Language of document : ECLI:EU:T:2022:814

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

14. Dezember 2022(*)(1)

„Öffentlicher Dienst – Einstellung – Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens – Allgemeines Auswahlverfahren EPSO/AD/374/19 – Entscheidung, den Kläger nicht in die Reserveliste des Auswahlverfahrens aufzunehmen – Aufhebungsklage – Änderung der Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens nach teilweiser Durchführung der Zugangstests – Fehlende Rechtsgrundlage – Vertrauensschutz – Rechtssicherheit – Höhere Gewalt – Gleichbehandlung – Besondere Vorkehrungen – Abhaltung der Prüfungen als Fernprüfungen – Hohe Erfolgsquote der internen Bewerber – Untätigkeitsklage“

In der Rechtssache T‑312/21,

SY, vertreten durch Rechtsanwalt T. Walberer,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Hohenecker, T. Lilamand und D. Milanowska als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos (Berichterstatter) sowie der Richter V. Valančius und L. Truchot,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Entscheidung, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage gemäß Art. 270 AEUV und Art. 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) beantragt der Kläger, SY, erstens den Nachtrag zur Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/374/19 (ABl. 2020, C 374 A, S. 3), mit dem die Modalitäten der Prüfungen des Auswahlverfahrens wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie geändert wurden, die Einladung der Europäischen Kommission vom 20. November 2020 zu einer Prüfung, die nach Abschluss des Auswahlverfahrens für das Fachgebiet Wettbewerbsrecht erstellte Reserveliste, die auf der Grundlage der Reserveliste erfolgten Entscheidungen über die Einstellung von Bewerbern und die Entscheidung des Prüfungsausschusses über den Antrag auf Überprüfung, mit der die Entscheidung, ihn nicht in die Reserveliste aufzunehmen, bestätigt wurde, aufzuheben, zweitens, hilfsweise, im Urteil die erforderlichen konkreten Vorgaben zur rechtmäßigen Wiederherstellung seiner Rechtslage vor den Rechtsverletzungen zu geben, um es dem Prüfungsausschuss zu ermöglichen, ihn unmittelbar in die Reserveliste aufzunehmen, und drittens, festzustellen, dass die Kommission gegen Art. 265 AEUV verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, auf seine Verwaltungsbeschwerde vom 17. Januar 2021 eine Entscheidung an ihn zu richten.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) veröffentlichte am 6. Juni 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung eines allgemeinen Auswahlverfahrens auf der Grundlage von Befähigungsnachweisen und Prüfungen zur Einstellung von Beamten der Funktionsgruppe Administration (AD) in den Fachgebieten Wettbewerbsrecht, Finanzrecht, Recht der Wirtschafts- und Währungsunion, Finanzvorschriften für den EU-Haushalt und Schutz der Euro-Münzen gegen Fälschung (EPSO/AD/374/19, ABl. 2019, C 191 A, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung) zur Erstellung von fünf Reservelisten, von denen die Kommission neue Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes als Beamte der Funktionsgruppe Administration einstellen würde. Die Bekanntmachung und ihre Anhänge, insbesondere Anhang III, bildeten den rechtlichen Rahmen für das Auswahlverfahren.

3        In der Bekanntmachung war ein Verfahren in sechs Phasen vorgesehen. In einer ersten Phase reichten die Bewerber vorab einen Online-Bewerbungsbogen ein. In einer zweiten Phase wurden die Bewerber eingeladen, in einem von EPSO anerkannten Testzentrum eine Reihe computergestützter Multiple-Choice-Tests abzulegen. Für den Fall, dass eine solche Einladung nicht im Vorfeld der im Rahmen des Assessment-Centers durchgeführten Kompetenzprüfungen erfolgte, war vorgesehen, dass die computergestützten Multiple-Choice-Tests gleichzeitig mit den im Rahmen des Assessment-Centers durchgeführten Kompetenzprüfungen abgelegt würden. In einer dritten Phase wurde anhand der Bewerbungen geprüft, ob die Bewerber die Zulassungsbedingungen erfüllten. In einer vierten Phase wurde bei den Bewerbern, die die Zulassungsbedingungen erfüllten, eine Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen durchgeführt, wobei die im Bewerbungsbogen angegebenen Qualifikationen zugrunde gelegt wurden. In einer fünften Phase wurden die Bewerber, die bei der Auswahl anhand der Befähigungsnachweise eines der besten Gesamtergebnisse erzielt hatten, eingeladen, im Rahmen des Assessment-Centers vier Kompetenzprüfungen abzulegen. In einer sechsten Phase erstellte der Prüfungsausschuss für jedes Fachgebiet des allgemeinen Auswahlverfahrens eine Reserveliste der Bewerber, die alle Zulassungsbedingungen erfüllt sowie die jeweilige Mindestpunktzahl erreicht und nach den Prüfungen des Assessment-Centers eines der besten Gesamtergebnisse erzielt hatten, wobei für die einzelnen Fachgebiete jeweils so viele Bewerber aufgenommen wurden, wie es Plätze auf der Reserveliste gab.

4        In der Bekanntmachung heißt es im Abschnitt „WIE LÄUFT DAS AUSWAHLVERFAHREN AB?“ unter Nr. 5 („Assessment-Center“):

„Im Rahmen des Assessment-Centers werden acht allgemeine Kompetenzen und die für das jeweilige Fachgebiet verlangten fachbezogenen Kompetenzen anhand von vier Prüfungen (Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen, Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen, Gruppenübung und Fallstudie) geprüft …“

5        Den in der Bekanntmachung im Abschnitt „WIE LÄUFT DAS AUSWAHLVERFAHREN AB?“ unter Nr. 5 wiedergegebenen Tabellen ist zu entnehmen, dass die Bewertung der allgemeinen und der fachbezogenen Kompetenzen sich wie folgt auf die im Rahmen des Assessment-Center durchgeführten Prüfungen aufteilte:

Kompetenz

Prüfungen

1. Analyse und Problemlösung

Gruppenübung

Fallstudie

2. Kommunikation

Fallstudie

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

3. Qualitäts- und Ergebnisorientierung

Fallstudie

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

4. Lernen und Entwicklung

Gruppenübung

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

5. Setzen von Schwerpunkten und Organisationsfähigkeit

Gruppenübung

Fallstudie

6. Belastbarkeit

Gruppenübung

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

7. Teamfähigkeit

Gruppenübung

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

8. Führungsqualitäten

Gruppenübung

Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen

Erforderliche Mindestpunktzahl: 3 von 10 pro Kompetenz und 40 von 80 insgesamt

Kompetenz

Prüfung

Erforderliche Mindestpunktzahl

Fachbezogene Kompetenzen

Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen

50 von 100


6        Weiter geht aus den Tabellen hervor, dass für jede allgemeine Kompetenz die Höchstpunktzahl 10 und die erforderliche Mindestpunktzahl 3 von 10 pro Kompetenz und die erforderliche Mindestpunktzahl für alle Kompetenzen 40 von 80 betrugen, während für die fachbezogenen Kompetenzen die Höchstpunktzahl 100 Punkte und die erforderliche Mindestpunktzahl 50 von 100 betrugen.

7        Der Kläger bewarb sich am 26. Juni 2019 für das Auswahlverfahren.

8        In seinem Bewerbungsbogen gab der Kläger gemäß Abschnitt 1.3 („Chancengleichheit und besondere Vorkehrungen“) der Allgemeinen Vorschriften für allgemeine Auswahlverfahren im Anhang III der Bekanntmachung an, dass er wegen einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigung, die ihn an der Teilnahme an den Prüfungen, u. a. den computergestützten schriftlichen Prüfungen, den schriftlichen Prüfungen und den mündlichen Prüfungen, hindern könnte, [vertraulich], besonderer Vorkehrungen bedürfe. [vertraulich].

9        Das EPSO-Accessibility-Team teilte dem Kläger mit E‑Mail vom 9. Dezember 2019 mit, dass es ihm gestattet sei, bei der Prüfung der Fallstudie [vertraulich].

10      Während des Auswahlverfahrens wurde der Kläger eingeladen, die vier im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Kompetenzprüfungen und in diesem Rahmen auch die computergestützten Multiple-Choice-Tests abzulegen.

11      Am 10. Januar 2020 legte der Kläger in einem externen Testzentrum in [vertraulich] die erste Prüfung ab, mit der die allgemeinen Kompetenzen geprüft wurden, nämlich die Prüfung der Fallstudie. Er teilte dem EPSO-Accessibility-Team mit E‑Mail vom 18. Januar 2020 mit, dass es bei dieser Prüfung Schwierigkeiten gegeben habe. Das vom EPSO mit der Durchführung der Prüfung betraute Dienstleistungsunternehmen habe ihm nicht gestattet, [vertraulich]. Das EPSO-Accessibility-Team räumte gegenüber dem Kläger mit E‑Mail vom 22. Januar 2020 ein, dass ihm bei der Kommunikation mit diesem Dienstleistungsunternehmen ein Fehler unterlaufen sei.

12      Am 3. März 2020 absolvierte der Kläger in einem Testzentrum in Brüssel (Belgien) die computergestützten Multiple-Choice-Tests und die drei noch ausstehenden Kompetenzprüfungen (Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen, Gruppenübung, Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen).

13      Am 6. März 2020 wurde das Auswahlverfahren wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie und der dadurch ausgelösten Krise der Gesundheitssysteme ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt hatten noch nicht alle Bewerber die im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Prüfungen absolviert.

14      Mit einem von einem Referatsleiter des EPSO im Namen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichneten Schreiben vom 1. Juli 2020 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass „beschlossen [worden sei], die im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Prüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September fortzusetzen“, und dass „die Bewerber, die ihre Prüfungen bereits abgelegt [hätten], nicht erneut eingeladen [würden]“.

15      Mit E‑Mail vom 28. August 2020 teilte der EPSO-Bewerberservice den Bewerbern mit, dass vorgesehen sei, dass die Punkte, die sie vor dem Monat März für die im Rahmen eines Assessment-Centers in Präsenzform durchgeführten Kompetenzprüfungen erhalten hätten, gültig blieben. Dies gelte jedoch nicht für die Punkte, die sie für die Gruppenübung erhalten hätten. Diese werde durch eine Online-Prüfung ersetzt, die alle Bewerber ablegen müssten, auch diejenigen, die die Prüfungen des Auswahlverfahrens bereits im März 2020 absolviert hätten.

16      Mit zwei Beschwerden vom 28. August 2020 (EPSOCRS-50590) und 15. Oktober 2020 (EPSOCRS-52914) wandte sich der Kläger gegen diese neuen Modalitäten, die für die Prüfungen gelten sollten. Er machte insbesondere geltend, dass die Bewerber, die die Prüfungen bereits im März 2020 abgelegt hätten, durch sie benachteiligt würden und dass die Bewerber bei diesen neuen Prüfungen möglicherweise gesundheitlichen Risiken ausgesetzt seien. Er bestand darauf, dass das EPSO sich an die Bekanntmachung halten müsse. Er erklärte sich jedoch bereit, die neue Prüfung, durch die die Gruppenübung ersetzt wurde, abzulegen, unbeschadet der Beschwerden, die er insoweit eingelegt habe.

17      Den Bewerbern wurde mit einem von einem Referatsleiter des EPSO im Namen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichneten Schreiben vom 26. Oktober 2020 mitgeteilt, dass das Auswahlverfahren nach der Veröffentlichung eines Nachtrags zur Bekanntmachung im Amtsblatt fortgesetzt werde.

18      Der Nachtrag zur Bekanntmachung wurde am 5. November 2020 im Amtsblatt (ABl. 2020, C 374 A, S. 3, im Folgenden: Nachtrag zur Bekanntmachung) veröffentlicht.

19      Nach dem Nachtrag zur Bekanntmachung mussten die Bewerber, die ihre Assessment-Center-Prüfungen nicht bereits vor dem 6. März 2020 in Präsenzform abgelegt hatten, diese Prüfungen allesamt als Fernprüfungen ablegen. Außerdem wurde die Gruppenübung durch ein situationsbezogenes kompetenzspezifisches Gespräch ersetzt, das als Videokonferenz durchgeführt werden sollte (situational competency-based interview, im Folgenden: SCBI). Auch die Bewerber, die sämtliche Assessment-Center-Prüfungen bereits vor dem 6. März 2020 abgelegt hatten, mussten das SCBI ablegen. Die dafür erhaltenen Punkte sollten an die Stelle der Punkte treten, die sie für die Gruppenübung erhalten hatten.

