Language of document : ECLI:EU:T:2014:608

URTEIL DES GERICHTS (Siebte erweiterte Kammer)

3. Juli 2014(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Begründungspflicht – Beurteilungsfehler – Zeitliche Staffelung der Wirkungen einer Nichtigerklärung“

In der Rechtssache T‑565/12

National Iranian Tanker Company mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigte: R. Chandrasekera, S. Ashley, C. Murphy, Solicitors, M. Lester, Barrister, und D. Wyatt, QC,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Boelaert und M. Bishop als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/635/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 282, S. 58), soweit der Name der Klägerin in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) aufgenommen wurde, sowie der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 282, S. 16), soweit diese Verordnung die Klägerin betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude (Berichterstatter), der Richterinnen I. Wiszniewska-Białecka und M. Kancheva sowie der Richter C. Wetter und I. Ulloa Rubio,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die National Iranian Tanker Company, ist eine iranische Gesellschaft, die auf die Beförderung von aus Rohöl und Gas bestehenden Ladungen spezialisiert ist. Sie betreibt eine der weltweit größten Doppelhüllen-Öltankerflotten.

2        Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen einstellt.

3        Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) nahm am 9. Juni 2010 die Resolution 1929 (2010) (im Folgenden: Resolution 1929) an, durch die der Geltungsbereich der mit den Resolutionen 1737 (2006), 1747 (2007) und 1803 (2008) des Sicherheitsrats verhängten restriktiven Maßnahmen ausgeweitet und weitere restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran eingeführt werden sollten.

4        Der Europäische Rat brachte am 17. Juni 2010 seine wachsende Besorgnis über das iranische Nuklearprogramm zum Ausdruck und begrüßte die Annahme der Resolution 1929. Unter Hinweis auf seine Erklärung vom 11. Dezember 2009 ersuchte der Europäische Rat den Rat der Europäischen Union, Maßnahmen zur Umsetzung der in der Resolution 1929 vorgesehenen Maßnahmen sowie Begleitmaßnahmen zu erlassen, damit alle noch bestehenden Bedenken in Bezug auf die Entwicklung sensibler Technologien durch die Islamische Republik Iran zur Unterstützung ihrer Nuklear- und Trägerraketenprogramme auf dem Verhandlungsweg ausgeräumt werden könnten. Diese Maßnahmen sollten sich auf folgende Bereiche konzentrieren: den Handel, den Finanzsektor, den iranischen Verkehrssektor, Schlüsselbranchen der Gas- und Ölindustrie sowie die zusätzlich benannten Personen und Einrichtungen, insbesondere das Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

5        Am 26. Juli 2010 erließ der Rat den Beschluss 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39), dessen Anhang II die Personen und – andere als die vom Sicherheitsrat oder vom Sanktionsausschuss, der durch die Resolution 1737 (2006) geschaffen worden ist, genannten, in Anhang I erfassten – Einrichtungen auflistet, deren Vermögen eingefroren sind. Sein 22. Erwägungsgrund bezieht sich auf die Resolution 1929 und erwähnt, dass in dieser Resolution vom potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Kenntnis genommen wird.

6        Am 23. Januar 2012 erließ der Rat den Beschluss 2012/35/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 19, S. 22). Sein achter Erwägungsgrund weist auf den potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten hin, und es wird ferner festgestellt, dass die chemischen Apparate und Stoffe, die für die petrochemische Industrie benötigt werden, zahlreiche Gemeinsamkeiten mit denen aufweisen, die für bestimmte sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf erforderlich sind, wie dies in der Resolution 1929 hervorgehoben wird.

7        Art. 1 Abs. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 fügte Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 folgenden Buchstaben hinzu, der das Einfrieren von Geldern folgender Personen und Einrichtungen vorsieht:

„c)      weitere, nicht in Anhang I erfasste Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen, und mit ihnen verbundene Personen und Einrichtungen gemäß der Auflistung in Anhang II.“

8        Im Anschluss daran erließ der Rat am 23. März 2012 im Rahmen des AEU-Vertrags die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1). Zur Umsetzung des Art. 1 Abs. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 sieht Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung das Einfrieren von Geldern von in seinem Anhang IX aufgelisteten Personen, Einrichtungen und Organisationen vor, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie

„d)      sonstige Personen, Einrichtungen oder Organisationen sind, die die iranische Regierung beispielsweise finanziell, logistisch oder materiell unterstützen, oder die mit ihnen in Verbindung stehen“.

9        Mit an die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gerichteten Schreiben vom 10. August, 14. September und 10. Oktober 2010 brachte die Klägerin u. a. ihre Besorgnis im Hinblick auf die Auswirkungen des in Art. 12 des Beschlusses 2010/413 vorgesehenen Verbots der Bereitstellung von Versicherungen oder Rückversicherungen an die iranische Regierung für ihre Flotte zum Ausdruck. In ihrem oben genannten Schreiben vom 10. August 2010 wies sie darauf hin, dass sie im Jahr 2000 privatisiert worden sei.

