Language of document : ECLI:EU:T:2017:251

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

20. Januar 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Übereinkommen von Aarhus – Richtlinie 2003/4/EG – Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen – Infrastrukturbauprojekt ‚Stuttgart 21‘ – Ablehnung eines Antrags auf Umweltinformationen – Art. 4 Abs. 1 – Ablehnungsgründe – Begriff ‚interne Mitteilungen‘ – Tragweite – Zeitliche Begrenzung des Schutzes interner Mitteilungen“

In der Rechtssache C‑619/19

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Mai 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 19. August 2019, in dem Verfahren

Land Baden-Württemberg

gegen

D.R.,

Beteiligte:

Deutsche Bahn AG,

Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht,


erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Landes Baden-Württemberg, vertreten durch Rechtsanwalt G. Torsten,

–        von D.R., vertreten durch Rechtsanwalt F.‑U. Mann,

–        der Deutsche Bahn AG, vertreten durch Rechtsanwalt T. Krappel,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und S. Eisenberg als Bevollmächtigte,

–        von Irland, vertreten durch M. Browne, J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten im Beistand von C. Knight, Barrister,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und M. Noll-Ehlers als Bevollmächtigte,

–        der norwegischen Regierung, vertreten durch L.‑M. Moen Jünge und K. Isaksen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2020

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. 2003, L 41, S. 26).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Land Baden-Württemberg (Deutschland) und D.R. wegen eines Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen in Bezug auf bestimmte Unterlagen des Staatsministeriums Baden-Württemberg betreffend das Verkehrsinfrastruktur- und Städtebauprojekt „Stuttgart 21“ im Stuttgarter Schlossgarten.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

3        Das am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichnete und mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigte Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (ABl. 2005, L 124, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus) bestimmt in Art. 4 Abs. 3:

„Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn

c)      der Antrag Material betrifft, das noch fertig gestellt werden muss, oder wenn er interne Mitteilungen von Behörden betrifft, sofern eine derartige Ausnahme nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist oder gängiger Praxis entspricht, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen zu berücksichtigen ist.

…“

 Unionsrecht

 Verordnung (EG) Nr. 1049/2001

4        Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) sieht vor:

„Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

 Verordnung (EG) Nr. 1367/2006

5        Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. 2006, L 264, S. 13) sieht vor:

„Die Verordnung [Nr. 1049/2001] gilt für alle Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen, die sich im Besitz von Organen und Einrichtungen der [Union] befinden, und zwar ohne Unterscheidung nach Staatsbürgerschaft, Nationalität oder Wohnsitz sowie bei juristischen Personen nach ihrem eingetragenen Sitz oder einem tatsächlichen Mittelpunkt ihrer Tätigkeit.

…“

6        Art. 6 („Anwendung von Ausnahmeregelungen bei Anträgen auf Zugang zu Umweltinformationen“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 bestimmt:

„Artikel 4 Absatz 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung [Nr. 1049/2001], mit Ausnahme von Untersuchungen …, wird dahin ausgelegt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen. Bei den übrigen Ausnahmen nach Artikel 4 der Verordnung [Nr. 1049/2001] sind die Gründe für die Verweigerung eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.“

 Richtlinie 2003/4

7        In den Erwägungsgründen 1, 5 und 16 der Richtlinie 2003/4 heißt es:

„(1)      Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen tragen dazu bei, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und letztendlich so den Umweltschutz zu verbessern.

(5)      Am 25. Juni 1998 unterzeichnete die Europäische Gemeinschaft das [Übereinkommen von Aarhus]. Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts müssen im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft mit dem Übereinkommen übereinstimmen.

(16)      Das Recht auf Information beinhaltet, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sollten eng ausgelegt werden, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden sollt[e]. Die Gründe für die Verweigerung von Informationen sind dem Antragsteller innerhalb der in dieser Richtlinie festgelegten Frist mitzuteilen.“

8        Art. 1 der Richtlinie 2003/4 bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie werden folgende Ziele verfolgt:

a)      die Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, und die Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen und praktischer Vorkehrungen für die Ausübung dieses Rechts sowie

b)      die Sicherstellung, dass Umweltinformationen selbstverständlich zunehmend öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet werden, um eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. …“

