Language of document : ECLI:EU:T:2014:621

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

9. Juli 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke HEATSTRIP – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑184/12

Moonich Produktkonzepte & Realisierung GmbH mit Sitz in Sauerlach b. München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Pannen,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Thermofilm Australia Pty Ltd mit Sitz in Melbourne (Australien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Kroher und K. Bach,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 26. Januar 2012 (Sache R 1956/2010‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Thermofilm Australia Pty Ltd und der Moonich Produktkonzepte & Realisierung GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. Collins,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 26. April 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 10. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 2. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 14. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung der Klägerin,

aufgrund der am 18. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung der Streithelferin,

aufgrund der Zuweisung der Rechtssache an die Sechste Kammer und an einen neuen Berichterstatter,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Beteiligten binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 8. Oktober 2008 meldete die Klägerin, die Moonich Produktkonzepte & Realisierung GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen HEATSTRIP.

3        Es wurden folgende Waren der Klassen 9, 11 und 35 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Thermostate“;

–        Klasse 11: „Beleuchtungs‑, Heizungs‑, Dampferzeugungs‑, Koch‑, Kühl‑, Trocken‑, Lüftungs‑ und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Einzel- und Ersatzteile für sämtliche vorstehenden Waren“;

–        Klasse 35: „Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Thermostate, Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, Einzel- und Ersatzteile für sämtliche vorstehenden Waren“.

4        Die Klägerin nahm nach Art. 30 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 30 der Verordnung Nr. 207/2009) die Priorität einer früheren, am 16. April 2008 eingereichten Anmeldung einer deutschen Marke in Anspruch.

5        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 007/2009 vom 20. Februar 2009 veröffentlicht.

6        Am 8. Mai 2009 erhob die Streithelferin, die Thermofilm Australia Pty Ltd, gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle in Rn. 3 des vorliegenden Urteils genannten Waren und Dienstleistungen.

7        Der Widerspruch stützte sich auf von der Streithelferin beanspruchte ältere Rechte an der nicht eingetragenen Wortmarke HEATSTRIP, die in Australien, Kanada, den Vereinigten Staaten von Amerika und im Vereinigten Königreich geschützt sei für „Heizungsgeräte und ihre Einzelteile; Thermostate, Zeit- und Stromregler für Heizungsgeräte“.

8        Begründet wurde der Widerspruch hinsichtlich der vier in der vorstehenden Randnummer genannten Staaten mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und hinsichtlich des Vereinigten Königreichs mit Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung. Die Streithelferin machte zum einen geltend, die Klägerin sei ihre Agentin und habe die Marke ohne ihre Zustimmung in eigenem Namen angemeldet; zum anderen habe die Streithelferin ältere Rechte an dieser Marke, u. a. das Recht, der Klägerin die Benutzung zu untersagen.

9        Mit Entscheidung vom 10. September 2010 wies die Widerspruchsabteilung beide Widerspruchsgründe als nicht hinreichend substantiiert zurück, da es der Streithelferin nicht gelungen sei, ihre älteren Rechte zu beweisen.

10      Am 7. Oktober 2010 legte die Streithelferin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein, mit der sie die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung und die Zurückweisung der Anmeldung als Gemeinschaftsmarke beantragte.

11      Mit Entscheidung vom 26. Januar 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM den Widerspruch, soweit er sich auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 stützte, zurück und gab ihm, soweit er sich hinsichtlich Australiens auf Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung stützte, statt. Die Beschwerdekammer ging im Wesentlichen davon aus, dass die Streithelferin bewiesen habe, in Australien ausschließliche Rechte an der Marke HEATSTRIP erworben zu haben, dass zwischen den Beteiligten ein Treuhandverhältnis bestanden habe und dass nach Aktenlage keine Zustimmung der Streithelferin zur Anmeldung der Marke durch die Klägerin vorgelegen habe.

 Anträge der Beteiligten

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

13      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Aufhebungsgründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und den Gleichbehandlungsgrundsatz, zweitens einen Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 dieser Verordnung und drittens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung geltend macht.

15      Zunächst ist der zweite Aufhebungsgrund zu prüfen.

 Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009

16      Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer eigene Ermittlungen zum anwendbaren nationalen Recht hinsichtlich des Schutzes der Anmeldemarke in Australien angestellt habe, indem sie Kriterien angewandt habe, die sich nicht aus dem von der Streithelferin vorgetragenen und unter Beweis gestellten australischen Recht ergäben. So gehe aus den von der Streithelferin vorgelegten Belegen nicht hervor, dass der Begriff „reputation“ im australischen Recht eine andere Bedeutung habe als der von der Widerspruchsabteilung verwendete Begriff der Bekanntheit im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009. Dies gelte auch für die Feststellung der Beschwerdekammer, dass der Begriff „reputation“ im australischen Recht dem Begriff „goodwill“ nahestehe. Der Begriff „goodwill“ werde in dem von der Streithelferin als Beweis beigebrachten Dokument nicht erwähnt. Aufgrund dessen habe die Beschwerdekammer gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

