Language of document : ECLI:EU:T:2013:12

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

15. Januar 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Löschungsverfahren – Gemeinschaftsbildmarke EUROPEAN DRIVESHAFT SERVICES – Absolutes Eintragungshindernis – Nachahmung des Kennzeichens einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation – Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft – Inhalt des Löschungsantrags – Zulässigkeit neuen Vorbringens – Art. 56 Abs. 2 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 – Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 – Zuständigkeit der Beschwerdekammer bei Beschränkung der Beschwerde auf einen Teil der Entscheidung der Löschungsabteilung“

In der Rechtssache T‑413/11

Welte-Wenu GmbH mit Sitz in Neu‑Ulm (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Kahl,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Europäische Kommission, vertreten durch J. Samnadda und F. W. Bulst als Bevollmächtigte,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 12. Mai 2011 (Sache R 1590/2010‑1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und der Welte-Wenu GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 27. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 30. November 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund des am 1. Dezember 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Kommission,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 4. April 2001 meldete die Klägerin, die Welte-Wenu GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das nachstehende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 7 und 12 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Gelenkwellen und Gelenkwellenersatzteile für Fahrzeuge und Maschinen, ausgenommen für Landfahrzeuge“;

–        Klasse 12: „Gelenkwellen und Gelenkwellenersatzteile für Landfahrzeuge“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 88/2001 vom 8. Oktober 2001 veröffentlicht.

5        Am 9. April 2002 wurde die angemeldete Marke unter der Nr. 2180800 als Gemeinschaftsmarke eingetragen.

6        Am 4. Februar 2009 stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 56 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM einen Antrag auf Löschung der streitigen Marke, da diese unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. h in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der genannten Verordnung (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. h und Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) eingetragen worden sei.

7        Die Kommission begründete ihren Antrag damit, dass die in Rede stehende Marke in einer „Nachahmung im heraldischen Sinn“ der Embleme QO 0927 und QO 0926 (jetzt Embleme QO 188 und QO 189) gemäß Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: PVÜ) bestehe und dass diese beiden Embleme seit dem 4. Oktober 1979 als Embleme des Europarats geschützt seien. Mit dessen Zustimmung sei das erste dieser beiden Embleme 1985 offiziell als Emblem und Flagge der Europäischen Union angenommen worden und stelle seitdem das einzige von der Kommission verwendete Zeichen dar.

8        Die in der vorstehenden Randnummer erwähnten Embleme sind nachfolgend so abgebildet, wie sie sich aus der Mitteilung des Internationalen Büros der Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization, WIPO) ergeben:

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9        Am 30. Juni 2010 wies die Löschungsabteilung den Antrag der Kommission zurück (Nr. 1 des verfügenden Teils ihrer Entscheidung) und erlegte ihr die der Klägerin im Löschungsverfahren entstandenen Kosten auf, die sie auf 450 Euro festsetzte (Nr. 2 des verfügenden Teils ihrer Entscheidung).

10      Am 17. August 2010 legte die Kommission beim HABM gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung ein.

11      Mit Entscheidung vom 12. Mai 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Erste Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde statt, hob die Entscheidung der Löschungsabteilung auf, erklärte die in Rede stehende Marke für nichtig und erlegte der Beschwerdeführerin „die Kosten des Löschungs- und Beschwerdeverfahrens, die mit 2 500 EUR festgesetzt werden“, auf.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Beschwerde der Kommission gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung, mit der der Antrag auf Nichtigerklärung zurückgewiesen wurde, zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens vor dem HABM aufzuerlegen und dem HABM die Kosten des vorliegenden Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

13      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Die Kommission hat in ihrer Klagebeantwortung keine gesonderten Anträge gestellt.

 Entscheidungsgründe

15      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, und zwar erstens auf einen Verstoß gegen Art. 55 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94, gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 und gegen Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1), zweitens auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 und gegen Art. 6ter PVÜ sowie drittens auf einen Fehler der Beschwerdekammer bei der Verteilung der Verfahrenskosten.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 55 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94, gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 und gegen Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung Nr. 2868/95

16      Mit ihrem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, ein Löschungsantrag, wie ihn die Kommission im vorliegenden Fall gestellt habe, müsse auf einen tragfähigen Tatsachenvortrag gestützt werden, der zum Beleg dafür geeignet sei, dass die betreffenden Verkehrskreise wahrscheinlich eine Verbindung zwischen der von dem in Rede stehenden Antrag betroffenen Marke und der betreffenden internationalen zwischenstaatlichen Organisation herstellten.

17      Der Tatsachenvortrag der Kommission im Nichtigkeitsverfahren sei hinsichtlich des Löschungsantrags nicht stichhaltig gewesen, und die Löschungsabteilung habe diesen Antrag zu Recht zurückgewiesen. Erst im Stadium der Beschwerde vor der Beschwerdekammer habe die Kommission erstmals Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen vorgebracht, um ihrem Antrag nachträglich zur Begründetheit zu verhelfen. Diese Angaben seien entgegen den Anforderungen des Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94 und der Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung Nr. 2868/95 nicht zeitgleich mit dem Löschungsantrag vorgebracht worden. Die Beschwerdekammer habe durch ihre Zulassung und Berücksichtigung gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

18      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 Marken, die mangels Genehmigung durch die zuständigen Stellen gemäß Art. 6ter PVÜ zurückzuweisen sind, von der Eintragung ausgeschlossen sind.

19      Art. 6ter PVÜ bestimmt:

„(1)      a)      Die Verbandsländer [d. h. die Länder, in denen die Übereinkunft Anwendung findet] kommen überein, die Eintragung der Wappen, Flaggen und anderen staatlichen Hoheitszeichen der Verbandsländer, der von ihnen eingeführten amtlichen Prüf- und Gewährzeichen und ‑stempel sowie jeder Nachahmung im heraldischen Sinn als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären sowie den Gebrauch dieser Zeichen durch geeignete Maßnahmen zu verbieten, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubt haben.

b)      Die Bestimmungen unter Buchstabe a sind ebenso auf die Wappen, Flaggen und anderen Kennzeichen, Sigel oder Bezeichnungen der internationalen zwischenstaatlichen Organisationen anzuwenden, denen ein oder mehrere Verbandsländer angehören; ausgenommen sind die Wappen, Flaggen und anderen Kennzeichen, Sigel oder Bezeichnungen, die bereits Gegenstand von in Kraft befindlichen internationalen Abkommen sind, die ihren Schutz gewährleisten.

c)      Kein Verbandsland ist gehalten, die Bestimmungen unter Buchstabe b zum Nachteil der Inhaber von Rechten anzuwenden, die gutgläubig vor dem Inkrafttreten dieser Übereinkunft in diesem Land erworben worden sind. Die Verbandsländer sind nicht gehalten, diese Bestimmungen anzuwenden, falls die Benutzung oder Eintragung gemäß Buchstabe a nicht geeignet ist, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung zwischen der betreffenden Organisation und den Wappen, Flaggen, Kennzeichen, Sigeln oder Bezeichnungen hervorzurufen, oder falls die Benutzung oder Eintragung offenbar nicht geeignet ist, das Publikum über das Bestehen einer Verbindung zwischen dem Benutzer und der Organisation irrezuführen.