9        In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2003/4 heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1.      ‚Umweltinformationen‘ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a)      den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,

c)      Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie z. B. Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die unter den Buchstaben a) und b) genannten Umweltbestandteile und ‑faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente,

f)      den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit gegebenenfalls einschließlich der Kontamination der Lebensmittelkette, Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maße, in dem sie vom Zustand der unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile oder – durch diese Bestandteile – von den unter den Buchstaben b) und c) aufgeführten Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten betroffen sind oder sein können;

2.      ‚Behörde‘

a)      die Regierung oder eine andere Stelle der öffentlichen Verwaltung, einschließlich öffentlicher beratender Gremien, auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene,

3.      ‚bei einer Behörde vorhandene Informationen‘ Umweltinformationen, die sich in ihrem Besitz befinden und die von dieser Behörde erstellt worden oder bei ihr eingegangen sind;

5.      ‚Antragsteller‘ eine natürliche oder juristische Person, die Zugang zu Umweltinformationen beantragt;

…“

10      Art. 3 („Zugang zu Umweltinformationen auf Antrag“) Abs. 1 der Richtlinie 2003/4 lautet:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.“

11      Art. 4 („Ausnahmen“) der Richtlinie 2003/4 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen in folgenden Fällen abgelehnt wird:

d)      Der Antrag betrifft Material, das gerade vervollständigt wird, oder noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten.

e)      Der Antrag betrifft interne Mitteilungen, wobei das öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe dieser Informationen zu berücksichtigen ist.

Wird die Ablehnung damit begründet, dass der Antrag Material betrifft, das gerade vervollständigt wird, so benennt die Behörde die Stelle, die das Material vorbereitet, sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt der Fertigstellung.

(2)      Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf:

a)      die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist;

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen. Die Mitgliedstaaten dürfen aufgrund des Absatzes 2 Buchstaben a), d), f), g) und h) nicht vorsehen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

(4)      Bei den Behörden vorhandene oder für diese bereitgehaltene Umweltinformationen, zu denen Zugang beantragt wurde, sind auszugsweise zugänglich zu machen, sofern es möglich ist, unter die Ausnahmebestimmungen von Absatz 1 Buchstaben d) und e) oder Absatz 2 fallende Informationen von den anderen beantragten Informationen zu trennen.

(5)      Die Weigerung, beantragte Informationen auszugsweise oder vollständig zugänglich zu machen, ist dem Antragsteller … mitzuteilen. In der Mitteilung sind die Gründe für die Verweigerung der Information zu nennen, und der Antragsteller ist über das Beschwerdeverfahren nach Artikel 6 zu unterrichten.“

 Deutsches Recht

12      § 28 Abs. 2 Nr. 2 des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg vom 25. November 2014 (GBl. 2014, 592) in der durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2018 (GBl. 2018, 439) geänderten Fassung sieht vor:

„Soweit ein Antrag sich auf interne Mitteilungen der informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 23 Absatz 1 bezieht, ist er abzulehnen, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

13      Im Ausgangsverfahren geht es um den von einer natürlichen Person, nämlich D.R., an das Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg gerichteten Antrag auf Zugang zu Unterlagen über Baumfällungen im Park des Stuttgarter Schlosses im Oktober 2010, die im Rahmen der Durchführung des Verkehrsinfrastruktur- und Städtebauprojekts „Stuttgart 21“ stattfanden.

14      Diese Unterlagen enthalten zum einen Informationen an die Hausspitze des Staatsministeriums des Landes Baden-Württemberg über den Stand der Arbeiten des betreffenden Untersuchungsausschusses zum Polizeieinsatz vom 30. September 2010 im Stuttgarter Schlosspark und zum anderen Vermerke dieses Ministeriums zu einem im Zusammenhang mit dem Projekt „Stuttgart 21“ durchgeführten Schlichtungsverfahren vom 10. und 23. November 2010.

15      Die von D.R. gegen die Verweigerung des Zugangs erhobene Klage wurde im ersten Rechtszug abgewiesen, die Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Deutschland) hatte aber Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof stellte fest, dass der im Ausgangsverfahren gegenständliche Antrag Umweltinformationen betreffe, und entschied, dass keine Ablehnungsgründe für Zugang zu den von D.R. angeforderten Unterlagen vorlägen. Insbesondere könne der für „interne Mitteilungen“ vorgesehene Ablehnungsgrund nach Abschluss des Entscheidungsprozesses der Behörde, an die das Übermittlungsersuchen gerichtet sei, nicht mehr geltend gemacht werden.

