Language of document : ECLI:EU:T:2023:529

URTEIL DES GERICHTS (Große Kammer)

13. September 2023(*)(i)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Venezuela – Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr bestimmter Güter und Dienstleistungen – Recht auf Anhörung – Begründungspflicht – Materielle Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellung – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Völkerrecht“

In der Rechtssache T‑65/18 RENV,

Bolivarische Republik Venezuela, vertreten durch Rechtsanwälte F. Di Gianni und P. Palchetti, Rechtsanwältin C. Favilli und Rechtsanwalt A. Scalini,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und A. Antoniadis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter S. Papasavvas und D. Spielmann, der Richterin A. Marcoulli, der Richter R. da Silva Passos, M. Jaeger, S. Frimodt Nielsen, H. Kanninen und S. Gervasoni, der Richterinnen N. Półtorak, I. Reine (Berichterstatterin), T. Pynnä und E. Tichy-Fisslberger sowie der Richter W. Valasidis und S. Verschuur,

Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung des Urteils vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat (Beeinträchtigung eines Drittstaats) (C‑872/19 P, EU:C:2021:507),

auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Bolivarische Republik Venezuela die Nichtigerklärung erstens der Art. 2, 3, 6 und 7 der Verordnung (EU) 2017/2063 des Rates vom 13. November 2017 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Venezuela (ABl. 2017, L 295, S. 21, im Folgenden: angefochtene Verordnung), zweitens der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1653 des Rates vom 6. November 2018 zur Durchführung der Verordnung 2017/2063 (ABl. 2018, L 276, S. 1) und drittens des Beschlusses (GASP) 2018/1656 des Rates vom 6. November 2018 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2017/2074 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Venezuela (ABl. 2018, L 276, S. 10), soweit ihre Bestimmungen sie betreffen.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 13. November 2017 erließ der Rat der Europäischen Union den Beschluss (GASP) 2017/2074 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Venezuela (ABl. 2017, L 295, S. 60). Erstens enthält dieser Beschluss im Wesentlichen ein Verbot, an bzw. nach Venezuela Waffen, militärische oder andere Ausrüstung, die für Zwecke der internen Repression verwendet werden kann, sowie der Überwachung dienende Ausrüstung, Technologie oder Software auszuführen. Er umfasst zweitens ein Verbot, finanzielle, technische oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit dieser Ausrüstung bzw. Technologie an Venezuela zu liefern. Drittens sieht er die Möglichkeit vor, Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen von Personen, Organisationen und Einrichtungen zu ergreifen. Zum Zeitpunkt des Erlasses enthielt der Beschluss noch keine Namen von Personen oder Organisationen.

3        Nach seinem ersten Erwägungsgrund wurde der Beschluss 2017/2074 aufgrund der tiefen Besorgnis der Europäischen Union über die anhaltende Beeinträchtigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Venezuela erlassen.

4        Am 13. November 2017 erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV und des Beschlusses 2017/2074 auch die angefochtene Verordnung.

5        Art. 2 der angefochtenen Verordnung bestimmt:

„(1)      Es ist untersagt,

a)      natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder andere Dienste im Zusammenhang mit den in der Gemeinsamen Militärgüterliste der [Union] aufgeführten Gütern oder Technologien oder im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung von in der Gemeinsamen Militärgüterliste der [Union] aufgeführten Gütern oder Technologien zu leisten;

b)      für den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr der in der Gemeinsamen Militärgüterliste der [Union] aufgeführten Güter und Technologien oder für die Erbringung von damit verbundener technischer Hilfe natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit diesen Gütern oder Technologien, insbesondere Zuschüsse, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen sowie Versicherungen und Rückversicherungen, bereitzustellen.

…“

6        Art. 3 der angefochtenen Verordnung lautet:

„Es ist untersagt,

a)      die in Anhang I aufgeführten Ausrüstungen mit oder ohne Ursprung in der Union, die zur internen Repression verwendet werden können, unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen;

b)      technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder andere Dienste im Zusammenhang mit den unter Buchstabe a genannten Ausrüstungen unmittelbar oder mittelbar natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela bereitzustellen;

c)      Finanzmittel oder Finanzhilfen, insbesondere Zuschüsse, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen sowie Versicherungen und Rückversicherungen, im Zusammenhang mit den unter Buchstabe a genannten Ausrüstungen unmittelbar oder mittelbar natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela bereitzustellen.“

7        Nach Art. 4 der angefochtenen Verordnung können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten abweichend von den Art. 2 und 3 dieser Verordnung unter Bedingungen, die ihnen angemessen erscheinen, bestimmte Tätigkeiten genehmigen.

8        Art. 6 der angefochtenen Verordnung bestimmt:

„(1)      Es ist untersagt, die in Anhang II aufgeführte Ausrüstung, Technologie oder Software mit oder ohne Ursprung in der Union ohne vorherige Genehmigung durch die auf den in Anhang III aufgeführten Websites angegebene zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats unmittelbar oder mittelbar an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen.

(2)      Die auf den in Anhang III aufgeführten Websites angegebenen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erteilen die Genehmigung nach Absatz 1 nicht, wenn sie hinreichende Gründe für die Feststellung haben, dass die betreffende Ausrüstung, Technologie oder Software für die interne Repression in Venezuela durch die Regierung Venezuelas, seine öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen oder Personen oder Organisationen, die in ihrem Namen oder auf ihre Weisung handeln, verwendet würde.

(3)      Anhang II enthält Ausrüstung, Technologie oder Software, die in erster Linie für die Überwachung oder das Abhören des Internets oder des Telefonverkehrs bestimmt sind.

…“

9        Art. 7 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung lautet:

„Es ist untersagt, ohne eine nach Artikel 6 Absatz 2 erteilte vorherige Genehmigung durch die auf den in Anhang III aufgeführten Websites angegebene zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats,

a)      für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe oder Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit der in Anhang II aufgeführten Ausrüstung, Technologie und Software, im Zusammenhang mit der Installierung, Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung der in Anhang II aufgeführten Ausrüstung und Technologie oder im Zusammenhang mit der Bereitstellung, der Installierung, dem Betrieb oder der Aktualisierung von in Anhang II aufgeführter Software zu erbringen;

b)      für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfe in Zusammenhang mit der in Anhang II aufgeführten Ausrüstung, Technologie und Software bereitzustellen;

c)      für die Regierung Venezuelas, [seine] öffentliche[n] Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen oder Personen oder Organisationen, die in ihrem Namen oder auf [ihre] Weisung handeln, zu ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Nutzen Dienstleistungen zur Überwachung oder zum Abhören des Telefonverkehrs oder des Internets zu erbringen.“

10      Art. 8 der angefochtenen Verordnung sieht darüber hinaus das Einfrieren der finanziellen Vermögenswerte bestimmter, „in den Anhängen IV und V [dieser Verordnung] aufgeführte[r]“ natürlicher oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen vor. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung enthielten die Anhänge noch keine Namen von Personen oder Organisationen.