20      Der Kläger wurde mit einem von einem Referatsleiter des EPSO im Namen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichneten Schreiben vom 20. November 2020 zum SCBI eingeladen, das am 14. Dezember 2020 stattfinden sollte. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger mit der Annahme der Einladung auch die Bedingungen des Auswahlverfahrens und des Nachtrags zur Bekanntmachung annehme.

21      Der Kläger erschien am 14. Dezember 2020 zum SCBI.

22      Mit einem von einem Referatsleiter des EPSO im Namen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichneten Schreiben vom 14. Januar 2021 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Prüfungsausschuss entschieden habe, ihn nicht in die Reserveliste aufzunehmen, weil er nicht zu den Bewerbern gehöre, die nach dem Assessment-Center eines der besten Gesamtergebnisse erzielt hätten, nämlich mindestens 119,5 Punkte (im Folgenden: Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste).

23      Mit E‑Mail vom 17. Januar 2021 beantragte der Kläger die Überprüfung der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste und legte gegen diese Entscheidung gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde ein. Er machte insbesondere geltend, dass eine Ungleichbehandlung vorliege, weil das EPSO die besonderen Vorkehrungen für die Prüfungen, die für ihn vorgesehen gewesen seien, nicht getroffen habe, dass der Nachtrag zur Bekanntmachung nicht mit der Bekanntmachung in Einklang stehe und dass er gegenüber den übrigen Bewerbern ungleich behandelt worden sei, weil die Prüfungen, die ursprünglich im Rahmen des Assessment-Centers erfolgen sollten, als Fernprüfungen abgehalten worden seien.

24      Ihm wurde mit einem von einem Referatsleiter des EPSO im Namen des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichneten Schreiben vom 21. April 2021 mitgeteilt, dass der Prüfungsausschuss entschieden habe, an der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste festzuhalten (im Folgenden: Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung).

25      Am 22. März 2021 reichte der Kläger beim EPSO-Bewerberservice elektronisch eine Beschwerde (EPSOCRS-61721) ein. Er wollte in Bezug auf seine Beschwerde vom 17. Januar 2021 wissen, wie der Stand des Verfahrens sei.

26      Mit einer weiteren Beschwerde vom 8. Mai 2021 (EPSOCRS-65320) stellte er einen Antrag auf Zugang zu den Informationen, die in den Unterlagen des EPSO über das Auswahlverfahren über die Zahl der in die Reserveliste aufgenommenen Bewerber enthalten seien, die seit mindestens einem Jahr vor dem Beginn des Auswahlverfahrens bei der Generaldirektion (GD) Wettbewerb, in dem für Wettbewerbssachen zuständigen Team der Rechtsabteilung oder in irgendeiner anderen Dienststelle oder irgendeiner anderen Generaldirektion der Kommission als Vertragsbedienstete mit befristeten oder unbefristeten Verträgen, als Bedienstete auf Zeit oder als abgeordnete nationale Sachverständige beschäftigt seien oder beschäftigt gewesen seien.

II.    Anträge der Parteien

27      Der Kläger beantragt,

–        die Reserveliste, die Entscheidungen, in die Reserveliste aufgenommene Bewerber einzustellen, die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste, die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung, den Nachtrag zur Bekanntmachung und die Einladung zum SCBI vom 20. November 2020 aufzuheben;

–        hilfsweise, zum einen, die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste und die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung aufzuheben und der Kommission im Urteil die erforderlichen konkreten Vorgaben zur rechtmäßigen Wiederherstellung seiner Rechtslage vor den Rechtsverletzungen zu geben, welche es der Kommission ermöglichen, ihn unmittelbar bzw. nach Neubewertung seiner Leistungen in die Reserveliste aufzunehmen, und zum anderen, den Nachtrag zur Bekanntmachung und die Einladung zum SCBI vom 20. November 2020 aufzuheben;

–        festzustellen, dass die Kommission gegen Art. 265 AEUV verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, auf seine Beschwerde vom 17. Januar 2021 eine Entscheidung an ihn zu richten;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

28      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zum zweiten Klageantrag

29      Mit dem zweiten Klageantrag, der hilfsweise gestellt wird, beantragt der Kläger zum einen, die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste, die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung, den Nachtrag zur Bekanntmachung und die Einladung zum SCBI vom 20. November 2020 aufzuheben. Insoweit überschneidet sich der zweite Klageantrag teilweise mit dem ersten Klageantrag.

30      Zum anderen beantragt der Kläger, „der [Kommission] im Urteil die erforderlichen konkreten Vorgaben zur rechtmäßigen Wiederherstellung [seiner] Rechtslage … vor den Rechtsverletzungen zu geben, welche es der [Kommission] ermöglichen, [ihn] unmittelbar bzw. nach Neubewertung seiner Leistungen auf die Reserveliste aufzunehmen“. Damit will er im Wesentlichen erreichen, dass das Gericht der Kommission aufgibt, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen.

31      Insoweit kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass das Gericht im Rahmen der gemäß Art. 91 des Statuts und Art. 270 AEUV ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nach ständiger Rechtsprechung nicht befugt ist, den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union Weisungen zu erteilen. Denn nach Art. 266 Abs. 1 AEUV haben die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen (Urteile vom 9. Juni 1994, X/Kommission, T‑94/92, EU:T:1994:61, Rn. 33, und von 5. Dezember 2017, Spadafora/Kommission, T‑250/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:866, Rn. 48). Der zweite Klageantrag ist insoweit daher von vornherein wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen. Soweit die Klage auf Art. 263 AEUV gestützt wird, ist festzustellen, dass für den vorliegenden Rechtsstreit Art. 270 AEUV einschlägig ist, der für Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen gilt, die im Statut und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union festgelegt sind. Der Begriff der Streitsache zwischen der Union und deren Bediensteten wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt, so dass in diesem Rahmen auch die Streitsachen geprüft werden, die Personen betreffen, die keine Beamten oder Bediensteten sind, aber diesen Status anstreben. Dies gilt insbesondere für die Bewerber eines Auswahlverfahrens (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2004, Sanders u. a./Kommission, T‑45/01, EU:T:2004:289, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). Danach kann der Kläger seine Klage nicht auf Art. 263 AEUV stützen.

B.      Zum ersten Klageantrag

32      Mit dem ersten Klageantrag begehrt der Kläger die Aufhebung der Reserveliste, der Entscheidungen, in die Reserveliste aufgenommene Bewerber einzustellen, der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste, der Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung, des Nachtrags zur Bekanntmachung und der Einladung zum SCBI vom 20. November 2020.

1.      Vorbemerkungen

33      Zunächst ist zum Gegenstand des ersten Klageantrags festzustellen, dass in Fällen, in denen ein Bewerber in einem Auswahlverfahren die Überprüfung einer Entscheidung des Prüfungsausschusses beantragt, nach ständiger Rechtsprechung die vom Prüfungsausschuss nach der Überprüfung der Situation des Bewerbers getroffene Entscheidung die den Bewerber beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 oder gegebenenfalls Art. 91 Abs. 1 des Statuts darstellt. Die nach der Überprüfung erlassene Entscheidung tritt dadurch an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung des Prüfungsausschusses (vgl. Urteil vom 5. September 2018, Villeneuve/Kommission, T‑671/16, EU:T:2018:519, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 22. September 2021, JR/Kommission, T‑435/20, EU:T:2021:608, Rn. 34).

34      Beschwerende Maßnahme ist im vorliegenden Fall demnach die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung.

35      Was die Zulässigkeit der Aufhebungsanträge des Klägers angeht, hält es das Gericht im vorliegenden Fall im Interesse einer geordneten Rechtspflege und aus prozessökonomischen Gründen für angebracht, zunächst über die Begründetheit zu befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 52, und vom 22. Mai 2007, Mebrom/Kommission, T‑216/05, EU:T:2007:148, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

2.      Zur Begründetheit des ersten Klageantrags

36      Der Kläger stützt den ersten Klageantrag auf vier Klagegründe. Er macht geltend, dass die Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens rechtswidrig gewesen sei (erster Klagegrund), dass er wegen einer Vorerkrankung und deshalb, weil bei den Prüfungen des Auswahlverfahrens die Vorkehrungen, die aus diesem Grund vorgesehen gewesen seien, nicht getroffen worden seien, ungleich behandelt worden sei (zweiter Klagegrund), dass er gegenüber den Bewerbern, die sämtliche Prüfungen als Fernprüfungen abgelegt hätten, ungleich behandelt worden sei (dritter Klagegrund) und dass er gegenüber den in die Reserveliste aufgenommenen Bewerbern, die vor dem Auswahlverfahren bei der Kommission beschäftigt gewesen seien, ungleich behandelt worden sei (vierter Klagegrund).

a)      Zum ersten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens

37      Der Kläger meint, dass die durch den Nachtrag zur Bekanntmachung erfolgte Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens insoweit rechtswidrig sei, als damit die Prüfung der Gruppenübung durch das SCBI ersetzt worden sei. Für eine solche nachträgliche und rückwirkende Änderung der Art der Prüfungen, die erfolgt sei, obwohl ein Teil der Bewerber die in der Bekanntmachung vorgesehenen Prüfungen wie er selbst bereits abgelegt gehabt hätte, gebe es keine Rechtsgrundlage.

38      Insoweit macht der Kläger erstens geltend, der Einwand der Kommission, dass wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie ein Fall höherer Gewalt vorliege, greife nicht. Hätte die Kommission es nicht zu Unrecht unterlassen, das Auswahlverfahren im Frühjahr und im Sommer 2020 fortzusetzen, als die epidemische Lage besser gewesen sei, wäre es anders als in dem Zeitraum, in dem das Auswahlverfahren dann ab November 2020 tatsächlich fortgesetzt worden sei, nicht unmöglich gewesen, die Prüfungen wieder in Präsenzform abzulegen. Die Kommission habe sich dafür entschieden, die Prüfungen ab dem Winter als Fernprüfungen abzuhalten, weil sie die bei ihr beschäftigten Bewerber, deren Verträge kurz- und mittelfristig auszulaufen gedroht hätten, gleichheitswidrig habe begünstigen wollen.

39      Zweitens verstoße die durch den Nachtrag zur Bekanntmachung erfolgte Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens gegen Art. 1 Abs. 1 und 2 des Anhangs III des Statuts. Danach hätten die Bewerber ein Recht darauf, dass die Modalitäten der Prüfungen beibehalten würden. Diese Bestimmungen sähen nämlich zum einen vor, dass in der Bekanntmachung die Art der Prüfungen und ihre Bewertung anzugeben seien, und zum anderen, dass die Veröffentlichung der Bekanntmachung im Amtsblatt spätestens einen Monat vor dem für die Einreichung der Bewerbungen festgelegten Zeitpunkt und mindestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt der Prüfungen zu erfolgen habe. Die durch den Nachtrag zur Bekanntmachung erfolgte Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens verstoße außerdem gegen das aus Art. 1 Abs. 2 des Anhangs III des Statuts in Verbindung mit Art. 1d, Art. 28 Buchst. d und Art. 29 Abs. 1 des Statuts folgende Gebot der Transparenz. Danach hätten die Bewerber vor Beginn des Auswahlverfahrens Anspruch auf ein konstantes und vorsehbares Auswahlverfahren.

40      Drittens stelle das SCBI im Hinblick auf die Gewährleistung einer objektiven Auswahl keine geeignete Alternative zur Gruppenübung dar. Aus den Dokumenten, die die Kommission vorgelegt habe, um nachzuweisen, dass die beiden Prüfungen gleichwertig seien, ergebe sich nichts anderes.

41      Viertens sei das EPSO seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, habe das in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden Charta) verankerte Recht auf eine gute Verwaltung nicht beachtet und habe gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen. Was diesen letzten Punkt angehe, sei ihm mit dem Schreiben vom 1. Juli 2020, mit dem ein Referatsleiter des EPSO ihm mitgeteilt habe, dass die im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Prüfungen im Laufe des Monats September wieder aufgenommen würden und dass die Bewerber, die die Prüfungen bereits abgelegt hätten, nicht erneut geladen würden, zugesichert worden, dass er die Prüfungen nicht noch einmal ablegen müsse.

