Language of document : ECLI:EU:T:2019:668

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

24. September 2019(*)

„Dumping – Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in China – Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 (jetzt Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Verordnung [EU] 2016/1036) – Status eines Unternehmens, das unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist – Begriff ‚nennenswerte Verzerrung der Produktionskosten und der finanziellen Lage der Unternehmen‘ – Steuervorteile – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

In der Rechtssache T‑586/14 RENV,

Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd mit Sitz in Anhui (China), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Y. Melin,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH mit Sitz in Tschernitz (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. MacLean,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 470/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2014, L 142, S. 1)

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin L. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: F. Oller, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd, ist ein Unternehmen mit Sitz in China, das dort unter die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 470/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2014, L 142, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung) fallendes Solarglas herstellt und dieses in die Europäische Union exportiert.

2        Einzige Aktionärin der Klägerin ist die Xinyi Solar (Hongkong) Ltd, mit Sitz in Hongkong (China), die an der Börse von Hongkong notiert ist.

3        In dem Verfahren, das zum Erlass der angefochtenen Verordnung führte, stellte die Klägerin am 21. Mai 2013 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, im Folgenden: Grundverordnung) (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern [ABl. 2016, L 176, S. 21]) einen Antrag auf Zuerkennung des Status als unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätiges Unternehmen (Marktwirtschaftsstatus, im Folgenden: MWS) im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung (nunmehr Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Verordnung 2016/1036).

4        Die Klägerin reichte am 6. Juni 2013 ihre Antworten zum Antidumping-Fragebogen der Europäischen Kommission ein.

5        Die Klägerin kam am 21. Juni 2013 dem Ersuchen der Kommission um Übermittlung weiterer Informationen nach.

6        Die von der Klägerin im MWS-Antragsformular erteilten Informationen und ihre Antworten zum Fragebogen der Kommission wurden zwischen dem 21. und 26. Juni 2013 am chinesischen Sitz der Klägerin geprüft.

7        Ende Juni 2013 und im Juli 2013 übermittelte die Klägerin in Abstimmung mit der Kommission und gemäß deren Nachfragen weitere Informationen.

8        Mit Schreiben vom 22. August 2013 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie ihrem MWS-Antrag allein deshalb nicht stattgeben könne, weil Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung nicht erfüllt sei (im Folgenden: Schreiben vom 22. August 2013). Sie forderte die Klägerin zur Stellungnahme auf und führte aus, dass sie die übrigen Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster, zweiter, vierter und fünfter Gedankenstrich dieser Verordnung als erfüllt ansehe.

9        Am 1. September 2013 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme ein, in der sie den Beurteilungen der Kommission entgegentrat.

10      Mit Schreiben vom 13. September 2013 antwortete die Kommission auf diese Stellungnahme in ihrem abschließenden Beschluss über den MWS-Antrag (im Folgenden: Schreiben vom 13. September 2013), in dem sie die Ablehnung des MWS-Antrags bestätigte.

11      Am 26. November 2013 erließ die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 1205/2013 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2013, L 316, S. 8, im Folgenden: vorläufige Verordnung).

12      Die Erwägungsgründe 34 bis 47 der vorläufigen Verordnung, die die „Marktwirtschaftsbehandlung“ betreffen, lauten:

„(34)      Nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe b der Grundverordnung wird der Normalwert in Antidumpinguntersuchungen betreffend Einfuhren aus der VR China für diejenigen ausführenden Hersteller, die den Untersuchungsergebnissen zufolge die Kriterien des Artikels 2 Absatz 7 Buchstabe c der Grundverordnung erfüllen, nach Artikel 2 Absätze 1 bis 6 ermittelt.

(35)      Zur besseren Übersicht folgt eine kurze Zusammenfassung dieser Kriterien:

(1)      Geschäftsentscheidungen beruhen auf Marktsignalen, der Staat greift diesbezüglich nicht nennenswert ein, und die Kosten beruhen auf Marktwerten;

(2)      die Unternehmen verfügen über eine einzige klare Buchführung, die von unabhängigen Stellen nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen geprüft und für alle Zwecke angewendet wird;

(3)      es bestehen keine nennenswerten Verzerrungen infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems;

(4)      es gelten Insolvenz- und Eigentumsvorschriften, die Rechtssicherheit und Stabilität sicherstellen, und

(5)      Währungsumrechnungen erfolgen zu Marktkursen.