11      Nach Art. 20 der angefochtenen Verordnung gelten die restriktiven Maßnahmen:

„a)      im Gebiet der Union, einschließlich ihres Luftraums,

b)      an Bord der Luftfahrzeuge und Schiffe, die der Hoheitsgewalt der Mitgliedstaaten unterstehen,

c)      für Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,

d)      für nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete oder eingetragene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,

e)      für alle juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Bezug auf alle Geschäfte, die ganz oder teilweise in der Union getätigt werden.“

12      Mit am 6. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift in ihrer durch Schriftsatz vom 17. Januar 2019 angepassten Fassung erhob die Bolivarische Republik Venezuela eine Klage mit dem Antrag auf Nichtigerklärung erstens der angefochtenen Verordnung, zweitens der Durchführungsverordnung 2018/1653 und drittens des Beschlusses 2018/1656, soweit die Bestimmungen dieser Rechtsakte sie betrafen.

13      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 3. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rat gemäß Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit.

14      Mit Urteil vom 20. September 2019, Venezuela/Rat (T‑65/18, im Folgenden: ursprüngliches Urteil, EU:T:2019:649), entschied das Gericht hinsichtlich der angefochtenen Verordnung, dass die Bolivarische Republik Venezuela mit ihrer Klage auf die Art. 2, 3, 6 und 7 dieser Verordnung Bezug genommen habe. Insoweit wies das Gericht die Klage sodann mit der Begründung als unzulässig ab, dass die Bolivarische Republik Venezuela durch die angefochtene Verordnung nicht unmittelbar betroffen und folglich nicht klagebefugt sei. Deshalb wies das Gericht die Klage auch bezüglich der Durchführungsverordnung 2018/1653 als unzulässig ab. Im Hinblick auf den Beschluss 2018/1656, der den Beschluss 2017/2074 ändert, wurde die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die Bolivarische Republik Venezuela die Nichtigerklärung dieses letzteren Beschlusses in ihrer Klageschrift nicht beantragt habe.

15      Mit Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat (Beeinträchtigung eines Drittstaats) (C‑872/19 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2021:507), hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass das Gericht über die Klage der Bolivarischen Republik Venezuela insoweit endgültig entschieden hatte, als diese auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2018/1653 sowie des Beschlusses 2018/1656 gerichtet war, und sodann das ursprüngliche Urteil insoweit aufgehoben, als mit diesem die Klage auf Nichtigerklärung der Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung abgewiesen worden war.

16      Der Gerichtshof hat entschieden, dass sich die betreffenden restriktiven Maßnahmen unmittelbar auf die Rechtsstellung der Bolivarischen Republik Venezuela auswirken. Daher hat der Gerichtshof dem einzigen Rechtsmittelgrund stattgegeben und das ursprüngliche Urteil in diesem Punkt aufgehoben.

17      In Anwendung von Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat der Gerichtshof festgestellt, dass er über die erforderlichen Angaben verfügte, um endgültig über die Zulässigkeit der Klage der Bolivarischen Republik Venezuela zu entscheiden.

18      So hat der Gerichtshof zum einen entschieden, dass die Bolivarische Republik Venezuela ein Rechtsschutzinteresse hat. Zum anderen hat er festgestellt, dass sich schon aus dem Wortlaut der Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung ergibt, dass die in diesen Bestimmungen festgelegten Verbote unbeschadet der darin vorgesehenen Ausnahme- oder Genehmigungsmaßnahmen, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht in Rede stehen, keine Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nach sich ziehen.

19      Der Gerichtshof hat infolgedessen entschieden, dass „die Voraussetzungen der dritten Alternative von Art. 263 Abs. 4 AEUV erfüllt sind“ und dass folglich die von der Bolivarischen Republik Venezuela beim Gericht erhobene Klage zulässig ist, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung gerichtet ist.

20      Unter Vorbehalt der Kostenentscheidung hat der Gerichtshof die Rechtssache zur Prüfung der Begründetheit an das Gericht zurückverwiesen.

 Anträge der Parteien nach Zurückverweisung

21      Die Bolivarische Republik Venezuela beantragt,

–        erstens die angefochtene Verordnung, zweitens die Durchführungsverordnung 2018/1653 und drittens den Beschluss 2018/1656 für nichtig zu erklären, soweit ihre Bestimmungen sie betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

22      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Bolivarischen Republik Venezuela die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

23      Die Bolivarische Republik Venezuela stützt ihre Klage auf vier Gründe, und zwar erstens eine Verletzung des Rechts auf Anhörung, zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht, drittens eine materielle Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der politischen Lage in Venezuela sowie viertens die Verhängung rechtswidriger Gegenmaßnahmen und einen Verstoß gegen das Völkerrecht.

 Vorbemerkungen

 Zum Umfang des Rechtsstreits

24      Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Gericht anwendbar ist, ist das Gericht, wenn das Rechtsmittel begründet ist und die Sache zur Entscheidung über den Rechtsstreit an das Gericht zurückverwiesen wird, an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden. Nach Aufhebung durch den Gerichtshof und Zurückverweisung der Sache an das Gericht wird diese nach Art. 215 seiner Verfahrensordnung durch das zurückverweisende Urteil beim Gericht anhängig, das über alle vom Kläger geltend gemachten Klagegründe zu entscheiden hat, mit Ausnahme der vom Gerichtshof nicht aufgehobenen Teile des Tenors und der diesen Teilen notwendigerweise zugrunde liegenden Ausführungen, da diese rechtskräftig geworden sind (Urteile vom 18. November 2020, H/Rat, T‑271/10 RENV II, EU:T:2020:548, Rn. 38, und vom 21. Dezember 2021, Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia-Kosakowo/Kommission, T‑263/15 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:927, Rn. 26).

25      In dem Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof das ursprüngliche Urteil insoweit aufgehoben, als mit diesem die Klage der Bolivarischen Republik Venezuela auf Nichtigerklärung der Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung als unzulässig abgewiesen worden war. Außerdem geht aus den Rn. 75 und 76 des Rechtsmittelurteils hervor, dass der Gerichtshof endgültig über die Zulässigkeit der Klage entschieden hat, soweit sie sich gegen die genannten Artikel der Verordnung richtet.

26      Ferner ist das ursprüngliche Urteil, wie der Gerichtshof in Rn. 20 des Rechtsmittelurteils ausgeführt hat, hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Durchführungsverordnung 2018/1653 und den Beschluss 2018/1656 rechtskräftig geworden.

27      In Rn. 82 der nach Verkündung des Rechtsmittelurteils eingereichten Erwiderung wiederholt die Bolivarische Republik Venezuela in ihrem ersten Antrag ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2018/1653 und des Beschlusses 2018/1656. Da über die Zulässigkeit dieses Antrags, soweit er auf die Nichtigerklärung der genannten Rechtsakte gerichtet ist, im ursprünglichen Urteil endgültig entschieden worden ist, ist der Antrag auf Nichtigerklärung dieser Rechtsakte, soweit er in der Erwiderung wiederholt wird, als unzulässig zurückzuweisen.

28      Daraus folgt, dass das Gericht im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nur über die Begründetheit aller von der Bolivarischen Republik Venezuela zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung geltend gemachter Klagegründe zu entscheiden hat.

