Language of document : ECLI:EU:F:2015:147

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Erste Kammer)

9. Dezember 2015

Rechtssache F‑45/15

Mark Van der Veen

gegen

Europäisches Polizeiamt (Europol)

„Öffentlicher Dienst – Bedienstete von Europol – Zeitbediensteter – Beschluss 2009/371/JI – Weigerung von Europol, einen unbefristeten Vertrag abzuschließen – Art. 81 der Verfahrensordnung – Offensichtlich unzulässige Klage“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, im Wesentlichen auf Aufhebung der am 31. Mai 2014 ergangenen stillschweigenden Entscheidung des Direktors des Europäischen Polizeiamts (Europol), mit der er den Antrag des Klägers, seinen Vertrag als Bediensteter auf Zeit unbefristet zu verlängern, abgelehnt hat, und der Entscheidung des Direktors vom 22. Dezember 2014, mit der die Beschwerde des Klägers gegen diese stillschweigende Entscheidung zurückgewiesen wurde

Entscheidung:      Die Klage wird als offensichtlich unzulässig abgewiesen. Herr Van der Veen trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die dem Europäischen Polizeiamt entstandenen Kosten zu tragen.

Leitsätze

Beamtenklage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Fristen – Zwingendes Recht – Ausschlusswirkung – Wiedereröffnung – Voraussetzung – Neue Tatsache

(Beamtenstatut, Art. 90 und 91)

Die in den Art. 90 und 91 des Statuts festgelegten Beschwerde- und Klagefristen sind zwingendes Recht und stehen nicht zur Disposition der Parteien und des Gerichts, da sie zur Gewährleistung der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse eingeführt wurden. Eventuelle Ausnahmen oder Abweichungen von diesen Fristen sind eng auszulegen.

Zwar kann jeder Beamte nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts einen Antrag auf Erlass einer ihn betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten, doch erlaubt es diese Möglichkeit dem Beamten oder sonstigen Bediensteten nicht, die in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen für die Einreichung einer Beschwerde und einer Klage dadurch zu umgehen, dass er eine frühere Entscheidung, die er nicht fristgerecht angefochten hat, im Wege eines Antrags mittelbar in Frage stellt. Nur das Vorliegen wesentlicher neuer Tatsachen kann einen Antrag auf Überprüfung einer solchen Entscheidung zulässig machen.

Begehrt ein Bediensteter von Europol die Überprüfung einer von Europol im Rahmen der Unterzeichnung seines Vertrags getroffenen Entscheidung im Licht angeblich wesentlicher neuer Tatsachen, stellt der Antrag auf Gewährung eines unbefristeten Vertrags in Wirklichkeit keinen neuen Antrag im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts dar, sondern eine Beschwerde im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts, unabhängig davon, wie die Parteien diese Handlung eingestuft haben.

Insoweit ist es zwar möglich, auf der Grundlage einer wesentlichen neuen Tatsache die Wiedereröffnung der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen zu erreichen, um eine bestandskräftige Entscheidung anzufechten, doch kann die Wiedereröffnung dieser Fristen nicht zur Bewilligung von Fristen führen, die länger sind als diese Fristen. Mit dieser Lösung wird eine objektiv nicht gerechtfertigte Diskriminierung zwischen den Antragstellern verhindert, die eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einreichen, die gemäß der in Art. 90 Abs. 2 des Statuts festgelegten Frist noch nicht bestandskräftig geworden ist, und denjenigen, die in der Form eines Antrags auf Überprüfung wegen neuer Tatsachen eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einreichen, die bestandskräftig geworden ist.

Aus Gründen der Rechtssicherheit muss der Beginn der betreffenden Frist dem Zeitpunkt der wesentlichen neuen Tatsache, die der Betroffene zur Rechtfertigung der Überprüfung der ihn beschwerenden Entscheidung geltend macht, oder dem Zeitpunkt entsprechen, an dem er tatsächlich Kenntnis von dieser Tatsache erhalten hat.

Ein als eine Beschwerde einzustufender Antrag auf Überprüfung einer Entscheidung muss innerhalb einer Frist von drei Monaten ab der wesentlichen neuen Tatsache, auf die sich der Beamte oder sonstige Bedienstete berufen will, oder dem Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme von dieser Tatsache gestellt werden, da die in Art. 90 Abs. 2 des Statuts vorgesehene Frist für die Einreichung einer Beschwerde gegen eine beschwerende Entscheidung drei Monate ist.

(vgl. Rn. 22 und 25 bis 29)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: Urteil vom 19. Februar 1998, Toller/Kommission, T‑142/96, EU:T:1998:41, Rn. 45, 48, 68, 73 bis 75 und die dort angeführte Rechtsprechung