Language of document : ECLI:EU:T:2021:211

URTEIL DES GERICHTS (Sechste erweiterte Kammer)

21. April 2021(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke MONOPOLY – Absolutes Eintragungshindernis – Bösgläubigkeit – Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 [jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001]“

In der Rechtssache T‑663/19,

Hasbro, Inc. mit Sitz in Pawtucket, Rhode Island (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: J. Moss, Barrister,

Klägerin,

gegen

Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO), vertreten durch P. Sipos und V. Ruzek als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Kreativni Događaji d.o.o. mit Sitz in Zagreb (Kroatien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Kunze,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. Juli 2019 (Sache R 1849/2017-2) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Kreativni Događaji und Hasbro

erlässt

DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli sowie der Richter S. Frimodt Nielsen, J. Schwarcz (Berichterstatter), C. Iliopoulos und R. Norkus,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 30. September 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 8. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 7. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 30. April 2010 meldete die Klägerin, die Hasbro, Inc., nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen MONOPOLY.

3        Die Marke wurde nach der während des Verfahrens vor dem EUIPO vorgenommenen Einschränkung für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in geänderter und revidierter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Wissenschaftliche, Schifffahrts‑, Vermessungs‑, fotografische, Film‑, optische, Wäge‑, Mess‑, Signal‑, Kontroll‑, Rettungs- und Unterrichtsapparate und ‑instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; elektronische Unterhaltungsgeräte; elektronische Spiele; Computerspiele; Computer-Hardware; Computer-Software; Steuerungen zur Verwendung der vorstehend genannten Waren; Karten, Platten, Bänder, Drähte und Schaltkreise, alle mit oder für Daten und/oder Computersoftware; Spiele für Spielhallen; interaktive Unterhaltungssoftware, nämlich Computerspielesoftware, Computerspielprogramme, Computerspielkassetten, Computerspielplatten; interaktive Virtual-Reality-Videospiele, bestehend aus Computerhardware und ‑software; interaktive Multimedia-Spielprogramme; herunterladbare Software zur Verwendung in Verbindung mit Computern und Computerspielen, tragbaren Spielgeräten, Spielkonsolen, Kommunikationsgeräten zum Spielen und Mobiltelefonen; elektronische Spiele, Videospiele; Software für Videospiele, Videospielprogramme, Videospielkassetten, Videospielplatten, alle zur Verwendung in Verbindung mit Computern, tragbaren Spielgeräten, Spielkonsolen, Kommunikationsgeräten zum Spielen und Mobiltelefonen; Videolotterie-Terminals; Computer- und Videospielapparate, nämlich Videospielautomaten zur Verwendung mit Fernsehgeräten; Spielgeräte als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Ton- und/oder Videoaufnahmen; Laserplatten, Videoplatten, Schallplatten, CDs, CD-ROMs mit Spielen, Filmen, Unterhaltung und Musik; Spielkonsolen; Kommunikationsgeräte und Mobiltelefone; aufgezeichnete Filme; aufgezeichnete Fernseh-, Hörfunk- und Unterhaltungsprogramme sowie ‑materialien; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck; Spielautomaten; Slotmaschinen; Kartenspiele; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 41: „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Unterhaltung in Form von Filmen, Fernsehprogrammen und Hörfunkprogrammen; sportliche und kulturelle Aktivitäten“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 2010/146 vom 9. August 2010 veröffentlicht.

5        Die angegriffene Marke wurde am 25. März 2011 unter der Nr. 9071961 eingetragen.

6        Darüber hinaus war die Klägerin auch Inhaberin von drei Unionswortmarken MONOPOLY, die am 23. November 1998 (im Folgenden: ältere Marke Nr. 238 352), am 21. Januar 2009 (im Folgenden: ältere Marke Nr. 6 895 511) bzw. am 2. August 2010 (im Folgenden: ältere Marke Nr. 8 950 776) eingetragen wurden.

7        Die ältere Marke Nr. 238 352 erfasst folgende Waren der Klassen 9, 25 und 28:

–        Klasse 9: „Elektronische Unterhaltungsapparate; elektronische Spiele; Computerspiele; Computerhardware; Computersoftware; Steuerungen zur Verwendung der vorstehend genannten Waren; Karten, Platten, Bänder, Drähte und Schaltkreise, alle mit oder für Daten und/oder Computersoftware; Spiele für Spielhallen; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren“.

8        Die ältere Marke Nr. 6 895 511 erfasst die in der Klasse 41 enthaltenen „Unterhaltungsdienstleistungen“.

9        Die ältere Marke Nr. 8 950 776 erfasst folgende Waren der Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke“.

10      Am 25. August 2015 stellte die Streithelferin, die Kreativni Događaji d.o.o., gemäß Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 [jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001] einen Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke für alle von dieser Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Nach Ansicht der Streithelferin war die Klägerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig, weil es sich dabei um eine Wiederholungsanmeldung der älteren Marken Nrn. 238 352, 6 895 511 und 8 950 776 (im Folgenden zusammen: ältere Marken) gehandelt habe, mit dem Ziel, den Zwang zur ernsthaften Benutzung dieser Marken zu umgehen.

11      Am 22. Juni 2017 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung zurück. Sie vertrat u. a. zum einen die Auffassung, dass der Schutz derselben Marke über einen Zeitraum von 14 Jahren für sich genommen kein Hinweis auf eine Absicht sei, sich der Verpflichtung zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marken zu entziehen, und stellte zum anderen fest, dass das Vorbringen der Streithelferin durch keine Beweise untermauert werde, die die Bösgläubigkeit der Klägerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke belegten.

12      Am 22. August 2017 legte die Streithelferin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

13      Am 3. August 2018 wurde den Parteien mitgeteilt, dass eine mündliche Verhandlung angeordnet werde, um die besonderen Umstände der Strategie der Klägerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke besser zu verstehen.

14      Am 12. November 2018 reichte die Klägerin die Zeugenaussage einer bei ihr beschäftigten Person (im Folgenden: Zeugenaussage) nebst Beweisen ein.

15      Die mündliche Verhandlung fand am 19. November 2018 in den Räumlichkeiten des EUIPO statt.

16      Am 21. Januar 2019 reichte die Streithelferin ihre Stellungnahme zum Protokoll und Inhalt der mündlichen Verhandlung ein, in der sie beantragte, die Zeugenaussage nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin äußerte sich zu dieser Stellungnahme am 22. Februar 2019.

17      Mit Entscheidung vom 22. Juli 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hob die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung teilweise auf, erklärte die angegriffene Marke für einen Teil der erfassten Waren und Dienstleistungen für nichtig, wies die Beschwerde im Übrigen ab und verurteilte die Parteien dazu, die ihnen im Nichtigkeits- und im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten jeweils selbst zu tragen. Im Wesentlichen war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die gesammelten Beweise belegten, dass die Klägerin in Bezug auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, die mit den von den älteren Marken erfassten Waren und Dienstleistungen identisch seien, bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig gewesen sei.

 Anträge der Parteien

18      Die Klägerin beantragt:

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben,

–        der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

19      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten einschließlich der von der Streithelferin getragenen Kosten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts

21      Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, d. h. der 30. April 2010, maßgeblich ist, sind auf den Sachverhalt die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 5. Oktober 2004, Alcon/HABM, C‑192/03 P, EU:C:2004:587, Rn. 39 und 40, und Urteil vom 23. April 2020, Gugler France/Gugler und EUIPO, C‑736/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:308, Rn. 3 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich sind im vorliegenden Fall hinsichtlich der materiell-rechtlichen Vorschriften die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung und der Parteien in ihren Schriftsätzen auf Art. 59 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 dahin zu verstehen, dass sie sich auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 beziehen, der inhaltlich identisch ist.

