Language of document : ECLI:EU:C:2019:678

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 5. September 2019(1)

Rechtssache C228/18

Gazdasági Versenyhivatal

gegen

Budapest Bank Nyrt.,

ING Bank NV Magyarországi Fióktelepe,

OTP Bank Nyrt.,

Kereskedelmi és Hitelbank Zrt.,

Magyar Külkereskedelmi Bank Zrt.,

Erste Bank Hungary Zrt.,

Visa Europe Ltd,

MasterCard Europe SA

(Vorabentscheidungsersuchen der Kúria [Oberster Gerichtshof, Ungarn])

„Wettbewerb – Art. 101 Abs. 1 AEUV – Kartelle – ‚Bezweckte‘ oder ‚bewirkte‘ Wettbewerbsbeschränkung – Kartenzahlungssystem in Ungarn – Vereinbarung über das Interbankenentgelt – Beteiligung“






I.      Einleitung

1.        Seit den frühen Tagen des Wettbewerbsrechts der Union ist viel Tinte auf die Zweiteilung zwischen bezweckten und bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen verwendet worden(2). Es mag daher überraschen, dass diese, sich unmittelbar aus dem Wortlaut des (jetzt) in Art. 101 AEUV geregelten Verbots ergebende Unterscheidung immer noch einer Auslegung durch den Gerichtshof bedarf.

2.        Die Unterscheidung ist theoretisch relativ leicht vorzunehmen. Die praktische Umsetzung ist indes etwas komplexer. Auch lässt sich sagen, dass die Rechtsprechung der Unionsgerichte hierzu nicht immer ganz eindeutig war. So sind eine Reihe von Entscheidungen der Unionsgerichte in der Lehre dafür kritisiert worden, dass sie die Abgrenzung zwischen den beiden Begriffen verwischten(3).

3.        Mit dem vorliegenden Verfahren wird der Gerichtshof von der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) ersucht, die im Zentrum von Art. 101 AEUV stehende Zweiteilung weiter zu erhellen; dies gibt dem Gerichtshof somit die Gelegenheit, seine jüngste Rechtsprechung auf dem Gebiet – insbesondere Urteile CB(4) und Maxima Latvija(5) – weiterzuentwickeln.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Nationales Recht

4.        Art. 11 Abs. 1 des Tisztességtelen piaci magatartás és a versenykorlátozás tilalmáról szóló 1996. évi LVII. törvény (Gesetz Nr. LVII von 1996 über das Verbot unlauteren Marktverhaltens und der Wettbewerbsbeschränkung) (im Folgenden: Gesetz über unlauteres Marktverhalten) bestimmt:

„Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen oder Beschlüsse (im Folgenden zusammen: Vereinbarungen) von im Einklang mit der Vereinigungsfreiheit gegründeten Unternehmensvereinigungen, öffentlichen Kapitalgesellschaften, Verbänden oder sonstigen ähnlichen Unternehmensvereinigungen (im Folgenden: zusammen: Unternehmensvereinigungen), die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder möglicherweise oder tatsächlich bewirken, sind verboten. Vereinbarungen, die zwischen Unternehmen geschlossen werden, die nicht voneinander unabhängig sind, gelten nicht als solche Vereinbarungen.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

5.        An Kreditkartentransaktionen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art sind typischerweise vier Hauptparteien beteiligt: der Karteninhaber, das Finanzinstitut, das die Kreditkarte ausgegeben hat (im Folgenden: Issuing-Bank), der Händler und das Finanzinstitut, das diesem Händler die Dienstleistungen erbringt, die es ihm ermöglichen, die Karte als Mittel zur Abwicklung der betreffenden Transaktion zu akzeptieren (im Folgenden: Acquirer).

6.        Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts befand sich das Kreditkartenzahlungssystem in Ungarn Anfang der 90er Jahre noch im Anfangsstadium. Mitte der 90er Jahre sahen die Unternehmen Visa Europe Ltd (im Folgenden: Visa) und MasterCard Europe SA (im Folgenden: MasterCard) (im Folgenden zusammen: Kreditkartenunternehmen) in ihren Geschäftsordnungen die Möglichkeit vor, dass die Issuing-Bank und der Acquirer gemeinsam die Höhe des Interbankenentgelts (interchange fee, IF) festsetzen konnten. Das Interbankenentgelt ist der Betrag, den Erstere an Letzteren bei einer Kreditkartentransaktion zahlt.

7.        Von 1991 bis 1994, als nur wenige Banken am Kreditkartensystem in Ungarn teilnahmen, wurde die Höhe des Interbankenentgelts von den Banken bilateral vereinbart. Visa forderte die an seinem System in Ungarn teilnehmenden Banken jedoch im Jahr 1994 auf, ein nationales Forum zu gründen, u. a. um die örtliche Preispolitik für das Interbankenentgelt zu vereinbaren. Zwischen 1995 und 1996 begannen die im Kartengeschäft tätigen Banken mit einer multilateralen Zusammenarbeit (im Folgenden: Forum), in deren Rahmen sie zusammenkamen, um spezielle, eine Zusammenarbeit erfordernde Fragen des Kartengeschäfts zu besprechen.

8.        Im Rahmen des Forums trafen am 24. April 1996 sieben Banken, die sich mehrheitlich dem System der beiden Kreditkartenunternehmen angeschlossen hatten, eine Vereinbarung über die Mindesthöhe des Händlerentgelts (merchant service charge, im Folgenden auch: MSC) (im Folgenden: MSC‑Vereinbarung). Das Händlerentgelt ist das Entgelt, dass der Acquirer den Händlern berechnet, die Zahlungen mit Kreditkarten akzeptieren. Die MSC‑Vereinbarung trat letztlich allerdings nie in Kraft.

9.        Dieselbe Gruppe von Banken traf sodann am 28. August 1996 eine Vereinbarung, in der sie mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 die Höhe des für beide Kreditkartenunternehmen geltenden mehrseitigen Interbankenentgelts (multilateral interchange fee; im Folgenden auch: MIF) einheitlich festlegten (im Folgenden: MIF‑Vereinbarung). Die Kreditkartenunternehmen waren bei dem Treffen, bei dem die Vereinbarung abgeschlossen wurde, nicht anwesend, ihnen wurde jedoch von der Kereskedelmi és Hitelbank Zrt. in ihrer Eigenschaft als Kontaktstelle eine Ausfertigung des Vertrags übersandt. Der MIF‑Vereinbarung und der Zusammenarbeit im Rahmen des Forums schlossen sich später weitere Banken an.

10.      Die Gazdasági Versenyhivatal (ungarische Wettbewerbsbehörde; im Folgenden: Wettbewerbsbehörde) leitete am 31. Januar 2008 ein wettbewerbsrechtliches Verfahren wegen der MIF‑Vereinbarung ein. Die Vereinbarung blieb bis zum 30. Juli 2008 in Kraft.

11.      Die Wettbewerbsbehörde stellte mit Bescheid vom 24. September 2009 (im Folgenden: angefochtener Bescheid) fest, dass die 22 an der MIF‑Vereinbarung beteiligten Banken sowie die Kreditkartenunternehmen dadurch, dass sie die Höhe und die Struktur des mehrseitigen Interbankenentgelts (MIF) einheitlich festgelegt und einen Regelungsrahmen für eine solche Vereinbarung geschaffen und gefördert hätten, eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung geschlossen hätten, die gegen Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes über unlauteres Marktverhalten und ab 1. Mai 2004 gegen Art. 81 Abs. 1 EG (jetzt Art. 101 Abs. 1 AEUV) verstoßen habe. Die Wettbewerbsbehörde verhängte gegen die sieben Banken, die die MIF‑Vereinbarung ursprünglich geschlossen hatten, sowie gegen die beiden Kreditkartenunternehmen Bußgelder in unterschiedlicher Höhe, die sich auf einen Gesamtbetrag von 1 922 000 000 Forint (HUF) beliefen.

12.      Die Wettbewerbsbehörde stellte in ihrem Bescheid fest, dass die MIF‑Vereinbarung eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle. Darüber hinaus stufte die Wettbewerbsbehörde die Vereinbarung auch als eine bewirkte Wettbewerbsbeschränkung ein.

13.      Die Kreditkartenunternehmen und sechs der Banken, gegen die Bußgelder verhängt worden waren (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens), erhoben gegen den angefochtenen Bescheid Klage beim Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Hauptstädtisches Verwaltungs- und Arbeitsgericht, Ungarn). Dieses Gericht wies die Klage ab.

14.      Gegen dieses Urteil haben die Kläger des Ausgangsverfahrens, mit Ausnahme von MasterCard, Rechtsmittel beim Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtischer Gerichtshof, Ungarn) eingelegt, der den angefochtenen Bescheid teilweise für nichtig erklärt und die Wettbewerbsbehörde zur Durchführung eines neuen Verfahrens verpflichtet hat. Dieses Gericht stellte fest, dass eine Verhaltensweise nicht gleichzeitig eine bezweckte und eine bewirkte Wettbewerbsbeschränkung darstellen könne. Es stellte ferner fest, dass die fragliche Vereinbarung keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle.

15.      Gegen dieses Urteil hat die Wettbewerbsbehörde ein weiteres Rechtsmittel bei der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) eingelegt. Dieses Gericht hat aufgrund von Zweifeln hinsichtlich der richtigen Auslegung von Art. 101 AEUV beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass ein und dieselbe Verhaltensweise gleichzeitig aufgrund voneinander unabhängiger Rechtsgrundlagen, nämlich des wettbewerbsbeschränkenden Zwecks und der wettbewerbsbeschränkenden Wirkung, gegen die Bestimmungen von Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen kann?

2.      Ist Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vereinbarung zwischen ungarischen Mitgliedsbanken, mit der das Interbankenentgelt, das für die Nutzung der Kreditkarten der zwei Kreditkartenunternehmen MasterCard und Visa anfällt und den Issuing-Banken zusteht, in einer für beide Kreditkartenunternehmen einheitlichen Höhe festgelegt wird, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt?

3.      Ist Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass als Parteien der Vereinbarung zwischen den Banken auch die Kreditkartenunternehmen anzusehen sind, die nicht unmittelbar an der Ausarbeitung des Inhalts der Vereinbarung beteiligt waren, deren Abschluss jedoch ermöglicht und die Vereinbarung akzeptiert und angewandt haben, oder ist vielmehr davon auszugehen, dass diese Unternehmen ihre Verhaltensweise mit den die Vereinbarung schließenden Banken abgestimmt haben?