17      Das HABM und die Streithelferin treten dem Standpunkt der Klägerin entgegen.

18      Wie aus Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, ist es in Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse Sache des Beteiligten, der der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke unter Berufung auf eine ältere nationale Marke widerspricht, deren Existenz und gegebenenfalls ihren Schutzumfang nachzuweisen. Dagegen hat das HABM zu prüfen, ob in einem Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen für das Vorliegen eines geltend gemachten Eintragungshindernisses erfüllt sind. In diesem Rahmen muss es die angeführten Tatsachen und die Beweiskraft der von den Beteiligten vorgelegten Beweisstücke würdigen (Urteil des Gerichts vom 20. April 2005, Atomic Austria/HABM – Fabricas Agrupadas de Muñecas de Onil [ATOMIC BLITZ], T‑318/03, Slg. 2005, II‑1319, Rn. 33 und 34).

19      Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, obliegt es nach dieser Regel dem Antragsteller nicht nur, vor dem HABM die Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er die nach den nationalen Rechtsvorschriften, deren Anwendung er begehrt, erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, um die Benutzung einer Gemeinschaftsmarke aufgrund eines älteren Rechts untersagen lassen zu können, sondern auch, die Angaben vorzubringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergibt (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, Slg. 2011, I‑5853, Rn. 50).

20      Jedoch schließt die nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Beschränkung der tatsächlichen Grundlage der Prüfung durch das HABM nicht aus, dass dieses neben den von den Beteiligten des Widerspruchsverfahrens ausdrücklich vorgetragenen Tatsachen offenkundige Tatsachen berücksichtigt, d. h. Tatsachen, die jeder kennen kann oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (Urteil des Gerichts vom 22. Juni 2004, Ruiz-Picasso u. a./HABM – DaimlerChrysler [PICARO], T‑185/02, Slg. 2004, II‑1739, Rn. 29, insoweit nicht mit Rechtsmittel angefochten, und Urteil ATOMIC BLITZ, oben in Rn. 18 angeführt, Rn. 35).

21      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass die Streithelferin als Beweis für ihre Benutzung der Marke in Australien eine Reihe von Geschäftspapieren sowie von Werbe- und Presseunterlagen beigebracht habe (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung).

22      Zum anwendbaren Recht hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die Streithelferin habe als Beweis dafür, dass in Australien nach Common law Rechte an einem Zeichen durch Benutzung im Handel erworben werden könnten und dass gegen einen Wettbewerber, der das Zeichen benutze, Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) erhoben werden könne, einen Auszug aus dem World Trademark Yearbook 2006, einem Leitfaden für Praktiker, vorgelegt (Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung).

23      Nach Ansicht der Beschwerdekammer hatte die Streithelferin hinreichend nachgewiesen, dass sie die Marke HEATSTRIP für den Handel mit Heizungsgeräten in Australien benutzt habe und dass sie nach den australischen Rechtsvorschriften ausschließliche Rechte an dieser Marke erworben habe (Rn. 32 bis 39 der angefochtenen Entscheidung). In ihrer Gesamtheit betrachtet untermauerten die von der Streithelferin vorgelegten Beweise die Behauptung hinsichtlich ihrer Rechte nach Common law (Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung).

24      Zu den Feststellungen der Widerspruchsabteilung hat die Beschwerdekammer, nachdem sie ausgeführt hatte, dass diese bei ihrer Prüfung des Kriteriums „reputation“ nach Common law wahrscheinlich an die Bekanntheit im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gedacht habe, darauf hingewiesen, dass diese beiden Begriffe nicht dieselben seien. Der Begriff „reputation“ sei im Zusammenhang mit der Kennzeichenverletzung allgemein mit dem Begriff „goodwill“ verknüpft. Dies bedeute, dass der Beteiligte, der eine „reputation“ nach Common law geltend mache, nicht beweisen müsse, dass seine Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 Bekanntheit erlangt habe, sondern, wie sich aus dem Kapitel des World Trademark Yearbook 2006 über Australien ergebe, dass „die relevanten Verkehrskreise auf sie aufmerksam geworden sind und sie für die Verkehrskreise eine gewisse Bedeutung erlangt hat“ (it has come to the attention of the relevant public and has attained a level of significance in the public mind) (Rn. 41 und 42 der angefochtenen Entscheidung).

25      Nach Ansicht der Beschwerdekammer hatten der sehr erhebliche Absatz von Produkten und die über mehrere Jahre entfaltete Werbetätigkeit dazu geführt, dass die Marke von den relevanten Verkehrskreisen mit den Produkten der Streithelferin in Verbindung gebracht werden. Ihre Benutzung habe mit anderen Worten in solchem Maße einen „goodwill“ und eine „reputation“ geschaffen, dass die Marke Schutz im Rahmen der Kennzeichenverletzung genießen könne (Rn. 43 der angefochtenen Entscheidung).

26      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer bei ihrer Beurteilung in Bezug auf das australische Recht nicht gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat.

