Language of document : ECLI:EU:T:2015:140

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

6. März 2015 (*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke SafeSet – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Begründungspflicht – Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 – Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen – Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑513/13

B. Braun Melsungen AG mit Sitz in Melsungen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.‑C. Seiler,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 27. Juni 2013 (Sache R 1598/2012‑1) über die Anmeldung des Wortzeichens SafeSet als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. van der Woude, der Richterin I. Wiszniewska-Białecka (Berichterstatterin) und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 23. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 10. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der Patentanwalt F. Peter Müller vom Gericht erteilten Erlaubnis, sich in der mündlichen Verhandlung im Beisein von Rechtsanwältin Seiler zu äußern,

auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 10. Januar 2012 meldete die Klägerin, die B. Braun Melsungen AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um das Wortzeichen SafeSet.

3        Die Marke wurde für „ärztliche Infusionsgeräte und ‑instrumente“ in Klasse 10 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Mit Entscheidung vom 25. Juni 2012 wies der Prüfer die Anmeldung für alle beanspruchten Waren gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurück.

5        Am 20. August 2012 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung beim HABM Beschwerde ein.

6        Mit Entscheidung vom 27. Juni 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie vertrat die Ansicht, dass die angemeldete Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 für die in Rede stehenden Waren beschreibend sei und dass es ihr im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Abs. 2 dieser Verordnung an Unterscheidungskraft fehle.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe, und zwar erstens auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, zweitens auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, drittens auf einen Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 und viertens auf einen Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009.

10      Zunächst ist der dritte Klagegrund zu prüfen.

 Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

11      Nach Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 sind die Entscheidungen des HABM mit Gründen zu versehen. Diese Begründungspflicht hat den gleichen Umfang wie die nach Art. 296 AEUV. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann (Urteil vom 15. November 2011, Abbott Laboratories/HABM [RESTORE], T‑363/10, EU:T:2011:662, Rn. 73).

12      Die Begründung eines Rechtsakts muss daher auch folgerichtig sein und darf insbesondere keine inneren Widersprüche aufweisen, die das Verständnis der Gründe, die diesem Rechtsakt zugrunde liegen, erschweren (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg, EU:C:2011:620, Rn. 151, und vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission, T‑332/09, Slg, EU:T:2012:672, Rn. 181).

13      Erstens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, ihren Gedankengang zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 widersprüchlich begründet zu haben, indem sie zum einen in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass es „[d]er Anmeldung … nicht am erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft“ fehle, und zum anderen in den Rn. 32 und 34 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt habe, die angemeldete Marke habe eine rein werbende und anpreisende Bedeutung und sei banal (und es fehle ihr daher am erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft).

14      Insoweit hat die Beschwerdekammer nach ihrer Feststellung, dass es der angemeldeten Marke nicht an Unterscheidungskraft fehle (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung), die Ansicht vertreten, dass dieser Marke von den Verbrauchern entnommen werden könne, dass die beanspruchten Waren besonders sicher seien. Sie meinte also, dass die Marke eine rein werbende und anpreisende Bedeutung habe und den Eindruck entstehen lasse, dass die fraglichen Waren sicherer seien als vergleichbare Waren anderer Hersteller (Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung). Darüber hinaus sei die Wortfolge der angemeldeten Marke derart banal, dass es ihr an Unterscheidungskraft fehle. Ferner weise die Verbindung der Wörter „safe“ und „set“ ohne jede grafische oder inhaltliche Änderung keinerlei zusätzliches Merkmal auf, das die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Waren der Klägerin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung). So ist die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke nicht unterscheidungsfähig sei (Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung).

15      Den Rn. 32, 34 und 36 der angefochtenen Entscheidung lässt sich daher eindeutig entnehmen, dass die Beschwerdekammer der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft abgesprochen hat und es sich bei der Verneinung in Rn. 30 nur um einen Schreibfehler handelte.

16      Zweitens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, nicht ausreichend auf die Argumente eingegangen zu sein, mit denen sie der Feststellung, dass der Anmeldemarke die Unterscheidungskraft fehle, entgegengetreten sei.

17      Da die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, auf welche Argumente zur Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke die Beschwerdekammer nicht ausreichend eingegangen sein soll, genügt insoweit der Hinweis, dass dieser Vorwurf nicht belegt ist. In jedem Fall brauchte sich die Beschwerdekammer nicht mit jedem einzelnen der von der Klägerin vorgetragenen Argumente auseinanderzusetzen. Von den Beschwerdekammern kann nämlich nicht verlangt werden, bei ihren Ausführungen alle von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln (Urteil vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg, EU:T:2008:268, Rn. 55).