 Gegenstand des Rechtsstreits

22      Die Klägerin hat zwar die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung insgesamt beantragt, sie hat jedoch in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass der Gegenstand des Rechtsstreits auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zu beschränken sei, soweit darin die angegriffene Marke in Bezug auf die in Nr. 1 des Tenors der angefochtenen Entscheidung genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28 und 41, die mit den von den älteren Marken erfassten Waren und Dienstleistungen identisch seien, für nichtig erklärt worden sei.

 Zulässigkeit der Klage

23      In den Rn. 17 bis 19 ihrer Klagebeantwortung sowie in der mündlichen Verhandlung hat die Streithelferin im Wesentlichen geltend gemacht, die Klage sei nach Art. 172 und 177 der Verfahrensordnung des Gerichts offensichtlich unzulässig, da das EUIPO in der Klageschrift nicht als Partei genannt werde, gegen die sich die Klage richte, und die Verbesserung der Klageschrift durch ein am 17. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenes Schreiben sei nicht geeignet, diesen Mangel rechtzeitig zu beheben.

24      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Streithelferin im Übrigen in Rn. 20 ihrer Klagebeantwortung erwähnt hat, der Unionsrichter befugt ist, je nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, eine Klage oder einen Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne zuvor über die Zulässigkeit zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 51 und 52).

25      Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist das Gericht der Ansicht, dass im Sinne einer geordneten Rechtspflege zunächst die Begründetheit der Klage zu prüfen ist, ohne zuvor über ihre Zulässigkeit zu entscheiden, da die Klage aus den im Folgenden dargelegten Gründen jedenfalls unbegründet ist.

 Begründetheit

26      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren rügt.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

27      Mit dem ersten Klagegrund stellt die Klägerin die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage, wonach sie bei Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig gewesen sei.

28      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorsieht, dass eine Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wird, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war.

30      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Begriff, der in der Verordnung Nr. 207/2009 nicht definiert ist, in seiner Bedeutung und Tragweite entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen ist, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird und welche Ziele mit dieser Verordnung verfolgt werden (vgl. Urteil vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Dies gilt für den Begriff „bösgläubig“ in Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, da der Unionsgesetzgeber diesen Begriff nicht definiert hat.

32      Der Begriff „bösgläubig“ ist zudem, auch wenn er seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entsprechend eine unredliche Geisteshaltung oder Absicht voraussetzt, im markenrechtlichen Kontext, mithin dem des Geschäftslebens, zu verstehen. Insoweit verfolgen die nacheinander erlassenen Verordnungen (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1), Nr. 207/2009 und 2017/1001 ein und dasselbe Ziel, nämlich die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts. Die Regelungen über die Unionsmarke sollen insbesondere zu einem unverfälschten Wettbewerbssystem in der Union beitragen, in dem jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qualität seiner Waren und Dienstleistungen an sich zu binden, die Möglichkeit haben muss, Zeichen als Marken eintragen zu lassen, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Folglich findet der absolute Nichtigkeitsgrund im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 Anwendung, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergibt, dass der Inhaber einer Unionsmarke die Anmeldung dieser Marke nicht mit dem Ziel eingereicht hat, sich in lauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der Absicht, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder mit der Absicht, sich ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken – u. a. der wesentlichen Funktion der Herkunftsangabe – zu verschaffen (Urteil vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 46).

34      Im Übrigen ist hinzuzufügen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, EU:C:2009:361), mehrere Klarstellungen zur Auslegung des in Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 enthaltenen Begriffs der Bösgläubigkeit vorgenommen hat.

35      Wie der Gerichtshof entschieden hat, sind bei der Beurteilung der Frage, ob der Anmelder im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bösgläubig ist, alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Anmeldung eines Zeichens als Unionsmarke vorliegen, insbesondere erstens die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat für eine gleiche oder ähnliche Ware oder Dienstleistung ein gleiches oder ähnliches, mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbares Zeichen verwendet, zweitens die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Benutzung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie drittens der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 53).

36      Allerdings ergibt sich aus der Formulierung, die der Gerichtshof im Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 53) gewählt hat, dass es sich bei den dort aufgezählten Faktoren lediglich um Beispiele für Anhaltspunkte handelt, die berücksichtigt werden können, um über eine etwaige Bösgläubigkeit des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke zu befinden (vgl. Urteil vom 26. Februar 2015, Pangyrus/HABM – RSVP Design [COLOURBLIND], T‑257/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:115, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Urteil hat sich der Gerichtshof nämlich darauf beschränkt, Fragen des nationalen Gerichts zu beantworten, bei denen es im Wesentlichen darum ging, ob solche Faktoren relevant waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 22 und 38). Somit steht das Fehlen eines dieser Faktoren je nach den Umständen des Einzelfalls der Feststellung der Bösgläubigkeit des Anmelders nicht notwendigerweise entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2016, Copernicus-Trademarks/EUIPO – Maquet [LUCEO], T‑82/14, EU:T:2016:396, Rn. 147).

37      In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass Generalanwältin Sharpston in Nr. 60 ihrer Schlussanträge in der Rechtssache Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, EU:C:2009:148) ausgeführt hat, dass sich der Begriff „bösgläubig“ im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 207/2009 nicht auf einen begrenzten Katalog konkreter Umstände beschränken lässt. Das im Allgemeininteresse liegende Ziel dieser Vorschrift, das darin besteht, missbräuchliche oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderlaufende Markeneintragungen zu verhindern, würde gefährdet, wenn Bösgläubigkeit nur durch im Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, EU:C:2009:361), erschöpfend aufgeführte Umstände nachgewiesen werden könnte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 3. Juni 2010, Internetportal und Marketing, C‑569/08, EU:C:2010:311, Rn. 37).

38      Im Rahmen der umfassenden Beurteilung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 können nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls die Herkunft des angefochtenen Zeichens und seine Benutzung seit seiner Schaffung, die unternehmerische Logik, in die sich die Anmeldung dieses Zeichens als Unionsmarke einfügte, sowie die Geschehensabfolge bei der Anmeldung berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, COLOURBLIND, T‑257/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:115, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist auch die Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung zu berücksichtigen (Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 41).

40      Insoweit ist klargestellt worden, dass die Absicht des Anmelders im maßgeblichen Zeitpunkt ein subjektives Tatbestandsmerkmal ist, das anhand der objektiven Fallumstände bestimmt werden muss (Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C‑529/07, EU:C:2009:361, Rn. 42).

41      Der Begriff der Bösgläubigkeit bezieht sich somit auf einen subjektiven Beweggrund des Markenanmelders, nämlich eine unredliche Absicht oder ein sonstiges unlauteres Motiv. Er bezieht sich auf ein Verhalten, das von den anerkannten Grundsätzen ethischen Verhaltens oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel abweicht (Urteil vom 7. Juli 2016, LUCEO, T‑82/14, EU:T:2016:396, Rn. 28).