(3) …

b)      Die Bestimmungen des Absatzes 1 Buchstabe b sind nur auf die Wappen, Flaggen und anderen Kennzeichen, Sigel und Bezeichnungen der internationalen zwischenstaatlichen Organisationen anwendbar, die diese durch Vermittlung des Internationalen Büros den Verbandsländern mitgeteilt haben.

…“

20      Art. 55 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt, dass ein Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit schriftlich einzureichen und zu begründen ist. Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung Nr. 2868/95 sieht insoweit vor, dass ein gemäß Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM gestellter Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke die Angabe der zur Begründung des Antrags vorgebrachten Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen enthalten muss.

21      Schließlich bestimmt Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009:

„(1)      In dem Verfahren vor dem [HABM] ermittelt das [HABM] den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist das [HABM] bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

(2)      Das [HABM] braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

22      Im vorliegenden Fall geht aus dem Löschungsantrag, der in den dem Gericht in Anwendung von Art. 133 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts übermittelten Verfahrensakten des HABM enthalten ist, hervor, dass die Kommission zur Stützung ihres Antrags sehr wohl die Möglichkeit angeführt hatte, dass die betreffenden Verkehrskreise eine Verbindung zwischen den von der fraglichen Marke erfassten Waren und der Union herstellen. Insbesondere wies die Kommission darauf hin, dass der Sternenkranz, die farbliche Gestaltung und das Wort „european“ (europäisch), die in der in Rede stehenden Marke verwendet würden, geeignet seien, die Öffentlichkeit zu täuschen, die glauben könnte, dass die geschützten „Services“ von der Union oder einer von ihr autorisierten Stelle stammten oder dass sie von der Union geprüft oder garantiert würden. Diese Argumentation wird im Übrigen von der Löschungsabteilung in Randnr. 6 ihrer Entscheidung zusammengefasst. Aus Randnr. 29 dieser Entscheidung geht außerdem hervor, dass nach Ansicht der Löschungsabteilung die Bezugnahme der Kommission auf „Dienstleistungen“ – während sich die in Rede stehende Marke nur auf Waren bezog – auf einem offensichtlichen Irrtum beruhte und das Vorbringen der Kommission dahin zu verstehen war, dass es die Möglichkeit der Herstellung einer Verbindung zwischen den von der fraglichen Marke erfassten Waren und der Europäischen Union durch die maßgeblichen Verkehrskreise betraf.

23      Aus dem Löschungsantrag der Kommission geht ferner hervor, dass sie zur Stützung ihrer Argumentation auf das Urteil des Gerichts vom 21. April 2004, Concept/HABM (ECA) (T‑127/02, Slg. 2004, II‑1113, im Folgenden: Urteil ECA), verwies. Allerdings gab sie – aufgrund eines weiteren offensichtlichen Irrtums – an, dass es sich um ein Urteil des Gerichtshofs handle, und nannte eine unzutreffende Rechtssachennummer (C‑127/02). Die Löschungsabteilung verstand dies gleichwohl als Bezugnahme der Kommission auf das Urteil ECA und berichtigte in Randnr. 29 ihrer Entscheidung die Irrtümer der Kommission, indem sie das Urteil korrekt anführte.

24      Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 – ebenso wie Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94, der zum Zeitpunkt der Einreichung des Löschungsantrags der Kommission galt und denselben Inhalt hat – es nach ständiger Rechtsprechung nicht verbietet, dass die Instanzen des HABM ihre Entscheidungen nicht nur auf die von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Tatsachen und beigebrachten Beweise, sondern auch auf offenkundige Tatsachen stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 22. Juni 2004, Ruiz-Picasso u. a./HABM – DaimlerChrysler [PICARO], T‑185/02, Slg. 2004, II‑1739, Randnrn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Folglich entsprach der Antrag der Kommission, die in Rede stehende Marke zu löschen, den Anforderungen des Art. 55 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 40/94 und der Regel 37 Buchst. b Ziff. iv der Verordnung Nr. 2868/95, da sie die Gründe, die ihren Antrag ihres Erachtens rechtfertigten, rechtlich hinreichend dargelegt hatte.

26      Um die Wahrscheinlichkeit darzutun, dass die Öffentlichkeit eine Verbindung zwischen den von der in Rede stehenden Marke erfassten Waren und der Europäischen Union herstellt, beschränkte sie sich zwar darauf, auf die „große Bandbreite von Dienstleistungen und Waren, die der Europarat und die Europäische Union … anbieten können“, hinzuweisen, wobei sie auf das oben in Randnr. 23 angeführte Urteil ECA Bezug nahm, ohne einen weiteren Nachweis für dieses Vorbringen zu liefern. Wie sich gerade aus dem Urteil ECA (Randnr. 68) ergibt, war dieses Vorbringen jedoch auf eine offenkundige Tatsache gestützt, die ohne Bezugnahme auf konkrete Anhaltspunkte als erwiesen angesehen werden kann.

27      Überdies hat die Löschungsabteilung den Löschungsantrag der Kommission nicht wegen mangelnder Übereinstimmung mit den Anforderungen des Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94 oder der Regel 37 der Verordnung Nr. 2868/95 als unzulässig zurückgewiesen. Sie hat auch nicht das Vorbringen in Frage gestellt, wonach der Europarat oder die Union eine große Bandbreite von Waren oder Dienstleistungen anbieten könne. Wie aus Randnr. 29 ihrer Entscheidung hervorgeht, die zusammenfassend in Randnr. 12 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wird, ging sie vielmehr davon aus, dass die Kommission – abgesehen von diesen allgemeinen Ausführungen – nicht dargelegt habe, dass die maßgeblichen Fachkreise wahrscheinlich eine Verbindung zwischen den von der fraglichen Marke erfassten Waren und den Unionsorganen herstellten. Auf der Grundlage dieser Erwägung gelangte sie zu dem Ergebnis, dass der Löschungsantrag der Kommission als unbegründet zurückzuweisen sei.

