URTEIL DES GERICHTSHOFES
31. März 1998 (1)
„Gemeinschaftliche Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
Kollektive beherrschende Stellung“
In den verbundenen Rechtssachen C-68/94
Französische Republik, vertreten durch Edwige Belliard, stellvertretende Direktorin
in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige
Angelegenheiten, Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in dieser Direktion, und
Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in dieser Direktion, als Bevollmächtigte,
Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Berend Jan
Drijber, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt Jacques
Bourgeois, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz,
Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
unterstützt durch
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder und
Oberregierungsrat Bernd Kloke, beide Bundesministerium für Wirtschaft, D-53107
Bonn, als Bevollmächtigte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14.
Dezember 1993 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des
Rates (Fall Nr. IV/M.308 Kali + Salz/MdK/Treuhand) (ABl. 1994, L 186, S. 38)
und C-30/95
Société commerciale des potasses et de l'azote (SCPA) und Entreprise minière et
chimique (EMC), Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Charles Price, Brüssel,
Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwältin Lucy Dupong, 14 A, rue des
Bains, Luxemburg,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch Edwige Belliard, stellvertretende Direktorin
in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige
Angelegenheiten, Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in dieser Direktion, und
Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in dieser Direktion, als Bevollmächtigte,
Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Berend Jan
Drijber, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt Jacques
Bourgeois, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz,
Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
unterstützt durch
Kali und Salz GmbH sowie Kali und Salz Beteiligungs-AG, Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Karlheinz Quack, Berlin, und Georg Albrechtskirchinger, Frankfurt
am Main, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Marc Loesch, 11, rue
Goethe, Luxemburg,
wegen teilweiser Nichtigerklärung von Artikel 1 der Entscheidung 94/449/EG der
Kommission vom 14. Dezember 1993 in einem Verfahren nach der Verordnung
(EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall Nr. IV/M.308 Kali + Salz/MdK/Treuhand)
(ABl. 1994, L 186, S. 38), soweit diese Entscheidung die Erklärung der
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt von der
Einhaltung der in ihrer Randnummer 63 genannten Bedingungen abhängig macht,
und wegen teilweiser Nichtigerklärung dieser Entscheidung, soweit darin die in
ihrer Randnummer 65 erwähnte Zusage der Kali und Salz AG angenommen wird,
bis zum 30. Juni 1994 die Struktur der Firma Potacan zu ändern,
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der
Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter) und H. Ragnemalm sowie der
Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G. Kapteyn, J. L. Murray,
D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch und P. Jann,
Generalanwalt: G. Tesauro
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 12. März 1996, in der die
Französische Republik in den Rechtssachen C-68/94 und C-30/95 durch Jean-François Dobelle, stellvertretender Direktor in der Direktion für Rechtsfragen des
Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten und Jean-Marc
Belorgey, die Kommission in den Rechtssachen C-68/94 et C-30/95 durch Berend
Jan Drijber im Beistand von Rechtsanwalt Jacques Bourgeois, die Bundesrepublik
Deutschland in der Rechtssache C-68/94 durch Ernst Röder, die Société
commerciale des potasses et de l'azote (SCPA) und die Entreprise minière et
chimique (EMC) in der Rechtssache C-30/95 durch Rechtsanwalt Charles Price,
sowie die Kali und Salz GmbH und die Kali und Salz Beteiligungs-AG in der
Rechtssache C-30/95 durch die Rechtsanwälte Karlheinz Quack und Georg
Albrechtskirchinger vertreten waren,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6.
Februar 1997,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
- 1.
- Am 14. Juli 1993 wurde bei der Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 der
Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die
Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1990, L 257, S. 14; im
folgenden: Verordnung) das Vorhaben eines Zusammenschlusses der Kali und Salz
AG (im folgenden: K + S), einer Tochtergesellschaft des Chemiekonzerns BASF,
und der Mitteldeutschen Kali AG (im folgenden: MdK), deren einziger Aktionär,
die Treuhandanstalt (im folgenden: Treuhand), eine Anstalt des öffentlichen Rechts
ist, deren Aufgabe es ist, die früheren Betriebe der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik umzustrukturieren, angemeldet.
- 2.
- K + S ist im wesentlichen in den Bereichen Kali, Steinsalz und Entsorgung tätig.
In MdK sind die Kali- und Steinsalzaktivitäten der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik zusammengefaßt.
- 3.
- Das Zusammenschlußvorhaben beinhaltet die Umwandlung von MdK in eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (MdK GmbH), in die K + S ihre Kali- und
Steinsalzaktivitäten und die Treuhand 1 044 Millionen DM einbringen wird. An
dem so entstandenen Gemeinschaftsunternehmen wird K + S mit 51 % und die
Treuhand mit 49 % der Stimmrechte beteiligt sein.
- 4.
- Mit Schreiben vom 5. August 1993 teilte die Kommission den Beteiligten des
beabsichtigten Zusammenschlusses ihre Entscheidung mit, gemäß den Artikeln 7
Absatz 2 und 18 Absatz 2 der Verordnung den Vollzug des angemeldeten
Zusammenschlusses bis zum Erlaß der endgültigen Entscheidung auszusetzen.
- 5.
- Am 16. August 1993 entschied die Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1
Buchstabe c der Verordnung, das sogenannte Verfahren einer eingehenden Prüfung
einzuleiten, da der angemeldete Zusammenschluß ernsthafte Bedenken hinsichtlich
seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt aufwerfe.
- 6.
- Die Kommission teilte am 13. Oktober 1993 den Beteiligten die ihnen gegenüber
geltend gemachten Einwände gemäß Artikel 18 der Verordnung mit. Nach ihrer
Ansicht konnte der Zusammenschluß, wie er mit dem angemeldeten Vorhaben
beabsichtigt war, eine gemeinsame beherrschende Stellung auf dem Markt der
Gemeinschaft außer Deutschland und Spanien begründen.
- 7.
- Auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte hin machten die Beteiligten der
Kommission bestimmte Zusagen, um ihre Bedenken zu beseitigen, daß der
Zusammenschluß zu einer oligopolistischen beherrschenden Stellung auf dem
relevanten Markt führen würde.
- 8.
- Die Kommission legte daraufhin dem Beratenden Ausschuß für die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen, der gemäß Artikel 19 Absätze 3 ff. der
Verordnung gebildet wurde, den Entwurf einer Entscheidung vor; der Ausschuß
gab in seiner Sitzung am 3. Dezember 1993 mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine
befürwortende Stellungnahme ab (ABl. 1994, C 199, S. 5).
- 9.
- Die Kommission erklärte mit der Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom
14. Dezember 1993 in einem Verfahren nach der Verordnung Nr. 4064/89 (Fall Nr.
IV/M.308 Kali + Salz/MdK/Treuhand) (ABl. 1994, L 186, S. 38; im folgenden:
streitige Entscheidung) den angemeldeten Zusammenschluß für mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar, macht dafür jedoch gemäß Artikel 8 Absatz 2
Unterabsatz 2 der Verordnung zur Voraussetzung, daß bestimmte ihr gegenüber
abgegebene Zusagen der Beteiligten eingehalten werden. Nach der erwähnten
Bestimmung kann die Kommission nämlich ihre „Entscheidung [mit der ein
Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird] mit
Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, daß die beteiligten
Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der
Kommission hinsichtlich der Änderung des ursprünglichen
Zusammenschlußvorhabens eingegangen sind“.
- 10.
- Der Markt für das betreffende Produkt, wie er in der streitigen Entscheidung
umschrieben wurde, betrifft Erzeugnisse auf Kalibasis für die Landwirtschaft, zu
denen sowohl Kali für unmittelbare Verwendung in der Landwirtschaft als auch für
die Herstellung von Mehrnährstoffdüngemitteln verkauftes Kali gehört. In
geographischer Hinsicht bestimmte die Kommission zwei verschiedene Märkte für
das betreffende Produkt: den deutschen Markt und den Markt der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands.
- 11.
- Zum deutschen Markt stellte die Kommission in Randnummer 46 der streitigen
Entscheidung fest, daß der geplante Zusammenschluß zu einer faktischen
Monopolstellung führe, da der Marktanteil von K + S 79 % und der Marktanteil
von MdK 19 % betrage, und sie gelangte in Randnummer 50 zu dem Ergebnis, daß
nach dem beabsichtigten Zusammenschluß die marktbeherrschende Stellung von
K + S auf dem deutschen Kalimarkt verstärkt sein werde. In Anwendung der
Theorie der „Failing company defence“ (Theorie der Verteidigung der
zahlungsunfähigen Gesellschaft) gelangte sie zu dem Ergebnis, daß der im
vorliegenden Fall beabsichtigte Zusammenschluß nicht kausal für die Verstärkung
der beherrschenden Stellung von K + S auf dem deutschen Markt sei. Hierzu wird
in Randnummer 95 der streitigen Entscheidung ausgeführt, daß die
Voraussetzungen der „Failing company defence“ erfüllt seien, d. h., daß „die
Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von K + S auch ohne den
Zusammenschluß erfolgen wird, da MdK ohne die Übernahme durch ein anderes
Unternehmen in naher Zukunft aus dem Markt ausscheiden wird, die
Marktposition von MdK in diesem Fall auf K + S übergehen wird und praktisch
ausgeschlossen werden kann, daß ein anderes Unternehmen als K + S die
Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil von MdK übernehmen wird“ (vgl. auch
Randnr. 71 der streitigen Entscheidung). Die Kommission fügte im übrigen in
Randnummer 95 hinzu, in Anbetracht der gravierenden Strukturschwäche der
Regionen Ostdeutschlands, die von dem beabsichtigten Zusammenschluß betroffen
seien, und der wahrscheinlich schwerwiegenden Konsequenzen einer Schließung
von MdK für diese Regionen stehe dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem
grundlegenden Ziel der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhangs
der Gemeinschaft, auf das in der dreizehnten Begründungserwägung der
Verordnung Bezug genommen werde.
- 12.
- Zum Markt der Gemeinschaft außer Deutschland führt die Kommission in
Randnummer 51 der streitigen Entscheidung aus, daß sich aufgrund des
beabsichtigten Zusammenschlusses zwei Anbieter in einer beherrschenden Stellung
befinden würden: K + S/MdK und die Société commerciale des potasses et de
l'azote (im folgenden: SCPA), das mit dem Kalivertrieb betraute
Tochterunternehmen des französischen Konzerns Entreprise minière et chimique
(im folgenden: EMC).
- 13.
- Die Untersuchung der Kommission stützt sich zum einen auf die Feststellung, daß
das Angebot außerhalb der Gruppe K + S/MdK und SCPA zersplittert sei und von
Wirtschaftsteilnehmern ausgehe, die nicht in der Lage seien, den von dem Duopol
gehaltenen Gesamtmarktanteil von ungefähr 60 % anzugreifen, und zum anderen
auf erhebliche Anhaltspunkte dafür, daß zwischen K + S/MdK und SCPA kein
wirksamer Wettbewerb bestehen werde, und zwar wegen der Eigenschaften des
Kalimarktes, des Verhaltens von K + S und SCPA in der Vergangenheit und
schließlich deren engen und alten kommerziellen Verflechtungen. Diese
Verflechtungen bestünden im wesentlichen: a) in der Kontrolle über ein
gemeinsames Unternehmen in Kanada, Potacan, an dessen Kapital K + S und
SCPA jeweils einen Anteil von 50 % hielten, b) in der Zusammenarbeit in dem
Exportkartell Kali-Export GmbH, einer Gesellschaft österreichischen Rechts mit
Sitz in Wien, die den Absatz von Kaliprodukten ihrer Gesellschafter in Drittländern
koordiniere und an deren Kapital K + S, MdK, EMC/SCPA und der spanische
Kaliproduzent Coposa mit jeweils 25 % beteiligt seien, und c) in den langjährigen
Beziehungen, aufgrund deren SCPA in Frankreich nahezu alle Lieferungen von
K + S tätige (vgl. Randnrn. 54 bis 61 der streitigen Entscheidung).
- 14.
- Unter diesen Umständen vertrat die Kommission in den Randnummern 57 und 62
die Ansicht, daß der Zusammenschluß, der die Hinzufügung der Marktanteile mit
sich bringen würde, die MdK, der zweitgrößte Erzeuger in der Gemeinschaft, in der
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands innehabe, zur Entstehung eines
marktbeherrschenden Duopols aus K + S/MdK und SCPA führen würde.
- 15.
- Um zu verhindern, daß die Kommission den Zusammenschluß von K + S und
MdK für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, machten die
Beteiligten dieses Zusammenschlusses bestimmte Zusagen, die in Randnummer 63
der streitigen Entscheidung wie folgt formuliert worden sind:
„ Kali-Export GmbH, Wien
K + S und das Gemeinschaftsunternehmen scheiden unverzüglich aus der
Kali-Export GmbH, Wien, aus ...
In gleicher Weise werden K + S und das Gemeinschaftsunternehmen den
mit Kali-Export GmbH bestehenden Vertretervertrag nach den dort
vorgesehenen Kündigungsregelungen ... kündigen. Das
Gemeinschaftsunternehmen wird ab diesem Zeitpunkt über eine eigene
Vertriebsorganisation Kali-Export GmbH Wettbewerb machen ...
Vertrieb
K + S und das Gemeinschaftsunternehmen werden in der EG soweit nicht
bereits vorhanden eine eigene Vertriebsorganisation einrichten und ihre
Produkte über dieses Vertriebsnetz zu allgemein üblichen, kaufmännischen
Gepflogenheiten vertreiben. In Frankreich wird eine Vertriebsorganisation
für Kaliprodukte einschließlich -spezialitäten errichtet werden, die den
gesamten französischen Markt umfassen und nach Art und Umfang der
Bedeutung des französischen Marktes Rechnung tragen wird. Dies geschieht
unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit.
Die bisherige Zusammenarbeit mit der SCPA als Vertriebspartner für den
französischen Markt wird ... beendet. Damit wird einerseits SCPA die
Erfüllung bereits abgeschlossener Kontrakte mit eigenen Abnehmern,
andererseits der Aufbau einer eigenen Vertriebsorganisation des
Gemeinschaftsunternehmens ermöglicht. Ein Verkauf an SCPA zu
marktüblichen Bedingungen ist möglich.“
Gerade unter Berücksichtigung dieser Zusagen erklärte die Kommission, wie in
Randnummer 9 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, den beabsichtigten
Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.
- 16.
- In Randnummer 65 der streitigen Entscheidung wird darauf hingewiesen, daß
K + S die Bedenken der Kommission wegen der negativen Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf die Wettbewerbsverhältnisse zur Kenntnis genommen und
die Zusage gemacht habe, bis zum 30. Juni 1994 die Struktur von Potacan in einer
solchen Weise umzuwandeln, daß jeder Partner in die Lage versetzt werde, von
Potacan erlangtes Kali jeweils unabhängig von dem anderen Partner auf dem Markt
der Gemeinschaft zu vermarkten. In Randnummer 67 der Entscheidung wird
jedoch klargestellt, daß die Kommission davon abgesehen habe, diese Zusage zum
Gegenstand einer förmlichen Auflage zu machen. Hierzu wird folgendes ausgeführt:
„Sollte es K + S trotz aller Bemühungen nicht gelingen, ein Einvernehmen mit
EMC zu erreichen, dann müßte eine geeignete Lösung der wettbewerblichen
Probleme, die von der derzeitigen Ausgestaltung des Gemeinschaftsunternehmens
Potacan herrühren, im Rahmen des nach der [Verordnung Nr. 17 des Rates vom
6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des
Vertrages, ABl. 1962, Nr. 13, S. 204] anhängigen Verfahrens [über die Anmeldung
der Potacan-Vereinbarungen] gefunden werden.“
- 17.
- Die Französische Republik hat mit Klageschrift, die am 18. Februar 1994 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EG-Vertrag Klage
erhoben auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung (Rechtssache C-68/94).
- 18.
- Die Bundesrepublik Deutschland ist durch Beschluß des Präsidenten des
Gerichtshofes vom 9. September 1994 in dieser Rechtssache als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.
- 19.
- SCPA und EMC haben mit Klageschrift, die am 25. Februar 1994 bei der Kanzlei
des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, gemäß Artikel 173 des Vertrages Klage
erhoben auf teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung.
- 20.
- Im Rahmen des letztgenannten Verfahrens hat der Präsident des Gerichts durch
Beschluß vom 10. Mai 1994 in der Rechtssache T-88/94 R (Société commerciale
des potasses et de l'azote und Entreprise minière et chimique/Kommission, Slg.
1994, II-263) den Vollzug von Artikel 1 der streitigen Entscheidung bis zum Erlaß
des Beschlusses, der das Verfahren der einstweiligen Anordnung beendet,
ausgesetzt, soweit er zur Auflösung der Kali-Export GmbH führen könnte, und im
übrigen den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen.
- 21.
- Durch Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache
T-88/94 R (Société commerciale des potasses et de l'azote und Entreprise minière
et chimique/Kommission, Slg. 1994, II-401) ist der Vollzug von Artikel 1 der
streitigen Entscheidung bis zum Erlaß des Urteils zur Hauptsache ausgesetzt
worden, soweit er K + S/MdK zum Ausscheiden aus der Kali-Export GmbH
verpflichtet.
- 22.
- Durch Beschluß des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 7. Juli 1994
ist die Französische Republik in der Rechtssache T-88/94 als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen worden.
- 23.
- Durch Beschluß des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts
vom 18. Januar 1995 sind die Kali und Salz Beteiligungs-AG (ehemals K + S)
sowie die Kali und Salz GmbH (ehemals MdK) in der Rechtssache T-88/94 als
Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen
worden.
- 24.
- Da die Klagen, mit denen der Gerichtshof und das Gericht befaßt waren, die
Gültigkeit desselben Rechtsakts betrafen, hat das Gericht die Rechtssache T-88/94
durch Beschluß der Zweiten erweiterten Kammer vom 1. Februar 1995 (Société
commerciale des potasses et de l'azote und Entreprise minière et
chimique/Kommission, Slg. 1995, II-221) an den Gerichtshof abgegeben, damit
dieser über den Antrag auf Nichtigerklärung entscheiden kann. Diese Rechtssache
ist am 8. Februar 1995 unter dem Aktenzeichen C-30/95 in das Register der
Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden.
- 25.
- Der Gerichtshof hat auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des
Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung in den beiden
Rechtssachen ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.
Anträge der Parteien
In der Rechtssache C-68/94
- 26.
- Die Französische Republik beantragt,
die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 27.
- Die Kommission beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen;
der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 28.
- Die Bundesrepublik Deutschland, die dem Verfahren zur Unterstützung der
Anträge der Kommission beigetreten ist, beantragt,
die Klage abzuweisen.
In der Rechtssache C-30/95
- 29.
- SCPA und EMC beantragen,
Artikel 1 der streitigen Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit
diese Entscheidung die Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses
mit dem Gemeinsamen Markt von der Einhaltung der in ihrer Randnummer
63 genannten Bedingungen abhängig macht;
die streitige Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit darin die
in ihrer Randnummer 65 erwähnte Zusage von K + S angenommen wird,
bis zum 30. Juni 1994 die Struktur der Firma Potacan in einer solchen
Weise umzuwandeln, daß jeder ihrer Gesellschafter in die Lage versetzt
wird, von Potacan erlangtes Kali jeweils unabhängig von dem anderen
Gesellschafter auf dem Markt der Gemeinschaft zu vermarkten;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen zu verurteilen, ihre
eigenen Kosten zu tragen.
- 30.
- Die Kommission beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen;
die Klage als unbegründet abzuweisen;
den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 31.
- Die Französische Republik, die dem Rechtsstreit als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge der Klägerinnen beigetreten ist, beantragt,
den Anträgen der Klägerinnen auf teilweise Nichtigerklärung der streitigen
Entscheidung stattzugeben;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 32.
- Die Streithelferinnen Kali und Salz Beteiligungs-AG sowie Kali und Salz GmbH,
die Rechtsnachfolgerinnen von K + S und MdK geworden sind, unterstützen die
Anträge der Kommission und beantragen, den Klägerinnen die Kosten des
Verfahrens aufzuerlegen.
Zur Verbindung der Rechtssachen C-68/94 und C-30/95
- 33.
- Wegen des Zusammenhangs der beiden Rechtssachen, der in der mündlichen
Verhandlung bestätigt worden ist, sind diese gemäß Artikel 43 der
Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.
Zur Zulässigkeit (Rechtssache C-30/95)
- 34.