4.      Ist Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht eine Abgrenzung, ob es sich um eine Beteiligung an der Vereinbarung oder um eine Abstimmung der Verhaltensweise mit den an der Vereinbarung beteiligten Banken handelt, angesichts des Streitgegenstands nicht erforderlich ist?

16.      Schriftliche Erklärungen sind von acht der Kläger des Ausgangsverfahrens (Budapest Bank Nyrt., ING Bank N.V. Magyarországi Fióktelepe, OTP Bank Nyrt., Kereskedelmi és Hitelbank Zrt., Magyar Külkereskedelmi Bank Zrt., Erste Bank Hungary Zrt., Visa und MasterCard), der Wettbewerbsbehörde, der ungarischen Regierung, der EFTA-Überwachungsbehörde und der Europäischen Kommission eingereicht worden. Diese Beteiligten haben, mit Ausnahme von Kereskedelmi és Hitelbank Zrt., in der Sitzung vom 27. Juni 2019 auch mündliche Ausführungen gemacht.

IV.    Würdigung

17.      Die Antworten auf die erste, dritte und vierte Frage des vorlegenden Gerichts sind meines Erachtens relativ einfach. Ich werde zunächst eine knappe Antwort auf Frage eins geben und in Erinnerung bringen, dass ein und dieselbe Verhaltensweise tatsächlich sowohl als bezweckte als auch als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann, sofern die hierfür erbrachten Nachweise diesen Schluss zulassen (A). Anschließend komme ich zu der meines Erachtens für die vorliegende Rechtssache zentralen Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann eine Vereinbarung wie die MIF‑Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angesehen werden? (B) Abschließend werde ich auf die Fragen drei und vier eingehen, die miteinander verknüpft sind, indem ich zunächst erörtere, inwieweit die Wettbewerbsbehörde verpflichtet ist, anzugeben, ob es sich bei der betreffenden Verhaltensweise um eine Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise handelt (C), und mit der Frage abschließen, ob im Kontext der vorliegenden Rechtssache eine Beteiligung der Kreditkartenunternehmen an einer Vereinbarung oder eine abgestimmte Verhaltensweise vorliegt (D).

A.      Erste Frage

18.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob ein und dieselbe Verhaltensweise eines Unternehmens nach Art. 101 Abs. 1 AEUV sowohl eine bezweckte als auch eine bewirkte Wettbewerbsbeschränkung darstellen kann.

19.      Diese Frage ist meines Erachtens eindeutig zu bejahen. Diese Antwort ergibt sich nicht nur aus der Logik und dem Kontext dieser Bestimmung, sondern auch aus einer mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs.

20.      Dem vorlegenden Gericht ist unklar, wie die Formulierung „bezwecken oder bewirken“ genau zu verstehen ist. Dieses Gericht fragt sich insbesondere, ob die Alternativität dieser Voraussetzungen bedeutet, dass eine bestimmte Vereinbarung nicht gleichzeitig als eine bezweckte und als eine bewirkte Beschränkung des Wettbewerbs angesehen werden kann. Die Wettbewerbsbehörde hat im angefochtenen Bescheid nämlich festgestellt, dass die MIF‑Vereinbarung sowohl eine bezweckte als auch eine bewirkte Beschränkung des Wettbewerbs darstelle.

21.      „Oder“ wird (formal) logisch betrachtet normalerweise als (nicht ausschließende) Disjunktion verstanden. Eine Aussage, die zwei Teilaussagen enthält, die durch ein „oder“ verbunden sind, ist wahr, wenn und nur wenn eine oder beide ihrer Teilaussagen wahr sind. Eine Wettbewerbsbeschränkung kann es somit als nur bezweckte oder als nur bewirkte oder als bezweckte und bewirkte Beschränkung geben.

22.      Ob Logik ein allgemeines Instrument für die Auslegung des Unionsrechts ist (oder sein sollte), kann sicherlich Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen sein, aber in diesem konkreten Fall steht das Verständnis des „Oder“ in „bezwecken oder bewirken“ als nicht ausschließender Disjunktion mit dem Sinn und Zweck von Art. 101 Abs. 1 AEUV voll im Einklang.

23.      Art. 101 Abs. 1 AEUV ist sehr weit gefasst. Er soll alle Formen der Kollusion zwischen Unternehmen („alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen“), die unabhängig von ihrem Ziel und Gegenstand („bezwecken oder bewirken“) negative Auswirkungen auf den Wettbewerb in der Europäischen Union („eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts“) haben können, erfassen. Es sind somit sämtliche aufgeführten Verhaltensweisen erfasst, unabhängig davon, ob sie gesondert oder gar gleichzeitig auftreten.

24.      Ferner unterscheiden sich Vereinbarungen, die dem Zweck nach wettbewerbswidrig sind, und Vereinbarungen, die der Wirkung nach wettbewerbswidrig sind, nicht der Natur der Sache nach. Materiell betrachtet gibt es keinen Unterschied zwischen ihnen: Beide beschränken den Wettbewerb im Binnenmarkt und sind daher grundsätzlich verboten. Die Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen beruht vielmehr auf verfahrensbezogenen Erwägungen. Sie soll darauf hinweisen, welche Art von Prüfung die Wettbewerbsbehörden bei der Beurteilung von Vereinbarungen nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vornehmen müssen.

25.      Dieses Verständnis wurde vom Gerichtshof bereits 1966 im Urteil LTM betont, wo er darauf hinwies, dass aus der Verwendung der disjunktiven Konjunktion „oder“ im damaligen Art. 85 Abs. 1 EWG folgt, dass eine Wettbewerbsbehörde zunächst den Zweck einer Vereinbarung zu prüfen habe. Wenn eine Prüfung des Zwecks der Vereinbarung jedoch „keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen [lässt], … sind die Auswirkungen der Vereinbarung zu untersuchen“(6).

26.      Dieser Aspekt geht auch aus jüngeren Urteilen des Gerichtshofs deutlich hervor. Im Urteil CB hat der Gerichtshof erklärt, dass bestimmte Formen abgestimmter Verhaltensweisen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können. In diesen Fällen wäre „für die Anwendung von [Art. 101 Abs. 1 AEUV] der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig [zu] erachte[n] … Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen“(7). Ähnliche Feststellungen wurden auch im Urteil Maxima Latvija(8) getroffen.

27.      Die Zweiteilung in Zweck/Wirkung ist daher weitgehend ein verfahrensbezogenes Instrument, das die Wettbewerbsbehörde hinsichtlich der je nach den Umständen des Einzelfalls nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vorzunehmenden Prüfung anleiten soll(9). Eine Behörde muss keine vollständige Prüfung der Wirkungen einer Vereinbarung vornehmen – was häufig zeit- und ressourcenintensiver ist(10) –, wenn sie die Vereinbarung als bezweckt wettbewerbswidrig ansieht und den Nachweis hierfür erbringt.

28.      Insofern als sich beide Arten von Vereinbarungen aber ihrem Wesen nach nicht unterscheiden, kann sich die Behörde im konkreten Fall auch dafür entscheiden, eine Vereinbarung in einer Entscheidung unter beiden Aspekten gleichzeitig zu prüfen, also daraufhin, ob beide Voraussetzungen erfüllt sind. Dieses Vorgehen kann, wie von der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde vorgetragen, aus Gründen der Verfahrensökonomie gerechtfertigt sein: Wenn der wettbewerbswidrige Zweck einer Vereinbarung streitig ist, kann es für die Behörde im Fall eines späteren Rechtsstreits „sicherer“ sein, nachzuweisen, dass die Vereinbarung auch durch die Wirkung wettbewerbswidrig ist(11). Der Gerichtshof hat nämlich ausdrücklich anerkannt, dass Unternehmen „an einer Abstimmung“ beteiligt sein können, „die eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts im Sinne von Art. 101 AEUV bezweckt [und] bewirkt“ [in der englischen Fassung: „taking part in collusion which has the object and effect of restricting competition“](12).

29.      Hervorheben möchte ich andererseits den folgenden wichtigen Punkt: Als konzeptionelle Möglichkeit anzuerkennen, dass bei einer Vereinbarung beide Arten von Beschränkungen vorliegen könnten, entbindet die zuständige Wettbewerbsbehörde sicherlich nicht von der Verpflichtung, erstens beide Arten von Beschränkungen hinreichend nachzuweisen, und zweitens diese Nachweise zu bewerten und eindeutig unter die entsprechenden rechtlichen Kategorien zu subsumieren.

30.      Dieser Aspekt sollte meines Erachtens deutlich hervorgehoben werden, und zwar nicht angesichts des Wortlauts des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens, sondern dessen, was damit implizit gemeint ist. Es wäre, auch für die spätere gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung, kaum ausreichend, wenn eine Wettbewerbsbehörde sich in ihrer Entscheidung auf die Zusammenstellung tatsächlicher Nachweise beschränkte, und, ohne anzugeben, welche Schlussfolgerungen sie rechtlich daraus zieht, lediglich die Ansicht verträte, dass in einem bestimmten Verhalten dieses und/oder jenes zu sehen sein könnte, und es dem überprüfenden Gericht überließe, die Tatsachenpunkte miteinander zu verbinden und zu einem Ergebnis zu gelangen. Einfach ausgedrückt ist das Bestehen alternativer rechtlicher Rahmen kein Freibrief für Unbestimmtheiten, insbesondere wenn es um die Verhängung schwerwiegender Verwaltungssanktionen geht.

31.      Abschließend komme ich zu drei weiteren Argumenten, die das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen angeführt hat und aufgrund derer dieses Gericht Zweifel daran äußert, ob es möglich ist, dass eine Behörde ein Verhalten auf beiden Grundlagen als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV ansieht.

32.      Erstens kann es mangels eines konzeptionellen Unterschieds zwischen diesen Grundlagen nicht überraschen, wenn eine Wettbewerbsbehörde aufgrund derselben Tatsachen und wirtschaftlichen Erwägungen eine Vereinbarung als sowohl bezweckt als auch bewirkt wettbewerbswidrig einstuft. Mit dem soeben skizzierten Vorbehalt, dass die rechtliche Einordnung eindeutig sein muss, unterscheidet sich die Prüfung, die von der Behörde in beiden Fällen vorzunehmen ist, eher im Grad und in der Intensität als im Wesen der Prüfung. Die beiden Arten der Prüfung sind einfach verschiedene Möglichkeiten, anhand der von der Behörde erlangten Erkenntnisse und Erfahrung ein und dieselbe Frage zu beantworten, nämlich ob die betreffende Vereinbarung den Wettbewerb im Binnenmarkt verhindern, einschränken oder verfälschen könnte.