(36)      Zehn mitarbeitende Unternehmen beantragten MWB nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe b der Grundverordnung; das entsprechende Antragsformular schickten sie fristgerecht zurück. Nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe d der Grundverordnung wurden bei den in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen [darunter die Klägerin], MWB-Kontrollbesuche durchgeführt.

(37)      Daraus ergibt sich, dass eine MWB-Feststellung für die folgenden vier Unternehmen oder Unternehmen oder Unternehmensgruppen erfolgt ist.

–        In die Stichprobe einbezogene Unternehmen:

–        …;

–        [die Klägerin] und Xinyi Solar (Hong Kong) …;

–        …

–        Im Rahmen einer individuellen Ermittlung untersuchtes Unternehmen:

–        …

(38)      Die Kommission holte alle benötigten Informationen ein und überprüfte die in den MWB-Anträgen enthaltenen Angaben bei den betreffenden Unternehmen vor Ort.

(39)      Bei verbundenen Parteien prüft die Kommission, ob die Gruppe verbundener Unternehmen insgesamt die Voraussetzungen für eine MWB erfüllt. Falls eine Tochtergesellschaft oder ein anderes mit dem MWB-Antragsteller in … [China] verbundenes Unternehmen direkt oder indirekt an der Herstellung oder dem Verkauf der betroffenen Ware beteiligt ist, wird die MWB-Untersuchung daher sowohl für jedes Unternehmen getrennt als auch für die gesamte Unternehmensgruppe durchgeführt.

(40)      Dementsprechend wurden die MWB-Anträge von vier ausführenden Herstellern (Unternehmensgruppen), die aus elf juristischen Personen bestehen, untersucht.

(41)      Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass keiner der vier ausführenden Hersteller (Unternehmensgruppen), die MWB beantragt hatten, nachweisen konnte, die Kriterien des Artikels 2 Absatz 7 Buchstabe c der Grundverordnung zu erfüllen.

(42)      …

(43)      [K]einer der vier ausführenden Hersteller [konnte] entweder einzeln oder als Gruppe nachweisen, dass keine nennenswerten Verzerrungen infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems bestehen. Folglich erfüllten diese Unternehmen oder Unternehmensgruppen das MWB-Kriterium 3 nicht. Konkret nahmen alle vier ausführenden Hersteller oder Gruppen ausführender Hersteller Steuervergünstigungen in Anspruch.

(44)      …

(45)      Die Kommission unterrichtete die betreffenden Unternehmen, die Behörden der VR China sowie den Antragsteller über die Ergebnisse der MWB-Untersuchung und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme.

(46)      Es gingen keine Stellungnahmen ein, die eine Änderung der vorläufigen Feststellungen erforderlich gemacht hätten. Im Anschluss an die Konsultierung der Mitgliedstaaten nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe c wurden alle Antragsteller am 13. September 2013 einzeln und förmlich über die endgültige Feststellung betreffend [ihren MWB-Antrag] unterrichtet.

(47)      Die MWB-Anträge aller vier mitarbeitenden ausführenden Hersteller oder Gruppen ausführender Hersteller in … [China] wurden folglich zurückgewiesen, da diese Antragsteller nicht nachweisen konnten, die Kriterien des Artikels 2 Absatz 7 Buchstabe c der Grundverordnung zu erfüllen.“

13      Am 13. Mai 2014 erließ die Kommission die angefochtene Verordnung.

14      In den Erwägungsgründen 32 bis 34 der angefochtenen Verordnung, die die „Marktwirtschaftsbehandlung“ betreffen, stellte die Kommission fest:

„(32)      Nach der vorläufigen Unterrichtung und später nach der endgültigen Unterrichtung brachte [die Klägerin] vor, die Ablehnung ihres MWB-Antrags durch die Kommission sei nicht gerechtfertigt. Derselbe Einwand wurde bereits bei der vorläufigen Untersuchung erhoben und in den Erwägungsgründen 43 und 47 der vorläufigen Verordnung von der Kommission zurückgewiesen.

(33)      [Die Klägerin] machte geltend, Steuervergünstigungen und Zuschüsse machten nur einen unerheblichen Teil ihres Umsatzes aus. Hierzu sei daran erinnert, dass auf dieses Argument sowie auf andere Argumente bereits in einem Schreiben der Kommission an den Ausführer vom 13. September 2013 eingegangen wurde, in dem die Kommission die Partei über ihre MWB-Ermittlung unterrichtete. Insbesondere wurde betont, dass die absolute Höhe des im UZ gewährten Vorteils aufgrund seiner Natur irrelevant für die Beurteilung ist, ob die Verzerrung ‚von Bedeutung‘ ist. Dieses Vorbringen wird daher zurückgewiesen.