16      Gegen dieses Urteil wandte sich das Land Baden-Württemberg mit seiner Revision zum Bundesverwaltungsgericht (Deutschland).

17      Das Bundesverwaltungsgericht geht von der Prämisse aus, dass D.R. Zugang zu Umweltinformationen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/4 beantragt habe, die bei einer Behörde vorhanden seien. Mit seinen Fragen möchte es wissen, ob diese Informationen als „interne Mitteilungen“ einzustufen seien, die dann unter den in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 vorgesehenen Ablehnungsgrund fielen, und ob gegebenenfalls die Anwendbarkeit dieses Ablehnungsgrundes zeitlich begrenzt sei.

18      Zur ersten Vorlagefrage weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass die Richtlinie 2003/4 keine Definition des Begriffs „interne Mitteilungen“ enthalte, aber nach ihrem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 eine enge Auslegung der in diesem Artikel genannten Ablehnungsgründe verlange.

19      Angesichts dieser Auslegungsregel ist das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass der Begriff „intern“ Informationen erfassen könne, die den Binnenbereich einer Behörde nicht verlassen hätten, so dass er Informationen ausschließe, die zur Verbreitung bestimmt seien. Was den Begriff „Übermittlung“ angehe, stelle sich die Frage, ob er Informationen von einer bestimmten Qualität bezeichne, und insbesondere, ob er verlange, dass sie an einen Dritten gerichtet sein müssten.

20      Darüber hinaus ergebe sich auch aus dem von der United Nations Economic Commission for Europe veröffentlichten Dokument „The Aarhus Convention, An Implementation Guide“ (Zweite Auflage, 2014) (im Folgenden: Leitfaden zur Durchführung des Übereinkommens von Aarhus), dass die Ausnahme der „internen Mitteilungen“ in einigen Ländern die persönlichen Auffassungen staatlicher Bediensteter schützen solle, aber nicht für Faktenmaterial gelte.

21      Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage, die den zeitlichen Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 betreffen, vertritt das vorlegende Gericht die Auffassung, dass der Wortlaut dieser Bestimmung einer strikten zeitlichen Begrenzung ihrer Anwendung entgegenstehe. Nichts anderes ergebe sich auch aus der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von Aarhus und dem Leitfaden zur Durchführung des Übereinkommens von Aarhus. Anders verhalte es sich mit dem Ablehnungsgrund nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4, der Material, das gerade vervollständigt werde, und noch nicht aufbereitete Daten betreffe, und dessen zeitliche Anwendung nach seinem Wortlaut selbst begrenzt sei.

22      Außerdem könnten die internen Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 auch nach Abschluss des Entscheidungsprozesses geschützt werden. Die Verordnung Nr. 1367/2006, die speziell zur Anwendung des Übereinkommens von Aarhus auf die Organe der Union erlassen worden sei, habe an dieser Regel nichts geändert.

23      Der Ablehnungsgrund für „interne Mitteilungen“ sei darüber hinaus mit dem in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/4 vorgesehenen Ablehnungsgrund zu vergleichen, der die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden schützen solle. Der letztgenannte Grund gelte nämlich auch nach Abschluss der Entscheidungsprozesse, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau (C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 57), ergebe. Eine weite Auslegung des Ablehnungsgrundes für „interne Mitteilungen“ impliziere somit die Gefahr, den Ablehnungsgrund der Vertraulichkeit der Beratungen leer laufen zu lassen.

24      Darüber hinaus ist das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das Erfordernis einer restriktiven Auslegung der Ablehnungsgründe der Auffassung, dass die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2003/4 geforderte Abwägung der mit der Bekanntgabe und der Verweigerung der Bekanntgabe verbundenen Interessen die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes der „internen Mitteilungen“ begrenzen könnte, insbesondere da mit der Zeit das Interesse an der Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen an Gewicht verliere.