- Obwohl sich die Kommission auf die Erörterung der Hauptsache einläßt, erhebt sie
eine Einrede der Unzulässigkeit gegen die Nichtigkeitsklage von SCPA und EMC,
die sich in drei Teilrügen aufgliedert. Erstens bestreitet sie die Möglichkeit einer
teilweisen Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall. Zweitens macht sie geltend, die
Klägerinnen seien von der streitigen Entscheidung weder unmittelbar noch
individuell betroffen. Drittens rügt sie, daß die Zusage in bezug auf das
Unternehmen Potacan, die die Kommission nur zur Kenntnis genommen habe,
keinen Entscheidungscharakter habe.
Zur teilweisen Nichtigerklärung
- 35.
- Die Kommission macht geltend, die Nichtigerklärung auch nur einer der
Bedingungen, unter denen die Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses
mit dem Gemeinsamen Markt abgegeben worden sei, ändere den Kern der
streitigen Entscheidung, da die Bedingungen für die Genehmigung des
Zusammenschlusses nicht mehr erfüllt seien. Sie sähe sich dann gezwungen, die
erwähnte Entscheidung insgesamt zu widerrufen.
- 36.
- Die Klägerinnen führen demgegenüber aus, daß sich die streitigen Bedingungen
von der übrigen Entscheidung trennen ließen und daß ihre Nichtigerklärung nur
dazu führe, daß die Entscheidung unbedingt werde. Daher sei Artikel 8 Absatz 5
der Verordnung, der die Kommission ermächtige, ihre Entscheidung zu widerrufen,
wenn die Beteiligten eine Zusage nicht einhielten, nicht anwendbar.
- 37.
- Wie der Generalanwalt in Nummer 26 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, ist
diese Rüge gleichzeitig mit der Begründetheit der Klage zu untersuchen, denn auf
diese Weise wird es möglich sein, zu prüfen, ob sich die etwaige Nichtigerklärung
der Bedingungen auf die Entscheidung im übrigen auswirken kann, indem sie deren
vollständige Nichtigerklärung erfordert.
Zur Klagebefugnis
- 38.
- Die Kommission macht geltend, gemäß Artikel 173 des Vertrages könnten
Privatpersonen, die im Verhältnis zu einer an andere Privatpersonen gerichteten
Entscheidung der Organe Dritte seien, nur dann Klage auf Nichtigerklärung einer
solchen Entscheidung erheben, wenn sie von dieser unmittelbar und individuell
betroffen seien. Jedoch seien weder SCPA noch EMC von der streitigen
Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen.
- 39.
- In diesem Zusammenhang führt sie insbesondere aus, daß die klagenden
Unternehmen entgegen den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung (Urteile
vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213,
und vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 26/86, Deutz und Geldermann/Rat,
Slg. 1987, 941) nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder
besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände
berührt und daher in ähnlicher Weise individualisiert würden wie die Adressaten.
Denn diese Unternehmen, die in der streitigen Entscheidung namentlich erwähnt
würden, seien nicht am Verfahren vor der Kommission beteiligt gewesen, so daß
sie nicht als von der Entscheidung individuell betroffen gelten könnten. Hierzu
macht die Kommission insbesondere geltend, daß die klagenden Unternehmen
entgegen den im Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84 (Cofaz
u. a./Kommission, Slg. 1986, 391) aufgestellten Kriterien nicht von Anfang an am
Verfahren beteiligt gewesen seien und nicht durch ihre Erklärungen den
Verfahrensablauf weitgehend bestimmt hätten. Außerdem sei SCPA als
Gesellschafterin der Kali-Export GmbH von der streitigen Entscheidung in gleicher
Weise berührt wie der andere Gesellschafter des Kartells, Coposa, während sich
EMC für ihre Ansicht, sie sei von einer Entscheidung über einen Zusammenschluß
individuell betroffen, nicht darauf berufen könne, daß sie Gesellschafterin eines in
diese Entscheidung einbezogenen Unternehmens sei (Urteil des Gerichts vom 28.
Oktober 1993 in der Rechtssache T-83/92, Zunis Holding u. a./Kommission, Slg.
1993, II-1169). Schließlich reiche der Umstand, daß EMC zu 50 % an der FirmaPotacan beteiligt sei, nicht aus, um sie als von der Entscheidung individuell
betroffen zu betrachten, da die Zusage in bezug auf Potacan keinen
Entscheidungscharakter habe.
- 40.
- Die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen geltend, sie allein
seien durch die von der Kommission aufgestellten Bedingungen betroffen. Diese
Bedingungen könnten die Interessen der klagenden Unternehmen höchstens
mittelbar berühren, was nach der Rechtsprechung kein hinreichender Grund sei,
ihnen ein Klagerecht gegen sie zuzubilligen (Urteile vom 18. März 1975 in der
Rechtssache 72/74, Union syndicale Service public européen u. a./Rat, Slg. 1975,
401, und vom 28. Oktober 1982 in der Rechtssache 135/81, Groupement des
agences de voyages/Kommission, Slg. 1982, 3799).
- 41.
- Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Klagen machen die klagenden Unternehmen
zunächst geltend, sie seien in der streitigen Entscheidung nicht nur namentlich
bezeichnet, sondern stünden auch im Zentrum der Erwägungen und der
Begründung der Kommission.
- 42.
- Ferner sei für die Feststellung, ob ein einzelner von einer Entscheidung individuell
betroffen sei, nach der Rechtsprechung, insbesondere nach dem oben erwähnten
Urteil Cofaz u. a./Kommission, zum einen der dem betreffenden Unternehmen
entstandene Schaden und zum anderen die Rolle zu berücksichtigen, die dieses
Unternehmen im Verfahren vor der Kommission gespielt habe.
- 43.
- Zum Schaden führen die klagenden Unternehmen aus, SCPA entstehe ein Schaden
durch die Auflösung der Kali-Export GmbH, der sich unmittelbar aus dem
zwangsweisen Rückzug von K + S aus der Kali-Export GmbH ergebe. Desgleichen
bedeute die Verpflichtung von K + S, die Vertriebsbeziehungen zu SCPA zu
beenden, für letztere notwendigerweise einen Schaden. Außerdem laufe der
Umstand, daß die Kommission die Zusage von K + S, die Strukturen der Firma
Potacan zu ändern, angenommen habe, auf die Anordnung einer Teilung der
Produktion hinaus, die für EMC und Potacan sehr schädlich sei, jedoch im
Gegensatz dazu für K + S sehr vorteilhaft sein könne. Was die zweite durch das
Urteil Cofaz u. a./Kommission aufgestellte Voraussetzung angehe, sei erwiesen, daß
die klagenden Unternehmen beide an dem Verfahren beteiligt gewesen seien, das
zur streitigen Entscheidung geführt habe.
- 44.
- Schließlich erachten sich SCPA und EMC als durch diese Entscheidung wegen
bestimmter persönlicher Eigenschaften berührt.
- 45.
- SCPA sei bei ihren Verkäufen im Fernexport großenteils von der Kali-Export
GmbH abhängig, was sie deutlich von Coposa unterscheide: zwischen 50 % und
60 % der Ausfuhren von SCPA erfolgten über die Kali-Export GmbH, wobei die
Verkäufe im Fernexport für sich genommen ungefähr 15 % ihres gesamten
Absatzes darstellten. Die Lage von SCPA unterscheide sich auch dadurch von
derjenigen von Coposa, daß das französische Unternehmen von der Bedingung im
Zusammenhang mit der Lösung der Vertriebsbeziehungen zwischen ihr und K + S
sowie von der die Firma Potacan betreffende Zusage betroffen sei. Auf alle Fälle
ergebe sich aus dem zitierten Urteil Plaumann/Kommission nicht, daß nicht zwei
oder mehrere Personen von derselben Entscheidung individuell betroffen sein
könnten. Der Gerichtshof habe im Gegenteil mehrfach entschieden, daß von
mehreren Personen erhobene Klagen alle für zulässig erklärt werden könnten
(Urteile Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., vom 13. Mai 1971 in den Rechtssachen
41/70 bis 44/70, International Fruit Company u. a./Kommission, Slg. 1971, 411, und
vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg.
1984, 3809).
- 46.
- Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ist EMC von der streitigen
Entscheidung unmittelbar betroffen. Diese beinhalte zum einen, daß K + S
Änderungen der Struktur der Firma Potacan vorzuschlagen habe, die sowohl für
diese als auch für EMC nachteilig seien, und führe zum anderen die Auflösung der
Kali-Export GmbH herbei und nehme damit der Unternehmensgruppe EMC ihr
Vertriebsnetz für den Fernexport. Im übrigen sei EMC Inhaberin sämtlicher
Anteile an SCPA.
- 47.
- Zur Frage, ob sie von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen seien,
führen die klagenden Unternehmen aus, sowohl das Ausscheiden von SCPA aus
der Kali-Export GmbH als auch die Lösung der bestehenden Vertriebsbeziehungen
zwischen SCPA und K + S seien die unmittelbare Folge der erwähnten
Entscheidung.
- 48.
- Vorab ist daran zu erinnern, daß nach Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages eine
natürliche oder juristische Person nur dann Klage gegen eine an eine andere
Person gerichtete Entscheidung erheben kann, wenn diese Entscheidung sie
unmittelbar und individuell betrifft. Da die streitige Entscheidung an K + S, MdK
und die Treuhand gerichtet ist, ist zu prüfen, ob die klagenden Unternehmen von
ihr unmittelbar und individuell betroffen sind.
- 49.
- Zunächst ist zur Frage, ob die streitige Entscheidung die klagenden Unternehmen
unmittelbar betrifft, festzustellen, daß die Bedingungen, von deren Einhaltung die
Erklärung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt
abhängig gemacht wurde, sich auf Zusagen der Beteiligten des Zusammenschlusses
gegenüber der Kommission beziehen, deren Umsetzung die Lage von SCPA
rechtlich wie tatsächlich berührt. Denn zum einen beeinträchtigt die Erfüllung der
Bedingung, die das Ausscheiden von K + S/MdK aus der Kali-Export GmbH
betrifft, im vorliegenden Fall den Fortbestand dieses Exportkartells selbst und somit
insbesondere die Stellung von SCPA, die über kein Vertriebsnetz für den Absatz
ihrer Erzeugnisse auf den Fernexportmärkten verfügt. Zum anderen umfaßt die
Erfüllung der anderen Bedingung gemäß Artikel 1 des verfügenden Teils der
streitigen Entscheidung die Auflösung der Vertriebsbeziehungen zwischen SCPA
und K + S.
- 50.
- In bezug auf EMC geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß die
Kommission annehmen muß, daß sie zusammen mit SCPA Teil einer gemeinsamen
Einheit sei. Insbesondere wurde EMC in Randnummer 64 der streitigen
Entscheidung gemeinsam mit SCPA als tatsächlicher Adressat der Bedingung
bezüglich der Kali-Export GmbH betrachtet, obwohl formal nur SCPA an dem
betreffenden Kartell beteiligt war. Im vorliegenden Fall findet die Verzahnung der
beiden Gesellschaften ihre Grundlage in dem Umstand, daß EMC sämtliche
Anteile an SCPA hält. Daher läßt sich im übrigen die Stellung von EMC in bezug
auf die Klagebefugnis nicht anders als die von SCPA behandeln.
- 51.
- Schließlich können zwar die Bedingungen, mit denen die streitige Entscheidung der
Kommission verbunden ist, die Interessen der klagenden Unternehmen nur insoweit
berühren, als die Zusagen, auf die sie sich beziehen, von den Beteiligten des
Zusammenschlusses in die Praxis umgesetzt werden. Da diese der Kommission
gegenüber die Zusage abgegeben haben, als Gegenleistung für eine Erklärung der
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt bestimmte
Maßnahmen zu ergreifen, kann jedoch kein Zweifel an der Festigkeit und der
Konsequenz ihres Willens zur Einhaltung ihrer Zusagen bestehen, zumal die
Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 5 Buchstabe b ihre Entscheidung widerrufen
kann, wenn die beteiligten Unternehmen einer darin vorgesehenen Auflage
zuwiderhandeln (vgl. Urteil vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82, Piraiki-Patraiki/Kommission, Slg. 1985, 207, Randnrn. 7 bis 9).
- 52.
- Daher sind SCPA und EMC als von der streitigen Entscheidung unmittelbar
betroffen anzusehen, soweit diese die in Randnummer 49 des vorliegenden Urteils
erwähnten Bedingungen enthält.
- 53.
- Zweitens ist zur Frage, ob die klagenden Unternehmen auch individuell betroffen
sind, darauf hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof im erwähnten Urteil
Plaumann/Kommission ausgeführt hat, wer nicht Adressat einer Entscheidung ist,
nur dann geltend machen kann, von ihr individuell betroffen zu sein, wenn sie ihn
wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis
aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in
ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.
- 54.
- Unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Rechtsprechung des Gerichtshofes
in diesem Zusammenhang der Rolle, die natürliche oder juristische Personen im
vorprozessualen Verfahren gespielt haben, Gewicht beimißt (vgl. dahin gehend die
Urteile vom 20. März 1985 in der Rechtssache 264/82, Timex/Rat und Kommission,
Slg. 1985, 849, und Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 24), ist zunächst
auszuführen, daß die klagenden Unternehmen im Verwaltungsverfahren vor der
Kommission Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen hatten, die die Kommission
für die Zwecke der streitigen Entscheidung berücksichtigt hat. Insbesondere hat die
Kommission nach den Akten aufgrund von Besorgnissen, die diese Unternehmen
zum Ausdruck gebracht hatten, darauf verzichtet, aus der Zusage der Beteiligten
des Zusammenschlusses bezüglich Potacan eine förmliche Bedingung für die
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt zu machen.
- 55.
- Schließlich geht aus dem Text der streitigen Entscheidung selbst und insbesondere
aus den Randnummern 51 bis 64 hervor, daß die Situation von EMC/SCPA
bezüglich des betreffenden Zusammenschlusses diese deutlich aus dem Kreis der
anderen in die Untersuchung einbezogenen Kalilieferanten heraushebt. Denn die
Bedingungen, mit denen die Erklärung der Vereinbarkeit versehen ist, sind das
Ergebnis der Beurteilung der sich aus dem Zusammenschluß ergebenden
Wettbewerbslage, die die Kommission unter Berücksichtigung hauptsächlich der
Situation von EMC/SCPA als Bestandteil eines Duopols mit K + S/MdK
vorgenommen hat.
- 56.
- Schließlich zeigt sich, daß diese Bedingungen, die auf die Entflechtung der
Beziehungen zwischen K + S und EMC/SCPA abzielen, hauptsächlich die
Interessen der letztgenannten Einheit betreffen und geeignet sind, deren
Marktstellung erheblich zu beeinträchtigen.
- 57.
- Unter diesen Umständen kann der bloße Umstand, daß die Interessen von Coposa
von einer der fraglichen Bedingungen, nämlich derjenigen bezüglich des
Ausscheidens von K + S/MdK aus der Kali-Export GmbH, ebenfalls betroffen sind,
für sich nicht ausschließen, daß die klagenden Unternehmen von der streitigen
Entscheidung dadurch individuell betroffen sind, daß sie diese Bedingungen festlegt.
- 58.
- Somit ist festzustellen, daß die klagenden Unternehmen von der streitigen
Entscheidung individuell betroffen sind, soweit sie die untersuchten Bedingungen
enthält.
- 59.
- Daher ist der zweite Teil der von der Kommission erhobenen Einrede der
Unzulässigkeit zurückzuweisen.
Zur Möglichkeit, die streitige Entscheidung anzufechten, soweit sie die Zusage in bezug
auf die Firma Potacan betrifft
- 60.
- Die Kommission und die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen
geltend, daß der Teil der Entscheidung, der die Zusage in bezug auf die Firma
Potacan betreffe, nicht einer Entscheidung gleichgestellt werden könne, die mit
einer Klage gemäß Artikel 173 des Vertrages angefochten werden könne, denn sie
könne keine verbindlichen Rechtswirkungen entfalten, die die Interessen der
klagenden Unternehmen beeinträchtigen könnten. Diese Zusage sei nämlich nicht
Gegenstand einer förmlichen Bedingung im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 der
Verordnung. Die Kommission führt aus, sie habe die Zusage von K + S lediglich
zur Kenntnis genommen.
- 61.
- Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ist die von K + S abgegebene und von
der Kommission angenommene Zusage einer Bedingung im Sinne von Artikel 8
Absatz 2 der Verordnung gleichzustellen, da sie eine Verpflichtung von K + S
schaffe. Die fragliche Zusage sei ähnlich wie die Verpflichtungserklärung der
betroffenen Unternehmen in der Rechtssache „Zellstoff II“ (Urteil vom 31. März
1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und
C-125/85 bis C-129/85, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307)
zu betrachten; in dieser Rechtssache habe der Gerichtshof die durch diese
Erklärung der betroffenen Unternehmen begründeten Verpflichtungen mit
Anordnungen zur Abstellung von Zuwiderhandlungen im Sinne von Artikel 3 der
Verordnung Nr. 17 gleichgesetzt.
- 62.
- Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind alle Maßnahmen, die
verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen des Klägers durch
einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder
Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 des Vertrages
gegeben ist (Urteil vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81,
IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9).
- 63.
- Für die Feststellung, ob eine Handlung oder eine Entscheidung solche Wirkungen
erzeugt, ist ihr Sachgehalt zu untersuchen.
- 64.
- Aus den Randnummern 65 und 67 der streitigen Entscheidung geht hervor, daß die
Kommission zum einen die Zusage von K + S zur Kenntnis genommen hat, bis
zum 30. Juni 1994 die Struktur von Potacan in einer solchen Weise umzuwandeln,
daß jeder Partner in die Lage versetzt wird, aus Potacan erlangtes Kali jeweils
unabhängig vom anderen Partner auf dem Markt der Gemeinschaft zu vermarkten,
ohne diese Zusage jedoch zum Gegenstand einer förmlichen Auflage zu machen,
und daß sie zum anderen davon ausgeht, daß K + S nach besten Kräften darauf
hinwirkt, mit EMC/SCPA ein Einvernehmen über eine Umwandlung von Potacanzu erreichen, die den erwähnten Anforderungen gerecht wird.
- 65.
- In Randnummer 66 der streitigen Entscheidung wird ausgeführt, daß eine
Umwandlung von Potacan nur im Einvernehmen mit dem französischen Partner
bewirkt werden könne.
- 66.
- Somit zeigt sich, daß die Zusage von K + S letztlich zum Gegenstand hat,
Verhandlungen mit EMC/SCPA im Hinblick auf eine Umwandlung von Potacan
aufzunehmen.
- 67.
- Selbst wenn man daher davon ausgeht, daß der Teil der streitigen Entscheidung,
der die Zusage von K + S bezüglich Potacan betrifft, für K + S rechtlich
verbindlich ist, kann er jedenfalls keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen,
die die Interessen der Einheit EMC/SCPA durch einen Eingriff in ihre
Rechtsstellung beeinträchtigen. Denn die Rechtsstellung von EMC/SCPA kann im
vorliegenden Fall nur dann beeinträchtigt werden, wenn sie willentlich dazu
beiträgt. Dies kommt im vorliegenden Fall der Feststellung gleich, daß der Teil der
streitigen Entscheidung, der die Zusage in bezug auf Potacan betrifft, EMC/SCPA
nicht unmittelbar betrifft.
- 68.
- Allerdings ist, wie dies der Generalanwalt in Nummer 38 seiner Schlußanträge
getan hat, auf die Mehrdeutigkeit des Vorgehens der Kommission hinzuweisen,
durch das, wie aus der in Randnummer 16 des vorliegenden Urteils
wiedergegebenen Randnummer 67 der streitigen Entscheidung hervorgeht, das
Verfahren nach der Verordnung und das Verfahren nach der Verordnung Nr. 17
in unglücklicher Weise miteinander vermengt wurden.
- 69.
- Nach allem ist dem dritten Teil der von der Kommission erhobenen Rüge der
Unzulässigkeit stattzugeben.
Zum mangelnden Rechtsschutzinteresse
- 70.
- Die als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen machen geltend, da die beiden
Zusagen, zu denen sie aufgrund der im verfügenden Teil der streitigen
Entscheidung aufgestellten Bedingungen gezwungen gewesen seien, bereits erfüllt
worden seien, hätten die klagenden Unternehmen kein Interesse mehr an der
Nichtigerklärung der Bedingungen durch den Gerichtshof, die damit obsolet
geworden seien. Hingegen erhebt die Kommission nicht die Einrede eines
mangelnden Rechtsschutzinteresses der klagenden Unternehmen.
- 71.