27      Zwar enthält der Australien betreffende Auszug aus dem World Trademark Yearbook 2006, den die Streithelferin ihrer Widerspruchsbegründung beigefügt hatte, keine förmliche Definition des Begriffs „reputation“ im Common law und auch keine ausdrückliche Bezugnahme auf das Konzept des „goodwill“. Unter Hinweis darauf, dass es keine Regel dafür gebe, welcher Grad an „reputation“ genau erforderlich sei, bietet er jedoch hierfür Leitlinien. Aus diesen Leitlinien ergibt sich mit hinreichender Klarheit, dass die „reputation“ im Kontext der Kennzeichenverletzung nicht derselbe Begriff ist wie die Bekanntheit im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009.

28      So heißt es in dem Auszug, dass die relevanten Verkehrskreise auf die Marke „aufmerksam geworden sein“ müssen und die Marke für sie „eine gewisse Bedeutung erlangt haben“ muss. Ein Werbezeitraum von nur einigen Wochen könne dafür ausreichen, wenn die Reichweite der Werbung ganz erheblich sei (a period of promotion of just a few weeks’ duration has been held sufficient in some cases where the magnitude of the promotion was quite substantial), und es sei nicht unbedingt erforderlich, dass die Marke in Australien verwertet worden sei, sofern für dieses Staatsgebiet eine hinreichende „reputation“ durch Übertragung aus einem anderen Staatsgebiet (spill over reputation) nachgewiesen sei (it is not necessary to have actually carried on business in Australia, as long as sufficient spill-over reputation can be proved).

29      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die im Kontext der Kennzeichenverletzung eng miteinander verknüpften Begriffe „reputation“ und „goodwill“ Begriffe des Common law sind, die dem HABM insbesondere hinsichtlich des Vereinigten Königreichs, einem Mitgliedstaat, der diese Begriffe mit Australien gemeinsam hat und zu dem die Streithelferin im Übrigen Informationen im Rahmen des Widerspruchs vorgelegt hatte, wohlbekannt sind. Wie die Streithelferin hervorhebt und die Klägerin dies einräumt, wird überdies in den offiziellen Richtlinien des HABM die Kennzeichenverletzung nach Common law ausdrücklich als Grundlage für einen Widerspruch genannt.

30      Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen, die nach Common law für die Erlangung von Schutz gegen Kennzeichenverletzung gelten, in der Gemeinschaftsrechtsprechung erwähnt worden sind (Urteile des Gerichts vom 11. Juni 2009, Last Minute Network/HABM – Last Minute Tour [LAST MINUTE TOUR], T‑114/07 und T‑115/07, Slg. 2009, II‑1919, Rn. 48 bis 53, vom 9. Dezember 2010, Tresplain Investments/HABM – Hoo Hing [Golden Elephant Brand], T‑303/08, Slg. 2010, II‑5659, Rn. 92 bis 122, und vom 18. Januar 2012, Tilda Riceland Private/HABM – Siam Grains [BASmALI], T‑304/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 18 bis 28). In diesem Rahmen hat der Unionsrichter u. a. ausgeführt, dass das HABM keinen Fehler begangen habe, als es angenommen hatte, dass ein Unternehmen „goodwill“ schaffen könne, ohne den für eine Bekanntheit im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 erforderlichen Bekanntheitsgrad erlangt zu haben (Urteil Golden Elephant Brand, Rn. 117).

31      In Anbetracht all dieser Angaben, die in der Akte des HABM enthalten waren oder offenkundige Tatsachen im Sinne der in Rn. 20 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellten, kann nicht angenommen werden, dass die Beschwerdekammer mit ihren Ausführungen in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat.

32      Folglich ist der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht wird, als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

 Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und den Gleichbehandlungsgrundsatz

33      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, ihr vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens keine Gelegenheit gegeben zu haben, zu den Gründen, mit denen die Kammer die Entscheidung der Widerspruchsabteilung schließlich aufgehoben habe, Stellung zu nehmen und gegebenenfalls ergänzend vorzutragen. Hierzu habe insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung Veranlassung bestanden, da die Streithelferin die Möglichkeit gehabt habe, zum Bestehen ihres Rechts des geistigen Eigentums zweimal ergänzend vorzutragen. Dies habe auch für das Agentenverhältnis gegolten, weil die Widerspruchsabteilung auf diese Frage nicht eingegangen sei, der Berichterstatter der Beschwerdekammer seine Prüfung der Beschwerde auf das Bestehen eines älteren Rechts im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 beschränkt habe und die Beschwerdekammer ihren Standpunkt auf Erwägungen gestützt habe, die sich so nicht aus dem Vorbringen der Streithelferin ergeben hätten. Schließlich habe die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung auf bislang nicht erörterte Gesichtspunkte gestützt, ohne die Klägerin zur Bedeutung des Begriffs „reputation“ im Sinne der Regelung der Kennzeichenverletzung im australischen Common law anzuhören.

34      Das HABM und die Streithelferin treten dem Standpunkt der Klägerin entgegen.

35      Nach der Rechtsprechung leitet sich aus Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ab, dass das HABM seine Entscheidung nur auf tatsächliche oder rechtliche Erwägungen stützen kann, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, Slg. 2004, I‑10107, Rn. 42; Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2007, Kustom Musical Amplification/HABM [Form einer Gitarre], T‑317/05, Slg. 2007, II‑427, Rn. 25).