28      Die Kommission focht diese Schlussfolgerung der Löschungsabteilung an und berief sich dabei in der Begründung ihrer Beschwerde vor der Beschwerdekammer namentlich zum einen auf das oben in Randnr. 23 angeführte Urteil ECA, das sie nunmehr richtig zitierte und in Kopie einreichte, und zum anderen auf die Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (ABl. L 263, S. 1), die sie ihrer Beschwerdeschrift ebenfalls in Kopie beifügte.

29      Wie aus Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hatte die Klägerin beantragt, die von der Kommission als Anlage zu ihrer Beschwerdeschrift eingereichten, in der vorstehenden Randnummer angeführten Schriftstücke nicht zu berücksichtigen, da sie verspätet vorgebracht worden seien. Die Beschwerdekammer entschied aber dennoch, die Richtlinie 2007/46 und das oben in Randnr. 23 angeführte Urteil ECA zu berücksichtigen. Zur Begründung dafür wies sie in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass „die Parteien rechtliche Argumente, die im Zusammenhang mit dem bisherigen Vortrag stehen, jederzeit einreichen können“, dass somit „die Vorlage [der] Richtlinie 2007/46/EG als Hinweis auf das anzuwendende Recht zulässig“ sei und dass „Gleiches … für die Vorlage des Urteils [ECA gilt], das für die Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe h [der Verordnung Nr. 207/2009] von Bedeutung ist“. In Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung führte die Beschwerdekammer aus, die übrigen von der Kommission als Anlage zu ihrer Beschwerdeschrift eingereichten Unterlagen seien nicht von Relevanz, so dass nicht geprüft zu werden brauche, ob sie gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurückgewiesen werden müssten.

30      Die Klägerin legt der Beschwerdekammer insoweit einen Verstoß gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 zur Last. Sie macht im Wesentlichen geltend, obwohl der Löschungsantrag in der gestellten und von der Löschungsabteilung geprüften Form nicht durch relevante Tatsachen und Beweismittel gestützt worden sei, habe die Beschwerdekammer, indem sie die Unterlagen, die die Kommission der Beschwerdekammer mit der Begründung ihrer Beschwerde vorgelegt habe, erstmals zugelassen habe, der Kommission unter Verstoß gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 gestattet, ihren Antrag zu ergänzen.

31      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das oben in Randnr. 23 angeführte Urteil ECA bereits im Löschungsantrag angeführt worden war. Trotz der offenkundigen Fehler, um die es sich bei der Bezugnahme auf den Gerichtshof anstelle des Gerichts und der Angabe einer unzutreffenden Rechtssachennummer handelte, vermochte die Löschungsabteilung zu erkennen, dass sich die Kommission auf dieses Urteil berief, und konnte es berücksichtigen (siehe oben, Randnr. 25). Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission das Urteil ECA (Randnr. 68) zur Stützung ihres Vorbringens anführte, dass der Europarat oder die Union eine große Bandbreite von Waren oder Dienstleistungen anbieten könne. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 25), stützte sich dieses Vorbringen auf eine offenkundige Tatsache, die die Beschwerdekammer nicht außer Acht lassen durfte.

32      Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 es nicht verbietet, dass die Verfahrensbeteiligten, die Dienststellen des HABM und selbst der Unionsrichter in die Auslegung des Unionsrechts Elemente einbeziehen, die sich aus der Rechtsprechung der Unionsgerichte oder aus der nationalen oder internationalen Rechtsprechung ergeben. Diese Rechtsprechung wird nicht zum Beweis einer bestrittenen Tatsache angeführt, sondern zwecks Einbeziehung in die Auslegung und Anwendung einer Vorschrift der Verordnung Nr. 207/2009 (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2006, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Johnson’s Veterinary Products [VITACOAT], T‑277/04, Slg. 2006, II‑2211, Randnrn. 70 und 71).

33      Was die Richtlinie 2007/46 anbelangt, trifft es zwar zu, dass die Kommission sie in ihrem Löschungsantrag nicht angeführt hatte und erstmals in ihrer Beschwerdeschrift auf sie Bezug nahm. Gleichwohl kann diese Richtlinie nicht als Beweismittel angesehen werden, das die Verfahrensbeteiligten der Beschwerdekammer rechtzeitig vorlegen müssten. Die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Richtlinie ist Teil des Unionsrechts und gehört somit zu den rechtlichen Grundlagen, die die Verfahrensbeteiligten in jedem Stadium des Verfahrens vor dem HABM geltend machen können und die dieses nicht nur berücksichtigen kann, sondern gegebenenfalls von Amts wegen berücksichtigen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2009, Mebrom/Kommission, C‑373/07 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 80, und Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 2009, Sundholm/Kommission, T‑102/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27). Obgleich sich diese Richtlinie nicht auf das Recht des geistigen Eigentums bezieht, sondern auf die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und ihrer Bauteile, darf das HABM, das nach Art. 115 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 eine Einrichtung der Union ist, das Unionsrecht nicht außer Acht lassen.

34      Somit sind die Erwägungen der Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 29) nicht mit einem Rechtsfehler behaftet und sind zu bestätigen. Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 6ter PVÜ

35      Mit ihrem zweiten Klagegrund tritt die Klägerin in der Sache der Feststellung der Beschwerdekammer entgegen, wonach die in Rede stehende Marke unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 6ter PVÜ, auf die Ersterer verweist, eingetragen worden sei.

36      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a und b PVÜ, wie schon aus seinem Wortlaut hervorgeht, die Eintragung eines staatlichen Hoheitszeichens oder des Kennzeichens einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation nicht nur als Marke, sondern auch als Markenbestandteil verbietet. Ferner wird das Verbot der genauen Kopie eines solchen Zeichens durch das Verbot seiner Nachahmung ergänzt (Urteil des Gerichts vom 5. Mai 2011, SIMS – Ecole de ski internationale/HABM – SNMSF [esf école du ski français], T‑41/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2009, American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, C‑202/08 P und C‑208/08 P, Slg. 2009, I‑6933, Randnrn. 47 und 48).

