Language of document : ECLI:EU:T:2013:406

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

6. September 2013(*)

„Erdgasbinnenmarkt – Richtlinie 2003/55/EG – Verpflichtung der Erdgasunternehmen, ein System einzurichten, um Dritten auf Vertragsbasis Zugang zu Gasspeichern einzuräumen – Entscheidung der tschechischen Behörden, mit der der Klägerin eine befristete Ausnahme für ihre zukünftigen unterirdischen Gasspeicher in Dambořice gewährt wird – Beschluss der Kommission, mit dem der Tschechischen Republik aufgegeben wird, die Entscheidung über die Gewährung der Ausnahme zu widerrufen – Zeitliche Anwendbarkeit der Richtlinie 2003/55“

In der Rechtssache T‑465/11

Globula a.s. mit Sitz in Hodonín (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Petite, D. Paemen, A. Tomtsis, D. Koláček und P. Zákoucký,

Klägerin,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, J. Očková und T. Müller als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch O. Beynet und T. Scharf als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses K(2011) 4509 der Kommission vom 27. Juni 2011 betreffend die für einen unterirdischen Gasspeicher in Dambořice gewährte Ausnahme von den Binnenmarktvorschriften über den Zugang von Dritten

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 14. April 2009 stellte die Klägerin, die Globula a.s., beim tschechischen Ministerium für Industrie und Handel (im Folgenden: Ministerium) einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für den Bau eines unterirdischen Gasspeichers in Dambořice (Tschechische Republik). Im Rahmen dieses Antrags beantragte sie für die gesamte neue Kapazität des unterirdischen Gasspeichers die Gewährung einer befristeten Ausnahme von der Verpflichtung, Dritten auf Vertragsbasis Zugang zu diesem Gasspeicher einzuräumen.

2        Mit Entscheidung vom 26. Oktober 2010 genehmigte das Ministerium den Bau des unterirdischen Gasspeichers und gewährte der Klägerin für 90 % der Kapazität des unterirdischen Gasspeichers eine befristete Ausnahme von der Verpflichtung, Dritten auf Vertragsbasis Zugang einzuräumen, die für 15 Jahre ab dem Tag des Inkrafttretens der Nutzungsgenehmigung galt.

3        Mit Schreiben des Ministeriums vom 11. Februar 2011, das am 18. Februar 2011 bei der Europäischen Kommission einging, wurde die Entscheidung vom 26. Oktober 2010 der Kommission übermittelt.

4        Mit Schreiben vom 15. April 2011 forderte die Kommission beim Ministerium zusätzliche Informationen an und wies darauf hin, dass sie, falls sie das Ministerium auffordern sollte, die Entscheidung vom 26. Oktober 2010 zu ändern oder zu widerrufen, dies bis zum 18. Juni 2011 tun werde. Das Ministerium antwortete am 29. April 2011, innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist.

5        Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 forderte die Kommission beim Ministerium ein zweites Mal zusätzliche Informationen an und wies erneut darauf hin, dass sie, falls sie das Ministerium auffordern sollte, die übermittelte Entscheidung zu ändern oder zu widerrufen, dies bis zum 18. Juni 2011 tun werde. Das Ministerium antwortete am 20. Mai 2011, innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist.

6        Mit Schreiben vom 23. Juni 2011, das von dem für Energiefragen zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet war, teilte die Kommission dem Ministerium mit, dass sie bis zum 29. Juni 2011 eine förmliche Entscheidung erlassen werde.

7        Am 27. Juni 2011 erließ die Kommission den Beschluss K(2011) 4509 betreffend die für einen unterirdischen Gasspeicher in Dambořice gewährte Ausnahme von den Binnenmarktvorschriften über den Zugang von Dritten (im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem sie die Tschechische Republik anwies, die Entscheidung vom 26. Oktober 2010 zu widerrufen. Der angefochtene Beschluss wurde der Tschechischen Republik am 28. Juni 2011 übermittelt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

8        Mit Klageschrift, die am 26. August 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

9        Die Tschechische Republik hat mit Schriftsatz, der am 1. Dezember 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Die Präsidentin der Vierten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag mit Beschluss vom 11. Januar 2012 stattgegeben. Der Schriftsatz der Streithelferin und die Stellungnahmen der anderen Beteiligten dazu sind innerhalb der gesetzten Fristen eingereicht worden.

