Language of document : ECLI:EU:C:2011:818

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 8. Dezember 2011(1)

Rechtssache C‑520/10

Lebara Ltd

gegen

Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs

(Vorabentscheidungsersuchen des First-tier Tribunal, Tax Chamber [Vereinigtes Königreich])

„Steuerrecht – Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 2 – Art. 6 Abs. 4 – Dienstleistungen – Dienstleistungsempfänger – Telekommunikationsdienstleistungen – Vorausbezahlte Telefonkarten, die Angaben enthalten, die den Zugang zu Auslandstelefonaten ermöglichen – Absatz von Telefonkarten durch Vertriebshändler – Regeln für die Mehrwertsteuererhebung – Kommissionär – Vertriebsdienstleistung – Einheitliche Leistung“






I –    Einführung

1.        Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Gerichtshof ersucht wird, sich zur korrekten mehrwertsteuerlichen Behandlung komplexer Umsätze zu äußern – eine Aufgabe, die im Bereich moderner Technologien eine besondere Herausforderung sein kann. Der vorliegende beim First Tier Tribunal, Tax Chamber, anhängige Rechtsstreit zwischen der Lebara Ltd (im Folgenden: Lebara) und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (im Folgenden: HMRC) im Vereinigten Königreich betrifft die schwierige Frage der Feststellung der Mehrwertsteuerschuld in der Telekommunikationsdienstleistungskette.

2.        Die im vorliegenden Fall vorgetragenen unterschiedlichen Auffassungen veranschaulichen, wie schwierig es ist, eine einheitliche richtige Antwort auf die Vorlagefragen des nationalen Gerichts zu finden. Es gibt vier verschiedene Möglichkeiten zur Lösung des Problems, die alle bis zu einem gewissen Grad juristisch vertretbar, aber auch alle nicht unproblematisch sind. Der Gerichtshof muss daher eine Lösung finden, die mit den fundamentalen Grundsätzen des Mehrwertsteuerrechts der Union vereinbar und sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Verwaltungsbeamten, die für die alltägliche Anwendung zuständig sind, praktikabel ist.

II – Rechtlicher Rahmen

3.        Art. 2 Abs. 1 und 2 der Ersten Mehrwertsteuerrichtlinie(2) lautet:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.“

4.        Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer.(3)

5.        Nach Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(4) gilt als Lieferung eines Gegenstands „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“.

6.        Art. 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„(1)      Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 ist.[(5)]

(4)      Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden so behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.[(6)]

…“

7.        In Art. 9 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, der zu deren Titel VI („Ort des steuerbaren Umsatzes“) gehört, heißt es:

„(1)      Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.[(7)]

(2)      Es gilt jedoch

e)      als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an … innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung seinen Wohnort oder seinen üblichen Aufenthaltsort:

      …

–      Telekommunikationsdienstleistungen. Als Telekommunikationsdienstleistungen gelten solche Dienstleistungen, mit denen die Übertragung, die Ausstrahlung oder der Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien ermöglicht werden, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung oder Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang. Zu den Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne dieser Vorschrift gehört auch die Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen.[(8)]

…“

8.        Art. 10 Abs. 1 und 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(9), der zu deren Titel VII („Steuertatbestand und Steueranspruch“) gehört, sieht vor:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

a)      Steuertatbestand: der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden;

b)      Steueranspruch: der Anspruch, den der Fiskus nach dem Gesetz gegenüber dem Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt ab auf die Zahlung der Steuer geltend machen kann, selbst wenn Zahlungsaufschub gewährt werden kann.

(2)      Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird. …

Werden jedoch Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung bewirkt ist, so entsteht der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.

…“

9.        Art. 21 („Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus“) der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt in Nr. 1(10):

„(1)      Im inneren Anwendungsbereich schuldet die Mehrwertsteuer:

a)      der Steuerpflichtige, der eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen durchführt bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringt, mit Ausnahme der unter den Buchstaben b) und c) genannten Fälle.

Wird die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen bzw. die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt bzw. erbracht, so können die Mitgliedstaaten gemäß den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass der Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung von Gegenständen bzw. der steuerpflichtigen Dienstleistung die Steuer schuldet;

b)      der steuerpflichtige Empfänger einer in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e) genannten Dienstleistung oder der Empfänger einer in Artikel 28b Teile C, D, E und F genannten Dienstleistung, der im Inland für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst ist, wenn die Dienstleistung von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird[(11)];

…“

III – Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

10.      Lebara, eine im Vereinigten Königreich niedergelassene Gesellschaft, betreibt im dortigen Hoheitsgebiet eine von ihr angemietete Telefonzentrale zur Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Telefonzentrale ist ihrerseits an das internationale Telefonnetz angeschlossen. Das Geschäftsmodell von Lebara besteht darin, Telefongespräche der überall in Europa ansässigen Endnutzer an ihre Telefonzentrale im Vereinigten Königreich und von dort weiter an das internationale Telefonnetz zu leiten. Die Verbindungen laufen dann zu den von den Kunden gewünschten Anrufzielen, die sich ausnahmslos außerhalb der Union befinden.

11.      Grundlage dieser geschäftlichen Tätigkeit von Lebara sind drei verschiedene Vertragsbeziehungen. Die erste ist ein Vertrag zwischen Lebara und einem oder mehreren Anbietern von Auslandsverbindungen. Die zweite besteht in Verträgen zwischen Lebara und örtlichen Betreibern in verschiedenen Mitgliedstaaten, die diese Betreiber dazu verpflichten, Anrufe der Endnutzer aus dem Ortsnetz zu der Telefonzentrale von Lebara im Vereinigten Königreich weiterzuleiten.

12.      Die dritte Vertragsbeziehung besteht in Vereinbarungen zwischen Lebara und Vertriebshändlern, die in verschiedenen anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich ansässig sind(12). Die Umsätze im Rahmen dieser Vertragsbeziehung sind Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens.

13.      Gemäß den Vereinbarungen verkauft Lebara Telefonkarten an Vertriebshändler zu einem Preis, der unter dem „Nennwert“ der Karten liegt. Nach dem Zweck des Vertrags zwischen Lebara und ihren Vertriebshändlern sollen diese die Telefonkarten im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung bewerben und verkaufen und auf diese Weise die Führung der von Lebara zu niedrigen Tarifen angebotenen Auslandsgespräche durch Endnutzer ermöglichen.

14.      Die Verträge enthalten auch Bestimmungen über die Gesprächsdauer, die Zielländer, die angerufen werden können, die anwendbaren Tarife, die Aufmachung der Telefonkarten (auf denen in der Regel der Name des Vertragshändlers steht, wobei Lebara bei der Kartengestaltung und mit Marketingmaterial behilflich ist) sowie den Kundendienst. Für den Kundendienst ist auf den Karten eine Telefonnummer angegeben, unter der die Endnutzer den Vertriebshändler erreichen können; in einigen Mitgliedstaaten werden die Endnutzer aber auch unmittelbar mit Lebara verbunden. Der Vertriebshändler fungiert also als Ansprechpartner der Endnutzer beim Auftreten von Problemen, selbst wenn diese nur von Lebara behoben werden können.

15.      Die von Lebara bereitgestellten Telefonkarten weisen etwa die Größe und Form einer Kreditkarte auf. Auf den Karten ist außerdem ein Nennwert in der Währung des Mitgliedstaats des Vertriebshändlers – in der Regel Euro – angegeben, der höher ist als der Preis, den der Vertriebshändler für die Karten an Lebara gezahlt hat, sowie eine einmalige Seriennummer und eine verdeckte persönliche Identifikationsnummer (PIN-Code).

16.      Die Freischaltung der Karten erfolgt erst, wenn der Vertriebshändler dies bei Lebara unter Angabe der entsprechenden Seriennummer beantragt. Lebara schaltet dann die den Seriennummern jeweils zugeordneten Karten frei, sofern der Kaufpreis für die Telefonkarte entrichtet worden ist oder auf dem bei Lebara geführten Konto des Vertriebshändlers ohnehin ein Guthaben besteht.(13)

17.      Der einzige mögliche Verwendungszweck der Telefonkarten ist die Tätigung von Anrufen ins Ausland. Sie ermöglichen dem Inhaber, Telefongespräche bis zum vollständigen Verbrauch des auf der Karte bezeichneten Nennwerts zu führen.