10      Außerdem bestritt die Klägerin in einem an die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gerichteten Schreiben vom 19. Januar 2012 die in einem Artikel der auf die maritime Industrie spezialisierten Tageszeitung Lloyd’s List dargestellten Umstände, die am Vorabend unter dem Titel „NITC to be targeted by sanctions“ (National Iranian Tanker Company Ziel von Sanktionen) im Internet verbreitet worden waren. Die Klägerin verneinte in dieser Hinsicht jeden Zusammenhang mit dem iranischen Nuklearprogramm. Ihre Tanker würden nicht für die Beförderung von verbotenem Material in Verbindung mit diesem Programm benutzt. Ferner unterhielten weder die Klägerin noch ihr Präsident, noch ihre Aktionäre Verbindungen zum Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

11      Am 15. Oktober 2012 erließ der Rat den Beschluss 2012/635/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 282, S. 58, im Folgenden: angefochtener Beschluss). Dem 16. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zufolge sollten die Namen weiterer Personen und Einrichtungen in die Liste der Namen der Personen und Einrichtungen, die gemäß Anhang II des Beschlusses 2010/413 restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen werden, insbesondere Einrichtungen, deren Geschäftstätigkeit im Öl- und Gasbereich liegt und die sich im Eigentum des iranischen Staates befinden, da diese Einrichtungen eine wesentliche Einnahmequelle des iranischen Staates sind.

12      Art. 1 Abs. 8 Buchst. a des Beschlusses 2012/635 änderte Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413, der nunmehr bestimmt, dass Gegenstand restriktiver Maßnahmen

„c)      andere Personen und Einrichtungen [sind], die nicht unter Anhang I fallen, die die Regierung des Iran unterstützen, und Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen oder Personen und Einrichtungen, die mit ihnen in Verbindung stehen; diese sind in Anhang II aufgeführt“.

13      Art. 2 des Beschlusses 2012/635 nahm den Namen der Klägerin in die Tabelle des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 auf, die die Liste der Namen der „Personen und Einrichtungen, die an nuklearen Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen beteiligt sind, und Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen“, beinhaltet.

14      Infolgedessen erließ der Rat am selben Tag die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 zur Durchführung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. L 282, S. 16, im Folgenden: angefochtene Verordnung). Art. 1 dieser Verordnung nahm den Namen der Klägerin in die Tabelle des Anhangs IX auf, die die Liste der Namen der „Personen und Einrichtungen, die an nuklearen Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen beteiligt sind, und Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen“, beinhaltet.

15      Der Name der Klägerin wurde aus folgenden Gründen in die Liste aufgenommen: „Unternehmen, das in Wirklichkeit von der iranischen Regierung kontrolliert wird. Stellt über seine Aktionäre, die über enge Verbindungen zur iranischen Regierung verfügen, finanzielle Unterstützung für diese bereit.“

16      Der angefochtene Beschluss und die angefochtene Verordnung wurden der Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 mitgeteilt, in dem der Rat auf ihre Möglichkeit aufmerksam machte, Stellung zu nehmen und ihn aufzufordern, seine Position noch einmal zu überprüfen.

17      Mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 focht die Klägerin die Eintragung ihres Namens in die Listen durch den angefochtenen Beschluss und die angefochtene Verordnung an und forderte den Rat auf, ihr genauere Informationen zu den Gründen für diese Eintragung sowie die Beweise mitzuteilen, auf die er sich gestützt habe.

18      Der Rat antwortete mit einem Schreiben vom 12. März 2013, dem Kopien der Auszüge ihrer Akte beigefügt waren. In diesem Schreiben machte der Rat deutlich, dass er über keine weiteren die Klägerin betreffenden Dokumente oder Informationen verfüge.

 Verfahren und Anträge der Parteien

19      Mit Klageschrift, die am 27. Dezember 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

20      Infolge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Siebten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. Auf Vorschlag der Siebten Kammer hat das Gericht beschlossen, die Rechtssache einer erweiterten Kammer zuzuweisen.

21      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss und die angefochtene Verordnung mit sofortiger Wirkung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

22      Der Rat beantragt,

–        die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

23      Mit Schriftsatz, der am 23. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf prozessleitende Maßnahmen und auf Beweisaufnahme gestellt. Mit Schriftsatz, der am 19. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat zu diesem Antrag Stellung genommen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

24      Der Rat zieht die Zulässigkeit der vorliegenden Klage in Zweifel, ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben. Da die Klägerin vollständig vom iranischen Staat kontrolliert werde, müsse sie als eine öffentliche Einrichtung angesehen werden. Die Klägerin sei daher als Einrichtung des iranischen Staates nicht zur Erhebung einer Klage befugt gewesen, um eine Verletzung des Eigentumsrechts oder anderer Grundrechte geltend zu machen. Der Rat unterscheidet in dieser Hinsicht zum einen zwischen bestimmten für Staaten geltenden Verfahrensrechten und zum anderen den Grundrechten, die den Staaten nicht zugutekämen.

25      Diese Unzulässigkeitsreinrede gelte für alle geltend gemachten Klagegründe, denn die vorliegende Klage sei in Wahrheit auf die Nichtigerklärung des Einfrierens von Geldern gerichtet, was eine – berechtigte – Beeinträchtigung des Eigentumsrechts darstelle. Daher sei es ohne Bedeutung, dass sich nicht alle Klagegründe speziell auf dieses Recht bezögen.