- Nach Ansicht der klagenden Unternehmen ergibt sich aus dem Urteil vom 5. März
1980 in der Rechtssache 76/79 (Könecke/Kommission, Slg. 1980, 665), daß der
Umstand, daß eine Entscheidung durchgeführt worden sei, kein Hindernis für eine
Nichtigkeitsklage darstelle, da der Kläger sein gesamtes Interesse an der
Nichtigkeitsklage als Grundlage einer möglichen Haftungsklage behalte.
- 72.
- Hierzu ist auszuführen, daß nach Artikel 37 Absatz 4 der EG-Satzung des
Gerichtshofes mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge
einer Partei unterstützt werden können. Der Streithelfer muß zudem nach Artikel
93 § 4 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der
dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet. Daraus folgt, daß Streithelfer nicht zur
Erhebung einer Unzulässigkeitseinrede befugt sind und daß der Gerichtshof die von
ihnen hierzu vorgebrachten Rügen daher nicht zu prüfen braucht (vgl. dahin
gehend Urteil vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission,
Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 11 und 12).
- 73.
- Der Gerichtshof kann jedoch, wie er im Beschluß vom 24. September 1987 in der
Rechtssache 134/87 (Vlachou/Rechnungshof, Slg. 1987, 3633, Randnr. 6) festgestellt
hat, gemäß Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen
prüfen, ob die Klage wegen Fehlens einer unverzichtbaren Prozeßvoraussetzung
unzulässig ist.
- 74.
- Unabhängig davon, ob die von den als Streithelferinnen zugelassenen Unternehmen
erhobene Einrede eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung betrifft, bestünde
jedoch nach Randnummer 9 des erwähnten Urteils Könecke/Kommission für die
Nichtigkeitsklage als Grundlage einer möglichen Haftungsklage selbst dann noch
immer ein Interesse, wenn sich die Erfüllung der Verpflichtung des Organs, dem
das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil des
Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, aufgrund der Umstände als
unmöglich erweisen sollte.
- 75.
- Nach allem hat sich auf alle Fälle nicht gezeigt, daß bei den klagenden
Unternehmen ein mangelndes Rechtsschutzinteresse festgestellt werden könnte.
Begründetheit
Vorbringen der Klägerinnen
- 76.
- Die Französische Republik und die klagenden Unternehmen beantragen die
vollständige bzw. die teilweise Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Ihre
verschiedenen Klagegründe überschneiden sich teilweise und lassen sich in vier
Hauptklagegründe aufteilen, von denen die ersten beiden nur von der französischen
Regierung vorgetragen werden. Da die letzten beiden Klagegründe von allen
Klägerinnen gemeinsam vorgetragen werden, werden sie zusammen behandelt.
Erstens habe die Kommission ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den
nationalen Behörden nicht eingehalten. Zweitens habe sie die Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf den deutschen Markt falsch gewürdigt. Drittens habe sie
den Zusammenschluß auf dem Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands
falsch beurteilt. Viertens erlaube die Verordnung nicht, die Erklärung der
Vereinbarkeit von Bedingungen und Auflagen abhängig zu machen, die
Auswirkungen auf nicht am Zusammenschluß beteiligte Dritte hätten.
A Zur Nichterfüllung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen
Behörden
- 77.
- Mit diesem Klagegrund rügt die französische Regierung, daß die Kommission ihre
Verpflichtungen aus Artikel 19 der Verordnung nicht eingehalten habe, zum einen
in enger und stetiger Verbindung mit den zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten zu bleiben, insbesondere ihnen so bald wie möglich die wichtigsten
bei ihr eingereichten oder von ihr erstellten Schriftstücke zu übermitteln, und zum
anderen den Beratenden Ausschuß in die Lage zu versetzen, seine Stellungnahme
in Kenntnis sämtlicher Umstände abzugeben.
- 78.
- Zur ersten Verpflichtung führt die französische Regierung aus, die Kommission
habe den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig Angaben
übermittelt, die für die Beurteilung unerläßlich gewesen seien, ob die Beschreibung
der in Rede stehenden Märkte und der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf
den Wettbewerb zutreffend gewesen sei. Im vorliegenden Fall handele es sich um
Zahlen, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung der Bedenken gestützt
habe und die die Aufteilung der Verkäufe der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer auf
die Mitgliedstaaten, ausgedrückt in Mengen, beträfen. Auf wiederholtes Ersuchen
der französischen Behörden (Dienststelle des Ministeriums für Wirtschaft für
Wettbewerb und Ausrichtung der Tätigkeiten) habe die Kommission lediglich
fernmündlich einige der angeforderten Angaben gemacht. Obwohl die französische
Behörde ein neues Schreiben an die Kommission gerichtet habe, mit dem sie um
Übermittlung sämtlicher erforderlicher Angaben und schriftliche Bestätigung der
mündlich gemachten Angaben ersucht habe, habe die Kommission erst am 3.
Dezember 1993, dem Tag, an dem der Beratende Ausschuß zusammengetreten sei,
die am 18. Oktober 1993 erbetenen Angaben förmlich übermittelt. Zudem sei in
dem Dokument mit diesen Angaben fälschlicherweise der Absatz von SCPA in
Belgien und Luxemburg mit 221 000 t statt mit 22 000 t beziffert worden.
- 79.
- Zur zweiten Verpflichtung macht die französische Regierung geltend, daß die
Aushändigung der Zahlenangaben anläßlich der Sitzung des Beratenden
Ausschusses viel zu spät erfolgt sei. Diese Angaben hätten spätestens zusammen
mit dem Entscheidungsentwurf übermittelt werden müssen, der der mindestens
vierzehn Tage vor der Sitzung vorzunehmenden Einberufung des Beratenden
Ausschusses beigefügt sei. Auf diese Weise habe die Kommission verhindert, daß
der Beratende Ausschuß in voller Kenntnis der Umstände eine Stellungnahme zu
dem Entscheidungsentwurf abgegeben habe.
- 80.
- Im Ergebnis macht die französische Regierung geltend, die Kommission habe die
für den Erlaß der streitigen Entscheidung wesentlichen Formvorschriften verletzt
und diese Verletzung habe wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis führen
können, als erzielt worden wäre, wenn diese Formvorschriften beachtet worden
wären (vgl. Urteil vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87,
Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959).
- 81.
- Die Kommission bestreitet, daß die Angaben zu den von den verschiedenen in der
Gemeinschaft tätigen Unternehmen in jedem Mitgliedstaat in den Verkehr
gebrachten Kalimengen zu den wichtigsten Schriftstücken des bei ihr laufenden
Verfahrens im Sinne von Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung gehörten. Auf alle
Fälle seien diese Angaben den französischen Behörden am 5. November 1993
wegen Fortdauer der Untersuchung der Kommission unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung telefonisch mitgeteilt worden.
- 82.
- Die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die der französischen Regierung am 14.
Oktober 1993 übermittelt worden sei, und der Entscheidungsentwurf, der am 16.
November 1993 übersandt worden sei, enthielten alle wichtigen Einzelheiten
einschließlich der Marktanteile der in der Gemeinschaft präsenten
Wirtschaftsteilnehmer, so daß die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
hinreichend unterrichtet gewesen seien, um eine begründete Stellungnahme
abgeben zu können. Die Angabe der in den Verkehr gebrachten Kalimengen habe
nur dazu gedient, die Angaben zu den Marktanteilen zu untermauern.
- 83.
- Der Schreibfehler in bezug auf die von SCPA in Belgien und Luxemburg verkaufte
Kalimenge habe die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses wegen seiner
Offensichtlichkeit nicht beeinflussen können. Diese falsche Angabe habe sich weder
bei den in der zweiten Spalte des den belgisch-luxemburgischen Markt betreffenden
Teils der Tabelle aufgeführten Marktanteilen noch beim Gesamtbetrag des diesem
Markt zugerechneten Absatzes niedergeschlagen. Daher sei es unwahrscheinlich,
daß die Mitglieder des Beratenden Ausschusses, die Sachverständige auf dem
Gebiet von Zusammenschlüssen seien, durch den erwähnten Schreibfehler hätten
in die Irre geführt werden können.
- 84.
- Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung verpflichtet die Kommission, „den zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten binnen dreier Arbeitstage eine Kopie der
Anmeldungen und so bald wie möglich die wichtigsten Schriftstücke, die in
Anwendung dieser Verordnung bei ihr eingereicht oder von ihr erstellt werden“,
zu übermitteln. In Absatz 2 dieser Bestimmung heißt es: „Die Kommission führt
die in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in enger und stetiger
Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch.“ Schließlich
sieht Artikel 19 die Beteiligung von Vertretern der nationalen Behörden an einem
ad hoc eingerichteten Beratenden Ausschuß vor, der die Aufgabe hat, anhand einer
Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der wichtigsten Schriftstücke sowie
eines Entscheidungsentwurfs eine Stellungnahme abzugeben.
- 85.
- Im vorliegenden Fall ist nicht bestritten, daß die Kommission den französischen
Behörden und dem Beratenden Ausschuß rechtzeitig sowohl die den Beteiligten,
die das Zusammenschlußvorhaben angemeldet hatten, entgegengehaltenen
Einwände als auch den Entwurf der Entscheidung über den betreffenden
Zusammenschluß übermittelt hat.
- 86.
- Letzterer enthält insbesondere folgende Angaben:
Zum deutschen Markt
Die deutschen Kalierzeuger verfügten über ein Quasimonopol auf dem
deutschen Markt, der aus verschiedenen Gründen für Einfuhren sehr schwer
durchdringbar sei.
Zum Markt der Gemeinschaft außer Deutschland
Coposa halte einen Anteil von ungefähr 85 % am spanischen Markt. Im
Unterschied zu Deutschland führe Spanien jedoch zunehmend in
erheblichem Umfang Kali von dem britischen Erzeuger Cleveland Potash
Ltd (im folgenden: CPL) und in geringerem Umfang von Erzeugern aus
Drittländern wie DSW (ein israelischer Erzeuger) ein;
SCPA kontrolliere den Vertrieb in Frankreich nicht in gleichem Umfang wie
K + S in Deutschland. CPL sei es nämlich gelungen, dort ihr eigenes
Vertriebsnetz einzurichten. Im übrigen könne anders als unter den
Verhältnissen in Deutschland die Palette von Kalidüngern, die die
französischen Bergwerke erzeugen könnten, auch aus Quellen außerhalb
Frankreichs bezogen werden;
K + S/MdK und SCPA hielten zusammen Marktanteile von ungefähr 50 %
(15 % bis 20 % bei K + S, weniger als 10 % bei MdK und ungefähr 25 %
bei SCPA). Jedoch belaufe sich unter Berücksichtigung des Umstands, daß
SCPA auch große Kalimengen anderer Erzeuger, insbesondere aus
Drittländern eingeführte Erzeugnisse, vermarkte, der Gesamtanteil der von
K + S/MdK sowie SCPA kontrollierten Verkäufe auf insgesamt ungefähr
60 %;
die Einfuhren aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten beliefen sich auf
8 % (ungefähr 5 %, wenn man die Einfuhren aus der GUS ausnehme, die
über SCPA kanalisiert würden);
CPL halte einen Marktanteil von 15 %;
Coposa halte einen Marktanteil von weniger als 10 %;
DSW halte einen Marktanteil von etwas mehr als 5 %;
PCA (ein kanadischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger als
5 %;
Canpotex (ein kanadischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger
als 1 %;
APC (ein jordanischer Erzeuger) halte einen Marktanteil von weniger als
1 %;
alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Deutschlands führten unabhängig davon,
ob es bei ihnen eine eigene Kalierzeugung gebe, in erheblichem Umfang aus
anderen Mitgliedstaaten und mitunter aus Drittländern ein.
- 87.
- Daher kann das Dokument, in dem die Aufteilung der Verkäufe der einzelnen
Wirtschaftsteilnehmer auf die Mitgliedstaaten detailliert angegeben ist, nicht als
eines der wichtigsten Schriftstücke angesehen werden, die die Kommission gemäß
Artikel 19 der Verordnung zum einen so bald wie möglich den zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln und zum anderen in der
Sachverhaltsdarstellung anzugeben hat, die der Einberufung des Beratenden
Ausschusses beizufügen ist. Die in diesem Dokument enthaltenen Angaben können
nämlich die Bestandsaufnahme des Marktes, die sich aus den im
Entscheidungsentwurf enthaltenen und in Randnummer 86 des vorliegenden Urteils
erwähnten Angaben ergibt, nicht in Frage stellen. Das gleiche gilt auch für die in
diesem Dokument enthaltene Angabe über den Kaliabsatz von SCPA in Belgien
und Luxemburg, von der sich, wie die Kommission zu Recht ausführt, aus den
übrigen, zutreffenden Zahlenangaben im Dokument ergibt, daß sie falsch ist.
- 88.
- Daher erweist es sich im vorliegenden Fall nicht, daß die Kommission ihre
Verpflichtungen aus Artikel 19 der Verordnung verletzt hätte.
- 89.
- Dieser erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
B Zur falschen Würdigung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den
deutschen Markt
- 90.
- Die französische Regierung rügt, daß die Kommission die Verordnung dadurch
unrichtig angewandt habe, daß sie gemäß der Theorie der Verteidigung der
zahlungsunfähigen Gesellschaft („Failing company defence“) und ohne eine
Bedingung aufzustellen, einen Zusammenschluß genehmigt habe, der zur Schaffung
eines Monopols auf dem deutschen Kalimarkt führe.
- 91.
- Zur unrichtigen Anwendung dieser Theorie verweist die französische Regierung
darauf, daß es sich um eine aus der amerikanischen Antitrustregelung
hervorgegangene Theorie handele, nach der ein Zusammenschluß nur dann als
Ursache der Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung
angesehen werden könne, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt seien:
a) Eines der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen befinde sich in
einer solchen Situation, daß es nicht in der Lage sein werde, seine
Verpflichtungen in naher Zukunft zu erfüllen;
b) es sei im Sinne von Kapitel 11 des Bankruptcy Act unfähig, sich mit
Aussicht auf Erfolg umzustrukturieren;
c) es gebe keine anderen, weniger wettbewerbsschädlichen Lösungen als den
Zusammenschluß;
d) das zahlungsunfähige Unternehmen würde aus dem Markt ausscheiden,
wenn der Zusammenschluß nicht vollzogen würde.
- 92.
- Die Kommission habe sich auf die Theorie der Failing company defence bezogen,
ohne alle in der amerikanischen Antitrustregelung verwendeten Kriterien,
insbesondere die unter a und b zu berücksichtigen, obwohl nur die Anwendung der
amerikanischen Kriterien insgesamt die Umsetzung einer Ausnahmeregelung
gewährleiste, deren Anwendung nicht zur Verschlimmerung einer bereits
verschlechterten Wettbewerbslage führen würde.
- 93.
- Die Kommission, die die Ansicht vertreten habe, daß K + S auf alle Fälle den
Marktanteil von MdK in Deutschland übernehmen würde, habe willkürlich das
Kriterium der Absorption von Marktanteilen eingeführt.
- 94.
- Die Absorption des Marktanteils von MdK durch K + S im Fall des Ausscheidens
von MdK beweise, daß der deutsche Markt für den Wettbewerb undurchdringlich
sei, erlaube jedoch nicht, den wettbewerbsschädlichen Charakter des
Zusammenschlusses zu übergehen.
- 95.
- Im übrigen habe die Kommission nicht dargetan, daß die von ihr angewandten
Kriterien des Ausscheidens des Unternehmens aus dem Markt und des Fehlens
einer weniger wettbewerbsschädlichen Erwerbsalternative im vorliegenden Fall
tatsächlich erfüllt seien.
- 96.
- Zum angeblichen Ausscheiden von MdK aus dem Markt, wenn der
Zusammenschluß nicht erfolgt, führt die französische Regierung aus, daß die
Kommission völlig die Möglichkeit außer acht gelassen habe, daß MdK nach einem
mit finanzieller Beihilfe durch die Treuhand unter Beachtung der Artikel 92 und
93 EG-Vertrag vollzogenen selbständigen Umstrukturierungsprozeß wieder rentabel
werden könnte.
- 97.
- Schließlich habe die Kommission nicht dargetan, daß es keine andere, weniger
wettbewerbsschädliche Möglichkeit gebe. Die bei MdK vertretenen Gewerkschaften
hätten mangelnde Transparenz im Ausschreibungsverfahren gerügt.
- 98.
- Zum Fehlen der Voraussetzungen für die Genehmigung des Zusammenschlusses
auf dem deutschen Markt macht die französische Regierung geltend, die streitige
Entscheidung sei auf jeden Fall mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler
behaftet und verstoße gegen Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung, soweit sie den
Zusammenschluß auf dem deutschen Markt, auf dem das Unternehmen 98 % der
Marktanteile halte, ohne irgendeine Bedingung genehmige. Es sei nämlich
offensichtlich, daß der betreffende Zusammenschluß die beherrschende Stellung
von K + S in Deutschland verstärke und dadurch der Wettbewerb auf einem
wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes erheblich behindert werde.
- 99.
- Das in den Artikeln 2 und 3 Buchstabe j EG-Vertrag genannte Ziel der Stärkung
des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, an das auch in der dreizehnten
Begründungserwägung der Verordnung, auf die die Kommission in ihrer
Entscheidung verweise, erinnert werde, sei zwar bei der Beurteilung von
Zusammenschlüssen zu berücksichtigen, könne jedoch keinesfalls eine
Genehmigung rechtfertigen, die das wesentliche Ziel der gemeinschaftlichen
Fusionskontrolle, das im Schutz des Wettbewerbs bestehe, vereitele. Letztlich hätte
die Kommission nur dann den Zusammenschluß unter Berufung auf das Ziel der
Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts genehmigen dürfen,
wenn die anmeldenden Unternehmen wie die Firma Nestlé in der Entscheidung
92/553/EWG der Kommission vom 22. Juli 1992 betreffend ein Verfahren nach der
Verordnung Nr. 4064/89 (Fall Nr. IV/M.190 Nestlé/Perrier) (ABl. L 356, S. 1; im
folgenden: Nestlé/Perrier-Entscheidung) genaue und ausreichende Zusagen über
die Öffnung des betreffenden Marktes für den Wettbewerb abgegeben hätten.
- 100.
- Die Kommission räumt ein, daß sie sich in der Entscheidung die amerikanische
Theorie der „Failing company defence“ nicht vollständig zu eigen gemacht habe.
Sie vermag jedoch nicht zu erkennen, inwiefern dies die Rechtmäßigkeit dieser
Entscheidung beeinträchtigen könne.
- 101.
- Im übrigen meint sie, hinreichend dargetan zu haben, daß die Kriterien, die sie für
die Anwendung der Theorie der „Failing company defence“ angewandt habe, im
vorliegenden Fall tatsächlich erfüllt seien.
- 102.
- Zur Gefahr eines schnellen Ausscheidens von MdK aus dem Markt, wenn sie nicht
von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer übernommen werde, verweist die
Kommission darauf, daß sie in den Randnummern 76 und 77 der angefochtenen
Entscheidung festgestellt habe, daß von der Treuhand nicht erwartet werden könne,
auf Dauer die Verluste eines wirtschaftlich nicht mehr lebensfähigen Unternehmens
durch staatliche Finanzmittel abzudecken, und daß die Stillegung von MdK mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft erwartet werden könne, auch
wenn diese aus sozial-, regional- oder allgemeinen politischen Erwägungen vielleicht
nicht unmittelbar bevorstehen möge.
- 103.
- Schließlich sei nicht bestritten, daß der Marktanteil von MdK in Deutschland aller
Wahrscheinlichkeit nach von K + S übernommen würde.
- 104.
- Zu der Voraussetzung, daß es keine weniger wettbewerbsschädliche Alternative für
den Erwerb von MdK gebe, verweist die Kommission auf die Randnummern 81 bis
90 der streitigen Entscheidung. Ferner macht sie geltend, die französische
Regierung habe nicht dargetan, inwiefern die Beanstandungen der bei MdK
vertretenen Gewerkschaften ihre Beurteilung in Frage stellen könnten. Im übrigen
habe sie sich nicht mit der Feststellung begnügt, daß die Ausschreibung es nicht
ermöglicht habe, einen anderen Erwerber zu finden, sondern sie habe selbst eine
ergänzende Untersuchung angestellt.
- 105.