10      Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

11      Die Parteien haben in der Sitzung vom 23. April 2013 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

12      Die Klägerin, unterstützt durch die Tschechische Republik, beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses auf drei Klagegründe. Mit dem ersten macht sie Fehler bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts geltend, mit dem zweiten einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und mit dem Dritten einen offensichtlichen Fehler bei der Sachverhaltswürdigung.

15      Der erste von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund besteht aus zwei Teilen, mit denen Fehler bei der Bestimmung des anwendbaren Verfahrens‑ und materiellen Rechts gerügt werden.

16      Die Klägerin macht, unterstützt durch die Tschechische Republik, im Wesentlichen geltend, dass die Kommission das Verfahren und die materiellen Kriterien hätte anwenden müssen, die in Art. 22 der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. L 176, S. 57, im Folgenden: zweite Gasrichtlinie) vorgesehen seien, und nicht die in Art. 36 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55 (ABl. L 211, S. 94, im Folgenden: dritte Gasrichtlinie) vorgesehenen. Die Entscheidung vom 26. Oktober 2010 sei der Kommission nämlich am 18. Februar 2011 übermittelt worden, während die dritte Gasrichtlinie erst am 3. März 2011 die zweite Gasrichtlinie ersetzt habe.

17      Die Kommission bestreitet sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit dieses Vorbringens.

 Zur Zulässigkeit des ersten Klagegrundes

18      Die Kommission hält den ersten Klagegrund für unzulässig. Sie trägt vor, sie hätte, wenn sie das Verfahren des Art. 22 der zweiten Gasrichtlinie hätte anwenden müssen, eine informelle Aufforderung zum Widerruf der Entscheidung vom 26. Oktober 2010 an die Tschechische Republik gerichtet, die nicht anfechtbar gewesen wäre. Die vorliegende Klage könne der Klägerin demnach in diesem Punkt keinen Vorteil verschaffen; diese habe daher insoweit kein Rechtsschutzinteresse. Jedenfalls könnte sie, falls das Gericht den angefochtenen Beschluss für nichtig erklären sollte, entgegen der Ansicht der Klägerin gegebenenfalls auf der Grundlage der zweiten Gasrichtlinie einen neuen Beschluss erlassen.

19      Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

20      Es trifft insoweit zu, dass die Kommission bei dem in Art. 22 der zweiten Gasrichtlinie vorgesehenen Verfahren, anders als bei dem in Art. 36 der dritten Gasrichtlinie vorgesehenen, bei dem sie direkt eine verbindliche Entscheidung an den betroffenen Mitgliedstaat richten kann, an diesen zunächst eine nicht verbindliche Aufforderung, seine Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahme von den Bestimmungen der erstgenannten Richtlinie zu ändern oder zu widerrufen, richten muss, die kein anfechtbarer Rechtsakt ist.

21      Mit dem das anwendbare Verfahren betreffenden Teil des ersten Klagegrundes verfolgt die Klägerin jedoch nicht das Ziel, dass anstelle eines anfechtbaren Rechtsakts ein nicht anfechtbarer Rechtsakt an sie gerichtet wird, sondern das Ziel, dass ein ihrer Ansicht nach rechtswidriger verbindlicher Beschluss für nichtig erklärt wird, was ihr selbstverständlich einen Vorteil verschaffen würde.

22      Im Übrigen ist das Vorbringen der Kommission, dass sie, falls das Gericht den angefochtenen Beschluss für nichtig erklären sollte, auf der Grundlage der zweiten Gasrichtlinie gegebenenfalls einen neuen Beschluss erlassen könnte, zurückzuweisen. Zum einen setzte nämlich eine verbindliche Entscheidung im Rahmen der zweiten Gasrichtlinie, wie oben in Randnr. 20 ausgeführt, voraus, dass zunächst eine nicht verbindliche Aufforderung an den betroffenen Mitgliedstaat gerichtet wurde. Da eine solche nicht verbindliche Aufforderung zu Verhandlungen zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und der Kommission über ihren Inhalt führen kann, steht in diesem Stadium weder fest, dass die Kommission schließlich eine verbindliche Entscheidung erlassen hätte, noch, welchen Inhalt sie gehabt hätte. Zum anderen hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, dass die Kommission, da die in Art. 22 Abs. 4 der zweiten Gasrichtlinie vorgesehene Frist am 18. Mai 2011 abgelaufen sei, nicht mehr gegen die Entscheidung vom 26. Oktober 2010 vorgehen könnte.

23      Ohne in diesem Stadium einer Entscheidung über die Begründetheit der von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe vorzugreifen, ist festzustellen, dass die Klägerin folglich in Bezug auf den ersten Klagegrund ein Rechtsschutzinteresse hat, weshalb die insoweit erhobene Unzulässigkeitseinrede der Kommission zurückzuweisen ist.