36      Diese Vorschrift gewährleistet im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung, der im Übrigen in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgt ist. Nach diesem Grundsatz muss der Adressat einer amtlichen Entscheidung, die seine Interessen spürbar berührt, Gelegenheit erhalten, seinen Standpunkt gebührend darzulegen (Urteil Form einer Gitarre, oben in Rn. 35 angeführt, Rn. 26).

37      Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (Urteil Form einer Gitarre, oben in Rn. 35 angeführt, Rn. 27, Urteile des Gerichts vom 3. Dezember 2003, Audi/HABM [TDI], T‑16/02, Slg. 2003, II‑5167, Rn. 75, und vom 23. September 2009, Evets/HABM [DANELECTRO und QWIK TUNE], T‑20/08 und T‑21/08, Slg. 2009, II‑3515, Rn. 47).

38      Die Klägerin macht erstens geltend, dass es die Gleichbehandlung geboten hätte, auch ihr die Möglichkeit zu geben, auf die Gründe einzugehen, mit denen die Beschwerdekammer die Entscheidung über den Widerspruch aufgehoben habe, da die Streithelferin von der „vorläufigen Rechtsauffassung“ der Beschwerdekammer in Kenntnis gesetzt worden sei und zum Bestehen ihres Rechts des geistigen Eigentums zweimal habe ergänzend vortragen können. Dieses Argument ist aus den folgenden Gründen zurückzuweisen.

39      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer mit ihren an die Streithelferin gerichteten Aufforderungen vom 26. September und 11. Oktober 2011 dieser Beteiligten nicht eine „vorläufige Rechtsauffassung“ mitgeteilt, sondern nur von ihrer Befugnis nach Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 Gebrauch gemacht hat, um die für ihre Beurteilung erforderlichen Einzelheiten zusammenzutragen.

40      Außerdem ist nach diesen an die Streithelferin gerichteten Aufforderungen am 24. November 2011 eine Aufforderung an die Klägerin ergangen, gegebenenfalls eine Stellungnahme zu den Antworten der Streithelferin einzureichen. Daher ist dieses Argument der Klägerin, soweit mit ihm ein Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt werden sollte, der anlässlich der Aufforderungen an die Streithelferin, ergänzend vorzutragen, begangen worden sein soll, nicht stichhaltig.

41      Sodann ist zu bemerken, dass dieses vom HABM erbetene zusätzliche Vorbringen den Widerspruch betraf, soweit er auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt war. Der aufgrund dieser Vorschrift erhobene Widerspruch wurde jedoch von der Beschwerdekammer zurückgewiesen, und die vorliegende Klage hat daher ausschließlich den Widerspruch zum Gegenstand, soweit er auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt ist, also den Widerspruch, dem – nach Ansicht der Klägerin zu Unrecht – von der Beschwerdekammer stattgegeben wurde.

42      Für den Fall schließlich, dass die Klägerin mit ihrem Argument aus der Übermittlung von Aufforderungen an die Streithelferin herleiten möchte, dass sie selbst aus Gründen der Gleichbehandlung die Möglichkeit hätte haben müssen, auf die Gründe einzugehen, aus denen die Beschwerdekammer die Entscheidung über den Widerspruch schließlich aufgehoben habe, ist auf Folgendes hinzuweisen.

43      Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich zwar auf die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden – was erklärt, dass der Klägerin Gelegenheit gegeben wurde, auf den ergänzenden Vortrag der Streithelferin zu erwidern –, er erstreckt sich aber nicht auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einzunehmen gedenkt. Außerdem hat die Beschwerdekammer, worauf in Rn. 39 des vorliegenden Urteils bereits hingewiesen worden ist, der Streithelferin nicht ihre „vorläufige Rechtsauffassung“ mitgeteilt, um ihr Gelegenheit zu geben, auf diese zu reagieren, sondern nur von ihrer Befugnis nach Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 Gebrauch gemacht, um die für ihre Beurteilung erforderlichen Einzelheiten zusammenzutragen. Die Klägerin macht daher zu Unrecht eine Ungleichbehandlung geltend.

44      Allgemeiner ist, wie die Streithelferin substantiiert vorträgt, darauf hinzuweisen, dass sich aus der Akte des Verfahrens vor dem HABM ergibt, dass die Klägerin die Möglichkeit hatte, ihren Standpunkt sowohl zu der Frage, ob die Streithelferin in Australien ein Recht des geistigen Eigentums besitzt, als auch zur Frage nach der Natur der Beziehungen zwischen der Klägerin und der Streithelferin geltend zu machen.

45      So hatte die Klägerin bezüglich der ersten dieser Fragen jede Möglichkeit zur Stellungnahme, nachdem die Streithelferin in ihren Schriftsätzen vom 21. September 2009 und 4. Mai 2010 Ausführungen zu ihrem Recht des geistigen Eigentums in Australien gemacht und sodann in der Begründung ihrer Beschwerde vom 5. Januar 2011 beanstandet hatte, wie das in Australien für Kennzeichenverletzungen geltende Recht von der Widerspruchsabteilung ausgelegt worden sei.