 Zur Natur der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen

29      Vorab ist festzustellen, dass die individuelle oder allgemeine Geltung der in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen eine entscheidende Auswirkung auf Art und Umfang der vom Gericht auszuübenden Kontrolle hat, aber auch auf die Rechte, die der Bolivarischen Republik Venezuela zustehen könnten. Daher ist zu prüfen, ob diese restriktiven Maßnahmen allgemeine oder individuelle Geltung haben.

30      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Verordnung, mit der restriktive Maßnahmen verhängt werden, zum einen restriktive Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, deren Anwendungsbereich sich nach objektiven Kriterien bestimmt, und zum anderen individuelle restriktive Maßnahmen, die sich gegen bestimmte natürliche oder juristische Personen richten, umfassen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2018, Bank Mellat/Rat, C‑430/16 P, EU:C:2018:668, Rn. 55 und 56).

31      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen gemäß Art. 215 Abs. 1 AEUV Maßnahmen darstellen, die die Wirtschaftsbeziehungen zu einem Drittland in Bezug auf bestimmte Güter, nämlich Ausrüstungen, die zur internen Repression verwendet werden können, Kommunikationsausrüstungen, die missbräuchlich verwendet werden können, und in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen aussetzen oder einschränken. Diese Maßnahmen richten sich nicht gegen bestimmte natürliche oder juristische Personen, sondern gelten für objektiv bestimmte Situationen und für eine allgemein und abstrakt umschriebene Personengruppe.

32      Entgegen dem Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela kann die bloße Erwähnung der „Regierung Venezuelas“ in Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der angefochtenen Verordnung diese Feststellung nicht in Frage stellen. Diese Bestimmungen beziehen sich nämlich nicht auf die Bolivarische Republik Venezuela, sondern nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung auf „die Regierung Venezuelas, seine öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen oder Personen oder Organisationen, die in ihrem Namen oder auf ihre Weisung handeln“ und nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung auf die „Regierung Venezuelas, [seine] öffentliche[n] Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen oder Personen oder Organisationen, die in ihrem Namen oder auf [ihre] Weisung handeln, zu ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Nutzen“, also auf allgemeine und abstrakte Kategorien von Personen oder Einrichtungen. Damit richten sich die genannten Bestimmungen nicht namentlich gegen die Bolivarische Republik Venezuela.

33      Daher hat der Gerichtshof in Rn. 92 des Rechtsmittelurteils entschieden, dass die angefochtene Verordnung allgemeine Geltung hat, „da sie Bestimmungen wie die ihrer Art. 2, 3, 6 und 7 enthält, die es allgemeinen und abstrakten Kategorien von Adressaten verbieten, bestimmte Geschäfte mit Organisationen zu tätigen, die ebenfalls allgemein und abstrakt bezeichnet werden“.

34      Daraus folgt, dass die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen restriktive Maßnahmen mit allgemeiner Geltung darstellen.

35      Die von der Bolivarischen Republik Venezuela geltend gemachten Klagegründe sind vor dem Hintergrund dieser Erwägungen zu prüfen.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Anhörung

36      Die Bolivarische Republik Venezuela macht geltend, sie habe nach dem allgemeinen Völkerrecht und den tragenden Grundsätzen der Union, insbesondere nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Anspruch darauf gehabt, vor dem Erlass der angefochtenen Verordnung gehört zu werden, zumal sie klagebefugt sei. Da die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen sie beträfen, gebe es keinen Grund, der der Anwendung dieses Rechts im vorliegenden Fall entgegenstehe.

37      Insbesondere beklagt die Bolivarische Republik Venezuela, dass der Rat die angefochtene Verordnung erlassen habe, ohne sie vorab zu informieren und insbesondere zu den angeblichen Verletzungen der venezolanischen Verfassung, der demokratischen Grundsätze und der Menschenrechte anzuhören.

38      Der Rat tritt dem Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela entgegen.

39      Nach ständiger Rechtsprechung lässt sich das Recht auf Anhörung im Rahmen eines eine bestimmte Person betreffenden Verwaltungsverfahrens, das auch dann beachtet werden muss, wenn es an einer Regelung für das betreffende Verfahren fehlt, nicht auf ein Verfahren gemäß Art. 29 EUV oder Art. 215 AEUV übertragen, das wie im vorliegenden Fall zum Erlass einer Maßnahme mit allgemeiner Geltung führt (vgl. Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 133 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es gibt nämlich keine Bestimmung, die den Rat verpflichtet, jede möglicherweise von einem neuen Kriterium mit allgemeiner Geltung erfasste Person von der Verwendung dieses Kriteriums zu unterrichten (Urteil vom 17. Februar 2017, Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a./Rat, T‑14/14 und T‑87/14, EU:T:2017:102, Rn. 98).

40      Die Bolivarische Republik Venezuela beruft sich auf Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte. Diese Bestimmung gilt jedoch nur für „individuelle Maßnahme[n]“, die gegenüber einer Person getroffen werden, so dass sie im Rahmen des Erlasses von Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, wie im vorliegenden Fall, nicht geltend gemacht werden kann.

41      Des Weiteren beruft sich die Bolivarische Republik Venezuela auf ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 25. September 1997 (Project Gabčíkovo-Nagymaros [Ungarn/Slowakei], Urteil, ICJ Reports 1997, S. 7, Rn. 83 und 84). Dieses Urteil bezieht sich jedoch nur auf den besonderen Kontext der Verhängung von Gegenmaßnahmen, was im Rahmen des vierten Klagegrundes geprüft werden wird.

42      Außerdem ist die angefochtene Verordnung ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung, der eine Entscheidung der Union im Bereich der internationalen Politik widerspiegelt. Die Aussetzung oder Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen mit einem Drittland gemäß Art. 215 Abs. 1 AEUV ist nämlich gerade Teil der Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV selbst, da eine solche Einschränkung oder Aussetzung den Erlass von Maßnahmen als Reaktion auf eine besondere internationale Situation nach Ermessen der Unionsbehörden impliziert, um auf eine solche Situation Einfluss zu nehmen. Die Anhörung eines Drittlands vor dem Erlass einer Verordnung, mit der eine solche außenpolitische Entscheidung umgesetzt wird, liefe darauf hinaus, den Rat zu verpflichten, Gespräche zu führen, die internationalen Verhandlungen mit diesem Land nahekämen, was die mit der Verhängung wirtschaftlicher Maßnahmen gegenüber diesem Land angestrebte Wirkung – nämlich Druck auf dieses auszuüben, um eine Änderung seines Verhaltens herbeizuführen – in ihrem Kern aushöhlen würde.

43      Im Übrigen kann der Umstand, dass die Bolivarische Republik Venezuela von den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung unmittelbar betroffen ist, dieser für sich genommen kein Recht auf Anhörung verleihen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 34 und 35, und vom 11. September 2002, Alpharma/Rat, T‑70/99, EU:T:2002:210, Rn. 388).

44      Nach alledem ist daher festzustellen, dass sich die Bolivarische Republik Venezuela im vorliegenden Fall im Hinblick auf die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen nicht auf das Recht auf Anhörung berufen kann.