18      Drittens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe nicht ausreichend zu ihrer Argumentation, dass es sich bei den fraglichen Waren um keine Sets handele, und zu den Fotos, die sie dem HABM als Beleg für diese Argumentation vorgelegt habe, Stellung genommen.

19      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer als Antwort auf diese Argumentation ausgeführt hat, dass sich, wie jenen Fotos zu entnehmen sei, die fraglichen Waren aus mehreren Bestandteilen zusammensetzten, und zwar einem Schlauch, einer Kanüle und einer Schutzkappe, die ein fest verbundenes Set bildeten. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass die fraglichen Waren auch mit anderen Waren, mit denen sie verkauft werden könnten, ein Set bilden könnten.

20      Anhand dieser Begründung lässt sich für die Klägerin und das Gericht nachvollziehen, warum die Beschwerdekammer die Argumentation, dass die fraglichen Waren kein Set bildeten, zurückgewiesen hat und warum sie der Auffassung war, dass die von der Klägerin vorgelegten Fotos diese Argumentation nicht belegten. Die Begründung ist daher ausreichend.

21      Viertens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer hätte im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ihr Argument berücksichtigen müssen, dass die angemeldete Marke nicht freihaltebedürftig sei.

22      Insoweit genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dieses Argument aufgegriffen hat und ihm entgegengehalten hat, dass die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 kein konkretes, aktuelles und ernsthaftes Freihaltebedürfnis zugunsten Dritter voraussetze (Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung).

23      Fünftens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer hätte die unter der Nr. 11050606 eingereichte Anmeldung einer identischen Marke für identische Waren berücksichtigen müssen.

24      Mit diesem Argument tritt die Klägerin in Wirklichkeit der Richtigkeit der Beurteilung der Beschwerdekammer entgegen. Es wird daher im Rahmen des ersten Klagegrundes, dem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, geprüft werden.

25      Der dritte Klagegrund ist damit zurückzuweisen.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009

26      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Abs. 2 dieses Artikels finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

27      Nach der Rechtsprechung fallen unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise dazu dienen können, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale zu beschreiben (vgl. Urteil vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, Slg, EU:T:2005:247, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Ein Zeichen fällt nur dann unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es den relevanten Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der Art der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil PAPERLAB, oben in Rn. 27 angeführt, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Um eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ansehen zu können, genügt es nicht, dass für jeden dieser Bestandteile gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss auch für die Neuschöpfung oder das Wort selbst festgestellt werden (vgl. Urteil PAPERLAB, oben in Rn. 27 angeführt, EU:T:2005:247, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, ist selbst für die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 beschreibend, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung oder dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung oder das Wort infolge der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck bewirkt, der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Insoweit ist auch die Analyse des fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung (vgl. Urteil PAPERLAB, oben in Rn. 27 angeführt, EU:T:2005:247, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Ob ein Zeichen beschreibenden Charakter hat, kann nur in Bezug auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen sowie unter Berücksichtigung des Verständnisses, das die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehenden angesprochenen Verkehrskreise von ihm haben, beurteilt werden (Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg, EU:T:2002:41, Rn. 38, und vom 22. Mai 2008, Radio Regenbogen Hörfunk in Baden/HABM [RadioCom], T‑254/06, EU:T:2008:165, Rn. 33).

32      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zunächst ausgeführt, dass sich die fraglichen Waren, bei denen es sich um ärztliche Infusionsgeräte und ‑instrumente handele, in erster Linie an Fachkreise wie Ärzte oder Krankenschwestern richteten, deren Aufmerksamkeitsgrad hoch sei, und dass, da sich die angemeldete Marke aus den englischen Wörtern „safe“ und „set“ zusammensetze, auf die englischsprachigen Verbraucher in der Union abzustellen sei (Rn. 12 bis 14 der angefochtenen Entscheidung). Die Beschwerdekammer hat außerdem darauf hingewiesen, dass diese Wörter, die zum englischen Grundwortschatz gehörten, nicht nur von den Verbrauchern der Länder, in denen Englisch Amtssprache sei, sondern auch von den Verbrauchern anderer Länder, die, wie die deutschen Verbraucher, über englische Grundkenntnisse verfügten, verstanden würden, und dass die Fachkreise im Bereich der Medizin europaweit mit englischen Wörtern wie „safe“ und „set“ vertraut seien (Rn. 15 bis 17 der angefochtenen Entscheidung).