26      Der Rat bezieht sich zur Stützung dieser Unzulässigkeitseinrede u. a. auf Art. 34 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), der die zur Erhebung einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte berechtigten Personen festlege und der die Regierungsorganisationen vom Zugang zu diesem Gerichtshof ausschließe. Der Zweck des Art. 34 EMRK besteht nach Auffassung des Rates in der Natur der Grundrechte, deren Beachtung vom Staat im Hinblick auf die seiner Hoheitsgewalt unterstehenden natürlichen und juristischen Personen im Sinne der EMRK sichergestellt werden müsse. Einem Staat oder einer Einrichtung eines Staates könnten infolgedessen keine Grundrechte zugutekommen, denn ein souveräner Staat unterstehe nicht der Hoheitsgewalt eines anderen Staates.

27      Nach Auffassung der Klägerin sind ihre Klage und sämtliche von ihr geltend gemachten Klagegründe zulässig.

28      Hierzu genügt der Hinweis, dass das Argument des Rates, wonach sich die Klägerin als Einrichtung des iranischen Staates nicht auf das Eigentumsrecht berufen könne, der Überprüfung der Begründetheit des vierten Klagegrundes unterliegt, mit dem u. a. die Verletzung des Eigentumsrechts gerügt wird, und nicht derjenigen der Zulässigkeit der vorliegenden Klage oder der Zulässigkeit dieses Klagegrundes (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, Rn. 51).

29      Daher ist die vorliegende Klage für zulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

30      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin vier Klagegründe geltend. Als ersten Klagegrund führt sie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler an. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund wird eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gerügt. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie eine Verletzung der Grundrechte der Klägerin, u. a. ihr Recht auf Schutz ihres Eigentums, ihres Unternehmens und ihres Rufes, geltend gemacht.

31      Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst den zweiten Klagegrund zu prüfen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

32      Die Klägerin trägt vor, ihre Eintragung sei nicht ausreichend begründet. Sie behauptet, die in dem angefochtenen Beschluss und in der angefochtenen Verordnung vorgebrachten Gründe seien vage und erfüllten nicht das Erfordernis einer besonderen und konkreten Begründung. Außerdem wirft die Klägerin dem Rat vor, in der Klagebeantwortung neue Gründe für die Eintragung vorzutragen, die in keinem Zusammenhang mit dem juristischen Kriterium der Bereitstellung einer finanziellen Unterstützung stünden.

33      Der Rat seinerseits macht geltend, im allgemeinen, der Klägerin wohlbekannten Kontext ermöglichten ihr die in dem angefochtenen Beschluss und in der angefochtenen Verordnung vorgebrachten Gründe, die besonderen und konkreten Gründe für ihre Eintragung zu verstehen, und erfüllten somit die Anforderungen an die Begründungspflicht. Seit dem 1. Juli 2012 sei offenkundig, dass die Behörden der Europäischen Union im Anschluss an das durch den Beschluss 2012/35 eingeführte Verbot, iranisches Öl in die Mitgliedstaaten der Union einzuführen und eine Seeversicherung u. a. im Hinblick auf die Beförderung von iranischem Rohöl bereitzustellen, die Aktivitäten der Klägerin überwachten. Im Laufe der der Eintragung des Namens der Klägerin vorangegangenen Monate habe eine Reihe von Presseartikeln den Zusammenhang zwischen der iranischen Regierung und der Klägerin sowie den Aktivitäten der Klägerin zur Umgehung der restriktiven Maßnahmen, u. a. bei der Erlangung von Versicherungsleistungen bei Gesellschaften aus Drittstaaten mit Hilfe der Registrierung ihrer Tanker unter Flaggen von Drittstaaten, nachgewiesen.

34      Die Schreiben, die die Klägerin vor der Eintragung ihres Namens in die Listen an die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gerichtet habe, u. a. das Schreiben vom 19. Januar 2012 (vgl. oben, Rn. 10), bestätigten, dass die Betroffene von diesem allgemeinen Kontext Kenntnis gehabt habe.

35      Nach ständiger Rechtsprechung dient die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassenen Maßnahmen entnehmen und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil Rat/Bamba, Rn. 50).

37      Im Hinblick auf die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassenen restriktiven Maßnahmen ist sodann hervorzuheben, dass der Erfüllung der Begründungspflicht, da dem Betroffenen vor dem Erlass eines Ausgangsbeschlusses über die Eintragung kein Anhörungsrecht zusteht, umso größere Bedeutung zukommt, als sie die einzige Gewähr dafür bietet, dass der Betroffene zumindest nach dem Erlass eines solchen Beschlusses die ihm zur Überprüfung von dessen Rechtmäßigkeit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe sachgerecht in Anspruch nehmen kann (Urteil Rat/Bamba, Rn. 51, und Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, „OMPI I“, T‑228/02, Slg. 2006, II‑4665, Rn. 140).