(34)      Aufgrund des dargelegten Sachverhalts wird die Feststellung bestätigt, dass alle Anträge auf MWB abgelehnt werden sollten, wie in den Erwägungsgründen 34 bis 47 der vorläufigen Verordnung ausgeführt.“

 Verfahren und Anträge der Parteien in der Rechtssache T586/14

15      Mit Klageschrift, die am 7. August 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Klägerin die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung.

16      Die Kommission reichte am 21. Oktober 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eine Klagebeantwortung ein, in der sie beantragte, die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

17      Die Klägerin und die Kommission reichten am 16. Dezember 2014 bzw. am 30. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eine Erwiderung bzw. eine Gegenerwiderung ein.

18      Auf Vorschlag des Berichterstatters beschloss das Gericht, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

19      Gemäß Art. 64 § 2 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 richtete das Gericht Fragen zur schriftlichen Beantwortung vor der mündlichen Verhandlung an die Parteien.

20      Die Parteien beantworteten diese Fragen fristgerecht.

21      In der Sitzung vom 9. September 2015 verhandelten die Parteien mündlich und beantworteten mündliche Fragen des Gerichts.

22      Mit Urteil vom 16. März 2016, Xinyi PV Products (Anhui) Holdings/Kommission (T‑586/14, im Folgenden: Ersturteil, EU:T:2016:154) erklärte das Gericht die angefochtene Verordnung für nichtig und erlegte der Kommission ihre eigenen und die Kosten der Klägerin auf.

23      Mit am 26. Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Rechtsmittelschrift legte die Kommission Rechtsmittel gegen das Ersturteil ein.

24      Mit Beschluss vom 13. Oktober 2016, Kommission/Xinyi PV Products (Anhui) Holdings (C‑301/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:796), wurde die GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH (im Folgenden: GMB) im Verfahren vor dem Gerichtshof als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

25      Mit Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products (Anhui) Holdings (C‑301/16 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2018:132), hob der Gerichtshof das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache unter Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten an das Gericht zurück.

 Verfahren und Anträge der Parteien nach Zurückverweisung

26      Auf das Rechtsmittelurteil ist die vorliegende Rechtssache gemäß Art. 215 der Verfahrensordnung des Gerichts der Fünften Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

27      Gemäß Art. 217 Abs. 1 der Verfahrensordnung haben die Klägerin und die Kommission am 27. April 2018 sowie die Streithelferin am 8. Mai 2018 fristgerecht ihre schriftlichen Erklärungen zu der Frage eingereicht, welche Schlussfolgerungen aus dem Rechtsmittelurteil für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen sind.

28      Gemäß Art. 89 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensordnung hat das Gericht am 21. November 2018 Fragen zur schriftlichen Beantwortung vor der mündlichen Verhandlung an die Parteien gerichtet.

29      Die Parteien haben diese Fragen fristgerecht beantwortet.

30      Die Parteien haben in der Sitzung vom 16. Januar 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

31      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Verordnung, soweit diese sie betrifft, für nichtig zu erklären;

–        der Kommission und der Streithelferin die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.

32      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.

33      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten ihres Streitbeitritts im Verfahren vor dem Gerichtshof, aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

34      Ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung stützt die Klägerin auf vier Klagegründe.

35      Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung.

36      Es ist mit der Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zu beginnen.

37      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, der Kommission sei mit ihrer Feststellung, dass die Verzerrungen ihrer Produktionskosten und ihrer finanziellen Lage im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung nennenswert seien, ein offensichtlicher Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts und ein Rechtsfehler unterlaufen.

38      Selbst wenn die in Rede stehenden Steuervorteile durch das frühere nicht marktwirtschaftliche System begründet worden sein sollten, führten sie nicht dazu, dass ihre Produktionskosten und ihre finanzielle Lage nennenswert verzerrt würden. Denn die fraglichen Steueranreize machten, wie sie im Lauf der Untersuchung erläutert habe, in ihrem Fall nur 1,34 % der gesamten Produktionskosten und 1,14 % ihres Umsatzes aus.