33.      Zweitens gibt es keinen automatischen Zusammenhang zwischen der Einstufung einer Vereinbarung als bezweckte oder bewirkte Beschränkung und der Festlegung der gegen die verantwortlichen Unternehmen zu verhängenden Sanktionen. Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 „[ist b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“(13). Zugestandenermaßen werden bei Vereinbarungen, bei denen eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung festgestellt wird, mit höherer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht angenommen. Dies ist indes lediglich die unvermeidliche Folge daraus, dass der Begriff der „bezweckten Wettbewerbsbeschränkung“ sich auf Formen der Koordinierung beschränkt, die „den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen“(14). Vor allem ist keineswegs ausgeschlossen, dass einerseits bestimmte bezweckte Beschränkungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände als weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen und andererseits bewirkte Beschränkungen als besonders schwerwiegende Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht angesehen werden können.

34.      Drittens hat die Einstufung einer Vereinbarung als bezweckte oder bewirkte Beschränkung auch keine Auswirkungen auf die Möglichkeit der Anwendung eines Befreiungstatbestands nach Art. 101 Abs. 3 AEUV. Der Wortlaut dieser Bestimmung enthält keinen Hinweis darauf, dass Befreiungstatbestände nur auf Vereinbarungen anwendbar wären, die eine bewirkte Beschränkung darstellen. Diese Annahme wäre auch schwer damit zu vereinbaren, dass es, wie oben in Nr. 24 erläutert, zwischen den beiden Arten von Vereinbarungen keinen konzeptionellen Unterschied gibt.

35.      Vielmehr hat das Gericht im Urteil Matra Hachette festgestellt, dass alle von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Formen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen, wenn die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind, nach Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt werden können(15). Diese Feststellung wird durch das Urteil des Gerichtshofs Beef Industry Development Society und Barry Brothers(16) nicht in Frage gestellt. Rn. 21 dieses Urteils ist nicht zu entnehmen, dass die Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Beschränkungen für Art. 101 Abs. 3 AEUV von Bedeutung wäre. In diesem Abschnitt wollte der Gerichtshof lediglich darauf hinweisen, dass das Fehlen einer wettbewerbsbeschränkenden Absicht seitens der an einer Vereinbarung beteiligten Unternehmen nicht ausschließt, dass diese ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig sein kann. Das Gericht stellte daher klar, dass sobald festgestellt ist, dass eine Vereinbarung den Wettbewerb beschränkt, die Frage, ob sie ein anderes (angeblich rechtmäßiges) Ziel verfolgt, gegebenenfalls lediglich im Hinblick auf die Gewährung einer Befreiung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV berücksichtigt werden kann.

36.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage dahin zu beantworten, dass ein und dieselbe Verhaltensweise eines Unternehmens sowohl aufgrund ihres den Wettbewerb im Binnenmarkt beschränkenden Zwecks als auch ihrer den Wettbewerb im Binnenmarkt beschränkenden Wirkung als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen werden kann.

B.      Zweite Frage

37.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine Vereinbarung wie die MIF‑Vereinbarung eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt.

38.      Diese Frage kann der Gerichtshof meines Erachtens, so wie sie gestellt wurde, nicht beantworten. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens muss sich jede materielle Beurteilung zwangsläufig auf das (relativ begrenzte) Maß an Informationen über die MIF‑Vereinbarung und die relevanten Märkte stützen, die im Vorabentscheidungsersuchen mitgeteilt wurden oder den Stellungnahmen der Beteiligten zu entnehmen sind. Die Prüfung der (bezweckten oder bewirkten) Wettbewerbswidrigkeit einer Vereinbarung ist jedoch in den meisten Fällen keine leichte Aufgabe. Sie erfordert gute Kenntnisse der vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien der Vereinbarung und eine genaue Kenntnis des Marktes, auf dem die Vereinbarung angewendet wurde.

39.      In Fällen, die den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens erreichen, verfügt zwangsläufig nur das vorlegende Gericht über diese Informationen und Kenntnisse. Daher kann ich mich, ohne eine mittelbare Überprüfung einer (nationalen) Verwaltungsentscheidung vornehmen zu wollen, die nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt(17), lediglich darauf beschränken, einige Hinweise und Kriterien dafür vorzutragen, wie das vorlegende Gericht diese Überprüfung anhand der verfügbaren Informationen vornehmen sollte.

1.      Begriff der „bezweckten“ Beschränkungen

40.      Wie der Gerichtshof in der jüngeren Rechtsprechung betont hat, ist der Begriff einer „bezweckten“ Beschränkung des Wettbewerbs eng auszulegen und nur auf bestimmte Arten von Koordinierung zwischen Unternehmen anzuwenden, die den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass eine Prüfung ihrer Auswirkungen nicht notwendig ist(18). Dieser Ansatz ist dadurch gerechtfertigt, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können, da sie normalerweise zu ineffizienten wirtschaftlichen Ergebnissen führen und den Interessen der Verbraucher schaden(19).

41.      Nach der Rechtsprechung muss die Wettbewerbsbehörde zur Feststellung der bezweckten Wettbewerbswidrigkeit einer Vereinbarung eine zweistufige Prüfung vornehmen.

42.      In einem ersten Schritt konzentriert sich die Behörde hauptsächlich auf den Inhalt der Bestimmungen der Vereinbarung und auf ihre Ziele(20). Dieser Verfahrensschritt dient in erster Linie der Feststellung, ob die betreffende Vereinbarung in eine Kategorie von Vereinbarungen fällt, deren schädlicher Charakter angesichts gesicherter Erfahrung allgemein anerkannt und leicht nachweisbar ist(21). Insoweit ist unter gesicherter Erfahrung zu verstehen, „was traditionell aus wirtschaftlichen Untersuchungen hervorgeht, wie sie von den Wettbewerbsbehörden bestätigt und gegebenenfalls von der Rechtsprechung bestärkt wurden“(22).

43.      In einem zweiten Schritt hat die Behörde zu prüfen, ob der mutmaßlichen Wettbewerbswidrigkeit der Vereinbarung, die sich aus ihrer rein formalen Beurteilung ergibt, nicht Erwägungen des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in dem die Vereinbarung angewendet wurde, entgegenstehen. Hierzu sind die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieser Märkte zu berücksichtigen(23). Ferner kann gegebenenfalls die Absicht der Beteiligten berücksichtigt werden, auch wenn sie kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen wettbewerbsbeschränkenden Charakter hat(24).

44.      Der Umfang und die Intensität dieses zweiten Verfahrensschritts sind das, was nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unklar bleibt. Ich kann diese Zweifel nachvollziehen: Ist diese Prüfung nicht de facto eine Prüfung der Wirkungen der betreffenden Vereinbarung? Wo hört der zweite Schritt der Zweck-Prüfung auf, und wo fängt die Wirkungs-Prüfung an? Kann eine solche Unterscheidung insbesondere im Kontext einer Rechtssache, in der die nationale Wettbewerbsbehörde offenbar innerhalb derselben Entscheidung beide Arten der Prüfung vorgenommen hat, tatsächlich vorgenommen werden?

45.      Erstens, warum ist überhaupt (irgendeine) Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts erforderlich, wenn eine Vereinbarung offenbar eine bezweckte Beschränkung darstellt? Der Grund ist, dass eine rein formale Beurteilung einer Vereinbarung, die völlig von der Realität losgelöst wäre, zur Ahndung harmloser oder wettbewerbsfördernder Vereinbarungen führen könnte. Es gäbe keine rechtliche oder wirtschaftliche Rechtfertigung für das Verbot einer Vereinbarung, die zwar einer Kategorie von Vereinbarungen entspricht, die normalerweise als wettbewerbswidrig angesehen wird, aber aufgrund bestimmter besonderer Umstände von vornherein keine schädlichen Auswirkungen auf den Markt haben kann oder sogar wettbewerbsfördernd ist(25).

46.      Daher ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Punkt immer konsequent gewesen: Die Beurteilung einer Praxis nach den Wettbewerbsregeln der Union kann nicht abstrakt erfolgen, sondern setzt eine Untersuchung dieser Praxis anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen auf den betreffenden Märkten voraus. Der Stellenwert dieses Grundsatzes wird dadurch belegt, dass er sowohl für Art. 101 Abs. 1 AEUV(26) als auch für Art. 102 AEUV bestätigt worden ist(27). Selbst im Zusammenhang mit Verhaltensweisen wie einer Preisfestsetzung, Aufteilung der Märkte oder Ausfuhrverboten, die allgemein als besonders wettbewerbsschädigend angesehen werden, darf der wirtschaftliche und rechtliche Kontext nicht völlig außer Acht gelassen werden(28).

47.      Ebenso hat der Gerichtshof im Urteil Toshiba festgestellt, dass bei mutmaßlich bezweckt wettbewerbswidrigen Vereinbarungen „die Analyse des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem die Verhaltensweise steht, auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden [kann], um auf das Bestehen einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung zu schließen“(29). Was bedeutet das in der Praxis?

48.      Es bedeutet meines Erachtens, dass die Art. 101 Abs. 1 AEUV anwendende Wettbewerbsbehörde anhand der aus der Akte hervorgehenden Aspekte sicherstellen muss, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die Zweifel an der vermuteten Schädlichkeit der betreffenden Vereinbarung aufkommen lassen. Wenn die zu prüfende Vereinbarung erfahrungsgemäß zu einer Kategorie von Vereinbarungen gehört, die in den meisten Fällen wettbewerbsschädigend ist, erscheint eine eingehende Prüfung der Auswirkungen dieser Vereinbarung auf die betroffenen Märkte nicht notwendig. Es genügt, wenn die Behörde überprüft, ob der relevante Markt/die relevanten Märkte und die betreffende Vereinbarung keine besonderen Merkmale aufweisen, die darauf hindeuten könnten, dass der vorliegende Fall eine Ausnahme von der erfahrungsbasierten Regel darstellen könnte. So selten dies auch sein mag, lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass eine Vereinbarung tatsächlich solche Merkmale aufweist, solange nicht der Kontext der praktischen Wirklichkeit, in dem die Vereinbarung steht, berücksichtigt wird. Wenn beispielsweise ein Wettbewerb auf einem bestimmten Markt nicht möglich ist und es keinen Wettbewerb gibt, dann gibt es keinen Wettbewerb, der beschränkt werden könnte.