42      Fünftens habe das EPSO alle Bewerber, ohne sich auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, einseitig, gleichheitswidrig und unter Missbrauch seines Ermessens verpflichtet, das SCBI abzulegen, und angenommen, dass die Ablegung dieser Prüfung als Annahme des Nachtrags zur Bekanntmachung gelte. In Anbetracht seiner Beschwerden und des Umstands, dass er sich wegen des bei einem Nichtablegen der Prüfungen drohenden Ausschlusses von dem Verfahren gezwungen gesehen habe, die Prüfungen abzulegen, habe nicht davon ausgegangen werden können, dass er der Ablegung der Prüfungen nach den neuen Modalitäten zustimme.

43      Sechstens macht der Kläger hilfsweise geltend, dass das EPSO seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, weil es die Rechtsgrundlage und die konkreten Gründe für die Entscheidung, die Bekanntmachung zu ändern, nicht angegeben habe.

44      Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

45      Zunächst ist zu dem Vorbringen des Klägers, dass die durch den Nachtrag zur Bekanntmachung erfolgte Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens gegen das aus Art. 1 Abs. 2 des Anhangs III des Statuts in Verbindung mit Art. 1d, Art. 28 Buchst. d und Art. 29 Abs. 1 des Statuts folgende Gebot der Transparenz verstoße, nach dem die Bewerber vor Beginn des Auswahlverfahrens Anspruch auf ein konstantes und vorhersehbares Auswahlverfahren hätten, festzustellen, dass sich die genannten Vorschriften nicht auf die Transparenz, die Konstanz und die Vorhersehbarkeit eines Auswahlverfahrens beziehen. Sie betreffen vielmehr die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung, den Grundsatz, dass zum Beamten nur ernannt werden darf, wer vorher erfolgreich an einem Auswahlverfahren teilgenommen hat, bzw. den Grundsatz, dass die Anstellungsbehörde zunächst ermittelt, welcher Bedarf besteht und ob es zweckmäßig ist, ein internes oder ein externes Auswahlverfahren durchzuführen. Die genannten Vorschriften vermögen das Vorbringen des Klägers mithin nicht zu stützen. Es ist zurückzuweisen.

1)      Zu der Rüge der Verletzung der Begründungspflicht

46      Bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen sie beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Rechtsmittelgrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Ipatau/Rat, C‑535/14 P, EU:C:2015:407, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Im vorliegenden Fall heißt es in den Abschnitten 1, 2 und 4 des Nachtrags zur Bekanntmachung:

„1.      Aufgrund des COVID-19-Ausbruchs musste [das] EPSO im Einklang mit den in den Anweisungen und Leitlinien der EU-Organe und der nationalen Behörden vorgesehenen Vorsorgemaßnahmen ab dem 6. März 2020 sämtliche Assessment-Center-Tätigkeiten in seinen Räumlichkeiten in Brüssel und Luxemburg unterbrechen und aussetzen. Davon waren auch die computergestützten Tests betroffen, die im Rahmen des Assessment-Centers stattfinden sollten. Für eine Reihe von Auswahlverfahren sollten die EPSO-Assessment-Center ursprünglich in der zweiten Septemberhälfte 2020 wiederaufgenommen werden. Angesichts der aktuellen Lage im Zusammenhang mit COVID-19 und der von nationalen Behörden ergriffenen Gesundheitsschutzmaßnahmen, die große Menschenansammlungen untersagen und die Reisefreiheit beschränken, wird es in absehbarer Zeit nicht möglich sein, Präsenztests in den EPSO-Räumlichkeiten durchzuführen. Da die Multiple-Choice-Tests ursprünglich im Rahmen des Assessment-Center-Prüfungstags stattfinden sollten, war [das] EPSO gezwungen, alternative Testmöglichkeiten zu finden. Diese Tests werden nun in einem der von [dem] EPSO anerkannten Prüfungszentren stattfinden.

2.      Um die allgemeinen Auswahlverfahren innerhalb einer angemessenen Frist abzuschließen, wird [das] EPSO die Assessment-Center-Tests nun online (als Ferntests) abhalten.

4.      Um Gleichbehandlung zu gewährleisten, müssen alle Bewerber/innen die gleichen Prüfungen ablegen. Die Gruppenübung eignet sich nicht für Ferntests, da im Falle von technischen Problemen die Gruppendynamik beeinträchtigt werden könnte sowie teilnehmende Bewerber/innen benachteiligt werden könnten. Aus diesem Grund müssen alle Bewerber/innen (auch diejenigen, die bereits im Rahmen einer Gruppenübung getestet wurden) einen SCBI-Test ablegen, der per Online-Videokonferenz organisiert wird …“

48      Aus den Abschnitten 1, 2 und 4 des Nachtrags zur Bekanntmachung geht hervor, dass darin im Einzelnen begründet wurde, warum die betreffenden Änderungen vorgenommen worden sind. Zunächst wird in dem Nachtrag zur Bekanntmachung darauf hingewiesen, dass die Prüfungen des Auswahlverfahrens wegen der Krise der Gesundheitssysteme geändert werden mussten. Weiter wird betont, dass es erforderlich sei, die Gleichbehandlung aller Bewerber zu gewährleisten Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Prüfung der Gruppenübung wegen ihrer besonderen Art, die aus technischen und organisatorischen Gründen nicht mit den Modalitäten der Abhaltung als Fernprüfung vereinbar sei, durch eine andere Prüfung habe ersetzt werden müssen.

49      Nach der oben in Rn. 46 dargestellten Rechtsprechung kann der Kläger mit der vorliegenden Rüge daher nicht durchdringen.

2)      Zu der Rüge einer fehlenden Rechtsgrundlage für die durch den Nachtrag zur Bekanntmachung erfolgte Änderung der Modalitäten des Auswahlverfahrens

50       Art. 7 Abs. 1 bis 3 des Anhangs III des Statuts bestimmt:

„(1)      Die Organe beauftragen nach Stellungnahme des Statutsbeirats das [EPSO], die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in den Ausleseverfahren für Beamte der Union … einheitliche Kriterien angewandt werden.

(2)      Das [EPSO] hat folgende Aufgaben:

a)      [E]s führt auf Antrag einzelner Organe allgemeine Auswahlverfahren durch;

b)      es leistet auf Antrag eines einzelnen Organs die technische Unterstützung bei der Durchführung interner Auswahlverfahren, die das Organ selbst organisiert; …

(3)      Auf Antrag eines Organs kann das [EPSO] im Zusammenhang mit der Auswahl von Beamten weitere Aufgaben wahrnehmen.“

51      Nach Art. 7 Abs. 1 bis 3 des Anhangs III des Statuts leistet das EPSO den einzelnen Organen somit Hilfestellung durch die Festlegung und die Durchführung der Auswahl von Beamten unter Einhaltung der von den Organen erlassenen allgemeinen Durchführungsbestimmungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2009, Aparicio u. a./Kommission, F‑20/08, F‑34/08 und F‑75/08, EU:F:2009:132, Rn. 57).

52      Folglich konnte das EPSO im Rahmen der ihm nach Art. 7 Abs. 1 bis 3 des Anhangs III des Statuts zustehenden Befugnis zur Festlegung und Durchführung der Prüfungen des Auswahlverfahrens beschließen, den Nachtrag zur Bekanntmachung zu erlassen. Es war aufgrund dieser Rechtsgrundlage ermächtigt, die Modalitäten des Auswahlverfahrens durch den Nachtrag zur Bekanntmachung zu ändern.

3)      Zu der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

53      Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts. Nach diesem Grundsatz hängt die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme eines Unionsorgans davon ab, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende ergriffen wird; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004, Schumann/Kommission, T‑49/03, EU:T:2004:314, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Die Unionsorgane verfügen bei der Festlegung der Modalitäten der Durchführung eines Auswahlverfahrens über ein weites Ermessen; der Unionsrichter darf diese Modalitäten nur insoweit beanstanden, als es erforderlich ist, um die Gleichbehandlung der Bewerber und die Objektivität der unter ihnen getroffenen Auswahl zu gewährleisten (Urteil vom 13. Januar 2021, Helbert/EUIPO, T‑548/18, EU:T:2021:4, Rn. 30). Nach der Rechtsprechung verfügt – in denselben Grenzen – auch der Prüfungsausschuss über ein weites Ermessen, wenn er mit Unregelmäßigkeiten oder Fehlern konfrontiert wird, die bei der Durchführung eines Auswahlverfahrens mit zahlreichen Bewerbern auftreten und die nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht durch eine Wiederholung der Prüfungen des Auswahlverfahrens behoben werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2001, Giulietti u. a./Kommission, T‑167/99 und T‑174/99, EU:T:2001:126, Rn. 58). Ein solches Ermessen ist dem Prüfungsausschuss auch in Fällen höherer Gewalt zuzuerkennen.

55      Es steht dem Unionsrichter nicht zu, den Inhalt einer Prüfung im Einzelnen zu beanstanden, es sei denn, dieser geht über den in der Bekanntmachung angegebenen Rahmen hinaus oder hat überhaupt nichts mit den Zwecken der Prüfung oder des Auswahlverfahrens zu tun (vgl. Urteil vom 7. Februar 2002, Felix/Kommission, T‑193/00, EU:T:2002:29, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das EPSO zwar kein Prüfungsausschuss ist. Die oben in den Rn. 53 und 54 dargestellten Grundsätze lassen sich aber auf das EPSO übertragen. Das EPSO verfügt bei der Durchführung der Auswahltests nämlich über einen großen Handlungsspielraum, insbesondere um die Anwendung einheitlicher Maßstäbe in den Verfahren zur Auswahl der Beamten der Union zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2009, Aparicio u. a./Kommission, F‑20/08, F‑34/08 und F‑75/08, EU:F:2009:132, Rn. 77 und 78). Bei der Beurteilung dieses Handelsspielraums ist der Kontext des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie zu berücksichtigen, der die Durchführung der Prüfungen des betreffenden Auswahlverfahrens, an dem zahlreiche Bewerber teilnahmen, durcheinandergebracht hat.

57      Insoweit festzustellen, dass die Mitgliedstaaten wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie im Winter 2020 – eine externe, ungewöhnliche epidemische Lage, die für das EPSO nicht vorhersehbar war und einen Fall höherer Gewalt darstellte – neben Hygienemaßnahmen auch Maßnahmen trafen, mit denen die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ihrer Bürger eingeschränkt wurden. Das EPSO hatte diese Maßnahmen bei der Durchführung der Prüfungen des Auswahlverfahrens zu beachten, ohne sie überprüfen zu können. Die Covid-19-Pandemie bedeutete für das EPSO mithin einen Fall höherer Gewalt, der die Durchführung der Prüfungen des Auswahlverfahrens durcheinandergebracht hat, d. h. nach ständiger Rechtsprechung ein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf das das EPSO keinen Einfluss hatte und deren Folgen es trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätte vermeiden können (vgl. entsprechend Urteil vom 28. April 2022, C und CD [Rechtliche Hindernisse der Durchführung einer Übergabeentscheidung], C‑804/21 PPU, EU:C:2022:307, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Insoweit wird in den Abschnitten 1 und 2 des Nachtrags zur Bekanntmachung (siehe oben, Rn. 47) darauf hingewiesen, dass das EPSO aufgrund des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie ab dem 6. März 2020 während des laufenden Auswahlverfahrens sämtliche Assessment-Center-Tätigkeiten unterbrechen und aussetzen musste, um die Anwendung sämtlicher geeigneter Vorsorgemaßnahmen zu gewährleisten, dass es bei der Wiederaufnahme des Auswahlverfahrens trotz der Covid-19-Pandemie aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge in absehbarer Zeit nicht möglich sein werde, Präsenztests in den EPSO-Räumlichkeiten durchzuführen, und dass das EPSO, um das Auswahlverfahren innerhalb einer angemessenen Frist abzuschließen, beschlossen habe, die Prüfungen, die ursprünglich im Rahmen des Assessment-Centers erfolgen sollten, nun online (als Ferntests) abzuhalten.

59      Das EPSO hatte es somit mit einem Fall höherer Gewalt zu tun, der eine verlässliche Planung der Prüfungen wegen der unvorhersehbaren Entwicklung der Pandemie ab dem 6. März 2020 unmöglich machte. Zudem war es wenig wahrscheinlich, dass das Auswahlverfahren im Herbst 2020 unter Bedingungen hätte wieder aufgenommen werden können, die mit denen vergleichbar gewesen wären, die vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie gegolten hatten. In Ausübung seines großen Handlungsspielraums und der ihm nach Art. 7 Abs. 1 bis 3 des Anhangs III des Statuts zustehenden Befugnisse konnte das EPSO daher zum einen annehmen, dass eine Anpassung der Modalitäten der Prüfungen des Auswahlverfahrens geboten sei, um dessen Fortsetzung zu gewährleisten und gleichzeitig die Gesundheit der Bewerber nicht zu gefährden und um die etwaigen nachteiligen Auswirkungen der Aussetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl auf die Bewerber als auch auf das betreffende Organ zu begrenzen. Zum anderen konnte das EPSO entscheiden, dass die Anpassung der Modalitäten der Prüfungen des Auswahlverfahrens lediglich insoweit zu erfolgen hatte, als sie im Hinblick auf dieses Ziel unbedingt erforderlich war.