45      Demnach ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

46      Die Bolivarische Republik Venezuela macht erstens geltend, dass die angefochtene Verordnung nicht hinreichend begründet sei. Die Verordnung enthalte nämlich vage und allgemeine Erwägungsgründe. Nach Ansicht der Bolivarischen Republik Venezuela hätte der Rat angesichts des Eingriffs, den die restriktiven Maßnahmen in ihre inneren Angelegenheiten darstellen würden, eine ausführlichere Begründung vorlegen müssen.

47      Zweitens enthalte die angefochtene Verordnung selbst in Verbindung mit dem Beschluss 2017/2074 weder Beweise, die die Verhängung der restriktiven Maßnahmen rechtfertigten, noch führe sie solche auf. Folglich sei die Bolivarische Republik Venezuela nicht in der Lage, zu beurteilen, ob die restriktiven Maßnahmen fundiert seien, und angemessen darauf zu reagieren.

48      Der Rat tritt dem Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela entgegen.

49      Nach ständiger Rechtsprechung hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Rechtsnatur der betreffenden Maßnahme ab und kann sich die Begründung bei Rechtsakten mit allgemeiner Geltung darauf beschränken, zum einen die Gesamtlage anzugeben, die zum Erlass der Maßnahme geführt hat, und zum anderen die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen (Urteile vom 19. November 1998, Spanien/Rat, C‑284/94, EU:C:1998:548, Rn. 28, vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 120, und vom 17. September 2020, Rosneft u. a./Rat, C‑732/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:727, Rn. 68).

50      Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil vom 14. Juli 2021, Cabello Rondón/Rat, T‑248/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:450, Rn. 45).

51      Vorliegend ergibt sich hinsichtlich der Gesamtlage, die zum Erlass der restriktiven Maßnahmen geführt hat, aus dem ersten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, dass „[die Union] [a]ngesichts der anhaltenden Beeinträchtigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Venezuela … wiederholt ihre tiefe Besorgnis zum Ausdruck gebracht und alle politischen Akteure und Institutionen Venezuelas aufgefordert [hat], in konstruktiver Weise und unter uneingeschränkter Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, der demokratischen Institutionen und der Gewaltenteilung auf eine Lösung der Krise im Land hinzuarbeiten“.

52      Außerdem geht aus dem dritten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hervor, dass diese erlassen wurde, um den Beschluss 2017/2074 auf Ebene der Union umzusetzen. Darüber hinaus wird im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung auf die im Beschluss 2017/2074 enthaltenen restriktiven Maßnahmen – die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung übernommenen wurden – Bezug genommen. Daher stellen die im Beschluss 2017/2074 angeführten Gründe, mit denen die Einführung dieser Maßnahmen gestützt wurde, den Kontext für ihren Erlass dar, was für die Bolivarische Republik Venezuela aus der angefochtenen Verordnung ersichtlich war.

53      So geht aus dem ersten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/2074 hervor, dass die Union „tief besorgt über die anhaltende Beeinträchtigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Venezuela“ war, was in den Erwägungsgründen 2 bis 7 dieses Beschlusses weiter ausgeführt wurde.

54      Darüber hinaus lässt sich dem achten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/2074 entnehmen, dass „es in Anbetracht der Gefahr weiterer Gewalttätigkeiten, übermäßiger Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzungen oder ‑verstöße angebracht [erscheint], restriktive Maßnahmen in Form eines Waffenembargos zu verhängen sowie zu interner Repression verwendbarer Ausrüstung spezifische Restriktionen aufzuerlegen und den Missbrauch von Telekommunikationsgerät zu verhindern“.

55      Folglich wurde die Gesamtlage, die zum Erlass der restriktiven Maßnahmen geführt hat, vom Rat umfassend dargelegt und konnte von der Bolivarischen Republik Venezuela nicht übersehen werden.

56      Hinsichtlich der Ziele, die mit den restriktiven Maßnahmen erreicht werden sollen, ergibt sich aus dem achten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/2074, dass mit den restriktiven Maßnahmen der Gefahr weiterer Gewalttätigkeiten, übermäßiger Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzungen oder ‑verstöße vorgebeugt werden soll.

57      Im Übrigen wird der Umstand, dass die Bolivarische Republik Venezuela in der Lage war, die Gründe für den Erlass der genannten restriktiven Maßnahmen zu verstehen, durch den Inhalt des dritten Klagegrundes der vorliegenden Klage bestätigt, in dem sie die genauen Tatsachen, die dem Erlass dieser Maßnahmen zugrunde lagen, identifizieren und deren Richtigkeit sowie die vom Rat insoweit vorgenommene Beurteilung angreifen konnte. Daraus folgt, dass die Begründung, die den in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen zugrunde lag, es der Bolivarischen Republik Venezuela ermöglicht hat, die Gründe für diese Maßnahmen zu verstehen und anzugreifen, und es dem Gericht ermöglicht hat, seine Kontrolle über ihre Rechtmäßigkeit auszuüben.

58      Der zweite Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Materielle Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellung und offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der politischen Lage in Venezuela

59      Die Bolivarische Republik Venezuela betont, dass die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen erstens aufgrund der Verletzung der venezolanischen Verfassung, der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung durch die venezolanischen Behörden, zweitens aufgrund der Inhaftierung politischer Gegner in Venezuela und der Verletzung demokratischer Grundsätze und drittens aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die venezolanischen Behörden erlassen worden seien. Diese Verstöße umfassten eine übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei und die venezolanischen Streitkräfte sowie die Beeinträchtigung des Rechts auf friedliche Demonstration. Die Bolivarische Republik Venezuela beanstandet die Beurteilung dieser Umstände durch den Rat.

60      Insbesondere beklagt die Bolivarische Republik Venezuela zum einen die Unrichtigkeit der vom Rat herangezogenen Tatsachen.

61      Zum anderen wendet sie sich gegen die Beurteilung dieser Tatsachen in Bezug auf die politische Lage in Venezuela durch den Rat.

62      Der Rat tritt dem Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela entgegen.

63      Was die allgemeinen Regeln über die Einzelheiten der restriktiven Maßnahmen betrifft, verfügt der Rat nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Umstände, die beim Erlass solcher wirtschaftlichen und finanziellen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 215 AEUV in Übereinstimmung mit einem gemäß Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union, insbesondere Art. 29 EUV, erlassenen Beschluss zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen. Da der Unionsrichter seine eigene Beurteilung der Beweise, Tatsachen und Umstände, die dem Erlass solcher Maßnahmen zugrunde liegen, nicht an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen darf, muss sich die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, die Tatsachen richtig festgestellt wurden und weder ein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen noch ein Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen solche Maßnahmen beruhen (vgl. Urteil vom 25. Januar 2017, Almaz-Antey Air and Space Defence/Rat, T‑255/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:25, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 155).

64      Daraus folgt, dass die Kontrolle des Unionsrichters über die Beurteilung der Tatsachen auf die Kontrolle offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränkt ist. Dagegen erfordert die Kontrolle der materiellen Richtigkeit der Tatsachenfeststellung die Überprüfung der behaupteten Tatsachen und des Vorliegens einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, so dass die gerichtliche Kontrolle in dieser Hinsicht nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der Tatsachen beschränkt ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 14. Juli 2021, Cabello Rondón/Rat, T‑248/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:450, Rn. 64).