25      Schließlich sei, wenn der Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 zeitlich begrenzt werden müsste, die Dauer der Entscheidungsprozesse nicht immer ein geeignetes Kriterium, um seine Reichweite zu bestimmen. Im Rahmen eines Verwaltungsvorgangs münde nämlich nicht jede Prüfung von Umweltinformationen in eine Entscheidung.

26      Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 so auszulegen, dass der Begriff „interne Mitteilungen“ sämtliche Mitteilungen umfasst, die den Binnenbereich einer informationspflichtigen Stelle nicht verlassen?

2.      Gilt der Schutz „interner Mitteilungen“ nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 zeitlich unbegrenzt?

3.      Falls Frage 2 zu verneinen ist: Gilt der Schutz „interner Mitteilungen“ nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 nur so lange, bis seitens der informationspflichtigen Stelle eine Entscheidung getroffen oder ein sonstiger Verwaltungsvorgang abgeschlossen worden ist?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

27      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „interne Mitteilungen“ alle Informationen umfasst, die nicht den Binnenbereich einer Behörde verlassen.

28      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Richtlinie 2003/4 die Vereinbarkeit des Unionsrechts mit dem Übereinkommen von Aarhus durch eine allgemeine Regelung sicherstellen wollte, die gewährleisten soll, dass jeder Antragsteller im Sinne von Art. 2 Nr. 5 dieser Richtlinie ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat, ohne dass er ein Interesse geltend machen müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau, C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 31).

29      Zudem greift das von der Richtlinie 2003/4 gewährleistete Zugangsrecht nur insoweit, als die begehrten Informationen unter die von dieser Richtlinie vorgesehenen Vorgaben für den Zugang der Öffentlichkeit fallen, was u. a. voraussetzt, dass es sich um „Umweltinformationen“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 dieser Richtlinie handelt. Dies in Bezug auf das Ausgangsverfahren zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau, C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 32).

30      In Bezug auf die Ziele der Richtlinie 2003/4 führt deren Art. 1 insbesondere aus, dass die Richtlinie das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind, gewährleisten und dafür sorgen soll, dass diese Informationen selbstverständlich zunehmend öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet werden (Urteil vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau, C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 39).

31      Der Unionsgesetzgeber hat jedoch in Art. 4 der Richtlinie 2003/4 vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen bestimmen können. Soweit solche Ausnahmen wirksam in nationales Recht umgesetzt worden sind, dürfen sich die Behörden auf sie berufen, um bei ihnen eingehende Anträge auf Zugang zu Informationen zurückzuweisen.

32      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass § 28 Abs. 2 Nr. 2 des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 vorgesehene Ausnahme umgesetzt hat, wonach ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt werden kann, wenn er sich auf interne Mitteilungen bezieht, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der angeforderten Informationen berücksichtigt wird.

33      Wie aus der Systematik der Richtlinie 2003/4 und insbesondere aus ihrem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 sowie ihrem 16. Erwägungsgrund hervorgeht, beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden lediglich befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Ausnahmen vom Zugangsrecht sind daher eng auszulegen, um das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen (Urteil vom 28. Juli 2011, Office of Communications, C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 22).

34      Im Übrigen folgt nach ständiger Rechtsprechung aus den Anforderungen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitsgrundsatzes, dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Bestimmung, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Kontexts der Bestimmung und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss (Urteil vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau, C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 37).

35      Im Licht dieser Erwägungen ist die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 für interne Mitteilungen vorgesehene Ausnahme vom Zugangsrecht auszulegen.

36      Die Richtlinie 2003/4 enthält keine Definition des Begriffs „interne Mitteilungen“ und verweist insoweit nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten. Der Begriff ist daher gemäß der in Rn. 34 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung autonom auszulegen.

37      Was erstens den in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 verwendeten Begriff „Mitteilung“ betrifft, ist festzustellen, dass dieser Begriff, wie der Generalanwalt in den Nrn. 20 und 21 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auf eine Information abzielt, die ein Urheber an einen Adressaten richtet, wobei dieser Adressat sowohl eine abstrakte Einheit sein kann, wie z. B. die „Mitglieder“ einer Verwaltung oder der „Vorstand“ einer juristischen Person, als auch eine bestimmte Person, die einer solchen Einheit angehört, wie beispielsweise ein Bediensteter oder Beamter.

38      Diese Auslegung des Begriffs „Mitteilung“ wird durch den Kontext des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 bestätigt.