49.      Der zweite Schritt ist somit eine grundlegende Realitätsprüfung. Sie verpflichtet die Wettbewerbsbehörde lediglich, auf einer eher allgemeinen Ebene zu prüfen, ob rechtliche oder tatsächliche Umstände vorliegen, die eine Wettbewerbsbeschränkung durch die betreffende Vereinbarung oder Praxis ausschließen. Es gibt keine standardisierte Prüfung und kein feststehendes Niveau an Intensität und Sorgfalt, die eine Behörde bei der Durchführung dieser Prüfung anwenden muss. Die Komplexität der Prüfung, die die Behörde zur Feststellung einer „bezweckten“ Wettbewerbswidrigkeit einer Vereinbarung vornehmen muss, hängt von allen relevanten Umständen des Einzelfalls ab. Es ist unmöglich (oder zumindest mir nicht möglich), abstrakt eine klare Linie zwischen (dem zweiten Schritt) einer Zweckprüfung und einer Wirkungsprüfung zu ziehen.

50.      Der Unterschied zwischen beiden ist somit, wie bereits angedeutet, mehr gradueller als grundlegender Art. Klar ist jedoch, dass, wenn die Aspekte, die die Behörde bei der Betrachtung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts einer mutmaßlich eine „bezweckte“ Beschränkung darstellenden Vereinbarung in Betracht zieht, in verschiedene Richtungen weisen, eine Prüfung ihrer Wirkungen notwendig wird. In diesem Fall muss – wie in jedem Fall, in dem nicht von einer bezweckten Wettbewerbswidrigkeit einer Vereinbarung ausgegangen wird – nach Art. 101 Abs. 1 AEUV eine vollständige Wirkungsprüfung durchgeführt werden. Ziel dieser Prüfung ist, die möglichen Auswirkungen der Vereinbarung auf den Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu ermitteln. Im Wesentlichen muss die Behörde einen Vergleich der auf dem Markt durch die zu prüfende Vereinbarung eingetretenen Wettbewerbsstruktur mit derjenigen vornehmen, die ohne diese bestehen würde(30). Die Prüfung kann daher nicht bei der bloßen Möglichkeit, dass die Vereinbarung negative Auswirkungen auf den Wettbewerb auf dem relevanten Markt haben könnte, aufhören(31), sondern muss klären, ob die Nettowirkungen der Vereinbarungen auf den Markt positiv oder negativ sind.

51.      Wenn, bildlich zugespitzt, es wie ein Fisch aussieht und wie ein Fisch riecht, kann man davon ausgehen, dass es ein Fisch ist. Sofern dieser konkrete Fisch nicht auf den ersten Blick etwas ganz Seltsames an sich hat, wie etwa, dass er keine Flossen hat, in der Luft schwebt oder wie eine Lilie riecht, dann ist kein eingehendes Sezieren dieses Fisches notwendig, um ihn als solchen zu qualifizieren. Wenn der betreffende Fisch jedoch etwas Ungewöhnliches an sich hat, kann er gleichwohl als Fisch eingestuft werden, jedoch erst nachdem das betreffende Wesen eingehend untersucht worden ist.

2.      Die MIFVereinbarung als bezweckte Beschränkung?

52.      Die Wettbewerbsbehörde, unterstützt von der ungarischen Regierung und der Kommission, hält die MIF‑Vereinbarung für ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig, während die Kläger des Ausgangsverfahrens dem widersprechen.

53.      Wie oben in Nr. 9 erwähnt, wurde mit der MIF‑Vereinbarung im Wesentlichen eine einheitliche Höhe für das Interbankenentgelt eingeführt, also die Gebühr, die die Acquirer an die Issuing-Banken zahlen, wenn eine Kreditkartentransaktion stattfindet. Eine solche Vereinbarung ist daher, wie das vorlegende Gericht zu Recht feststellt, weder eine typische horizontale Preisfestsetzungsvereinbarung noch, wie ich hinzufügen möchte, ohne Weiteres als vertikale Preisbindungsvereinbarung zu qualifizieren. Die MIF‑Vereinbarung legt keine Verkaufs- und Einkaufspreise für Endkunden fest, sondern „standardisiert“ lediglich einen Aspekt der Kostenstruktur einiger Dienstleistungen, die bei der Verwendung von Kreditkarten als Zahlungsmittel anfallen.

54.      Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass die Beteiligten, die sich für die Annahme einer „bezweckten“ Beschränkung aussprechen, insbesondere auf folgende Punkte eingehen. Als Vorfrage hätte die mutmaßlich als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung anzusehende Verhaltensweise eindeutig bezeichnet und ihre wesentlichen Aspekte (die verantwortlichen Parteien, die betroffenen Märkte, die Art der betreffenden Verhaltensweise und der relevante Zeitraum) erläutert werden sollen (a). Sodann hätte die MIF‑Vereinbarung anhand des folgenden Prüfungsrahmens beurteilt werden sollen: erstens durch Vorlage belastbarer und solider Erfahrungswerte dafür, dass diese Verhaltensweise ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig ist (b), und zweitens durch die Darlegung, dass der rechtliche und wirtschaftliche Kontext der Vereinbarung deren vermuteter Wettbewerbswidrigkeit nicht entgegensteht (c).

55.      Im Folgenden werde ich auf jeden dieser Punkte kurz eingehen und dabei die dem Gerichtshof im Laufe des vorliegenden Verfahrens zur Kenntnis gebrachten Aspekte einbeziehen, wobei ich erneut betone, dass es nicht Aufgabe des Gerichtshofs ist, eine mittelbare gerichtliche Überprüfung einer nationalen Verwaltungsentscheidung vorzunehmen. Es ist somit Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Wettbewerbsbehörde der ihr obliegenden Beweislast im angefochtenen Bescheid genügt hat.

a)      Wurde die mutmaßliche Zuwiderhandlung eindeutig bezeichnet und erläutert?

56.      Die Schlussfolgerung, dass eine bestimmte Praxis eine bezweckte Beschränkung darstellt, kann nur gerechtfertigt sein, wenn die behauptete offensichtliche Zuwiderhandlung klar definiert ist. Die insoweit in der vorliegenden Rechtssache bestehende Unbestimmtheit, die sich bereits in den schriftlichen Erklärungen zeigte, verstärkte sich noch in der mündlichen Verhandlung, in der jeder der Beteiligten, die sich für die Annahme einer „bezweckten“ Beschränkung aussprachen, offenbar von einem etwas anderen Sachverhalt ausging. Soweit sie insbesondere gebeten wurden, eindeutig zu benennen, welche Art der Wettbewerbsschädigung sich aus Vereinbarungen wie der MIF‑Vereinbarung wahrscheinlich ergebe, „sprang“ ihr Vortrag von einem Markt zum anderen und von einer Art der Schädigung zur anderen und ließ es an der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit fehlen.

57.      Mindestens drei Märkte, auf die sich die mutmaßliche Zuwiderhandlung ausgewirkt haben könnte, wurden genannt: der Markt für Interbankdienstleistungen im Zusammenhang mit kreditkartengebundenen Transaktionen (die von der MIF‑Vereinbarung unmittelbar betroffen waren); der (teilweise nachgelagerte) Markt für Dienstleistungen, die Händlern in Bezug auf kreditkartengebundene Transaktionen erbracht werden (der offenbar in erster Linie Gegenstand der Bedenken der Wettbewerbsbehörde war); und der (tatsächlich vorgelagerte) Markt für Kreditkartenanbieter (auf den sich die Kommission sehr konzentriert hat). Diese drei Märkte sind eindeutig miteinander verflochten, und ihr Zusammenspiel kann nicht außer Betracht gelassen werden(32).

58.      Was den ersten Markt angeht, wurde mit der MIF‑Vereinbarung in der Tat ein Aspekt der Preisfestsetzung eingeführt. Die von der Wettbewerbsbehörde und der Kommission festgestellten schädigenden Auswirkungen auf den Wettbewerb treten jedoch nicht auf diesem Markt auf. Vielmehr weisen die Wettbewerbsbehörde und die Kommission auf schädigende Auswirkungen auf den beiden anderen Märkten hin.

59.      Beginnend mit dem Markt für Dienstleistungen an Händler im Zusammenhang mit kreditkartengebundenen Transaktionen sind die Wettbewerbsbehörde und die Kommission der Ansicht, dass das Interbankenentgelt in der Praxis als empfohlener Mindestpreis gewirkt habe. Es sei nämlich unwahrscheinlich, dass Acquirer Händlern ein Händlerentgelt (merchant service charge, MSC) in einer Höhe in Rechnung stellen würden, die unter dem an die Issuing-Bank gezahlten Interbankenentgelt liege, da dies unwirtschaftlich wäre. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein gewisses Maß an Beschränkung des Wettbewerbs in der Tat plausibel: Der Anreiz für Banken, durch eine Senkung des Händlerentgelts um Händler zu konkurrieren, könnte in der Praxis durch das vereinbarte mehrseitige Interbankenentgelt (MIF) eingeschränkt sein. Ebenso kann, was den Markt für Kreditkartenanbieter betrifft und soweit die MIF‑Vereinbarung sowohl MasterCard als auch Visa betraf, nicht ausgeschlossen werden, dass sie möglicherweise einen Aspekt des Preiswettbewerbs zwischen diesen Unternehmen neutralisierte.

60.      Die Wechselwirkungen zwischen diesen Märkten sind jedoch meines Erachtens möglicherweise nicht hinreichend erläutert worden. Eine Zweckprüfung kann im Hinblick auf die Aufgabe der Wettbewerbsbehörde, den Nachweis für die Wettbewerbswidrigkeit einer bestimmten Verhaltensweise zu erbringen, förderlich sein, entbindet sie jedoch nicht von der Verpflichtung, eindeutig zu klären, welcher Art die mutmaßliche Schädigung ist. Vor allem beruhen die zu den Wechselwirkungen zwischen diesen Märkten vorgetragenen Ansichten offenbar auf einer Reihe von Annahmen, die von den Klägern des Ausgangsverfahrens zum Teil heftig bestritten werden. Es ist zweifellos möglich, dass die MIF‑Vereinbarung schädigende Auswirkungen haben könnte, sind diese Auswirkungen aber so leicht nachweisbar und so sehr wahrscheinlich, dass diese Vereinbarung als „bezweckte“ Beschränkung anzusehen ist?