65      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung im Wesentlichen den in den Art. 1, 3 und 5 des Beschlusses 2017/2074 zum Ausdruck kommenden politischen Standpunkt der Union aufgreifen, um ihn auf Unionsebene umzusetzen. Wie oben in den Rn. 52 und 56 ausgeführt, sind bei der Prüfung der mit der angefochtenen Verordnung verhängten restriktiven Maßnahmen die im Beschluss 2017/2074 und insbesondere in dessen achtem Erwägungsgrund dargelegten Gründe für den Erlass dieser Maßnahmen zu berücksichtigen.

66      So ergibt sich aus den Erwägungsgründen 1 und 8 dieses Beschlusses, die oben in den Rn. 53 und 54 wiedergegeben sind, dass die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtene Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen – im Licht der genannten Erwägungsgründe des Beschlusses 2017/2074 – auf der anhaltenden Beeinträchtigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Venezuela sowie auf dem Auftreten von Gewalttätigkeiten, übermäßigen Gewaltanwendungen und Menschenrechtsverletzungen oder ‑verstößen beruhen, deren Wiederholung durch diese restriktiven Maßnahmen verhindert werden sollte. Daher ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen in diesem konkreten Kontext zu prüfen.

67      Was als Erstes die materielle Richtigkeit der Tatsachenfeststellung anbelangt, führt der Rat in seiner Klagebeantwortung eine Reihe von Beweisen an, die geeignet sind, die Richtigkeit der Tatsachen zu belegen, die dem Erlass der in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen zugrunde lagen.

68      Erstens beruft sich der Rat auf einen Aufruf von Human Rights Watch vom 11. September 2017 zu „Maßnahmen der Union als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen in Venezuela“.

69      Zweitens zitiert er eine Pressemitteilung der interamerikanischen Menschenrechtskommission vom 31. August 2017.

70      Drittens stützt er sich auf einen Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vom 19. Juli 2017.

71      Viertens beruft sich der Rat auf einen Bericht der OAS vom 25. September 2017.

72      Im Wesentlichen dokumentieren diese Beweise, die aus glaubwürdigen Quellen stammen, detailliert die brutalen Repressionen gegen Dissidenten und Regimegegner durch das Regime der Bolivarischen Republik Venezuela. Insbesondere werden darin Massenverhaftungen von Oppositionellen, die strafrechtliche Verfolgung von Zivilisten vor Militärgerichten, schwere Gewalt gegen und zahlreiche Tötungen von Demonstranten, Missbrauch von Häftlingen in Form von Folter, Angriffe auf die Nationalversammlung sowie die Verletzung des Rechts auf friedliche Demonstration, des Wahlrechts und der Meinungsfreiheit, u. a. durch Angriffe auf und die Inhaftierung von Journalisten, berichtet. Darüber hinaus kündigte die Regierung die Verteilung von Waffen an zivile Milizen an und forderte sie auf, gegen Demonstranten vorzugehen. Zudem geht aus den Beweisen des Rates auch hervor, dass die Generalstaatsanwältin von Venezuela am 5. August 2017 ihres Amtes enthoben wurde, während sie unter anderem gegen die Sicherheitskräfte ermittelte, die angeblich auf Demonstranten geschossen hatten, dass ihr die Ausreise aus Venezuela untersagt wurde und dass ihre Konten eingefroren wurden. Darüber hinaus setzte die verfassunggebende Nationalversammlung eine Kommission ein, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen als Mechanismus zur Verfolgung von Dissidenten angesehen wurde. Schließlich zitierte die OAS Erklärungen des damaligen Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela, der am 24. Juni 2017 vor den Streitkräften gefragt hatte: „[W]as würde passieren, wenn die [Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas] zu einem bewaffneten zivil-militärischen Aufstand aufrufen würde, um die Oppositionsführer festzunehmen, die Nationalversammlung aufzulösen[?]“ Des Weiteren äußerte der damalige Präsident am 27. Juni 2017 bei einer Veranstaltung zur Werbung für die verfassunggebende Nationalversammlung: „Wenn Venezuela in Chaos und Gewalt verfiele und die Bolivarische Revolution zerstört wäre, würden wir in den Kampf ziehen [und] wir würden niemals aufgeben, und was wir nicht mit Wahlen erreicht hätten, würden wir mit Waffen erreichen.“

73      Um die vom Rat geschilderten Tatsachen zu bestreiten, führt die Bolivarische Republik Venezuela in ihrer Erwiderung eine Reihe von Beweisen an, darunter einen innerhalb der Vereinten Nationen erstellten Bericht, einen Beschluss des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen sowie von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Resolutionen.

74      Hierzu ist festzustellen, dass sich fast alle dieser Beweise nicht auf die Bolivarische Republik Venezuela und erst recht nicht auf die Ereignisse in diesem Land beziehen. Der einzige von der Bolivarischen Republik Venezuela angeführte Beweis, der sich auf dieses Land bezieht, betrifft die wirtschaftliche und humanitäre Lage in Venezuela im Jahr 2021. Im Übrigen hat die Bolivarische Republik Venezuela nicht angegeben, welche in diesen Beweisen enthaltenen Informationen die Richtigkeit der vom Rat herangezogenen Tatsachen in Frage stellen könnten.

75      Um zu belegen, dass die venezolanischen Institutionen und Justizbehörden bei der Verfolgung der begangenen Missbräuche oder Straftaten besonders aktiv gewesen seien, beruft sich die Bolivarische Republik Venezuela außerdem auch auf zwei interne Berichte des Regimes, die jedoch durch keinen weiteren Beweis aus externen Quellen außerhalb des Regimes bestätigt werden und deren Beweiswert daher als gering anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Februar 2021, Ilunga Luyoyo/Rat, T‑124/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:63, Rn. 110). Darüber hinaus hat sich die Bolivarische Republik Venezuela in der mündlichen Verhandlung und in ihren Schriftsätzen auf keine internationale Quelle gestützt, die ihre These untermauern könnte. Jedenfalls ist festzustellen, dass sich diese Berichte im Wesentlichen auf Handlungen der venezolanischen Staatsanwaltschaft beziehen, die unter der Leitung der Generalstaatsanwältin durchgeführt wurden, die, wie oben in Rn. 72 dargelegt, vom venezolanischen Regime am 5. August 2017 ihres Amtes enthoben und Maßnahmen mit restriktivem Charakter unterworfen wurde. Außerdem wird in diesen Berichten weder angegeben, dass die auf landesinterner Ebene durchgeführten Ermittlungen zu einem Ergebnis geführt hätten, noch dass diese Ermittlungen verantwortliche Personen beträfen, die zu den Sicherheitskräften Venezuelas gehörten.

76      Daher ist festzustellen, dass die Bolivarische Republik Venezuela nicht nachgewiesen hat, dass die Tatsachen, auf die sich der Erlass der in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen stützt, inhaltlich falsch wären. Die vom Rat herangezogenen Tatsachen beruhen auf einer gesicherten Tatsachengrundlage, die die Bolivarische Republik Venezuela nicht in Zweifel ziehen konnte.