39      Art. 4 Abs. 3 Buchst. c des Übereinkommens von Aarhus sieht nämlich eine Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen für den Fall vor, dass ein Antrag Material betrifft, das noch fertig gestellt werden muss, oder wenn er interne Mitteilungen von Behörden betrifft. Diese Bestimmung unterscheidet somit zwischen dem Begriff „Material“ und dem Begriff „Mitteilung“.

40      Wie der Generalanwalt in den Nrn. 23 und 24 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat der Unionsgesetzgeber, der Art. 4 Abs. 3 Buchst. c des Übereinkommens von Aarhus durch zwei verschiedene Bestimmungen umgesetzt hat, diese Unterscheidung übernommen. Zum einen enthält Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 eine Ausnahme für Material, das gerade vervollständigt wird, oder noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten, und zum anderen sieht Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e dieser Richtlinie die Ausnahme für interne Mitteilungen vor. Folglich ist den Begriffen „Mitteilung“ und „Material“ jeweils eine andere Bedeutung beizumessen. Insbesondere bezieht sich der zweite Begriff im Gegensatz zum ersten Begriff nicht notwendigerweise auf eine Information, die an jemanden gerichtet ist.

41      Was zweitens den Begriff „intern“ betrifft, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/4, dass die Umweltinformationen, zu denen diese Richtlinie Zugang zu verschaffen sucht, bei den Behörden vorhanden sind. Nach Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2003/4 ist dies bei Informationen der Fall, die sich im Besitz einer Behörde befinden und die von dieser Behörde erstellt worden oder bei ihr eingegangen sind. Mit anderen Worten können Behörden, bei denen eine Umweltinformation vorhanden ist, über diese verfügen, sie verarbeiten und intern analysieren sowie über ihre Bekanntgabe entscheiden.

42      Folglich ist nicht jede Umweltinformation, die bei einer Behörde vorhanden ist, zwangsläufig „intern“. Dies ist nur bei einer Information der Fall, die den Binnenbereich einer Behörde nicht verlässt, insbesondere weil sie nicht einem Dritten bekannt gegeben und nicht öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

43      Auch eine bei einer Behörde vorhandene Umweltinformation, die von einer externen Quelle bei ihr eingegangen ist, kann „intern“ sein, wenn sie der Öffentlichkeit vor ihrem Eingang bei der Behörde nicht zugänglich gemacht wurde oder hätte zugänglich gemacht werden müssen und wenn sie den Binnenbereich dieser Behörde, nachdem sie bei dieser eingegangen ist, nicht verlässt.

44      Diese Auslegung des Begriffs „intern“ wird durch das Ziel bestätigt, das mit der für interne Mitteilungen vorgesehenen Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen verfolgt wird. Insoweit ergibt sich aus den Erläuterungen zu Art. 4 des von der Kommission am 29. Juni 2000 vorgelegten Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (KOM[2000] 402 endg. – COD 2000/0169, ABl. 2000, C 337 E, S. 156), dass die Ausnahme, die es erlaubt, den Zugang zu den internen Mitteilungen abzulehnen, – ebenso wie die Ausnahme für Material, das gerade vervollständigt wird, oder noch nicht abgeschlossene Schriftstücke – dem Bedürfnis der Behörden nach einem geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten Rechnung tragen soll.

45      Ein solches Bedürfnis ist auch in Bezug auf die Umweltinformationen anerkannt worden, die sich gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 im Besitz der Unionsorgane befinden.

46      Die Verordnung Nr. 1049/2001 gilt für alle Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen. Nach ihrem Art. 4 Abs. 3 können die Unionsorgane den Zugang zu Dokumenten verweigern, die für den internen Gebrauch bestimmt sind oder Stellungnahmen zum internen Gebrauch enthalten. Diese Bestimmung soll also sicherstellen, dass diese Organe über einen Raum für Überlegungen verfügen, um einen Beschluss über die zu treffenden politischen Entscheidungen und die eventuell zu unterbreitenden Vorschläge fassen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 99 und 109).