- Zum Fehlen der Voraussetzungen für die Genehmigung des Zusammenschlusses
auf dem deutschen Markt führt die Kommission aus, daß die französische
Regierung nicht genau angebe, welche Zusagen K + S und MdK in bezug auf die
Öffnung des deutschen Marktes für den Wettbewerb hätten abgeben können. Die
französische Regierung könne sich nicht mit Erfolg auf die erwähnte Entscheidung
Nestlé/Perrier berufen. In dieser Entscheidung habe der Zusammenschluß aufgrund
bestimmter Zusagen in bezug auf die Struktur des Wettbewerbs auf dem Markt für
das betreffende Erzeugnis genehmigt werden können. Im vorliegenden Fall müsse
jedoch für die Öffnung des deutschen Marktes für den Wettbewerb nicht nur die
Wettbewerbsstruktur, sondern auch das Verhalten der Käufer geändert werden.
Selbst wenn das Mittel zur Öffnung des Marktes struktureller Art habe sein
können, habe sich keine weniger wettbewerbsschädliche Lösung für den Erwerb
von MdK ergeben.
- 106.
- Die deutsche Regierung macht geltend, gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung
sei die Untersagung eines Zusammenschlusses nur dann gerechtfertigt, wenn dieser
zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse führe. Es fehle jedoch an
einem Kausalzusammenhang zwischen dem Zusammenschluß und seinen
Auswirkungen auf den Wettbewerb, wenn ohne den Zusammenschluß die gleiche
Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen zu erwarten wäre. Dies sei dann
der Fall, wenn die drei von der Kommission aufgestellten Voraussetzungen erfüllt
seien.
- 107.
- Die deutsche Regierung ist im Gegensatz zur französischen Regierung der Ansicht,
die Kommission habe hinreichend dargetan, daß die von ihr aufgestellten
Voraussetzungen erfüllt seien. Erstens sei MdK allein nicht lebensfähig, d. h. eine
Sanierung unter Beibehaltung der Selbständigkeit des Unternehmens sei nicht
möglich. Die Kommission habe in Randnummer 76 der streitigen Entscheidung
substantiiert begründet, daß MdK bei Beibehaltung der 100%igen Beteiligung der
Treuhand langfristig nicht sanierungsfähig sei. Zweitens unterliege es keinem
Zweifel, daß der Marktanteil von MdK automatisch K + S zufallen würde, da diese
nach dem Ausscheiden von MdK allein auf dem betreffenden Markt verbleiben
würde und da es sich in diesem Zusammenhang um eine zentrale Voraussetzung
handele. Drittens habe die Kommission umfassend begründet, daß eine alternative
Möglichkeit des Erwerbs von MdK nicht gegeben sei.
- 108.
- Zur Genehmigung des Zusammenschlusses auf dem deutschen Markt ohne
Bedingungen und Auflagen führt die deutsche Regierung aus, daß in Ermangelung
eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und der Verstärkung
einer beherrschenden Stellung eine der Voraussetzungen für den Erlaß einer
untersagenden Entscheidung gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung nicht erfüllt
sei. Daher sei der Zusammenschluß ohne Auflagen und Bedingungen zu
genehmigen gewesen.
- 109.
- Vorab ist darauf hinzuweisen, daß gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung
„Zusammenschlüsse, die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken,
durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem
wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, ... für vereinbar mit dem
Gemeinsamen Markt zu erklären [sind]“.
- 110.
- Daher ist ein Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu
erklären, wenn er nicht zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung führt, durch die die Wettbewerbssituation auf dem betreffenden Markt
erheblich beeinträchtigt würde.
- 111.
- Aus Randnummer 71 der streitigen Entscheidung ergibt sich, daß nach Ansicht der
Kommission ein Zusammenschluß, der normalerweise als zur Entstehung oder
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung des erwerbenden Unternehmens
führend zu sehen wäre, als nicht ursächlich für diese Marktstellung angesehen
werden kann, wenn der Erwerber im Fall einer Untersagung des
Zusammenschlusses zwangsläufig ebenfalls eine marktbeherrschende Stellung
erlangen oder verstärken würde. In derselben Randnummer wird festgestellt, daß
allgemein ein Zusammenschluß nicht kausal für die Verschlechterung der
Wettbewerbsstruktur sei, wenn feststehe,
daß das erworbene Unternehmen ohne die Übernahme durch ein anderes
Unternehmen kurzfristig aus dem Markt ausscheiden würde,
daß die Marktposition des erworbenen Unternehmens im Falle seines
Ausscheidens aus dem Markt dem erwerbenden Unternehmen zuwachsen
würde,
daß es keine weniger wettbewerbsschädliche Erwerbsalternative gebe.
- 112.
- Erstens ist es für sich genommen kein Grund für die Ungültigkeit der streitigen
Entscheidung, daß sich die von der Kommission für den Schluß auf das
Nichtvorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und
der Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur aufgestellten Voraussetzungen nicht
vollständig mit den im Rahmen der amerikanischen Theorie der „Failing company
defence“ zugrunde gelegten Kriterien decken. Denn nur der Umstand, daß die von
der Kommission aufgestellten Voraussetzungen nicht geeignet wären, die
Ursächlichkeit eines Zusammenschlusses für die Verschlechterung der
Wettbewerbsstruktur des Marktes auszuschließen, könnte einen Grund für die
Ungültigkeit der streitigen Entscheidung darstellen.
- 113.
- Im vorliegenden Fall bestreitet die französische Regierung die Stichhaltigkeit des
Kriteriums, daß zu prüfen ist, ob das erwerbende Unternehmen auf jeden Fall den
Marktanteil des erworbenen Unternehmens erhalten würde, wenn dieses aus dem
Markt ausschiede.
- 114.
- Jedoch könnte ohne dieses Kriterium ein Zusammenschluß, sofern die übrigen
Kriterien erfüllt wären, selbst dann als nicht kausal für die Verschlechterung der
Wettbewerbsstruktur des Marktes angesehen werden, wenn sich zeigen würde, daß
das erwerbende Unternehmen ohne den Zusammenschluß nicht den gesamten
Marktanteil des erworbenen Unternehmens erhielte. So könnte das Vorliegen eines
Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und der Verschlechterung
der Wettbewerbsstruktur des Marktes selbst dann verneint werden, wenn ohne den
Zusammenschluß die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes
geringer ausfiele.
- 115.
- Die Einführung dieses Kriteriums soll nämlich gewährleisten, daß das Vorliegen
eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Zusammenschluß und der
Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des Marktes nur dann ausgeschlossen
werden kann, wenn die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur, zu der es nach
dem Zusammenschluß kommt, auch ohne diesen in gleicher Weise eintreten würde.
- 116.
- Obwohl die Kommission das Kriterium der Absorbierung der Marktanteile allein
selbst nicht als ausreichend erachtet, um die Schädlichkeit des Zusammenschlusses
für den Wettbewerb auszuschließen, bietet es doch mit Gewähr für die Neutralität
des genannten Vorgangs für die Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur des
Marktes, was dem Kausalitätsbegriff des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung
entspricht.
- 117.
- Zu der Rüge, die Kommission habe nicht dargetan, daß MdK ohne den
Zusammenschluß unausweichlich aus dem Markt ausscheiden würde, ist
auszuführen, daß die Kommission in Randnummer 73 der streitigen Entscheidung
festgestellt hat, daß MdK auch nach ihrer zum 1. Januar 1993 beendeten
Umstrukturierung im Lauf des ersten Quartals weiter erhebliche Verluste erlitten
habe. Die schwierige wirtschaftliche Situation von MdK sei im wesentlichen auf ihre
veraltete Betriebsstruktur und die Absatzkrise zurückzuführen, die insbesondere auf
das Wegbrechen der Märkte in Osteuropa zurückzuführen sei. Auch fehle es MdK
an einem leistungsfähigen Vertriebsapparat (vgl. Randnummern 74 und 75 der
streitigen Entscheidung).
- 118.
- In Randnummer 76 der streitigen Entscheidung hob die Kommission hervor, daß
MdK ihren Betrieb bisher nur dank des Eingreifens der Treuhand habe fortsetzen
können, die ihre Verluste ständig abgedeckt habe. Die Verluste von MdK könnten
jedoch nicht auf Dauer von der Treuhand mit Hilfe staatlicher Beihilfen gedeckt
werden, da eine solche Lösung auf alle Fälle mit den Beihilferegeln des Vertrages
unvereinbar sei.
- 119.
- Nach allem kann nicht beanstandet werden, daß die Kommission ausgeführt hat,
MdK sei wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig und werde, auf sich allein gestellt,
wahrscheinlich auch dann auf Dauer Verluste erwirtschaften, wenn ihm von der
Treuhand die gleichen Finanzmittel zu Sanierungszwecken zur Verfügung gestellt
würden, wie sie im Rahmen des beabsichtigten Zusammenschlusses vorgesehen
seien.
- 120.
- Daher kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Prognose der Kommission,
ohne Übernahme durch ein Privatunternehmen sei die Stillegung von MdK in
naher Zukunft sehr wahrscheinlich, nicht auf schlüssigen Beweisen beruht.
- 121.
- Schließlich ist daran zu erinnern, daß die Rüge der französischen Regierung
bezüglich der Voraussetzung, daß es keine weniger wettbewerbsschädliche
Alternative für den Erwerb von MdK gebe, dahin geht, daß die Kommission wegen
der fehlenden Transparenz im Ausschreibungsverfahren die Erfüllung dieser
Voraussetzung nicht dargetan habe.
- 122.
- Hierzu genügt die Feststellung, daß die französische Regierung nur ausgeführt hat,
die bei MdK vertretenen Gewerkschaften hätten mangelnde Transparenz im
Ausschreibungsverfahren gerügt, und daß sie keine erläuternden Angaben dazu
gemacht hat, worin dieser angebliche Mangel an Transparenz bestanden haben soll.
- 123.
- Da diese Rüge in keiner Weise erläutert worden ist, kann sie nicht durchgreifen.
- 124.
- Nach allem konnte das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem
Zusammenschluß und der Verschlechterung der Wettbewerbsstruktur auf dem
deutschen Markt nicht stichhaltig in Frage gestellt werden. Daher ist festzustellen,
daß der Zusammenschluß in bezug auf diesen Markt dem in Artikel 2 Absatz 2 der
Verordnung aufgestellten Kriterium entspricht, so daß er ohne Änderungen für mit
dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden konnte. Entgegen dem
Vorbringen der französischen Regierung würde es demnach dieser Feststellung
widersprechen, wenn verlangt würde, daß die Kommission ihre Erklärung der
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses bezüglich des deutschen Marktes mit
irgendeiner Bedingung versehen würde.
- 125.
- Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
C Zur unrichtigen Beurteilung des Zusammenschlusses auf dem Markt der
Gemeinschaft außer Deutschland
- 126.
- Mit diesem Klagegrund rügen die französische Regierung sowie SCPA und EMC,
die Kommission habe erstens den geographischen Markt außerhalb Deutschlands
falsch abgegrenzt, zweitens die Verordnung so ausgelegt, daß sie für kollektive
beherrschende Stellungen gelte, und drittens den Begriff der kollektiven
beherrschenden Stellung falsch ausgelegt.
1. Zur Abgrenzung des relevanten geographischen Marktes
- 127.
- Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Festlegung der Gemeinschaft außer
Deutschland als gesonderter geographisch relevanter Markt für Kali nicht
hinreichend begründet und beruht auf einer falschen und auf alle Fälle
unvollständigen Beurteilung der zu berücksichtigenden Umstände. Die Kommission
habe im übrigen völlig heterogene Wettbewerbssituationen miteinander vermischt.
- 128.
- So habe die Kommission Staaten ohne inländische Erzeugung, Erzeugerstaaten wie
Spanien und das Vereinigte Königreich, in denen die Erzeugung strukturell
mindestens so hoch wie der Verbrauch sei, und Erzeugerstaaten wie Frankreich,
in denen die Erzeugung strukturell unter dem Verbrauch liege, auf eine Stufe
gestellt.
- 129.
- Die französische Regierung macht geltend, daß praktisch der gesamte
innergemeinschaftliche Handelsverkehr in einer Richtung verlaufe und nicht aus
gegenseitigem Austausch bestehe, der einen wirklich homogenen Markt
kennzeichne. Die Mitgliedstaaten ohne eigene Erzeugung führten ausschließlich ein,
Spanien führe nur aus dem Vereinigten Königreich ein und führe nichts aus,
Frankreich führe aus Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich ein,
exportiere jedoch praktisch nichts, und das Vereinigte Königreich schließlich führe
viel aus Deutschland ein, führe jedoch dorthin nur unbedeutende Mengen aus.
- 130.
- Im übrigen seien die Einkaufsstrategien der Mitgliedstaaten unterschiedlich.
Frankreich erhalte zwischen den drei anderen Erzeugerstaaten verhältnismäßig
ausgeglichene Lieferungen und führe auch aus Drittländern ein. Hingegen kämen
die Einfuhren in das Vereinigte Königreich im wesentlichen aus Deutschland. Von
den Staaten, die über keine Erzeugung verfügten, führten Irland und Portugal
ausschließlich Kali mit Ursprung in der Gemeinschaft ein, während Dänemark,
Belgien und Luxemburg ungefähr ein Viertel ihres Verbrauchs und Italien sowie
die Niederlande mehr als die Hälfte aus Drittländern einführten.
- 131.
- Ein weiterer Beweis für die fehlende Homogenität des relevanten Marktes ergebe
sich aus einer Untersuchung der Marktanteile der Lieferanten, die sich von einem
Staat zum anderen stark unterschieden. Tatsächlich sei nur K + S in allen
Mitgliedstaaten, allerdings mit Ausnahme Spaniens, präsent.
- 132.
- Im übrigen sei der Konzentrationsgrad des Angebots in Spanien, Frankreich und
Belgien/Luxemburg hoch. Dies spreche grundsätzlich für eine Lösung, die in der
Abtrennung der Märkte mit einer solchen Konzentration bestehe.
- 133.
- Auch eine Untersuchung der Merkmale der Nachfrage bestätige, daß im
vorliegenden Fall kein geographischer Markt bestehe, der aus allen Mitgliedstaaten
außer Deutschland gebildet werde. Denn die Beurteilung der Austauschbarkeit der
Erzeugnisse durch die Kommission sei falsch, da die Auswahl der Kalierzeugnisse
von der geologischen Beschaffenheit des Bodens, der landwirtschaftlichen Fläche,
den Gewohnheiten der Verbraucher und der Agrarpolitik sowie dem
Vorhandensein einer örtlichen Kaliindustrie abhänge. So werde im Vereinigten
Königreich beinahe doppelt so viel Kali wie in Italien und in Belgien/Luxemburg
dreimal so viel wie in den Niederlanden verkauft, wobei die Größe der Staaten
vergleichbar sei. In Portugal werde zwölfmal weniger Kali verkauft als in
Dänemark.
- 134.
- Die Klägerinnen bestreiten die Zuverlässigkeit der Untersuchung der
Transportkosten und der Kalipreise innerhalb des Referenzmarkts durch die
Kommission. In bezug auf die Transportkosten beschränke sich die Kommission im
wesentlichen auf die Behauptung, es zeige sich, daß sie die Handelsströme nicht
behinderten. Insbesondere der Umstand, daß es keinen Handelsstrom vom
Vereinigten Königreich nach Italien und von Spanien in die Niederlande oder nach
Dänemark gebe, erlaube es, einen fehlenden Einfluß der Transportkosten auf die
Lieferungen zu bezweifeln. In bezug auf die Preise habe es die Kommission
unterlassen, eine vergleichende Untersuchung der von den verschiedenen
Wirtschaftsteilnehmern in den einzelnen Mitgliedstaaten praktizierten Preise
vorzunehmen. Die französische Regierung macht geltend, die Kommission habe
ihre Beurteilung der Transportkosten und der Preise nur auf einige von K + S
gemachte Angaben und auf fünf Jahre alte Statistiken gestützt.
- 135.
- Die Kommission hätte den spanischen und den französischen Markt abtrennen
müssen, die wegen ihrer besonderen Merkmale Wettbewerbsbedingungen
aufwiesen, die mit denjenigen in den anderen Mitgliedstaaten nicht vergleichbar
seien. Insbesondere weise der spanische Markt ähnliche Merkmale wie der
deutsche Markt auf, während sich der französische Markt von den anderen
nationalen Märkten durch eine Erzeugung, die niedriger als der Verbrauch sei, und
durch das Vorhandensein eines weitgehend vorherrschenden großen
Wirtschaftsteilnehmers deutlich unterscheide.
- 136.
- Die Kommission erwidert, es bedeute keine falsche Abgrenzung des relevanten
geographischen Marktes, wenn Mitgliedstaaten, die über keine inländische
Erzeugung verfügten oder deren inländische Erzeugung höher oder niedriger als
der Verbrauch sei, in ein und denselben Markt einbezogen würden. Auch schließe
das Vorliegen einseitiger Handelsströme auf dem abgegrenzten geographischen
Markt nach der wirtschaftswissenschaftlichen Lehre nicht aus, daß dieser in bezug
auf die Wettbewerbsbedingungen homogen sei.
- 137.
- Die mehr oder weniger erhebliche Präsenz von Erzeugern eines bestimmten
geographischen Gebietes auf dem Markt eines anderen geographischen Gebietes
sei mit den Absatzstrategien der Lieferanten zu erklären, die es aus
unterschiedlichen Gründen vorzögen, ihre Anstrengungen auf ein bestimmtes
geographisches Gebiet zu konzentrieren. Die angeblichen Einkaufsstrategien der
Mitgliedstaaten deuteten als solche nicht auf das Fehlen hinreichend homogener
Wettbewerbsbedingungen hin.
- 138.
- Zum Argument mit den beträchtlichen Unterschieden der Marktanteile der
Lieferanten von einem Mitgliedstaat zum anderen wendet die Kommission ein, daß
diese Unterschiede nicht als solche als Beweis dafür angesehen werden könnten,
daß die Lieferanten die Märkte nicht durchdringen könnten und daß daher
unterschiedliche geographische Märkte vorlägen. Daher stelle dieses Kriterium
keinen ausschlaggebenden Faktor für die Festlegung des relevanten geographischen
Marktes dar.
- 139.
- Der verhältnismäßig hohe Konzentrationsgrad des Angebots in bestimmten
Mitgliedstaaten sei auch kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung eines
getrennten Marktes, insbesondere wenn zwischen diesen Mitgliedstaaten
umfangreiche Handelsströme bestünden.
- 140.
- Zu den Merkmalen der Nachfrage nach Kalierzeugnissen verweist die Kommission
darauf, daß sie bereits festgestellt habe, daß es zum einen einen hohen Grad der
Austauschbarkeit gebe, da die Kunden in keinem Staat, mit Ausnahme
Deutschlands, den inländischen Erzeugnissen eindeutig den Vorzug gäben, und daß
zum anderen alle Gemeinschaftserzeuger des betreffenden Sektors zur Herstellung
der verschiedenen Sorten Kali in der Lage seien. Trotz der erheblichen
Unterschiede zwischen den in den verschiedenen Mitgliedstaaten verbrauchten
Kalimengen werde Kali in nicht unerheblichen Mengen in der gesamten
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands verkauft. Letztlich belege im vorliegenden
Fall nichts, daß die Struktur der Nachfrage für getrennte nationale Märkte spreche.
- 141.
- Die Kommission bestreitet, daß ihre Analyse der Transportkosten oberflächlich
oder unrichtig sei. Zur Begründung wendet sie ein, daß das Fehlen von
Handelsströmen zwischen Hersteller- und Einfuhrländern nicht notwendigerweise
durch die Transportkosten verursacht werde. Andererseits beweise das
Vorhandensein von Handelsströmen zwischen bestimmten Nachbarstaaten, daß die
Transportkosten kein Hindernis seien. Die Kalipreise in den Mitgliedstaaten mit
Ausnahme Deutschlands wiesen unerhebliche Unterschiede auf. Denn die größte
Preisdifferenz zwischen den anderen Mitgliedstaaten als Deutschland betrage 10 %,
während sie gegenüber Deutschland niemals unter 15 % liege.
- 142.