18.      Um kostengünstige Auslandsgespräche führen zu können, muss der Endnutzer physisch drei Handlungen vornehmen. Erstens kratzt er in einem Feld auf der Karte, die er beim Vertriebshändler gekauft hat, den PIN-Code frei. Zweitens wählt er eine bestimmte örtliche Telefonnummer, über die automatisch eine Verbindung zu der Telefonzentrale von Lebara im Vereinigten Königreich hergestellt wird. Die Telefonnummer ist auf der Karte angegeben. Drittens gibt er den PIN-Code ein. Für die Tätigung eines Anrufs reichen diese Angaben aus. Die Telefonkarte muss nicht zur Hand sein und auch nicht vorgelegt werden, um sie durch Telefonate „einlösen“ zu können. Der Endnutzer kann dann die Nummer in dem gewünschten Zielland außerhalb der Union anrufen. Der Anruf wird von der Lebara-Vermittlungsstelle an einen der Anbieter von Auslandsverbindungen weitergeleitet, mit denen Lebara einen Vertrag geschlossen hat.

19.      Lebara erhob im Vereinigten Königreich Klage beim First Tier Tribunal, Tax Chamber, gegen einen Bescheid der HMRC, mit dem Lebara aufgegeben wurde, die „Einlösungsdienstleistungen“ abzurechnen, die sie im März 2005 gegen Entgelt an Endnutzer erbracht habe. Die HMRC machten geltend, Lebara habe einen ersten steuerbaren Umsatz mit dem Verkauf der Telefonkarten an die Vertriebshändler bewirkt, dann jedoch einen zweiten Umsatz in Form der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen gegen Entgelt getätigt, als die Endnutzer Auslandsgespräche geführt hätten, die über ihre Telefonzentrale geleitet worden seien.

20.      Nach Ansicht der HMRC ist Ort der zweiten Dienstleistung das Vereinigte Königreich, da die Endnutzer die Telefonkarten für private und nicht für geschäftliche Zwecke verwendeten, so dass Lebara verpflichtet bleibe, Mehrwertsteuer auf die Leistung der Telefonkarten an die Endnutzer zu erheben. Die HMRC räumten jedoch ein, dass der Verkauf der Telefonkarten an die Vertriebshändler als mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen einen eigenständigen Umsatz darstelle, der in dem Mitgliedstaat bewirkt werde, in dem der betreffende Vertriebshändler niedergelassen sei.

21.      Lebara trug vor, dass es zwangsläufig zu einer gegen das Unionsrecht verstoßenden Doppelbesteuerung käme, wenn sie zur Erhebung von Mehrwertsteuer auf die Lieferung der Telefonkarten an die Endnutzer verpflichtet wäre. Es sei nämlich bereits Mehrwertsteuer auf den Verkauf der Telefonkarten entrichtet worden, und zwar von dem Vertriebshändler an die Mehrwertsteuerbehörden im Mitgliedstaat seiner Niederlassung im Rahmen des „Reverse-Charge-Verfahrens“(14).

22.      Die HMRC führten aus, dass die Entrichtung von Mehrwertsteuer auf die Leistung von Lebara an die Endnutzer nicht gegen das Unionsrecht verstoße. Da die Behandlung von Gutscheinen auf Unionsebene nicht harmonisiert sei, stehe es den HMRC frei, die Telefonkartenleistung zu besteuern. Folge man der von Lebara vertretenen Auffassung, bestehe die Gefahr der Nichtbesteuerung, nicht die der Doppelbesteuerung.

23.      Das First Tier Tribunal, Tax Chamber (Vereinigtes Königreich), hat dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist, wenn ein Steuerpflichtiger (Händler A) Telefonkarten verkauft, die einen Anspruch auf den Erhalt von Telekommunikationsdienstleistungen von diesem verkörpern, Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass Händler A für Zwecke der Mehrwertsteuer zwei Leistungen erbringt: eine zum Zeitpunkt des ursprünglichen Verkaufs der Telefonkarte durch Händler A an einen anderen Steuerpflichtigen (Händler B) und eine zum Zeitpunkt ihrer Einlösung (d. h. ihre Verwendung durch eine Person – den Endnutzer –, um Telefongespräche durchzuführen)?

2.      Falls dies zu bejahen ist, wie ist (in Übereinstimmung mit den Mehrwertsteuervorschriften der Union) in der Leistungskette Mehrwertsteuer zu erheben, wenn Händler A die Telefonkarte an Händler B verkauft, Händler B die Telefonkarte im Mitgliedstaat B weiterverkauft und sie schließlich vom Endnutzer im Mitgliedstaat B erworben wird und der Endnutzer dann die Telefonkarte zur Tätigung von Telefongesprächen verwendet?

24.      Lebara, die griechische und die niederländische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht und an der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2011 teilgenommen.

IV – Würdigung

A –    Vorbemerkungen

1.      Die Lebara-Telefonkarte im Kontext des Mehrwertsteuerrechts der Union

25.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass einziger möglicher Verwendungszweck der Telefonkarten die Tätigung von Telefongesprächen über die Lebara-Einrichtung ist. Die Karten können z. B. nicht zur Bezahlung anderer von Lebara oder Dritten angebotener Gegenstände oder Dienstleistungen benutzt werden. Insoweit unterscheiden sich die Telefonkarten von der Fallgestaltung, bei der das Guthaben auf einer vorausbezahlten SIM-Karte zur Bezahlung von Leistungen verschiedener Art verwendet werden kann. Die Telefonkarten von Lebara ähneln vielmehr sogenannten „Gutscheinen mit einem einzigen Verwendungszweck“(15).

26.      Allerdings unterscheiden sich die Lebara-Telefonkarten dadurch von allen Gutscheinarten, dass sie nicht vorgelegt werden müssen, um die fragliche Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können. Es genügt, wenn man den PIN-Code und die örtliche Telefonnummer kennt, über die die Gespräche an die Lebara-Telefonzentrale weitergeleitet werden. Mit anderen Worten sind die Telefonkarten keine Inhaberscheine, die einen bestimmten Gegenwert verkörpern, der zur Bezahlung für etwas verwendet werden kann, und die zu ihrer Nutzung körperlich vorgelegt werden müssen.

27.      Darüber hinaus ist fraglich, ob die Telefonkarten als Zahlungsmittel oder digitales Geld angesehen werden können. Der Nennwert der Telefonkarte ist zwar als Geldbetrag ausgewiesen, verleiht jedoch keine abstrakte Kaufkraft. Er entspricht vielmehr einer durch die Preisgestaltung von Lebara vorgegebenen genauen Anzahl von Gesprächsminuten bei Auslandstelefonaten in die jeweiligen Zielländer. Die Telefonkarte ist nur für einen begrenzten Zeitraum gültig. Nach dessen Ablauf kann sie nicht mehr benutzt werden.

28.      Genau genommen besteht die Vereinbarung vielmehr darin, dass mit der Freischaltung der Telefonkarte vorübergehend ein Kundenkonto im Lebara-System angelegt wird, auf dem ein Guthaben mit einer bestimmten Anzahl von Gesprächseinheiten besteht, das dem Nennwert der Telefonkarte entspricht. Dieses Konto kann von jeder Person genutzt werden, die sich mit dem dem Konto zugeordneten PIN-Code ausweist.

29.      Daher handelt es sich bei den Telefonkarten meines Erachtens nicht um ein Zahlungsmittel, sondern um ein Hilfsmittel, das die Wahrnehmung des Rechts auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen ermöglicht, das der Kunde erhält, wenn er den Preis an den Vertriebshändler bzw. den Einzelhändler zahlt.