47      In Anbetracht der Erwägungen in den Rn. 37 bis 46 des vorliegenden Urteils ist die Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 für interne Mitteilungen vorgesehen ist, dahin zu verstehen, dass sie Informationen erfasst, die innerhalb einer Behörde im Umlauf sind und die zum Zeitpunkt des Antrags auf Zugang, gegebenenfalls nachdem sie bei dieser Behörde eingegangen sind, deren Binnenbereich insbesondere nicht dadurch verlassen haben, dass sie einem Dritten bekannt gegeben oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

48      Zwar sind, wie in Rn. 33 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Ausnahmen vom Zugangsrecht eng auszulegen, um das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen. Diese Auslegungsregel darf jedoch die Tragweite von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 nicht unter Missachtung seines Wortlauts beschränken.

49      Daraus folgt, dass der Umstand, dass eine Umweltinformation den Binnenbereich einer Behörde zu einem bestimmten Zeitpunkt verlassen könnte, insbesondere wenn sie in der Zukunft veröffentlicht werden soll, der Mitteilung, in der die Information enthalten ist, nicht ihren internen Charakter nehmen kann.

50      Außerdem deutet der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 in keiner Weise darauf hin, dass der Begriff „interne Mitteilungen“ dahin auszulegen wäre, dass er nur persönliche Auffassungen von Bediensteten einer Behörde und wesentliche Dokumente umfassen oder dass er Informationen faktischer Art nicht umfassen sollte. Solche Einschränkungen wären zudem mit dem Ziel dieser Bestimmung, für die Behörden einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten zu schaffen, unvereinbar.

51      Auch die Berücksichtigung des Übereinkommens von Aarhus und des Leitfadens zur Durchführung dieses Übereinkommens kann nicht zu einer Einschränkung der Tragweite des Begriffs „interne Mitteilungen“ führen, wie er in den Rn. 20, 49 und 50 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist. Zum einen wird, wie der Generalanwalt in Nr. 27 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in Art. 4 Abs. 3 Buchst. c des Übereinkommens von Aarhus selbst der Begriff „interne Mitteilungen“ nicht nach Maßgabe ihres Inhalts oder ihrer Wichtigkeit eingeschränkt. Zum anderen hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Februar 2012, Solvay u. a. (C‑182/10, EU:C:2012:82, Rn. 27), entschieden, dass der Leitfaden zur Durchführung des Übereinkommens von Aarhus zwar als ein erläuterndes Dokument betrachtet werden kann, das gegebenenfalls neben anderen relevanten Gesichtspunkten für die Auslegung des Übereinkommens herangezogen werden kann, die darin enthaltenen Analysen jedoch nicht bindend sind und nicht die normative Geltung haben, die den Vorschriften des Übereinkommens von Aarhus zukommt.

52      Im vorliegenden Fall enthalten nach den Angaben in der Vorlageentscheidung die Unterlagen, auf die sich der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zugangsantrag bezieht, einerseits eine der Hausspitze des Staatsministeriums des Landes Baden-Württemberg übermittelte Information und andererseits Vermerke dieses Ministeriums zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht nicht hervor, dass es sich um Informationen handelte, die einen Ursprung außerhalb des Ministeriums hätten. Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Überprüfungen scheinen diese Unterlagen verfasst worden zu sein, um Informationen innerhalb des Staatsministeriums Baden-Württemberg weiterzuleiten, und sie scheinen den Binnenbereich dieser Behörde nicht verlassen zu haben. Folglich könnten diese Dokumente als „interne Mitteilungen“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 eingestuft werden.

53      Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „interne Mitteilungen“ alle Informationen erfasst, die innerhalb einer Behörde im Umlauf sind und die zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Zugang, gegebenenfalls nachdem sie bei dieser Behörde eingegangen sind und soweit sie der Öffentlichkeit vor diesem Eingang nicht zugänglich gemacht worden sind oder hätten zugänglich gemacht werden müssen, den Binnenbereich dieser Behörde nicht verlassen haben.

 Zur zweiten Frage

54      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass die Anwendbarkeit der Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, die er für interne Mitteilungen einer Behörde vorsieht, zeitlich begrenzt ist.

55      Wie Art. 4 Abs. 3 Buchst. c des Übereinkommens von Aarhus, der durch Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 in Unionsrecht umgesetzt wurde, enthält die letztgenannte Bestimmung nichts, was für eine zeitliche Begrenzung ihrer Geltung sprechen würde. Auch der Leitfaden zur Durchführung des Übereinkommens von Aarhus enthält hierzu keine Hinweise.