42      Es ist Sache desjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung stellt und sich auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 stützen möchte, die Umstände darzutun, die den Schluss zulassen, dass die Anmeldung der Unionsmarke bösgläubig erfolgte, wobei bis zum Beweis des Gegenteils die Gutgläubigkeit des Antragstellers vermutet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2017, Biernacka-Hoba/EUIPO – Formata Bogusław Hoba [Formata], T‑23/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:149, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Stellt das EUIPO fest, dass die objektiven Umstände des Falles, auf die sich der Nichtigkeitsantragsteller beruft, geeignet sind, die Vermutung der Gutgläubigkeit des Inhabers der in Rede stehenden Marke bei Anmeldung dieser Marke zu widerlegen, so ist es Sache des Markeninhabers, plausible Erklärungen zu den Zielen und der wirtschaftlichen Logik der Anmeldung dieser Marke abzugeben.

44      Der Inhaber der in Rede stehenden Marke ist nämlich am besten geeignet, das EUIPO über seine Absichten bei der Anmeldung dieser Marke aufzuklären und Beweise zu liefern, die es davon überzeugen könne, dass diese Absichten trotz Vorliegens objektiver Umstände rechtmäßig waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2017, PayPal/EUIPO – Hub Culture [VENMO], T‑132/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:316, Rn. 51 bis 59, und in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 9. November 2016, Birkenstock Sales/EUIPO [Darstellung eines Musters aus sich kreuzenden Wellenlinien], T‑579/14, EU:T:2016:650, Rn. 136).

45      Im Licht dieser Erwägungen sind die verschiedenen Rügen der Klägerin zu prüfen, die im Rahmen des ersten Klagegrundes erhoben werden, der im Wesentlichen aus sechs Teilen besteht.

–       Erster Teil des ersten Klagegrundes: Fehlerhafte Anwendung der Vorschriften über die Beurteilung der Bösgläubigkeit

46      Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Beschwerdekammer erstens vor, keine umfassende Beurteilung aller relevanter Faktoren des vorliegenden Falles vorgenommen zu haben. Sie habe sich zu Unrecht auf einen Aspekt konzentriert, nämlich den administrativen Vorteil, der darin bestehe, die ernsthafte Benutzung der wiederholt angemeldeten Marke nicht nachweisen zu müssen, und die zahlreichen anderen stichhaltigen Gründe außer Acht gelassen, die sie zur Rechtfertigung ihrer Markenanmeldestrategie vorgetragen habe.

47      Zweitens rügt die Klägerin, die Beschwerdekammer habe in Rn. 66 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass jede wiederholte Anmeldung einer Marke automatisch einer bösgläubigen Anmeldung gleichkomme. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu den im Urteil vom 13. Dezember 2012, pelicantravel.com/HABM – Pelikan (Pelikan) (T‑136/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:689), und in den Schlussanträgen der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, EU:C:2009:148) dargelegten Grundsätzen. Drittens sei die Angabe der Beschwerdekammer in Rn. 79 der angefochtenen Entscheidung falsch, wonach sie „auch eingeräumt [habe], dass der Vorteil [ihrer] Strategie darin bestand, die ernsthafte Benutzung der [angegriffenen] Marke im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht nachweisen zu müssen“. Die Beweise zeigten, dass einer der mit ihrer Praxis der Markenanmeldung verbundenen Vorteile die Verwaltungseffizienz sein könne, dies sei jedoch nicht der Hauptgrund und nicht einmal ein wesentlicher Grund.

48      Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

49      Um die Begründetheit der Argumentation im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes zu prüfen, ist zunächst auf die Grundsätze des Markenrechts der Europäischen Union und die Beweisregel für die Benutzung von Unionsmarken einzugehen. Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass, wie die Beschwerdekammer in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, im Wesentlichen aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt dritter Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001) hervorgeht, dass mit der Verordnung Nr. 207/2009 ein unverfälschter Wettbewerb gewährleistet werden soll. Im Übrigen stellt das Markenrecht nach der Rechtsprechung einen wesentlichen Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs dar, das der Vertrag schaffen und erhalten will, und sind die sich aus der Unionsmarke für den Inhaber ergebenden Rechte und Befugnisse anhand dieses Zieles zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Mai 2003, Libertel, C‑104/01, EU:C:2003:244, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Zweitens ergibt sich zwar, wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen in den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, aus Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 9 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001), dass der Inhaber mit der Eintragung einer Unionsmarke ein ausschließliches Recht an ihr erwirbt, doch geht aus dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt 24. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001) hervor, dass der Schutz der Unionsmarke sowie jeder eingetragenen älteren Marke, die ihr entgegensteht, nur insoweit berechtigt ist, als diese Marken tatsächlich benutzt werden. Eine Unionsmarke, die nicht benutzt wird, könnte nämlich den Wettbewerb dadurch behindern, dass das Spektrum der Zeichen, die andere Marktteilnehmer als Marke eintragen lassen können, beschränkt und den Mitbewerbern die Möglichkeit zur Benutzung dieser oder einer ähnlichen Marke genommen wird, wenn sie im Binnenmarkt Waren oder Dienstleistungen anbieten, die mit den durch die fragliche Marke geschützten identisch oder ihnen ähnlich sind. Folglich könnte die Nichtbenutzung einer Unionsmarke auch den freien Warenverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr beschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2012, Leno Merken, C‑149/11, EU:C:2012:816, Rn. 32).

51      Was drittens die ernsthafte Benutzung einer Unionsmarke betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 18 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) bestimmt: „Hat der Inhaber die Unionsmarke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Union benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Unionsmarke den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.“

52      Ferner heißt es in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001), dass „[d]ie Unionsmarke … auf Antrag beim [EUIPO] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt [wird], … wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen“.

53      Insoweit sieht Art. 51 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) vor: „Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Unionsmarke eingetragen ist, so wird sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt.“

54      Der Normzweck des Erfordernisses, wonach eine Marke ernsthaft benutzt worden sein muss, um nach dem Unionsrecht geschützt zu sein, liegt darin, dass die Eintragung einer Unionsmarke in das Register des EUIPO nicht als eine strategische und statische Hinterlegung aufgefasst werden darf, die einem untätigen Rechtsinhaber auf unbestimmte Zeit ein rechtliches Monopol verschafft. Vielmehr sollte dieses Register die Angaben wahrheitsgetreu widerspiegeln, die die Unternehmen tatsächlich auf dem Markt benutzen, um ihre Waren und Dienstleistungen im Wirtschaftsleben zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2015, Deutsche Rockwool Mineralwoll/HABM – Recticel [λ], T‑215/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:518, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Wie die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, ergibt sich daher aus den oben in den Rn. 49 bis 53 dargelegten Grundsätzen des Unionsmarkenrechts und der Beweisregel für die Benutzung, dass dem Inhaber einer Marke zwar ein ausschließliches Recht verliehen wird, dass dieses ausschließliche Recht jedoch nur geschützt werden kann, wenn dieser Inhaber bei Ablauf der fünfjährigen Schonfrist in der Lage ist, die ernsthafte Benutzung seiner Marke nachzuweisen. Ein solches System schafft einen Ausgleich zwischen den legitimen Interessen des Markeninhabers und jenen seiner Wettbewerber.

56      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung ergibt, dass das Fehlen eines Faktors, den der Gerichtshof oder das Gericht bei der Feststellung der Bösgläubigkeit des Anmelders einer Marke im speziellen Kontext einer Rechtsstreitigkeit oder Vorlagefrage, mit der sie befasst wurden, als relevant erachtet hatten, unter anderen Umständen der Feststellung der Bösgläubigkeit des Anmelders nicht notwendigerweise entgegensteht. Wie oben in Rn. 37 ausgeführt, lässt sich der Begriff der Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht auf einen begrenzten Katalog konkreter Umstände beschränken.