77      Was als Zweites die Beurteilung der politischen Lage in Venezuela durch den Rat auf der Grundlage der Tatsachen betrifft, die dem Erlass der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen zugrunde lagen, trägt die Bolivarische Republik Venezuela die oben in Rn. 73 beschriebenen Beweise vor, die ihrer Ansicht nach die interne Situation im Land beschreiben. Sie macht jedoch keinerlei nähere Ausführungen zu deren Relevanz oder den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Somit kommen ihr Vorbringen und die genannten Beweise einem Bestreiten der Zweckmäßigkeit des Erlasses der in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen gleich.

78      In dieser Hinsicht übt der Unionsrichter nun aber, wie sich aus der oben in Rn. 63 zitierten Rechtsprechung ergibt, eine beschränkte Kontrolle aus. Angesichts des Art. 29 EUV, der den Rat ermächtigt, „Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer bestimmten Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt wird“, zu erlassen, ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Verordnung zum einen allgemeine Geltung hat, die den Standpunkt der Union zu einer die GASP betreffenden Frage widerspiegelt, und es zum anderen nicht dem Gericht obliegt, seine eigene Beurteilung dieser Frage an die Stelle der vom Rat geäußerten Beurteilung zu setzen. Insbesondere verfügt der Rat bei der Festlegung des Standpunkts der Union über ein weites politisches Ermessen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128, Rn. 77).

79      Darüber hinaus ist das Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela zu den nationalen Bestimmungen, die das Recht auf friedliche Demonstration garantieren, und zu ihrer angeblichen Zusammenarbeit mit internationalen Mechanismen zur Stärkung des Menschenrechtssystems, zurückzuweisen.

80      Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um die Frage, ob die geltenden Vorschriften die Achtung der Menschenrechte in Venezuela formal gewährleisten. Auch wenn diese Vorschriften nicht außer Acht gelassen werden können, hat sich der Rat, wie sich oben aus Rn. 72 ergibt, bei der Beurteilung der Lage in Venezuela auf glaubwürdige und zuverlässige Informationen gestützt. In Anbetracht dieser Informationen durfte der Rat davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung Gewalttätigkeiten, übermäßige Gewaltanwendungen und Menschenrechtsverletzungen oder Angriffe auf die Demokratie in Venezuela hinreichend belegt waren und dass die Gefahr der Wiederholung solcher Vorfälle bestand. Unter diesen Umständen konnte der Rat, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, zu dem Schluss gelangen, dass in Venezuela Beeinträchtigungen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte stattfanden (siehe oben, Rn. 66).

81      Folglich ist das Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela, mit dem ein offensichtlicher Fehler bei der der Beurteilung der politischen Lage in Venezuela geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

82      Demnach ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verhängung rechtswidriger Gegenmaßnahmen und Verstoß gegen das Völkerrecht

83      Die Bolivarische Republik Venezuela macht geltend, dass ihr die angefochtene Verordnung rechtswidrige Gegenmaßnahmen auferlege und damit gegen Völkergewohnheitsrecht und die Übereinkünfte der Welthandelsorganisation (WTO) verstoße. Mit dieser Verordnung habe die Union nämlich auf die angeblichen Verletzungen demokratischer Grundsätze und der venezolanischen Verfassung reagiert. Aus diesem Grund habe die Union beschlossen, ihre Verpflichtungen aus den WTO‑Übereinkünften auszusetzen. Außerdem sei das verhängte Embargo unverhältnismäßig und stelle eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bolivarischen Republik Venezuela dar. Darüber hinaus hätte der Rat ihrer Ansicht nach die zuvor von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen die Bolivarische Republik Venezuela verhängten restriktiven Maßnahmen berücksichtigen müssen.

84      Die Bolivarische Republik Venezuela führt aus, wenn, wie der Rat behaupte, die gegen sie verhängten restriktiven Maßnahmen keine Gegenmaßnahmen darstellten, der Rat diese restriktiven Maßnahmen nicht ohne vorherige Genehmigung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen hätte erlassen dürfen. Solche einseitigen Maßnahmen verstießen gegen das Völkerrecht, wie sich aus den Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen ergebe, und der Rat habe keine Zuständigkeit für ihren Erlass.

85      Der Rat tritt dem Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela entgegen.

86      Im vorliegenden Fall beruft sich die Bolivarische Republik Venezuela als Erstes auf einen angeblichen Verstoß gegen das Völkergewohnheitsrecht durch die Verhängung rechtswidriger Gegenmaßnahmen durch den Rat, der somit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten impliziere, auf den Erlass der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen ohne vorherige Genehmigung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und auf eine angebliche Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

87      In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Union nach Art. 3 Abs. 5 EUV einen Beitrag zur strikten Einhaltung und zur Weiterentwicklung des Völkerrechts leistet. Beim Erlass eines Rechtsakts ist sie also verpflichtet, das gesamte Völkerrecht zu beachten, auch das die Organe der Union bindende Völkergewohnheitsrecht (Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 101; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 291 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Ein Rechtsunterworfener kann die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts insoweit im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union durch den Unionsrichter geltend machen, als zum einen die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts durch diese Grundsätze in Frage gestellt werden kann und zum anderen durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Rechtsunterworfenen aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder Verpflichtungen des Rechtsunterworfenen aus dem Unionsrecht begründet werden können (Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 107).

89      Da ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts aber nicht dieselbe Bestimmtheit aufweist wie eine Bestimmung einer internationalen Übereinkunft, muss sich die gerichtliche Kontrolle zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob den Organen der Union beim Erlass des betreffenden Rechtsakts offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Grundsätze unterlaufen sind (Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 110).

90      Im vorliegenden Fall ist erstens in Bezug auf die angebliche Verhängung rechtswidriger Gegenmaßnahmen durch den Rat darauf hinzuweisen, dass Art. 49 („Gegenstand und Grenzen von Gegenmaßnahmen“) des Entwurfs der Artikel über die Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen, wie er 2001 von der Völkerrechtskommission (International Law Commission) der Vereinten Nationen angenommen wurde, bestimmt:

„1. Ein geschädigter Staat darf Gegenmaßnahmen gegen einen für eine völkerrechtswidrige Handlung verantwortlichen Staat nur ergreifen, um diesen Staat zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nach dem Zweiten Teil zu veranlassen.

2. Die Gegenmaßnahmen beschränken sich auf die vorübergehende Nichterfüllung internationaler Verpflichtungen des Staates, der die Maßnahmen ergreift, gegenüber dem verantwortlichen Staat.

3. Die Gegenmaßnahmen müssen so weit wie möglich in einer Weise ergriffen werden, die die Wiederaufnahme der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen ermöglicht.“

91      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in den Rn. 53 und 56 dargelegt, die angefochtene Verordnung im Kontext einer Reaktion auf die anhaltende Beeinträchtigung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Venezuela mit dem Ziel erlassen wurde, der Gefahr weiterer Gewalttätigkeiten, übermäßiger Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzungen oder ‑verstöße vorzubeugen. Weder in der angefochtenen Verordnung noch im Beschluss 2017/2074, dessen Umsetzung sie gewährleistet, ist die Rede davon, dass die Bolivarische Republik Venezuela gegen eine Regel des Völkerrechts verstoßen habe oder dass die Union vorübergehend eine internationale Verpflichtung gegenüber der Bolivarischen Republik Venezuela nicht erfüllt habe. Wie der Rat zu Recht geltend macht, zielten die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen nicht darauf ab, auf eine der Bolivarischen Republik Venezuela zuzurechnende völkerrechtswidrige Handlung mit einer vorübergehenden Nichterfüllung internationaler Verpflichtungen der Union zu reagieren. Außerdem hinterlegte die Union keine Mitteilungen über eine solche Nichterfüllung, wie sie in der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs vorgesehen sind (vgl. in diesem Sinne Project Gabčíkovo-Nagymaros [Ungarn/Slowakei], Urteil, ICJ Reports 1997, S. 7, Rn. 84). Im Übrigen hat die Bolivarische Republik Venezuela in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung behauptet, keine völkerrechtswidrige Handlung begangen zu haben, und folglich geltend gemacht, dass die angefochtenen Rechtsakte keine Gegenmaßnahmen darstellten.