60      Was diesen letzten Punkt angeht, ergibt sich aus den Akten, dass von den 385 Bewerbern, die bei den beiden seinerzeit laufenden, aber ausgesetzten Auswahlverfahren zu den im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Prüfungen geladen waren, am 13. März 2020 die überwiegende Mehrheit, nämlich 289 Bewerber, die Prüfungen bereits in Präsenzform abgelegt hatten.

61      Vor diesem Hintergrund hat es sich das EPSO angelegen sein lassen, das Interesse zu berücksichtigen, das die Bewerber, die die Prüfungen bereits abgelegt hatten – die Mehrheit der angemeldeten Bewerber –, daran hatten, die Prüfungen nicht erneut ablegen zu müssen, und das es gebot, dass die Prüfungen und die Ergebnisse, die vor der Aussetzung des Auswahlverfahrens erzielt wurden, grundsätzlich bestehen blieben. Das EPSO hat also zu Recht angenommen, dass die Lösung, die darin bestanden hätte, dass alle Bewerber sämtliche Prüfungen hätten erneut als Fernprüfungen ablegen müssen, im Hinblick auf das Interesse dieser Bewerber unverhältnismäßig gewesen wäre und nicht mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und einer ordnungsgemäßen Verwaltung vereinbar gewesen wäre.

62      Außerdem geht aus den im Vorfeld durchgeführten allgemeinen Studien, die das EPSO vorgelegt hat, hervor, dass die Modalitäten der Abhaltung der Prüfungen als Fernprüfungen bereits bei vorherigen Auswahlverfahren praktiziert und ausprobiert worden waren, dass die Verwaltung und die Bewerber zu dem Schluss gelangt waren, dass sie technisch zuverlässig seien und es hinsichtlich der Richtigkeit der Bewertung und der Ergebnisse der Bewerber keine signifikanten Unterschiede gebe, und dass sie zudem von den Bewerbern mehrheitlich positiv aufgenommen worden seien. Im Hinblick auf diese im Vorfeld durchgeführten Studien ist es daher nachvollziehbar, dass das EPSO zu dem Schluss gelangte, dass es, um die Gesundheit der Bewerber nicht zu gefährden, am besten sei, die Prüfungen als Fernprüfungen abzuhalten, und dass den Bewerbern, die die Prüfungen zum Zeitpunkt der Aussetzung des Auswahlverfahrens noch nicht abgelegt hatten, keine übermäßigen, nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren Anpassungsbemühungen abverlangt würden, wenn sie die Prüfungen des Gesprächs zu den allgemeinen Kompetenzen, des Gesprächs zu den fachbezogenen Kompetenzen und der Fallstudie als Fernprüfungen ablegen müssten.

63      Was die Prüfung der Gruppenübung angeht, ist festzustellen, dass das EPSO auf der Grundlage der Stellungnahmen von ihm konsultierter Fachleute und von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu dem Schluss gelangt ist, dass es technisch komplex und nicht zweckmäßig wäre, diese Prüfung als Fernprüfung abzuhalten, weil bei ihr durch die Anwesenheit der Bewerber vor Ort eine besondere Gruppendynamik entstehe und in diesem Zusammenhang besondere Kompetenzen geprüft würden. Im Rahmen des großen Handlungsspielraums, über den es verfügt, konnte das EPSO daher annehmen, dass die Prüfung der Gruppenübung wegen dieser Schwierigkeiten anders zu gestalten sei.

64      Insoweit ist festzustellen, dass in der Bekanntmachung in dem Abschnitt „WIE LÄUFT DAS AUSWAHLVERFAHREN AB?“ unter Nr. 5 („Assessment-Center“) die Aufteilung der Prüfung der acht im Auswahlverfahren geprüften Kompetenzen auf die einzelnen Prüfungen geregelt war und dass eine mit der Gruppenübung vergleichbare Prüfung unbedingt erforderlich war, um aussagekräftige Ergebnisse zu gewährleisten, zu denen man durch eine doppelte, komplementäre Bewertung der folgenden sechs Kompetenzen gelangte: „Analyse und Problemlösung“, „Lernen und Entwicklung“, „Setzen von Schwerpunkten und Organisationsfähigkeit“, „Belastbarkeit“, „Teamfähigkeit“ und „Führungsqualitäten“ (vgl. oben, Rn. 5).

65      Es kam deshalb nicht in Frage, die Prüfung der Gruppenübung einfach zu streichen. Dies hätte nämlich zu einer unvollständigen Bewertung der geprüften Kompetenzen der Bewerber durch den Prüfungsausschuss geführt. Das EPSO konnte also – wiederum im Rahmen seines großen Handlungsspielraums – annehmen, dass es nach wie vor erforderlich sei, eine Prüfung zur Bewertung der genannten sechs Kompetenzen durchzuführen, um die Gültigkeit der Gesamtergebnisse der Bewerber zu gewährleisten.

66      Das SCBI wurde von dem EPSO daher als Prüfung zur Evaluierung von Kompetenzen konzipiert, die mit denen vergleichbar waren, die im Rahmen der Gruppenübung geprüft worden wären, und hatte gleichzeitig den Vorteil, dass es viel leichter durchzuführen war und dass die Bewertung in technischer Hinsicht zuverlässiger war als bei einer als Fernprüfung durchgeführten Gruppenübung.

67      Somit ist festzustellen, dass sich das EPSO mit dem Erlass des Nachtrags zur Bekanntmachung, mit dem das SCBI eingeführt wurde, für die Prüfungsmethode entschieden hat, die unter den außergewöhnlichen Umständen der Covid-19-Pandemie für sämtliche Bewerber am wenigsten belastend war.

68      Die Änderung der Bekanntmachung verstößt mithin nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

4)      Zur Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

69      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 11. September 2007, Lindorfer/Rat, C‑227/04 P, EU:C:2007:490, Rn. 63, und vom 20. März 2012, Kurrer u. a./Kommission, T‑441/10 P bis T‑443/10 P, EU:T:2012:133, Rn. 53). Bei Ermessensentscheidungen liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, wenn das betreffende Unionsorgan eine willkürliche oder im Verhältnis zu dem mit der betreffenden Regelung verfolgten Zweck offensichtlich unangemessene Differenzierung vornimmt (vgl. Urteil vom 20. März 2012, Kurrer u. a./Kommission, T‑441/10 P bis T‑443/10 P, EU:T:2012:133, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt voraus, dass durch die betreffende Ungleichbehandlung bestimmte Personen gegenüber anderen benachteiligt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Es obliegt dem Prüfungsausschuss, beim Ablauf eines Auswahlverfahrens strikt darauf zu achten, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber den Bewerbern eingehalten wird. Auch wenn der Prüfungsausschuss hinsichtlich der Modalitäten und des genauen Inhalts der Prüfungen über ein weites Ermessen verfügt, hat der Unionsrichter seine Kontrolle in dem Maß auszuüben, das erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Bewerber gleich behandelt werden und der Prüfungsausschuss die Auswahl unter den Bewerbern objektiv trifft (Urteil vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 132). In diesem Zusammenhang haben die Anstellungsbehörde als für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständige Einrichtung und der Prüfungsausschuss auch dafür zu sorgen, dass in ein und demselben Auswahlverfahren alle Bewerber die gleiche Prüfung unter den gleichen Bedingungen ablegen. Dementsprechend hat der Prüfungsausschuss darauf zu achten, dass die Prüfungen für alle Bewerber eindeutig denselben Schwierigkeitsgrad aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 1988, Goossens u. a./Kommission, 228/86, EU:C:1988:172, Rn. 15, und vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Um die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Beurteilung und die Objektivität der Bewertung sicherzustellen, ist der Prüfungsausschuss verpflichtet, die kohärente Anwendung der Bewertungskriterien auf alle Bewerber zu gewährleisten (Urteil vom 13. Januar 2021, Helbert/EUIPO, T‑548/18, EU:T:2021:4, Rn. 32). Dies gilt in besonderem Maß für die mündlichen Prüfungen, da diese Prüfungen naturgemäß weniger einheitlich sind als die schriftlichen Prüfungen (Urteil vom 13. Januar 2021, Helbert/EUIPO, T‑548/18, EU:T:2021:4, Rn. 33).

73      Nach Art. 1d Abs. 6 Satz 1 des Statuts sind jedoch Einschränkungen des Diskriminierungsverbots möglich, sofern sie durch „objektive und vertretbare Gründe [ge]rechtfertig[t]“ sind und legitimen Zielen von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik dienen (Urteil vom 6. Juli 2022, MZ/Kommission, T‑631/20, EU:T:2022:426, Rn. 62).

74      So werden dem weiten Gestaltungsspielraum, über den die Unionsorgane bei der Organisation ihrer Dienststellen verfügen, insbesondere bei der Festlegung der für die zu besetzenden Dienstposten erforderlichen Befähigungsmerkmale und bei der unter Berücksichtigung dieser Merkmale und im dienstlichen Interesse vorzunehmenden Festlegung der Voraussetzungen und der Modalitäten der Durchführung des Auswahlverfahrens, durch Art. 1d des Beamtenstatuts zwingende Grenzen gesetzt, so dass Ungleichbehandlungen nur zulässig sein können, sofern sie objektiv gerechtfertigt und im Hinblick auf die tatsächlichen dienstlichen Anforderungen verhältnismäßig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2022, MZ/Kommission, T‑631/20, EU:T:2022:426, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das EPSO die mündliche Prüfung des SCBI als Ersatz für die Prüfung der Gruppenübung für alle Bewerber – d. h. unabhängig davon, in welcher Situation sich diese zum Zeitpunkt der Fortsetzung des Auswahlverfahrens befanden – abgehalten hat, um dieselben Kompetenzen zu prüfen wie diejenigen, auf die sich die Prüfung der Gruppenübung speziell bezog.

76      Zur besonderen Durchführung der neuen Prüfung des SCBI ist zum einen festzustellen, dass das EPSO darauf bedacht war, dass der Prüfungsausschuss mit dieser Prüfung in Einklang mit der oben in den Rn. 71 und 72 dargestellten Rechtsprechung gewährleistet, dass die sechs in der Bekanntmachung genannten Kompetenzen bei allen Bewerbern einheitlich und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geprüft werden. Das EPSO hat die Bewerber mithin alle gleich behandelt.

77      Allerdings hat das EPSO hinsichtlich der allgemeinen Durchführung des Auswahlverfahrens Bewerber gleich behandelt, die sich in verschiedenen Situationen befanden, nämlich die Bewerber, die die ursprünglich in der Bekanntmachung vorgesehenen Prüfungen bereits abgelegt hatten, und diejenigen, die diese Prüfungen noch nicht abgelegt hatten.

78      Daher ist zu prüfen, ob dieser Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung objektiv und vertretbar durch ein legitimes Ziel von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik gerechtfertigt war.

79      Wie aus Abschnitt 4 des Nachtrags zur Bekanntmachung hervorgeht, wurde diese Gleichbehandlung damit begründet, dass das EPSO verpflichtet sei, zu gewährleisten, dass alle Bewerber hinsichtlich des Ablegens der Prüfung des SCBI gleich behandelt würden. Eine solche Gleichbehandlung stand also in Einklang mit dem in Art. 7 Abs. 1 des Anhangs III des Statuts genannten Ziel, das das EPSO mit seinem Eingriff in das Auswahlverfahren verfolgte, nämlich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in den Ausleseverfahren für Beamte der Union einheitliche Kriterien angewandt werden. Sie ist also im Sinne der oben in den Rn. 69 und 73 dargestellten Rechtsprechung objektiv gerechtfertigt.

80      Somit ist festzustellen, dass das EPSO mit der Einladung des Klägers, die Prüfung des SCBI abzuleisten, nach der oben in Rn. 70 dargestellten Rechtsprechung nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat.

