Language of document : ECLI:EU:T:2014:752

Rechtssache T‑112/11

Schutzgemeinschaft Milch und Milcherzeugnisse e. V.

gegen

Europäische Kommission

„Nichtigkeitsklage – Eintragung einer geschützten geografischen Angabe – ‚Edam Holland‘ – Fehlendes Rechtsschutzinteresse – Fehlende unmittelbare Betroffenheit – Unzulässigkeit“

Leitsätze – Beschluss des Gerichts (Sechste Kammer) vom 3. September 2014

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Verordnung über die Eintragung bestimmter Bezeichnungen in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben – Schutz der geografischen Angabe „Edam Holland“ – Klage einer Vereinigung von Herstellern und Vermarktern von Edam – Mitglieder der Vereinigung, die nicht selbst befugt sind, zu handeln – Unzulässigkeit

(Art. 263 Abs. 4 AEUV; Verordnung Nr. 1121/2010 der Kommission)

2.      Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Erfordernis eines bestehenden und gegenwärtigen Interesses – Beurteilung zum Zeitpunkt der Klageerhebung – Interesse, das sich auf zukünftige und ungewisse Situationen bezieht – Ausschluss

(Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 1121/2010 der Kommission)

3.      Landwirtschaft – Einheitliche Rechtsvorschriften – Schutz der geografischen Angaben und der Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel – Verordnung Nr. 510/2006 – Möglichkeit für die natürlichen und juristischen Personen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen oder ansässig sind, einen Einspruch gegen die Eintragung einer geografischen Angabe oder einer Ursprungsbezeichnung bei der Kommission einzulegen – Fehlen

(Verordnung Nr. 510/2006 des Rates, Art. 7 Abs. 1 und 2)

1.      Eine Vereinigung ist zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage grundsätzlich nur dann befugt, wenn sie bestimmte besondere Umstände insbesondere verfahrensrechtlicher Art geltend machen kann oder wenn die von ihr vertretenen Mitglieder oder einige von ihnen selbst eine zulässige Klage hätten erheben können. Die Klage muss der Partei, die sie eingelegt hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen können. Die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung verlangt u. a., dass sich die beanstandete Maßnahme auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt.

Dies ist bei einer Klage einer Vereinigung von Herstellern sowie Vermarktern von Edam gegen die Verordnung Nr. 1121/2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Edam Holland [g.g.A.]) nicht der Fall. Da diese Verordnung eindeutig vorsieht, dass die Bezeichnung „Edam“ weiter verwendet werden kann, würde eine eventuelle Nichtigerklärung den Mitgliedern der Vereinigung insoweit keinen Vorteil verschaffen. Da die Verordnung Nr. 1121/2010 vorsieht, dass das Wort „Edam“ für die Vermarktung von Käse weiterhin verwendet werden darf, berührt diese Verordnung außerdem nicht die Rechtsstellung der Mitglieder der Vereinigung.

Was ebenso den Umstand anbelangt, dass diese Verordnung die Gefahr begründe, dass bestimmte Verpackungsgestaltungen, die das Wort „Edam“ zusammen mit Abbildungen zeigen, die auf die Niederlande hindeuten, als Verstoß gegen die Verordnung Nr. 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel angesehen werden könnten, würde die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung den Mitgliedern der Vereinigung keinen Vorteil verschaffen, da eine solche Nichtigerklärung die nach dem Unionsrecht bestehende Pflicht, den Verbraucher hinsichtlich des Ursprungs oder der Herkunft von Lebensmitteln nicht irrezuführen, nicht beseitigen würde.

Aus dem Umstand, dass die Hersteller, die das Recht haben, das Qualitätssiegel für die geschützte geografische Angabe „Edam Holland“ zu benutzen, einen Wettbewerbsvorteil haben, kann das Vorliegen irgendeiner nachteiligen Auswirkung der Verordnung Nr. 1121/2010 auf die Rechtsstellung der Mitglieder der Vereinigung nicht abgeleitet werden. Diese Verordnung soll nämlich nicht ein den Mitgliedern dieser Vereinigung zustehendes Recht entziehen, sondern allen Wirtschaftsteilnehmern, auch diesen Mitgliedern, deren Waren die in dieser Verordnung vorgesehene Spezifikation beachten – falls sie es wünschen –, ein neues Recht einräumen.

(vgl. Rn. 18, 22, 24, 29-31, 38, 43, 45)

2.      Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage kann sich das Klageinteresse daraus ergeben, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Rechtslage des Klägers durch Klageerhebungen erwiesen ist, oder aber daraus, dass die Gefahr von Klageerhebungen zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestehend und gegenwärtig ist. Da jedoch eine Partei zur Rechtfertigung ihres Interesses an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung keine zukünftigen und ungewissen Situationen anführen kann, ist das Vorbringen, wonach die Verordnung Nr. 1121/2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Edam Holland [g.g.A.]) die Mitglieder einer Vereinigung von Herstellern sowie Vermarktern von Edam der Gefahr aussetze, wegen der Verwendung des Wortes „Edam“ verklagt zu werden, in Ermangelung von Beweisen, dass sich die behauptete Gefahr zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem Unionsrichter als bestehend und gegenwärtig erwiesen habe, zurückzuweisen.

(vgl. Rn. 32-34)

3.      Aus Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ergibt sich, dass die natürlichen oder juristischen Personen mit einem berechtigten Interesse, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen oder ansässig sind, nicht die Möglichkeit haben, einen Einspruch gegen einen Antrag auf Eintragung einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe direkt bei der Kommission einzulegen.

(vgl. Rn. 42)