56      Insbesondere ist im Unterschied zur Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4, die Material, das gerade vervollständigt wird, oder noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten betrifft, die Ausnahme für interne Mitteilungen nicht an die Ausarbeitung oder Abfassung von Dokumenten gebunden. Sie hängt auch davon ab, inwieweit irgendein Verwaltungsvorgang vorangeschritten ist. Das Ende eines solchen Vorgangs oder eines seiner Abschnitte, das durch den Erlass einer Entscheidung einer Behörde oder durch den Abschluss eines Schriftstücks gekennzeichnet ist, kann daher für die Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 nicht ausschlaggebend sein.

57      Das Fehlen einer zeitlichen Begrenzung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung entspricht ihrem in den Rn. 44 und 50 des vorliegenden Urteils genannten Ziel, zugunsten der Behörden einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten zu schaffen. Wie nämlich der Generalanwalt in den Nrn. 44 und 50 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, sind für die Feststellung, ob das Erfordernis des Schutzes der Gedankenfreiheit des Verfassers der fraglichen Mitteilung und die Möglichkeit des freien Austauschs von Ansichten weiterhin besteht, alle tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls zu dem Zeitpunkt zu prüfen, zu dem die zuständigen Behörden über einen bei ihnen gestellten Antrag entscheiden müssen, da, wie aus Rn. 34 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:779), hervorgeht, sich das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen zu diesem Zeitpunkt konkretisiert.

58      Zwar ist die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 vorgesehene Ausnahme zeitlich nicht begrenzt, doch ergibt sich aus dieser Bestimmung selbst und aus Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Richtlinie, dass die Verweigerung des Zugangs zu Umweltinformationen mit der Begründung, dass sie in einer internen Mitteilung enthalten seien, stets auf einer Abwägung der in Rede stehenden Interessen beruhen muss.

59      Diese Abwägung muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus einer tatsächlichen spezifischen Prüfung jeder Situation, die im Rahmen eines auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 gestellten Antrags auf Zugang zu einer Umweltinformation den nationalen Behörden unterbreitet wird, hervorgehen, was nicht ausschließt, dass der nationale Gesetzgeber in einer allgemeinen Vorschrift Kriterien festlegt, die diese vergleichende Prüfung der in Rede stehenden Interessen erleichtern können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a., C‑266/09, EU:C:2010:779, Rn. 58, und vom 28. Juli 2011, Office of Communications, C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 29).

60      Was Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 betrifft, kommt dieser Prüfung eine besondere Bedeutung zu, da der sachliche Anwendungsbereich der in dieser Bestimmung für interne Mitteilungen vorgesehenen Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen besonders weit ist. Um die Richtlinie 2003/4 nicht ihres Inhalts zu berauben, ist die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Richtlinie geforderte Abwägung der in Rede stehenden Interessen daher eng einzugrenzen.

61      Da die Richtlinie 2003/4, wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt, gewährleisten soll, dass jeder Antragsteller im Sinne von Art. 2 Nr. 5 dieser Richtlinie ein Recht auf Zugang zu Umweltinformationen hat, die bei Behörden vorhanden sind oder für diese bereitgehalten werden, ohne dass er ein Interesse geltend machen müsste, kann die mit einem Antrag auf Zugang befasste Behörde nicht verlangen, dass der Antragsteller ein besonderes Interesse darlegt, das die Bekanntgabe der angeforderten Umweltinformation rechtfertigt.

62      Aus dem ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4 ergibt sich, dass zu den Gründen, die für die Bekanntgabe sprechen können und von einer Behörde bei der Abwägung der vorliegenden Interessen jedenfalls zu berücksichtigen sind, unter anderem gehört, „das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und … den Umweltschutz zu verbessern“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2011, Office of Communications, C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 25 und 26).

63      Da, wie in Rn. 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt, bei der Prüfung eines Antrags auf Zugang die in Rede stehenden spezifischen Interessen in jedem Einzelfall berücksichtigt werden müssen, ist die Behörde auch verpflichtet, etwaige Angaben des Antragstellers zu den Gründen zu prüfen, die die Bekanntgabe der angeforderten Informationen rechtfertigen können.