5)      Zu der Rüge eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

81       Art. 1 Abs. 1 und 2 des Anhangs III des Statuts bestimmt:

„(1)      Die Stellenausschreibung wird von der Anstellungsbehörde nach Anhörung des Paritätischen Ausschusses angeordnet. In der Stellenausschreibung sind anzugeben:

a)      die Art des Auswahlverfahrens (Auswahlverfahren innerhalb des Organs, Auswahlverfahren innerhalb der Organe, allgemeines – gegebenenfalls von zwei oder mehr Organen gemeinsam durchgeführtes – Auswahlverfahren);

b)      das Verfahren (Auswahlverfahren auf Grund von Befähigungsnachweisen, auf Grund von Prüfungen oder auf Grund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen);

c)      die Art der Tätigkeiten und des Aufgabenbereichs, die mit dem zu besetzenden Dienstposten verbunden sind sowie die angebotene Funktions- und Besoldungsgruppe;

e)      bei einem Auswahlverfahren auf Grund von Prüfungen: die Art der Prüfungen und ihre Bewertung;

Bei von zwei oder mehr Organen gemeinsam durchgeführten allgemeinen Auswahlverfahren wird die Stellenausschreibung von der Anstellungsbehörde im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 des Statuts nach Anhörung des gemeinsamen Paritätischen Ausschusses angeordnet.

(2)      Allgemeine Stellenausschreibungen sind spätestens einen Monat vor dem für die Einreichung der Bewerbungen festgelegten Zeitpunkt und gegebenenfalls mindestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt der Prüfungen im [Amtsblatt] zu veröffentlichen.“

82      Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. e des Anhangs III des Statuts sind bei einem Auswahlverfahren aufgrund von Prüfungen in der Stellenausschreibung demnach die Art der Prüfungen und ihre Bewertung anzugeben (Urteil vom 21. März 2013, Taghani/Kommission, F‑93/11, EU:F:2013:40, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. Juli 1983, Detti/Gerichtshof, 144/82, EU:C:1983:211, Rn. 27).

83      Auch wenn der Prüfungsausschuss bei der Festlegung der Bedingungen eines Auswahlverfahrens über ein weites Ermessen verfügt, ist er an den Text der Ausschreibung, wie er veröffentlicht wurde, gebunden. Der Wortlaut der Ausschreibung stellt sowohl den Rahmen der Rechtmäßigkeit als auch den Rahmen für das Ermessen des Prüfungsausschusses dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2004, Schumann/Kommission, T‑49/03, EU:T:2004:314, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Im vorliegenden Fall wurden mit dem Nachtrag zur Bekanntmachung die Modalitäten der Prüfung der Kompetenzen, die mit der Prüfung der Gruppenübung erfolgen sollte, und damit die Art der Prüfungen, wie sie vorher gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. e des Anhangs III des Statuts festgelegt worden war, geändert, nachdem ein Teil der Bewerber die Zugangstests bereits abgelegt hatte. Die Prüfung der Gruppenübung wurde durch eine von den Bewerbern einzeln als Fernprüfung abzulegende Prüfung, das SCBI, ersetzt.

85      Der Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt nach ständiger Rechtsprechung zwingend aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der gebietet, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen, und der die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten soll (Urteile vom 15. Februar 1996, Duff u. a., C‑63/93, EU:C:1996:51, Rn. 20, und vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 90). Diese Grundsätze verbieten es, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, es sei denn, das angestrebte Ziel verlangt es und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen ist gebührend beachtet (vgl. Urteil vom 10. November 2010, HABM/Simões Dos Santos, T‑260/09 P, EU:T:2010:461, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Danach ist zu prüfen, ob, wie der Kläger geltend macht, die nicht vorhersehbare Änderung der Art der Prüfung, nachdem diese teilweise abgehalten worden war, gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit im Sinne der oben in Rn. 85 dargestellten Rechtsprechung verstößt.

87      Im vorliegenden Fall ist zum einen, was die Voraussetzung betreffend das angestrebte Ziel angeht, festzustellen, dass der Erlass des Nachtrags zur Bekanntmachung wegen der außergewöhnlichen Umstände der Covid-19-Pandemie gerechtfertigt war, um es den Bewerbern und dem Organ zu ermöglichen, das Auswahlverfahren unter in gesundheitlicher Hinsicht praktikablen, verhältnismäßigen und akzeptablen Bedingungen fortzuführen (siehe oben, Rn. 58 bis 67). Damit diente der Erlass des Nachtrags zur Bekanntmachung letztlich der Effizienz der Einstellung aufgrund eines Auswahlverfahrens. Da die in Rede stehende Änderung der Art der Prüfung ausnahmsweise durch das Ziel geboten war, die mit dem Auswahlverfahren bezweckte Einstellung trotz der Schwierigkeiten der epidemischen Lage zu gewährleisten, ist festzustellen, dass die erste Voraussetzung für eine Ausnahme gemäß der oben in Rn. 85 dargestellten Rechtsprechung erfüllt ist.

88      Zum anderen ist zur zweiten Voraussetzung für eine Ausnahme (Beachtung des berechtigten Vertrauens des Klägers) festzustellen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Das Recht, sich auf Vertrauensschutz zu berufen, ist an drei kumulative Voraussetzungen gebunden. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gemacht haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 57), hatte das EPSO im vorliegenden Fall allerdings während des laufenden Verfahrens mit einem Fall höherer Gewalt zu tun, nämlich dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Unter diesen Umständen war es nicht möglich, die ursprünglich in der Bekanntmachung festgelegten Modalitäten des Auswahlverfahrens aufrechtzuerhalten. Unter den außergewöhnlichen Umständen des vorliegenden Falles kann sich der Kläger daher nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um zu erreichen, dass die Modalitäten des Auswahlverfahrens, wie sie ursprünglich in der Bekanntmachung festgelegt waren, in seinem Fall Anwendung finden.

90      Im Übrigen hat das EPSO bei der Gruppenübung zwar die Art der Prüfung geändert, aber alles getan, um diese Änderung so zu gestalten, dass das Ziel dieser Prüfung, wie es in der Bekanntmachung im Abschnitt „WIE LÄUFT DAS AUSWAHLVERFAHREN AB?“ unter Nr. 5 festgelegt ist, nämlich, dass die sechs Kompetenzen, die dort genannt sind, geprüft werden, erreicht werden konnte. Ferner konnten diese sechs Kompetenzen beim Kläger trotz der Änderung der Regeln betreffend die Art der Prüfung auch tatsächlich geprüft werden. Er wurde nämlich ebenso wie alle übrigen Bewerber zu der Prüfung des SCBI eingeladen.

91      Unter diesen Umständen war das EPSO, da es gemäß Art. 7 Abs. 1 und 2 des Anhangs III des Statuts befugt war, die allgemeinen Auswahlverfahren durchzuführen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in den Ausleseverfahren einheitliche Kriterien angewandt werden, und insoweit über ein weites Ermessen verfügte, nicht verpflichtet, für eine Änderung der Modalitäten der Prüfungen vorab die Zustimmung der Bewerber, darunter des Klägers, einzuholen. Die Rüge des Klägers, es hätte nicht davon ausgegangen werden dürfen, dass er der Teilnahme an den Prüfungen zustimme (siehe oben, Rn. 42), geht mithin ins Leere und ist zurückzuweisen.

92      Was das Schreiben vom 1. Juli 2020 (siehe oben, Rn. 14 und 41) angeht, hat das EPSO darin ausgeführt, dass „[es sich] [a]ngesichts der jüngsten Entwicklungen und der Politiken der Mitgliedstaaten, was die COVID-19-Situation angeh[e], … dafür entschieden [habe], eine Fortsetzung des Verfahrens in den Testzentren ungefähr für die zweite Hälfte des Monats September zu planen“. Zwar heißt es in dem Schreiben in der Tat, dass die „Bewerber, die ihr Assessment Center bereits absolviert [hätten], nicht erneut eingeladen [würden]“. Diese Information steht aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Verbesserung der zuvor beschriebenen epidemischen Lage, und es ist von einer Fortsetzung der Assessment-Center in Präsenzform die Rede, d. h. nach den in der Bekanntmachung vorgesehenen Modalitäten. Aufgrund des genannten Vorbehalts wurde beim Kläger kein berechtigtes Vertrauen dahin begründet, dass das Verfahren auch dann weiter in Präsenzform durchgeführt würde, wenn sich die epidemische Lage verschlechtern würde und es wegen höherer Gewalt unbedingt erforderlich wäre, das Verfahren anzupassen, um es fortsetzen zu können.

93      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Klagegrund: Ungleichbehandlung wegen einer Vorerkrankung und Nichtbeachtung der insoweit vorgesehenen Vorkehrungen bei der Teilnahme an den Prüfungen des Auswahlverfahrens

94      Der Kläger macht geltend, dass er während des Auswahlverfahrens und am Ende des Auswahlverfahrens gegenüber den übrigen Bewerbern durchgehend benachteiligt worden sei, weil der Prüfungsausschuss ihn unter Verstoß gegen die Entscheidung des EPSO vom 9. Dezember 2019, mit der ihm besondere Vorkehrungen zugestanden worden seien, ohne objektiven Grund genauso behandelt habe wie die Bewerber, die keinen Anspruch auf besondere Vorkehrungen gehabt hätten.

95      Während der Prüfung der Fallstudie habe das von dem EPSO beauftragte Dienstleistungsunternehmen diese besonderen Vorkehrungen verweigert. Er habe das EPSO mit E‑Mail vom 18. Januar 2020 darüber informiert. Das EPSO habe am 22. Januar 2021 einen Kommunikationsfehler eingeräumt, der Rechtsverletzung jedoch nicht abgeholfen und sie auch nicht dadurch berichtigt, dass es die anschließenden Prüfungen so durchgeführt hätte, dass die besonderen Vorkehrungen beachtet worden wären. Das pauschale Bestreiten der Kommission reiche insoweit nicht aus. Außerdem habe das EPSO die besonderen Vorkehrungen lediglich für die Prüfung der Fallstudie genehmigt. Auf seinen in der E‑Mail vom 18. Januar 2020 enthaltenen Antrag, ihm diese besonderen Vorkehrungen auch für die übrigen Prüfungen zuzubilligen, habe es nicht geantwortet. Das Vorbringen der Kommission, dass sich ihr Fehler nicht auf das Endergebnis des Auswahlverfahrens ausgewirkt habe, sei nicht stichhaltig, da die Änderung der Prüfungen rechtswidrig gewesen sei und diese daher bei der Berechnung des Endergebnisses des Auswahlverfahrens nicht zugrunde gelegt werden könnten.

96      Er sei durch dieses Verhalten des EPSO und des Prüfungsausschusses sowohl gegenüber den übrigen Bewerbern insgesamt als auch gegenüber den Bewerbern, für die tatsächlich besondere Vorkehrungen getroffen worden seien, benachteiligt worden. Wegen dieser Ungleichbehandlung ohne objektive Rechtfertigung rüge er einen Verstoß des EPSO gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wie er in Art. 10 AEUV und Art. 21 der Charta in Verbindung mit Art. 6 EUV und Art. 51 Abs. 1 der Charta vorgesehen sei. Ferner rüge er eine Missachtung seines Anspruchs auf Maßnahmen zur Gewährleistung seiner beruflichen Eingliederung und Teilnahme am Leben der Gemeinschaft unter Verstoß gegen Art. 26 der Charta und Art. 1d des Status, die Allgemeinen Vorschriften für allgemeine Auswahlverfahren, insbesondere Abschnitt 1.1.1, und Anhang III der Bekanntmachung, insbesondere Abschnitt 1.3.

97      Weiter macht der Kläger geltend, dass in der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste und der Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung im Wesentlichen ausgeführt werde, dass die Probleme im Zusammenhang mit der Durchführung des Auswahlverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Prüfungsausschusses fielen, die allein in den Bestimmungen der Bekanntmachung festgelegt sei. Diese Feststellung des EPSO sei in keiner Weise mit den Bestimmungen der Bekanntmachung zu vereinbaren, in denen die Möglichkeit geregelt sei, wegen einer Vorerkrankung besondere Vorkehrungen zu treffen, wie das EPSO sie ihm auch vorher zugebilligt habe. Außerdem dürfe die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht an der Aufteilung der Zuständigkeiten im Auswahlverfahren zwischen dem EPSO als Anstellungsbehörde und dem Prüfungsausschuss scheitern. Auf der Website des EPSO werde insoweit darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses Chancengleichheit und Gleichbehandlung sicherzustellen hätten.