- Schließlich könnten weder der spanische noch der französische Markt als
unterschiedliche relevante Märkte betrachtet werden. Der spanische Markt sei mit
seinen 16 % Einfuhren offener als der deutsche Markt, auf dem die Einfuhren nur
einen Anteil von 2 % ausmachten. Im übrigen wachse der Anteil von Einfuhren auf
dem spanischen Markt zu Lasten des Marktanteils von Coposa. Auch könnten die
Kalierzeugnisse der anderen Mitgliedstaaten außer Deutschland weitgehend
spanische Kalierzeugnisse ersetzen. Schließlich bestünden keine erheblichen
Unterschiede zwischen dem Kalipreis in Spanien und in der übrigen Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands. Zum französischen Markt führt die Kommission aus, er
werde sogar in weit größerem Umfang durch Einfuhren versorgt als der spanische
Markt. Im übrigen gälten die Erwägungen, die sie in bezug auf die Preise und die
Austauschbarkeit der spanischen Kalierzeugnisse angestellt habe, entsprechend
auch für die französischen Erzeugnisse. Auch glichen die in diesen beiden
Mitgliedstaaten angewandten Vertriebsmethoden denjenigen, die in der übrigen
Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands angewandt würden.
- 143.
- Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die angemessene Festlegung des relevanten
Marktes eine notwendige Voraussetzung für jede Beurteilung des Einflusses eines
Zusammenschlusses auf den Wettbewerb ist. Im Zusammenhang mit der
Anwendung der Verordnung, wie sie im vorliegenden Fall beabsichtigt ist, besteht
der relevante geographische Markt aus einem abgegrenzten räumlichen Bereich,
in dem das relevante Erzeugnis vertrieben wird und in dem die
Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, um eine vernünftige
Einschätzung der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses auf den
Wettbewerb zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache
27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnrn. 11 und 44).
- 144.
- Es steht fest, daß alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Deutschlands erhebliche
Mengen Kali aus anderen Mitgliedstaaten und mitunter aus Drittländern einführen.
So führt Spanien, dessen inländischer Erzeuger, Coposa, von allen Erzeugern in der
Gemeinschaft die am stärksten gefestigte Stellung auf seinem Heimatmarkt hat,
Kali im Umfang von mehr als 15 % des spanischen Marktes ein. Frankreich führt
Kali im Umfang von mehr als 20 % seines Marktes, das Vereinigte Königreich im
Umfang von mehr als 50 % seines Marktes ein. Die anderen Mitgliedstaaten der
Gemeinschaft außer Deutschland verfügen über keine eigene Erzeugung und sind
daher notwendigerweise von Einfuhren abhängig.
- 145.
- Wie aus den Randnummern 53 und 56 der streitigen Entscheidung hervorgeht,
halten die Erzeuger aus Drittländern in der Gemeinschaft mit Ausnahme
Deutschlands einen Anteil am freien Markt für Kali von ungefähr 15 %. Diese
Angabe wird im übrigen durch die Zahlen bestätigt, die in dem im
Verwaltungsverfahren vorgelegten, in den Randnummern 78 ff. des vorliegenden
Urteils erwähnten Dokument enthalten sind, das die Aufteilung der Verkäufe der
einzelnen Wirtschaftsteilnehmer auf die Mitgliedstaaten im Detail wiedergibt.
- 146.
- Ein geographischer Raum wie derjenige, um den es im vorliegenden Fall geht,
bildet grundsätzlich ein für den Wettbewerb offenstehendes Gebiet, da er sich für
den Verkehr sowohl von Kali mit innergemeinschaftlichem Ursprung als auch von
Kali mit außergemeinschaftlichem Ursprung als sehr durchdringbar erweist.
- 147.
- Im übrigen steht fest, daß sich die Verbraucher in den verschiedenen
Mitgliedstaaten außer Deutschland mit weitgehend substituierbaren
Kalierzeugnissen eindecken und Spezialitäten, die nur bei den inländischen
Erzeugern erhältlich sind, einen besonderen Vorrang einräumen.
- 148.
- Außerdem geht aus Angaben der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation
der Vereinten Nationen hervor, daß im Zeitraum 1987 bis 1989 die Kalipreise in
den einzelnen Mitgliedstaaten außer Deutschland nicht erheblich voneinander
abwichen, während die deutschen Preise 20 % höher als die in den anderen
Mitgliedstaaten praktizierten waren. Zudem waren nach den Angaben der Parteien
die von K + S 1992 beispielsweise in Belgien und in den Niederlanden
praktizierten Preise für Kornkali (ein Magnesium enthaltendes Kalierzeugnis) und
für Kaligranulat 40/8 genau gleich hoch, jedoch verglichen mit den deutschen
Preisen für die gleichen Erzeugnisse um 15 % bzw. 20 % niedriger (vgl. Randnr.
43 der streitigen Entscheidung). Diese Angaben bieten, obwohl sie sehr grob sind,
wie die französische Regierung erklärt hat, einen Anhaltspunkt dafür, daß die in
der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands praktizierten Preise ziemlich homogen
sind und erheblich von den in Deutschland praktizierten abweichen.
- 149.
- Schließlich stellen die Transportkosten, wie die Kommission ausgeführt hat, kein
Hemmnis für die Handelsströme innerhalb der Gemeinschaft mit Ausnahme
Deutschlands dar. Dafür spricht der Umstand, daß Handelsströme zwischen nicht
aneinander angrenzenden Staaten wie dem Vereinigten Königreich und Spanien,
Spanien und Irland, Spanien und Italien, Spanien und Belgien/Luxemburg,
Deutschland und Irland, Deutschland und Portugal, Deutschland und Italien sowie
Frankreich und den Niederlanden bestehen.
- 150.
- Schließlich bestreiten die Klägerinnen nicht die Behauptung der Kommission, es
deute auf der Vertriebsebene nichts darauf hin, daß für den Zugang von
Erzeugnissen in der Gemeinschaft mit Ausnahme Deutschlands ähnliche Schranken
in Deutschland bestünden.
- 151.
- Daher und wegen des Fehlens maßgebender entgegenstehender Umstände erweist
sich die wirtschaftliche Einschätzung der Kommission, daß die Gemeinschaft mit
Ausnahme Deutschlands ein hinreichend homogenes Ganzes darstellt, das
insgesamt als getrennter geographischer Markt angesehen werden kann, als
rechtlich genügend untermauert, insbesondere bei einer Gegenüberstellung mit dem
deutschen Markt, auf dem die Einfuhren unbedeutend sind, da K + S und MdK
tatsächlich 98 % des nationalen Kalimarktes halten.
2. Zur Anwendbarkeit der Verordnung auf kollektive beherrschende Stellungen
- 152.
- Die französische Regierung und die klagenden Unternehmen vertreten die Ansicht,
daß die Verordnung die Kommission nicht dazu ermächtige, sie auf Fälle einer
kollektiven beherrschenden Stellung anzuwenden. Der Wortlaut der Verordnung,
insbesondere Artikel 2, erwähne im Unterschied zu Artikel 86 EG-Vertrag nicht
ausdrücklich den Fall der kollektiven beherrschenden Stellung. Denn während nach
Artikel 86 „die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ... durch
ein oder mehrere Unternehmen“ verboten sei, seien nach Artikel 2 der
Verordnung mit dem Gemeinsamen Markt zum einen Zusammenschlüsse, die
keine wettbewerbswidrige beherrschende Stellung begründeten oder verstärkten,
vereinbar und zum anderen solche, die eine derartige Stellung begründeten oder
verstärkten, unvereinbar.
- 153.
- Im übrigen rechtfertigten die Rechtsgrundlagen der Verordnung nicht die
Auslegung der Kommission. Die Verordnung sei nämlich keine Regelung zur
Durchführung des Artikels 86 des Vertrages. Nach Ansicht der französischen
Regierung beruht die Verordnung im wesentlichen auf Artikel 235 EG-Vertrag,
und wenn sie auch auf Artikel 87 des Vertrages gestützt sei, der die Kommission
ermächtige, alle zweckdienlichen Verordnungen oder Richtlinien zur
Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 niedergelegten Grundsätze zu
erlassen, so gerade deshalb, weil der Rat trotz der Anerkennung der Möglichkeit,
Artikel 86 für die Kontrolle bestimmter Zusammenschlüsse heranzuziehen, durch
den Gerichtshof (Urteil vom 21. Februar 1973 in der Rechtssache 6/72,
Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg. 1973, 215) den
Geltungsbereich der Verordnung insbesondere dadurch eingeschränkt hat, daß er
in Artikel 22 Absatz 1 bestimmt habe, daß „[f]ür Zusammenschlüsse im Sinne des
Artikels 3 ... allein diese Verordnung [gilt]“.
- 154.
- Auch erlaube nichts an den Arbeiten vor dem Erlaß der Verordnung den Schluß,
daß der Gesetzgeber auch die kollektiven beherrschenden Stellungen habe erfassen
wollen. Nähme man an, daß diese Fallgruppe von der Verordnung erfaßt werde,
so käme dies einer Festlegung auf ein außerordentlich weites und vor allem sehr
unsicheres Feld von Verboten oder bedingten Genehmigungen gleich. Wenn der
Gemeinschaftsgesetzgeber, zu dessen wesentlichen Bestrebungen die
Gewährleistung der Rechtssicherheit der Unternehmen gehöre, diesen Begriff in
die Verordnung hätte einbeziehen wollen, so hätte er dies daher wie bei Artikel 86
des Vertrages ausdrücklich getan.
- 155.
- EMC und SCPA machen geltend, die von der Kommission vertretene Auslegung
der Verordnung führe zu einer Verfälschung von deren Systematik. Sie begründen
diese Ansicht damit, daß die erwähnte Auslegung dazu führen könne, daß die
Verordnung entgegen ihrer fünfzehnten Begründungserwägung auch dann
angewandt werde, wenn der Marktanteil der beteiligten Unternehmen im
Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben 25 % nicht
überschreite. Nach der angegebenen Begründungserwägung bestehe das Indiz
dafür, daß die Zusammenschlüsse nicht geeignet seien, wirksamen Wettbewerb zu
behindern, und daher als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen
werden könnten, insbesondere dann, wenn der Marktanteil der beteiligten
Unternehmen im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben
25 % nicht überschreite.
- 156.
- Schließlich bestätigt das Fehlen angemessener Verfahrensgarantien für Dritte nach
Ansicht der Klägerinnen, daß die Verordnung nicht als Rahmen für die
Verwendung des Begriffes der kollektiven beherrschenden Stellung gedacht sei. So
seien Unternehmen, die an dem im Rahmen der Verordnung untersuchten
Zusammenschluß nicht beteiligt seien, jedoch in den Augen der Kommission
zusammen mit den an dem Zusammenschluß beteiligten Unternehmen ein Oligopol
bildeten, nicht von vornherein Adressaten einer speziellen Information, die ihnen
angeben könne, welche Folgen das laufende Verfahren für sie haben könnte. Zwar
hätten die Kommission oder die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gemäß
Artikel 18 Absatz 4 Satz 1 der Verordnung die Möglichkeit, am Zusammenschluß
nicht beteiligte Dritte und damit gegebenenfalls die Vertreter von daran nicht
beteiligten Unternehmen anzuhören; diese Maßnahme sei jedoch nicht zwingend
und wenn sie stattfinde, habe sie keinen förmlichen Charakter und biete nicht die
für die Anhörung der Beteiligten des Zusammenschlusses vorgesehenen Garantien.
Im übrigen würden Dritte, die als an einer kollektiven beherrschenden Stellung
beteiligt angesehen würden, von der Entscheidung, die die Kommission zu erlassen
beabsichtige, nicht unterrichtet und auch nicht in die Lage versetzt, von der in
Artikel 18 Absatz 4 Satz 2 vorgesehenen Möglichkeit, ihre Anhörung zu
beantragen, wirksam Gebrauch zu machen.
- 157.
- Die Kommission erwidert, der Wortlaut der Verordnung ermögliche es nicht,
auszuschließen, daß dieses Instrument auch der Verhütung der Begründung oder
Verstärkung kollektiver beherrschender Stellungen diene. Insbesondere verknüpfe
Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung die beherrschende Stellung mit dem
Zusammenschluß und nicht mit den betroffenen Unternehmen und regele die
Folgen des beabsichtigten Zusammenschlusses auf die Wettbewerbsstruktur; somit
beziehe sich die Bestimmung auf einen objektiven Sachverhalt.
- 158.
- Auch zeige die gemeinsame Verwendung der Artikel 87 und 235 des Vertrages als
Rechtsgrundlage der Verordnung, daß deren Ziel darin bestehe, in bezug auf die
Kontrolle oligopolistischer beherrschender Stellungen eine von den Artikeln 85 und
86 des Vertrages offengelassene Lücke zu schließen.
- 159.
- Nach Ansicht der Kommission erlaubt nichts an den vorbereitenden Arbeiten denSchluß, daß der Rat ausschließen wollte, daß die Verordnung zur Vorbeugung
gegen Fälle kollektiver Marktbeherrschung dienen kann, d. h. gegen beherrschende
Stellungen, die mit der Präsenz mehrerer stark voneinander abhängiger
Wirtschaftseinheiten zusammenhängen. Als sich gezeigt habe, daß die Delegationen
der Mitgliedstaaten zur Frage der Kontrolle von Oligopolen geteilter Ansicht
gewesen seien, habe eine Einigung auf eine neutrale Formulierung gefunden
werden können, die die Frage offengelassen habe. Diese Formulierung sei
schließlich in Artikel 2 der Verordnung aufgenommen worden.
- 160.
- Im übrigen hätte die von der französischen Regierung vertretene Auslegung zur
Folge, daß nach dem Erlaß der Verordnung Zusammenschlüsse, die vorher in
bestimmten Mitgliedstaaten einer Oligopolkontrolle unterlegen hätten, jetzt nur
noch der Gemeinschaftskontrolle in bezug auf das Vorliegen einer individuellen
beherrschenden Stellung unterlägen.
- 161.
- Die Einzelheiten des Verfahrens zur Anwendung der Verordnung schützten in
weitem Umfang die Interessen Dritter, da sie es ihnen ermöglichten, ihren
Standpunkt geltend zu machen. Jedenfalls binde eine Entscheidung über die
Genehmigung eines Zusammenschlusses auch dann nur die Beteiligten des
Zusammenschlusses, wenn sie, wie es Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung erlaube,
unter Bedingungen und Auflagen erteilt werde. Denn die Bedingungen und
Auflagen seien dazu bestimmt, die Einhaltung der gegenüber der Kommission
abgegebenen Zusagen der Beteiligten des Zusammenschlusses zu gewährleisten.
Hilfsweise vertritt die Kommission die Ansicht, da das Recht auf Anhörung ein
Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts sei, das selbst dort anzuwenden sei, wo es
nicht ausdrücklich niedergelegt sei, könne vom Fehlen einer Erwähnung des
Anhörungsrechts Dritter nicht abgeleitet werden, daß die Verordnung Maßnahmen
hätte ausschließen wollen, die die Interessen Dritter beeinträchtigen könnten.
- 162.
- Schließlich führt die Kommission aus, daß die Möglichkeit, einen den
oligopolistischen Charakter des Marktes verstärkenden Zusammenschluß zu
untersagen, zum einen auf der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie beruhe, daß
der Wettbewerb auf einem oligopolistischen Markt nicht angemessen funktioniere,
soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien, und zum anderen auf der
Notwendigkeit, gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung im
Gemeinsamen Markt wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln.
- 163.
- Nach Ansicht der deutschen Regierung findet die Verordnung auf Fälle einer
kollektiven beherrschenden Stellung insbesondere deshalb Anwendung, weil sie ein
die Artikel 85 und 86 des Vertrages ergänzendes Instrument ist und erlassen
worden ist, um das allgemeine Ziel in Artikel 3 Buchstabe f EWG-Vertrag (jetzt
Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag) zu erreichen. Denn mit der Verordnung solle
eine wirksame Kontrolle der Zusammenschlüsse erreicht werden, die sich als mit
dem System unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar erweisen könnten. Die
Wirksamkeit einer solchen Kontrolle setze die Möglichkeit voraus, alle
Zusammenschlüsse, die zur Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung führen könnten, zu verhindern, unabhängig davon, ob diese Stellung von
einem oder von mehreren Unternehmen eingenommen werde.
- 164.
- Wenn man die Verordnung so auslegte, daß ihr Anwendungsbereich auf eine von
einem einzelnen Unternehmen eingenommene beherrschende Stellung beschränkt
sei, hätte dies zur Folge, daß Zusammenschlüsse, die nach der Verabschiedung der
Verordnung erfolgten und die zuvor der Fusionskontrolle eines Mitgliedstaats
unterfallen seien, nicht der Kontrolle unterlägen.
- 165.
- Erstens kann dem Argument der Klägerinnen, die Wahl der Rechtsgrundlagen
spreche für sich genommen dafür, daß die Verordnung nicht auf kollektive
beherrschende Stellungen anwendbar sei, nicht gefolgt werden. Denn, wie der
Generalanwalt in Nummer 83 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, können die
Artikel 87 und 235 des Vertrages grundsätzlich als Rechtsgrundlage für eine
Regelung verwendet werden, die ein vorbeugendes Tätigwerden gegenüber
Zusammenschlüssen ermöglicht, die eine kollektive beherrschende Stellung
begründen oder verstärken, die geeignet ist, den Wettbewerb erheblich zu
beeinträchtigen.
- 166.
- Zweitens läßt sich dem Wortlaut von Artikel 2 der Verordnung nicht entnehmen,
daß nur Zusammenschlüsse unter diese Verordnung fallen, die eine individuelle
beherrschende Stellung begründen oder verstärken, d. h. eine beherrschende
Stellung, die von den Beteiligten des Zusammenschlusses eingenommen wird. Denn
Artikel 2 der Verordnung schließt nicht insofern, als er „Zusammenschlüsse, die
eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken“, erfaßt, als solcher die
Möglichkeit der Anwendung der Verordnung auf Fälle aus, in denen die
Zusammenschlüsse zur Begründung oder Verstärkung einer kollektiven
beherrschenden Stellung führen, d. h. einer beherrschenden Stellung, die die
Beteiligten des Zusammenschlusses gemeinsam mit einer an diesem
Zusammenschluß nicht beteiligten Einheit einnehmen.
- 167.
- Drittens geht in bezug auf die vorbereitenden Arbeiten aus den Akten hervor, daß
nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie die Absicht der Verfasser der
Verordnung in bezug auf die Bedeutung des Ausdrucks „beherrschende Stellung“
eindeutig zum Ausdruck bringen. Unter diesen Umständen können die
vorbereitenden Arbeiten keine sachdienlichen Anhaltspunkte für die Auslegung des
streitigen Begriffes liefern (vgl. dahin gehend Urteil vom 1. Juni 1961 in der
Rechtssache 15/60, Simon/Gerichtshof, Slg. 1961, 241).
- 168.
- Da die wörtliche und die historische Auslegung der Verordnung, insbesondere des
Artikels 2, nicht die Beurteilung ihrer genauen Bedeutung in bezug auf die Art der
erfaßten beherrschenden Stellung ermöglichen, ist für die Auslegung der
betreffenden Regelung sowohl auf ihre Zielsetzung als auch auf ihre Systematik
abzustellen (vgl. dahin gehend Urteil vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache
11/76, Niederlande/Kommission, Slg. 1979, 245, Randnr. 6).
- 169.
- In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnung, wie sich aus
ihren ersten beiden Begründungserwägungen ergibt, auf der Prämisse beruht, daß
das Ziel der Errichtung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des
Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt, wesentlich für die
Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarktes bis zum Jahr 1992 und für seinen
späteren Ausbau ist.
- 170.
- Im übrigen geht aus der sechsten, siebten, zehnten und elften
Begründungserwägung hervor, daß die Verordnung im Unterschied zu den Artikeln
85 und 86 des Vertrages auf alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter
Bedeutung angewandt werden soll, sofern sich diese wegen ihrer Auswirkungen auf
die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft als unvereinbar mit dem vom Vertrag
geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen könnten.
- 171.
- Ein Zusammenschluß, der eine beherrschende Stellung der Beteiligten gemeinsam
mit einer am Zusammenschluß unbeteiligten Einheit begründet oder verstärkt, kann
sich als unvereinbar mit dem vom Vertrag geforderten System des unverfälschten
Wettbewerbs erweisen. Wenn daher davon ausgegangen würde, daß nur solche
Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung der an ihnen Beteiligten
begründen oder verstärken, von der Verordnung erfaßt würden, so wäre deren
Zielsetzung so, wie sie sich insbesondere aus den erwähnten
Begründungserwägungen ergibt, teilweise gefährdet. Der Verordnung würde auf
diese Weise ein nicht unerheblicher Teil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen,
ohne daß dies in Anbetracht der allgemeinen Systematik der gemeinschaftlichen
Fusionskontrollregelung geboten wäre.
- 172.