37      Das Verbot der Nachahmung eines Hoheitszeichens betrifft jedoch nur dessen Nachahmungen im heraldischen Sinn, d. h. Nachahmungen, bei denen die heraldischen Konnotationen vorliegen, die das Hoheitszeichen von anderen Zeichen unterscheiden. Somit bezieht sich der Schutz gegen jede Nachahmung im heraldischen Sinn nicht auf das Bild als solches, sondern auf seinen heraldischen Ausdruck. Um zu ermitteln, ob die Marke eine Nachahmung im heraldischen Sinn enthält, ist daher die heraldische Beschreibung des in Rede stehenden Hoheitszeichens zu berücksichtigen. Hinzuzufügen ist jedoch, dass nicht jeder von einem Fachmann der heraldischen Kunst festgestellte Unterschied zwischen der betreffenden Marke und dem Hoheitszeichen notwendigerweise vom Durchschnittsverbraucher wahrgenommen wird, der in der Marke trotz Unterschieden auf der Ebene bestimmter heraldischer Details eine Nachahmung des in Rede stehenden Hoheitszeichens sehen kann (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 47, 48 und 50).

38      Ferner enthält die heraldische Beschreibung des Hoheitszeichens, die zur Klärung der Frage, ob das Zeichen als Nachahmung im heraldischen Sinn gemäß Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a und b PVÜ anzusehen ist, heranzuziehen ist, gewöhnlich nur bestimmte beschreibende Elemente, ohne notwendigerweise auf die Details der künstlerischen Interpretation einzugehen, so dass mehrere künstlerische Interpretationen ein und desselben Hoheitszeichens anhand der gleichen heraldischen Beschreibung möglich sind (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 52). Auch eine Marke, die ein staatliches Hoheitszeichen nicht exakt wiedergibt, kann also unter Art. 6ter Abs. 1 PVÜ fallen, wenn sie vom betreffenden Publikum als Nachahmung eines solchen Zeichens aufgefasst wird (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 48 und 50).

39      Im vorliegenden Fall verglich die Beschwerdekammer zunächst in den Randnrn. 32 bis 41 der angefochtenen Entscheidung das oben in Randnr. 8 abgebildete Emblem QO 0927 (im Folgenden: Europaflagge) mit der in Rede stehenden Marke. Sie nahm eingangs Bezug auf die von der Kommission vorgetragene heraldische Beschreibung der Europaflagge. Diese Beschreibung, die auch in Randnr. 43 des oben in Randnr. 23 angeführten Urteils ECA erscheint, lautet:

„Ein Kranz von zwölf goldenen fünfzackigen Sternen, deren Spitzen sich nicht berühren, auf azurblauem Hintergrund.“

40      Sodann beschrieb die Beschwerdekammer in Randnr. 33 der angefochtenen Entscheidung die in Rede stehende Marke. Diese bestehe aus einem Kranz von zwölf silbernen fünfzackigen Sternen, deren Spitzen sich nicht berührten, auf blauem Hintergrund, wobei sich in der Mitte des Sternenkranzes die Darstellung eines silbernen Gelenkkreuzes, in dem die Buchstaben „E“, „D“ und „S“ aufschienen, und oberhalb dieses Kreises die Wortfolge „EUROPEAN DRIVESHAFT SERVICES“ befinde.

41      In Randnr. 34 der angefochtenen Entscheidung führte die Beschwerdekammer aus:

„Heraldisch gesprochen existiert die Farbe ‚Blau‘; somit kommt in beiden Zeichen die idente Farbe zum Einsatz. Auch ist der Unterschied zwischen ‚Azurblau‘ und dem im von der angegriffenen Gemeinschaftsmarke verwendeten Blauton zu gering, um überhaupt auffallen zu können.“

42      Die Beschwerdekammer ging zu Recht davon aus, dass allenfalls ein geringer farblicher Unterschied zwischen dem Hintergrund der in Rede stehenden Marke und dem der Europaflagge besteht. Dazu ist zu bemerken, dass die Benennung „azur“ in der englischen und der französischen Heraldik-Terminologie die Farbe Blau bezeichnet. Außerdem wird in der Heraldik nicht zwischen verschiedenen Tönen ein und derselben Farbe unterschieden. Somit bleibt die Darstellung der Europaflagge mit dem in der in fraglichen Marke verwendeten Blauton der heraldischen Beschreibung dieses Emblems treu.

43      In Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung fuhr die Beschwerdekammer mit folgenden Erwägungen fort, die ebenfalls zutreffen, da sie sich aus der oben in Randnr. 37 angeführten Rechtsprechung ergeben:

„Die Ausrichtung der Sterne hat heraldisch keine Bedeutung. Einem Spezialisten im Bereich der Heraldik wird jedoch sofort der Unterschied der farblichen Gestaltung der Sterne auffallen. Heraldisch gesprochen besteht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass nur vier Farben und zwei Metalle zur Anwendung gelangen, ein Unterschied zwischen dem jeweiligen Sternenkranz. Dieser Unterschied wird den angesprochenen Verkehrskreisen jedoch nicht unbedingt auffallen; noch weniger werden sie darin einen heraldischen Unterschied sehen.“

44      Auf der Grundlage dieser Erwägungen kam die Beschwerdekammer in Randnr. 41 der angefochtenen Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis, dass das in der in Rede stehenden Marke enthaltene Zeichen eine Nachahmung der Europaflagge im Sinne von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a PVÜ darstelle. Diese Feststellung wird im Übrigen von der Klägerin nicht speziell angefochten.

45      Die Klägerin konzentriert ihre Argumentation zum vorliegenden Klagegrund vielmehr auf die Erwägungen, die die Beschwerdekammer zu dem Schluss veranlassten, dass die in Rede stehende Marke geeignet sei, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung zur Union oder zum Europarat hervorzurufen und es insoweit irrezuführen.