98      Das EPSO habe auch weder den Nachweis erbracht, dass es den Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet habe, noch Gründe angegeben, die eine solche Ungleichbehandlung gemäß Art. 1d Abs. 6 des Statuts auf der Grundlage des Ziels von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik zu rechtfertigen vermöchten.

99      Mit dem Erlass der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste und der Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung sei das EPSO ihm gegenüber auch seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen.

100    Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

101    Nach Art. 21 Abs. 1 der Charta sind u. a. Diskriminierungen wegen einer Behinderung verboten.

102    Das Verbot einer jeden Diskriminierung ist auch im Statut verankert. Art. 1d des Status bestimmt:

„(1)      Bei der Anwendung dieses Statuts ist jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder einer sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten.

(4)      Für die Anwendung von Absatz 1 gilt eine Person als behindert, wenn sie langfristige körperliche, seelische, geistige Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen hat, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Hindernissen an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Diese Beeinträchtigung ist gemäß dem in Artikel 33 festgelegten Verfahren festzustellen.

Eine behinderte Person erfüllt die in Artikel 28 Buchstabe e genannten Anforderungen, wenn sie vorbehaltlich der Bereitstellung angemessener Vorkehrungen die wesentlichen Aufgaben ihrer Stelle erfüllen kann.

Als ‚angemessene Vorkehrungen‘ für die wesentlichen Aufgaben der Stelle gelten geeignete Maßnahmen, die gegebenenfalls erforderlich sind, um einer Person mit einer Behinderung den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung einer Beschäftigung, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten.

(5)      Führt eine unter das Statut fallende Person, die sich für benachteiligt hält, weil ihr gegenüber der oben ausgeführte Grundsatz der Gleichbehandlung nicht eingehalten wurde, Tatsachen an, die eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung vermuten lassen, obliegt es dem Organ, nachzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Diese Bestimmung ist in Disziplinarverfahren nicht anwendbar.

(6)      Jede Einschränkung des Diskriminierungsverbots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist unter Angabe von objektiven und vertretbaren Gründen zu rechtfertigen; dabei sind die legitimen Ziele von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik zu berücksichtigen. …“

103    Nach ständiger Rechtsprechung haben die Unionsorgane bei einem Auswahlverfahren nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung für alle Bewerber eines Auswahlverfahrens zu gewährleisten, dass die Prüfungen so störungsfrei und ordnungsgemäß wie möglich ablaufen. Die Verwaltung hat daher auf eine ordnungsgemäße Durchführung des Auswahlverfahrens zu achten (vgl. Urteil vom 24. April 2001, Torre u. a./Kommission, T‑159/98, EU:T:2001:121, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

1)      Zum Ablauf der Prüfung der Fallstudie

104    Im vorliegenden Fall ist, was den Ablauf der Prüfung der Fallstudie angeht, unstreitig, dass der Kläger diese Prüfung am 10. Januar 2020 in einem Testzentrum in [vertraulich] unter Aufsicht eines zugelassenen Dienstleistungsunternehmens nicht unter Bedingungen abgelegt hat, die den besonderen Vorkehrungen entsprochen hätten, die das EPSO ihm zuvor wegen seines Gesundheitszustands gewährt hatte. Außerdem ist unstreitig, dass diese Situation auf einen Fehler bei der internen Kommunikation zwischen dem EPSO und dem betreffenden Dienstleistungsunternehmen zurückzuführen ist.

105    Das EPSO hat dem Kläger mithin pflichtwidrig keinen störungsfreien und ordnungsgemäßen Ablauf der Prüfung der Fallstudie gewährleistet. Es hat nämlich nicht die besonderen Vorkehrungen getroffen, auf die der Kläger wegen seines Gesundheitszustands nach dem vorletzten Abschnitt der Bekanntmachung und nach Abschnitt 1.3 des Anhangs III der Bekanntmachung, mit denen die Einhaltung der Anforderungen gemäß Art. 21 Abs. 1 der Charta und Art. 1d des Statuts gewährleistet werden sollte, Anspruch hatte. Wegen des Verstoßes gegen diese Verpflichtung durch das EPSO leidet das Auswahlverfahren, was den Kläger angeht, somit unter einer Unregelmäßigkeit.

106    Eine Unregelmäßigkeit beim Ablauf der Prüfungen eines Auswahlverfahrens hat aber nur dann Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Prüfungen, wenn sie erheblich ist und die Ergebnisse der Prüfungen durch sie verfälscht werden konnten. Bei einer solchen Unregelmäßigkeit obliegt es dem beklagten Organ, darzutun, dass sie keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Prüfungen gehabt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. April 2001, Torre u. a./Kommission, T‑159/98, EU:T:2001:121, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Denn eine Unregelmäßigkeit kann nur dann zur Nichtigerklärung eines beschwerenden Rechtsakts führen, wenn das Verfahren ohne sie zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Deutschland und Dänemark/Kommission, C‑465/02 und C‑466/02, EU:C:2005:636, Rn. 37; Beschluss vom 3. März 2017, GX/Kommission, T‑556/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:139, Rn. 35).

107    Insoweit geht aus dem Bericht über die Ergebnisse und Kompetenzen des Klägers hervor, dass er im Auswahlverfahren, wenn ihm für die Prüfung der Fallstudie die Höchstpunktzahl (20/20) erteilt worden wäre, insgesamt [vertraulich] Punkte erreicht und damit die für die Aufnahme in die Reserveliste erforderliche Mindestpunktzahl (119,5 Punkte) verfehlt hätte. Die Unregelmäßigkeit, die dem EPSO im vorliegenden Fall bei der Prüfung der Fallstudie unterlaufen ist, war daher – so bedauerlich sie auch sein mag – nicht ausschlaggebend. Sie hat sich nämlich nicht auf das Endergebnis der Prüfungen auswirken können.

108    Folglich führt die Missachtung des Anspruchs des Klägers auf besondere Vorkehrungen durch das EPSO – auch wenn das Auswahlverfahren, was den Kläger angeht, deshalb hinsichtlich der Beachtung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung wegen einer Behinderung unter einer Unregelmäßigkeit leidet – nicht zur Aufhebung der angefochtenen Handlungen.

2)      Zum Ablauf der im Rahmen des Assessment-Centers durchgeführten Prüfungen

109    Zum Ablauf der im Rahmen des Assessment-Centers durchgeführten Prüfungen ist festzustellen, dass unter den Parteien streitig ist, ob die vereinbarten besonderen Vorkehrungen bei diesen Prüfungen für den Kläger getroffen worden sind.

110    Insoweit ist festzustellen, dass der Kläger sein Vorbringen, dass die vereinbarten besonderen Vorkehrungen bei den im Rahmen des Assessment Centers abgehaltenen Prüfungen nicht getroffen worden seien, in keiner Weise belegt hat.

111    Außerdem hat der Kläger nicht geltend gemacht, dass er, nachdem er am 3. März 2020 die im Rahmen des Assessment Centers durchgeführten Kompetenzprüfungen abgelegt hatte, wie bei der Prüfung der Fallstudie eine Beschwerde erhoben hätte. Er hat auch nicht behauptet, dass er das Aufsichtspersonal des Testzentrums während der Prüfung gebeten hätte, eine schriftliche Beschwerde aufzunehmen. Somit kann er sich nicht darauf berufen – auch nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung –, dass er Abschnitt 4.1 der Allgemeinen Vorschriften für allgemeine Auswahlverfahren in Anhang III der Bekanntmachung beachtet hätte, wo es insbesondere heißt, dass der Bewerber gebeten wird, „[b]ei einem Problem in einem Testzentrum das Aufsichtspersonal unverzüglich [zu informieren], damit bereits im Testzentrum eine Lösung gefunden werden kann“, und „[i]n jedem Fall … das Aufsichtspersonal [zu bitten], [seine] Beschwerde schriftlich festzuhalten … und … [dem] EPSO spätestens am dritten Kalendertag nach [seiner] Prüfung über die EPSO-Website … eine knappe Beschreibung des Problems [zu übermitteln]“.

112    Weiter ist festzustellen, dass das EPSO die betreffenden besonderen Vorkehrungen mit der E‑Mail vom 9. Dezember 2019 wohl in der Tat lediglich für die Prüfung der Fallstudie zugebilligt hatte und auf die Anträge des Klägers betreffend die übrigen Prüfungen nicht unmittelbar geantwortet hat. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass der Antrag des Klägers berücksichtigt worden ist und dass mit E‑Mail vom 30. Oktober 2019 eine entsprechende Weisung an die mit der Beaufsichtigung der übrigen Prüfungen betrauten Teams der Testzentren ergangen ist.

113    Da der Kläger, der die Beweislast trägt, sein Vorbringen in keiner Weise belegt hat, ist dieses zurückzuweisen.

114    Der zweite Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

c)      Zum dritten Klagegrund: Ungleichbehandlung gegenüber den Bewerbern, die sämtliche Prüfungen als Fernprüfungen abgelegt haben

115    Der Kläger macht geltend, dass er die Prüfungen „Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen“ und „Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen“ am 3. März 2020 im Assessment-Center in Präsenzform abgelegt habe, während die Bewerber, die diese Prüfungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelegt gehabt hätten, diese später im Rahmen der Fortsetzung des Verfahrens ab Herbst 2020 per Videokonferenz als Fernprüfungen abgelegt hätten. Wegen dieses Unterschieds hinsichtlich der Modalitäten der Ablegung der Prüfungen habe das EPSO ihn gegenüber den übrigen Bewerbern ungleich behandelt und zudem Verfahrensfehler begangen.

116    Falls den Bewerbern bei den als Fernprüfungen durchgeführten Prüfungen dieselben Aufgaben und Fragen vorgelegt worden seien wie den Bewerbern, die die im Rahmen des Assessment-Centers erfolgenden Prüfungen bereits in Präsenzform abgelegt hätten, wären Erstere gegenüber Letzteren begünstigt worden, weil sie für die Beantwortung der Fragen wegen der durch die elektronische Wiedergabe gemäß den neuen Modalitäten der Ablegung der Prüfungen als Fernprüfungen bedingten Zeitverzögerung mehr Zeit gehabt hätten. Die Bedingungen des Gesprächs seien bei diesen Bewerbern, weil sie mehr Zeit gehabt hätten, besser gewesen, was sich positiv auf deren Bewertung ausgewirkt haben könne. Das EPSO habe nicht versucht, diese Schlechterstellung zu korrigieren oder auszugleichen, obwohl solche Maßnahmen bei einem Auswahlverfahren aufgrund von Befähigungsnachweisen rechtlich zulässig seien.

117    Durch die Schaffung von Prüfungsbedingungen, die für die Bewerber objektiv nicht gleich gewesen seien, habe das EPSO auch einen Verfahrensfehler begangen, indem es den Nachtrag zur Bekanntmachung erlassen habe, ohne seine Interessen und die der übrigen Bewerber, die die Prüfungen in Präsenzform abgelegt hätten, zu berücksichtigen. Die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung gehe hierauf gar nicht ein, obwohl der Antrag darauf abgezielt habe. Das EPSO sei daher seiner Begründungspflicht gemäß Art. 296 AEUV nicht nachgekommen.

118    Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

119    Als Erstes ist zur Begründungspflicht festzustellen, dass ihr Umfang nach den konkreten Umständen, insbesondere nach dem Inhalt der Handlung, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen ist, das der Adressat an Erläuterungen haben kann (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2021, EKETA/Kommission, T‑177/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:929, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei der Prüfung der Frage, ob die Begründung ausreicht, ist diese in dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu betrachten, in dem die fragliche Handlung erfolgte. So ist eine Handlung hinreichend begründet, wenn sie in einem Zusammenhang erfolgt ist, der dem betreffenden Adressaten bekannt war und ihm ermöglicht, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2011, P/Parlament, T‑213/10 P, EU:T:2011:617, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Begründungspflicht erfüllt ist, ist auf die Informationen abzustellen, über die der Kläger zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage verfügte (Urteile vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑406/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:484, Rn. 50, und vom 22. April 2015, Evropaïki Dynamiki/Frontex, T‑554/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:224, Rn. 52).