61.      Es waren mehrere Akteure verschiedener Art auf mehreren miteinander verflochtenen Märkten tätig, und die Interaktion und Wechselwirkungen zwischen diesen Märkten sind offenbar nicht ohne Weiteres erkennbar. Zu dieser Gesamtkomplexität in Bezug auf das Wer, Was und Wo kommt der zeitliche Aspekt hinzu. Die MIF‑Vereinbarung bestand mehr als zwölf Jahre. Es ist meines Erachtens zweifelhaft, dass die relevanten Märkte in Ungarn in diesem Zeitraum im Wesentlichen unverändert blieben. Schließlich kann davon ausgegangen werden (und die Anzahl der teilnehmenden Banken könnte als indirekter Hinweis auf diese Entwicklung betrachtet werden), dass sich der Markt für Kreditkartendienstleistungen in Ungarn und anderen europäischen Ländern zwischen 1996 und 2008 erheblich verändert hat. Dementsprechend kann das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt nützlich oder sogar notwendig gewesen sein mag, um das wettbewerbsfördernde Ziel der effektiven Errichtung eines Marktes zu verfolgen, entfallen sein, wenn sich die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt erheblich verändert haben. Aus dieser Annahme könnte sich, wenn sie zutrifft, ergeben, dass es unmöglich ist, den gesamten Zeitraum in genau dem gleichen Licht und mit der gleichen Klarheit zu betrachten, um beurteilen zu können, ob eine bezweckte Beschränkung des Wettbewerbs vorlag.

62.      Zusammenfassend wird mit dieser erhöhten Komplexität aufgrund der Anzahl der auf mehreren Märkten über einen längeren Zeitraum tätigen Akteure eine höhere Klarheit und Bestimmtheit bei der Definition erforderlich, insbesondere dann, wenn eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angenommen wird: Wer hätte auf welchem Markt/welchen Märkten was genau und mit welchen Folgen tun sollen? Ferner wird es, je mehr Variablen in die Gleichung im Sinne einer strukturellen Komplexität einbezogen werden, allgemein umso unwahrscheinlicher, dass auf eine eindeutige bezweckte Beschränkung geschlossen werden könnte.

b)      Liegen belastbare und solide Erfahrungswerte zu Vereinbarungen der fraglichen Art vor?

63.      Sodann hätte meines Erachtens insbesondere angesichts der Komplexität des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts von den Beteiligten, die sich für die Annahme einer bezweckten Beschränkung ausgesprochen haben, erwartet werden können, dass sie belastbare und solide Erfahrungswerte dafür vortragen, dass Vereinbarungen wie die MIF‑Vereinbarung allgemein als ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig angesehen werden. Gibt es eine relativ weit verbreitete und einheitliche Praxis der europäischen Wettbewerbsbehörden und/oder der Gerichte der Mitgliedstaaten, die die Ansicht stützt, dass Vereinbarungen der in Rede stehenden Art allgemein wettbewerbsschädigend sind?

64.      Auf die in der mündlichen Verhandlung an sie gerichtete Frage hin hat die Wettbewerbsbehörde erklärt, dass sie sich im Wesentlichen (ausschließlich) auf die Praxis der Kommission stütze. Die Kommission wiederum hat erklärt, dass sich aus den Urteilen der Unionsgerichte in der Rechtssache MasterCard ergebe, dass Vereinbarungen wie die MIF‑Vereinbarung ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig seien(33).

65.      Meines Erachtens ist fraglich, ob darin solide und belastbare Erfahrungswerte zu sehen sind, die für die Feststellung erforderlich sind, dass eine bestimmte Form von Verhaltensweisen eindeutig und allgemein wettbewerbswidrig ist.

66.      Was die Praxis der Kommission angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission 2002 für bestimmte Vereinbarungen, mit denen mehrseitige Interbankenentgelte (MIF) eingeführt wurden, Freistellungen nach dem (jetzigen) Art. 101 Abs. 3 AEUV erteilt hat(34). Ihrer Ansicht nach waren diese Vereinbarungen bewirkte (und nicht bezweckte) Beschränkungen, trugen jedoch zum technischen und wirtschaftlichen Fortschritt in Form eines großen internationalen Bezahlsystems mit positiven externen Netzwirkungen bei. In ihrer Entscheidung vom 19. Dezember 2007 stellte die Kommission fest, dass bestimmte Beschlüsse, mit denen ein mehrseitiges „Standard‑Interbankenentgelt“ festgelegt worden sei, eine bewirkte Beschränkung darstellten, ohne dazu Stellung zu nehmen, ob diese Vereinbarung auch bezweckt wettbewerbswidrig sei(35). Die Kommission war sodann am 22. Januar 2019 der Ansicht, dass bestimmte von MasterCard angewendete Regeln zum grenzüberschreitenden Acquiring, insbesondere im Hinblick auf das interregionale Interbankenentgelt, eine bezweckte Beschränkung darstellten(36). Darüber hinaus nahm die Kommission in den Entscheidungen von 2010, 2014 und 2019 sogar Verpflichtungszusagen der Kreditkartenunternehmen an, die Höhe bestimmter Arten von Interbankenentgelten zu begrenzen oder zu senken(37). Natürlich kommt es im Fall von Verpflichtungszusagen nicht zur förmlichen Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht.

67.      Die Praxis der Kommission dürfte daher meines Erachtens kaum als einheitlich bezeichnet werden können. Dies ist keine Kritik, sondern trägt vielmehr der Tatsache Rechnung, dass das eigene Verständnis der Kommission von dieser Kategorie von Vereinbarungen sich aufgrund der in eben diesen Rechtssachen gesammelten Erfahrung schrittweise weiterentwickelt haben dürfte. Schließlich steht fest, dass sich der Begriff „Erfahrung“ im Laufe der Zeit zwangsläufig im Licht der zunehmenden Erkenntnisse und Erfahrung der zuständigen Stellen der Verwaltung und der Justiz, der Schaffung fortschrittlicherer Untersuchungsinstrumente und der Entwicklung des wirtschaftlichen Denkens weiterentwickelt.

68.      Gleichwohl wäre ich – auch abgesehen von dem viel erörterten zeitlichen Aspekt(38) – vorsichtig, was die Schlussfolgerung angeht, dass eine Handvoll ähnliche Formen der Koordinierung betreffender Verwaltungsentscheidungen (insbesondere wenn sie von ein und derselben Behörde erlassen wurden und sich mit der Zeit weiterentwickelt haben) eine hinreichende Grundlage dafür sei, bei jeder vergleichbaren Vereinbarung von ihrer Rechtswidrigkeit auszugehen.

69.      Außerdem von Relevanz gewesen wäre, soweit verfügbar, sicherlich die Praxis anderer nationaler Wettbewerbsbehörden, die möglicherweise mit ähnlichen Vereinbarungen wie derjenigen befasst waren, die der Wettbewerbsbehörde zur Prüfung vorlag.

70.      Was die Rechtsprechung betrifft, ist ebenso zu prüfen, ob die Gerichte der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten(39), die mit dieser Kategorie von Vereinbarungen befasst gewesen sind, einen einheitlichen Ansatz auf diesem Gebiet verfolgt haben(40).

71.      Insoweit wurde die Gültigkeit der vorgenannten Entscheidung der Kommission von 2007 zunächst durch das Gericht und dann durch den Gerichtshof bestätigt(41). Worauf es hier maßgeblich ankommt, ist jedoch, ob diesen Urteilen zu entnehmen ist, dass die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, die die Kommission festgestellt hat, so offensichtlich war, dass sie ohne umfassende Wirkungsprüfung hätte nachgewiesen werden können. Mein Eindruck ist, dass angesichts der langen und detaillierten Begründung, die die Unionsgerichte dafür angeführt haben, die Klagen der Kläger abzuweisen, diese Urteile schwerlich dahin ausgelegt werden können, dass sie die eine oder die andere Ansicht stützen.

72.      Schließlich bin ich etwas überrascht, dass sich in den Stellungnahmen der Beteiligten, die sich für die Annahme einer „bezweckten“ Beschränkung aussprechen, keine Spur von Studien oder Berichten von unabhängigen Urhebern findet, die auf von der internationalen Wirtschaftsgemeinschaft anerkannten Methoden, Grundsätzen und Standards beruhen und ihre Ansicht stützen. Die Frage, ob ein hinreichender Konsens unter Ökonomen darüber besteht, dass Vereinbarungen wie die hier in Rede stehende ihrem Wesen nach wettbewerbswidrig sind, scheint mir nämlich von größter Bedeutung zu sein. Der Begriff der Wettbewerbsbeschränkung ist schließlich hauptsächlich ein ökonomischer Begriff.

73.      Im Ergebnis erscheinen die Erfahrungswerte, die vor dem Gerichtshof dafür angeführt worden sind, dass Vereinbarungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art ihrem Wesen nach wettbewerbsschädigend seien, eher schwach. Es wird jedoch Sache des vorlegenden Gerichts sein, diesen Punkt anhand der in der fraglichen Verwaltungsentscheidung angeführten Begründung und Belege im Einzelnen zu prüfen.

c)      Steht der rechtliche und wirtschaftliche Kontext der MIFVereinbarung ihrer mutmaßlichen Wettbewerbswidrigkeit entgegen?

74.      Sofern das vorlegende Gericht der Ansicht der Wettbewerbsbehörde folgen sollte, dass die MIF‑Vereinbarung in der Tat in eine Kategorie von Vereinbarungen fällt, die allgemein als wettbewerbswidrig angesehen werden, müsste der zweite Schritt seiner Prüfung darin bestehen, diese Vorfeststellung zu überprüfen, indem es sich dem rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext zuwendet, in dem die Vereinbarung angewendet wurde. Weisen die MIF‑Vereinbarung oder die betroffenen Märkte ein besonderes Merkmal auf, das Zweifel an ihren schädigenden Auswirkungen auf den Wettbewerb aufkommen lässt? Steht also der Annahme eines allgemein schädigenden Charakters einer solchen Vereinbarung im Kontext des Einzelfalls auf den ersten Blick vernünftigerweise etwas entgegen?