92      Daraus folgt, dass die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen keine Gegenmaßnahmen im Sinne von Art. 49 des Entwurfs der Artikel über die Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen darstellen. Folglich ist der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Bolivarischen Republik Venezuela zurückzuweisen.

93      Damit geht das aus dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 25. September 1997 (Project Gabčíkovo-Nagymaros [Ungarn/Slowakei], Urteil, ICJ Reports 1997, S. 7, Rn. 83 und 84), hergeleitete Argument der Bolivarischen Republik Venezuela, wonach ein Drittstaat ein Recht darauf habe, informiert zu werden, bevor ein anderer Staat Gegenmaßnahmen ergreift, ins Leere, da die Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung keine Gegenmaßnahmen im Sinne der Regeln des Völkergewohnheitsrechts darstellen.

94      Folglich ist das Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela, mit dem ein Verstoß gegen das Völkergewohnheitsrecht hinsichtlich der angeblichen Verhängung rechtswidriger Gegenmaßnahmen geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

95      Was zweitens das Argument des Erlasses der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen ohne vorherige Genehmigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 29 EUV und Art. 215 AEUV keinen Anhaltspunkt dafür enthalten, dass die der Union mit diesen Bestimmungen zugewiesene Zuständigkeit auf die Umsetzung der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossenen Maßnahmen beschränkt wäre. Vielmehr verleihen diese Vertragsbestimmungen dem Rat die Zuständigkeit für den Erlass von Rechtsakten, die selbständige restriktive Maßnahmen enthalten, die sich von den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen besonders empfohlenen Maßnahmen unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Rosneft u. a./Rat, T‑715/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:544, Rn. 159 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 38 Abs. 1 Buchst. b des Statuts des Internationalen Gerichtshofs das Vorliegen internationalen Gewohnheitsrechts von der Voraussetzung „einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung“ abhängt. Die Bolivarische Republik Venezuela hat jedoch nicht nachgewiesen, dass es eine solche allgemeine Übung gibt, wonach vor dem Erlass restriktiver Maßnahmen durch den Rat eine vorherige Genehmigung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einzuholen wäre.

97      Sowohl die von der Bolivarischen Republik Venezuela in Bezug genommenen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen als auch die Resolutionen des Menschenrechtsrats wurden mit einer beträchtlichen Anzahl von Nein-Stimmen oder Enthaltungen, insbesondere aus den Mitgliedstaaten der Union, angenommen. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Resolutionen, auf die sich die Bolivarische Republik Venezuela stützt, „eine allgemeine, als Recht anerkannte Übung“ widerspiegeln.

98      Daher ist das Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela, der Rat sei nicht befugt gewesen, die angefochtene Verordnung ohne vorherige Genehmigung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu erlassen, zurückzuweisen.

99      Was drittens die behauptete Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit betrifft, gehört dieser Grundsatz nach ständiger Rechtsprechung zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und verlangt, dass die von einer unionsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel geeignet sind, die mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele zu erreichen, und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (vgl. Urteil vom 3. Februar 2021, Ilunga Luyoyo/Rat, T‑124/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:63, Rn. 193 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Des Weiteren ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Bezug auf die gerichtliche Kontrolle der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit annimmt, dass der Unionsgesetzgeber in Bereichen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen muss, über einen großen Wertungsspielraum verfügt. Folglich ist eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 146).

101    Hierzu ist festzustellen, dass die restriktiven Maßnahmen, die im Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr von Ausrüstungen, die zur internen Repression verwendet werden können, sowie der Bereitstellung von Diensten im Zusammenhang mit diesen Ausrüstungen und Militärgütern bestehen, in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen, der Gefahr weiterer Gewalttätigkeiten, übermäßiger Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzungen oder ‑verstößen vorzubeugen.

102    Zum anderen beschränken sich die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen restriktiven Maßnahmen im Wesentlichen auf das Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr von Ausrüstungen, die zur internen Repression verwendet werden können, sowie der Bereitstellung von Diensten im Zusammenhang mit diesen Ausrüstungen und Militärgütern an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Venezuela oder zur Verwendung in Venezuela. Außerdem sehen die Art. 4, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, abweichend von den in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen bestimmte Genehmigungen zu erteilen. Daher sind die Maßnahmen weder offensichtlich ungeeignet noch gehen sie über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinaus.

103    Somit liegt keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor.

104    Folglich ist das gesamte Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela zum Verstoß gegen das Völkergewohnheitsrecht zurückzuweisen.

105    Als Zweites macht die Bolivarische Republik Venezuela zum einen nicht geltend, dass die angefochtene Verordnung ausdrücklich auf Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweise. Tatsächlich enthält die Verordnung keinen Verweis auf diese Übereinkünfte.

106    Zum anderen hat die Bolivarische Republik Venezuela nicht angegeben, durch welche Handlungen oder bei welcher Gelegenheit die Union mit der angefochtenen Verordnung eine bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung hätte erfüllen wollen.

107    Zur Vereinbarkeit der durch die angefochtene Verordnung auferlegten Beschränkungen mit dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die WTO-Übereinkünfte wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen gehören, an denen der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Unionsorgane misst. Nur wenn die Union eine bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung hätte erfüllen wollen oder wenn die Unionshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweisen würde, wäre es Sache des Unionsrichters, die Rechtmäßigkeit der Handlung an den WTO-Regeln zu messen (vgl. Urteil vom 13. September 2018, PSC Prominvestbank/Rat, T‑739/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:547, Rn. 133 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 22. Juni 1989, Fediol/Kommission, 70/87, EU:C:1989:254, Rn. 19 bis 22, und vom 7. Mai 1991, Nakajima/Rat, C‑69/89, EU:C:1991:186, Rn. 29 bis 32).

108    Daher ist das auf einen Verstoß gegen die WTO-Übereinkünfte gestützte Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela als unbegründet zurückzuweisen.

109    Als Drittes macht die Bolivarische Republik Venezuela geltend, dass die vom Rat erlassenen Maßnahmen Wirkungen in ihrem Hoheitsgebiet, d. h. außerhalb des Gebiets der Union, entfalteten. Folglich implizierten sowohl die Beurteilung der Lage in Venezuela durch den Rat, der versucht habe, das Vorliegen von Rechtsverletzungen in der Bolivarischen Republik Venezuela nachzuweisen, als auch die Auswirkungen der infolge dieser Beurteilung erlassenen Maßnahmen die Ausübung einer extraterritorialen Zuständigkeit. Wie der Internationale Gerichtshof mehrfach hervorgehoben habe, verstoße die Ausübung einer extraterritorialen Zuständigkeit eindeutig gegen das Völkerrecht. Insbesondere verweist die Bolivarische Republik Venezuela auf ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 14. Februar 2002 (Haftbefehl vom 11. April 2000 [Demokratische Republik Kongo/Belgien], Urteil, ICJ Reports 2002, S. 3).