2.      Welche Dienstleistung erbringt Lebara?

30.      Vorab genügt der Hinweis, dass die Telefonkarten keine Funktion als Gegenstand haben, sondern im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen stehen. Zudem ist die Ermittlung der erbrachten Dienstleistung der Ausgangspunkt für die Entscheidung aller mehrwertsteuerlichen Streitigkeiten, die die Erbringung einer Dienstleistung in einer Umsatzkette betreffen. Denn nach Art. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie sind es Dienstleistungen, die der „Mehrwertsteuer unterliegen“. Ehe Steuer erhoben werden kann, muss also zunächst die Dienstleistung ermittelt werden.

31.      Auf den hier vorliegenden Sachverhalt lässt sich der Ansatz anwenden, den Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache MacDonald Resorts vorgeschlagen hat und dem der Gerichtshof in seinem Urteil(16) gefolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Ermittlung der betreffenden (Dienst‑)Leistung, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen eines Umsatzbündels erbringt, eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung sämtlicher Umsätze vorzunehmen(17). Wie der Gerichtshof unlängst bestätigt hat, „ist die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems“(18). Zur Ermittlung der relevanten Leistung müssen daher Faktoren einbezogen werden, die über den bloßen Verkauf der Telefonkarten hinausgehen.

32.      Nach ständiger Rechtsprechung ist zwar jede Dienstleistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung darf jedoch nicht künstlich aufgespalten werden. Um dies zu vermeiden, muss das Wesen des fraglichen Umsatzes ermittelt werden. Entscheidend ist die von den Endnutzern bei der Bezahlung der Telefonkarte „letztlich verfolgte Absicht“(19). Zudem hat der Gerichtshof diese Grundsätze unlängst im Kontext der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen herangezogen. Im Urteil Everything Everywhere(20) hat er entschieden, dass im Rahmen der Erhebung der Mehrwertsteuer das zusätzliche Entgelt, das ein Erbringer von Telekommunikationsdiensten seinen Kunden berechnet, keine Gegenleistung für eine eigenständige, von der in der Erbringung von Telekommunikationsdiensten bestehenden Hauptleistung unabhängige Leistung darstellt.

33.      Wie die griechische Regierung hervorhebt, liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen(21).

34.      Der hier dargestellte Ansatz zur Ermittlung der relevanten Leistung(22) im Sinne von Art. 2 bei Mehrfachumsätzen im Rahmen einer Dienstleistung ist bereits vor einiger Zeit im Urteil Faaborg-Gelting Linien(23) entwickelt worden. Dort hat der Gerichtshof entschieden, dass die Abgabe von Mahlzeiten an Bord von zwischen Häfen verkehrenden Fährschiffen nicht als Lieferung von Gegenständen, sondern als Dienstleistung im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie zu betrachten ist, da der Restaurationsumsatz durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet ist, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei Weitem überwiegen(24).

35.      Bei Berücksichtigung aller maßgebenden Tatsachen und Umsätze sowie der von den Endnutzern mit dem Erwerb einer Telefonkarte „letztlich verfolgten Absicht“ ist die relevante Dienstleistung die Einräumung des Rechts auf Zugang zu Auslandstelefongesprächen zu Tarifen, die niedriger sind als diejenigen, die für diese Gespräche bei Vermittlung über die örtliche Telefonzentrale im Mitgliedstaat des Kartenerwerbs oder anderweitig angeboten werden. Wie die niederländische Regierung ausgeführt hat, stellt die Erlangung des Besitzes einer Telefonkarte für die Endnutzer kein eigenständiges Ziel dar(25). Was den Verbraucher vielmehr interessiert, sind kostengünstige Auslandsgespräche, die durch die Karte ermöglicht werden.

36.      Dies erfolgt durch die Angabe der auf der Telefonkarte aufgedruckten örtlichen Telefonnummer, über die der Anruf des Endnutzers im Ortsnetz automatisch zu der Lebara-Vermittlungsstelle im Vereinigten Königreich durchgestellt wird, sowie des verdeckten PIN‑Codes. Abgesehen von der Bereitstellung eines begrenzten Kundendienstes dient die Karte aus der Sicht des Verbrauchers keinem anderen Zweck. Wie gesagt brauchen sich die Endnutzer zur Tätigung eines Anrufs nicht im Besitz der Telefonkarte zu befinden, wenn sie sich die darauf angegebenen Daten merken.

37.      Bei Zugrundelegung des anerkannten Ansatzes für die Auslegung von Art. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie räumt Lebara somit den Endnutzern ein Recht auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen ein. Es besteht ein unmittelbarer Bezug zwischen den Endnutzern und Lebara durch die Entrichtung eines Entgelts seitens der Endnutzer an die Vertriebshändler oder deren Einzelhändler und die Weiterleitung des Entgelts an Lebara. Eine unmittelbare Beziehung ergibt sich auch daraus, dass die Endnutzer einen PIN‑Code eingeben müssen, mit dem bei der Telefonzentrale von Lebara der Kartenerwerb nachgewiesen wird.

B –    Auslegung der Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des Mehrwertsteuerrechts der Union

1.      Vorlagefragen und Lösungsansatz

38.      Das vorlegende Gericht hat zwei Fragen gestellt. Die erste ist recht konkret, die zweite eher allgemein formuliert. Meines Erachtens geht die erste Frage jedoch implizit von bestimmten Annahmen tatsächlicher und rechtlicher Natur aus. Außerdem ist eine Beantwortung der ersten Frage ohne eine umfassende Würdigung der Beziehungen zwischen Lebara, ihren Vertriebshändlern (und deren etwaigen Einzelhändlern) und den Endnutzern unter dem Gesichtspunkt des Mehrwertsteuerrechts der Union nicht möglich. Im Rahmen dieser Würdigung muss zwangsläufig auf die Kernfragen nach dem Wesen der Leistung, dem Steuertatbestand, der Besteuerungsgrundlage und dem Leistungsort eingegangen werden. Diese Fragen werden in den nachfolgenden Ausführungen behandelt, in denen die vier verschiedenen Lösungsmöglichkeiten erörtert werden, die die Parteien und die Streithelfer in ihren schriftlichen Erklärungen vorgeschlagen haben.

2.      Option 1: zwei aufeinanderfolgende Dienstleistungen

a)      Zusammenfassende Darstellung des Standpunkts der Regierung des Vereinigten Königreichs

39.      Nach Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs ist Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass ein Wirtschaftsbeteiligter bei der Ausgabe von Telefonkarten zwei Leistungen erbringt – eine zum Zeitpunkt des ursprünglichen Verkaufs der Telefonkarte und einen zum Zeitpunkt ihrer „Einlösung“ durch Telefonate. Nach dem gegenwärtigen Stand der unionsrechtlichen Harmonisierung hätten die Mitgliedstaaten eine politische Wahlmöglichkeit, auf welche dieser beiden Leistungen Mehrwertsteuer zu entrichten sei. Soweit es dadurch zu einer Nichtbesteuerung oder Doppelbesteuerung komme, sei dies eine Folge der mangelnden Harmonisierung in diesem Bereich, der nur durch den Erlass unionsweiter Rechtsvorschriften über die Behandlung von Nennwertgutscheinen abgeholfen werden könne.

40.      Ort der Dienstleistung sei demnach das Vereinigte Königreich. Es sei nämlich davon auszugehen, dass es sich bei den Endnutzern nicht um Steuerpflichtige handele. Der Ort der Dienstleistung bestimme sich daher nach Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie und nicht nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e. Im Übrigen werde nach dieser Sichtweise der Steuertatbestand zum Zeitpunkt der Einlösung der Telefonkarte durch die Endnutzer verwirklicht.