- In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß weder das Argument mit dem
Fehlen von Verfahrensgarantien noch das Argument mit der fünfzehnten
Begründungserwägung der Verordnung geeignet ist, die Anwendbarkeit der
Verordnung auf Fälle einer kollektiven beherrschenden Stellung, die auf einem
Zusammenschluß beruht, in Frage zu stellen.
- 173.
- Zum ersten Argument ist festzustellen, daß die Verordnung nicht ausdrücklich
vorsieht, daß am Zusammenschluß unbeteiligten Unternehmen, die als externer Pol
des beherrschenden Oligopols betrachtet werden, Gelegenheit gegeben werden
muß, ihren Standpunkt sachdienlich zum Ausdruck zu bringen, wenn die
Kommission die „Genehmigung“ des Zusammenschlusses von sie besonders
belastenden Bedingungen oder Auflagen abhängig machen möchte. Das gleiche gilt
für den Fall, daß die Kommission einen Zusammenschluß, der nur zur Begründung
oder Verstärkung einer individuellen beherrschenden Stellung führt, von dritte
Unternehmen belastenden Bedingungen oder Auflagen abhängig machen möchte.
- 174.
- Wenn man unterstellt, daß die Feststellung der Kommission, daß der beabsichtigte
Zusammenschluß eine kollektive beherrschende Stellung der beteiligten
Unternehmen einerseits und eines dritten Unternehmens andererseits begründet
oder verstärkt, für sich genommen letzteres beschweren kann, ist auf jeden Fall
daran zu erinnern, daß die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren,
die zu einer eine bestimmte Person beschwerenden Maßnahme führen können, ein
fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, dem auch dann Rechnung
zu tragen ist, wenn es an einer Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (vgl.
dahin gehend die Urteile vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76,
Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, und vom 24. Oktober 1996 in der
Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21).
- 175.
- Angesichts dieses Grundsatzes und unter Berücksichtigung der Zielsetzung der
Verordnung, wie sie zuvor herausgearbeitet worden ist, kann es nicht als
entscheidender Beleg für die Unanwendbarkeit der Verordnung auf kollektive
beherrschende Stellungen betrachtet werden, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber
im Rahmen der Verordnung nicht ausdrücklich ein Verfahren vorgesehen hat, das
die Verteidigungsrechte dritter Unternehmen, die zusammen mit den am
Zusammenschluß beteiligten Unternehmen als mutmaßliche Inhaber einer
kollektiven beherrschenden Stellung angesehen werden, gewährleistet.
- 176.
- Zum zweiten Argument ist festzustellen, daß die in der fünfzehnten
Begründungserwägung der Verordnung aufgeführte Vermutung der Vereinbarkeit
von Zusammenschlüssen mit dem Gemeinsamen Markt, bei denen die beteiligten
Unternehmen insgesamt einen Marktanteil von weniger als 25 % halten, im
verfügenden Teil der Verordnung nicht dargelegt ist.
- 177.
- Die fünfzehnte Begründungserwägung der Verordnung ist nämlich insbesondere im
Hinblick auf die ihr zugrunde liegenden Marktverhältnisse so auszulegen, daß bei
einem Zusammenschluß, der den an ihm beteiligten Unternehmen zusammen
keinen Anteil von mindestens 25 % am Referenzmarkt verschafft, davon
auszugehen ist, daß er eine wettbewerbswidrige beherrschende Stellung dieser
Unternehmen weder begründet noch verstärkt.
- 178.
- Nach allem sind die kollektiven beherrschenden Stellungen nicht vom
Geltungsbereich der Verordnung ausgeschlossen.
3. Zur Feststellung des Bestehens einer kollektiven beherrschenden Stellung im
vorliegenden Fall
- 179.
- Mit diesem dritten Teil des Klagegrundes machen sowohl die französische
Regierung als auch EMC und SCPA geltend, daß die Begründung der Kommission
für die angebliche Schaffung eines beherrschenden Duopols auf einer irrigen
tatsächlichen und rechtlichen Würdigung beruhe und auf alle Fälle unzureichend
sei. Die Kommission habe ihre Untersuchung der kollektiven beherrschenden
Stellung auf Kriterien gestützt, die in der Rechtsprechung zu Artikel 86 des
Vertrages nicht angewandt würden, und sie habe im übrigen offensichtliche Fehler
bei der Anwendung der Kriterien begangen, die sie selbst in anderen
Entscheidungen für die Klärung der Frage festgelegt habe, ob eine kollektive
beherrschende Stellung begründet werde.
- 180.
- Die Kommission erwidert, daß die Kriterien, die sie in der streitigen Entscheidung
angewandt habe, keineswegs im Widerspruch zu denjenigen stünden, die sie in
anderen Entscheidungen zu Fällen einer kollektiven beherrschenden Stellung
benutzt habe. Denn für die Feststellung des Bestehens einer kollektiven
beherrschenden Stellung im vorliegenden Fall habe sie sich im wesentlichen auf
drei Kriterien gestützt: den Konzentrationsgrad des Marktes, der sich aus dem
Zusammenschluß ergebe, die strukturellen Einzelheiten in bezug auf die Natur des
Marktes und die Merkmale des Erzeugnisses sowie die strukturellen Beziehungen
zwischen den betroffenen Unternehmen. Im übrigen müßten die Kriterien für die
Feststellung des Vorliegens einer kollektiven beherrschenden Stellung im Rahmen
von Artikel 86 des Vertrages und im Rahmen der Verordnung nicht die gleichen
sein. Bei Artikel 86 sei auf die Vergangenheit abzustellen, während im Rahmen der
Verordnung die Untersuchung auf die Zukunft auszurichten sei, da ihr Ziel in der
Wahrung einer wirksamen Wettbewerbsstruktur und nicht darin bestehe, den
Mißbrauch einer beherrschenden Stellung abzustellen.
a) Zum Konzentrationsgrad des Marktes
- 181.
- Die französische Regierung und die klagenden Unternehmen führen aus, die
Erhöhung des Konzentrationsgrades des Marktes sei nicht erheblich, denn dieMarktanteile von K + S und SCPA seien aufgrund des Zusammenschlusses von
54 % auf 61 % gestiegen. Nach Ansicht der französischen Regierung ist die
Untersuchung der Kommission unvollständig, denn zum einen berücksichtige sie
nicht, daß sich auf den Zusammenschluß hin die Zahl der Wettbewerber auf dem
Markt nur von zehn auf neun verringert habe, und zum anderen würdige sie die
Rolle zweier bedeutender Wirtschaftsteilnehmer wie CPL und Coposa nicht
gebührend.
- 182.
- Die Kommission erwidert, ihre Untersuchung berücksichtige vollauf die
Marktanteile sämtlicher Erzeuger in der Gemeinschaft und sämtlicher auswärtiger
Beteiligter. Sie habe die Existenz von CPL und Coposa keineswegs verkannt,
sondern festgestellt, daß diese beiden Gemeinschaftserzeuger ihren Absatz nicht
erhöhen könnten, um einen Teil des Marktes von K + S/MdK und SCPA zu
erobern.
b) Zum Zustand des ausgeschalteten Wettbewerbers
- 183.
- Die französische Regierung macht geltend, aus der erwähnten Entscheidung
Nestlé/Perrier gehe hervor, daß die Kommission bei ihrer Beurteilung der
Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung dem Umstand besondere
Bedeutung beigemessen habe, daß der Zusammenschluß zur Ausschaltung eines
Wettbewerbers führe, der wegen seiner Größe und der von ihm eingenommenen
Stellung auf dem Markt einen wesentlichen Faktor eines wirksamen Wettbewerbs
darstelle. Im vorliegenden Fall sei es jedoch offensichtlich, daß die Übernahme von
MdK durch K + S nicht zur Ausschaltung eines solchen Wettbewerbers führe, denn
MdK halte nur 7 % am relevanten Markt. Im übrigen sei die Frage der
„beeindruckenden Erzeugungskapazitäten“ von MdK, die die Kommission in ihrer
Klagebeantwortung anführe, in der streitigen Entscheidung nicht angeschnitten
worden.
- 184.
- Die Kommission, die außerdem die Ansicht vertreten habe, daß MdK sich in
großen Schwierigkeiten befinde, hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß
dieses Unternehmen kein Wettbewerber sei, dessen Ausschaltung zu einer
wesentlichen Änderung der Marktstrukturen führen würde, aus der sich die Bildung
eines Duopols ergeben könne.
- 185.
- Die Kommission vertritt unter Bezugnahme auf Randnummer 120 der erwähnten
Entscheidung Nestlé/Perrier die Ansicht, ob die Verringerung der Anzahl der
Erzeuger bei der Feststellung des Vorliegens einer kollektiven beherrschenden
Stellung zu berücksichtigen sei, hänge wesentlich davon ab, ob diese Verringerung
mehr als eine rein formale Änderung der Marktstruktur sei. Dies sei bei der
Übernahme von MdK durch K + S durchaus der Fall. In diesem Zusammenhang
führt die Kommission aus, daß MdK über eindrucksvolle Erzeugungskapazitäten
verfüge, die nach einer beschleunigten Umstrukturierung ein ganz erhebliches
Wettbewerbspotential darstellen würden. Außerdem ergebe sich die Bedeutung von
MdK als Wettbewerber auf dem Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands
auch daraus, daß nicht mit hinreichender Sicherheit dargetan sei, daß die
Wettbewerbssituation beim Ausscheiden von MdK aus dem Markt und bei der
Durchführung des Zusammenschlusses praktisch die gleiche sei.
c) Zur Stellung der Wettbewerber
- 186.
- Nach Ansicht der französischen Regierung läuft die Untersuchung der Kommission
in bezug auf den Grad des Wettbewerbsdrucks, der von den Konkurrenten auf das
angebliche von K + S/MdK und SCPA gebildete Duopol ausgeübt werden könne,
auf ein verfälschtes Bild der tatsächlichen Wettbewerbssituation auf dem Markt der
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands hinaus. Denn die Kommission trachte
danach, die Bedeutung verschiedener Wirtschaftsteilnehmer herunterzuspielen, die
ein Gegengewicht zur angeblichen Vormacht führender Unternehmen bilden
könnten.
- 187.
- Die Untersuchung der Kommission sei teilweise inkohärent. Während die
Kommission bei der Festlegung des geographischen Marktes das Gewicht auf die
begrenzten Erzeugungskapazitäten von CPL und Coposa lege, hebe sie die
Bedeutung der Ausfuhren Spaniens und des Vereinigten Königreichs in andere
Mitgliedstaaten hervor. Ferner spiele sie die Bedeutung der Einfuhren aus
Drittländern mit der Feststellung herunter, daß Frankreich der wichtigste
Kaliverbraucher in der Gemeinschaft sei und daß seine Einfuhren aus Drittländern
über SCPA kanalisiert würden. Auf diese Weise beurteile die Kommission die
Stellung der Wettbewerber sowohl in bezug auf den französischen Markt als auch
in bezug auf den Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands in unlogischem
Widerspruch zu ihrer eigenen Beschreibung des relevanten geographischen
Marktes. Außerdem gebe es entgegen der Behauptung der Kommission
Kalieinfuhren aus der GUS immer noch, und ihr Marktanteil habe sich nicht
verringert, wie die Einleitung einer Überprüfung der Verordnung (EWG) Nr.
3068/92 des Rates vom 23. Oktober 1992 zur Einführung eines endgültigen
Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Rußland,
der Ukraine und Weißrußland (ABl. L 308, S. 41; im folgenden:
Antidumpingverordnung) beweise. Nach den Quellen IFA und Zoll seien die
Einfuhren aus der GUS auf 11 % des Absatzes in der Gemeinschaft im Jahr 1993
gestiegen.
- 188.
- Die Argumentation der Kommission sei tatsächlich mit einem grundlegenden
Fehler behaftet, denn sie beruhe auf dem Bestehen eines geographischen Marktes,
der alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft außer Deutschland umfasse, obwohl es
offensichtlich sei, daß Frankreich wegen seiner besonderen Merkmale in bezug auf
Erzeugung, Einfuhr und Vertrieb von Kalierzeugnissen nicht hätte einbezogen
werden dürfen.
- 189.
- Nach Ansicht der Kommission besteht kein Widerspruch zwischen der Feststellung
des Bestehens erheblicher Ausfuhrströme aus Spanien in andere Mitgliedstaaten
und der Feststellung, daß Coposa kein Gegengewicht gegen das Duopol bilde.
- 190.
- Daß die Einfuhren aus Drittländern über eines der Mitglieder des Duopols, SCPA,
in einen erheblichen Teil des relevanten geographischen Marktes, Frankreich,
kanalisiert würden, das der wichtigste Markt sei, bedeute, daß der
Wettbewerbsdruck der Drittländer auf dieses Duopol notwendigerweise begrenzt
sei.
- 191.
- Sie habe sich keineswegs darauf beschränkt, Kriterien anzuwenden, die
ausschließlich den französischen Markt beträfen. In bezug auf die Einfuhren aus
der GUS habe sie nur festgestellt, daß sich der Marktanteil von K + S/MdK und
SCPA in Zukunft nicht nur wegen des erwarteten Rückgangs der Einfuhren aus der
GUS, sondern auch deshalb weiter erhöhen werde, weil der letzte unabhängige
Kalierzeuger in Kanada, PCA, durch ein Mitglied des Ausfuhrkartells Canpotex,
PCS, übernommen worden sei, dessen Lieferungen nach Frankreich und Irland
über SCPA liefen. Auch stelle die Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen
keinen Beweis dafür dar, daß die Kalieinfuhren aus der GUS fortgesetzt würden.
Die Kommission habe nämlich in diesem Zusammenhang festgestellt, daß der
Absatz des wichtigsten Kalivertriebs der GUS in der Gemeinschaft seit dem Erlaß
der Antidumpingzollverordnung auf ein Achtel seiner Höhe von 1992
zurückgegangen sei.
d) Zur Marktposition von K + S/MdK und SCPA
- 192.
- Erstens rügt die französische Regierung, daß die Kommission unter den Kriterien,
die sie angewandt habe, um das Vorliegen einer oligopolistischen beherrschenden
Stellung festzustellen, dem gemeinsamen Marktanteil von K + S/MdK und SCPA
übermäßiges Gewicht beigelegt habe.
- 193.
- Zweitens habe die Kommission die fehlende Symmetrie zwischen den beiden
Einheiten, die angeblich das Duopol bildeten, nicht berücksichtigt, während dieses
Fehlen im Gegensatz dazu in früheren Entscheidungen einen maßgebenden
Umstand für die Verneinung des Vorliegens einer oligopolistischen beherrschenden
Stellung dargestellt habe. Zwischen den Marktanteilen von K + S/MdK (23 %) und
von SCPA (37 %) bestehe ein beträchtlicher Unterschied. Im übrigen habe die
Kommission zahlreiche tatsächliche Umstände außer acht gelassen, aus denen sich
ein offensichtliches Ungleichgewicht zwischen SCPA und K + S/MdK ergebe, wie
ihre Erzeugungskapazität, ihre Wirtschaftskraft und ihre unterschiedliche vertikale
Eingliederung.
- 194.
- Die Kommission weist darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung ein
Marktanteil von ungefähr 60 % sehr wohl den Beweis für das Vorliegen einer
kollektiven beherrschenden Stellung liefere, insbesondere, wenn, wie im
vorliegenden Fall, ein erheblicher Unterschied zu den Marktanteilen der
Wettbewerber bestehe.
- 195.
- Zwar räumt die Kommission ein, daß zwischen K + S/MdK und SCPA
Unterschiede bestünden, sie wendet sich jedoch gegen die Ansicht, daß ein Duopol
nur in Fällen vorstellbar sei, in denen die Positionen der betreffenden
Unternehmen ähnlich seien, zumal wenn, wie im vorliegenden Fall, bedeutende
Beziehungen zwischen diesen Unternehmen bestünden, die einen wirksamen
Wettbewerb verhinderten.
e) Zur Wirtschaftskraft der Abnehmer
- 196.
- Die französische Regierung rügt, daß die Kommission das Kriterium der
Wirtschaftskraft der Abnehmer nicht berücksichtigt habe. Die Untersuchung dieses
Umstands hätte die Kommission zu der Feststellung veranlaßt, daß die Abnehmer
ein geeignetes Gegengewicht bildeten, um die Begründung des angeblichen
Duopols in Frage zu stellen. Auch stelle der erhebliche Rückgang der Nachfrage
nach Kali wegen der Änderungen der gemeinsamen Agrarpolitik einen intensiven
Wettbewerbsfaktor für die Kalierzeuger dar. Dies gelte um so mehr, als die
Nachfrage nach Kali von 1988 bis 1993 in Europa um beinahe 30 % gefallen sei,
während sich die Einfuhren im selben Zeitraum nur um 23 % verringert hätten.
- 197.
- Die Kommission erwidert, zwar habe sie in einigen ihrer Entscheidungen angesichts
des auf der Seite der Käufer existierenden Gegengewichts zu dem Ergebnis
gelangen können, daß keine beherrschende Stellung vorliege; es handele sich
jedoch nur um einen Faktor unter anderen, die sie berücksichtige. Zwar sei ein
Rückgang der Nachfrage nach Kali eingetreten, betreffe jedoch alle Erzeuger in der
Gemeinschaft. Außerdem sei dieser Rückgang in Anbetracht der begrenzten
Elastizität der Nachfrage nicht sehr stark, da Kali ein Dünger von wesentlicher
Bedeutung für die Landwirtschaft sei, der nicht durch einen anderen ersetzt werden
könne.
f) Zu den Beschränkungen für den Zugang von Kalierzeugnissen zur Gemeinschaft
- 198.
- Die französische Regierung macht geltend, die Kommission habe in dem Teil der
Entscheidung, der den geographischen Markt betreffe, Einzelheiten hervorgehoben,
die in die Richtung eines offenen und „leicht angreifbaren“ Marktes gingen. Bei
der Feststellung des Vorliegens einer kollektiven beherrschenden Stellung von
K + S/MdK und SCPA habe die Kommission jedoch das geringe Ausmaß der
Beschränkungen für den Zugang von Kalierzeugnissen zur Gemeinschaft völlig
verkannt.
- 199.
- Die von der Kommission erstmals in ihrer Klagebeantwortung vorgebrachten
Argumente, die sich auf die Antidumpingzölle und das gesetzliche Monopol von
SCPA stützten, belegten nicht, daß es Beschränkungen für den Zugang zum
geographischen Referenzmarkt gebe. Was das erste Argument angehe, so seien die
Antidumpingzölle Maßnahmen, die die Wiederherstellung der
Wettbewerbsbedingungen und nicht die Einführung einer Maßnahme zur
Beschränkung des grenzüberschreitenden Handels bezweckten. Zum anderen
Argument, das das gesetzliche Monopol von SCPA betrifft, führt die französische
Regierung aus, daß dieses Monopol zwar eine Beschränkung für den Zugang zum
französischen Markt schaffen könne, jedoch keine Auswirkungen auf den Zugang
von Erzeugnissen aus Drittländern zu den Märkten der anderen Mitgliedstaaten
habe, die zusammen mit dem französischen Markt den geographisch relevanten
Markt darstellten.
- 200.
- Die Kommission weist darauf hin, daß es keine Beschränkungen für den Zugang
zur Gemeinschaft gebe. Jedoch gebe es zwei Arten von Beschränkungen für den
Zugang von Erzeugnissen von Unternehmen dritter Länder: die
Antidumpingmaßnahmen für die Einfuhren aus der GUS und das gesetzliche
Monopol von SCPA, das dazu führe, daß sämtliche französischen Einfuhren aus
Drittländern über dieses Unternehmen kanalisiert werden müßten. Die
Antidumpingzölle stellten Zugangsbeschränkungen dar, denn sie begrenzten
gemeinsam mit den Transportkosten die für die Importeure verfügbare
Preisspanne. Im übrigen sei der Umstand, daß alle Einfuhren aus Drittländern nach
Frankreich, das der wichtigste Markt mit einem dreimal so hohen Verbrauch wie
der zweitgrößte Markt sei, über SCPA kanalisiert würden, eine
Zugangsbeschränkung für Einfuhren in den Gemeinschaftsmarkt allgemein.
g) Zu den Merkmalen des Marktes und des Erzeugnisses
- 201.
- Die französische Regierung ist der Ansicht, daß die von der Kommission in
Randnummer 57 der streitigen Entscheidung angestellte Untersuchung der für die
Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung förderlichen objektiven
Umstände, auf die sie in früheren Entscheidungen wie insbesondere in den
Entscheidungen Nestlé/Perrier, a. a. O., und 94/359/EG der Kommission vom 21.