39      Die Kommission sei auf diese Argumente nicht eingegangen und habe im Schreiben vom 13. September 2013 zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass sich aus den niedrigeren Steuersätzen eine nennenswerte Verzerrung ergebe, da „insbesondere das Ziel verfolgt werde, Kapital zu ermäßigten Steuersätzen anzuziehen und so die gesamte finanzielle und wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu beeinflussen“. Eine finanzielle Auswirkung, die weniger als 1,5 % der Produktionskosten oder des Umsatzes ausmache, könne jedoch, insbesondere für Xinyi Solar (Hongkong), kein ins Gewicht fallender Anreiz sein, Kapital anzuziehen.

40      Zur Erheblichkeit der Verzerrung trägt die Kommission zunächst vor, dass die Klägerin nicht in Abrede gestellt habe, dass sie von einer Vorzugssteuerregelung profitiert habe. Würden von der Regierung als strategisch angesehene Unternehmen im Rahmen einer Einkommenssteuerregelung bevorzugt, seien die dadurch hervorgerufenen Verzerrungen nennenswert, weil sie den Betrag der Gewinne vor Steuern, den diese Unternehmen erzielen müssten, um Investoren anzulocken, vollständig veränderten. Da diese Verzerrungen von Dauer seien, sei der im Lauf des Untersuchungszeitraums erzielte absolute Gewinn wegen der Natur dieses Vorteils unerheblich, da es nur um die Feststellung gehe, ob die Verzerrung nennenswert sei.

41      Sodann führt die Kommission aus, sie habe angesichts des Umfangs der in Rede stehenden Steuervorteile im Wesentlichen davon ausgehen dürfen, dass die Attraktivität für ausländisches Kapital erhöht worden sei, so dass die Verzerrung der finanziellen Lage der Klägerin nennenswert gewesen sei. Jedenfalls habe die Klägerin nicht den Gegenbeweis erbracht.

42      Die Klägerin begründe nicht, weshalb ihr Umsatz das Referenzkriterium sein solle und weshalb die Prüfung der Verzerrung auf den Untersuchungszeitraum zu beschränken sei. Sie mache auch, anders als im Hinblick auf ihre Produktionskosten oder ihren Umsatz, keine Angaben zu ihrer allgemeinen finanziellen Situation.

43      Schließlich kann die Kommission nicht erkennen, inwiefern sie den Begriff der „nennenswerten Verzerrung“ fehlerhaft angewandt habe, als sie festgestellt habe, dass die Klägerin in Anbetracht dessen, dass ihr eine zweijährige Steuerstundung und ein Steuersatz von 50 % des Normalsteuersatzes, verbunden mit einem dauerhaften Steuervorteil von unbestimmter Laufzeit, zugutegekommen sei, nicht nachgewiesen habe, dass ihre Produktionskosten oder ihre finanzielle Lage durch diese Maßnahmen nicht nennenswert verzerrt worden seien.

44      In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu den Schlussfolgerungen, die aus dem Rechtsmittelurteil für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen sind, hält die Klägerin ihr in der Klageschrift geltend gemachtes Begehren aufrecht.

45      In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu den Schlussfolgerungen, die aus dem Rechtsmittelurteil für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen sind, trägt die Kommission vor, dass der zweite Teil des ersten Klagegrundes von den Parteien in ihren schriftlichen Erklärungen vor dem Gericht sowie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden sei.

46      Die Streithelferin führt in ihrer schriftlichen Stellungnahme zu den Schlussfolgerungen, die aus dem Rechtsmittelurteil für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen sind, aus, dass die beiden in Rede stehenden Steuervorteile miteinander kombiniert werden könnten, so dass die Klägerin die Möglichkeit habe, den für sie geltenden Steuersatz während des Untersuchungszeitraums auf 14 % zu senken, während der Normalsteuersatz für chinesische Unternehmen 25 % betrage. Die Auffassung der Klägerin, dass diese Vorteile nicht als nennenswert angesehen werden könnten, sei falsch.

47      Die Streithelferin verweist insoweit auf die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung der Klägerin, deren Motive sowie den Anstieg der Einfuhren von Solarglas aus China und den Marktanteil der Klägerin.

48      Ohne die fraglichen steuerlichen Vorteile hätte die Klägerin angesichts der festgestellten Dumpingspannen die gegen sie ergriffenen Antidumpingmaßnahmen nicht auffangen können und auch nicht derart schnell und spürbar auf dem Unionsmarkt präsent sein können. Welchen Anteil diese Vorteile an ihren gesamten Produktionskosten und ihrem Gesamtumsatz ausmachten, sei unerheblich.

49      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung (jetzt Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Verordnung 2016/1036) im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft die Ermittlung des Normalwerts in Abweichung von den Bestimmungen in den Abs. 1 bis 6 dieser Bestimmung grundsätzlich auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft erfolgt.