46      Um zu diesem Schluss zu gelangen, nahm die Beschwerdekammer zunächst in Randnr. 43 der angefochtenen Entscheidung auf die Richtlinie 2007/46 Bezug und hob hervor, dass diese Richtlinie einen harmonisierten Rahmen der Verwaltungsvorschriften und technischen Anforderungen für die Genehmigung der in ihren Geltungsbereich fallenden Neufahrzeuge und der zur Verwendung in diesen Fahrzeugen bestimmten Systeme, Bauteile und selbständigen technischen Einheiten schaffe. Sie wies außerdem darauf hin, dass die Richtlinie auch Vorschriften für den Verkauf und die Inbetriebnahme von Teilen und Ausrüstungen für genehmigte Fahrzeuge enthalte und dass zu ihrer Durchführung in Rechtsakten besondere technische Anforderungen für den Bau und den Betrieb von Fahrzeugen festgelegt würden. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen führte die Beschwerdekammer in Randnr. 44 der angefochtenen Entscheidung aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass keine Verbindung zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren und der Union bestehe. Die in Rede stehenden Waren der Klasse 12 (infolge eines offensichtlichen Schreibfehlers als Klasse 11 bezeichnet) seien zum Einbau in Kraftfahrzeuge bestimmt und fielen daher in den Geltungsbereich der Richtlinie 2007/46, während die Waren der Klasse 7 in den Geltungsbereich der Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 zur Änderung der Richtlinien 87/404/EWG (einfache Druckbehälter), 88/378/EWG (Sicherheit von Spielzeug), 89/106/EWG (Bauprodukte), 89/336/EWG (elektromagnetische Verträglichkeit), 89/392/EWG (Maschinen), 89/686/EWG (persönliche Schutzausrüstungen), 90/384/EWG (nichtselbsttätige Waagen), 90/385/EWG (aktive implantierbare medizinische Geräte), 90/396/EWG (Gasverbrauchseinrichtungen), 91/263/EWG (Telekommunikationsendeinrichtungen), 92/42/EWG (mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickte neue Warmwasserheizkessel) und 73/23/EWG (elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen) (ABl. L 220, S. 1) fielen.

47      Anschließend stellte die Beschwerdekammer in Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung fest, dass sich die von der in Rede stehenden Marke erfassten Waren einerseits „an Kfz-Fachkräfte [richten], das heißt an Personen, die im Bereich des Baues von Kraftfahrzeugen in Schlüsselpositionen sitzen oder in Reparaturwerkstätten arbeiten, sowie an Autobesitzer, die ihr Fahrzeug zur Reparatur bringen und somit Entscheidungen über den Kauf und den Einbau von Ersatzteilen treffen müssen“. In den Randnrn. 46 und 47 der angefochtenen Entscheidung führte die Beschwerdekammer aus, dass andererseits auch die breite Öffentlichkeit ein Interesse an Qualitätssiegeln oder sonstigen Prüfzeichen habe, an denen sie erkennen könne, dass ein Produkt bestimmte Qualitätsanforderungen erfülle und in der gesamten Union vertrieben werden dürfe. Die Beschwerdekammer gab ein konkretes Beispiel für ein solches Qualitätszeichen, indem sie in Randnr. 48 der angefochtenen Entscheidung auf das ECE-Prüfzeichen hinwies, das von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa, der alle Mitgliedstaaten der Union angehören, geschaffen wurde.

48      Auf der Grundlage dieser Erwägungen stellte die Beschwerdekammer fest, dass zwischen den von der in Rede stehenden Marke erfassten Waren und dem Tätigkeitsbereich der Union ein Zusammenhang bestehe und dass der Beschwerde daher stattzugeben, die Entscheidung der Löschungsabteilung aufzuheben und die genannte Marke zu löschen sei (vgl. Randnrn. 23, 51 und 52 der angefochtenen Entscheidung).

49      Die Klägerin macht erstens geltend, die Beschwerdekammer habe sich bei der Beurteilung des von der Kommission geltend gemachten Löschungsgrundes auf Tätigkeitsfelder gestützt, die sich erst aus der Richtlinie 2007/46 ergäben. Über den Löschungsantrag könne jedoch nur anhand der Umstände entschieden werden, die zum Zeitpunkt der Anmeldung und der Eintragung der in Rede stehenden Marke vorgelegen hätten. Die Kommission könne nicht verlangen, dass eine bereits eingetragene und über viele Jahre benutzte Marke allein aufgrund einer nach ihrer Eintragung erfolgten Änderung oder Ausweitung des Tätigkeitsbereichs der Union gelöscht werde. Folglich dürfe die nach der Eintragung der in Rede stehenden Marke erlassene Richtlinie 2007/46 bei der Beurteilung des streitigen Löschungsantrags nicht berücksichtigt werden.

50      Dieses Vorbringen der Klägerin geht zwangsläufig von der Prämisse aus, dass Fahrzeuge und deren Bauteile nach der Eintragung der in Rede stehenden Marke und vor dem Erlass der Richtlinie 2007/46 nicht vom Tätigkeitsbereich der Union umfasst waren. Diese Prämisse ist jedoch falsch.

51      Das HABM weist nämlich zu Recht darauf hin, dass durch die Richtlinie 2007/46 nach ihrem Art. 49 die Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 42, S. 1) aufgehoben worden sei. Daraus ergibt sich, dass der Tätigkeitsbereich der Union lange vor der Eintragung der in Rede stehenden Marke den von der Richtlinie 2007/46 behandelten Bereich, wie er in der angefochtenen Entscheidung erwähnt wird, umfasste. Die Beschwerdekammer führte die Richtlinie 2007/46 in der angefochtenen Entscheidung somit an, weil es sich dabei um die zum Zeitpunkt des Erlasses der genannten Entscheidung für den Bereich der Genehmigung von Kraftfahrzeugen geltende rechtliche Regelung handelte und nicht deshalb, weil sie sich auf ein zeitlich nach der Eintragung der in Rede stehenden Marke liegendes Kriterium stützen wollte. Sie hätte auf die Richtlinie 70/156 Bezug nehmen können, ohne dass damit irgendeine Änderung ihrer Beurteilung der Begründetheit des Löschungsantrags verbunden gewesen wäre.

52      Zweitens wehrt sich die Klägerin in der Sache gegen die Schlussfolgerung, dass die in Rede stehende Marke den irrigen Eindruck erwecken könnte, es bestehe eine Verbindung zwischen dieser Marke und ihrem Inhaber einerseits und den internationalen Organisationen, die die Europaflagge verwendeten, andererseits.

53      Die Klägerin tritt insoweit der Erwägung der Beschwerdekammer entgegen, wonach die breite Öffentlichkeit, d. h. Autobesitzer, die ihre Fahrzeuge zur Reparatur in eine Werkstatt brächten, ebenfalls von der streitigen Marke angesprochen werde. Diese Verbraucher wählten die in ihrem Fahrzeug verwendeten Gelenkwellen nicht selbst aus, sondern ließen sich von Fachleuten beraten. Dieses Fachpublikum sei sich bewusst, dass die in Rede stehende Marke auf die Klägerin hinweise. Die Existenz der Richtlinie 2007/46 könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da sich deren Vorschriften an die Fahrzeughersteller richteten und die Ausstellung von Genehmigungsbescheiden in Papierform vorsähen, nicht aber irgendwelche auf der Verpackung der Waren anzubringende Prüfzeichen oder Qualitätssiegel.