110    Hierzu ist festzustellen, dass Art. 29 EUV den Rat ermächtigt, „Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer bestimmten Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt wird“, zu erlassen. Der Artikel stellt klar, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür Sorge [tragen], dass ihre einzelstaatliche Politik mit den Standpunkten der Union in Einklang steht“. Darüber hinaus bestimmt Art. 215 Abs. 1 AEUV, dass der Rat einen Beschluss erlassen kann, der „die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vor[sieht]“. Daraus folgt, dass das implizite, aber offenkundige Ziel solcher Maßnahmen darin besteht, eine Wirkung auf den betreffenden Drittstaat zu entfalten, wie sich aus den Rn. 68 und 69 des Rechtsmittelurteils ergibt. Daher verleihen diese Bestimmungen dem Rat die Befugnis, restriktive Maßnahmen wie die in den Art. 2, 3, 6 und 7 der angefochtenen Verordnung vorgesehenen zu erlassen.

111    Außerdem richten sich die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen, wie der Rat zu Recht geltend macht und wie sich aus dem oben in Rn. 11 zitierten Art. 20 der angefochtenen Verordnung ergibt, gegen Personen und Situationen, die in räumlicher oder persönlicher Hinsicht der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten unterliegen.

112    Der Verweis der Bolivarischen Republik Venezuela auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 14. Februar 2002 (Haftbefehl vom 11. April 2000 [Demokratische Republik Kongo/Belgien], Urteil, ICJ Reports 2002, S. 3) geht insofern fehl, als jene Rechtssache eine andere Situation als die vorliegende betraf. In jener Rechtssache ging es nämlich um einen internationalen Haftbefehl, den das Königreich Belgien gegen den Außenminister der Demokratischen Republik Kongo zwecks dessen Festnahme und Auslieferung an das Königreich Belgien wegen angeblicher Verbrechen, die „schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“ darstellten, erlassen hatte. In der vorliegenden Rechtssache gibt es hingegen keinen Beleg dafür, dass die Union ihre Zuständigkeiten in dem Hoheitsgebiet oder gegen Personen ausübt, die ausdrücklich der Gerichtsbarkeit der Bolivarischen Republik Venezuela unterstehen.

113    Vielmehr fügt sich die Befugnis des Rates zum Erlass restriktiver Maßnahmen in den Rahmen der autonomen Maßnahmen der Union ein, die diese im Rahmen der GASP im Einklang mit den Zielen und Werten der Union erlässt, wie sie in Art. 3 Abs. 5 EUV und in Art. 21 EUV genannt sind, und zwar insbesondere dem Ziel, weltweit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts zu fördern. Sie sollen insbesondere die Einhaltung der Pflichten erga omnes partes zur Achtung der Grundsätze, die sich aus dem allgemeinen Völkerrecht und den internationalen Instrumenten universellen oder quasi-universellen Charakters ergeben – insbesondere Art. 1 der Charta der Vereinten Nationen –, die Achtung der Grundrechte – insbesondere das Verbot der Folter –, die Achtung demokratischer Grundsätze sowie den Schutz der Rechte der Kinder sicherstellen. Es handelt sich um ein gemeinsames „rechtliches Interesse“, dass die betreffenden Rechte geschützt werden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited, Urteil, ICJ Reports 1970, S. 3, Rn. 33 und 34, und Questions relating to the Obligation to Prosecute or Extradite [Fragen betreffend die Verpflichtung zur Verfolgung oder Auslieferung] [Belgien/Senegal], Urteil, ICJ Reports 2012, S. 422, Rn. 68 bis 70).

114    Daher ist das Vorbringen der Bolivarischen Republik Venezuela zu diesem Punkt zurückzuweisen.

115    Als Viertes ist zu den Rügen der Bolivarischen Republik Venezuela, die sich auf die Verpflichtung des Rates, die von Drittstaaten – insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika – verhängten restriktiven Maßnahmen zu berücksichtigen, auf die Natur der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen, die gegen das Völkerrecht verstoßende, unilaterale restriktive Maßnahmen darstellten, und auf die Ausübung eines Zwangs, der dem Recht auf Entwicklung und den Menschenrechten der Bevölkerung der Bolivarischen Republik Venezuela abträglich sei, stützen, festzustellen, dass diese erstmals in der Erwiderung geltend gemacht worden sind.

116    Gemäß Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

117    Nach der Rechtsprechung ist Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung auch auf Rügen und Vorbringen anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2021, AQ/eu-LISA, T‑164/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:456, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung), die keine Erweiterung der in der Klageschrift vorgebrachten Klagegründe und Rügen darstellen.

118    Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass sich die oben in Rn. 115 aufgeführten Rügen auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte stützen, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

119    Deshalb sind diese Rügen gemäß Art. 84 der Verfahrensordnung unzulässig.

120    Nach alledem ist der vierte Klagegrund folglich zurückzuweisen und die Klage somit insgesamt abzuweisen.

 Kosten

121    Nach Art. 133 der Verfahrensordnung wird über die Kosten im Endurteil entschieden. Nach Art. 219 der Verfahrensordnung hat das Gericht, wenn es nach Aufhebung und Zurückverweisung durch den Gerichtshof entscheidet, über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof zu entscheiden. Schließlich ist nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

122    Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil das ursprüngliche Urteil aufgehoben und die Kostenentscheidung vorbehalten. Daher ist im vorliegenden Urteil über die Kosten des ursprünglichen Verfahrens vor dem Gericht, des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof und des vorliegenden Verfahrens nach Zurückverweisung zu entscheiden.

123    Da der Rat im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof unterlegen ist, sind ihm seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Bolivarischen Republik Venezuela in diesem Verfahren aufzuerlegen.

124    Da die Bolivarische Republik Venezuela im Verfahren nach Zurückverweisung vor dem Gericht auf der Grundlage des Vorbringens, das sie im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht vor dem Rechtsmittel geltend gemacht hat, in der Sache unterlegen ist, sind ihr die Kosten dieser beiden Verfahren aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Große Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Bolivarischen Republik Venezuela im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof in der Rechtssache C872/19 P.

3.      Die Bolivarische Republik Venezuela trägt die Kosten des Verfahrens in der an das Gericht zurückverwiesenen Rechtssache T65/18 RENV sowie des ursprünglichen Verfahrens vor dem Gericht in der Rechtssache T65/18.

van der Woude

Papasavvas

Spielmann

Marcoulli

da Silva Passos

Jaeger

Frimodt Nielsen

Kanninen

Gervasoni

Półtorak

Reine

Pynnä

Tichy-Fisslberger

Valasidis

Verschuur

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.


i      Die vorliegende Sprachfassung ist in Rn. 42 gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.