50      Mit Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung soll verhindert werden, dass Preise und Kosten, die in Ländern ohne Marktwirtschaft gelten, berücksichtigt werden, da diese Parameter dort normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind (vgl. Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Dagegen wird der Normalwert in Antidumpinguntersuchungen betreffend Einfuhren u. a. aus China nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 dieser Verordnung (jetzt Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Verordnung 2016/1036) ermittelt, sofern auf der Grundlage ordnungsgemäß begründeter Anträge des oder der von der Untersuchung betroffenen Hersteller(s) und entsprechend den in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dieser Verordnung genannten Kriterien und Verfahren nachgewiesen wird, dass für diese(n) Hersteller bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen (Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471‚ Rn. 67).

52      Somit obliegt es zum einen dem Hersteller, der den MWS beansprucht, einen entsprechenden ordnungsgemäß dokumentierten Antrag zu stellen, und zum anderen der Kommission, zu beurteilen, ob die von diesem Hersteller vorgelegten Nachweise als Beleg dafür ausreichen, dass die Kriterien des Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung erfüllt sind. In diesem Zusammenhang prüft der Unionsrichter gegebenenfalls, ob diese Beurteilung offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Februar 2012, Brosmann Footwear [HK] u. a./Rat, C‑249/10 P, EU:C:2012:53‚ Rn. 32, und vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471‚ Rn. 70).

53      Das Erfordernis einer engen Auslegung der in Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung geregelten Ausnahme darf aber nicht dazu führen, dass die Organe diese Bestimmung auf eine Art auslegen und anwenden, die mit ihrem Wortlaut und ihrem Zweck unvereinbar ist (Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471‚ Rn. 93).

54      Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung das Kriterium, anhand dessen geprüft wird, ob ein Antrag eines Herstellers, der den MWS beansprucht, begründet ist, darin besteht, ob „bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware“ marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen.

55      Aus Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung geht hervor, dass die in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dieser Verordnung aufgeführten Kriterien, auf die sich die Anträge der Hersteller beziehen und anhand deren die Kommission diese Anträge prüft, „die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware“ betreffen. Dies ergibt sich in kontextueller Hinsicht aus Art. 2 der Grundverordnung, der die Regeln für die Berechnung des Normalwerts, d. h. des vergleichbaren Preises der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr, festlegt.

56      Insbesondere stützt sich der Normalwert nach Art. 2 Abs. 1 und 3 der Grundverordnung normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind. Wird die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Normalwert anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne berechnet. Insoweit folgt aus Art. 2 Abs. 4 bis 6 der Grundverordnung, dass die korrekte Anwendung dieser Begriffe davon abhängt, ob die Buchführungsdaten der Aufzeichnungen des betreffenden Herstellers, auf die sich die Kommission stützen wird, grundsätzlich die Marktwerte wiedergeben und es damit ermöglichen, den Normalwert entsprechend den Zielen einer Antidumpinguntersuchung zu berechnen.

57      Die vom Unionsgesetzgeber in Ausübung seines Ermessens in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung aufgestellten Kriterien verdeutlichen, dass geprüft werden soll, ob der Wirtschaftsteilnehmer, der den MWS beansprucht, bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware im Einklang mit den Grundsätzen handelt, die eine Berechnung des Normalwerts zulassen.

58      In diesem Zusammenhang ist nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung – dem einzigen Kriterium, das im vorliegenden Fall als nicht erfüllt anzusehen ist – erforderlich, dass „die Produktionskosten und die finanzielle Lage der Unternehmen … infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt [sind], insbesondere im Hinblick auf Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, den Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich“.

59      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die oben in Rn. 58 erwähnte Voraussetzung auf die Produktionskosten und die finanzielle Lage des Unternehmens unter dem Blickwinkel bestimmter Parameter bezieht, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Methoden der Berechnung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung stehen. Diese Parameter sind insbesondere Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, der Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich. Zwar hat diese Formulierung nur Hinweischarakter, wie die Verwendung des Adverbs „insbesondere“ zeigt. Mit der Verwendung dieses Wortes wird jedoch weder bezweckt noch bewirkt, dass die Kommission einen MWS-Antrag auf der Grundlage von Umständen zurückweisen kann, die, auch wenn sie mit der finanziellen Lage des Unternehmens im weiteren Sinne zusammenhängen, nicht ohne Weiteres zu einer Verzerrung – die überdies „nennenswert“ sein muss – eines oder mehrerer Faktoren führen, die für die Umstände der Fertigung und des Verkaufs der betreffenden gleichartigen Ware ausschlaggebend sind (vgl. entsprechend zu Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industriel Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471‚ Rn. 78 bis 82).