57      Drittens sind zwar wiederholte Anmeldungen einer Marke nicht verboten, allerdings kann eine solche Anmeldung, die erfolgt, um die Folgen einer Nichtbenutzung älterer Marken zu vermeiden, einen relevanten Faktor darstellen, der zum Nachweis der Bösgläubigkeit des Anmelders geeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2012, Pelikan, T‑136/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:689, Rn. 27).

58      Viertens schließlich ist auf die Gesichtspunkte hinzuweisen, die die Beschwerdekammer zu der Feststellung veranlasst haben, dass die wiederholte Anmeldung der älteren Marken auf die Bösgläubigkeit der Klägerin hindeute.

59      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 71 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich die Klägerin im Rahmen zweier Widerspruchsverfahren auf die angegriffene Marke sowie auf die älteren Marken gestützt habe. Sie hat insoweit festgestellt, dass die Entscheidungen, die zum Obsiegen der Klägerin in diesen Verfahren geführt hätten, auf die angegriffene Marke gestützt gewesen seien, da es für diese Marke nicht notwendig gewesen sei, den Nachweis der ernsthaften Benutzung zu erbringen.

60      In Rn. 72 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass die Klägerin hinsichtlich der etwaigen Gründe für die erneute Anmeldung derselben Marke vor den Dienststellen des EUIPO die Verringerung des Verwaltungsaufwands geltend gemacht habe. Die Beschwerdekammer fügte im Wesentlichen hinzu, dass die Klägerin gemäß der Zeugenaussage einer bei ihr beschäftigten Person in der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2018 erneute Anmeldungen aus verschiedenen Gründen vorgenommen habe, die ihr die Verwaltung erleichtern könnten, dass es sich dabei jedoch nicht um identische Wiederholungsanmeldungen handele, da diese Anmeldungen breiter seien und es dafür gute wirtschaftliche Gründe gebe. Ferner hat die Beschwerdekammer in Rn. 73 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass, da die älteren Marken nicht Gegenstand eines Verzichts gewesen seien, nicht leicht nachzuvollziehen sei, inwieweit angesichts des erhöhten Arbeitsaufwands und der höheren Investitionen durch die Anhäufung identischer Marken ein Interesse an solchen Anmeldungen im Sinne einer Verringerung des Verwaltungsaufwands bestehen könne.

61      In Rn. 75 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass aus der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2018 zunächst hervorgehe, dass es für die Klägerin einen Vorteil dargestellt habe, sich auf die Eintragung einer Marke berufen zu können, ohne deren Benutzung nachweisen zu müssen, und dass dieser Aspekt allen Markeninhabern bekannt sei, sodann, dass es sich nicht um den einzigen Grund für die von der Klägerin nacheinander vorgenommenen Markenanmeldungen gehandelt habe, und schließlich, dass es dann, wenn ein Unternehmen verschiedene Marken unterschiedlichen Zeitrangs besitze, für dieses Unternehmen sinnvoll sei, Widerspruch gegen eine später angemeldete Marke auf der Grundlage einer jüngeren Marke einzulegen, die nicht dem Erfordernis des Benutzungsnachweises unterliege, um die Kosten im Zusammenhang mit der Vorlage von Beweismitteln und der Teilnahme an Verhandlungen zu senken, d. h., dass es aus administrativer Sicht effizienter sei, diesen Nachweis nicht erbringen zu müssen.

62      In Rn. 77 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass es der Zeugenaussage zufolge im relevanten Zeitraum eine anerkannte Branchenpraxis von Unternehmen gewesen sei, in der Union bereits eingetragene Marken anzumelden und in diese neuen Anmeldungen die von den älteren Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen einzubeziehen.

63      In Rn. 79 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass sich aus den in den Rn. 71 bis 78 dieser Entscheidung genannten Gesichtspunkten ergebe, dass die Klägerin bewusst eine Neuanmeldung der Marke MONOPOLY vorgenommen habe, damit diese auch bereits von den älteren Marken erfasste Waren und Dienstleistungen abdecke. Darüber hinaus hat sie festgestellt, die Klägerin habe eingeräumt, dass der Vorteil dieser Strategie darin liege, dass sie die ernsthafte Benutzung der angefochtenen Marke im Widerspruchsverfahren nicht nachweisen müsse, welches einer der von der Klägerin bei der Eintragung einer Marke berücksichtigten Faktoren sei. Die Beschwerdekammer hat hinzugefügt, dass sie auch keine andere unternehmerische Logik in Bezug auf den Grund für eine solche Anmeldestrategie sehe.

64      In Rn. 80 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Klägerin mit ihrem Argument, dass es sich dabei um eine normale Branchenpraxis handele, eindeutig zeige, dass diese Strategie absichtlich angewandt worden sei.

65      Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist die Beschwerdekammer in Rn. 81 der angefochtenen Entscheidung zum einen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Absicht der Klägerin darin bestanden habe, aus den Vorschriften des Markenrechts der Europäischen Union einen Nutzen zu ziehen, indem sie willkürlich eine Situation geschaffen habe, in der sie die ernsthafte Benutzung der älteren Marken für die von der angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen nicht habe nachweisen müssen. Zum anderen hat sie in Rn. 82 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, es sei davon auszugehen, dass das Verhalten der Klägerin auf die Absicht zurückzuführen sei, das System des Unionsmarkenrechts, wie es der Unionsgesetzgeber geschaffen habe, zu verfälschen und zu destabilisieren.

66      Das Vorbringen der Klägerin ist unter Berücksichtigung der vorstehend in den Rn. 49 bis 65 ausgeführten Gesichtspunkte zu prüfen.

67      Erstens ist das Vorbringen, die Beschwerdekammer habe in Rn. 66 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen, dass jegliche wiederholte Anmeldung einer Unionsmarke automatisch einer bösgläubigen Anmeldung gleichkomme, zurückzuweisen, da es auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung beruht. Es ist festzustellen, dass sich die Beschwerdekammer in den Rn. 66 bis 70 der angefochtenen Entscheidung darauf beschränkt hat, auf die für die Beurteilung der möglichen Bösgläubigkeit des Inhabers einer Unionsmarke geltende Rechtsprechung hinzuweisen. Erst in den Rn. 71 ff. der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die Umstände des vorliegenden Falles im Licht der Rechtsprechung geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin bei Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig gewesen sei.

68      Wenn das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass der Beschwerdekammer vorgeworfen wird, in der angefochtenen Entscheidung generell die Auffassung vertreten zu haben, dass jegliche wiederholte Anmeldung notwendigerweise bösgläubig erfolge, ist es im Übrigen ebenfalls zurückzuweisen.

69      Aus der Argumentation der Beschwerdekammer, wie sie oben in den Rn. 59 bis 64 zusammengefasst worden ist, geht eindeutig hervor, dass nicht die Tatsache, dass eine Unionsmarke wiederholt angemeldet wurde, als Indiz für die Bösgläubigkeit der Klägerin angesehen wurde, sondern die Tatsache, dass sich aus den Akten ergibt, dass die Klägerin bewusst eine grundlegende Regel des Markenrechts der Europäischen Union, nämlich die Regel in Bezug auf den Benutzungsnachweis, umgehen wollte, um daraus zum Nachteil des Gleichgewichts des vom Unionsgesetzgeber geschaffenen Markensystems der Europäischen Union einen Nutzen zu ziehen.