38      Die Begründung eines Rechtsakts des Rates, mit dem eine restriktive Maßnahme verhängt wird, muss daher nicht nur die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme nennen, sondern auch die besonderen und konkreten Gründe, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen sei (vgl. in diesem Sinne Urteile Rat/Bamba, Rn. 52, und OMPI I, Rn. 146, sowie Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg. 2009, II‑3967, Rn. 83).

39      Die Begründung muss allerdings der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (Urteile Rat/Bamba, Rn. 53 und 54, OMPI I, Rn. 141, und Bank Melli Iran/Rat, Rn. 82).

40      Im vorliegenden Fall stützt sich die Eintragung des Namens der Klägerin in die Listen auf die beiden folgenden Gründe. Die Klägerin werde „in Wirklichkeit von der iranischen Regierung kontrolliert“. Sie „[stelle] über ihre Aktionäre, die über enge Verbindungen zur iranischen Regierung verfügen, finanzielle Unterstützung für diese [bereit]“.

41      Im Hinblick auf die Frage, ob diese Begründung die Rechtsgrundlage für die vom Rat gegen die Klägerin erlassene Maßnahme nennt, ergibt sich in Übereinstimmung mit der in Rn. 38 genannten Rechtsprechung aus dem zweiten der beiden vom Rat vorgetragenen Gründe, dass sich dieser auf das in Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 definierte und in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 präzisierte juristische Kriterium der Bereitstellung einer finanziellen Unterstützung für die iranische Regierung gestützt hat (vgl. oben, Rn. 7 und 8). Außerdem gibt diese Begründung deutlich an, dass nach Auffassung des Rates eine solche finanzielle Unterstützung aus Verbindungen resultiert, die die Aktionäre der Klägerin mit der iranischen Regierung unterhielten.

42      Jedoch ermöglicht − worauf die Klägerin hinweist − der erste Grund, wonach sie in Wirklichkeit von der iranischen Regierung kontrolliert werde, isoliert betrachtet nicht, das juristische Kriterium zu nennen, auf das er sich stützt. Dieser Grund muss infolgedessen gemeinsam mit dem zweiten Grund überprüft werden.

43      Hinsichtlich der Frage, ob die gemeinsame Überprüfung der beiden Gründe die Überlegungen des Rates rechtlich hinreichend erkennen lässt, ist als Erstes anzumerken, dass diese Gründe im allgemeinen Kontext der vom Rat gegen die Islamische Republik Iran getroffenen Maßnahmen gewürdigt werden müssen (vgl. oben, Rn. 39). Wie der 22. Erwägungsgrund des Beschlusses 2010/413 (vgl. oben, Rn. 5) sowie der 16. Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/635 (vgl. oben, Rn. 11) in dieser Hinsicht darlegen, hat der Rat einen Zusammenhang zwischen den aus dem Öl- und Gasbereich stammenden Einnahmen zum einen und der Finanzierung der Aktivitäten der nuklearen Proliferation zum anderen hergestellt. Da die Klägerin in diesem Bereich als Beförderer für Öl und Gas aktiv ist, hätte sie verstehen können, dass die von der Begründung des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung erfasste finanzielle Unterstützung diesen besonderen Zusammenhang betraf.

44      Wie der Rat zu Recht feststellt, war der Klägerin vollkommen die Absicht des Rates bewusst, ihren Namen in die Liste der mit einer Sanktion belegten Personen und Einrichtungen aufzunehmen. Die Klägerin hat sich nämlich bereits vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung an den Rat gewendet, um ihm ihre Besorgnis im Hinblick auf die Auswirkungen einer möglichen Eintragung mitzuteilen (vgl. oben, Rn. 9 und 10). Daraus ergibt sich, dass die Klägerin die vom Rat gegen die Islamische Republik Iran umgesetzte Politik aus der Nähe verfolgte und dass sie daher über den Zusammenhang informiert gewesen sein musste, den der Rat zwischen den aus dem Öl- und Gasbereich stammenden Einnahmen zum einen und der Finanzierung des iranischen Nuklearprogramms zum anderen festgestellt hatte.

45      Wenn es zweitens zwar zutrifft, dass die vom Rat genannten besonderen Gründe zur Rechtfertigung der Eintragung des Namens der Klägerin insoweit lapidar sind, als sie weder die Art der finanziellen Unterstützung, die die Klägerin der iranischen Regierung bereitgestellt haben soll, noch die Natur der Verbindungen näher angeben, die angeblich zwischen ihr und ihren Aktionären bestehen, so ermöglichten diese Erklärungen es jedoch der Klägerin, zu verstehen, dass es sich um eine Unterstützung handelte, die durch ihre Aktionäre bereitgestellt wurde.

46      Zwar beruft sich die Klägerin darauf, dass ihre Aktionäre aufgrund ihrer Privatisierung im Jahr 2000 keine Verbindungen mehr mit der iranischen Regierung unterhielten. Dieses Argument betrifft jedoch die Beurteilung der Begründetheit der vom Rat angeführten Gründe und nicht die Frage, ob diese Gründe die Anforderungen des Art. 296 AEUV erfüllen. Die Frage der Begründung, bei der es sich um ein wesentliches Formerfordernis handelt, ist nämlich eine andere als die Frage des Nachweises des vorgeworfenen Verhaltens, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des fraglichen Rechtsakts gehört und bei der zu prüfen ist, ob die in diesem Rechtsakt angegebenen Tatsachen zutreffen und als Umstände einzustufen sind, die die Anwendung restriktiver Maßnahmen gegen die betreffende Person rechtfertigen (Urteil Rat/Bamba, Rn. 60).