60      Daher obliegt es der Kommission bei Maßnahmen, die die finanzielle Lage des Unternehmens ganz allgemein betreffen und die demzufolge lediglich geeignet sind, diese Lage im Hinblick auf die Produktion oder den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware nennenswert zu verzerren, anhand der im Verwaltungsverfahren unterbreiteten Beweise zu prüfen, ob diese Maßnahmen tatsächlich zu einer solchen Verzerrung führen.

61      Denn zum einen bezieht sich Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung nicht auf Produktionskosten und eine finanzielle Lage, die nennenswert verzerrt „sein können“, sondern auf solche, die nennenswert verzerrt „sind“. Zum anderen ist die Frage, ob die in Rede stehende Verzerrung „nennenswert“ ist, anhand des Zwecks dieser Bestimmung zu beurteilen, die ja gewährleisten soll, dass die die Produktionskosten und die finanzielle Lage betreffenden Faktoren nicht so verfälscht werden, dass eine mögliche Anwendung von Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung zu gekünstelten Resultaten führt, die die Ziele einer Antidumping-Untersuchung in Frage stellen würden (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471‚ Rn. 82).

62      Im vorliegenden Fall lehnte es die Kommission ab, der Klägerin den MWS zu gewähren, weil diese nicht nachgewiesen habe, dass das in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung genannte Kriterium erfüllt sei.

63      Im Einzelnen führte die Kommission im Schreiben vom 22. August 2013 aus, dass der Klägerin bei der Körperschaftsbesteuerung verschiedene Steuervorteile zugutegekommen seien, und zwar

„–      … [eine] Steuerregelung[, die] es Unternehmen mit ausländischem Kapital [ermöglicht], für zwei Jahre eine vollständige [B]efreiung (0 %) [von der Körperschaftsteuer] und während der drei folgenden Jahre eine Ermäßigung von 50 % des Steuersatzes [dieser Steuer], d. h. einen Steuersatz von 12,5 % statt des normalen Steuersatzes in Höhe von 25 %, in Anspruch zu nehmen;

–        eine Steuerregelung für ‚Hochtechnologieunternehmen‘, wonach das Unternehmen einem ermäßigten Körperschaftsteuersatz von 15 % statt des Normalsteuersatzes von 25 % unterliegt. Dieser Vorzugssteuersatz stellt eine Subvention dar, die praktisch ständig angepasst werden kann und die auch darauf abzielen kann, Investitionen zu reduzierten Steuersätzen anzuziehen, wodurch der Wettbewerb verfälscht wird“.

64      Die Kommission folgerte daraus, dass die „reduzierten Steuersätze erhebliche finanzielle Vorteile verschaffen“, so dass der Klägerin „nicht der Nachweis gelungen ist, dass ihre Produktionskosten und ihre finanzielle Lage infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt sind“. Die Kommission wies darauf hin, dass „die Steuerregelung für ‚Hochtechnologieunternehmen‘ jüngst in der Rechtssache ‚Solar Panels‘ geprüft und dabei festgestellt wurde, dass sie einen ausreichenden Grund darstelle, die Gewährung des MWS abzulehnen“.

65      Zum anderen führte die Kommission im Schreiben vom 13. September 2013, mit dem sie der Klägerin in Beantwortung von deren Stellungnahme zum Schreiben vom 22. August 2013 ihre endgültige Entscheidung über den MWS-Antrag mitteilte, aus:

„Die Anwendung einer Vorzugssteuerregelung ändert den Gewinn vor Steuern, den das Unternehmen erwirtschaften muss, um für Investoren attraktiv zu sein. Der im Untersuchungszeitraum gewährte absolute Vorteil ist in Anbetracht der Art des Vorteils bei der Beurteilung, ob die Verzerrung nennenswert ist, nicht zwingend ein entscheidendes Kriterium. Vielmehr muss sich diese Beurteilung darauf beziehen, welche Gesamtwirkung die Maßnahme für die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft innerhalb eines bestimmten Zeitraums hat.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass auf [die Klägerin] der ermäßigte Steuersatz (14,01 %) angewandt werden konnte, da [sie] die Steuerregelung für Hochtechnologieunternehmen mit einer anderen Regelung, und zwar dem ‚2 Free 3 Halve‘-Programm, kombinieren konnte. Diese Kombination führte zu einem im Vergleich zum normalen Steuersatz (25 %) erheblich reduzierten Steuersatz, mit dem insbesondere das Ziel verfolgt werden konnte, Kapital zu ermäßigten Steuersätzen anzuziehen und so die gesamte finanzielle und wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu beeinflussen.