54      Die Klägerin macht weiter geltend, dass die in Rede stehende Marke in einer Gesamtschau betrachtet werden müsse, die den bei den angesprochenen Fachkreisen hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtige. Aus dem oben in Randnr. 23 angeführten Urteil ECA (Randnrn. 66 und 67) gehe hervor, dass unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache im Allgemeinen nicht die Gefahr bestehe, dass das Publikum, dem ausschließlich Fachleute angehörten, irregeführt werde. Im vorliegenden Fall sei den angesprochenen Fachkreisen die in Rede stehende Marke bekannt, und es sei ihnen bewusst, dass diese sich auf die Klägerin beziehe, d. h. auf ein Unternehmen ohne jede Verbindung zu den europäischen Organen.

55      Außerdem habe die Beschwerdekammer es unterlassen, im Kontext einer Gesamtschau der in Rede stehenden Marke deren prägenden Bestandteil, die Darstellung eines Gelenkkreuzes, das in der in Rede stehenden Marke eine zentrale Position einnehme, zu berücksichtigen. Dieser wesentliche Bestandteil einer Gelenkwelle werde von den angesprochenen Fachkreisen sofort und unzweifelhaft erkannt. Auch im Wortbestandteil der in Rede stehenden Marke sei ein Verweis auf Gelenkwellen enthalten. Die Beschwerdekammer habe in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert, weshalb Zertifikate oder Genehmigungen europäischer Organisationen mit der Darstellung eines Gelenkkreuzes oder einer auf eine Gelenkwelle verweisenden Bezeichnung versehen sein sollten.

56      Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer, wie aus den oben in Randnr. 47 zusammengefassten Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, nicht verkannt hat, dass sich die in Rede stehende Marke insbesondere an ein aus Fachleuten des Kraftfahrzeugbaus und von Werkstätten zur Reparatur solcher Fahrzeuge bestehendes Fachpublikum richtet.

57      Vielmehr ging die Beschwerdekammer zu Recht davon aus, dass auch die Sichtweise der breiten Öffentlichkeit zu berücksichtigen ist, zu der die Eigentümer und Halter von Fahrzeugen gehören. Wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, haben diese Personen ein Interesse daran, dass ihre Fahrzeuge mit Ersatz- oder Bauteilen ausgestattet sind, die bestimmte Qualitäts- und Sicherheitsnormen erfüllen, gegebenenfalls versehen mit einem Qualitätssiegel oder einem gleichwertigen Zeichen, das ihre Übereinstimmung mit derartigen Normen attestiert. Der bloße Umstand, dass Fahrzeugeigentümer und ‑halter im Allgemeinen von Fachleuten der Branche hinsichtlich der Wahl der in ihrem Fahrzeug zu verwendenden Ersatzteile beraten werden, bedeutet nicht, dass sie sich nicht der Marken oder anderen Zeichen bewusst wären, die diese Teile kennzeichnen. Diese Zeichen können auf der Verpackung der bei einer Reparatur verwandten Teile, auf den Unterlagen zu dieser Reparatur oder auch auf Broschüren oder ähnlichen Unterlagen, die mit einem Neufahrzeug übergeben werden, erscheinen.

58      Die Beschwerdekammer hat in Randnr. 46 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, es sei allgemein bekannt, dass Originalersatzteile oftmals teurer seien als von Drittanbietern hergestellte Ersatzteile gleicher Qualität. Diesem Gedankengang folgend erscheint es wahrscheinlich, dass Fahrzeugeigentümer Wert darauf legen, dass ein in ihr Fahrzeug eingebautes Ersatzteil mit einem Zeichen versehen ist, das sie als Hinweis auf seine Konformität mit bestimmten von der Union erlassenen Normen oder auf eine Genehmigung durch die Union ansehen. Daher kann der Beschwerdekammer kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie bei der Anwendung von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ auch die Sichtweise der breiten Öffentlichkeit berücksichtigt hat.

59      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass – anders als bei der Anwendung von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a PVÜ, der auch für den Fall gilt, dass ein Hoheitszeichen oder dessen Nachahmung im heraldischen Sinn als bloßer Bestandteil eines komplexen Zeichens verwendet wird (siehe oben, Randnr. 36) – die Anwendung von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ eine Gesamtschau des in Rede stehenden Zeichens verlangt, da dessen übrige Bestandteile in ihrer Gesamtheit dazu führen können, dass das Zeichen nicht geeignet ist, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung zwischen seinem Inhaber oder Benutzer und der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen, die das Kennzeichen, das Teil dieses Zeichens ist, verwendet, oder das Publikum insoweit irrezuführen.

60      Allerdings ist, wie das HABM zu Recht geltend macht, die Gefahr, auf die sich Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ bezieht, von der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu unterscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr im Sinne der letztgenannten Vorschrift dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Hingegen betrifft die Gefahr, auf die sich Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ bezieht, nur das Vorliegen einer Verbindung zwischen den von der fraglichen Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen und der internationalen zwischenstaatlichen Organisation, deren Kennzeichen oder dessen Nachahmung im heraldischen Sinn in dieser Marke enthalten ist. Sie schließt die Gefahr ein, dass das Publikum glauben könnte, die von der fraglichen Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen stammten von der genannten Organisation, ohne sich jedoch auf diesen Fall zu beschränken. Es ist nämlich durchaus möglich, dass das Publikum, ohne hinsichtlich der Herkunft der von der fraglichen Marke erfassten Waren irregeführt zu werden, aufgrund dessen, dass diese Marke das Kennzeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation enthält, annehmen könnte, dass die Waren oder Dienstleistungen mit einer Genehmigung oder Garantie dieser Organisation ausgestattet sind oder in anderer Weise mit ihr in Verbindung stehen. Eine solche Gefahr reicht aus, um nach Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c Satz 2 PVÜ die Möglichkeit der Eintragung der in Rede stehenden Marke auszuschließen.

62      Überdies ist darauf hinzuweisen, dass es auch im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 keineswegs ausgeschlossen ist, dass in einem konkreten Fall eine ältere, von einem Dritten in einer zusammengesetzten Marke, die seine Unternehmensbezeichnung enthält, benutzte Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen behält, ohne darin den dominierenden Bestandteil zu bilden. In einem solchen Fall kann der von der zusammengesetzten Marke hervorgerufene Gesamteindruck die Verkehrskreise glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, wobei dann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juni 2010, Becker/Harman International Industries, C‑51/09 P, Slg. 2010, I‑5805, Randnr. 34). Diese Erwägungen gelten erst recht für die Anwendung von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ, bei dem es um das Vorliegen der allgemeineren, in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Gefahr geht.