41.      Schließlich trägt die Regierung des Vereinigten Königreichs vor, das Entgelt für den Zugang zu kostengünstigen Telefongesprächen bestehe in dem Preis, den die Vertriebshändler für die Telefonkarten an Lebara zahlten. Die Besteuerungsgrundlage müsse allerdings angepasst werden, wenn die nach der Karte erlaubte Gesprächszeit nicht ganz aufgebraucht werde. Der nicht in Anspruch genommene Teil des Nennwerts bleibe bei der Bestimmung der Besteuerungsgrundlage außer Betracht. Kaufe also ein Vertriebshändler eine Telefonkarte mit einem Nennwert von 15 Euro zu einem Preis von 10 Euro und werde das Guthaben auf der Karte nur zur Hälfte aufgebraucht, sei die Besteuerungsgrundlage mit 5 Euro – und nicht mit 10 Euro – zu beziffern.

b)      Würdigung

42.      Zunächst einmal bedeutet mein Ergebnis, dass die relevante Leistung in dem von Lebara den Endnutzern eingeräumten Recht auf Tätigung kostengünstiger Telefonanrufe besteht, keineswegs, dass ich die von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgeschlagene Konstruktion übernommen habe. Insbesondere will ich damit nicht der These folgen, dass Lebara für ein und dasselbe Entgelt zwei Leistungen erbringe, nämlich eine an die Vertriebshändler der Telefonkarten und eine an die Endnutzer.

43.      Erstens ist der unionsrechtlichen Mehrwertsteuerregelung das Konzept einer „doppelten Erbringung“ ein und derselben Dienstleistung fremd. Ein solches Konzept würde einen Bruch mit fundamentalen Grundsätzen des Mehrsteuerrechts der Union darstellen und zu Problemen hinsichtlich der Rechtssicherheit sowie einer Doppel- oder Nichtbesteuerung führen(26).

44.      Mein Ergebnis führt auch nicht etwa dazu, dass sich das Vereinigte Königreich, obwohl die relevante Leistung nicht in der Lieferung einer Telefonkarte, sondern in der Einräumung eines Rechts auf Zugang zu den Telekommunikationsdienstleistungen von Lebara besteht, auf Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie stützen und auf alle Umsätze, die Lebara an ihre Vertriebshändler bewirkt, Mehrwertsteuer erheben darf. Es ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei allen Endnutzern um Nichtsteuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie handelt, da vernünftigerweise angenommen werden kann, dass Steuerpflichtige, die Verbindungen zu bestimmten Drittländern unterhalten, die Leistungen von Lebara in Anspruch nehmen wollen. In diesen Fällen verlagert sich der Ort der Dienstleistung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e in den Mitgliedstaat des Kunden. Andere Verwender werden hingegen Privatverbraucher sein, so dass sich die mehrwertsteuerliche Behandlung der von Lebara an diese Endnutzer erbrachten Leistung doch nach Art. 9 Abs. 1 richtet.

45.      Lebara ist nicht imstande, alle ihre Endnutzer – und vielleicht nicht einmal einen einzigen – zu identifizieren, weil diese Kunden der Vertriebshändler oder deren Einzelhändler sind. Meines Erachtens sollte ein Mitgliedstaat seine Besteuerungsbefugnis nicht auf Annahmen stützen dürfen, die weder widerlegt noch bestätigt werden können. Außerdem würde, wollte man dem Vorbringen der Regierung des Vereinigten Königreichs folgen, wonach alle Endnutzer der von Lebara erbrachten Dienstleistungen nicht steuerpflichtige Rechtssubjekte seien, diese Annahme einer richterlichen Kontrolle entzogen(27).

3.      Option 2: zwei parallele Dienstleistungen

a)      Zusammenfassende Darstellung des Standpunkts der niederländischen Regierung

46.      Die niederländische Regierung ist ebenfalls der Meinung, dass bei dem fraglichen Geschäftsmodell zwei Dienstleistungen vorliegen, von denen allerdings nur eine von Lebara erbracht werde. Danach bewirke Lebara eine einheitliche Telekommunikationsdienstleistung an die Endnutzer, mit der eine Vertriebsnebenleistung einhergehe, die die Vertriebshändler an Lebara erbrächten.

47.      Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens sei Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass der Telekommunikationsdienstleister (Händler A) eine Leistung erbringe, nämlich die Telekommunikationsdienstleistung an den Endnutzer. Die Lieferung der Telefonkarte vom Dienstleister (Händler A) an den Vertriebshändler (Händler B) stelle keine von den Telekommunikationsdienstleistungen unabhängige und eigenständige Leistung im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dar. Der Vertriebshändler (Händler B) erbringe dem Dienstleister (Händler A) jedoch Vertriebsdienstleistungen.

48.      Dies führe zu dem Ergebnis, dass der Dienstleister (Händler A) in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung Mehrwertsteuer auf die Telekommunikationsdienstleistungen zu entrichten habe, die er den Endnutzern erbringe, von denen angenommen werden müsse, dass es sich um Nichtsteuerpflichtige handele. Der Mehrwertsteueranspruch entstehe zu dem Zeitpunkt, zu dem der Vertriebshändler den auf der Telefonkarte angegebenen Nennbetrag im Wege der Vorauszahlung an den Dienstleister leiste.

49.      Die niederländische Regierung geht daher von einer anderen, und zwar höheren, Besteuerungsgrundlage aus als die Regierung des Vereinigten Königreichs. Nach ihrem Modell ist Besteuerungsgrundlage der von Lebara erbrachten Dienstleistung der Nennwert der Telefonkarte, und zwar unabhängig davon, ob der Vertriebshändler oder ein Einzelhändler die Telefonkarten zu einem höheren oder niedrigeren Betrag als dem Nennwert verkauft. Ferner tritt danach der Steuertatbestand nicht mit dem Abtelefonieren der Karte ein (wie dies die Regierung des Vereinigten Königreichs meint), sondern mit dem Verkauf der Telefonkarten von Lebara an ihre Vertriebshändler. Die Besteuerungsgrundlage der von den Vertriebshändlern an Lebara erbrachten Nebenleistungen sei indessen die Differenz zwischen dem Nennwert der Telefonkarte und dem Kaufpreis, den der Vertriebshändler an Lebara zahle. Es wird also angenommen, dass der Vertriebshändler diese Differenz als Entgelt für die von ihm an Lebara erbrachte Dienstleistung in Rechnung stellt.

b)      Würdigung

50.      Neben der von mir bereits erwähnten Schwierigkeit bezüglich der (unbegründeten) Annahme, dass alle Endnutzer der Lebara-Karten Nichtsteuerpflichtige sind, ist diese Lösung auch in verschiedener anderer Hinsicht problematisch. Ich teile zwar die Auffassung, dass die Lieferung der Telefonkarten von Lebara an den Vertriebshändler keine eigenständige Dienstleistung darstellt und dass die Abgabe der Karten als solche ein mehrwertsteuerlich unbeachtlicher Vorgang ist, kann mich jedoch nicht dem Vorbringen der niederländischen Regierung in der mündlichen Verhandlung anschließen, wonach die Beteiligung des Vertriebshändlers oder seines Einzelhändlers an dem an die Endnutzer bewirkten letzten Umsatz keine irgendwie geartete Dienstleistung dieses Händlers an die Endnutzer sein soll.

51.      Vor allem aber lässt das von der niederländischen Regierung vorgeschlagene Modell außer Acht, dass im Mehrwertsteuerrecht der Union unterschiedliche Regelungen gelten je nachdem, ob ein Vermittler bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers tätig wird(28). Diese Regelungen dürfen bei der Bestimmung der Mehrwertsteuerschuld von Lebara im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben.

52.      Verkauft also beispielsweise A etwas an C und bringt B diesen an C bewirkten Umsatz zum Abschluss, indem er als in eigenem Namen handelnder Vermittler auftritt, so erbringt B keine eigenständige Vertriebsleistung an A, sondern ist lediglich eine Zwischenstation in der Leistungskette.

53.      Liegt hingegen ein Umsatz zwischen A und C vor und schaltet A dabei B als im Namen und für Rechnung von A handelnden Vertriebsdienstleister ein, so erbringt B eine eigenständige Dienstleistung an A. Der Umsatz zwischen A und B stellt mehrwertsteuerrechtlich einen der Leistung von A an C vorgelagerten Eingangsumsatz dar.