46      Ebenso hatte die Klägerin bezüglich der zweiten dieser Fragen jede Möglichkeit zur Stellungnahme, nachdem die Streithelferin in ihrem Schriftsatz vom 21. September 2009 und sodann in der Begründung ihrer Beschwerde vom 5. Januar 2011 das Bestehen eines von der Klägerin verletzten Treuhandverhältnisses geltend gemacht hatte. Da die Beurteilung des Verhältnisses zwischen den Beteiligten offensichtlich Teil des Rechtsstreits war, war die Klägerin durch nichts daran gehindert, eine Zustimmung der Streithelferin zur Anmeldung der Marke vorzutragen, sofern sie dies wollte.

47      Der Umstand, dass die Widerspruchsabteilung nicht auf das Agentenverhältnis eingegangen sei, und die Behauptung, dass der Berichterstatter der Beschwerdekammer seine Prüfung auf das Bestehen eines älteren Rechts im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 beschränkt habe, vermögen diese Beurteilung nicht zu widerlegen.

48      Zweitens ist das Argument, die Beschwerdekammer habe sich auf Erwägungen (zur Lieferung von Werbematerial durch die Streithelferin und zum Ausmaß ihrer Zusammenarbeit) gestützt, die sich so nicht aus dem Vorbringen der Streithelferin ergeben hätten und zu denen die Klägerin zuvor hätte gehört werden müssen, aus folgenden Gründen zurückzuweisen.

49      Der Akte des Verfahrens vor dem HABM ist zu entnehmen, dass die Streithelferin vorgetragen hat, sie habe der Klägerin Werbematerial sowie Produktspezifikationen geliefert, mit ihr bei der Herstellung von Werbematerial zusammengearbeitet und ihr Kundenkontakte verschafft. Aus den von der Streithelferin vorgelegten Beweisstücken ergibt sich, dass es sich – entgegen dem von der Klägerin vermittelten Eindruck – nicht nur um „ein wenig“ Werbematerial handelte, sondern um eine recht große Zahl von Unterlagen und Mustern, auch wenn es zutrifft, dass die Klägerin in der Folge weitgehend die Vervielfältigung dieser Werbe- und Vertriebsmaterialien zur Verwendung auf ihrem Markt besorgt hat. Außerdem wird nicht ernsthaft bestritten, dass die Klägerin eine umfassende Werbekampagne vorbereitete und im Hinblick darauf die Streithelferin um Unterstützung bat. Die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die Klägerin ohne die Zusammenarbeit mit der Streithelferin die Grundlage für eine erfolgreiche Vermarktung ihrer Produkte nicht hätte aufbauen können, beruht daher nicht auf tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten, zu denen die Klägerin keine Stellungnahme hätte einreichen können.

50      Was drittens das Argument anbelangt, die Beschwerdekammer habe die angefochtene Entscheidung auf nicht erörterte Gesichtspunkte gestützt, ohne die Klägerin zur Bedeutung des Begriffs „reputation“ im Sinne der Regelung der Kennzeichenverletzung im Common law anzuhören, ist bereits festgestellt worden, dass die Klägerin jede Möglichkeit hatte, ihren Standpunkt zu dieser Frage geltend zu machen, insbesondere nachdem die Streithelferin den Standpunkt der Widerspruchsabteilung hierzu beanstandet hatte. Außerdem ist zu beachten, dass sich das Recht auf rechtliches Gehör nicht auf den endgültigen Standpunkt erstreckt, den die Verwaltung einzunehmen gedenkt.

51      Schließlich hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin in den Rn. 51 bis 56 der angefochtenen Entscheidung, in der sie die Verbindungen zwischen den Beteiligten auf der Grundlage der E-Mail-Korrespondenz, die von der Streithelferin vorgelegt worden war und auf die die Klägerin reagieren konnte, geprüft hat, nicht gegen die Begründungspflicht verstoßen. In diesen Randnummern der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer hinreichend klar und eingehend ihren Standpunkt dargelegt. Außerdem war die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, die Klägerin vor Erlass der endgültigen Entscheidung anzuhören, da diese Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt im Beschwerdeverfahren vorzubringen.

52      Ebenfalls zu Unrecht macht die Klägerin eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör geltend, die sich aus dem Verlust einer Instanz ergeben soll, weil die Beschwerdekammer die Frage des Agentenverhältnisses selbst entschieden habe, ohne sie an die Widerspruchsabteilung, die die Frage zuvor nicht geprüft habe, zurückzuverweisen. Nach Art. 64 der Verordnung Nr. 207/2009 wird nämlich die Beschwerdekammer, wenn sie über die Beschwerde entscheidet, entweder im Rahmen der Zuständigkeit der Dienststelle tätig, die die Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an diese Dienststelle zurück. Da die Klägerin Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt zur Frage des Agentenverhältnisses geltend zu machen, war die Beschwerdekammer durch nichts daran gehindert, nach der genannten Vorschrift über diese Frage zu entscheiden. Damit scheidet jede Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör wegen angeblichen Verlusts einer Instanz aus.