120    Die Begründung ist dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen, und das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 51). Falls die Begründung nicht fehlt, sondern unzulänglich ist, können jedoch Erläuterungen, die im Lauf des Verfahrens gegeben werden, in außergewöhnlichen Fällen diese Unzulänglichkeit heilen, so dass eine darauf bezogene Rüge die Aufhebung der fraglichen Entscheidung nicht mehr rechtfertigt (Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 52). So ist es dem betreffenden Unionsorgan, wenn es im Zuge eines Auswahlverfahrens mit hoher Teilnehmerzahl rein praktisch nicht in der Lage ist, jedem Bewerber zeitnah eine hinreichende Begründung zu liefern, ganz ausnahmsweise gestattet, vor dem Unionsrichter ergänzende Unterlagen vorzulegen, etwa Protokolle von Prüfungsausschüssen (Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 53).

121    Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht der Begründung des Nachtrags zur Bekanntmachung (siehe oben, Rn. 47) festzustellen, dass der Kläger wusste, warum das EPSO die Modalitäten der Prüfungen des Auswahlverfahrens geändert hatte und dass die als Fernprüfungen abgehaltenen Prüfungen mit Ausnahme des SCBI inhaltlich mit den in Präsenzform abgehaltenen Prüfungen identisch sein würden. Er war zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage mithin in der Lage, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen.

122    Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission dem Kläger zusätzlich zu den in der Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung enthaltenen Erläuterungen der wesentlichen Gründe für den Erlass der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste im vorliegenden Verfahren weitere Erläuterungen geliefert hat. Mit ihren Schriftsätzen hat sie nämlich ein Dokument vorgelegt, aus dem zum einen hervorgeht, dass im Vorfeld geprüft wurde, ob sich die Ergebnisse danach unterscheiden, ob die Prüfungen als Fernprüfungen oder in Präsenzform abgehalten wurden, und zum anderen, dass bei allen Bewerbern bei den als Fernprüfungen und den in Präsenzform abgehaltenen Prüfungen dieselben Auswahlkriterien und Methoden angewandt wurden, insbesondere durch dieselbe Dauer der Prüfungen, die Verwendung strukturierter Prüfungsfragen, die einer vordefinierten Methodik anhand entsprechender Verhaltensindikatoren folgten, und die Teilnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu Beginn sämtlicher Prüfungen.

123    Somit ist nach der oben in den Rn. 118 und 119 dargestellten Rechtsprechung festzustellen, dass die Kommission nicht gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat.

124    Als Zweites ist zu der behaupteten Ungleichbehandlung wegen der Abhaltung der Prüfungen als Fernprüfungen festzustellen, dass das Gericht im Rahmen der richterlichen Kontrolle der Entscheidung eines Prüfungsausschusses, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen, prüft, ob die einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten wurden – d. h. die Vorschriften, insbesondere über das Verfahren, die im Statut und in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens festgelegt sind, und die Vorschriften, die die Arbeiten des Prüfungsausschusses regeln, insbesondere das Gebot der Unparteilichkeit des Prüfungsausschusses und dessen Verpflichtung, die Bewerber gleich zu behandeln – und ob kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteil vom 6. Juli 2022, JP/Kommission, T‑179/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:423, Rn. 67).

125    Nach der oben in den Rn. 69 bis 74 dargestellten Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist und legitimen Zielen von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik dient, und hat der Prüfungsausschuss, der verpflichtet ist, die kohärente Anwendung der Bewertungskriterien auf alle Bewerber zu gewährleisten, dafür zu sorgen, dass alle Bewerber in demselben Auswahlverfahren die gleiche Prüfung unter den gleichen Bedingungen ablegen, und somit darauf zu achten, dass die Prüfungen für alle Bewerber eindeutig den gleichen Schwierigkeitsgrad aufweisen. Dies gilt in besonderem Maße für die mündlichen Prüfungen.

126    Nach der Rechtsprechung bringt jede Prüfung allgemein naturgemäß die Gefahr einer Ungleichbehandlung mit sich. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung kann daher nur dann festgestellt werden, wenn der Prüfungsausschuss bei der Wahl der Prüfungen die Gefahr der Chancenungleichheit nicht auf die begrenzt hat, die allgemein jeder Prüfung innewohnt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 133). Die Entscheidung, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen, ist daher aufzuheben, wenn sich herausstellt, dass das Auswahlverfahren so organisiert war, dass die Gefahr einer Ungleichbehandlung höher war als die Gefahr, die jedem Auswahlverfahren innewohnt, ohne dass der betroffene Bewerber nachweisen muss, dass bestimmte Bewerber tatsächlich im Vorteil waren (Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 46).

127    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Änderung der Modalitäten der Prüfungen erfolgt ist, weil das mit der Covid-19-Pandemie, einem Fall höherer Gewalt, konfrontierte EPSO die Fortsetzung des Auswahlverfahrens unter Bedingungen gewährleisten musste, bei denen alle Bewerber gleich behandelt werden, und gleichzeitig die Modalitäten der Prüfungen verhältnismäßig anpassen musste, um die etwaigen nachteiligen Auswirkungen der Aussetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl auf die Bewerber als auch auf das einstellende Organ zu begrenzen (siehe oben, Rn. 59). Auch wenn Bewerber, die sich in Situationen befanden, die hinsichtlich des Auswahlverfahrens vergleichbar waren, bei der Ablegung der Prüfungen wegen mehrerer Modalitäten der Abhaltung der Prüfungen unterschiedlich behandelt worden sind, war eine solche Ungleichbehandlung daher dennoch objektiv gerechtfertigt und diente einem legitimen Ziel von allgemeinem Interesse im Rahmen der Personalpolitik.

128    Außerdem geht aus den im Vorfeld durchgeführten Studien, die von dem EPSO bei der Änderung der Modalitäten der Prüfungen herangezogen worden sind, hervor, dass die Modalitäten der Abhaltung der Prüfungen als Fernprüfungen im Kontext der Covid-19-Pandemie bei vorausgegangenen Prüfungen ausprobiert worden waren und dass sich anschließend erwiesen hatte, dass sie technisch zuverlässig sind, es hinsichtlich der Richtigkeit der Bewertung und der Ergebnisse der Bewerber keine signifikanten Unterschiede gibt und sie zudem von den Bewerbern mehrheitlich positiv aufgenommen wurden (siehe oben, Rn. 62). Weiter ist den Abschnitten 2 und 4 des Nachtrags zur Bekanntmachung im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Bewerber inhaltlich dieselben Prüfungen abgelegt haben – einen Sonderfall stellt lediglich die Gruppenübung dar, die durch das von allen Bewerbern abzulegende SCBI ersetzt wurde – und dass sich die Prüfungen somit allein hinsichtlich der Form und der Umgebung, in der sie abgelegt wurden, geändert haben, nicht aber hinsichtlich ihres Inhalts, ihrer Methode und ihrer Schwierigkeit.

129    Im Übrigen ist festzustellen, dass die Prüfer bei den einzelnen Prüfungen hinsichtlich der Gesprächsführung, der innerhalb des Gegenstands der Bekanntmachung angesprochenen Themen und Bereiche und der Fragen, die sie stellten, über ein weites Ermessen verfügten, auch wenn bei allen Bewerbern unabhängig von der Form, in der die Prüfungen abgehalten wurden, dieselben Beurteilungskriterien angewandt wurden. Die vom Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren bei der Bewertung der Kenntnisse und der Eignung der Bewerber vorgenommenen Beurteilungen sind nämlich Ausdruck eines Werturteils über die Prüfungsleistung jedes Bewerbers und fallen unter das weite Ermessen des Prüfungsausschusses. Sie können vom Richter nur überprüft werden, wenn ein offensichtlicher Verstoß gegen die Vorschriften vorliegt, die für die Arbeiten des Prüfungsausschusses gelten. Es kommt dem Gericht nämlich nicht zu, die vom Prüfungsausschuss für das Auswahlverfahren vorgenommene Beurteilung durch seine eigene zu ersetzen (Urteil vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 275).

130    Somit ist festzustellen, dass die unterschiedliche Behandlung der Bewerber, die dadurch erfolgte, dass die Prüfungen, die ursprünglich im Rahmen des Assessment Centers erfolgen sollten, nicht alle in Präsenzform abgehalten wurden, im vorliegenden Fall nicht geeignet war, bestimmte Bewerber gegenüber anderen zu begünstigen, und auch keine Gefahr der Chancenungleichheit geschaffen hat, die höher gewesen wäre, als die, die jedem Auswahlverfahren innewohnt. Da sie außerdem als Reaktion auf einen Fall höherer Gewalt eingeführt wurde, ist aus allen diesen Gründen festzustellen, dass diese Ungleichbehandlung, die objektiv und vertretbar gerechtfertigt war, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darstellte.

131    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

d)      Zum vierten Klagegrund: Ungleichbehandlung gegenüber den in die Reserveliste aufgenommenen Bewerbern, die vor dem Auswahlverfahren bei der Kommission beschäftigt waren

132    Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die Kommission bevorzugt Bewerber ausgewählt habe, die vor dem Auswahlverfahren bei ihr beschäftigt gewesen seien, obwohl das Auswahlverfahren unterschiedslos für externe und interne Bewerber offen gewesen sei. Er sei deshalb gegenüber den internen Bewerbern, die in die Reserveliste aufgenommen worden seien, ungleich behandelt worden.

133    Zum einen stützt sich der Kläger auf statistische Daten, nach denen unter den erfolgreichen Teilnehmern des Auswahlverfahrens weitaus mehr interne Bewerber der GD Wettbewerb und des Juristischen Dienstes der Kommission gewesen seien als externe Bewerber.

134    Zum anderen weist der Kläger darauf hin, dass nach der Bekanntmachung von den erfolgreichen Teilnehmern erwartet worden sei, dass sie „sofort einsatzfähig sind und unter der Anleitung [i]hrer Vorgesetzten in Teams mitarbeiten, die die Aufgabe haben, Märkte auf der Grundlage des sich aus Wettbewerbsvorschriften und ‑verfahren ergebenden Rechtsrahmens zu analysieren“. Außerdem habe sich eine Frage, die ihm in dem Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen gestellt worden sei, auf einen rein kommissionsinternen Ablauf bezogen. Die richtige Antwort hätten aus eigener Anschauung allein die internen Bewerber wissen können. Die Frage habe die Sprache betroffen, in der die Kommission über Auskunftsverlangen entscheide, und die Sprache, in der diese an die Adressaten übermittelt würden. Im Übrigen habe die Auswahl aufgrund von Befähigungsnachweisen es ermöglicht, die internen Mitarbeiter anhand der Fragen zur Berufserfahrung zu erkennen und sie zu bevorzugen.

135    Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

136    Als Erstes ist festzustellen, dass der Prüfungsausschuss bei der Beurteilung der Berufserfahrung der Bewerber sowohl in Bezug auf ihre Art und Dauer als auch auf ihren mehr oder weniger engen Zusammenhang, in dem sie mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen kann, nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Bestimmungen des Statuts über die Auswahlverfahren über ein weites Ermessen verfügt (vgl. Urteil vom 21. November 2000, Carrasco Benítez/Kommission, T‑214/99, EU:T:2000:272, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Bei einem Auswahlverfahren aufgrund von Prüfungen, bei dem jeder Bewerber mit jedem anderen Bewerber, auch mit denen, die dieselbe Berufserfahrung haben wie er selbst, um eine beschränkte Zahl von Plätzen auf der Reserveliste konkurriert und dessen Endergebnis allein von den Punkten abhängt, die die Bewerber bei den Prüfungen insgesamt erzielen, kann nicht allein deshalb, weil mehr interne Bewerber erfolgreich waren als externe, vermutet werden, dass Letztere diskriminiert worden wären (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 30. November 2005, Vanlangendonck/Kommission, T‑361/03, EU:T:2005:433, Rn. 53).

138    Der Umstand, dass bei einem allgemeinen Auswahlverfahren mehr interne Bewerber erfolgreich waren als externe, beweist also noch nicht, dass die internen Bewerber zu Unrecht bevorzugt worden wären. Die höhere Erfolgsquote der internen Bewerber kann nämlich auf andere objektive Umstände wie etwa eine bessere Vorbereitung auf die Prüfungen zurückzuführen sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 157 und 158).

139    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die vom Kläger angeführten statistischen Daten – einmal unterstellt, sie träfen zu – nach der oben in den Rn. 136 bis 138 dargestellten Rechtsprechung nicht beweisen, dass bei der Erstellung der Reserveliste die Bedingung, dass lediglich die Bewerber in die Liste aufgenommen werden, die eines der besten Gesamtergebnisse erzielt haben, nicht beachtet worden wäre.