75.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind der Ansicht, dass die MIF‑Vereinbarung keinen wettbewerbswidrigen Zweck gehabt habe oder dass sie jedenfalls auch einige wettbewerbsfördernde Wirkungen gehabt habe.

76.      Erstens tragen diese Beteiligten einen anderen wirtschaftlichen Sinn und Zweck der MIF‑Vereinbarung vor: Die Standardisierung des Interbankenentgelts sei notwendig gewesen, um ein ordnungsgemäßes und reibungsloses Funktionieren des Systems zu gewährleisten, da das Kreditkartensystem in Ungarn bei Abschluss der MIF‑Vereinbarung noch unterentwickelt gewesen sei. Die Vereinbarung habe somit zur Errichtung und zum Ausbau des Kreditkartenmarkts in Ungarn beigetragen. Zweitens habe die MIF‑Vereinbarung auch dazu gedient, die zu einer Erhöhung des Interbankenentgelts neigende Markttendenz zu begrenzen. Dieser Umstand werde durch das Urteil des Gerichts in der Rechtssache MasterCard(42) sowie dadurch bestätigt, dass in vielen Rechtsordnungen (einschließlich Ungarn und der Europäischen Union(43)) der Gesetzgeber eingegriffen und die Höhe des Interbankenentgelts begrenzt habe.

77.      Meines Erachtens ist es nicht möglich, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens verbindlich dazu Stellung zu nehmen, ob dieses Vorbringen prima facie unplausibel ist oder nicht. Die in der Akte enthaltenen Angaben sind dafür einfach nicht ausreichend.

78.      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dieses Vorbringen daraufhin zu prüfen, ob es glaubhaft genug ist, um eine genauere Prüfung zu rechtfertigen. Sollte das vorlegende Gericht zu dem Schluss kommen, dass die MIF‑Vereinbarung vernünftigerweise wettbewerbsfördernde Wirkungen haben konnte und dass diese positiven Auswirkungen nicht eindeutig durch andere, tiefgreifendere, wettbewerbswidrige Auswirkungen aufgewogen werden, kann diese Vereinbarung nicht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden. In diesem Fall kann eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV erst nach einer Würdigung der Wirkungen der Vereinbarung festgestellt werden.

79.      Der Maßstab müsste also eine Gegenannahme sein, die nicht auf den ersten Blick unplausibel ist und im Kontext des Einzelfalls den gängigen Erkenntnissen entgegensteht. Dies beinhaltet zwei wesentliche Elemente: Erstens muss die Gegenannahme auf den ersten Blick plausibel genug erscheinen, um eine weitere Prüfung zu rechtfertigen. Zweitens indes muss sie vernünftig sein. Sie muss nicht vollständig festgestellt, dargelegt und nachgewiesen sein; dies ist eine Frage der vollständigen Wirkungsprüfung.

80.      Ergänzt sei insoweit, dass der Gerichtshof seit Langem anerkannt hat, dass Vereinbarungen, die ein „legitimes Ziel“ verfolgen, möglicherweise nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen(44). Dies bedeutet, dass Vereinbarungen, die sowohl wettbewerbsfördernde als auch wettbewerbswidrige Wirkungen haben, nur dann unter das Verbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, wenn Letztere überwiegen(45). Beispielsweise kann eine Einschränkung des Preiswettbewerbs zulässig sein, wenn sie der Stärkung des Wettbewerbs in Bezug auf andere Faktoren als den Preis dient(46). Allgemeiner können Vereinbarungen, die zwar die Handlungsfreiheit der Beteiligten beschränken, aber das Ziel verfolgen, beispielsweise einen Markt zu öffnen oder einen neuen Markt zu schaffen oder neuen Wettbewerbern Zugang zu einem Markt zu gewähren, wettbewerbsfördernd sein(47). Es ist ebenso ständige Rechtsprechung, dass unter bestimmten Voraussetzungen Beschränkungen, die unmittelbar mit der Durchführung einer selbst nicht wettbewerbswidrigen Hauptmaßnahme im Zusammenhang stehen und für diese notwendig sind, keine Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen(48).

81.      Demnach wird immer dann, wenn eine Vereinbarung offenbar gemischte Auswirkungen auf den Markt hat, eine Wirkungsprüfung erforderlich(49). Mit anderen Worten kann dann, wenn ein möglicher wettbewerbsfördernder wirtschaftlicher Sinn und Zweck einer Vereinbarung nicht ausgeschlossen werden kann, ohne die tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt zu betrachten, diese Vereinbarung nicht als „bezweckt“ wettbewerbswidrig eingestuft werden(50). Ich stimme daher mit der Kommission nicht überein, soweit sie der Ansicht ist, dass ein legitimer und wettbewerbsfördernder Zweck der MIF‑Vereinbarung erst im Rahmen von Art. 101 Abs. 3 AEUV für die mögliche Gewährung einer Befreiung in Betracht gezogen werden könne. Ohne zu der MIF‑Vereinbarung im Besonderen Stellung zu nehmen, ist im Allgemeinen eine Auslegung von Art. 101 AEUV dahin, dass eine Vereinbarung, die insgesamt wettbewerbsfördernd ist, grundsätzlich nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten ist, dann jedoch sofort nach Art. 101 Abs. 3 AEUV befreit werden kann, nicht völlig überzeugend.

82.      Im Licht der vorstehenden Ausführungen wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob die MIF‑Vereinbarung eine bezweckte Beschränkung darstellt. Hierzu muss das vorlegende Gericht zunächst den Inhalt und Zweck dieser Vereinbarung prüfen, um festzustellen, ob sie in eine Kategorie von Vereinbarungen fällt, die nach bisheriger Erfahrung allgemein als wettbewerbsschädigend angesehen wird. Wenn dies zu bejahen ist, sollte das vorlegende Gericht sodann prüfen, ob dieser Feststellung nicht Erwägungen des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in dem diese besondere Vereinbarung angewendet wurde, entgegenstehen. Insbesondere sollte das vorlegende Gericht prüfen, ob ein geltend gemachter anderer, mutmaßlich wettbewerbsfördernder Sinn und Zweck der MIF‑Vereinbarung prima facie plausibel ist, wobei auch der Zeitpunkt der Anwendung der Vereinbarung zu berücksichtigen ist.

C.      Vierte Frage

83.      Mit seiner vierten Frage, die als nächstes geprüft werden soll, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Wettbewerbsbehörde bei der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV ausdrücklich angeben muss, ob das Verhalten des Unternehmens als Vereinbarung oder als abgestimmte Verhaltensweise anzusehen ist.

84.      Ich stimme mit der Wettbewerbsbehörde, der ungarischen Regierung, der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde darin überein, dass diese Frage verneint werden sollte.

85.      Der Gerichtshof hat im Urteil Anic Partecipazioni klargestellt, dass die Begriffe „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ in Art. 101 Abs. 1 AEUV „Formen der Kollusion erfassen [sollen], die in ihrer Art übereinstimmen, und … sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden“. Diese Begriffe haben daher zwar teilweise unterschiedliche Merkmale, „sind aber untereinander nicht unvereinbar“. Der Gerichtshof erkannte ausdrücklich an, dass Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV oft „unterschiedliche Verhaltensformen [umfassen können, die] zwar unterschiedlichen, alle aber in derselben Vorschrift vorgesehenen und alle gleichermaßen ein Verbot auslösenden Tatbeständen entsprechen“. Ausgehend hiervon stellte der Gerichtshof fest, dass eine Wettbewerbsbehörde nicht verpflichtet ist, eine bestimmte Form von Verhaltensweise als Vereinbarung oder als abgestimmte Verhaltensweise zu subsumieren(51). Dieser Grundsatz wurde in der nachfolgenden Rechtsprechung durchgehend bestätigt(52).

86.      In den meisten Fällen wäre es nämlich unsinnig und unnötig, wenn eine Wettbewerbsbehörde versuchen würde, eine bestimmte Form von Verhalten entweder als Vereinbarung oder als abgestimmte Verhaltensweise einzustufen. In Wahrheit überlagern diese Begriffe sich nämlich in gewissem Umfang, so dass häufig schwer zu sagen ist, wo eine Vereinbarung endet und eine abgestimmte Verhaltensweise anfängt. Ferner zeigt die Erfahrung, dass Zuwiderhandlungen sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln können. Sie können in der einen Form beginnen und nach und nach die Eigenschaften einer anderen annehmen(53).

87.      Daher hat der Gerichtshof auch darauf hingewiesen, dass die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV durchzuführende rechtliche Prüfung unabhängig davon die gleiche bleibt, ob ein Verhalten rechtlich als „abgestimmte Verhaltensweise“, „Vereinbarung“ oder „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ eingestuft wird(54). Im Kontext der vorliegenden Rechtssache mag der Hinweis darauf sinnvoll sein, dass nicht nur eine Vereinbarung, sondern auch eine abgestimmte Verhaltensweise als bezweckt wettbewerbswidrig eingestuft werden kann(55).

88.      Das bedeutet natürlich nicht, dass die Wettbewerbsbehörde nicht verpflichtet wäre, hinreichend nachzuweisen, dass das Verhalten, das mutmaßlich eine wettbewerbswidrige „Vereinbarung und/oder abgestimmte Verhaltensweise“ darstellt, die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt(56).

89.      Natürlich haben die Unternehmen, denen eine Beteiligung an der Zuwiderhandlung zur Last gelegt wird, die Möglichkeit, für jede Form von Verhalten die von der Wettbewerbsbehörde vorgenommene(n) Einstufung(en) zu bestreiten, indem sie behaupten, dass die Behörde die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Form der mutmaßlichen Zuwiderhandlung nicht hinreichend nachgewiesen habe(57).

90.      Im Licht der vorstehenden Ausführungen ist eine Wettbewerbsbehörde meines Erachtens bei der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht verpflichtet, eine bestimmte Verhaltensweise als Vereinbarung oder als abgestimmte Verhaltensweise einzustufen, sofern sie die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Form der mutmaßlichen Zuwiderhandlung hinreichend nachweist.