53      Nach alledem ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009

54      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwischen ihr und der Streithelferin ein Agenten- oder Vertreterverhältnis erwiesen sei. Erwiesen sei nur eine Verkäufer- Kunden-Beziehung gewesen. Die Lieferung von Werbematerial und Produktinformationen durch die Streithelferin, deren Behauptungen zum Kontaktaufbau zwischen der Klägerin und Kunden sowie die E-Mail-Korrespondenz zwischen den Beteiligten wiesen kein Treuhandverhältnis nach. Die Beschwerdekammer habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin die Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gekauft und weiterverkauft habe, dass sie kein exklusives Vertriebsrecht gehabt habe, dass sie nicht in die Vertriebsstruktur der Streithelferin eingebunden gewesen sei, dass sie keinem Wettbewerbsverbot unterlegen habe, dass sie die Kosten des Verkaufs und der Bewerbung der Produkte zu tragen gehabt habe und dass sie bei ihren Aktivitäten auf die Interessen der Streithelferin nicht habe Rücksicht nehmen müssen. Die Beschwerdekammer habe geprüft, ob die Streithelferin ihre Zustimmung zur Markenanmeldung erteilt habe, während sie hätte prüfen müssen, ob es berechtigte Gründe für die Handlungsweise der Klägerin gegeben habe. Solche Gründe hätten vorgelegen. So habe die Klägerin, die viel investiert habe, um die Marke in der Europäischen Union zu bewerben, während die Streithelferin aus Kostengründen auf die Anmeldung der Marke als Gemeinschaftsmarke verzichtet habe, ein legitimes Interesse an deren Schutz.

55      Das HABM und die Streithelferin treten dem Standpunkt der Klägerin entgegen.

56      Nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 ist eine Marke, die der Agent oder Vertreter des Markeninhabers ohne dessen Zustimmung auf seinen eigenen Namen anmeldet, von der Eintragung ausgeschlossen, es sei denn, dass der Agent oder Vertreter seine Handlungsweise rechtfertigt.

57      Der Beteiligte, der sich auf das in dieser Vorschrift vorgesehene Eintragungshindernis beruft, hat zu beweisen, dass dessen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, insbesondere was das Bestehen eines Agenten- oder Vertreterverhältnisses zwischen dem Markeninhaber und dem Anmelder der Gemeinschaftsmarke betrifft.

58      Das Gericht hat entschieden, dass die in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verwendeten Begriffe „Agent“ und „Vertreter“ – wie in den Widerspruchsrichtlinien des HABM in Bezug auf Anmeldungen, die ein Agent des Markeninhabers ohne Zustimmung des Inhabers angemeldet hat – weit auszulegen sind, um alle Arten vertraglicher Gestaltungen zu erfassen, bei der die eine Seite die Interessen der anderen Seite wahrnimmt, unabhängig von der Qualifizierung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Inhaber oder Auftraggeber auf der einen und dem Anmelder der Gemeinschaftsmarke auf der anderen Seite (Urteil des Gerichts vom 13. April 2011, Safariland/HABM – DEF‑TEC Defense Technology [FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR], T‑262/09, Slg. 2011, II‑1629, Rn. 64).

59      Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass es nach diesen Richtlinien im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 ausreicht, wenn zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit besteht, die ein Treuhandverhältnis beinhaltet und dem Anmelder entweder ausdrücklich oder implizit eine allgemeine Treuepflicht zur Wahrnehmung der Interessen des Markeninhabers auferlegt. Handelt der Anmelder völlig unabhängig, ohne jede Beziehung zum Markeninhaber, so ist er nicht als Agent im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung anzusehen. Ein bloßer Abnehmer oder Kunde des Inhabers ist daher kein „Agent“ oder „Vertreter“ im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung, da er nicht in einem Treueverhältnis zum Markeninhaber steht (Urteil FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, oben in Rn. 58 angeführt, Rn. 64).

60      Die Beschwerdekammer hat ausgeführt, dass das Nichtvorhandensein eines von den Beteiligten unterzeichneten förmlichen Vertriebs- oder Agenturvertrags das Bestehen eines faktischen Verhältnisses nicht ausschließe, das im Rahmen von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 relevant sein könnte, und dass ein bindendes Vertragsverhältnis mit der Geschäftskorrespondenz zwischen den Beteiligten nachgewiesen werden könne, weshalb es erforderlich sei, die E-Mail-Korrespondenz zwischen den Beteiligten zu berücksichtigen, um zu ermitteln, was jeder vom anderen verlangt habe. Dies könne erhellen, wie sich die Beteiligten ihre Beziehung vorgestellt hätten (angefochtene Entscheidung, Rn. 50).