54.      Damit A jedoch die von B für die Vertriebsleistung erhobene Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehen kann, muss B an A eine getrennte Rechnung für seine Provision ausstellen. Eine logische Konsequenz der von der niederländischen Regierung vorgeschlagenen Konstruktion ist aber, dass eine eigene Rechnungsstellung für die Provision des Vertriebshändlers entfällt, was jedoch für eine korrekte Erhebung der Mehrwertsteuer erforderlich wäre, denn die Provision besteht ja in der Differenz zwischen dem Entgelt, das der Vertriebshändler für die Telefonkarten erhält, und dem Entgelt, das er für die Karten zahlt(29).

55.      Noch problematischer ist bei dem Modell der niederländischen Regierung, dass es zu einer übermäßigen Besteuerung führen würde, wenn die Telefonkarten unter ihrem Nennwert an die Endnutzer verkauft würden. Zudem bliebe ein Teil des Entgelts unbesteuert, wenn sie zu einem über ihrem Nennwert liegenden Preis abgegeben würden. Dieses Problem ergäbe sich zwangsläufig auch bei der auf die Vertriebsdienstleistung erhobenen Mehrwertsteuer.

4.      Option 3: eine einzige Leistungskette

a)      Zusammenfassende Darstellung der Standpunkte von Lebara und der Kommission

56.      Das von der Kommission vorgeschlagene Modell, das im Wesentlichen auch von Lebara befürwortet wird, ist juristisch vertretbar, wenn auch nicht ohne Mängel. Der von diesen beiden Verfahrensbeteiligten eingenommene Standpunkt lässt sich wie folgt zusammenfassen.

57.      Verkauft ein Steuerpflichtiger (Händler A) an einen anderen Steuerpflichtigen (Händler B), dessen Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, eine Telefonkarte, die das Recht auf Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen verkörpert, und verkauft Händler B anschließend die Telefonkarte zur Verwendung durch den Endnutzer, erbringt Händler A eine einzige steuerbare Dienstleistung zum Zeitpunkt des Verkaufs an Händler B. Der anschließende Erwerb und die Verwendung der Karte durch einen Endnutzer stellen keine steuerbare Dienstleistung von Händler A an den Endnutzer dar, sondern eine steuerbare Dienstleistung von Händler B an den Endnutzer.

58.      Demzufolge hat Händler B gemäß dem Reverse-Charge-Verfahren Mehrwertsteuer auf das Entgelt zu entrichten, das er an Händler A zahlt. Händler B hat außerdem Mehrwertsteuer auf das vom Endnutzer erhaltene Entgelt zu entrichten. Auf beide Leistungen ist Mehrwertsteuer in dem Mitgliedstaat zu erheben, in dem sich der Geschäftssitz von Händler B befindet. Wenn Händler B mit den Mehrwertsteuerbehörden seines Mitgliedstaats für den Verkauf der Telekommunikationsdienstleistungen an die Endnutzer Mehrwertsteuer abrechnet, ist er jedoch zum Abzug der von ihm für den Umsatz mit Händler A entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt. Händler B nimmt also einen Vorsteuerabzug vor.

b)      Würdigung

59.      Dieses Modell beruht auf der Vorstellung einer Leistungskette vom Erzeuger über verschiedene Marktstufen bis hin zum Endnutzer. Der auf den einzelnen Marktstufen erzielte Mehrwert wird besteuert, womit das Modell zu einer korrekten Anwendung der Mehrwertsteuer im Hinblick auf den Besteuerungsort und den Verbrauchsteuersatz führt.

60.      Allerdings besteht nach wie vor das Problem, dass die Telefonkarte an sich keine eigenständige Funktion als Gegenstand oder Dienstleistung besitzt. Man kann auch nicht sagen, dass die Endnutzer von den Vertriebshändlern ein Recht auf Telekommunikationsdienstleistungen erwerben, da Lebara diese Leistung zuvor nicht in toto an ihre Vertriebshändler erbracht hat.

61.      Nach den zwischen Lebara und den Vertriebshändlern geschlossenen Marketingverträgen haben die Vertriebshändler die Aufgabe, den Absatz der Telefonkarten an die Endnutzer entweder unmittelbar oder über Einzelhändler zu fördern. Außerdem gehört es zu den Grundsätzen des Mehrwertsteuerrechts der Union, dass die Mehrwertsteuer eine Verbrauchsteuer ist(30). Wie bereits erläutert, dienen die Umsätze zwischen Lebara und deren Vertriebshändlern allein dem Zweck, den Verbrauch durch die Endverbraucher und nicht den Verbrauch durch die Vertriebshändler zu ermöglichen. Unter normalen Umständen kann nicht davon die Rede sein, dass die Vertriebshändler kostengünstige Telefonate verbrauchen.

62.      Gewiss kann der Vertriebshändler in die Rolle eines Endnutzers schlüpfen und die ihm überlassene Telefonkarte verwenden, sofern diese bezahlt und freigeschaltet ist, aber dies entspricht nicht dem eigentlichen wirtschaftlichen Zweck des Vertrags zwischen den Vertriebshändlern und Lebara. Die Verwendung einer Telefonkarte durch den Vertriebshändler zur Tätigung von Auslandsanrufen wäre eine steuerbare Leistung an sich selbst, sofern die Karte nicht für Unternehmenszwecke benutzt wird. Dieser Fall wird von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst(31).

63.      Nach dem Sachverhalt lässt sich auch nicht behaupten, dass die Vertriebshändler ihre eigenen Telekommunikationsdienstleistungen konzipieren und vermarkten und diese dann durchführen, indem sie Lebara als Subunternehmer mit der Erbringung der erforderlichen Netzzugangsleistungen beauftragen.

64.      Eindeutig ist es Lebara, die mit Hilfe eines Geflechts vertraglicher Beziehungen die Telekommunikationsverbindung zwischen dem Endnutzer und ihrer Telefonzentrale und von dort über internationale Anbieter von Telefondienstleistungen zu den Gesprächsempfängern außerhalb der Union herstellt. Insofern ist die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung, wonach die Vertriebshändler von Lebara mit den Anbietern virtueller Mobiltelekommunikationsnetze zu vergleichen seien, nicht haltbar.

65.      Schließlich hebt Lebara in ihren schriftlichen Erklärungen hervor, dass den Endnutzern nicht bekannt sei und auch nicht bekannt sein könne, dass der Zugang zu kostengünstigen Auslandstelefonaten, den sie von Vertriebs- oder Einzelhändlern erworben hätten, von Lebara bereitgestellt werde. Lebara verweist außerdem auf das Fehlen unmittelbarer vertraglicher Pflichten zwischen dem Endnutzer und Lebara.

66.      Was den erstgenannten Hinweis betrifft, ändert eine Umbenennung, die die Identität des Leistenden verschleiert, nichts an der mit dem Erwerb der Karten „letztlich verfolgten Absicht“ des Endnutzers, nämlich kostengünstige Auslandsgespräche zu führen. Was den letztgenannten Hinweis anbelangt, knüpft Art. 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht an das Bestehen vertraglicher Beziehungen zwischen dem Endnutzer und dem Leistenden an, sondern an das Entgelt, das vom Endnutzer an den Leistenden fließt. Denn, wie der Gerichtshof im Urteil Town and County Factors(32) ausgeführt hat, würde man das Bestehen eines Rechtsverhältnisses von der Durchsetzbarkeit der Verpflichtungen des Dienstleistenden abhängig machen, so würde dies die praktische Wirksamkeit der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie beeinträchtigen(33). Das Entgelt gelangt von den Endnutzern über Einzel- und Vertriebshändler an Lebara. Außerdem besteht eine unmittelbare Beziehung zwischen den Endnutzern und Lebara, da der PIN-Code dem Endnutzer den direkten Zugang zu der Lebara-Telefonzentrale verschafft.

67.      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es, wollte der Gerichtshof dem von der Kommission und Lebara vorgeschlagenen Modell folgen, zumindest einer dehnbaren Charakterisierung des Rechtsverhältnisses zwischen Lebara und deren Vertriebshändlern bedürfte, die sich im Übrigen nicht auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützen lässt. Keinesfalls erbringt Lebara dieselbe Dienstleistung an ihre Vertriebshändler, die diese an die Endnutzer erbringen.