33      Weiter hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass das Wort „safe“ im Englischen als Adjektiv u. a. „frei von Gefahr, sicher, vertrauenswürdig“ und das Wort „set“ als Substantiv „eine Nummer oder Sammlung von Dingen“ bedeute (Rn. 19 und 20 der angefochtenen Entscheidung). Zudem habe das englische Wort „set“ dieselbe Bedeutung wie das deutsche Wort „Set“ (Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung).

34      Die Beschwerdekammer hat schließlich darauf hingewiesen, dass der Begriff „SafeSet“ „mehrere zusammengehörende Gegenstände, die sicher sind“ bedeute (Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung). Sie fügte hinzu, dass die Verbraucher die beiden Wörter „safe“ und „set“, aus denen sich die angemeldete Marke zusammensetze, sofort erkennen würden und die Verbindung der beiden Wörter daher keinen Eindruck hervorrufe, der hinreichend weit von dem Eindruck abweiche, der durch ihre bloße Aneinanderreihung entstehe (Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung).

35      Die Beschwerdekammer ist zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die relevanten Verkehrskreise den Begriff „SafeSet“ unmittelbar und ohne weitere Überlegungen als beschreibende Bezeichnung der technischen Merkmale der fraglichen Waren verstünden, nämlich, dass diese sichere Sets darstellten.

36      Dieser Beurteilung der Beschwerdekammer ist beizupflichten.

37      Erstens steht fest, dass es sich bei den maßgeblichen Verkehrskreisen um englischsprachige Angehörige der Gesundheitsberufe handelt, dass das Wort „safe“ u. a. „sicher“ bedeutet und dass das Wort „set“ u. a. „mehrere zusammengehörende Gegenstände“ bedeutet.

38      Zweitens ist der Begriff „SafeSet“ eine Neuschöpfung, die aus der Zusammensetzung zweier gebräuchlicher englischer Wörter, „safe“ und „set“, ohne grafische oder orthographische Abwandlung besteht. Diese Wortkombination aus einem Adjektiv und einem Substantiv entspricht den Regeln der englischen Grammatik, und der Umstand allein, dass die Wörter „safe“ und „set“ nicht durch einen Bindestrich oder ein Leerzeichen getrennt sind, wird die Verbraucher nicht daran hindern, die beiden Wörter zu erkennen. Außerdem besteht zwischen der Neuschöpfung „SafeSet“ und der schlichten Summe ihrer Bestandteile kein merklicher Unterschied. Die Beschwerdekammer ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die beantragte Marke als „mehrere zusammengehörende Gegenstände, die sicher sind“, verstanden werde.

39      Drittens handelt es sich bei den fraglichen Waren um ärztliche Infusionsgeräte und ‑instrumente, die dem Gesundheitsbereich zuzuordnen sind und zwingend steril, also sicher, sein müssen. Im Übrigen müssen, wie die von der Klägerin vorgelegten Fotos zeigen, die verschiedenen Bestandteile, aus denen sich diese Waren zusammensetzen, nämlich ein Schlauch, eine Kanüle und eine Schutzkappe, fest miteinander verbunden sein, um die Sterilität und damit die Sicherheit dieser Produkte zu gewährleisten. Da es sich bei den fraglichen Waren um mehrere zusammenhängende sterile und fest verbundene Gegenstände handelt, ist festzustellen, dass ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der Neuschöpfung „SafeSet“ und diesen Waren besteht.

40      Die Beschwerdekammer ist daher zutreffend zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke SafeSet unmittelbar und ohne weitere Überlegung als beschreibende Bezeichnung der technischen Merkmale der beanspruchten Waren verstünden.

41      Diese Schlussfolgerung kann durch die Argumente der Klägerin nicht in Frage gestellt werden.

42      Was das Argument betrifft, dass die angemeldete Marke nicht aus den beiden aneinandergereihten separaten Wörtern „safe“ und „set“, sondern aus einem Gesamtbegriff, „SafeSet“, bestehe, bei dem es sich um eine phantasievolle Wortneuschöpfung ohne Aussagegehalt handele, genügt die Feststellung, dass für den Ausschluss einer Anmeldemarke von der Eintragung nicht verlangt wird, dass die angemeldete Marke im Wörterbuch steht oder im gewöhnlichen Sprachgebrauch verwendet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil PAPERLAB, oben in Rn. 27 angeführt, EU:T:2005:247, Rn. 34).