47      Angesichts des allgemeinen Kontextes, in dem der angefochtene Beschluss und die angefochtene Verordnung erlassen worden sind, ist infolgedessen festzustellen, dass die vom Rat zur Rechtfertigung der Eintragung des Namens der Klägerin in die Listen der mit einer Sanktion belegten Personen und Einrichtungen vorgebrachten Gründe mit den Anforderungen des Art. 296 AEUV übereinstimmen und dass der zweite Klagegrund daher zurückzuweisen ist.

 Zum ersten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler

48      Die Klägerin macht geltend, sie werde nicht von der iranischen Regierung kontrolliert und sie stelle ihr keine finanzielle Unterstützung bereit. Ihre Aktionäre, private Pensionsfonds, deren Namen überdies bei ihrer eigenen Eintragung nicht in die Listen aufgenommen worden seien, hätten nach ihrer Kenntnis keine Verbindung mit der iranischen Regierung. Die Klägerin sei im Jahr 2000 privatisiert worden, und ihre wirtschaftlichen Eigentümer (beneficial owners) seien fünf Millionen iranische Pensionäre. Sie mache auf jeden Fall Verluste, und sie habe an ihre Aktionäre seit 2010 keine Dividenden ausgezahlt.

49      Die Presseartikel, die der Rat als „Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen“ anführe, könnten nicht vom Gericht berücksichtigt werden, weil aus dem Schreiben des Rates vom 12. März 2013 hervorgehe, dass sie vom Rat bei der Eintragung ihres Namens in die Listen nicht berücksichtigt worden seien.

50      Der Rat hält das Kriterium betreffend die Bereitstellung einer Unterstützung für die iranische Regierung durch die Klägerin für erfüllt. Als Erstes sei mit dem Beschluss der Union, die Einfuhr von iranischem Öl zu verbieten, beabsichtigt, der Islamischen Republik Iran Einnahmen aus dem Geschäft mit Öl zu versagen, die 70 % der Einnahmen dieses Staates darstellten, um auf ihn Druck auszuüben, damit er sein Nuklearprogramm stoppe. Die Klägerin habe jedoch fast die Hälfte des im Iran im Jahr 2011 produzierten Rohöls befördert, was insbesondere durch einen Artikel des Institute for the Study of War (Institut für Kriegsstudien) vom 16. April 2012 und durch einen Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika vom 10. Januar 2013 bestätigt werde (Anlagen 3 und 18 der Klagebeantwortung).

51      Im Hinblick auf die Kapitalstruktur der Klägerin merkt der Rat als Zweites an, er habe sich auf die von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen gestützt, die durch Daten aus allgemein zugänglichen Quellen erhärtet worden seien, wonach 33 % dieses Kapitals vom State Pension Fund, 33 % vom Social Security Retirement Fund und 33 % vom National Iranian Oil Company (im Folgenden: NIOC) Pension and Savings Fund gehalten würden. Die von der Klägerin unterbreiteten Erläuterungen, u. a. in dem der Klageschrift beigefügten Sachverständigenbericht (Anlage 3), ermöglichten nicht, zu widerlegen, dass die Klägerin in Wirklichkeit vom iranischen Staat kontrolliert werde. Dieser Bericht belege nämlich nur, dass 66 % des Kapitals der Klägerin im Jahr 2000 auf zwei private Einrichtungen übertragen worden seien und dass die Klägerin seitdem vollständig privatisiert worden sei, ohne die Namen der Erwerber zu nennen. Die wirkliche Eigentumsstruktur der Klägerin sei daher absichtlich undurchsichtig. Auf jeden Fall seien die Aktionäre der Klägerin Pensionsfonds des Staates, die somit die Klägerin kontrollierten und Gewinne aus dieser Gesellschaft über den Umweg ihrer Aktionäre erzielten.

52      Zudem sei im Januar 2012 der Präsident der Klägerin, Herr S., plötzlich durch Herrn B., ehemaliger iranischer Minister für Straßen und Verkehr, ersetzt worden, der enge Verbindungen zum iranischen Präsidenten unterhalte. Außerdem habe die Klägerin versucht, das Eigentum an den Schiffen ihrer Flotte durch Wechsel ihres Namens und ihrer Flagge zu verbergen.

53      Hinsichtlich der Beweise unterstreicht der Rat, seine Behauptungen seien rechtlich durch die der Klägerin auf ihren Antrag mitgeteilten Dokumente aus ihrer Akte und durch die der Klägerin bekannten Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen ausreichend untermauert, die aus den der Klagebeantwortung beigefügten Berichten und Presseartikeln bestünden.

54      In dieser Hinsicht ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Rat über ein gewisses Ermessen verfügt, um im Einzelfall festzustellen, ob die rechtlichen Kriterien, auf die die streitigen restriktiven Maßnahmen gestützt werden, erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2012, Melli Bank/Rat, C‑380/09 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 41, und Urteil des Gerichts vom 6. September 2013, Bateni/Rat, T‑42/12 und T‑181/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 45).