70      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass keine Bestimmung in den Rechtsvorschriften über die Unionsmarke die wiederholte Anmeldung einer Marke verbietet, und dass daher eine Wiederholungsanmeldung für sich genommen keine Bösgläubigkeit des Anmelders begründen kann, wenn nicht andere relevante Faktoren hinzukommen, auf die sich der Nichtigkeitsantragsteller oder das EUIPO beruft. Im vorliegenden Fall geht jedoch aus den Ausführungen der Beschwerdekammer hervor, dass die Klägerin eingeräumt und sogar geltend gemacht hat, dass einer der Vorteile, die die Anmeldung der angegriffenen Marke gerechtfertigt hätten, darin bestehe, dass die ernsthafte Benutzung dieser Marke nicht habe nachgewiesen werden müssen. Ein solches Verhalten kann nicht als rechtmäßiges Verhalten angesehen werden, sondern läuft den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009, den Grundsätzen des Markenrechts der Europäischen Union und der Regel über den Nachweis der Benutzung, wie oben in den Rn. 49 bis 55 dargelegt, zuwider.

71      Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles zielte die von der Klägerin vorgenommene wiederholte Anmeldung nach ihrem eigenen Bekunden vor allem darauf ab, die Benutzung der angegriffenen Marke nicht nachweisen zu müssen, und damit die in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene fünfjährige Benutzungsschonfrist für die älteren Marken zu verlängern.

72      Folglich steht die von der Klägerin angewandte Anmeldestrategie, die auf eine Umgehung der Regel über den Nachweis der Benutzung abzielt, nicht nur nicht im Einklang mit den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009, sondern lässt auch an die Rechtsfigur des Rechtsmissbrauchs denken, die dadurch gekennzeichnet ist, dass zum einen trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Unionsregelung nicht erreicht wird und zum anderen die Absicht besteht, sich dadurch einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juli 2005, Eichsfelder Schlachtbetrieb, C‑515/03, EU:C:2005:491, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe sich zu Unrecht auf einen Aspekt konzentriert, nämlich den administrativen Vorteil, der darin bestehe, die ernsthafte Benutzung der wiederholt angemeldeten Marke nicht nachweisen zu müssen, und die zahlreichen anderen stichhaltigen Gründe außer Acht gelassen, die sie vorgetragen habe, um ihre Strategie bei der Markenanmeldung zu rechtfertigen (vgl. Rn. 46 oben), festzustellen, dass angesichts der oben in den Rn. 59 bis 64 angeführten Gesichtspunkte nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann, dass sich die Beschwerdekammer nur auf diesen Aspekt konzentriert habe.

74      Wie das EUIPO betont, hat die Beschwerdekammer nämlich, obwohl Beweise dafür vorlagen, dass die Absicht der Klägerin vor allem darin bestand, es zu vermeiden, die Benutzung der angegriffenen Marke nachweisen zu müssen, auch andere Umstände berücksichtigt. So hat sie in den Rn. 71 und 80 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Klägerin aus ihrer Strategie der wiederholten Anmeldung im Rahmen von zwei Widerspruchsverfahren dadurch einen Nutzen gezogen habe, dass sie die Benutzung der angegriffenen Marke nicht habe nachweisen müssen.

75      Entgegen dem nicht substantiierten Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift hat die Beschwerdekammer im Übrigen die zahlreichen anderen Gründe, die sie zur Rechtfertigung ihrer Markenanmeldestrategie geltend gemacht hat, nicht außer Acht gelassen. Wie aus den Rn. 61 bis 64 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat sie die Erklärungen der Klägerin, wonach diese im Wesentlichen die Marke MONOPOLY für andere Waren und Dienstleistungen schützen wollte, um der technologischen Entwicklung und der Erweiterung ihrer Geschäftstätigkeit Rechnung zu tragen, von der Beschwerdekammer geprüft und als legitim erachtet. Aus diesem Grund hat die Beschwerdekammer die angegriffene Marke für die nicht von den älteren Marken erfassten Waren und Dienstleistungen nicht für nichtig erklärt. Wie jedoch das EUIPO zu Recht geltend macht, hat die Beschwerdekammer nicht festgestellt, dass diese Erklärungen die Anmeldung der angegriffenen Marke für Waren und Dienstleistungen, die mit den von den älteren Marken erfassten identisch seien, rechtfertigen könnten. Sie hat insoweit in den Rn. 72 bis 74 der angefochtenen Entscheidung insbesondere ausgeführt, dass die angeblich mit der Anmeldung der angegriffenen Marke verbundene Verringerung des Verwaltungsaufwands nur schwer mit den zusätzlichen Kosten und dem mit der Aufrechterhaltung der älteren Marken verbundenen Verwaltungsaufwand in Einklang zu bringen sei.

76      Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, wonach die Beschwerdekammer keine umfassende Beurteilung aller einschlägigen Faktoren des vorliegenden Falles vorgenommen habe, indem sie sich zu Unrecht auf einen einzigen Aspekt konzentriert habe, zurückzuweisen ist.

77      Drittens schließlich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach im Wesentlichen die Beschwerdekammer in Rn. 79 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angegeben habe, die Klägerin habe eingeräumt, dass der einzige Vorteil ihrer Anmeldepraxis darin liege, die ernsthafte Benutzung der Marke im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht nachweisen zu müssen (vgl. Rn. 47 oben). Insoweit genügt der Hinweis, dass sich klar aus den Rn. 75, 76 und 79 der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Beschwerdekammer darauf hingewiesen hat, dass es sich nur um einen der Vorteile oder einen der Gründe der Anmeldestrategie der Klägerin handele. Die Beschwerdekammer hat im Übrigen in Rn. 76 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass „die Tatsache, dass eine Anmeldung nicht nur mit dem Vorteil begründet wird, den Nachweis für die ernsthafte Benutzung der Marke nicht erbringen zu müssen, sondern dass auch andere Gründe bestehen, … für sich genommen eine solche Strategie nicht akzeptabel [mache]“.

78      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Kein Schaden aufgrund der Tätigkeit der Klägerin

79      Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin erstens geltend, sie habe aus ihrem Verhalten keinen Vorteil in Bezug auf den Erwerb oder Besitz einer Marke gezogen, an der sie kein Recht hätte. Zweitens sei das Gesellschaftsspiel „Monopoly“ so berühmt, dass es abwegig wäre, zu behaupten, sie habe die Marke MONOPOLY nicht für Spiele benutzt. Es entstünden jedoch erhebliche Kosten, wenn sie gezwungen sei, die Benutzung dieser Marke für Gesellschaftsspiele im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens nachzuweisen. Drittens würde eine Bestätigung der angefochtenen Entscheidung dazu führen, dass die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO mit Fällen überschwemmt würde, in denen bei jeder wiederholten Anmeldung einer Marke, in der identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benannt würden, Bösgläubigkeit geltend gemacht würde. Schließlich macht die Klägerin viertens hinsichtlich der Prüfung des Schadens geltend, dass die angefochtene Entscheidung keine Feststellung zum Vorliegen eines tatsächlichen Schadens enthalte, sondern nur die implizite Schlussfolgerung, dass sich aus einer möglichen Verlängerung der fünfjährigen Benutzungsschonfrist theoretisch ein Schaden ergeben könnte. Ein solch theoretischer Schaden dürfe jedoch keinesfalls zu der Schlussfolgerung führen, dass sie betrügerisch gehandelt habe.

80      Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

81      Vorab sind das erste und das vierte Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach durch ihr Verhalten für sie kein Vorteil erwachsen und kein Schaden entstanden sei (vgl. oben, Rn. 79). Wie die Streithelferin im Wesentlichen geltend macht, ist nämlich festzustellen, dass weder die Verordnung Nr. 207/2009 noch die Rechtsprechung eine Grundlage für die Annahme bieten, dass im vorliegenden Fall die Erlangung eines Vorteils oder die Verursachung eines Schadens für die Zwecke der Beurteilung der Bösgläubigkeit der Klägerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke relevant wäre.