D.      Dritte Frage

91.      Mit seiner dritten Frage, die ich zuletzt prüfe, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob in einem Sachverhalt wie demjenigen des Ausgangsverfahrens, in dem die Kreditkartenunternehmen nicht unmittelbar an der Ausarbeitung des Inhalts der Vereinbarung beteiligt waren, deren Abschluss jedoch erleichtert und die Vereinbarung akzeptiert und angewandt haben, im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV davon auszugehen ist, dass sie Parteien dieser Vereinbarung sind oder dass sie an einer abgestimmten Verhaltensweise teilgenommen haben.

92.      Wie im vorigen Abschnitt der vorliegenden Schlussanträge erläutert, ist eine Wettbewerbsbehörde im Allgemeinen nicht verpflichtet, bei der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV ein Verhalten als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise einzustufen.

93.      In der vorliegenden Rechtssache wäre es daher ausreichend, wenn die Form der Kollusion oder Koordinierung, die zwischen den Kreditkartenunternehmen und den Banken, die Parteien der MIF‑Vereinbarung waren, die Schwelle erreicht, ab der sie als „abgestimmte Verhaltensweise“ anzusehen ist, damit die Kreditkartenunternehmen für die von der Wettbewerbsbehörde beanstandete Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können.

94.      Zwei weitere Fragen wurden von den Beteiligten im Verfahren vor dem Gerichtshof angesprochen und verdienen eine weitere Erörterung.

95.      Erstens, folgt daraus, dass die Kreditkartenunternehmen auf einem anderen Markt tätig sind als demjenigen, auf dem die betreffende Vereinbarung angewandt wurde, dass diese Unternehmen nicht für die mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verantwortlich gemacht werden können?

96.      Diese Frage ist eindeutig zu verneinen. Art. 101 AEUV geht von dem Grundsatz aus, dass Unternehmen über ihre Politik am Markt unabhängig entscheiden müssen, ohne in irgendeine Form einer unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zu treten, die ihre Handlungsfreiheit in unangemessener Weise einschränken könnte(58). Dementsprechend ist Art. 101 Abs. 1 AEUV in seinem Geltungsbereich, wie oben in Nr. 23 erwähnt, recht weit, um alle Formen der Kollusion oder Koordinierung zu erfassen, die zu diesem Ergebnis führen könnten.

97.      Der Begriff einer „Vereinbarung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV beschränkt sich nicht auf so genannte „horizontale Vereinbarungen“ zwischen Unternehmen, die auf demselben Markt (und damit in tatsächlichem oder potenziellem Wettbewerb miteinander) tätig sind. In der Rechtsprechung der Unionsgerichte finden sich viele Beispiele, in denen festgestellt wurde, dass Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die in verschiedenen Phasen der Produktionskette oder auf benachbarten Märkten tätig sind, gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen(59). Dies muss in gleicher Weise auch für abgestimmte Verhaltensweisen gelten(60).

98.      Diese Grundsätze wurden in dem Urteil des Gerichtshofs aus jüngerer Zeit AC‑Treuhand(61), auf das die Beteiligten in ihren Stellungnahmen vielfach verwiesen haben, sehr eindeutig bestätigt und in gewissem Umfang weiterentwickelt. In jenem Urteil betonte der Gerichtshof, dass weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck von Art. 101 Abs. 1 AEUV zu entnehmen ist, dass sein Geltungsbereich sich auf Formen der Kollusion beschränkt, die „eine wechselseitige Beschränkung der Handlungsfreiheit auf ein und demselben Markt, auf dem alle Parteien vertreten wären“, voraussetzen(62). Der Gerichtshof betonte weiter, dass seine Rechtsprechung die Tragweite dieser Bestimmung zu keinem Zeitpunkt auf Unternehmen beschränkt habe, die auf dem betroffenen Markt oder auf vorgelagerten, nachgelagerten oder benachbarten Märkten tätig sind(63). Die Beteiligung eines Unternehmens an einer Vereinbarung oder an einer abgestimmten Verhaltensweise kann unabhängig davon eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellen, welche Art von wirtschaftlichen Tätigkeiten diese Unternehmen erbringen und/oder auf welchen Märkten sie tätig sind, solange sie zur Beschränkung des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt beiträgt(64).

99.      Das Urteil AC‑Treuhand betraf ein Beratungsunternehmen, das durch die Erbringung von Dienstleistungen administrativer Natur Beihilfe zu einem Kartell leistete(65). Der Gerichtshof stellte fest, dass der eigentliche Zweck der von diesem Unternehmen aufgrund von Dienstleistungsverträgen mit den Kartellbeteiligten erbrachten Dienstleistungen in der Verwirklichung der in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Ziele bestand. Dieses Unternehmen leistete damit einen aktiven Beitrag zur Durchführung und zum Betrieb eines Kartells und war sich dabei der Rechtswidrigkeit dieses Handelns voll bewusst(66).

100. Die von den Beteiligten ausführlich erörterte Frage, ob die Situation der Kreditkartenunternehmen die im Urteil AC‑Treuhand genannten Voraussetzungen für die Verantwortlichkeit eines „Gehilfen“ nach Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllen könnte, hat im Rahmen der vorliegenden Rechtssache Züge eines Ablenkungsmanövers. Der Grund hierfür ist einfach. Im sachlichen und rechtlichen Kontext der vorliegenden Rechtssache befanden sich die Kreditkartenunternehmen nicht in einer mit dem Sachverhalt der Rechtssache AC‑Treuhand vergleichbaren Situation, nämlich der eines bloßen „Gehilfen“. Auf der Grundlage des vom vorlegenden Gericht mitgeteilten Sachverhalts dürfte ihre Rolle darüber weit hinausgehen.

101. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts haben die Kreditkartenunternehmen mehr getan, als die Vereinbarung lediglich zu „erleichtern“. Sie ermutigten die Banken dazu, eine Vereinbarung zu erzielen, und, auch wenn sie bei den Verhandlungen nicht selbst anwesend waren, wurden ihre Interessen in diesen Verhandlungen von einer Bank vertreten (Kereskedelmi és Hitelbank Zrt.). Darüber hinaus übernahmen die Kreditkartenunternehmen die Vereinbarung in ihre Geschäftsordnungen, wurden über den Abschluss der Vereinbarung informiert und wendeten sie entsprechend an, auch gegenüber den Banken, die sich dem Netzwerk später anschlossen.

102. Außerdem hatten die Kreditkartenunternehmen anders als im Fall des Unternehmens AC‑Treuhand ein direkteres und unmittelbares Interesse an der erfolgreichen Umsetzung der Vereinbarung. Sie waren nämlich nicht lediglich Dienstleister, die von den Banken mit der Erfüllung bestimmter spezifischer Aufgaben beauftragt wurden. MasterCard und Visa waren Lieferanten der Kreditkarten, deren Verwendung Gegenstand der MIF‑Vereinbarung war. Die Kreditkartenunternehmen waren somit nicht auf einem Markt tätig, der mit dem von der MIF‑Vereinbarung betroffenen Markt nicht verbunden war, sondern auf einem unmittelbar betroffenen vorgelagerten Markt. Die Tatsache, dass sie offenbar keinen unmittelbaren Anteil an dem mehrseitigen Interbankenentgelt (MIF) erhielten, schmälert nicht ihr Interesse an der erfolgreichen Umsetzung der MIF‑Vereinbarung.

103. Der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache ist daher meines Erachtens eindeutig eine eher „herkömmliche“ vertikale Fallgestaltung: Es ist seit Langem geklärt, dass Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die in verschiedenen Phasen der Produktionskette tätig sind, gegen Art. 101 AEUV verstoßen können(67).

104. Eine zweite und letzte Fragestellung, die sich aus der vorgelegten Frage ergibt, betrifft die Umstände, unter denen in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fall die Kreditkartenunternehmen neben den Banken, die an der MIF‑Vereinbarung beteiligt waren, für die gesamte Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können.

105. Die Antwort auf diese Fragestellung ergibt sich ebenfalls aus der ständigen Rechtsprechung. Eine Behörde kann nur dann die Feststellung treffen, dass ein Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt und für sämtliche mit der Zuwiderhandlung verbundenen einzelnen Aspekte verantwortlich war, wenn sie nachweisen kann, dass das betreffende Unternehmen durch sein Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte sowie bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen(68).

106. Das vorlegende Gericht weist in seinem Vorabentscheidungsersuchen darauf hin, dass die Kreditkartenunternehmen an der Ausformulierung der MIF‑Vereinbarung oder der Festsetzung der Höhe des Interbankenentgelts nicht beteiligt gewesen seien. Das vorlegende Gericht ist jedoch, wie oben in Nr. 101 erwähnt, der Ansicht, dass diese Unternehmen zu ihrem Abschluss ermutigt, diesen erleichtert und die Vereinbarung akzeptiert und angewandt hätten.

107. Sollte dies vorliegend tatsächlich der Fall sein, was das vorlegende Gericht feststellen muss, würde ich ohne größeres Zögern zu dem Schluss kommen, dass die Kreditkartenunternehmen angesichts ihrer Rolle und ihrer Stellung gegenüber den Banken, die Parteien der MIF‑Vereinbarung waren, in der Tat an der mutmaßlichen Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV beteiligt waren. Nach ständiger Rechtsprechung ist weder die Tatsache, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt hat oder dass es nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens relevant(69).

108. Demnach schlage ich dem Gerichtshof vor, die dritte Frage dahin zu beantworten, dass in einem Sachverhalt wie demjenigen des Ausgangsverfahrens, in dem die Kreditkartenunternehmen an der Ausarbeitung des Inhalts einer Vereinbarung nicht unmittelbar beteiligt waren, die mutmaßlich gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt, sondern ihren Abschuss erleichtert und sie akzeptiert und angewandt haben, was vom vorlegenden Gericht festzustellen ist, diese Unternehmen für diese Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können.

V.      Ergebnis

109. Ich schlage dem Gerichtshof vor, die von der Kúria (Oberster Gerichtshof, Ungarn) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

–        Ein und dieselbe Verhaltensweise eines Unternehmens kann sowohl aufgrund ihres den Wettbewerb im Binnenmarkt beschränkenden Zwecks als auch ihrer den Wettbewerb im Binnenmarkt beschränkenden Wirkung als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen werden.