55      Jedoch müssen die Unionsgerichte eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der Unionsrechtsordnung gewährleisten, und zwar auch dann, wenn solche Handlungen der Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen dienen sollen (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2013, Kommission/Kadi, „Kadi II“, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, Rn. 97).

56      Die durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle erfordert insbesondere, dass sich der Unionsrichter, wenn er die Rechtmäßigkeit der einer Entscheidung, den Namen einer bestimmten Person in die Listen aufzunehmen oder darauf zu belassen, zugrunde liegenden Begründung prüft, vergewissert, dass diese Entscheidung auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (Urteil Kadi II, Rn. 119).

57      Im Streitfall ist es Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind. Die vorgelegten Informationen oder Beweise müssen die Gründe stützen, die gegen die betroffene Person vorliegen (Urteil Kadi II, Rn. 121 und 122).

58      Was zweitens das vom Rat während der mündlichen Verhandlung entwickelte Argument angeht, die Verstrickung der Klägerin in den iranischen Öl- und Gasbereich durch ihre Tätigkeit der Beförderung von im Iran hergestellten Rohöl und Gas als solche ermögliche es, zu beweisen, dass die Klägerin der iranischen Regierung finanzielle Unterstützung gewähre, genügt die Feststellung, dass sich die Eintragung des Namens der Klägerin in die Listen auf die Gewährung einer finanziellen Unterstützung an die iranische Regierung durch die angeblichen Verbindungen, die die Aktionäre der Klägerin mit der iranischen Regierung unterhalten, stützt. Die Beförderung des Öls hat jedoch keinen Bezug zu dem angeblichen Bestehen von Verbindungen zwischen den Aktionären der Klägerin und der Regierung. Nach der Rechtsprechung kann die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahmen nur anhand der Sach- und Rechtslage beurteilt werden, auf deren Grundlage sie erlassen wurden. Das Gericht kann sich nämlich nicht der Anregung des Rates anschließen, letztlich die Gründe auszutauschen, auf die diese Rechtsakte gestützt sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. November 2013, North Drilling/Rat, T‑552/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Die vom Rat während der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen, wonach die Klägerin, die eine ehemalige Tochterfirma der NIOC sei, nach ihrer Privatisierung unter der Kontrolle dieses öffentlichen Unternehmens geblieben sei, das vollständig im Besitz des iranischen Staates sei und dessen Name aufgrund der der iranischen Regierung gewährten finanziellen Unterstützung in die Liste der mit einer Sanktion belegten Einrichtungen aufgenommen worden sei, sind ebenfalls zurückzuweisen. Diese Argumentation, die darin besteht, zu bekräftigen, dass die von der Klägerin der iranischen Regierung gewährte finanzielle Unterstützung über eine dritte Gesellschaft, und zwar die NIOC, vorgenommen worden sei, kann nämlich nicht akzeptiert werden. Die Gründe für die Eintragung des Namens der Klägerin beziehen sich nicht auf eine aus Verbindungen zwischen der Klägerin und der NIOC resultierende mittelbare finanzielle Unterstützung, sondern auf eine finanzielle Unterstützung der Klägerin für die iranische Regierung über Verbindungen zwischen den Aktionären der Klägerin und der iranischen Regierung.

60      Soweit die genannten Argumente des Rates darauf abzielen, festzustellen, dass die Klägerin der iranischen Regierung eine mittelbare finanzielle Unterstützung mit Hilfe ihrer maritimen Beförderungstätigkeit von Gas und Öl gewährt, ist außerdem auf jeden Fall festzustellen, dass die anwendbare Vorschrift das Kriterium der Bereitstellung einer finanziellen Unterstützung für die iranische Regierung und nicht das der Bereitstellung einer mittelbaren finanziellen Unterstützung vorsieht. Im Gegensatz zu den Behauptungen des Rates kann der einzige Umstand, dass die Klägerin durch ihre Beförderungstätigkeit in den iranischen Öl- und Gasbereich involviert ist, der eine der Haupteinnahmequellen der iranischen Regierung darstellt, nicht als vom juristischen Kriterium der Bereitstellung einer finanziellen Unterstützung für diese Regierung erfasst betrachtet werden.

61      Im Hinblick auf die Struktur ihres Kapitals führt die Klägerin als Drittes zu Recht aus, die Akte des Rates enthalte keine Beweise. Insbesondere identifizieren weder die von drei Mitgliedstaaten am 19., 24. und 28. September 2012 gemachten Vorschläge, ihren Namen in die Liste aufzunehmen, noch die anderen in dieser Akte enthaltenen Dokumente die Aktionäre der Klägerin, und sie enthalten nicht das geringste Anzeichen, das geeignet ist, die Behauptungen zu untermauern, wonach die Klägerin durch die iranische Regierung kontrolliert werde oder der iranischen Regierung über ihre Aktionäre, die Verbindungen mit der Regierung unterhielten, eine finanzielle Unterstützung gewähre. Die einzigen die Klägerin betreffenden Bestandteile der Akte bestehen aus Behauptungen, die im Wesentlichen in dem angefochtenen Beschluss und in der angefochtenen Verordnung wieder aufgegriffen worden sind.