Schließlich führen Sie aus, dass die Beurteilung der Kommission, dass die Steuerregelung praktisch ständig angepasst werden könne, der Grundlage entbehre. Ihre Argumente, dass die beiden Steuerregelungen zeitlich begrenzt seien, wurden ordnungsgemäß berücksichtigt. Jedoch stellt die Tatsache, dass diese beiden Steuerregelungen nicht auf Dauer gelten, den Umstand …, dass sie darauf abzielten, die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu beeinflussen, nicht in Frage.“

66      Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission ihre Schlussfolgerung zu der Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung vorgesehenen Voraussetzung auf Gesichtspunkte gestützt hat, die sich auf ein anderes Kriterium als die in dieser Bestimmung aufgeführten Kriterien beziehen (siehe oben, Rn. 58). Aus den Schreiben vom 22. August und vom 13. September 2013 geht nämlich hervor, dass sie sich einerseits auf den finanziellen Vorteil gestützt hat, der sich allgemein aus den der Klägerin zugutekommenden ermäßigten Steuersätzen ergebe, und andererseits darauf, dass ein solcher Vorteil Investoren anziehen könnte, die in das Kapital der Klägerin investieren möchten. Die Kommission scheint daher das Argument der Klägerin, die Höhe des fraglichen Vorteils sei im konkreten Fall unbedeutend gewesen, zurückgewiesen zu haben, indem sie auf die „Gesamtwirkung“ – wie sie es nennt – der in Rede stehenden Maßnahme abgestellt hat, die in der Möglichkeit, „Kapital zu ermäßigten Steuersätzen anzuziehen“, bestehen soll.

67      Diese Begründung bezieht sich allenfalls sehr abstrakt auf die finanzielle Lage des Unternehmens, ohne dass ein Zusammenhang zu den in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung ausdrücklich genannten Gesichtspunkten oder zu anderen die Fertigung oder den Verkauf der gleichartigen Ware betreffenden Umständen hergestellt würde, deren sich aus dem streitigen Vorteil ergebende nennenswerte Verzerrung die Möglichkeit, den Normalwert gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung zutreffend zu berechnen, in Frage stellen würde.

68      Denn erstens betrifft eine Körperschaftsteuerregelung die steuerliche Behandlung der in einem bestimmten Steuerjahr erzielten Gewinne. Mit ihr wird daher weder bezweckt noch bewirkt, dass sich der Betrag oder der Steuersatz dieser Gewinne oder anderer Elemente als Bestandteile des Normalwerts, den die Kommission gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung für die Zwecke einer Antidumping-Untersuchung zu berechnen hat, ändert. Demnach ist der allgemeine Verweis der Kommission auf die „Gesamtwirkung“ der in Rede stehenden Maßnahmen auf die Finanzlage der Klägerin für sich genommen und in Ermangelung einer näheren Erläuterung im Rahmen der Anwendung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung unerheblich.

69      Zweitens sind die Erwägungen der Kommission zur „Attraktivität“ der Klägerin für Kapitalanlagen entsprechend zu bewerten. Insbesondere ist festzustellen, dass in Anbetracht des Wortlauts von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung die bloße Möglichkeit, dass eine Vorzugssteuerregelung Anleger anzieht, die in das Kapital eines Unternehmens investieren, nicht ausreicht, um annehmen zu können, dass dessen finanzielle Lage tatsächlich nennenswert verzerrt „ist“. Darüber hinaus ist entgegen der Auffassung der Kommission für die Entscheidung, in das Kapital eines Unternehmens zu investieren, nicht ein bestimmter „Steuersatz“ bestimmend, so dass das von ihr angeführte „Ziel, Kapital zu ermäßigten Steuersätzen anzuziehen“ eine kaum nachzuvollziehende Beurteilung darstellt. Dementsprechend hat ausgehend vom Zweck des Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung der Umstand, dass ein Investor mit seinen Finanzmitteln Beteiligungen am Kapital der Klägerin erwerben will, seiner Natur nach jedenfalls keinen offenkundigen Bezug zu einer Verzerrung ihrer finanziellen Lage (siehe oben, Rn. 59 bis 61). Die Kommission kann sich daher für ihre Annahme, es gebe spürbare Auswirkungen, die als „nennenswerte Verzerrung“ beurteilt werden könnten, und damit für die Zurückweisung der von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte dafür, dass die ihr gegebenenfalls zugutegekommene Verzerrung nicht nennenswert gewesen sei, nicht auf bloße Mutmaßungen stützen.

