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Klage, eingereicht am 27. Januar 2012 - Vereinigtes Königreich/Europäische Zentralbank

(Rechtssache T−45/12)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Kläger: Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland (Prozessbevollmächtigte: K. Beal, Barrister, und E. Jenkinson)

Beklagte: Europäische Zentralbank

Anträge

Der Kläger beantragt,

die am 18. November 2011 veröffentlichte Erklärung "Statement of Standards" der Europäischen Zentralbank insoweit für nichtig zu erklären, als darin eine Standortpolitik für Clearing-Systeme mit zentraler Vertragspartei (central counterparty clearing systems, CCPs) festgelegt wird;

der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage macht der Kläger sechs Klagegründe geltend.

Erster Klagegrund: Der Europäischen Zentralbank (EZB) habe die Befugnis gefehlt, die angefochtene Maßnahme entweder überhaupt oder jedenfalls ohne Rückgriff auf die Verkündung eines Rechtsakts wie einer vom Rat oder von der EZB selbst erlassenen Verordnung zu veröffentlichen.

Zweiter Klagegrund: Die angefochtene Maßnahme würde CCPs, die Clearing- oder Abrechnungsdienste in Euro ausführen wollten, deren tägliche Handelsgeschäfte ein gewisses Volumen überschritten, de jure oder de facto ein Niederlassungserfordernis auferlegen. Die angefochtene Maßnahme verletze alle oder einige der Art. 48, 56 und/oder 63 AEUV dadurch, dass

CCPs, die, wie das Vereinigte Königreich, in Mitgliedstaaten außerhalb der Euro-Zone niedergelassen seien, verpflichtet würden, ihre Verwaltungs- und Kontrollzentren in Mitgliedstaaten zu verlegen, die Mitglieder des Eurosystems seien. Sie würden auch verpflichtet, juristische Personen nach dem innerstaatlichen Recht eines anderen Mitgliedstaats neu zu gründen;

diese CCPs für den Fall, dass sie ihren Standort nicht wie gefordert verlagerten, daran gehindert würden, überhaupt oder unter den gleichen Voraussetzungen wie CCPs, die in den Mitgliedstaaten des Eurosystems niedergelassen seien, Zugang zu den Finanzmärkten dieser Mitgliedstaaten zu haben;

diese gebietsfremden CCPs keinen oder nicht unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf die von der EZB oder den nationalen Zentralbanken des Eurosystems angebotenen Vergünstigungen hätten;

infolgedessen die Möglichkeit für diese CCPs, Kunden in der Union Clearing- oder Abwicklungsdienstleistungen in Euro anzubieten, eingeschränkt oder sogar gänzlich ausgeschlossen würde.

Dritter Klagegrund: Die angefochtene Maßnahme verletze Art. 101 und/oder Art. 102 AEUV in Verbindung mit Art. 106 AEUV und Art. 13 EUV, da sie

tatsächlich erfordere, dass alle in Euro ausgeführten Clearingverfahren, die eine bestimmte Höhe überschritten, von CCPs ausgeführt würden, die in einem Mitgliedstaat der Eurozone niedergelassen seien;

nationale Zentralbanken tatsächlich anweise, CCPs, die in Mitgliedstaaten außerhalb der der Eurozone niedergelassen seien, keine Euro-Währungsreserven zur Verfügung zu stellen, wenn sie die in der Entscheidung festgelegten Grenzwerte überschritten.

4.    Vierter Klagegrund: Die für in Mitgliedstaaten außerhalb der Euro-Zone niedergelassenen CCPs geltende Voraussetzung, Rechtsform und Sitz zu ändern, stelle eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar. Sie verstoße auch gegen den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit, da in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassene CCPs ohne objektiven Grund unterschiedlich behandelt würden.

5.    Fünfter Klagegrund: Die angefochtene Maßnahme verletze alle oder einige der Art. II, XI, XVI und XVII des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS).

6.    Sechster Klagegrund: Ohne die Beweislast für das Fehlen einer Rechtfertigung dieser Beschränkungen durch das Allgemeininteresse zu übernehmen (die EZB trage die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahme, wenn sie eine solche geltend machen wolle), trägt das Vereinigte Königreich vor, dass sich kein von der EZB auf das öffentliche Interesse gestützter Rechtfertigungsgrund mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbaren lasse, da weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung stünden, um eine Kontrolle über die in der Union, aber außerhalb der Eurozone ansässigen Finanzinstitute sicherzustellen.

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