82      Was das zweite Vorbringen betreffend die Benutzung der Marke MONOPOLY im Zusammenhang mit Spielen anlangt, so hat die Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 81 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Frage, ob die Klägerin eine solche Benutzung tatsächlich habe nachweisen können, irrelevant sei, da die Absicht des Anmelders zu bewerten sei. Im Übrigen bezieht sich, wie das EUIPO bemerkt hat, die nachgewiesene Benutzung dieser Marke, die von der Klägerin behauptet wird, jedenfalls nur auf Brettspiele und nicht auf alle Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke für nichtig erklärt wurde.

83      Schließlich ist das Vorbringen, die Nichtigkeitsabteilung würde im Fall einer Bestätigung der angefochtenen Entscheidung mit Verfahren überschwemmt werden, in denen Bösgläubigkeit geltend gemacht würde, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Jedenfalls wird dieses Vorbringen durch keinen konkreten Beweis untermauert und stellt daher eine bloße Mutmaßung dar.

84      Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist folglich zurückzuweisen.

–       Dritter Teil des ersten Klagegrundes: Fehlen einer besonderen Prüfung jeder der älteren Marken

85      Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin erstens geltend, die Anmeldung der angegriffenen Marke entspreche keineswegs dem traditionellen Schema der wiederholten Anmeldung einer Marke einige Monate vor Ende der fünfjährigen Benutzungsschonfrist. Die Beschwerdekammer habe daher einen Fehler begangen, als sie die Tatsache außer Acht gelassen habe, dass die angegriffene Marke angesichts der Zeitpunkte der Eintragung der älteren Marken Nrn. 6 895 511 und 8 950 776 nicht in zeitlicher Nähe zum Ablauf der für jede dieser älteren Marken geltenden fünfjährigen Benutzungsschonfrist angemeldet worden sei. Zweitens rügt die Klägerin, die Beschwerdekammer habe die Anmeldungen der älteren Marken so behandelt, als ob es sich in Wirklichkeit um ein und dieselbe Anmeldung gehandelt hätte.

86      Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

87      Zum ersten Argument der Klägerin ist festzustellen, dass sie zu Recht geltend macht, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke nicht in zeitlicher Nähe zum Ablauf der Benutzungsschonfristen für die älteren Marken Nrn. 6 895 511 und 8 950 776 erfolgte. Da die ältere Marke Nr. 6 895 511 am 21. Januar 2009 und die ältere Marke Nr. 8 950 776 am 2. August 2010 eingetragen wurde, verlängerte die Eintragung der angegriffenen Marke die Schonfrist für die Nichtbenutzung der ersten dieser beiden älteren Marken um zwei Jahre und zwei Monate für die von ihr erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 und der zweiten dieser beiden älteren Marken um beinahe acht Monate für die von ihr erfassten Waren der Klasse 16.

88      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin reicht diese Tatsache für sich genommen jedoch nicht für die Annahme aus, dass sie zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht bösgläubig war.

89      Wie das EUIPO im Wesentlichen ausführt, ist insoweit, unabhängig von der Dauer der Verlängerung einer Benutzungsschonfrist, die Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung entscheidend. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin eingeräumt und sogar geltend gemacht hat, dass einer der Vorteile, die die Anmeldung der angegriffenen Marke gerechtfertigt hätten, auf der Tatsache beruhe, dass die ernsthafte Benutzung dieser Marke nicht habe nachgewiesen werden müssen. Auch wenn die Verlängerung der Benutzungsschonfrist der älteren Marken nicht besonders lang ist, hat die Klägerin daher dennoch den erwünschten Vorteil erlangt, der darin besteht, die ernsthafte Benutzung der Marke MONOPOLY für einen zusätzlichen Zeitraum von zwei Jahren und zwei Monaten für die von der älteren Marke Nr. 6 895 511 erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 und von beinahe acht Monaten für die von der älteren Marke Nr. 8 950 776 erfassten Waren der Klasse 16 nicht nachweisen zu müssen.

90      Das zweite Argument, wonach die Beschwerdekammer die Anmeldungen der älteren Marken behandelt habe, als ob es sich in Wirklichkeit um ein und dieselbe Anmeldung gehandelt hätte, ist zurückzuweisen. Aus den Rn. 54 bis 62 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich eindeutig hervor, dass die Beschwerdekammer sowohl die unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen, die von den älteren Marken erfasst waren, als auch die unterschiedlichen Anmeldezeitpunkte dieser Marken berücksichtigt hat.

91      Nach alledem ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Vierter Teil des ersten Klagegrundes: Verkennung der Tatsache, dass die Klägerin eine gängige und weitgehend akzeptierte Praxis angewandt habe

92      Im Rahmen des vierten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer hätte nicht feststellen dürfen, dass sie mit der wiederholten Anmeldung ihrer älteren Marken bösgläubig gehandelt habe, da es sich um eine gängige und offensichtlich akzeptierte Branchenpraxis handele. Es könne ihr keine Bösgläubigkeit vorgeworfen werden, da sie „gemäß dem Rat örtlicher Anwälte in Bezug auf ihre Anmeldungen im Allgemeinen“ gehandelt habe. Die Beschwerdekammer habe ein Exempel an ihr statuieren wollen, um zu zeigen, wie sie die Regelung ändern wolle, was sie in Rn. 87 der angefochtenen Entscheidung bestätigt habe, in der sie eingeräumt habe, einseitig eine neue Regelung zu schaffen. Schließlich bringt die Klägerin vor, ihr selbst und einer großen Zahl anderer Inhaber von Unionsmarken würden ihre Schutzrechte durch das EUIPO entzogen, wenn die angefochtene Entscheidung bestätigt werden sollte.

93      Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

94      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin im Rahmen dieses Teils in keiner Weise untermauert ist. Sie beschränkt sich auf die Behauptung, dass die wiederholte Anmeldung älterer Marken eine gängige Praxis sei, ohne irgendeinen Beweis zur Stützung dieser Behauptung vorzulegen. Jedenfalls ist festzustellen, dass weder die Verordnung Nr. 207/2009 noch die Rechtsprechung eine Grundlage dafür bieten, die mögliche Bösgläubigkeit der Klägerin ausschließen zu können, weil sie eine gängige Branchenpraxis angewandt und gemäß anwaltlichem Rat gehandelt hat. Wie die Beschwerdekammer in Rn. 78 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, macht die bloße Tatsache, dass andere Unternehmen eine bestimmte Anmeldestrategie verfolgen könnten, diese Strategie nicht notwendigerweise rechtskonform und akzeptabel. Wie das EUIPO im Wesentlichen ausführt, muss im Übrigen nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden, ob eine solche Strategie im Einklang mit der Verordnung Nr. 207/2009 steht oder nicht. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich jedoch, dass die Klägerin bewusst eine grundlegende Regel des Markenrechts der Europäischen Union umgehen wollte, nämlich die Regel in Bezug auf den Benutzungsnachweis, um daraus zum Nachteil des Gleichgewichts des Systems, das aus dem vom Unionsgesetzgeber geschaffenen Recht hervorgegangen ist, Nutzen zu ziehen. Auch wenn es dem Inhaber einer Unionsmarke nicht untersagt ist, eine Wiederholungsanmeldung dieser Marke einzureichen, ist folglich festzustellen, dass die Absicht der Klägerin den Zielen der Verordnung Nr. 207/2009 zuwiderläuft (vgl. oben, Rn. 70). Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles kann sich die Klägerin daher zur Entkräftung der Beurteilung, dass sie bösgläubig gewesen sei, weder mit Erfolg darauf berufen, dass die Verfolgung derselben Anmeldestrategie eine gängige Praxis von Unternehmen sei, noch dass sie gemäß anwaltlichem Rat gehandelt habe, selbst wenn dies erwiesen wäre.