61      Für die Beschwerdekammer war dieser Korrespondenz als signifikantester Aspekt zu entnehmen, dass sich die Klägerin stark auf die Informationen, die Anleitungen und die Hilfe der Streithelferin gestützt habe, um die Produkte effizient auf dem deutschen Markt zu bewerben. Die Klägerin habe die Streithelferin um „Fotos vom Produkt und das Logo“ gebeten (E-Mail vom 29. Mai 2006), um die von der Streithelferin erstellte „Präsentation im Adobe-Format“ (dieselbe E-Mail) sowie um „Gewicht und Maße“ verschiedener Modelle von Heizungsgeräten (E-Mail vom 1. Juni 2006). Die Streithelferin habe der Klägerin die „Anleitungen“ für die Installation der Heizungsgeräte geschickt (E-Mail vom 30. Juni 2006) (angefochtene Entscheidung, Rn. 51).

62      Nach Auffassung der Beschwerdekammer zeigen diese Anfragen, die gerade zu Beginn der Beziehung erfolgt seien, dass die Klägerin eine umfassende Werbekampagne vorbereitet und nicht lediglich die Produkte der Streithelferin gekauft und verkauft habe. Sie zeigten auch, dass die Behauptung der Klägerin (dass sie die Kosten für die Bewerbung der Produkte habe tragen müssen) falsch sei: Das Werbematerial sei in Wirklichkeit von der Streithelferin geliefert worden (angefochtene Entscheidung, Rn. 52).

63      Im weiteren Verlauf der Beziehung habe die Klägerin immer wieder um weitere Unterstützung ersucht: Am 3. August 2006 habe sie um Fotos von den Produkten zum Einfügen in „eine Broschüre für den deutschen Markt“ gebeten, insbesondere um Fotos von den Produkten im Wohn- und Geschäftsbereich, um zu zeigen, wie und wo diese Geräte installiert werden könnten; am 29. August 2006 habe die Streithelferin der Klägerin mitgeteilt, dass sie „einige Broschüren für die Expo“ zusende; am 18. September 2006 habe die Klägerin um „alle verfügbaren Bilder vom ‚HEATSTRIP‘ für unsere PR-Agentur“ gebeten; nach deren Erhalt habe die Klägerin am 22. September 2006 eine E-Mail an die Streithelferin gesandt, um ihr für ihre „Hilfe“ zu danken (angefochtene Entscheidung, Rn. 53).

64      Diese E-Mails zeigten, dass beide Beteiligte bei der Vermarktung des Produkts aktiv zusammengearbeitet hätten, indem sie das Produkt in Broschüren beworben und auf einer Messe ausgestellt hätten, um die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Vertrieb zu schaffen: Die Streithelferin habe das Material dafür geliefert, und die Klägerin habe es auf den deutschen Markt abgestimmt (angefochtene Entscheidung, Rn. 54).

65      Nach Auffassung der Beschwerdekammer konnte die Klägerin unter diesen Umständen nicht geltend machen, dass sie lediglich Waren aus Australien eingeführt habe, um sie in Deutschland zu verkaufen, und dabei im freien Wettbewerb zur Streithelferin gestanden habe. Der Hauptgegenstand der E-Mail-Korrespondenz sei nicht der Kauf und Verkauf von Waren gewesen, sondern die Schaffung der Grundlage für einen umfassenden Vertrieb der Produkte durch die Klägerin – durch Herstellung von Werbematerial und Ausstellung auf einer Messe – und die der Klägerin von der Streithelferin hierzu geleistete „Hilfe“. Ohne die enge Zusammenarbeit der Streithelferin hätte die Klägerin entgegen ihren Behauptungen nicht die Basis für einen erfolgreichen Vertrieb des Produkts schaffen können (angefochtene Entscheidung, Rn. 55).

66      Die Beschwerdekammer ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die E-Mail-Korrespondenz auf eine Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit im Sinne der oben in den Rn. 58 und 59 angeführten Rechtsprechung schließen lasse, die ein Treuhandverhältnis beinhalte und dem Anmelder entweder ausdrücklich oder implizit eine allgemeine Treuepflicht zur Wahrnehmung der Interessen der Streithelferin als Markeninhaberin auferlege.

67      Mit der Beschwerdekammer ist unter Berücksichtigung der Angaben, über die sie verfügt hat, davon auszugehen, dass die Beziehung, die an dem von der Klägerin beanspruchten Prioritätstag zwischen den Beteiligten geknüpft war, tatsächlich über ein einfaches Käufer-Verkäufer-Verhältnis hinausging und eine stillschweigende Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit darstellte, die zwischen den Beteiligten ein Treuhandverhältnis geschaffen hat und aus der für die Klägerin eine Treuepflicht gegenüber der Streithelferin hinsichtlich deren Rechts an der Marke resultierte.

68      Diese Beurteilung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

69      Zum Argument, dass die Klägerin die Produkte der Streithelferin erworben habe, um sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterzuverkaufen, und sie nicht exklusiv beliefert worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit, die mit einer Treuepflicht einhergeht, auch dann vorliegen kann, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Auftragsverhältnis oder eine Ausschließlichkeitsklausel nicht besteht.