43      Zu dem Argument, dass die fraglichen Waren, da sie sich aus miteinander verbundenen Gegenständen zusammensetzten, kein – aus separaten Gegenständen bestehendes – „Set“ darstellen könnten, genügt die Feststellung, dass das Wort „Set“ nicht voraussetzt, dass es sich bei seinen Bestandteilen zwingend um separate Gegenstände handelt.

44      Was schließlich das Argument betrifft, dass die Beschwerdekammer die Anmeldung eines identischen Zeichens für identische Waren, die unter der Nr. 11050606 eingereicht worden sei, und die Anmeldung eines identischen Zeichens wie die angemeldete Marke für medizinische Matratzen und medizinische Betten der Klasse 10, die unter der Nr. 013107421 eingereicht worden sei, hätte berücksichtigen müssen, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungen, die die Beschwerdekammern nach der Verordnung Nr. 207/2009 über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke zu erlassen haben, gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, ist daher nur auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu überprüfen und nicht auf der Grundlage einer früheren Praxis des HABM (Urteile Mozart, oben in Rn. 17 angeführt, EU:T:2008:268, Rn. 45, vom 13. April 2011, United States Polo Association/HABM – Textiles CMG [U.S. POLO ASSN.], T‑228/09, EU:T:2011:170, Rn. 54, und vom 5. November 2013, Capitalizaciones Mercantiles/HABM – Leineweber [X], T‑378/12, EU:T:2013:574, Rn. 50).

45      Es ist zwar auch zu beachten, dass nach dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 20. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM (C‑51/10 P, Slg, EU:C:2011:139, Rn. 74), die Verpflichtung des HABM, die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen zu berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, auf den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung beruht.

46      Jedoch hat der Gerichtshof ausgeführt, dass diese Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müssen. Somit kann sich derjenige, der ein Zeichen als Marke anmeldet, nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen des jeweiligen Sachverhalts anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, oben in Rn. 45 angeführt, EU:C:2011:139, Rn. 75 bis 77).

47      Im vorliegenden Fall stand der Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Klägerin eines der Eintragungshindernisse von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 entgegen. Da das Gericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Beschwerdekammer im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt zu Recht festgestellt hat, dass die angemeldete Marke für die fraglichen Waren beschreibend sei (siehe oben, Rn. 40), hätte die Beschwerdekammer auch bei Berücksichtigung der Eintragung einer identischen Marke für identische Waren nicht anders entscheiden können.

48      Die Beschwerdekammer ist daher zutreffend zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Marke beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ist.

49      Daher ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009

50      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass es der angemeldeten Marke an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehle.

51      Insoweit ist daran zu erinnern, dass aus dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg, EU:C:2002:506, Rn. 29; vgl. auch Urteil vom 6. Juni 2013, Interroll/HABM [Inspired by efficiency], T‑126/12, EU:T:2013:303, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Da die Beschwerdekammer zutreffend zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass das Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, braucht über den zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend gemacht wird, nicht entschieden zu werden.

 Vierter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009

53      Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer gegen den in Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen habe, da sie weder im Hinblick auf den beschreibenden Charakter oder die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke noch auf die identischen Voreintragungen ausreichend Anhaltspunkte oder Beweise ermittelt habe, die die Zurückweisung der Markenanmeldung rechtfertigten.

54      Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die Beschwerdekammer, wie sich aus den vorangegangenen Erwägungen ergibt, die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ausreichend begründet hat, was nach der oben in Rn. 51 angeführten Rechtsprechung genügt, um die Anmeldemarke von der Eintragung auszuschließen.

55      Zum anderen ist auch zu berücksichtigen, dass die Argumentation der Klägerin zum Bestehen identischer Voreintragungen als Bezugnahme auf die oben in Rn. 44 genannten Anmeldungen verstanden werden muss. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Argumentation bezüglich dieser Anmeldungen aus den oben in den Rn. 44 bis 47 dargelegten Gründen zurückgewiesen worden ist.

56      Daher ist der vierte Klagegrund nicht begründet und die Klage nach alledem zurückzuweisen.

 Kosten

57      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die B. Braun Melsungen AG trägt die Kosten.

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. März 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.