5.      Option 4: Dienstleistung eines Steuerpflichtigen, der in eigenem Namen, aber für Rechnung Dritter handelt

a)      Zusammenfassung des von der Kommission hilfsweise vorgetragenen Standpunkts

68.      Die Kommission macht hilfsweise geltend, dass nach Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so zu behandeln seien, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten. Demnach seien die Vertriebshändler von Lebara (die offenkundig in eigenem Namen handelten) so zu stellen, als hätten sie die Dienstleistung in einem ersten steuerbaren Umsatz von Lebara erhalten und dann in einem zweiten Umsatz an die Endnutzer erbracht.

b)      Würdigung

69.      Der Gerichtshof hat unlängst entschieden, dass Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie die juristische Fiktion zweier gleichartiger Dienstleistungen begründet, die nacheinander erbracht werden. Gemäß dieser Fiktion wird der Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzutritt und Kommissionär ist, so behandelt, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er tätig wird und der Kommittent ist, erhalten hätte und anschließend diese Dienstleistungen dem Kunden erbrächte. In dem zwischen Kommittent und Kommissionär bestehenden Rechtsverhältnis werden also ihre jeweiligen Rollen als Dienstleister und als Zahler in Bezug auf die Mehrwertsteuer fiktiv vertauscht(34).

70.      Diese Fiktion ist meines Erachtens der Schlüssel zur Lösung des vorliegenden Falls. Für die Zwecke der Mehrwertsteuer sollten die Vertriebshändler als Kommissionäre behandelt werden, die in eigenem Namen, aber für Rechnung von Lebara handeln, die der Kommittent ist. Die Kommission trägt zutreffend vor, dass Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dazu führt, dass die Mehrwertsteuer in derselben Weise erhoben wird wie bei dem Modell der zwei Leistungen innerhalb einer einzigen Leistungskette. Ich möchte hinzufügen, dass dies über Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ohne eine realitätsfremde Einstufung der Leistungserbringung durch Lebara und der Identität des Leistungsempfängers erreicht wird.

71.      Die Vertriebshändler erhalten zwar nicht de facto das Recht auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen, doch läuft Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie darauf hinaus, dass der Unionsgesetzgeber eine entsprechende Fiktion zulässt, wenn ein Vertriebshändler in eigenem Namen, aber für Rechnung eines Dritten handelt. Im Ergebnis wird die Steuer auch im richtigen Mitgliedstaat zum richtigen Satz erhoben – im vorliegenden Fall im Mitgliedstaat, in dem der Vertriebshändler ansässig ist, wobei Besteuerungsgrundlage der Betrag ist, den der Vertriebshändler an Lebara gezahlt hat, und der Steuertatbestand mit der Freischaltung der Telefonkarten entsteht. Außerdem schafft Art. 6 Abs. 4 die Möglichkeit, dass Rechnungen korrekterweise an diejenigen und von denjenigen Steuerpflichtigen ausgestellt werden, die an der Leistung beteiligt sind(35).

72.      Allerdings weist Lebara darauf hin, dass die Vertriebshändler nicht als Vertreter von Lebara handelten und dass der nationale Richter bereits festgestellt habe, dass die Vertriebshändler in eigenem Namen aufträten. Mit anderen Worten lässt sich der Vertragsgestaltung zwischen Lebara und ihren Vertriebshändlern nicht entnehmen, dass der Vertriebshändler als „verdeckter“ Vertreter oder Kommissionär im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie handelt.

73.      Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren geht es jedoch um eine Auslegung von Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie im Rahmen des Unionsrechts und nicht im Rahmen nationaler Vorschriften über die Stellvertretung oder anderer Bereiche des nationalen Zivilrechts und noch nicht einmal im Rahmen des innerstaatlichen Steuerrechts. Im Übrigen kann Art. 6 Abs. 4 als einer steuerrechtlichen Vorschrift eine inhaltliche Bedeutung beizumessen sein, die nicht zwangsläufig mit derjenigen entsprechender Rechtsinstitute in Bereichen des nationalen Zivilrechts übereinstimmt. Meines Erachtens ist der Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht auf Fälle beschränkt, in denen nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats, hier des Vereinigten Königreichs, ein – verdecktes oder offenes – Stellvertreterverhältnis vorliegt. Art. 6 Abs. 4 greift, wenn seine drei Tatbestandsmerkmale (Beteiligung an der Leistungserbringung, im eigenen Namen des Händlers, für Rechnung eines Dritten) erfüllt sind.

74.      Das Fehlen einer konkreten Frage nach der Bedeutung von Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie im Vorlagebeschluss steht einer Prüfung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof nicht entgegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Gerichtshof, auch wenn das vorlegende Gericht seine Fragen der Form nach auf einen bestimmten Vorschriftenbereich beschränkt hat, nicht daran gehindert ist, diesem Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es bei dieser Fragestellung darauf Bezug genommen hat(36). Dieses Anliegen kommt auch in der weiten Formulierung der zweiten Vorlagefrage zum Ausdruck. Im Übrigen ist das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Henfling u. a.(37) zum Auslegungsansatz bei Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie erst nach den etwaigen Feststellungen des First Tier Tribunal, Tax Chamber, zur inhaltlichen Bedeutung von Art. 6 Abs. 4 ergangen(38).

75.      Was die unionsrechtliche Auslegung von Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie anbelangt, bin ich aus folgenden Gründen der Meinung, dass die Vertriebshändler im vorliegenden Fall so zu behandeln sind, als handelten sie für Rechnung von Lebara. Erstens habe ich den Eindruck, dass Lebara mit der Lieferung der Telefonkarten an die Vertriebshändler nicht das wirtschaftliche Risiko verlagert. Offenbar müssen nämlich die Vertriebshändler nichtfreigeschaltete Telefonkarten nicht bezahlen. Ich entnehme den Ausführungen von Lebara, dass die Vertriebshändler kein Entgelt an Lebara entrichten, wenn es ihnen im Rahmen ihrer Absatzbemühungen nicht gelingt, die Karten an Endnutzer zu verkaufen. In einem solchen Fall beantragen sie keine Freischaltung. Wirtschaftlich handeln sie also für Rechnung von Lebara.

76.      Die Vertriebshändler sind auch an der Erbringung der Leistung beteiligt, die in der Einräumung eines Rechts auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen von Lebara an den Endnutzer besteht. Sie sind in eigenem Namen, aber für Rechnung von Lebara für den Vertrieb des Zugangs zu kostengünstigen Telefonaten und für den Transfer des Entgelts vom Endnutzer an Lebara verantwortlich. Außerdem sind es die Vertriebshändler, die die notwendigen Handlungen (nämlich Zahlung und Mitteilung der Seriennummer an Lebara) zur Aktivierung des auf Zeit bestehenden Kundenkontos vornehmen, das durch die Telefonkarte verkörpert wird.

77.      Der Sachverhalt des vorliegenden Falls lässt sich daher meines Erachtens am besten dahin deuten, dass Lebara an die Endnutzer Dienstleistungen erbringt, die in der Einräumung eines Rechts auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen bestehen, für die eine Vorauszahlung geleistet wird, die sich als Eröffnung eines auf Zeit bestehenden Kundenkontos mit einem Guthaben von einer bestimmten Anzahl von Gesprächseinheiten verstehen lässt. Die Vertriebshändler sind an der Erbringung dieser Leistungen in eigenem Namen, aber für Rechnung von Lebara beteiligt. Nach Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie werden die Vertriebshändler daher so behandelt, als ob sie die Dienstleistung von Lebara selbst erhalten und an die Endnutzer erbracht hätten. Dies führt zu der oben in den Nrn. 70 und 71 dargestellten mehrwertsteuerlichen Behandlung.