95      Sodann ist das Vorbringen zurückzuweisen, mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Beschwerdekammer habe die Regelung geändert und dies in Rn. 87 der angefochtenen Entscheidung eingeräumt. Wie die Streithelferin zu Recht anmerkt, hat sich die Beschwerdekammer nämlich entgegen dem Vorbringen der Klägerin darauf beschränkt, die geltende Regelung sowie die bestehende Rechtsprechung anzuwenden, und keineswegs eingeräumt, „die Regelung zu ändern“. Die Tatsache, dass die Beschwerdekammer in Rn. 87 der angefochtenen Entscheidung auf die bestehende Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern Bezug genommen hat, widerlegt im Übrigen das nicht untermauerte Vorbringen der Klägerin.

96      Schließlich wird die Behauptung, dass der Klägerin und vielen anderen Markeninhabern ihre Schutzrechte durch das EUIPO entzogen würden, falls die angefochtene Entscheidung bestätigt werden sollte, durch keinen konkreten Beweis untermauert und stellt daher eine bloße Mutmaßung dar, die zurückzuweisen ist.

97      Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Fünfter Teil des ersten Klagegrundes: Fehler der Beschwerdekammer, soweit sie die angegriffene Marke für „verwandte“ Waren, die von dieser Marke erfasst seien, für nichtig erklärt habe, obwohl diese Waren mit den von den älteren Marken erfassten Waren nicht identisch seien

98      Im Rahmen des fünften Teils des ersten Klagegrundes wendet sich die Klägerin im Wesentlichen gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die von der angegriffenen Marke erfassten Waren „Spielautomaten; Slotmaschinen; Kartenspiele“ und die von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten Waren „Spiele, Spielzeug“ identisch seien.

99      Die Feststellung, dass diese Waren identisch seien, offenbare ein mangelndes Verständnis der betreffenden unterschiedlichen Märkte. Insbesondere in Bezug auf die „Slotmaschinen“ betont die Klägerin, dass diese Gegenstand einer streng reglementierten Tätigkeit und an Erwachsene gerichtet seien, die ein anderes Publikum darstellten als jenes, für das Spielzeug oder Gesellschaftsspiele bestimmt seien. Sie fügt hinzu, dass sich, wenn an einem geldbetätigten Automaten gespielt werde, die Frage stelle, ob dieser Automat als Spiel oder Spielzeug anzusehen sei. Deshalb werfe ein Anmeldesystem wie das in Rede stehende unweigerlich Fragen auf, da Waren nicht eindeutig in die eine oder andere Klasse einzuordnen seien.

100    Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

101    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin keine speziellen Argumente vorbringt um darzutun, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht die Identität der von der angegriffenen Marke erfassten „Spielautomaten“ und „Kartenspiele“ mit den von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten „Spiele, Spielzeug“ festgestellt hätte. Sie bringt lediglich, ohne dies zu untermauern, Argumente in Bezug auf die „Slotmaschinen“ vor, die mit den von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten „Spielen“ nicht identisch seien.

102    Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 60 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt, dass die allgemeineren Begriffe „Spiele“ und „Spielzeug“, die einige von der älteren Marke Nr. 238 352 erfasste Waren beschrieben, die „Spielautomaten; Slotmaschinen; Kartenspiele“ beinhalteten. Sie hat daher die Ansicht vertreten, dass die von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten Waren „Spiele“ und „Spielzeug“ und die von der angegriffenen Marke erfassten „Spielautomaten; Slotmaschinen; Kartenspiele“ identisch seien.

103    Diesem Standpunkt der Beschwerdekammer ist beizupflichten.

104    Zwar trifft es zu, dass die Klassifikation von Waren und Dienstleistungen ausschließlich für administrative Zwecke erfolgt, so dass die Waren und Dienstleistungen nicht nur deshalb als ähnlich angesehen werden können, weil sie sich in der gleichen Klasse befinden und nicht nur deshalb als unterschiedlich angesehen werden können, weil sie sich in unterschiedlichen Klassen befinden, es ist jedoch festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung Waren als identisch angesehen werden können, wenn die Waren, auf die sich die Markenanmeldung bezieht, in einer von der älteren Marke erfassten allgemeineren Kategorie enthalten sind (vgl. Urteil vom 7. September 2006, Meric/HABM – Arbora & Ausonia [PAM-PIM’S BABY-PROP], T‑133/05, EU:T:2006:247, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Wie das EUIPO geltend macht, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 28, nämlich „Spielautomaten“, „Slotmaschinen“ und „Kartenspiele“ in der von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten allgemeineren Kategorie „Spiele“ enthalten sind, die ebenfalls zur Klasse 28 gehört. Es ist offensichtlich, dass der sehr allgemeine Begriff „Spiele“ viele Arten von Spielen umfasst, darunter die oben genannten, die von der angefochtenen Marke erfasst werden. Daher kann der Beschwerdekammer nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie die von der angegriffenen Marke erfassten Waren „Spielautomaten; Slotmaschinen; Kartenspiele“, die in die Klasse 28 fallen, und die von der älteren Marke Nr. 238 352 erfassten „Spiele“, die auch in die Klasse 28 fallen, als identisch erachtet hat.

106    Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin irrelevant, wonach „Slotmaschinen“ Gegenstand einer streng reglementierten Tätigkeit und an Erwachsene gerichtet seien, die ein anderes Publikum darstellten als jenes, für das Spielzeug oder Gesellschaftsspiele bestimmt seien. Wie bereits oben in Rn. 105 festgestellt, ist die von der älteren Marke Nr. 238 352 erfasste Kategorie „Spiele“ hinreichend groß, um die „Spielautomaten“, „Slotmaschinen“ und „Kartenspiele“ der angegriffenen Marke einzuschließen, so dass die von diesen beiden Marken erfassten Waren als identisch angesehen werden können.

107    Nach alledem ist der fünfte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

–       Sechster Teil des ersten Klagegrundes: Fehler der Beschwerdekammer, soweit sie davon ausgegangen sei, dass das Verhalten der Klägerin zu keiner Steigerung der Verwaltungseffizienz habe führen können

108    Im Rahmen des sechsten Teils des ersten Klagegrundes wendet sich die Klägerin gegen die in Rn. 73 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beurteilung, wonach es im Wesentlichen schwer zu erkennen sei, inwieweit sich ihr Verwaltungsaufwand durch die Wiederholungsanmeldung einer mit den älteren Marken identischen Marke verringern könne. Sie habe zahlreiche Beweise, u. a. die Zeugenaussage, vorgelegt, die zeigten, dass es ihr diese Praxis ermöglicht habe, in Verwaltungsangelegenheiten effizienter zu sein, während die gegenteilige Beurteilung der Beschwerdekammer auf keinerlei Beweis gestützt sei.

109    Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Teil für unbegründet.