62      Infolgedessen kann sich der Rat vor dem Gericht zur Untermauerung dieser in den Gründen für die Eintragung des Namens der Klägerin aufgenommenen Behauptungen nicht mit Erfolg auf die oben in den Rn. 51 und 52 zusammengefassten Umstände berufen, soweit diese Argumente nicht in ihre Akte aufgenommen worden sind und soweit sie auch nicht der Klägerin auf ihren Antrag in der Antwort des Rates vom 12. März 2013 mitgeteilt worden sind. Die Berücksichtigung solcher Argumente verstieße nämlich zum einen gegen den Grundsatz, wonach die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte nur anhand der Sach- und Rechtslage beurteilt werden kann, auf deren Grundlage sie erlassen wurden, und zum anderen gegen die Verteidigungsrechte der Klägerin (Urteil Bateni/Rat, Rn. 57). Da die Klägerin die Mitteilung über die neuen Gründe nicht zeitnah erhalten hat, hätte sie nämlich zum einen keine Möglichkeit, ihren Standpunkt hierzu im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wirksam geltend zu machen. Zum anderen wäre sie nicht in der Lage, die Begründung für die Eintragung ihres Namens sowie die Möglichkeit der Klageerhebung zu beurteilen. Dadurch würde der Grundsatz der Gleichheit der Parteien vor dem Unionsrichter beeinträchtigt (vgl. Urteil North Drilling/Rat, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Ebenso geht die Argumentation des Rates, wonach der erneute Austausch des Präsidenten der Klägerin im März 2013 die engen Verbindungen zwischen den Aktionären der Klägerin und der iranischen Regierung bestätige, ins Leere, da sie sich auf Umstände nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung stützt.

64      Somit beinhalten die Umstände, die geeignet sind, vom Gericht berücksichtigt zu werden, keine Anhaltspunkte, die es ermöglichen, die Behauptungen des Rates zu untermauern, wonach die Klägerin von der iranischen Regierung kontrolliert wird und der iranischen Regierung eine finanzielle Unterstützung gewährt.

65      Daraus folgt, dass es für die Eintragung des Namens der Klägerin in die Listen keine Rechtfertigung gibt.

66      Daher ist dem ersten Klagegrund stattzugeben.

67      Aus allen diesen Gründen sind der angefochtene Beschluss und die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären, soweit diese die Klägerin betreffen, ohne dass der dritte und der vierte Klagegrund geprüft zu werden brauchen.

 Zu den zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung

68      Die Klägerin beantragt die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung mit sofortiger Wirkung. Der Beschluss des Rates, ihren Namen in die Listen aufzunehmen, sei dem Wesen nach eine individuelle Entscheidung und nicht eine Verordnung, was durch die Verpflichtung des Rates belegt werde, den betroffenen Personen und Einrichtungen die restriktiven Maßnahmen individuell mitzuteilen. Die Klägerin beruft sich auf das Urteil Bank Melli Iran/Rat (Rn. 86 und 87), in dem das Gericht ausgeführt habe, dass ein Beschluss zur Umsetzung des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) keinen rein normativen Charakter habe, sondern gegenüber den durch diesen Beschluss in Anhang V dieser Verordnung aufgenommenen Namen der Personen oder Einrichtungen eine Einzelfallentscheidung sei.

69      Nach Auffassung der Klägerin sieht Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur die Aufrechterhaltung einer Verordnung und nicht die Aufrechterhaltung eines Beschlusses im Anschluss an ihre Nichtigerklärung durch das Gericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, bis zu dessen Zurückweisung durch den Gerichtshof, vor, um die störenden Wirkungen der Nichtigerklärung allgemeiner, in der gesamten Union anwendbarer Bestimmungen durch das Gericht zu begrenzen, wenn diese Bestimmungen geeignet seien, letztlich im Rahmen eines Rechtsmittels für gültig erklärt zu werden.

70      Der Rat trägt vor, Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs stehe der Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung mit sofortiger Wirkung entgegen. Daher müsse das Gericht auch anordnen, dass die Wirkungen der etwaigen Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses während derselben Frist ausgesetzt werden.

71      Der Rat stützt sich folglich auf eine ständige Rechtsprechung, wonach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs anwendbar sei, soweit die zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung einer Verordnung, wie der Verordnung Nr. 267/2012 zur Verhängung von restriktiven Maßnahmen, durch das Gericht betroffen seien. Der Unionsrichter habe nämlich bisher entschieden, dass die Verordnung Nr. 267/2012 einschließlich ihres Anhangs IX die Rechtsnatur einer Verordnung habe, da ihr Art. 51 Abs. 2 vorsehe, dass sie in allen ihren Teilen verbindlich sei und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelte, was den Wirkungen einer Verordnung entspreche, wie sie in Art. 288 AEUV vorgesehen seien (Urteile des Gerichts Bateni/Rat, Rn. 83, und Iranian Offshore Engineering & Constructions/Rat, T‑110/12, Rn. 74; vgl. entsprechend auch Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C‑548/09 P, Slg. 2011, I‑11381, Rn. 45).