78.      Ich stelle allerdings fest, dass der Gerichtshof im Urteil Henfling u. a. die Entscheidung der Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 4 im Einzelfall erfüllt sind, dem nationalen Gericht überlassen hat. Der Gerichtshof hat sich darauf beschränkt, Hinweise der von mir hier aufgezeigten Art zu den Gesichtspunkten zu geben, die bei der Anwendung von Art. 6 Abs. 4 in Betracht zu ziehen sind(39). Infolgedessen kann die Entscheidung, ob nach dem hier vorliegenden Sachverhalt die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 4 erfüllt sind, dem nationalen Gericht überlassen bleiben, das dabei die Ausführungen des Gerichtshofs zu den verschiedenen im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen, das Erfordernis, die anerkannten Grundsätze des Mehrwertsteuerrechts der Union zu wahren, und den autonomen unionsrechtlichen Bedeutungsgehalt von Art. 6 Abs. 4 im Unterschied zu innerstaatlichen Rechtsinstituten gebührend zu berücksichtigen hat.

V –    Zusammenfassung

79.      Vor die Wahl zwischen den oben vorgestellten vier Alternativen gestellt, empfehle ich dem Gerichtshof, das von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgeschlagene Modell zurückzuweisen, da es entweder eine Doppelbesteuerung oder eine Nichtbesteuerung zur Folge haben kann. Darüber hinaus muss bei der Feststellung des Orts der Dienstleistung und damit der Befugnis zur Erhebung der Mehrwertsteuer die Annahme zugrunde gelegt werden, dass alle Endnutzer Nichtsteuerpflichtige sind, eine These, deren Richtigkeit sich nicht gerichtlich überprüfen lässt.

80.      Letzteres Bedenken gilt auch für das von der niederländischen Regierung vertretene Modell. Darüber hinaus kann es bei dieser Konstruktion zu einer zu hohen oder zu einer zu niedrigen Mehrwertsteuerbelastung kommen, da als Besteuerungsgrundlage sowohl für die Dienstleistung, die in der Einräumung des Rechts auf Telekommunikationsdienstleistungen besteht, als auch für die eigenständige Vertriebsdienstleistung der Nennwert der Telefonkarten angesetzt wird. Dieser kann über oder unter dem Preis liegen, den die Endnutzer für die Karten bezahlen.

81.      Das von Lebara und der Kommission vorgeschlagene Leistungskettenmodell führt zum richtigen Endergebnis, allerdings auf Kosten einer realitätsfernen Einordnung des Verhältnisses zwischen Lebara und ihren Vertriebshändlern, da der Gerichtshof davon ausgehen müsste, dass Lebara das Recht auf Zugang zu ihren kostengünstigen Telefonaten an ihre Vertriebshändler verkauft. Insoweit würde ein Rückgriff auf die durch Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie geschaffene juristische Fiktion der Realität des dem Gerichtshof im vorliegenden Fall präsentierten Geschäftsmodells besser gerecht. Sollte der Gerichtshof sich meinem Ergebnis hinsichtlich Art. 6 Abs. 4 jedoch nicht anschließen, schlage ich alternativ den von der Kommission und Lebara angeregten Lösungsweg vor, wonach der Verkauf der Telefonkarte von Lebara an ihre Vertriebshändler eine einheitliche Leistung und der Weiterverkauf seitens des Vertriebshändlers eine eigenständige Leistung darstellt.

VI – Ergebnis

82.      Auf der Grundlage dieser Erwägungen schlage ich vor, die Vorlagefragen des First Tier Tribunal, Tax Chamber, wie folgt zu beantworten:

Verkauft ein Steuerpflichtiger (Händler A) an einen anderen Steuerpflichtigen (Händler B) Telefonkarten, die Angaben enthalten, die ihrem Käufer (Endnutzer C) den Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen des A und deren Erhalt bis zu dem auf der Karte angegebenen Betrag ermöglichen (sofern A von B das zwischen ihnen vereinbarte Entgelt erhalten hat), erbringt Händler A an Endnutzer C eine Dienstleistung, die in der Einräumung eines Rechts auf Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen gegen Vorauszahlung besteht. Ist Händler B jedoch in eigenem Namen, aber für Rechnung von Händler A an der Erbringung dieser Dienstleistung an Endnutzer C beteiligt – was das nationale Gericht festzustellen hat –, ist Händler B gemäß Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage mehrwertsteuerlich so zu behandeln, als ob er die Dienstleistung von Händler A erhalten und an Endnutzer C erbracht hätte.

83.      Sollte der Gerichtshof diesem Vorschlag nicht folgen oder vermag das nationale Gericht nicht festzustellen, dass die Vertriebshändler für Rechnung von Lebara handeln, schlage ich hilfsweise folgende Antwort auf die Vorlagefragen des First Tier Tribunal, Tax Chamber, vor:

Verkauft ein Steuerpflichtiger (Händler A) an einen anderen Steuerpflichtigen (Händler B) Telefonkarten, die das Recht auf Erhalt von Telekommunikationsdienstleistungen des Händlers A verkörpern, und verkauft Händler B die Telefonkarte anschließend an den Endnutzer C, der die durch die Telefonkarte verkörperten Auslandsgespräche führt, bewirkt Händler A eine einheitliche steuerbare Telekommunikationsdienstleistung zum Zeitpunkt des Verkaufs an Händler B. Der anschließende Erwerb und die Verwendung der Karte durch einen Endnutzer stellen keine weitere steuerbare Leistung des Händlers A dar.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301, im Folgenden: Erste Mehrwertsteuerrichtlinie). Art. 2 entspricht jetzt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie). Zeitlich ist im vorliegenden Fall die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) anwendbar. Diese ist inzwischen durch die Mehrwertsteuerrichtlinie ersetzt worden. Der Klarheit halber wird in den vorliegenden Schlussanträgen sowohl auf die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie als auch auf die entsprechenden Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie Bezug genommen.


3 – Vgl. jetzt Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.


4 – Die Regelung des Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie findet sich jetzt in Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie.


5–       Jetzt Art. 24 der Mehrwertsteuerrichtlinie.


6–      Jetzt Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie.


7–      Der Inhalt dieser Regelung findet sich jetzt in den Art. 44 f. der Mehrwertsteuerrichtlinie.


8–      Die Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zehnter Gedankenstrich der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie wurde eingefügt durch die Richtlinie 1999/59/EG des Rates vom 17. Juni 1999 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf das für Telekommunikationsdienstleistungen anwendbare Mehrwertsteuersystem (ABl. L 162, S. 63). Vgl. jetzt die Art. 369a bis 369k der Mehrwertsteuerrichtlinie.


9–      Vgl. jetzt die Art. 62, 63 und 65 der Mehrwertsteuerrichtlinie.


10 – Vgl. jetzt Titel XI Kapitel 1 Abschnitt 1 („Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus“) der Mehrwertsteuerrichtlinie, der die Art. 193 bis 205 umfasst.


11–      Art. 21 Nr. 1 (28g) der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie wurde geändert durch Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17. Oktober 2000 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Bestimmung des Mehrwertsteuerschuldners (ABl. L 269, S. 44).


12–      Lebara hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Vertriebshändler in der Regel nicht selbst Telekommunikationsdienstleistungen erbrächten. Es handele sich um Telekommunikationsdienstleistungshändler, die diese Dienstleistungen nicht nur von Lebara, sondern auch von anderen Anbietern einkaufen könnten.


13–      In der mündlichen Verhandlung hat Lebara vorgetragen, dass die Vertriebshändler die Telefonkarten vor der Freischaltung bezahlten und diese danach weiterverkauften. Die Abfolge sei: Entrichtung des vollen Kaufpreises, dann Freischaltung, dann Weiterverkauf. In den schriftlichen Erklärungen von Lebara heißt es jedoch, dass die Telefonkarten, um der Diebstahlsgefahr vorzubeugen, zum Zeitpunkt der Übersendung von Lebara an einen Vertriebshändler nicht zu Telefongesprächen benutzt werden konnten. Nach Eingang der Karten beim Vertriebshändler beantrage dieser bei Lebara die Freischaltung. Eine Pflicht des Vertriebshändlers zur Entrichtung des Kaufpreises für die Telefonkarte entstehe erst mit der Freischaltung. Falls die Karten anschließend gestohlen würden oder der Vertriebshändler den Kaufpreis nicht entrichte, könne Lebara die Karten sperren. Diese beiden Darstellungen stimmen hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Zahlung der Vertriebshändler an Lebara erfolgt, nicht ganz überein. Die Diskrepanz wird aber wohl im Vorlagebeschluss aufgeklärt. Dort heißt es, dass „Lebara … die Telefonkarten frei[schaltete], wenn auf dem Konto des Vertriebshändlers bei Lebara ein Guthaben bestand, oder … andernfalls eine Zahlung des Vertriebshändlers [verlangte], bevor sie die Telefonkarten freischaltete“.