 Zur Begründetheit des ersten Klagegrundes

24      Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anhängigen Rechtsstreitigkeiten anwendbar sind, anders als materiell-rechtliche Vorschriften, die gewöhnlich so ausgelegt werden, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nicht gelten (Urteile des Gerichtshofs vom 6. Juli 1993, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, C‑121/91 und C‑122/91, Slg. 1993, I‑3873, Randnr. 22, und vom 14. November 2002, Ilumitrónica, C‑251/00, Slg. 2002, I‑10433, Randnr. 29; Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, González y Díez/Kommission, T‑25/04, Slg. 2007, II‑3121, Randnr. 58).

25      Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wurde jedoch in dem Fall zugelassen, dass die entsprechende Regelung sowohl Verfahrens‑ als auch materielle Bestimmungen enthält, die ein einheitliches Ganzes bilden und deren Einzelbestimmungen hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltung nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Unter diesen Umständen kann der Gesamtheit der in Rede stehenden Bestimmungen keine Rückwirkung beigelegt werden, es sei denn, hinreichend klare Anhaltspunkte sprächen für eine solche Annahme (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnrn. 11 und 12).

26      Im vorliegenden Fall hat die dritte Gasrichtlinie nach ihrem Art. 53 zum 3. März 2011 die zweite Gasrichtlinie ersetzt, und ab diesem Datum gelten Verweisungen auf die zweite Gasrichtlinie als Verweisungen auf die dritte Gasrichtlinie nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II der letztgenannten Richtlinie. Nach dieser Tabelle entspricht Art. 36 der dritten Gasrichtlinie Art. 22 der zweiten Gasrichtlinie.

27      Insoweit ist hervorzuheben, dass sowohl Art. 22 der zweiten Gasrichtlinie als auch Art. 36 der dritten Gasrichtlinie sowohl materiell‑rechtliche als auch Verfahrensbestimmungen enthalten und dass insbesondere die Bestimmungen über den Erlass von Entscheidungen durch die nationalen Behörden über die Gewährung von Ausnahmen wesentlich geändert wurden.

28      Was zunächst die letztgenannten Bestimmungen angeht, überträgt erstens Art. 36 Abs. 4 und 5 der dritten Gasrichtlinie in dem Fall, dass sich die betreffende Infrastruktur über das Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat erstreckt, der durch die Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ABl. L 211, S. 1) geschaffenen Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) bestimmte Zuständigkeiten. Die ACER kann u. a. anstelle der nationalen Behörden Entscheidungen treffen, wenn diese keine Einigung erzielen.

29      Zweitens wurde in Art. 36 Abs. 6 Unterabs. 3 der dritten Gasrichtlinie für die nationale Behörde die Verpflichtung eingeführt, vor der Gewährung einer Ausnahme über die Regeln und Mechanismen für das Kapazitätsmanagement und die Kapazitätszuweisung der betreffenden Infrastruktur zu entscheiden, von den Betreibern der fraglichen Infrastruktur zu verlangen, deren potenzielle Nutzer aufzufordern, ihr Interesse an der Kontrahierung von Kapazität zu bekunden (Markttest), und zu fordern, dass das Management der neu geschaffenen Kapazitäten bestimmten Kriterien genügt.

30      Was sodann das Verfahren auf der Ebene der Europäischen Union angeht, betreffen die wesentlichen Änderungen erstens den Umstand, dass die Kommission nicht mehr verpflichtet ist, den betroffenen Mitgliedstaat zunächst aufzufordern, seine Entscheidung zu ändern oder zu widerrufen, sondern nunmehr direkt einen verbindlichen Beschluss erlassen kann. Zweitens unterliegt der verbindliche Beschluss der Kommission nicht mehr dem sogenannten „Komitologie“‑Verfahren. Drittens wurden die Fristen, innerhalb deren die Kommission handeln kann, geändert. Während nach der zweiten Gasrichtlinie die ursprüngliche Frist von zwei Monaten um einen weiteren Monat verlängert werden konnte, wenn die Kommission zusätzliche Informationen anforderte, kann diese ursprüngliche Frist nach der dritten Gasrichtlinie um zwei weitere Monate, gerechnet ab dem Eingang der zusätzlichen Informationen, verlängert werden.

31      Die durch Art. 36 der dritten Gasrichtlinie eingeführten verfahrensrechtlichen Änderungen dürfen hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltung nicht isoliert von den materiell-rechtlichen Änderungen betrachtet werden.