63      Im Licht dieser Erwägungen kann die auf die Notwendigkeit einer Gesamtschau der in Rede stehenden Marke gestützte Argumentation der Klägerin nicht durchgreifen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer die übrigen Bestandteile der in Rede stehenden Marke nicht unberücksichtigt ließ. Vielmehr führte sie, nachdem sie diese Bestandteile in die Beschreibung der Marke in Randnr. 33 der angefochtenen Entscheidung einbezogen hatte, in Randnr. 36 dieser Entscheidung aus: „Weder kommt dem Gelenkkreuz, noch der Buchstabenfolge EDS noch der Wortfolge ‚EUROPEAN DRIVESHAFT SERVICES‘ eine heraldische Bedeutung zu. Der Verbraucher wird darin nur den Hinweis auf einen wie auch immer gearteten ‚Service‘ sehen. Er wird davon ausgehen, dass es sich um eine europäische Institution handelt, die in dem fraglichen Bereich Qualitätsprüfungen durchführt oder Zulassungsbescheinigungen ausstellt.“ Zur Stützung dieser Erwägung führte die Beschwerdekammer in Randnr. 37 der angefochtenen Entscheidung den Fall von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union an, die Embleme mit Versionen der Europaflagge führen, und gibt in Randnr. 38 der genannten Entscheidung Beispiele für solche Embleme.

64      Diesen Erwägungen der Beschwerdekammer ist beizupflichten. Denn weder die Existenz der beiden Wortbestandteile der in Rede stehenden Marke noch die in der Mitte dieser Marke befindliche Abbildung eines Gelenkkreuzes können ausschließen, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine Verbindung zwischen der Klägerin und den von der fraglichen Marke erfassten Waren einerseits und den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union oder einer anderen internationalen zwischenstaatlichen Organisation, die die Europaflagge verwendet, andererseits herstellen. Die Abbildung des Gelenkkreuzes wird vom Publikum zweifellos als unmittelbarer Hinweis auf die von der fraglichen Marke erfassten Waren wahrgenommen. Die Wortbestandteile sind geeignet, die Wahrscheinlichkeit, dass das Publikum eine Verbindung zwischen den in Rede stehenden Waren und der Union herstellt, zu erhöhen. Dies gilt insbesondere für das Wort „Services“, das – auch unter Berücksichtigung dessen, dass die in Rede stehende Marke nur Waren erfasst – als Bezugnahme auf Genehmigungs-, Qualitätskontroll- oder Garantieleistungen einer offiziellen Agentur der Union hinsichtlich der von der fraglichen Marke erfassten Waren wahrgenommen werden könnte. Das Wort „European“, das Teil der Bezeichnung mehrerer Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union ist, ist ebenfalls geeignet, diese Wahrscheinlichkeit zu erhöhen.

65      Das Argument der Klägerin, wonach die Gefahr, auf die sich Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ beziehe, bei den – ihres Erachtens bei der Anwendung dieser Vorschrift allein zu berücksichtigenden Fachkreisen – von vornherein ausgeschlossen sei, kann ebenfalls nicht durchgreifen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin insoweit von einem fehlerhaften Verständnis der Randnrn. 66 und 67 des oben in Randnr. 23 angeführten Urteils ECA, die sie zur Stützung ihres Arguments anführt, ausgeht. Aus diesen Randnummern geht nicht hervor, dass in dem Fall, in dem sich eine Marke, die das Kennzeichen einer internationalen Organisation oder dessen Nachahmung enthält, nur an Fachkreise richtet, jede Gefahr der Herstellung einer Verbindung zwischen dem Inhaber dieser Marke oder den von ihr erfassten Waren und der betreffenden internationalen zwischenstaatlichen Organisation ausgeschlossen wäre.

66      Aus Fachleuten bestehende Fachkreise sind zwar im Allgemeinen über die Waren oder Dienstleistungen, die zu ihrem beruflichen Betätigungsfeld gehören, besser informiert. Dies schließt jedoch nicht die Gefahr aus, auf die sich Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ bezieht, sondern kann allenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob eine solche Gefahr gegeben ist, eine Rolle spielen.

67      Im vorliegenden Fall ist die Zusammensetzung der Fachkreise, die von den von der fraglichen Marke erfassten Waren angesprochen werden, sehr vielfältig, da sie sowohl Fachleute des Fahrzeugbaus als auch die in einer Kfz-Werkstatt arbeitenden Techniker und anderen Personen umfassen. Während hinsichtlich der Personen der ersten Kategorie vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass sie relativ gut über die Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, die in ihrem Tätigkeitsbereich aktiv sind, sowie über die dort verwendeten Qualitätsnormen und ‑zeichen informiert und sich infolgedessen der Tatsache bewusst sein werden, dass es sich bei der in Rede stehenden Marke weder um das Emblem einer speziellen Einrichtung der Union noch um ein von dieser verwendetes Prüfzeichen handelt, gilt dies nicht für die Personen der zweiten Kategorie. Letztere sind, wie die Angehörigen der breiten Öffentlichkeit, im Allgemeinen nicht ebenso gut informiert und können daher infolge des Vorhandenseins einer Nachahmung der Europaflagge in der fraglichen Marke hinsichtlich des Bestehens einer Verbindung zwischen der Klägerin und ihren von der genannten Marke erfassten Waren einerseits und der Union andererseits irregeführt werden.

68      Desgleichen ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, dass die in Rede stehende Marke den maßgeblichen Fachkreisen bekannt sei und diese sich des Umstands bewusst seien, dass die Marke auf die Klägerin hinweise. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin dieses Argument zwar im Verfahren vor den Dienststellen des HABM vorgebracht, aber keinen Nachweis dafür erbracht hat. Da es an einem entsprechenden Nachweis fehlt, kann das Vorbringen, es sei allgemein bekannt, dass die in Rede stehende Marke auf die Klägerin hinweise, nicht durchgreifen. Anders als die Klägerin zu meinen scheint, reicht insoweit der bloße Umstand, dass die in Rede stehende Marke seit 2002 im Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen war, mangels Nachweisen für ihre tatsächliche Benutzung während dieses Zeitraums nicht aus. Ausschlaggebend unter dem Aspekt der Anwendung von Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ ist jedenfalls die Kenntnis des Fehlens jeder Verbindung zwischen der Klägerin und ihren Waren einerseits und der Union andererseits. Da die in Rede stehende Marke eine Nachahmung der Europaflagge enthält, könnten aber selbst die Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise, denen bewusst ist, dass diese Marke auf die Klägerin und ihre Waren hinweist, zu der Annahme verleitet werden, dass es für diese Waren eine Genehmigung oder eine Garantie der Union gibt.