64      Außerdem müssen die Behörden, die mit einem Antrag auf Zugang zu in einer internen Mitteilung enthaltenen Umweltinformationen befasst sind, die seit der Erstellung dieser Mitteilung vergangene Zeit und die in der Mitteilung enthaltenen Informationen berücksichtigen. Die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 vorgesehene Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen kann nämlich nur für den Zeitraum gelten, in dem der Schutz angesichts des Inhalts einer solchen Mitteilung gerechtfertigt ist (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Januar 2010, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑362/08 P, EU:C:2010:40, Rn. 56).

65      Insbesondere kann, auch wenn im Hinblick auf das Ziel, zugunsten der Behörden einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten zu schaffen, die Bekanntgabe von in einer internen Mitteilung enthaltenen Informationen zum Zeitpunkt des Antrags auf Zugang rechtswirksam verweigert werden konnte, eine Behörde andererseits zu der Auffassung gelangen, dass die Informationen aufgrund ihres Alters seit ihrer Erstellung als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind, sofern seit ihrer Erstellung eine gewisse Zeit vergangen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juni 2018, Baumeister, C‑15/16, EU:C:2018:464, Rn. 54).

66      Im Übrigen muss die angerufene Behörde im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen gemäß Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2003/4 prüfen, ob bestimmte beantragte Informationen von den Informationen getrennt werden können, die unter die anwendbare Ausnahme vom Zugangsrecht fallen, so dass sie eine teilweise Bekanntgabe vornehmen kann.

67      Die Einhaltung aller Verpflichtungen, die, wie sich aus den Rn. 58 bis 66 des vorliegenden Urteils ergibt, den Behörden bei der Prüfung eines Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen obliegen, darunter insbesondere die Abwägung der in Rede stehenden Interessen, muss für den Betroffenen nachprüfbar sein und im Rahmen der auf nationaler Ebene vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Beschwerdeverfahren gemäß Art. 6 der Richtlinie 2003/4 überprüft werden können.

68      Um diesem Erfordernis zu genügen, sieht Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2003/4 vor, dass dem Antragsteller eine Entscheidung, mit der der Zugang verweigert wird, mitgeteilt wird und die Gründe enthält, auf die die Verweigerung gestützt ist.

69      Wie der Generalanwalt in Nr. 34 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, genügt es für die Erfüllung dieser Begründungspflicht nicht, wenn die Behörde lediglich auf eine der in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/4 genannten Ausnahmen Bezug nimmt. Vielmehr muss die Behörde, die eine Entscheidung erlässt, mit der der Zugang zu Umweltinformationen verweigert wird, die Gründe darlegen, aus denen ihrer Ansicht nach die Bekanntgabe dieser Informationen das Interesse, das durch die geltend gemachten Ausnahmen geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem bei vernünftiger Betrachtung absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76).

70      Nach alledem ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass die Anwendbarkeit der Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, die er für interne Mitteilungen einer Behörde vorsieht, zeitlich nicht begrenzt ist. Diese Ausnahme kann allerdings nur in dem Zeitraum angewandt werden, in dem der Schutz der angeforderten Information gerechtfertigt ist.

 Zur dritten Frage

71      Angesichts der Antwort auf die zweite Frage braucht die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

 Kosten

72      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass der Begriff „interne Mitteilungen“ alle Informationen erfasst, die innerhalb einer Behörde im Umlauf sind und die zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Zugang, gegebenenfalls nachdem sie bei dieser Behörde eingegangen sind und soweit sie der Öffentlichkeit vor diesem Eingang nicht zugänglich gemacht worden sind oder hätten zugänglich gemacht werden müssen, den Binnenbereich dieser Behörde nicht verlassen haben.

2.      Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4 ist dahin auszulegen, dass die Anwendbarkeit der Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, die er für interne Mitteilungen einer Behörde vorsieht, zeitlich nicht begrenzt ist. Diese Ausnahme kann allerdings nur in dem Zeitraum angewandt werden, in dem der Schutz der angeforderten Information gerechtfertigt ist.

Bonichot

Bay Larsen

Toader

Safjan

 

Jääskinen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Januar 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Ersten Kammer

A. Calot Escobar

 

J.-C. Bonichot


*      Verfahrenssprache: Deutsch.