72      Dieses Vorbringen der Klägerin kann nicht durchgreifen.

73      Ohne dass die Frage geprüft zu werden braucht, ob die Entscheidung über die Eintragung des Namens der Klägerin in die streitigen Listen Verordnungscharakter im Sinne von Art. 60 Abs. 2 der Satzung hat, genügt nämlich der Hinweis, dass Art. 264 Abs. 2 AEUV dem Unionsrichter auf jeden Fall ermöglicht, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen des für nichtig erklärten Rechtsakts zu bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. In dieser Hinsicht ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass das Gericht auf der Grundlage dieser Bestimmung über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Nichtigkeitsurteile entscheiden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2013, Nabipour u. a./Rat, T‑58/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 250 und 251).

74      Unter den vorliegend gegebenen Umständen stellt das Gericht aus den nachfolgend dargelegten Gründen fest, dass es notwendig ist, das Wirksamwerden des vorliegenden Urteils bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, bis zu dessen Zurückweisung auszusetzen.

75      Das von der Islamischen Republik Iran durchgeführte Nuklearprogramm ist sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene eine Quelle für starke Beunruhigungen. Unter diesen Umständen hat der Rat schrittweise die Anzahl der restriktiven Maßnahmen gegen diesen Staat erweitert, um der Entwicklung von Aktivitäten ein Hindernis in den Weg zu stellen, die den Frieden und die internationale Sicherheit im Rahmen der Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats gefährden.

76      Somit muss das Interesse der Klägerin an der sofortigen Wirkung des vorliegenden Nichtigkeitsurteils mit der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung abgewogen werden, die von der Politik der Union im Bereich der restriktiven Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran verfolgt wird. Die Änderung der Wirkungen der Nichtigerklärung einer restriktiven Maßnahme im Laufe der Zeit kann sich somit durch die Notwendigkeit rechtfertigen, die Wirksamkeit der restriktiven Maßnahmen zu gewährleisten, und letztlich durch zwingende Gründe der Sicherheit oder der Gestaltung der internationalen Beziehungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten (vgl. entsprechend zur fehlenden Verpflichtung zur vorherigen Mitteilung an den Betroffenen betreffend die Gründe seiner ursprünglichen Eintragung in die Listen Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011, Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, Slg. 2011, I‑13427, Rn. 67).

77      Die Nichtigerklärung der angefochtenen Maßnahmen mit sofortiger Wirkung, soweit sie die Klägerin betreffen, würde der Klägerin ermöglichen, ihr gesamtes Vermögen oder einen Teil ihres Vermögens außerhalb der Union zu schaffen, ohne dass der Rat gegebenenfalls rechtzeitig Art. 266 AEUV anwenden könnte, um den im vorliegenden Urteil festgestellten Unregelmäßigkeiten abzuhelfen, so dass eine ernste und unumkehrbare Beeinträchtigung der Wirksamkeit des gesamten Einfrierens der Gelder drohen würde, das möglicherweise in Zukunft vom Rat gegenüber der Klägerin veranlasst werden könnte. Im Hinblick auf die Anwendung des Art. 266 AEUV im vorliegenden Fall ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sich die Nichtigerklärung der Eintragung des Namens der Klägerin in die Listen durch das vorliegende Urteil aus dem Umstand ergibt, dass die Gründe für diese Aufnahme nicht durch ausreichende Beweise untermauert worden sind (vgl. oben, Rn. 65). Obwohl es Aufgabe des Rates ist, über Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils zu entscheiden, wäre eine erneute Eintragung des Namens der Klägerin nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Der Rat hat nämlich im Rahmen dieser erneuten Prüfung die Möglichkeit, den Namen der Klägerin auf der Grundlage von rechtlich ausreichend gestützten Gründen wieder aufzunehmen.

78      Daraus ergibt sich, dass die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses und der angefochtenen Verordnung gegenüber der Klägerin bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist oder, wenn ein Rechtsmittel in dieser Frist eingelegt worden ist, bis zur Zurückweisung des Rechtsmittels aufrechterhalten werden müssen.

 Kosten

79      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat mit seinem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm, wie von der Klägerin beantragt, deren Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss 2012/635/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran wird für nichtig erklärt, soweit mit ihm der Name der National Iranian Tanker Company in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP aufgenommen wurde.

2.      Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran wird für nichtig erklärt, soweit mit ihr der Name der National Iranian Tanker Company in Anhang IX der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 aufgenommen wurde.

3.      Die Wirkungen des Beschlusses 2012/635 und der Durchführungsverordnung Nr. 945/2012 werden bis zum in Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist oder, wenn ein Rechtsmittel in dieser Frist eingelegt worden ist, bis zur Zurückweisung des Rechtsmittels aufrechterhalten, soweit diese die National Iranian Tanker Company betreffen.

4.      Der Rat der Europäischen Union trägt neben seinen eigenen Kosten die der National Iranian Tanker Company entstandenen Kosten.

van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Kancheva

Wetter

 

      Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Juli 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.