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Klage, eingereicht am 25. Juni 2021 – Portigon/SRB

(Rechtssache T-360/21)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: Portigon AG (Düsseldorf, Deutschland) (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Bliesener, V. Jungkind und F. Geber)

Beklagter: Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB)

Anträge

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 14. April 2021 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds für 2021 (Az.: SRB/ES/2021/22), soweit der Beschluss die Klägerin betrifft, für nichtig zu erklären;

das Verfahren nach Art. 69 Buchst. c und d der Verfahrensordnung des Gerichts auszusetzen, bis über die Klageverfahren T-413/181 , T-481/192 , T-339/203 und T-424/204 und C-664/20 P5 rechtskräftig entschieden ist oder sie anderweitig beendet wurden;

dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Klage wird auf folgende Gründe gestützt.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates6 , Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates7 und AEUV durch Heranziehung der Klägerin zu Beiträgen zum Fonds

Der Beklagte habe die Klägerin zu Unrecht der Beitragspflicht unterworfen, da die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates8 keine Beitragspflicht für in Abwicklung befindliche Institute vorsehen würden.

Der Gesetzgeber hätte die Beitragspflicht wegen des fehlenden Binnenmarktbezugs nicht auf Art. 114 AEUV stützen dürfen. Unionsweit harmonisierte Beitragsregelungen erleichterten weder die Ausübung der Grundfreiheiten noch behöben sie spürbare Wettbewerbsverzerrungen in Bezug auf Institute, die sich vom Markt zurückzögen.

Der Beklagte habe die Klägerin zu Unrecht der Beitragspflicht unterworfen, da das Institut nicht risikoexponiert sei, eine Abwicklung nach der Verordnung Nr. 806/2014 ausgeschlossen sei und das Institut keine Bedeutung für die Stabilität des Finanzsystems habe.

Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission9 verstoße gegen Art. 114 AEUV sowie gegen Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59/EU als wesentliche Regelung der Beitragsberechnung (Art. 290 Abs. 1 Satz 2 AEUV).

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), da das Berechnungsverfahren keine vollständige Begründung der Beitragsberechnung erlaube. Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 sei teilweise unwirksam.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 16 und 20 der Charta, da aufgrund der Sondersituation der Klägerin der angefochtene Beschluss gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und gegen das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit verstoße.

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften und möglicherweise gegen Art. 5 Abs. 1 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81, da es unsicher sei, ob der SRB-Beschluss festgestellt wurde. Ferner habe der Beklagte den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, die Klägerin vor Erlass des SRB-Beschlusses nicht angehört und seinen Beschluss unzureichend begründet.

Fünfter Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 durch überhöhte Bezifferung der Zielausstattung, da der Beklagte die Zielausstattung höchstens auf EUR 55.000.000.000 hätte beziffern dürfen.

Sechster Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59/EU, da der Beklagte bei der Berechnung der Beitragshöhe risikolose Verbindlichkeiten von den relevanten Verbindlichkeiten hätte ausnehmen müssen.

Siebter Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2015/63, da der Beklagte die Beiträge der Klägerin zu Unrecht auf Grundlage einer Bruttobetrachtung der Derivatekontrakte berechnet habe.

Achter Klagegrund (hilfsweise): Verstoß gegen Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 i.V.m. Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63, da der Beklagte die Klägerin zu Unrecht als ein Institut in Reorganisation angesehen habe.

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1 ABl. 2018, C 294, S. 41.

2 ABl. 2019, C 305, S. 60.

3 ABl. 2020, C 240, S. 34.

4 ABl. 2020, C 279, S. 70.

5 ABl. 2021, C 44, S. 35.

6 Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1).

7 Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates vom 19. Dezember 2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (ABl. 2015, L 15, S. 1).

8 Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190).

9 Delegierte Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44).