dass Abschnitt 2.5 Abs. 3 der Leitlinien 2002, worauf das Königreich Spanien zu Recht hinweist, bestimmt, dass mehrere pauschale Korrekturen bei ihrer Anwendung nicht kumuliert werden dürfen. Im Wesentlichen sieht dieser Abschnitt vor, dass die Finanzkorrektur, die die gravierendste Unregelmäßigkeit eines bestimmten öffentlichen Auftrags betrifft, insofern als einzige anzuwenden ist, als diese Unregelmäßigkeit ein Indikator für das insgesamt bei diesem Auftrag gegebene Risiko ist.

148    Es ist festzustellen, dass die Kommission, wie aus dem einzigen Anhang (Finanzkorrektursynthese/Erstattungen für die Vorhabengruppen) der angefochtenen Entscheidung hervorgeht (vgl. auch vorstehend Randnrn. 54 bis 56), die Finanzkorrekturen, die sich aus den unterschiedlichen Verstößen bei demselben öffentlichen Auftrag ergeben, nicht kumuliert hat. Vielmehr hat sie für jeden der fraglichen öffentlichen Aufträge als Referenzwert die kostspieligste Finanzkorrektur zugrunde gelegt und die ihn betreffenden Finanzkorrekturen in dieser aufgehen lassen. Dies führte zu einer Verringerung des Endbetrags der auf die fraglichen öffentlichen Aufträge anwendbaren Finanzkorrekturen und kam daher den spanischen Behörden zugute. Unter diesen Umständen fehlt es dem Argument des Königreichs Spanien, wonach die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie im Widerspruch zu den Leitlinien 2002 kumulierte Korrekturen vorgenommen habe, an tatsächlicher Grundlage.

149    Schließlich macht das Königreich Spanien geltend, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie nicht gemäß Abschnitt 2.4 der Leitlinien 2002 berücksichtigt habe, dass die spanischen Behörden, nachdem ihnen die festgestellten Unregelmäßigkeiten notifiziert worden seien, bei späteren Aufträgen ihre Praxis geändert habe. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass das Königreich Spanien für sein Vorbringen keinen Beweis vorgelegt hat. Sodann ändert, selbst wenn diese Änderung der Praxis bewiesen wäre, dies nichts an der Tatsache, dass für die fraglichen Aufträge bereits auf der Grundlage einer regelwidrigen Anwendung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge der Zuschlag erteilt worden war, so dass sich die Vornahme der Finanzkorrekturen als notwendig erwies, um diese regelwidrige Lage zu beheben. Folglich konnte diese spätere Änderung der Praxis keine Auswirkung auf die fraglichen Aufträge haben, für die eine Kofinanzierung des Kohäsionsfonds beantragt worden war.

150    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

151    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

152    Da das Königreich Spanien unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

Azizi

Frimodt Nielsen

Kancheva

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Mai 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.