70      Dass die Klägerin nach ihrem Vortrag nicht in die Vertriebsstruktur der Streithelferin eingebunden war, keinem Wettbewerbsverbot unterlag und die Kosten des Verkaufs und der Bewerbung der Produkte zu tragen hatte, ändert nichts daran, dass es zwischen den Beteiligten für die Bewerbung und den Vertrieb der Produkte der Streithelferin unter deren Marke eine geschäftliche Zusammenarbeit gab, und an der daraus für die Klägerin resultierenden Treuepflicht. Die Klägerin behauptet daher in diesem Kontext und zumindest hinsichtlich der Marke der Streithelferin zu Unrecht, dass sie auf die Interessen der Streithelferin keine Rücksicht habe nehmen müssen.

71      Soweit die Klägerin bestreitet, von der Streithelferin tatsächlich Kundenkontakte erhalten zu haben, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer für die Begründung ihres Ergebnisses die von der Streithelferin behauptete Zurverfügungstellung von Kundenkontakten nicht erwähnt hat. Folglich kann dieses Bestreiten, selbst wenn es Erfolg hätte, die Beurteilung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen.

72      Zum Argument, dass sich die Beschwerdekammer, nachdem sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ein Treuhandverhältnis vorliege, auf die Prüfung beschränkt habe, ob die Streithelferin ihre Zustimmung zur Anmeldung der Marke erteilt habe, während sie ebenfalls hätte prüfen müssen, ob es berechtigte Gründe für die Handlungsweise der Klägerin gegeben habe, ist Folgendes festzustellen.

73      Die Klägerin hat sich in keinem Stadium des Verfahrens vor dem HABM auf Rechtfertigungsgründe für ihre Handlungsweise berufen. So hat sie sich vor der Widerspruchsabteilung auf den Vortrag beschränkt, aus welchen Gründen die Streithelferin ihrer Ansicht nach für die Union keine Marke angemeldet habe. Vor der Beschwerdekammer hat die Klägerin nur bestritten, Agentin oder Vertreterin der Streithelferin zu sein.

74      Unter diesen Umständen war es nicht Sache der Beschwerdekammer, Spekulationen über eine etwaige Rechtfertigung dieser Handlungsweise anzustellen. Insoweit ist zu beachten, dass die Prüfung in Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt ist.

75      Daher ist das Argument der Klägerin, soweit der Beschwerdekammer vorgeworfen wird, nicht von Amts wegen eventuelle Rechtfertigungsgründe geprüft zu haben, zurückzuweisen.

76      Zu den Rechtfertigungsgründen, die die Klägerin erstmals vor dem Gericht geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können. Das Gericht hat nämlich die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern zu kontrollieren. Daher darf die Kontrolle durch das Gericht nicht über den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits hinausgehen, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (Urteil des Gerichts vom 22. Juni 2004, „Drie Mollen sinds 1818“/HABM – Nabeiro Silveira [Galáxia], T‑66/03, Slg. 2004, II‑1765, Rn. 45). Demgemäß ist ein Kläger nicht befugt, vor dem Gericht die Vorgaben des Rechtsstreits zu ändern, wie sie sich aus den von ihm selbst und der Streithilfepartei vorgetragenen Anträgen und Darlegungen ergeben haben (Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Rn. 43). Außerdem ist die Klage nach Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑364/04, Slg. 2005, II‑4891, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Da die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Prüfung des relativen Eintragungshindernisses nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht von Amts wegen nach etwaigen Rechtfertigungsgründen für die Handlungsweise der Klägerin zu suchen hatte, stellt die erstmals beim Gericht erfolgte Geltendmachung solcher Rechtfertigungsgründe durch die Klägerin eine Änderung der Vorgaben des Rechtsstreits dar und ist als unzulässig zurückzuweisen.

78      Schließlich ist zur Frage, ob das Gericht von der Klägerin in der Erwiderung vorgelegte Argumente und Beweisstücke zu berücksichtigen hat, die eine Debatte zwischen den Beteiligten in einem nationalen Rechtsstreit über das Vorliegen eines exklusiven Vertriebsrechts zugunsten der Klägerin betreffen, darauf hinzuweisen, dass diese Debatte bereits im Verfahren vor dem HABM erwähnt wurde. Daher sind nach der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil des Gerichts vom 17. Juni 2008, El Corte Inglés/HABM – Abril Sánchez und Ricote Saugar [BOOMERANG TV], T‑420/03, Slg. 2008 II‑837, Rn. 35), wie die Streithelferin zu Recht geltend macht, die von der Klägerin hierzu erstmals beim Gericht vorgelegten Argumente und Beweisstücke als verspätet und unzulässig zurückzuweisen. Da die Beschwerdekammer der Geltendmachung eines Alleinvertriebsrechts durch die Klägerin vor dem nationalen Gericht ohnehin keine Bedeutung beigemessen hat, sind die von den Beteiligten vor dem Gericht hierzu gewechselten Argumente jedenfalls für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung irrelevant.

79      Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

80      Da die Klägerin mit allen Klagegründen unterlegen ist, ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

81      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

82      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten dieser Beteiligten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Moonich Produktkonzepte & Realisierung GmbH trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) und die Kosten der Thermofilm Australia Pty Ltd.

Frimodt Nielsen

Dehousse

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Juli 2014.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Anträge der Beteiligten

Rechtliche Würdigung

Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009

Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und den Gleichbehandlungsgrundsatz

Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.