69      Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer im Anschluss an die in Randnr. 52 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, dass die Entscheidung der Löschungsabteilung aufzuheben und die in Rede stehende Marke zu löschen sei, „als obiter dictum“ hinzufügte, dass die Eintragung der in Rede stehenden Marke auch nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. f und/oder Buchst. i der Verordnung Nr. 207/2009 hätte versagt werden können. In diesem Zusammenhang führte sie weiter aus, dass der Tätigkeitsbereich der Union, auch wenn sie kein Staat im völkerrechtlichen Sinne sei, dem eines Staates gleichzusetzen sei, so dass die vorstehend angeführten Vorschriften auf eine Marke anzuwenden seien, die die Symbole der Union verwende.

70      Die Klägerin versucht, diese Erwägungen mit einer speziellen Argumentation in Frage zu stellen. Schon aus den von der Beschwerdekammer in den Randnrn. 53 bis 55 der angefochtenen Entscheidung gewählten Worten geht jedoch hervor, dass diese Erwägungen ergänzend angeführt wurden und keine tragenden Gründe des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung darstellen. Dieser stützt sich in rechtlich hinreichender Weise auf die vorstehend analysierten und für zutreffend befundenen übrigen Erwägungen in der Entscheidung. Somit geht dieser letzte Teil der Argumentation der Klägerin ins Leere (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 25. September 2008, Stepek/HABM – Masters Golf Company [GOLF-FASHION MASTERS THE CHOICE TO WIN], T‑294/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Der zweite Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Fehler der Beschwerdekammer bei der Verteilung der Verfahrenskosten

72      Im Anschluss an die Feststellung, dass entsprechend dem Antrag der Kommission die Entscheidung der Löschungsabteilung aufzuheben und die in Rede stehende Marke zu löschen sei, wies die Beschwerdekammer in Randnr. 57 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die Klägerin als Inhaberin dieser Marke nach Art. 85 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 die Kosten der Kommission zu tragen habe. Sodann gab sie die Höhe der dieser zu erstattenden Kosten an und bezog dabei neben den Kosten für die Vertretung der Kommission im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sowie der Löschungs- und der Beschwerdegebühr die der Kommission im Verfahren vor der Löschungsabteilung entstandenen Kosten eines berufsmäßigen Vertreters ein. Außerdem verpflichtete sie in Nr. 3 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung die Klägerin zur Tragung der Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens.

73      Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte schon aus Billigkeitsgründen jedenfalls zur Tragung der Kosten des Verfahrens vor der Löschungsabteilung verpflichtet werden müssen, da sie die Gesichtspunkte, aus denen auf das Vorliegen einer Gefahr, dass das Publikum eine Verbindung zwischen der in Rede stehenden Marke und der Union herstelle, geschlossen werden könne, verspätet, vor der Beschwerdekammer, vorgebracht habe. Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen, da es, wie sich aus den vorstehenden Erwägungen zum ersten Klagegrund ergibt, auf einer falschen Prämisse beruht.

74      Die Klägerin macht ferner geltend, die Kommission habe vor der Beschwerdekammer ausdrücklich erklärt, dass sie die die Verfahrenskosten betreffende Nr. 2 des verfügenden Teils der Entscheidung der Löschungsabteilung nicht anfechte.

75      Nach den Akten des Verfahrens vor dem HABM trifft dieses Vorbringen der Klägerin zu. Denn die Kommission hat sowohl im Beschwerdeformular als auch in der schriftlichen Begründung ihrer Beschwerde vor der Beschwerdekammer ausdrücklich angegeben, dass sie die Aufhebung von Nr. 1 des verfügenden Teils der Entscheidung der Löschungsabteilung beantrage und dessen Nr. 2 nicht anfechte.

76      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Teil einer Entscheidung einer Vorinstanz des HABM, der sich auf die Kosten des Verfahrens vor dieser Instanz bezieht, genau umgrenzt ist und gegebenenfalls Gegenstand einer eigenständigen Prüfung sein kann, unabhängig von der Prüfung der restlichen Entscheidung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2009, Okalux/HABM – Messe Düsseldorf [OKATECH], T‑419/07, Slg. 2009, II‑2477, Randnrn. 30 bis 40). Somit ist es möglich, mit einer Beschwerde vor der Beschwerdekammer nur diesen Teil der Entscheidung einer Vorinstanz anzufechten oder ihn umgekehrt von einer solchen Anfechtung auszunehmen. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer bei Einlegung einer Beschwerde für die Prüfung der Sache nur insoweit zuständig ist, als sie mit ihr befasst wird und daher einen nicht mit der Beschwerde angefochtenen Teil der Entscheidung nicht überprüfen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2011, Völkl/HABM – Marker Völkl [VÖLKL], T‑504/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 52 bis 56).

77      Da die Kommission ausdrücklich erklärt hatte, dass sie Nr. 2 des verfügenden Teils der Entscheidung der Löschungsabteilung nicht anfechte, folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass die Beschwerdekammer für die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor der Löschungsabteilung nicht zuständig war, da sie von der Kommission nicht mit dieser Frage befasst wurde. Die Beschwerdekammer hätte sich also im Anschluss an ihre Entscheidung, der Beschwerde und dem Löschungsantrag der Kommission stattzugeben, darauf beschränken müssen, allein über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.

78      Folglich ist der dritte Klagegrund begründet, und dem dritten Klageantrag ist insofern teilweise stattzugeben, als Nr. 3 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung aufzuheben ist, soweit die Klägerin darin zur Tragung der Kosten des Löschungsverfahrens verpflichtet wird und diese Kosten in den Gesamtbetrag von 2 500 Euro einbezogen werden, den die Klägerin der Kommission zu erstatten hat. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

79      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen. Da die Kommission keinen Kostenantrag gestellt hat, trägt sie ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Nr. 3 des verfügenden Teils der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 12. Mai 2011 (Sache R 1590/2010‑1) zu einem Löschungsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und der Welte-Wenu GmbH wird aufgehoben, soweit die Welte-Wenu GmbH darin zur Tragung der Kosten des Löschungsverfahrens verpflichtet wird und diese Kosten in den Gesamtbetrag von 2 500 Euro einbezogen werden, den die Welte-Wenu GmbH der Europäischen Kommission zu erstatten hat.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Welte-Wenu GmbH trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des HABM. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Januar 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.