14–      Nach dem in Art. 21 Nr. 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen „Reverse-Charge-Verfahren“ kehrt sich in Fällen, in denen der Leistende A und der Leistungsempfänger B nicht im Hoheitsgebiet ein und desselben Mitgliedstaats niedergelassen sind, die Steuerschuldnerschaft um, so dass nicht der Leistende, sondern der Leistungsempfänger zur Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist. Demnach hat B die auf den Umsatz fällige Mehrwertsteuer zu erheben und mit den Mehrwertsteuerbehörden seines Mitgliedstaats abzurechnen. Wie bereits erwähnt, ist die Regelung des Art. 21 Nr. 1 jetzt in Titel XI Kapitel 1 Abschnitt 1 („Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus“) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthalten, der die Art. 193 bis 205 umfasst.


15–      Aus diesem Grund ist bei einer geringfügig anderen Sachverhaltsgestaltung die hier erarbeitete rechtliche Beurteilung möglicherweise nicht auf eine ähnliche Situation übertragbar. Der vorliegende Fall ist also nicht unbedingt für die komplizierteren Mehrwertsteuerprobleme bei Mehrzweckgutscheinen oder für Konstellationen relevant, in denen das Entgelt für Gegenstände oder Dienstleistungen durch Aufbrauchen einer Vorauszahlung oder eines Kontoguthabens im Rahmen eines Mobilfunk- oder Festnetzanschlusses entrichtet wird.


16–      Urteil vom 16. Dezember 2010 (C‑270/09, Slg. 2010, I‑13179, Randnr. 18).


17–      Urteile vom 22. Oktober 1988, Madgett und Baldwin (C‑308/96 und C‑94/97, Slg. 1988, I‑6229, Randnrn. 23 und 24), vom 25. Februar 1999, CPP (C‑349/96, Slg. 1999, I‑973, Randnrn. 26 bis 32), vom 3. September 2009, RCI Europe (C‑37/08, Slg. 2009, I‑7533, Randnrn. 23 bis 25), vom 27. Oktober 2005, Levob Verzekeringen und OV Bank (C‑41/04, Slg. 2005, I‑9433, Randnrn. 17 bis 26), und MacDonald Resorts, in Fn. 16 angeführt, Randnr. 18.


18–      Urteil vom 7. Oktober 2010, Loyalty Management UK und Baxi Group (C‑53/09 und C‑55/09, Slg. 2010, I‑9187, Randnr. 39).


19–      Vgl. in diesem Sinne Urteil MacDonald Resorts, in Fn. 16 angeführt, Randnr. 22.


20–      Urteil vom 2. Dezember 2010 (C‑276/09, Slg. 2010, I‑12359).


21–      In Fn. 17 angeführte Urteile Madgett und Baldwin, Randnr. 24, und CPP, Randnr. 30.


22 – Vgl. z. B. Urteil MacDonald Resorts, in Fn. 16 angeführt, Randnrn. 24 und 32, wonach die Umsätze zum Erwerb von Punkte-Rechten im Rahmen von Regelungen über Teilzeitnutzungsrechte in Ferienwohnanlagen „Zwischenschritte“ darstellen, um die „eigentliche“ Leistung in Anspruch nehmen zu können, die in dem Recht auf vorübergehende Nutzung einer Wohnanlage oder Unterkunft in einem Hotel oder auf eine andere Dienstleistung besteht; im Urteil Madgett und Baldwin, in Fn. 17 angeführt, Randnrn. 24 und 25, heißt es, dass bei Dritten in Anspruch genommene Dienstleistungen, die keinen eigenen Zweck erfüllen, sondern das Mittel darstellen, um die Hauptdienstleistung des Wirtschaftsteilnehmers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, reine Nebenleistungen sind; vgl. auch Urteil Levob Verzekeringen und OV Bank, in Fn. 17 angeführt, Randnrn. 17 bis 26, wonach es sich bei dem zuerst erfolgenden Verkauf einsatzfähiger Software und deren anschließender Anpassung an die Bedürfnisse des Käufers nicht um zwei, sondern um eine einzige Dienstleistung handelt.


23–      Urteil vom 2. Mai 1996 (C‑231/94, Slg. 1996, I‑2395).


24–      Urteil Faaborg-Gelting Linien, in Fn. 23 angeführt, Randnr. 14.


25–      Urteil MacDonald Resorts, in Fn. 16 angeführt, Randnr. 24.


26–      Wenn der Mitgliedstaat des Vertriebshändlers die Einlösung der Telefonkarte, der Mitgliedstaat des Dienstleistenden dagegen die Lieferung der Telefonkarten als Steuertatbestand ansähe, erhöbe keiner der beiden Mitgliedstaaten bei dem hier vorliegenden Sachverhalt Mehrwertsteuer. Außerdem läge ein Verstoß gegen den in Art. 2 der Ersten Mehrwertsteuerrichtlinie verankerten fundamentalen Grundsatz des Mehrwertsteuerrechts vor, wonach die Mehrwertsteuer eine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer ist.


27–      Entsprechend hat der Gerichtshof im Urteil MacDonald Resorts, in Fn. 16 angeführt, eine Lösung zurückgewiesen, die es dem Steuerpflichtigen in jener Rechtssache erlaubt hätte, den Pool von verfügbaren Unterkünften zum Zweck der Mehrwertsteuerberechnung selbst zu beurteilen. Ganz allgemein hat der Gerichtshof entschieden, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten in der Lage sein müssen, im Rahmen der richterlichen Kontrolle „die maßgebenden Grundsätze und Vorschriften des Gemeinschaftsrechts tatsächlich anzuwenden“, vgl. Urteil vom 21. Januar 1999, Upjohn (C‑120/97, Slg. 1999, I‑223, Randnr. 36). Vgl. aus jüngerer Zeit Gutachten des Gerichtshofs vom 8. März 2011 (1/09, Slg. 2011, I‑1137), in dem der Gerichtshof in Randnr. 85 festgestellt hat, dass „die den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof jeweils übertragenen Aufgaben wesentlich für die Wahrung der Natur des durch die Verträge geschaffenen Rechts [sind]“.


28 – Vgl. Art. 6 Abs. 4 und Art. 9 Abs. 2 Buchst. e siebter Gedankenstrich der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie.


29 – Vgl. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, wonach der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, „über die nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a) abziehbare Steuer eine nach Artikel 22 Absatz 3 ausgestellte Rechnung besitzen“ muss, vgl. jetzt Art. 178 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie.


30–      Vgl. aus jüngerer Zeit Urteil RCI Europe, in Fn. 17 angeführt, Randnr. 39.


31 – Nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie wird die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt, vgl. jetzt Art. 26 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie.


32 – Urteil vom 17. September 2002 (C‑498/99, Slg. 2002, I‑7173).


33 – Urteil Town and County Factors, in Fn. 32 angeführt, Randnr. 21.


34–      Urteil vom 14. Juli 2011, Henfling u. a. (C‑464/10, Slg. 2011, I‑6219, Randnr. 35).


35 – Vgl. B. Terra und J. Kajus, European VAT Directives 2011, Amsterdam 2011, Abschnitt 10.2.1.4.


36–      Urteil vom 5. Mai 2011, McCarthy (C‑434/09, Slg. 2011, I‑3375, Randnr. 24).


37 – In Fn. 34 angeführt.


38–      Das Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof datiert vom 22. Oktober 2010, das Urteil Henfling u. a. wurde im darauffolgenden Jahr am 14. Juli 2011 erlassen.


39–      In Fn. 34 angeführt, vgl. insbesondere Randnrn. 42 f.