–        Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, ob die MIF‑Vereinbarung eine bezweckte Beschränkung darstellt. Hierzu muss das vorlegende Gericht zunächst den Inhalt und Zweck dieser Vereinbarung prüfen, um festzustellen, ob sie in eine Kategorie von Vereinbarungen fällt, die im Licht der bisherigen Erfahrung allgemein als wettbewerbsschädigend angesehen wird. Wenn dies zu bejahen ist, sollte das vorlegende Gericht sodann prüfen, ob dieser Feststellung nicht Erwägungen des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in dem diese besondere Vereinbarung angewendet wurde, entgegenstehen. Insbesondere sollte das vorlegende Gericht prüfen, ob ein geltend gemachter anderer, mutmaßlich wettbewerbsfördernder Sinn und Zweck der MIF‑Vereinbarung prima facie plausibel ist, wobei auch der Zeitpunkt der Anwendung der Vereinbarung zu berücksichtigen ist.

–        Eine Wettbewerbsbehörde ist bei der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht verpflichtet, eine bestimmte Verhaltensweise als Vereinbarung oder als abgestimmte Verhaltensweise einzustufen, sofern sie die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Form der mutmaßlichen Zuwiderhandlung hinreichend nachweist.

–        In einem Sachverhalt wie demjenigen des Ausgangsverfahrens, in dem die Kreditkartenunternehmen an der Ausarbeitung des Inhalts einer Vereinbarung nicht unmittelbar beteiligt waren, die mutmaßlich gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt, sondern ihren Abschuss erleichtert und sie akzeptiert und angewandt haben, was vom vorlegenden Gericht festzustellen ist, können diese Unternehmen für diese Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Vgl. z. B. Baumbach, A., und Hefermehl, W., Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 8. Aufl., C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München-Berlin, 1960, S. 1500; Focsaneanu, L., „Pour objet ou pour effet“, Revue du Marché Commun, 1966, S. 862 bis 870; und Van Gerven, W., Principes du Droit des Ententes de la Communauté Économique Européenne, Bruylant, Brüssel, 1966, S. 67 bis 70.


3      Vgl. z. B. Whish, R., Competition Law, 5. Aufl., LexisNexis, London, 2003, S. 110 und 111.


4      Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204) (im Folgenden: Urteil CB).


5      Urteil vom 26. November 2015, Maxima Latvija (C‑345/14, EU:C:2015:784) (im Folgenden: Urteil Maxima Latvija).


6      Urteil vom 30. Juni 1966, LTM (56/65, EU:C:1966:38, S. 249). Hervorhebung nur hier.


7      Urteil CB (Rn. 50 und 51).


8      Urteil Maxima Latvija (Rn. 19).


9      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 30).


10      Vgl. ähnlich Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, EU:C:2009:110, Nr. 43).


11      Eine Wettbewerbsbehörde mag bisweilen auch dahin stehen lassen, ob eine Vereinbarung einen beschränkenden Zweck hat, weil sie festgestellt hat, dass die Vereinbarung eine wettbewerbswidrige Wirkung hat; vgl. mit weiteren Nachweisen Bailey, D., und John, L. E. (Hrsg.), Bellamy & Child – European Union Law of Competition, 8. Aufl., Oxford University Press, Oxford, S. 164.


12      Vgl. Urteil vom 9. Juli 2015, InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.


13      Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1). Hervorhebung nur hier.


14      Vgl. Urteil Maxima Latvija (Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.


15      Urteil vom 15. Juli 1994, Matra Hachette/Kommission (T‑17/93, EU:T:1994:89, Rn. 85).


16      Urteil vom 20. November 2008 (C‑209/07, EU:C:2008:643).


17      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a. (C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 29).


18      Vgl. in diesem Sinne Urteile CB (Rn. 58) und Maxima Latvija (Rn. 18).


19      Urteil CB (Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 56) und Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 22. Dezember 2016,  Ski Taxi SA u. a. (E‑3/16, Slg. 2016, 1002, Rn. 61).


22      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 79).


23      Vgl. Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission (C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 156 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Vgl. u. a. Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a. (C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 36 und 37), und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission (C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 117 und 118).


25      Vgl. mit einer eingehenden Erörterung Ibáñez Colomo, P., und Lamadrid, A., „On the Notion of Restriction of Competition: What We Know and What We Don’t Know We Know“, in Gerard, D., Merola, M., und Meyring, B. (Hrsg.), The Notion of Restriction of Competition: Revisiting the Foundations of Antitrust Enforcement in Europe, Bruylant, Brüssel, 2017, S. 336 bis 339.


26      Vgl., unter vielen, Urteile vom 30. Juni 1966, LTM (56/65, EU:C:1966:38, S. 250), und vom 15. Dezember 1994, DLG (C‑250/92, EU:C:1994:413, Rn. 32).


27      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden‑Industrie-Michelin/Kommission (322/81, EU:C:1983:313, Rn. 57), vom 6. Oktober 2015, Post Danmark (C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 29), und vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 138 bis 147).


28      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 1988, Erauw-Jacquery (27/87, EU:C:1988:183, Rn. 8 bis 20), vom 22. Juni 1994, IHT Internationale Heiztechnik und Danzinger (C‑9/93, EU:C:1994:261, Rn. 59), und vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 136 und 143).


29      Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 29). Hervorhebung nur hier.


30      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge von Generalanwalt Mengozzi in der Rechtssache MasterCard u. a./Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:42, Nr. 52).


31      Vgl. Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 31).


32      Vgl. ähnlich Urteil CB (Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).


33      Urteile vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:2201), und vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission (T‑111/08, EU:T:2012:260).


34      Entscheidung der Kommission vom 24. Juli 2002 (Sache COMP/29.373 – Visa International – Multilateral Interchange Fee).


35      Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 2007 (Sachen COMP/34.579 – MasterCard, COMP/36.518 – EuroCommerce, COMP/38.580 – Commercial Cards). Klargestellt sei, dass ein „Standard‑Interbankenentgelt“ das Interbankenentgelt ist, das standardmäßig gilt, wenn es keine bilaterale Vereinbarung zwischen dem Acquirer und der Issuing-Bank oder kein auf nationaler Ebene kollektiv festgelegtes Interbankenentgelt gibt.


36      Beschluss der Kommission vom 22. Januar 2019 (Sache COMP/AT.40049 – MasterCard II).


37      Vgl. Beschlüsse der Kommission vom 8. Dezember 2010 (Sache COMP/39.398 – Visa MIF), vom 26. Februar 2014 (Sache COMP/39398 – Visa MIF) und vom 29. April 2019 (Sache COMP/AT.39398 – Visa MIF).


38      Und somit abgesehen von dem Vorbringen der Kläger des Ausgangsverfahrens zu einem angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit dadurch, dass die Wettbewerbswidrigkeit einer Vereinbarung wie der MIF‑Vereinbarung im Jahr 2008 keineswegs offensichtlich gewesen sei.


39      Oder möglicherweise auch Behörden oder Gerichte außerhalb der Europäischen Union, die ähnliche Wettbewerbsregeln anwenden.


40      Zur Klarstellung möchte ich betonen, dass es sich bei dem, was hier mit „horizontaler“ Ebene des Erkenntnisaustausches gemeint ist (bei dem eine nationale Wettbewerbsbehörde die Entscheidungen anderer nationaler Wettbewerbsbehörden oder Gerichte anderer Mitgliedstaaten berücksichtigt), sicherlich nicht um eine Verpflichtung im Sinne des Urteils CILFIT handelt, die im Rahmen von Art. 267 Abs. 3 AEUV den letztinstanzlichen Gerichten zumindest nominell obliegt (vgl. Urteil vom 6. Oktober 1982, Cilfit u. a., 283/81, EU:C:1982:335, Rn. 16). Was hier gemeint ist, sind vielmehr die möglichen Erkenntnisquellen, die die Annahme stützen können, dass eine bestimmte Art von Vereinbarung eindeutig eine bezweckte Beschränkung darstellt.


41      Siehe oben, Fn. 33.


42      Vgl. auch Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission (T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 137).


43      Vgl. Art. 141 des Gesetzes Nr. CXLIII von 2013, mit dem bestimmte Gesetze im Zusammenhang mit dem Gesetz über die ungarische Nationalbank geändert und Änderungen für andere Zwecke erlassen werden bzw. Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. 2015, L 123, S. 1).


44      Vgl. z. B. Urteile vom 13. Oktober 2011, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique (C‑439/09, EU:C:2011:649, Rn. 40), und CB (Rn. 75).


45      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 46 bis 63).


46      Vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique (C‑439/09, EU:C:2011:649, Rn. 40).


47      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Beef Industry Development Society und Barry Brothers (C‑209/07, EU:C:2008:467, Nr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).


48      In diesem Sinne vgl. z. B. Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission (2/84, EU:C:1985:327, Rn. 19 und 20), vom 28. Januar 1986, Pronuptia de Paris (161/84, EU:C:1986:41, Rn. 15 bis 17), und vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission (C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 89).


49      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:1958, Nr. 56).


50      Vgl. in diesem Sinne Urteile CB (Rn. 80 bis 87) und Maxima Latvija (Rn. 22 bis 24).


51      Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 131 bis 133).


52      Vgl. z. B. Urteile vom 9. Dezember 2014, SP/Kommission (T‑472/09 und T‑55/10, EU:T:2014:1040, Rn. 159), und vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission (T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 419).


53      Vgl. z. B. Faull, J., und Nikpay, A. (Hrsg.), The EU Law of Competition, 3. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2014, S. 225 und 226.


54      Urteil vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 32).


55      Vgl. z. B. Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, EU:C:2009:343, insbesondere Rn. 24 und 28 bis 30).


56      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 134 und 135).


57      Ebd., Rn. 136.


58      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission (C‑199/92 P, EU:C:1999:358, Rn. 159 und die dort angeführte Rechtsprechung).


59      Vgl. z. B. Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, EU:C:1966:41). Aus jüngerer Zeit vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique (C‑439/09, EU:C:2011:649).


60      Siehe oben, Nr. 85 der vorliegenden Schlussanträge.


61      Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission (C‑194/14 P, EU:C:2015:717).


62      Ebd., Rn. 33.


63      Ebd., Rn. 34.


64      Ebd., Rn. 35.


65      Für eine solche Fallgestaltung wird häufig der Begriff „Kartellgehilfe“ verwendet.


66      Ebd., Rn. 37 bis 39.


67      Siehe oben, Nr. 97 der vorliegenden Schlussanträge.


68      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 86 und 87), und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 83).


69      Vgl. z. B. Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 86).