70      Dies gilt umso mehr, wenn der Hersteller, wie im Fall der Klägerin, angesichts des geringen absoluten Werts, den die steuerlichen Anreize im Verhältnis zu seinem Umsatz und seinen gesamten Produktionskosten darstellen, seine wirtschaftliche und finanzielle Eigenständigkeit auf dem fraglichen Markt in Bezug auf die betreffenden Maßnahmen über einen bestimmten Zeitraum, nämlich den Untersuchungszeitraum, nachweist.

71      Der Umsatz eines Unternehmens ist nämlich ein maßgeblicher Indikator für sein wirtschaftliches und finanzielles Leistungsvermögen, das die Grundlage für die Erzielung seiner Gewinne bildet. Daher hat die Klägerin mit ihrem Hinweis, dass die in Rede stehenden Verzerrungen 1,14 % ihres Umsatzes ausmachten, einen Gesichtspunkt vorgetragen, der grundsätzlich verlässlich und für die Beurteilung der Gesamtwirkung der geprüften steuerlichen Maßnahme auf ihre finanzielle Lage relevant ist.

72      Unter diesen Umständen oblag es der Kommission zumindest, den Zusammenhang zwischen der – gegebenenfalls durch eine günstige Steuerregelung motivierten – Entscheidung, in das Kapital der Klägerin zu investieren, und der Verzerrung der finanziellen Lage der Klägerin nicht nur allgemein und theoretisch, sondern im Hinblick auf das mit Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung verfolgte Ziel zu erläutern (siehe oben, Rn. 49 bis 61).

73      Dies wird dadurch bestätigt, dass die Kommission, um die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte zu widerlegen, unter ausdrücklichem Verweis auf ihre Analyse einer der steuerlichen Regelungen, um die es in der Rechtssache „Solar Panels“ ging, festgestellt hat, dass diese Analyse genüge, um der Klägerin den MWS zu versagen. Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung ist der MWS aber anhand der wirtschaftlichen Bedingungen zu beurteilen, unter denen der einzelne Hersteller, der Gegenstand der Untersuchung ist, handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2012, Brosmann Footwear [HK] u. a./Rat, C‑249/10 P, EU:C:2012:53, Rn. 38).

74      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Gründe, auf die sich die Kommission gestützt hat, um den MWS-Antrag der Klägerin zurückzuweisen, auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler beruhen, so dass der zweite Teil des ersten Klagegrundes begründet ist. Die angefochtene Verordnung ist daher für nichtig zu erklären, ohne dass der erste Teil des ersten Klagegrundes sowie die sonstigen geltend gemachten Gründe zu prüfen sind.

 Kosten

75      Gemäß Art. 219 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht in seinen nach Aufhebung und Zurückverweisung erlassenen Entscheidungen über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof. Soweit der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil die Entscheidung über die Kosten der Klägerin, der Kommission und der Streithelferin vorbehalten hat, obliegt es dem Gericht, im vorliegenden Urteil über sämtliche Kosten der Verfahren vor ihm, einschließlich des erstinstanzlichen Verfahrens, sowie über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in der Rechtssache C‑301/16 P zu entscheiden.

76      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

77      Gemäß Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht, wenn mehrere Parteien unterliegen, über die Verteilung der Kosten.

78      Im vorliegenden Fall ist die Kommission im erstinstanzlichen Verfahren und die Klägerin im Rechtsmittelverfahren unterlegen. Da die Kommission und die Streithelferin vor dem Gericht im Verfahren nach Zurückverweisung jedoch endgültig unterlegen sind, sind der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerin mit Ausnahme der mit dem Streitbeitritt zusammenhängenden Kosten aufzuerlegen. Die Streithelferin trägt neben ihren eigenen Kosten die der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Streitbeitritt entstandenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 470/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China wird für nichtig erklärt.

2.      Die Europäische Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd mit Ausnahme der mit dem Streitbeitritt zusammenhängenden Kosten.

3.      Die GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die mit ihrem Streitbeitritt zusammenhängenden Kosten der Xinyi PV Products (Anhui) Holdings.

Gratsias

Labucka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.