140    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 7), diente das betreffende Auswahlverfahren der Einstellung von Beamten der Funktionsgruppe Administration im Fachgebiet Wettbewerbsrecht zum Einsatz in der GD Wettbewerb oder dem für Wettbewerbssachen zuständigen Team des Juristischen Diensts. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass es sich bei vielen erfolgreichen Teilnehmern des Auswahlverfahrens um Personen handelt, die auf diesem Fachgebiet tätig waren, als sie an dem Auswahlverfahren teilnahmen.

141    Aus denselben Gründen ist das Vorbringen des Klägers zurückzuweisen, dass Bewerber mit Berufserfahrung bei der Kommission bevorzugt ausgewählt worden seien, weil es in der Bekanntmachung heiße, dass die erfolgreichen Teilnehmer „sofort einsatzfähig“ sein müssten.

142    Als Zweites ist zu dem Vorbringen des Klägers, es liege eine Ungleichbehandlung vor, weil eine Frage, die für die Auswahl relevant gewesen sei, die in der GD Wettbewerb verwendeten Arbeitssprachen betroffen habe, zunächst festzustellen, dass die Beschränkung der Sprache 2 in dem betreffenden Auswahlverfahren auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch in der Bekanntmachung unter der Überschrift „KOMME ICH FÜR EINE BEWERBUNG INFRAGE?“ insbesondere damit begründet wurde, dass die Dienststellen der Kommission, für die das Auswahlverfahren durchgeführt werde, „für ihre analytische Arbeit und interne Kommunikation sowie für die Abfassung von Beschlüssen, Berichten und anderen Dokumenten lediglich eine begrenzte Zahl von Sprachen [verwenden]“. Weiter heißt es dort, dass „[d]ie Wahl dieser Sprachen, die in den genannten Fachgebieten erwiesenermaßen am häufigsten verwendet werden, … daher im Interesse des Dienstes getroffen [wurde]“ und dass, „[d]a die genannten Sprachen für bestimmte Bereiche des Fachgebiets Wettbewerb besonders wichtig sind, … künftige Mitarbeiter neben ihrer Sprache 1 über ausreichende Englisch‑, Französisch‑, Deutsch- oder Italienischkenntnisse verfügen [müssen], denn andernfalls wären sie nicht unmittelbar in der Lage, ihre jeweiligen Aufgaben wahrzunehmen“.

143    Im Übrigen wird die Sprachenpraxis der Kommission bei Auskunftsverlangen in Rn. 28 der Bekanntmachung der Kommission über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV (ABl. 2011, C 308, S. 6) beschrieben.

144    Und nach den in der Bekanntmachung unter der Überschrift „WELCHE AUFGABEN ERWARTEN MICH?“ enthaltenen Ausführungen gehört zu den Aufgaben der erfolgreichen Teilnehmer, die eingestellt werden können, im Fachgebiet Wettbewerbsrecht u. a. die Durchführung von Untersuchungen, insbesondere die Befragung von Marktteilnehmern, die Abfassung und Analyse von Fragebögen zur Marktuntersuchung und die Überprüfung interner Unterlagen.

145    Daher kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, die Frage, die ihm im Gespräch zu den fachbezogenen Kompetenzen (Wettbewerbsrecht) gestellt worden sei, beweise, dass er wegen seiner fehlenden Berufserfahrung bei der Kommission diskriminiert worden sei.

146    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil vom 13. Februar 1979, Martin/Kommission (24/78, EU:C:1979:37), auf das sich der Kläger beruft.

147    In dem Urteil vom 13. Februar 1979, Martin/Kommission (24/78, EU:C:1979:37), hat der Gerichtshof darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gesehen, dass ein Bewerber des betreffenden Auswahlverfahrens durch die Auswahl des Themas für die schriftliche Prüfung ungebührlich begünstigt wurde, da er bei diesem Thema auf die besondere Erfahrung zurückgreifen konnte, die er in Ausübung seiner früheren Aufgaben erworben hatte. Mit dieser Feststellung wurde in dem Urteil aber lediglich eine Verpflichtung des Prüfungsausschusses auf der Grundlage des Grundsatzes der Gleichbehandlung begründet, die besondere Erfahrung der Bewerber bei der Auswahl der schriftlichen Prüfung eines internen Auswahlverfahrens zu berücksichtigen, falls es nur eine überaus geringe Zahl von Bewerbern und von zu besetzenden Dienstposten gibt.

148    Außerdem unterscheidet sich der Sachverhalt, um den es hier geht, von demjenigen, der dem Urteil vom 13. Februar 1979, Martin/Kommission (24/78, EU:C:1979:37), zugrunde lag. Abgesehen davon, dass in dieser letztgenannten Rechtssache lediglich zwei Bewerber für die schriftliche Prüfung zugelassen waren, verlangte das Thema der Prüfung fundierte Kenntnisse, war also geeignet, ganz offensichtlich den Bewerber zu begünstigen, der in einem Bereich beruflich tätig war, der viel mit dem betreffenden Thema zu tun hatte. Außerdem wurde das Thema der Prüfung vom Prüfungsausschuss zu einem Zeitpunkt ausgewählt, als er bereits wusste, um wen es sich bei den beiden Bewerbern handelte.

149    Was als Drittes das Vorbringen des Klägers angeht, dass die internen Bewerber anhand der Auswahl aufgrund von Befähigungsnachweisen hätten identifiziert und begünstigt werden können, kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass der Kläger nach der Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen zur nächsten Phase des Auswahlverfahrens zugelassen wurde. Der Kläger kann deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, dass er in der Phase der Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen Opfer einer Ungleichbehandlung gewesen wäre.

150    Folglich ist der vierte Klagegrund und damit der erste Klageantrag insgesamt zurückzuweisen, ohne dass auf die Zulässigkeit der Aufhebungsanträge des Klägers eingegangen zu werden braucht.

C.      Zum dritten Klageantrag

1.      Zum Gegenstand des dritten Klageantrags

151    Mit dem dritten Klageantrag beantragt der Kläger, festzustellen, dass die Kommission gegen Art. 265 AEUV verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, innerhalb der Frist gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts über seine Beschwerde zu entscheiden.

152    Auf das Vorbringen der Kommission hin, dass, wenn auf eine Beschwerde innerhalb der vorgesehenen Frist keine Antwort erteilt werde, dies als stillschweigende Ablehnung gelte, gegen die eine Aufhebungsklage zulässig gewesen wäre, hat der Kläger seinen dritten Klageantrag in der Erwiderung geändert. Er beantragt nun im Wesentlichen, die stillschweigende Ablehnung seiner Beschwerde aufzuheben, hilfsweise, festzustellen, dass die Kommission gegen Art. 265 AEUV verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, innerhalb der vorgesehenen Frist über seine Beschwerde zu entscheiden.

153    Zur Zulässigkeit der Änderung des dritten Klageantrags ist festzustellen, dass der Kläger nach Art. 76 Buchst. d und e der Verfahrensordnung des Gerichts in der Klageschrift den Streitgegenstand und seine Anträge angeben muss. Somit können nur die in der Klageschrift gestellten Anträge berücksichtigt werden, und die Begründetheit der Klage kann allein anhand der in der Klageschrift enthaltenen Anträge geprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2010, Deutschland/Kommission, T‑236/07, EU:T:2010:451, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Für den Fall, dass die Änderung des dritten Klagegrundes als Antrag auf Anpassung der Klageanträge im Sinne von Art. 86 Abs. 3 der Verfahrensordnung anzusehen sein sollte, ist festzustellen, dass durch die stillschweigende Ablehnung kein Rechtsakt mit demselben Gegenstand wie der, dessen Nichtigerklärung in der Klageschrift beantragt wurde, ersetzt oder geändert wird. Außerdem ist die Anpassung der Klageschrift entgegen dem in der genannten Vorschrift aufgestellten Formerfordernis nicht mit gesondertem Schriftsatz erfolgt.

155    Die Änderung des dritten Klageantrags, die in der Erwiderung vorgenommen wurde, ist mithin unzulässig.

2.      Zum Antrag auf Feststellung einer Untätigkeit der Kommission

156    Der Kläger macht geltend, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung über seine Beschwerde innerhalb der Frist gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts einen Verstoß gegen Art. 265 AEUV, Art. 90 Abs. 2 des Statuts und Abschnitt 4.3.1 der Bekanntmachung darstelle.

157    In Fällen, in denen ein Bewerber in einem Auswahlverfahren die Überprüfung einer Entscheidung des Prüfungsausschusses beantragt, stellt nach der oben in Rn. 33 dargestellten Rechtsprechung die vom Prüfungsausschuss nach der Überprüfung der Situation des Bewerbers getroffene Entscheidung die den Bewerber beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 oder gegebenenfalls Art. 91 Abs. 1 des Statuts dar. Die nach der Überprüfung erlassene Entscheidung tritt dadurch an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung des Prüfungsausschusses.

158    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich der Kläger am 17. Januar 2021 mit einem Schreiben an das EPSO gewandt hat, mit dem er sowohl die Überprüfung der Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste beantragt hat als auch gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt hat.

159    Da die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste und der Antrag auf Überprüfung dieser Entscheidung gleichzeitig eingereicht wurden, ist nach der oben in Rn. 157 dargestellten Rechtsprechung festzustellen, dass sich die Beschwerde auf eine Handlung bezog, die dann in der Folge durch die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung ersetzt wurde, wobei allein Letztere die beschwerende Handlung darstellt, die Gegenstand des ersten Klageantrags ist (siehe oben, Rn. 34).

160    Somit ist festzustellen, dass die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Nichtaufnahme in die Reserveliste mit dem Erlass der Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung gegenstandslos geworden ist.

161    Soweit der Kläger auf eine entsprechende Frage des Gerichts geltend gemacht hat, dass zwischen dem EPSO und dem Prüfungsausschuss zu unterscheiden sei, übersieht er, dass er seinen Antrag auf Überprüfung und seine Beschwerde mit seinem Schreiben vom 17. Januar 2021 selbst einheitlich bei ein und derselben Stelle, nämlich dem EPSO, eingereicht hat. Sein Vorbringen ist daher nicht stichhaltig. Es vermag die Feststellung, dass seine Beschwerde gegenstandslos geworden ist, nicht zu entkräften.

162    Hätte der Kläger das außergerichtliche Verfahren gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts fortsetzen wollen – obwohl er hierzu nach der Rechtsprechung, wonach der Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung eines Prüfungsausschusses normalerweise in der unmittelbaren Anrufung des Gerichtshofs besteht, nicht verpflichtet war –, hätte er, nachdem die Entscheidung über den Antrag auf Überprüfung ergangen war, gegen diese Entscheidung eine neue Beschwerde einlegen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2015, Cuallado Martorell/Kommission, T‑506/12 P, EU:T:2015:931, Rn. 54 und 56).

163    Somit kann der Kläger auf der Grundlage von Art. 265 AEUV nicht mit Erfolg eine Untätigkeit der Kommission geltend machen, die darin bestehen soll, dass das EPSO es unterlassen hat, eine Entscheidung zu erlassen, die es nicht erlassen musste, weil der Kläger beim EPSO nicht ordnungsgemäß eine zulässige Beschwerde mit einem existierenden Gegenstand eingereicht hat.

164    Folglich ist auch der dritte Klageantrag zurückzuweisen und die Klage damit insgesamt abzuweisen.

 Kosten

165    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

166    Nach Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht aber auch eine obsiegende Partei zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilen, wenn dies insbesondere wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint.

167    Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung dann anzuwenden, wenn die Entstehung des Rechtsstreits durch das Verhalten eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union begünstigt wurde (vgl. Urteil vom 8. Juli 2015, European Dynamics Luxembourg u. a./Kommission, T‑536/11, EU:T:2015:476, Rn. 391 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

168    In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Umstands, dass das EPSO seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung wegen einer Behinderung dem Kläger einen Verfahrensablauf zu gewährleisten, der die besonderen Vorkehrungen berücksichtigte, die für ihn vorgesehen waren, gelangt das Gericht zu der Einschätzung, dass das EPSO und somit die Kommission durch ihr Verhalten teilweise die Anrufung des Gerichts in der vorliegenden Rechtssache verursacht haben.

169    Obwohl der Kläger mit seinen Anträgen unterlegen ist, hält das Gericht es unter diesen Umständen daher für angemessen, dem Kläger neben seinen eigenen Kosten lediglich die Hälfte der Kosten der Kommission und dieser die Hälfte ihrer eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      SY trägt seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Europäische Kommission trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten.

da Silva Passos

Valančius

Truchot

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2022

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.


1      Das vorliegende Urteil wird in Auszügen veröffentlicht.