Dezember 1993 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit
dem Gemeinsamen Markt (Sache IV/M.358 Pilkington-Techint/SIV) (ABl. 1994,
L 158, S. 24) Gewicht gelegt habe, vage und nicht überzeugend sei. Die
Kommission habe grundlegende Untersuchungskriterien wie die Preise, ihre
Entwicklung, die Elastizität der Nachfrage und die Kosten der beiden
Unternehmen, die angeblich das Duopol bildeten, völlig außer acht gelassen. Imübrigen seien bestimmte Erwägungen der Kommission nicht stichhaltig. Zur
Homogenität des Erzeugnisses weist die französische Regierung darauf hin, daß der
allgemeine Begriff Kali vielfältige Erzeugnisse umfasse. Die Behauptung der
Kommission, der Kalimarkt sei transparent, stehe im Widerspruch dazu, daß die
Kommission Schwierigkeiten bei der Erstellung einer klaren und schnellen
Übersicht über den Markt in bezug auf Wert und Umfang gehabt habe.
- 202.
- Die Kommission entgegnet zunächst, sie habe die Strukturelemente deutlich
erwähnt, die sich auf die Merkmale des Marktes und des Erzeugnisses bezögen.
Die streitige Entscheidung sei zu einem anderen Sachverhalt ergangen als die von
der französischen Regierung angeführten Entscheidungen. Der Hintergrund dieser
Entscheidung sei ein Sachverhalt, bei dem es bereits vor dem Zusammenschluß
keinen wirksamen Wettbewerb zwischen den beiden wichtigsten Kalilieferanten in
der Gemeinschaft gegeben habe. Unter diesen Umständen seien die Einzelheiten,
die die französische Regierung bei den erwähnten Entscheidungen geprüft habe,
nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren. Zur Homogenität des Erzeugnisses
macht die Kommission geltend, daß Kali sowohl chemisch betrachtet als auch von
der Verwendung her identisch sei. Was die Transparenz des Marktes angehe,
kenne jeder Erzeuger seine Position und diejenige seiner Wettbewerber. Denn die
Produktionszahlen und die Preise seien allgemein bekannt, und es gebe Statistiken
zum Kaliverbrauch sowie eingehende Untersuchungen zum Kalimarkt.
h) Zum Vorliegen von parallelen Verhaltensweisen
- 203.
- Die französische Regierung führt aus, die Kommission suche das Fortbestehen
wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von K + S und SCPA mit der Feststellung
zu belegen, obwohl eine in den 70er Jahren zwischen diesen beiden Unternehmen
geschlossene Kooperationsvereinbarung für mit Artikel 85 des Vertrages
unvereinbar erklärt worden sei (Entscheidung 73/212/EWG der Kommission vom
11. Mai 1973; ABl. L 217, S. 3) und unbeschadet der Erzeugungsüberkapazitäten
in Deutschland gebe es nur sehr geringe Handelsströme zwischen Deutschland und
Frankreich, die nicht über SCPA kanalisiert würden. Erstens sei es für den
Nachweis einer kollektiven beherrschenden Stellung wesentlich, daß das
wettbewerbswidrige Verhalten erst seit kurzem erfolge. Zweitens hätten die für mit
Artikel 85 unvereinbar erklärten Praktiken die gesamte Gemeinschaft betroffen.
Doch sei die einzige Tatsache, mit der die Kommission zu belegen suche, daß die
erwähnte Vereinbarung fortbestehe, der Handelsverkehr von Deutschland nach
Frankreich. Drittens sei die Geringfügigkeit des Handelsverkehrs, der nicht über
SCPA kanalisiert werde, sehr relativ. Denn die Lieferungen nach Frankreich
beliefen sich nur auf 87 000 t, d. h. 6 % des französischen Verbrauchs, von denen
nur 47 000 t über SCPA kanalisiert würden. Schließlich sei die Ansicht der
Kommission unzutreffend, daß die geringe Präsenz von K + S auf dem
französischen Markt für den Nachweis des Vorliegens eines Duopols von
K + S/MdK und SCPA in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ausreiche.
- 204.
- Die Kommission führt aus, sie habe in der streitigen Entscheidung nicht behauptet,
sich für die Herleitung einer kollektiven beherrschenden Stellung auf eine in den
70er Jahren geschlossene Kooperationsvereinbarung gestützt zu haben. Sie habe
festgestellt, daß das weitgehende Fehlen von K + S auf dem französischen Markt
und die Kanalisierung eines überwiegenden Teils ihrer Einfuhren über SCPA
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer kollektiven beherrschenden Stellung seien.
i) Zum Vorliegen struktureller Verflechtungen zwischen den Unternehmen
- 205.
- Nach Ansicht der französischen Regierung sind die drei von der Kommission
zwischen K + S und SCPA festgestellten Verflechtungen, nämlich das gemeinsame
Unternehmen Potacan, die Zusammenarbeit im Exportkartell Kali-Export GmbH
und die Kanalisierung der Lieferungen von K + S in Frankreich über SCPA, nicht
geeignet, die Begründung eines Duopols infolge des Erwerbs von MdK durch
K + S darzutun. Zweck des Exportkartells Kali-Export GmbH sei es, den
Kaliexport seiner Mitglieder im Gebiet außerhalb der Gemeinschaft zu fördern und
zu koordinieren. Dieses Kartell berühre jedoch nicht ihren Absatz innerhalb der
Gemeinschaft. Die Befürchtung der Kommission, die Zusammenarbeit innerhalb
dieses Kartells beschränke den Wettbewerb zwischen K + S und SCPA in der
Gemeinschaft, sei durch kein Beweismittel belegt.
- 206.
- In bezug auf Potacan machen die klagenden Unternehmen geltend, die
Kommission habe ihre Behauptung nicht belegt, die gegenwärtige Struktur von
Potacan hindere ihre Gesellschafter, K + S und SCPA, sich in unabhängiger Weise
bei ihrer gemeinsamen Tochtergesellschaft für die Belieferung der Märkte der
Europäischen Gemeinschaft einzudecken.
- 207.
- Die französische Regierung rügt in ihrer Erwiderung vier Beurteilungsfehler.
Erstens lege die Kommission in ihrer Untersuchung der Verflechtungen zwischen
K + S und SCPA keine Verbindung zwischen diesen Verflechtungen und ihren
Folgen für den gesamten relevanten Markt dar, sondern zeige nur, daß diese
Verflechtungen lediglich in Frankreich von Bedeutung seien. So ziehe die
Kommission aus dem Umstand, daß zwischen K + S und SCPA in dem Staat, der
den größten Teil des erzeugten Kalis verbrauche, kein Wettbewerb bestehe, den
Schluß, daß sich diese Unternehmen in einer beherrschenden Stellung auf dem
gesamten Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands befänden. Dies stehe
im Widerspruch zu dem Argument der Kommission, daß die jeweilige nationale
Lage kaum von Bedeutung sei, da feststehe, daß der Referenzmarkt von der
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands gebildet werde.
- 208.
- Zweitens führt die französische Regierung aus, daß die Kommission für die Zwecke
ihrer Darlegung einmal die Ansicht vertrete, Coposa führe selbständig erhebliche
Mengen nach Frankreich aus (im Rahmen der Beschreibung des relevanten
geographischen Marktes), und ein anderes Mal geltend mache, daß das spanische
Unternehmen in Frankreich wenig präsent sei und daß ein erheblicher Teil seines
Absatzes kanalisiert werde (um zu belegen, daß die Zusammenarbeit in der Kali-Export GmbH das Wettbewerbsverhalten der Mitglieder des Kartells in der
Gemeinschaft beeinflusse). So wie die Kriterien von der Kommission angewandt
worden seien, hätten sie genausogut zu der Feststellung eines Oligopols von
K + S/MdK, SCPA und Coposa führen können. Die streitige Entscheidung sei in
diesem Punkt zumindest unzureichend begründet.
- 209.
- Drittens meint die französische Regierung, daß in Frankreich ein Teil der
Kalilieferungen von K + S, der nur 1,4 % des Verbrauchs des Referenzmarktes
betrage, über SCPA kanalisiert werde, könne nicht als Anhaltspunkt dafür
betrachtet werden, daß nach dem Erwerb von MdK durch K + S ein Duopol auf
diesem Markt begründet worden sei. Der relativ geringe Absatz von K + S in
Frankreich genüge nicht für die Feststellung, zwischen K + S und SCPA bestünden
wettbewerbswidrige Verflechtungen, denn es könne sehr wohl verschiedene
Rechtfertigungsgründe geben. Einer könne sich z. B. aus dem französischen Markt
oder der industriellen Strategie von K + S ergeben. Hierzu führt die französische
Regierung aus, die Ausfuhrpolitik von K + S orientiere sich in Richtung auf
Länder außerhalb Europas, auf Mitgliedstaaten, die keine Erzeugung hätten, und
auf einen Erzeugerstaat, der, wie das Vereinigte Königreich, Nachfrager nach Kali
sei.
- 210.
- Hierzu machen die klagenden Unternehmen geltend, die einzige
Vertriebsbeziehung zwischen K + S und SCPA bestehe in einem Vertrag über den
Vertrieb von Kieserit, ein nicht aus Kali bestehendes Erzeugnis, das einem anderen
Produktmarkt angehöre. Die Beziehungen zwischen K + S und SCPA bei
Kalierzeugnissen umfaßten dagegen keine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des
Vertriebs und beschränkten sich strikt auf Beziehungen zwischen Lieferant und
Käufer entsprechend den üblichen Marktbedingungen.
- 211.
- Viertens rügt die französische Regierung, die Kommission habe keinen
Kausalzusammenhang zwischen der Übernahme von MdK und der angeblichen
Begründung eines Duopols zwischen K + S/MdK und SCPA nachgewiesen. Weder
der Umstand, daß der gemeinsame Marktanteil von K + S und SCPA nach dem
Zusammenschluß von 54 % auf 61 % gestiegen sei, noch der Umstand, daß MdK
einer der wichtigsten Erzeuger in der Gemeinschaft sei, seien Faktoren der
Begründung eines Duopols auf dem relevanten Markt.
- 212.
- Die klagenden Unternehmen machen geltend, nachdem die Kommission bei der
Prüfung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den deutschen Markt
festgestellt habe, daß MdK auf alle Fälle aus dem Markt ausscheiden werde, habe
sie nicht zu dem Ergebnis gelangen können, daß die Übernahme von MdK durch
K + S zur Begründung einer beherrschenden Stellung von K + S/MdK und SCPA
führen werde.
- 213.
- In bezug auf Potacan führt die Kommission aus, es ergebe sich insbesondere aus
ihrer Organisationsstruktur, daß keine wichtige Entscheidung auf dem Gebiet der
Unternehmenspolitik gegen den Willen eines der Partner getroffen werden könne.
So sei die Eindeckung der französischen Unternehmensgruppe mit Kali in
erheblichen Mengen nicht möglich, wenn K + S sich dem widersetze.
- 214.
- Zur Kali-Export GmbH genüge die Feststellung, daß ein Exportkartell den Absatz
seiner Mitglieder in der Gemeinschaft nicht berühre, nicht für den Nachweis, daß
es den Wettbewerb zwischen diesen in der Gemeinschaft nicht beschränke. Wegen
der verschiedenen gegenseitigen Abhängigkeiten von K + S und SCPA gebe es
zwischen den beiden Bestandteilen des Oligopols in der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands keinen wirksamen Wettbewerb. Die Kommission führt aus: i) Obwohl
das französische Hoheitsgebiet für Kalierzeugnisse in der Gemeinschaft der
wichtigste Absatzmarkt sei und es keine Zugangsbeschränkung dahin gebe, sei
K + S trotz ihrer Erzeugungskapazität, mit der sie weitgehend den gesamten Markt
der Gemeinschaft beliefern könne, auf dem französischen Markt nur am Rande
präsent; ii) obwohl K + S in allen Mitgliedstaaten ein gut ausgebautes
Vertriebsnetz eingerichtet habe, verfüge sie bisher in Frankreich über kein eigenes
Vertriebsnetz; iii) CPL habe Zugang zum französischen Markt erst nach dem
Ausscheiden der Kali-Export GmbH erhalten und innerhalb von sechs Jahren einen
Anteil am französischen Markt von 13 % erobern können; Coposa als Mitglied der
Kali-Export GmbH sei auf dem französischen Markt kaum präsent, und ein
erheblicher Anteil ihres Kalis werde in Frankreich über SCPA verkauft. Aus diesen
Umständen schließt die Kommission, daß es einen eindeutigen Zusammenhang
zwischen der Beteiligung an der Kali-Export GmbH und dem Absatz in Frankreich
gebe.
- 215.
- In ihrer Gegenerwiderung führt die Kommission erstens aus, sie habe einen
offensichtlichen Zusammenhang zwischen den Verflechtungen zwischen K + S und
SCPA, die nur Frankreich beträfen, und dem Fehlen eines Wettbewerbs auf dem
gesamten Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands nachgewiesen
(Randnrn. 57, 59, 61 und 67 der streitigen Entscheidung).
- 216.
- Zweitens habe sie keineswegs behauptet, daß Coposa in erheblichem Umfang nach
Frankreich ausführe. Sie habe im Gegenteil festgestellt, daß es zwar Einfuhren von
Coposa nach Frankreich gebe, diese jedoch beschränkt seien und zum großen Teil
über SCPA kanalisiert würden. Coposa sei nicht in das Duopol zwischen
K + S/MdK und SCPA einzubeziehen, denn sie sei mit K + S und SCPA nur
durch ihre Beteiligung an der Kali-Export GmbH verbunden. Außerdem führe sie
trotz der geographischen Nähe der deutschen Mineralien und trotz des Umstands,
daß in Deutschland die Erzeugung viermal höher als der Verbrauch sei, mehr Kali
nach Frankreich aus als K + S. Im übrigen seien die Vertriebsbeziehungen
zwischen K + S und SCPA vor langer Zeit geknüpft worden.
- 217.
- Drittens stellt die Kommission fest, daß die Strukturen des französischen Marktes
CPL nicht daran gehindert hätten, ohne den Weg über SCPA nach Frankreich
vorzudringen. Auch sei die Geschäftspolitik von K + S, die darin bestehe, in
Frankreich nicht zu verkaufen, auf kommerzieller Ebene unverständlich, da
Frankreich ebenfalls ein Staat mit Nachfrage nach Kali sei, eine erhebliche
Überkapazität in Deutschland herrsche und die deutschen Mineralien sich in
geographischer Nähe befänden.
- 218.
- Viertens stellt die Kommission fest, daß die Übernahme von MdK die strukturellen
Voraussetzungen des Marktes grundlegend verändert und aus folgenden Gründen
zur Schaffung einer kollektiven beherrschenden Stellung von K + S/MdK und
SCPA geführt habe: i) MdK bestreite 25 % der gesamten Kalierzeugung in der
Gemeinschaft (Randnr. 51 der streitigen Entscheidung) und verfüge über
erhebliche Kalireserven; ii) die Kapazitätsauslastung bei MdK betrage zur Zeit nur
ungefähr 50 % (Randnr. 73 der streitigen Entscheidung), was bedeute, daß die
Erzeugung leicht erhöht werden könnte; iii) der Marktanteil von MdK von 7 % sei
der maßgebende Faktor bei der Begründung der gemeinsamen beherrschenden
Stellung (Randnr. 62 der streitigen Entscheidung), da das Angebot außerhalb der
Unternehmensgruppe K + S/MdK und SCPA zersplittert sei (Randnr. 54 der
streitigen Entscheidung) und da der Marktanteil von K + S/MdK und SCPA noch
steigen dürfte (Randnr. 53 der streitigen Entscheidung).
- 219.
- Vor der Prüfung der Rügen, die die Klägerinnen gegen die Anwendung des
Begriffes der kollektiven beherrschenden Stellung durch die Kommission im
vorliegenden Fall vorbringen, ist daran zu erinnern, daß die Kommission das
Ergebnis, daß eine kollektive beherrschende Stellung von K + S/MdK und SCPA
begründet werde, die geeignet sei, den Wettbewerb auf dem Markt derGemeinschaft außerhalb Deutschlands erheblich zu behindern, insbesondere auf
folgende Feststellungen in der streitigen Entscheidung stützt:
Der Kalimarkt sei ein ausgereifter Markt, der durch ein weitgehend
homogenes Produkt und das Fehlen technischer Innovationen
gekennzeichnet sei (Randnr. 57 der streitigen Entscheidung);
die Marktverhältnisse seien in hohem Maße transparent, so daß
Informationen über Produktion, Nachfrage, Absatz und Preise generell
verfügbar seien (Randnr. 57 der streitigen Entscheidung);
seit langer Zeit bestünden außergewöhnlich enge Verflechtungen zwischen
K + S und SCPA, die für sich genommen Anhaltspunkt für das Fehlen
eines wirksamen Wettbewerbs zwischen diesen beiden Unternehmen sein
könnten; diese hielten im übrigen rund 53 % des Marktes der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands, berechnet anhand des Absatzes einschließlich,
neben den Verkäufen aus der eigenen Erzeugung von K + S und SCPA,
der Verkäufe von SCPA von Kali, das unmittelbar aus Drittländern stamme
und über dieses Unternehmen eingeführt werden müsse, das auf diese
Weise die Versorgung von außerhalb der Gemeinschaft kontrollieren könne
(Randnrn. 52, 56 und 57 der streitigen Entscheidung);
trotz der Überproduktion in Deutschland gebe es immer noch geringfügige
Kalilieferungen von K + S nach Frankreich, die nicht über SCPA kanalisiert
würden, da Frankreich der bei weitem größte Verbraucherstaat für Kali in
der Gemeinschaft sei (Randnrn. 56 und 57 der streitigen Entscheidung);
K + S und MdK, die nach dem Zusammenschluß ein gemeinsames
Unternehmen bildeten, sowie SCPA vereinigten 35 %, 25 % und 20 % der
gesamten Kalierzeugung in der Gemeinschaft auf sich (Randnr. 51 der
streitigen Entscheidung);
MdK sei der zweitgrößte Kalierzeuger in der Gemeinschaft, obwohl der
Auslastungsgrad der Kapazität des Unternehmens gegenwärtig nur ungefähr
50 % betrage (Randnrn. 51 und 73 der streitigen Entscheidung);
nach dem Zusammenschluß werde die Unternehmensgruppe K + S/MdK
und SCPA, betrachtet nach dem Absatz, einen zusammengefaßten
Marktanteil von ca. 60 % halten (Randnr. 52 der streitigen Entscheidung);
das Angebot außerhalb dieser Unternehmensgruppe sei zersplittert
(Randnr. 54 der streitigen Entscheidung);
die übrigen Erzeuger verfügten nicht über die Absatzbasis auf dem Markt,
um gegenüber einem Duopol K + S/MdK und SCPA bestehen zu können
(Randnr. 62 der streitigen Entscheidung).
- 220.
- Wie bereits ausgeführt worden ist, sind gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung
Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken,
durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem
wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für unvereinbar mit dem
Gemeinsamen Markt zu erklären.
- 221.
- In bezug auf eine angebliche kollektive beherrschende Stellung muß die
Kommission daher anhand einer Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung
des Referenzmarktes prüfen, ob der Zusammenschluß, mit dem sie befaßt ist, zu
einer Situation führt, in der ein wirksamer Wettbewerb auf dem relevanten Markt
von den zusammengeschlossenen Unternehmen und einem oder mehreren dritten
Unternehmen, die insbesondere aufgrund der zwischen ihnen bestehenden
verbindenden Faktoren zusammen die Macht zu einheitlichem Vorgehen auf dem
Markt und in beträchtlichem Umfang zu einem Handeln unabhängig von den
anderen Wettbewerbern, ihrer Kundschaft und letztlich den Verbrauchern besitzen,
erheblich behindert wird.
- 222.
- Ein solcher Vorgang erfordert eine aufmerksame Untersuchung insbesondere der
Umstände, die sich nach Lage des Einzelfalls als maßgebend für die Beurteilung
der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem
Referenzmarkt erweisen.
- 223.
- In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Grundregeln der
Verordnung, insbesondere Artikel 2, der Kommission ein bestimmtes Ermessen
namentlich bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art einräumen.
- 224.
- Daher muß die Kontrolle der Ausübung einer solchen Befugnis, die bei der
Beschreibung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlich ist, durch den
Gemeinschaftsrichter unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen,
der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für
Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt.
- 225.
- Davon ausgehend ist festzustellen, daß die Untersuchung des Zusammenschlusses
und seiner Auswirkungen auf den relevanten Markt so, wie sie von der Kommission
durchgeführt wurde, bestimmte Fehler enthält, die die wirtschaftliche Beurteilung
des betreffenden Zusammenschlusses beeinträchtigen.