32      Erstens handelt es sich bei dem in diesem Artikel geregelten Verfahren zur Gewährung von Ausnahmen um ein einheitliches Verfahren, auch wenn es sich zum Teil auf nationaler Ebene und zum Teil auf Unionsebene abspielt. Die Änderungen, die die nationale Phase des Verfahrens betreffen, können daher nicht getrennt von den Änderungen beurteilt werden, die die Phase auf Unionsebene betreffen.

33      Zweitens sind die Änderungen bei der Verteilung der Entscheidungsbefugnisse unter den verschiedenen am Verfahren beteiligten Akteuren beträchtlich und können sich insbesondere auf den Ausgang des Verfahrens auswirken.

34      Insoweit ist zum einen auf die Rolle zu verweisen, die die ACER nunmehr als neuer Akteur bei dem von den nationalen Behörden durchzuführenden Verfahren einnimmt. Erzielen die nationalen Behörden über einen längeren Zeitraum keine Einigung darüber, ob eine Ausnahme zu gewähren ist, oder über die Kriterien, die für das Management der neu geschaffenen Kapazitäten gelten sollen, so kann die einheitliche Entscheidung, die die ACER nach den Bestimmungen der dritten Gasrichtlinie zu treffen hat, wesentlich von den individuellen Entscheidungen abweichen, die die betreffenden nationalen Behörden nach den Bestimmungen der zweiten Gasrichtlinie getroffen hätten. Außerdem ist auf die bedeutende konsultative Rolle der ACER für diese nationalen Behörden hinzuweisen. Auch wenn die vorliegende Rechtssache keine Infrastruktur betrifft, die sich über das Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat erstreckt, kann dieser Umstand der vorliegenden Rechtssache keinen Einfluss auf die Prüfung der Trennbarkeit von Verfahrensbestimmungen und materiell-rechtlichen Bestimmungen haben, die nicht vom konkreten Fall abhängt.

35      Zum anderen sind, was das von der Kommission durchzuführende Verfahren betrifft, deren Befugnisse durch die neue Abfassung von Art. 36 Abs. 8 und 9 der dritten Gasrichtlinie beträchtlich gestärkt worden. Wie oben in Randnr. 20 ausgeführt, kann die Kommission nämlich nunmehr direkt einen verbindlichen Beschluss an den betroffenen Mitgliedstaat richten, ohne zunächst eine nicht verbindliche Entscheidung an ihn richten zu müssen und ohne ein „Komitologie“-Verfahren durchzuführen. Wie oben in Randnr. 22 erläutert, kann der Umstand, dass damit eine potenzielle Verhandlungsphase aus dem Verfahren gestrichen wurde, Auswirkungen auf den Inhalt der endgültigen Entscheidung der Kommission haben.

36      Angesichts sämtlicher vorstehender Erwägungen bilden die durch Art. 36 der dritten Gasrichtlinie eingeführten verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Änderungen folglich ein untrennbares Ganzes, so dass nach der oben in Randnr. 25 angeführten Rechtsprechung der Gesamtheit der in Rede stehenden Bestimmungen keine Rückwirkung beigelegt werden kann, es sei denn, hinreichend klare Anhaltspunkte sprächen für eine solche Annahme.

37      Solche Anhaltspunkte liegen aber im vorliegenden Fall nicht vor. Insbesondere sieht die dritte Gasrichtlinie zwar in ihren Art. 53 und 54 eindeutig das Datum vor, ab dem ihre Bestimmungen Anwendung finden, sie enthält jedoch keine Bestimmungen über die Behandlung der bei ihrem Inkrafttreten bereits laufenden Verfahren, die eine Ausnahme von dem durch die oben in Randnr. 25 angeführte Rechtsprechung entwickelten Grundsatz rechtfertigen könnten.

38      Folglich waren im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Kommission die Bestimmungen der zweiten Gasrichtlinie anwendbar, und zwar sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht.

39      Daher ist dem ersten Klagegrund der Klägerin stattzugeben und der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, ohne dass die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe zu prüfen sind.

 Kosten

40      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Klägerin ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

41      Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Tschechische Republik trägt somit ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss K(2011) 4509 der Kommission vom 27. Juni 2011 betreffend die für einen unterirdischen Gasspeicher in Dambořice gewährte Ausnahme von den Binnenmarktvorschriften über den Zugang von Dritten wird für nichtig erklärt.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten der Globula a.s. sowie ihre eigenen Kosten.

3.      Die Tschechische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. September 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.