110    Im vorliegenden Fall ist hervorzuheben, dass die in Rn. 73 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beurteilung auf der Feststellung beruht, dass die Klägerin auf keine ihrer älteren Marken verzichtet hat, die jetzt von der angegriffenen Marke umfasst sind. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass, wie die Streithelferin vorgebracht hatte, die „Aufrechterhaltung identischer bestehender Marken … zu einer Ansammlung von Marken [führt], die einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und höhere Investitionen mit sich bringt, beispielsweise wegen der Zahlung der Anmeldegebühren und Anmeldekosten im Zusammenhang mit gesetzlichen Vertretern für jede angemeldete und eingetragene Marke, der Kosten der Erneuerungsgebühren für jede Marke, der Kosten der administrativen Nachbearbeitung innerhalb des Unternehmens des Inhabers und der Anwaltskanzlei, der Kosten der Überwachung und Kontrolle der verschiedenen Marken, um sicherzustellen, dass es keine identischen und/oder ähnlichen Marken gibt, sowie der Kosten für Widerspruchsverfahren, die zur Verteidigung jeder dieser verschiedenen Marken angestrengt werden“.

111    Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beschwerdekammer die in Rn. 73 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beurteilung ohne jeden Beweis und nur nach eigenem Gutdünken vorgenommen habe.

112    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe Beweise vorgelegt, die eine mit der Anmeldung der angegriffenen Marke verbundene Verwaltungseffizienz belegten, so ist festzustellen, dass dieses Vorbringen durch nichts gestützt wird. Sie hat nämlich nur ausgeführt, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke „die Art war, wie die [Klägerin] ihr enormes Markenportfolio verwaltete“, und zum anderen, dass sie ein computergestütztes Aktenverwaltungssystem verwende, so dass die Aufnahme einer zusätzlichen Marke in dieses System keine verwaltungsmäßige Schwierigkeit darstelle.

113    Schließlich ist das Vorbringen, die Beschwerdekammer habe im Rahmen der betreffenden Beurteilung nicht berücksichtigt, wie wichtig die Frage der Priorität der älteren Marken sei, wenn ihr Inhaber eine Entscheidung über ihre mögliche Erneuerung treffe, zurückzuweisen, da es für die Frage, ob der Verwaltungsaufwand für die Klägerin durch die Wiederholungsanmeldung einer mit den älteren Marken identischen Marke verringert werden konnte, irrelevant ist.

114    Nach alledem ist der sechste Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren

115    Im Rahmen des zweiten Klagegrundes rügt die Klägerin, die Beschwerdekammer habe erstens ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt, weil sie ihre Beurteilung auf bestimmte Aspekte des Rechtsstreits gestützt habe, die sie der Klägerin unter Verletzung des Rechts auf ein unparteiisches Verfahren nicht unterbreitet habe, zweitens als erstinstanzliches Gericht entschieden, wodurch ihr eine Beschwerdeinstanz vorenthalten worden sei, und drittens andere Fälle berücksichtigt, bei denen es um die älteren Marken gehe, ohne die Klägerin darüber zu informieren.

116    Das EUIPO und die Streithelferin halten den zweiten Klagegrund für unbegründet.

117    Was die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren betrifft, ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Anwendung des Rechts auf ein faires „Verfahren“ auf die Verfahren vor den Beschwerdekammern des EUIPO ausgeschlossen ist, da diese Verfahren keine Gerichts‑, sondern Verwaltungsverfahren sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 2014, Comptoir d’Épicure/HABM – A-Rosa Akademie [da rosa], T‑405/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1072, Rn. 71, und vom 3. Mai 2018, Raise Conseil/EUIPO – Raizers [RAISE], T‑463/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:249, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass der zweite Klagegrund der Klägerin, soweit damit eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht wird, als unbegründet zurückzuweisen ist.

118    Sollte der zweite Klagegrund dahin auszulegen sein, dass die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) geltend macht, ist er ebenfalls zurückzuweisen.

119    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen des EUIPO nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Diese Bestimmung stellt einen besonderen Anwendungsfall des auch in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten allgemeinen Grundsatzes des Schutzes der Verteidigungsrechte dar, wonach Personen, deren Interessen durch eine amtliche Entscheidung berührt werden, Gelegenheit erhalten müssen, ihren Standpunkt gebührend darzulegen (vgl. Urteil vom 8. Februar 2013, Piotrowski/HABM [MEDIGYM], T‑33/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:71, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. Beschluss vom 8. September 2015, DTL Corporación/HABM, C‑62/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:568, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

121    Es ist hinzuzufügen, dass im vorliegenden Fall, wie im Wesentlichen sowohl das EUIPO als auch die Streithelferin geltend machen, aus dem Ablauf des Verfahrens vor den Dienststellen des EUIPO hervorgeht, dass die Parteien die Gelegenheit hatten, die verschiedenen Aspekte des vorliegenden Falles zu erörtern. So reichte die Klägerin am 12. November 2018 die Zeugenaussage ein. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 19. November 2018 statt. Am 21. Januar 2019 legte die Streithelferin eine Stellungnahme zum Protokoll und Inhalt der mündlichen Verhandlung vor, mit der sie beantragte, die Zeugenaussage nicht zu berücksichtigen, und die Klägerin antwortete darauf am 22. Februar 2019.

122    Es ist festzustellen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass ihr die Möglichkeit genommen wurde, sich zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits zu äußern, auf die die Beschwerdekammer ihren endgültigen Standpunkt gestützt hat. Daher kann das Vorbringen der Klägerin, wonach sie zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits nicht speziell befragt worden sei, unabhängig davon, dass es kaum belegt ist, keinen Erfolg haben.

123    Schließlich ergibt sich jedenfalls aus der Rechtsprechung, dass die Verteidigungsrechte durch eine Verfahrensunregelmäßigkeit nur dann verletzt werden, wenn diese sich konkret auf die Verteidigungsmöglichkeit der betroffenen Unternehmen ausgewirkt hat. Somit kann bei einer Nichtbeachtung der geltenden Regeln für den Schutz der Verteidigungsrechte das Verwaltungsverfahren nur dann mit einem Fehler behaftet sein, wenn nachgewiesen ist, dass dieses Verfahren andernfalls möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. Urteil vom 12. Mai 2009, Jurado Hermanos/HABM [JURADO], T‑410/07, EU:T:2009:153, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Im vorliegenden Fall nennt die Klägerin jedoch weder Tatsachen noch trägt sie Argumente vor, die belegen könnten, dass das Verwaltungsverfahren möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn sie von der Beschwerdekammer zu bestimmten Aspekten des Rechtsstreits befragt worden wäre. Sie macht weder Angaben über die Verteidigungsmöglichkeiten, die ihr vorenthalten worden wären, noch über die Beweise, die sie vorgelegt oder geltend gemacht hätte, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte, zu den Fragen Stellung zu nehmen, die ihr ihrer Meinung nach hätten gestellt werden müssen.

125    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über das Vorbringen der Streithelferin entschieden zu werden braucht, mit dem die Unzulässigkeit bestimmter von der Klägerin dem Gericht vorgelegter Anhänge geltend gemacht wird.

 Kosten

126    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

127    Die Streithelferin hat auch beantragt, die Klägerin zu verurteilen, ihr die im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO entstandenen Kosten zu erstatten. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, als erstattungsfähige Kosten gelten. Daher ist dem Antrag der Streithelferin stattzugeben, die Klägerin zur Erstattung der für das Verfahren vor der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO notwendigen Kosten der Streithelferin zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Hasbro, Inc. trägt die Kosten, einschließlich der Kosten, die der Kreativni Događaji d.o.o. im Verfahren vor der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) entstanden sind.

Marcoulli

Frimodt Nielsen

Schwarcz

Iliopoulos

 

      Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. April 2021.

 

Unterschriften      

 

*      Verfahrenssprache: Englisch.