- 226.
- In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Unternehmen
K + S/MdK und SCPA, wie aus den Randnummern 51 und 52 der streitigen
Entscheidung hervorgeht, nach dem Zusammenschluß anhand des Absatzes
berechnete Anteile von 23 % und 37 % an dem relevanten Markt haben werden.
Ein auf diese Weise aufgeteilter Marktanteil von zusammen ungefähr 60 % kann
jedoch für sich genommen keinen maßgeblichen Anhaltspunkt für das Vorliegen
einer kollektiven beherrschenden Stellung der Unternehmen darstellen.
- 227.
- Zu den angeblichen strukturellen Verflechtungen von K + S und SCPA, die den
wesentlichen Faktor darstellen, auf den sich die Kommission für ihre eigene
Beurteilung gestützt hat, ist zu bemerken, daß einige der Rügen der Klägerinnen,
die darauf abzielen, die Bedeutung dieser Verflechtungen als Anhaltspunkt für die
Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung der beiden betroffenen
Unternehmen als geringer erscheinen zu lassen, begründet sind.
- 228.
- So zeigt sich, daß die Feststellung der Kommission, die Beteiligung von K + S und
SCPA am Ausfuhrkartell Kali-Export GmbH könne Auswirkungen auf ihr
Wettbewerbsverhalten in der Gemeinschaft haben, nicht durch hinreichend
signifikante und überzeugende Beweismittel erhärtet wird. Die Kommission führt
nämlich in diesem Zusammenhang nur aus, daß der britische Erzeuger CPL mit
dem unabhängigen Vertrieb seiner Erzeugnisse auf dem französischen Markt erst
begonnen habe, nachdem er das Kartell 1987 verlassen habe, da er den geplanten
direkten Wettbewerb mit SCPA in Frankreich nicht mit einer weiteren
Mitgliedschaft in dem Kartell habe vereinbaren können (Randnr. 60 der streitigen
Entscheidung). Selbst wenn man von dem Umstand absehen würde, daß das
Argument der Kommission nur die angeblichen Auswirkungen der Zugehörigkeit
zum Kartell auf einen Teil des Marktes der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands
betrifft, ist zu bemerken, daß der spanische Erzeuger Coposa, obwohl er ebenfalls
Mitglied des Kartells Kali-Export GmbH ist, in Frankreich unabhängig eine
Kalimenge vertreibt, die etwas mehr als 5 % des französischen Verbrauchs
entspricht. Eine solche Menge stellt ungefähr 47 % der Ausfuhren von Coposa in
den relevanten Markt und zugleich beinahe zwei Drittel seiner Ausfuhren nach
Frankreich dar, und wurde im übrigen im Rahmen der Beschreibung des relevanten
geographischen Marktes als erheblich erachtet (Randnr. 38 der streitigen
Entscheidung). Daher zeigt sich, daß die Kommission das Vorliegen eines
Kausalzusammenhangs zwischen der Zugehörigkeit von K + S und SCPA zum
Ausfuhrkartell und ihrem wettbewerbswidrigen Verhalten auf dem relevanten
Markt nicht rechtlich hinreichend dargetan hat.
- 229.
- Zu den angeblichen Verflechtungen zwischen K + S und SCPA im Zusammenhang
mit den Lieferungen von K + S in Frankreich ist zu bemerken, daß die
Kommission zum einen K + S auferlegt hat, die gegenwärtige Zusammenarbeit mit
SCPA als Vertriebspartner für den französischen Markt zu beenden, und daß sie
zum anderen zugelassen hat, daß K + S zu marktüblichen Bedingungen Verkäufe
an SCPA abschließt (Randnr. 63 der streitigen Entscheidung). Somit ist die
Kommission davon ausgegangen, daß zwischen K + S und SCPA eine
partnerschaftliche Beziehung für den Vertrieb von deutschem Kali in Frankreich
bestand.
- 230.
- Nach den Akten bezogen sich jedoch die einzigen besonderen
Vertriebsbeziehungen zwischen den beiden Unternehmen auf Kieserit, d. h. ein
Erzeugnis, das nicht zum relevanten Produktmarkt gehört. Im übrigen beschränkte
sich SCPA darauf, bei K + S zu marktüblichen Bedingungen Kali zu kaufen, das
von EMC benutzt wurde oder zum Verbrauch außerhalb des französischen Marktes
bestimmt war.
- 231.
- Somit zeigt es sich, daß K + S und SCPA keine privilegierte Beziehung für den
Vertrieb von Kalierzeugnissen unterhielten.
- 232.
- Nach allem ist das Gewebe der strukturellen Verflechtungen zwischen K + S und
SCPA, das, wie die Kommission selbst einräumt, im Mittelpunkt der streitigen
Entscheidung steht, insgesamt nicht so dicht und nicht so schlüssig erwiesen, wie
dies die Kommission darzustellen versucht hat.
- 233.
- Im übrigen hat die Kommission in der streitigen Entscheidung festgestellt, daß
zwischen K + S und SCPA auf dem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb
bestehe. In Randnummer 57 der streitigen Entscheidung heißt es, daß „der Grund
für die Annahme fehlenden wirksamen Wettbewerbs zwischen K + S und SCPA
in den zwischen den beiden Unternehmen bestehenden außergewöhnlich engen
Verflechtungen [liegt], die sich über einen langen Zeitraum erstrecken.“
- 234.
- Weiter geht aus der erwähnten Randnummer der streitigen Entscheidung hervor,
daß die Übernahme von MdK durch K + S aufgrund des Zusammenschlusses für
das letztgenannte Unternehmen eine Hinzufügung der Marktanteile von MdK
bedeuten würde, die die Kommission in ihren Ausführungen als beträchtlich
bezeichnet.
- 235.
- In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß MdK über den Marktanteil
von 7 % hinaus, den sie in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands hält, nach
K + S der zweitgrößte Kalierzeuger in der Gemeinschaft ist, obwohl ihre Anlagen
nur zu 50 % ausgelastet sind (siehe Randnrn. 51, 52, 62 und 76 der streitigen
Entscheidung).
- 236.
- Daher wird der Zusammenschluß eine erhebliche Stärkung der industriellen
Kapazität von K + S nach sich ziehen. Denn K + S und MdK bestreiten 35 %
bzw. 25 % der gesamten Kalierzeugung in der Gemeinschaft, während diejenige
von SCPA maximal 20 % beträgt und ihre heimischen Kalireserven bis 2004 völlig
erschöpft sein werden (siehe Randnrn. 51 und 66 der streitigen Entscheidung).
- 237.
- Im übrigen geht aus den Akten hervor, daß K + S eine Tochtergesellschaft eines
der wichtigsten Düngemittelverarbeiter, der BASF, ist, deren Wirtschaftskraft sehr
viel höher als diejenige der Unternehmensgruppe EMC ist, der SCPA angehört.
- 238.
- Schließlich steht fest, daß die Nachfrage nach Kali von 1988 bis 1993 in Europa
insbesondere wegen der eingetretenen Änderungen in der gemeinsamen
Agrarpolitik um beinahe 30 % zurückgegangen ist. Im allgemeinen wird jedoch
davon ausgegangen, daß ein rückläufiger Markt grundsätzlich den Wettbewerb
zwischen den Unternehmen des betroffenen Sektors fördert.
- 239.
- Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung dessen, daß sich die
Bedeutung der strukturellen Verflechtungen zwischen K + S und SCPA als
bedeutend geringer erweist, als dies die Kommission behauptet, erscheint das der
Feststellung der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung K + S/MdK
und SCPA zugrunde liegende Argument, daß die „bedeutende“ Angliederung von
MdK an das einzelne Unternehmen K + S bei der deutschen Unternehmensgruppe
und SCPA ein gemeinsames Interesse aufrechterhalten werde, nicht in einen
aktiven Wettbewerb untereinander einzutreten, in Ermangelung anderer
maßgebender Umstände nicht hinreichend stichhaltig.
- 240.
- Zum übrigen Vorbringen, auf das die Kommission ihr Ergebnis stützt, daß die
Übernahme von MdK durch K + S zur Begründung einer kollektiven
beherrschenden Stellung führe, ist auf Randnummer 57 der streitigen Entscheidung
zu verweisen. Dort wird folgendes festgestellt: „Der Kalimarkt ist ein ausgereifter
Markt, der durch ein weitgehend homogenes Produkt und das Fehlen technischer
Innovationen gekennzeichnet ist. Die Marktverhältnisse sind in hohem Maße
transparent. Informationen über Produktion, Nachfrage, Absatz und Preise sind in
diesem Markt generell verfügbar. Ferner sind die Marktanteile von K + S und
SCPA in den letzten vier Jahren stabil geblieben ... Schließlich gab es in der
Vergangenheit eine Vereinbarung zwischen K + S und SCPA, die sich unter
anderem auf die gemeinsame Festlegung der Mengen und der Qualität der von den
Parteien jeweils exportierten Kaliprodukte bezog. Diese Vereinbarung wurde ... für
unvereinbar mit Artikel 85 des EWG-Vertrags erklärt. In diesem Zusammenhang
ist gleichwohl festzuhalten, daß es auch nach dieser Entscheidung und ungeachtet
der Überproduktion in Deutschland immer noch nur einen geringfügigen
grenzüberschreitenden Handel von Deutschland nach Frankreich gibt, der nicht
über SCPA kanalisiert ist.“
- 241.
- Im vorliegenden Fall können diese Angaben jedoch nicht als ausschlaggebend
zugunsten des Ergebnisses der Kommission betrachtet werden. Insbesondere stellt
die Vereinbarung zwischen K + S und SCPA, die 1973 für mit Artikel 85 des
Vertrages unvereinbar erklärt wurde (ABl. 1973, L 217, S. 3), wegen des Zeitraums
von zwanzig Jahren, der zwischen der Erklärung der Unvereinbarkeit und derAnmeldung des Zusammenschlußvorhabens vergangen ist, einen äußerst schwachen,
wenn nicht gar unerheblichen Anhaltspunkt für die Vermutung eines fehlenden
Wettbewerbs zwischen K + S und SCPA und erst recht zwischen K + S/MdK und
SCPA dar. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Behauptung
der Kommission, es bestehe immer noch nur ein geringfügiger
grenzüberschreitender Handelsstrom von Deutschland nach Frankreich, der nicht
über SCPA kanalisiert sei, im vorliegenden Fall den Wert der erwähnten
Vereinbarung als Anhaltspunkt im Sinne der von der Kommission vertretenen
Auffassung nicht untermauert. Erstens stellt der angeblich geringfügige
grenzüberschreitende Handelsstrom dennoch beinahe die Hälfte des Kaliabsatzes
von K + S in Frankreich dar. Zweitens ist die Untersuchung der Kommission, da
sie sich allein auf den französischen Markt beschränkt, auf jeden Fall unvollständig,
weil der relevante Markt der Markt der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ist.
- 242.
- Zu der Untersuchung der Kommission in bezug auf den Grad des
Wettbewerbsdrucks, der von den Konkurrenten auf die angeblich durch
K + S/MdK und SCPA gebildete Gruppe ausgeübt werden kann, ist darauf
hinzuweisen, daß die Kommission in ihrer streitigen Entscheidung ausgeführt hat,
die Einfuhren aus der GUS, die 1992 8 % des Marktes der Gemeinschaft
außerhalb Deutschlands (einschließlich der über SCPA kanalisierten Einfuhren)
ausgemacht hätten, seien anscheinend seit dem Erlaß der Antidumpingverordnung
zurückgegangen (Randnr. 53 der streitigen Entscheidung).
- 243.
- Nach den von der Kommission nicht bestrittenen Angaben der französischen
Regierung erreichten diese Einfuhren 1993 11 % des Absatzes innerhalb der
Gemeinschaft.
- 244.
- Daher läßt sich unter Berücksichtigung des Umstands, daß der deutsche Markt für
ausländische Erzeuger sehr schwer zugänglich ist und daß es sich nicht erwiesen
hat, daß das Größenverhältnis von ungefähr 4 zu 1 zwischen dem Markt der
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands und dem deutschen Markt sich inzwischen
geändert hätte, folgern, daß die Kalieinfuhren aus der GUS zwar 1993 11 % des
Absatzes innerhalb der Gemeinschaft erreichten, jedoch bestimmt einen höheren
Prozentsatz des Absatzes in der Gemeinschaft außerhalb Deutschlands ausmachten.
- 245.
- Daher entspricht die Behauptung der Kommission in Randnummer 53 der
streitigen Entscheidung, daß die erwähnten Einfuhren im Rahmen des Marktes der
Gemeinschaft außerhalb Deutschlands seit dem Erlaß der Antidumpingverordnung
zumindest teilweise zurückgegangen seien, nicht der Wirklichkeit, da damit verdeckt
wird, daß der Marktanteil der GUS auf dem Referenzmarkt zugenommen hat.
- 246.
- Ferner beruht unter Berücksichtigung der Entwicklung der Einfuhren von der GUS
in die Gemeinschaft außerhalb Deutschlands im Jahr 1993 die Feststellung, daß der
Wettbewerbsdruck, den diese Einfuhren auf die Gruppe K + S/MdK und SCPA
ausüben können, auf die Qualität der Erzeugnisse und die Schwierigkeiten der
Gewährleistung rascher und fristgerechter Lieferungen betreffenden Gründen
begrenzt sei, auf einer zumindest wenig konsequenten Begründung. Denn um die
Auswirkungen, die ein Zusammenschluß auf den Wettbewerb auf dem relevanten
Markt hervorbringen kann, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beurteilen zu
können, muß man sich notwendigerweise auf eine gründliche Untersuchung des
Gewichtes der Wettbewerber stützen.
- 247.
- In bezug auf Coposa, die einen Anteil am Markt der Gemeinschaft außerhalb
Deutschlands von etwas weniger als 10 % hält, behauptet die Kommission, daß ihre
Erzeugungskapazität vom kommenden Jahr an wegen der Schließung eines ihrer
Bergwerke erheblich zurückgehen werde. Die französische Regierung trägt hierzu
von der Kommission unbestritten vor, daß die Überkapazität von Coposa derzeit
ungefähr 70 % betrage. Daher konnte aus der bloßen Feststellung, daß sich die
Erzeugungskapazität von Coposa in Kürze erheblich verringern werde, ohne nähere
Angaben nicht hergeleitet werden, daß sie nicht über die notwendige Grundlage
verfüge, um ihren Marktanteil zu halten oder zu erhöhen und damit Zwang auf das
angebliche Duopol auszuüben, zumal der Kalimarkt, wie in Randnummer 238 des
vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, rückläufig ist.
- 248.
- Es zeigt sich somit, daß es der Kommission nicht gelungen ist, das Fehlen eines
wirksamen Gegengewichts im Wettbewerb zu der angeblich aus K + S/MdK und
SCPA gebildeten Gruppe darzutun.
- 249.
- Nach allem zeigt es sich, daß die Kommission, ohne daß entschieden zu werden
braucht, ob ihre Feststellungen in der streitigen Entscheidung ausgereicht hätten,
auf das Vorliegen einer kollektiven beherrschenden Stellung zu schließen, wenn die
zuvor aufgeführten Fehler nicht begangen worden wären, auf jeden Fall rechtlich
nicht hinreichend dargetan hat, daß der Zusammenschluß eine kollektive
beherrschende Stellung von K + S/MdK und SCPA begründen würde, die ein
erhebliches Hemmnis für einen wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt
bilden könnte.
- 250.
- Dem dritten Teil des Klagegrundes ist daher zu folgen.
Zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung
- 251.
- Die französische Regierung beantragt die vollständige Nichtigerklärung der
Entscheidung, während die klagenden Unternehmen den Gegenstand ihrer
Nichtigkeitsklage ausdrücklich auf die Bedingungen beschränkt haben, mit denen
die in der Entscheidung erfolgte Vereinbarkeitsklärung versehen ist.
- 252.
- Nach Ansicht der klagenden Unternehmen würde die teilweise Nichtigerklärung
den Kern der streitigen Entscheidung unberührt lassen, die lediglich unbedingt
würde.
- 253.
- Die Kommission macht geltend, daß die Bedingungen, mit denen die streitige
Entscheidung versehen sei, in keiner Weise eingeschränkt werden dürften, denn sie
bildeten einen Teil des eigentlichen Kerns der Entscheidung.
- 254.
- Der Abschnitt des verfügenden Teils, mit dem der in Rede stehende
Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird,
begünstigt die Interessen der Unternehmen, an die die Entscheidung förmlich
gerichtet ist, und ist von den klagenden Unternehmen nicht als beschwerend
angesehen worden.
- 255.
- Die französische Regierung hat zwar in ihren Schriftsätzen die vollständige
Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung beantragt, im Verfahren vor dem
Gerichtshof jedoch klargestellt, daß sie nicht bezwecke, ein Verbot des
Zusammenschlusses von K + S und MdK zu erwirken.
- 256.
- Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die teilweise, auf die mit der
Entscheidung verbundenen Bedingungen beschränkte Nichtigerklärung einer
Entscheidung möglich, soweit sich die Bedingungen vom übrigen Teil der
Entscheidung abtrennen lassen (siehe dahin gehend die Urteile vom 28. Juni 1972
in der Rechtssache 37/71, Jamet/Kommission, Slg. 1972, 483, Randnr. 11, und vom
23. Oktober 1974 in der Rechtssache 17/74, Transocean Marine Paint/Kommission,
Slg. 1974, 1063, Randnr. 21). Die teilweise Nichtigerklärung einer Entscheidung der
Kommission auf dem Gebiet der Fusionskontrolle gehört im übrigen zu den in
Artikel 10 Absatz 5 der Verordnung ausdrücklich geregelten Fällen.
- 257.
- Jedoch ist eine Nichtigerklärung, die auf den die in Randnummer 63 enthaltenen
Bedingungen und Zusagen betreffenden Abschnitt des verfügenden Teils der
streitigen Entscheidung beschränkt wäre, nicht möglich, ohne daß der Kern der
Entscheidung verändert würde.
- 258.
- In diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Entscheidung und den Akten
insgesamt, daß die erwähnten Bedingungen mit der im verfügenden Teil
enthaltenen Vereinbarkeitserklärung eine untrennbare Einheit bilden. Denn die
Bedingungen folgen aus einer negativen Beurteilung des Zusammenschlusses in der
angemeldeten Form durch die Kommission und werden von der Kommission als
unerläßlich dafür erachtet, daß der Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen
Markt vereinbar erklärt werden kann.
- 259.
- Daher ist der gesamte verfügende Teil der streitigen Entscheidung für nichtig zu
erklären.
Kosten
- 260.
- Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen. In der Rechtssache C-68/94 sind daher der
Kommission die Kosten aufzuerlegen. In der Rechtssache C-30/95 sind die Kosten
ebenfalls der Kommission aufzuerlegen, da die Société commerciale des potasses
et de l'azote (SCPA) und die Entreprise minière et chimique (EMC) im Kern
obsiegt haben. Nach Artikel 69 § 4 Unterabsatz 2 der Verfahrensordnung, wonach
der Gerichtshof entscheiden kann, daß ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt,
tragen die Kali und Salz GmbH und die Kali und Salz Beteiligungs-AG ihre
eigenen Kosten.
- 261.
- Nach Artikel 69 § 4 Unterabsatz 1 der Verfahrensordnung tragen die
Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen
Kosten. Daher tragen die Regierungen, die dem vorliegenden Rechtsstreit als
Streithelferinnen beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung 94/449/EG der Kommission vom 14. Dezember 1993 in
einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fall
Nr. IV/M.308 Kali + Salz/MdK/Treuhand) wird für nichtig erklärt.
2. In der Rechtssache C-68/94 trägt die Kommission der Europäischen
Gemeinschaften die Kosten des Verfahrens.
3. In der Rechtssache C-30/95 trägt die Kommission der Europäischen
Gemeinschaften die Kosten des Verfahrens. Die Kali und Salz GmbH und
die Kali und Salz Beteiligungs-AG tragen ihre eigenen Kosten.
4. Die Bundesrepublik Deutschland, Streithelferin in der Rechtssache C-68/94,
und die Französische Republik, Streithelferin in der Rechtssache C-30/95,
tragen ihre eigenen Kosten.
Rodríguez IglesiasGulmann
Ragnemalm
Mancini Moitinho de Almeida
Kapteyn
Murray Edward
Puissochet
Hirsch Jann
|
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 31. März 1998.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias