Language of document : ECLI:EU:T:2022:140

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

16. März 2022(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Kriterium des führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns – Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime – Widerlegung der Vermutung“

In der Rechtssache T‑249/20,

Abdelkader Sabra, wohnhaft in Beirut (Libanon), vertreten durch M. Lester, QC, und A. Bradshaw, Solicitor,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch T. Haas und V. Piessevaux als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (GASP) 2020/212 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2020, L 43 I, S. 6), der Durchführungsverordnung (EU) 2020/211 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2020, L 43 I, S. 1), des Beschlusses (GASP) 2020/719 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2020, L 168, S. 66) und der Durchführungsverordnung (EU) 2020/716 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2020, L 168, S. 1), soweit diese Rechtsakte den Kläger betreffen,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, der Richterin R. Frendo und des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares (Berichterstatter),

Kanzler: M. Zwozdziak-Carbonne, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2021

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

1        Der Kläger, Herr Abdelkader Sabra, ist ein Geschäftsmann mit syrischer und libanesischer Staatsangehörigkeit.

2        Der Rat der Europäischen Union hat es auf das Schärfste verurteilt, dass in Syrien friedliche Proteste gewaltsam unterdrückt worden sind, und hat die syrischen Sicherheitskräfte aufgefordert, Zurückhaltung zu wahren, statt Gewalt auszuüben, und er hat in diesem Zusammenhang auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2011/273/GASP vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2011, L 121, S. 11) erlassen. In Anbetracht der ernsten Lage veranlasste der Rat ein Waffenembargo, ein Verbot der Ausfuhr von Ausrüstung, die zur internen Repression verwendet werden kann, Beschränkungen für die Einreise in die Europäische Union sowie das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind.

3        Die Namen der Personen, die für die gewaltsame Repression gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind, sowie die Namen der natürlichen oder juristischen Personen und Organisationen, die mit ihnen in Verbindung stehen, sind im Anhang des Beschlusses 2011/273 aufgeführt. Gemäß Art. 5 Abs. 1 dieses Beschlusses kann der Rat diesen Anhang auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik ändern. Bei Erlass des in Rede stehenden Beschlusses war der Name des Klägers darin nicht aufgeführt.

4        Da bestimmte der gegen die Arabische Republik Syrien ergriffenen restriktiven Maßnahmen in den Anwendungsbereich des AEU‑Vertrags fallen, erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 442/2011 vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. 2011, L 121, S. 1). Der Inhalt dieser Verordnung ist im Wesentlichen mit dem Beschluss 2011/273 identisch. Die im Anhang II dieser Verordnung enthaltene Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die entweder als verantwortlich für die in Rede stehende Unterdrückung oder als mit diesen Verantwortlichen in Verbindung stehend eingestuft werden, stimmt mit derjenigen im Anhang des Beschlusses 2011/273 überein. Nach Art. 14 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 442/2011 ändert der Rat den Anhang II entsprechend, wenn er beschließt, die genannten restriktiven Maßnahmen auf eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung anzuwenden, und überprüft im Übrigen die darin enthaltene Liste in regelmäßigen Abständen und mindestens alle zwölf Monate.

5        Im Beschluss 2011/782/GASP vom 1. Dezember 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/273 (ABl. 2011, L 319, S. 56) hielt es der Rat angesichts der sehr ernsten Lage in Syrien für erforderlich, dass zusätzliche restriktive Maßnahmen verhängt werden. Der Klarheit halber wurden die durch den Beschluss 2011/273 verhängten Maßnahmen und die ergänzenden Maßnahmen in einem einzigen Rechtsinstrument zusammengefasst. Der Beschluss 2011/782 sieht in seinem Art. 18 Beschränkungen für die Einreise in die Union von Personen vor, deren Namen in Anhang I aufgeführt sind, und in seinem Art. 19 das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen der Personen und Organisationen, deren Namen in den Anhängen I und II aufgeführt sind.

6        Die Verordnung Nr. 442/2011 wurde ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 36/2012 des Rates vom 18. Januar 2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 442/2011 (ABl. 2012, L 16, S. 1).

7        Der Beschluss 2011/782 wurde durch den Beschluss 2012/739/GASP des Rates vom 29. November 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/782 (ABl. 2012, L 330, S. 21) ersetzt, der wiederum durch den Beschluss 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien (ABl. 2013, L 147, S. 14) ersetzt wurde.

8        Am 12. Oktober 2015 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2015/1836 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2015, L 266, S. 75). Am selben Tag erließ er die Verordnung (EU) 2015/1828 zur Änderung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2015, L 266, S. 1).

9        Nach dem sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 ist „[d]er Rat … zu der Einschätzung gelangt, dass wegen der engen Kontrolle, die das syrische Regime über die Wirtschaft ausübt, ein innerer Kreis von führenden in Syrien operierenden Geschäftsleuten nur dadurch seine Stellung wahren kann, dass er eng mit dem Regime verbunden ist und dessen Unterstützung genießt sowie innerhalb des Regimes Einfluss besitzt“, und ist „[d]er Rat … der Ansicht, dass er restriktive Maßnahmen dahingehend vorsehen sollte, dass Einreisebeschränkungen verhängt und sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen eingefroren werden, die im Besitz oder Eigentum dieser führenden in Syrien operierenden Geschäftsleute stehen, wie sie vom Rat identifiziert und in Anhang I aufgeführt wurden, oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, um sie daran zu hindern, das Regime materiell oder finanziell zu unterstützen, und damit durch ihren Einfluss das Regime selbst mit größerem Nachdruck dazu angehalten wird, seine repressive Politik zu ändern“.

10      Der Wortlaut der Art. 27 und 28 des Beschlusses 2013/255 wurde durch den Beschluss 2015/1836 geändert. Diese Artikel sehen nunmehr Beschränkungen der Einreise in oder der Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie das Einfrieren der Gelder von „führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind“, vor, außer „wenn ausreichende Angaben darüber vorliegen, dass [diese Personen] nicht oder nicht mehr mit dem Regime in Verbindung stehen oder Einfluss auf dieses ausüben oder keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen“.

11      Mit der Verordnung 2015/1828 wurde vor allem der Wortlaut von Art. 15 der Verordnung Nr. 36/2012 geändert, um die neuen Aufnahmekriterien in diesen einzubeziehen, die durch den Beschluss 2015/1836 aufgestellt und in den Beschluss 2013/255 eingefügt wurden.

12      Mit dem Durchführungsbeschluss (GASP) 2020/212 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2020, L 43 I, S. 6) und der Durchführungsverordnung (EU) 2020/211 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2020, L 43 I, S. 1) (im Folgenden zusammen: ursprüngliche Rechtsakte) wurde der Name des Klägers in Zeile 293 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs I des Beschlusses 2013/255 und in Zeile 293 der Liste in Abschnitt A (Personen) des Anhangs II der Verordnung Nr. 36/2012 (im Folgenden zusammen: in Rede stehende Listen) aufgenommen.

13      Zum einen enthielten die „Angaben zur Identität“ in den in Rede stehenden Listen den Hinweis, dass der Kläger männlichen Geschlechts ist, die syrische und die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt und am 14. September 1955 geboren wurde. Seine Funktionen sind wie folgt beschrieben: „Eigentümer der Sabra Maritime Agency; Leiter des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute; Gründungsmitglied der Phoenicia Tourism Company; Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien“. Die „Phoenicia Tourism Company [LLC]“ und die „Sabra Maritime Agency“ werden als „Angehörige/Geschäftspartner/Organisationen oder Partner/Verbindungen“ des Klägers erwähnt.

14      Zum anderen werden die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen wie folgt dargelegt:

„Führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann, der vielfältige wirtschaftliche Interessen hat, insbesondere im maritimen Sektor und im Tourismussektor. Als führender Magnat in der Schifffahrt und enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf (Unterstützer des Regimes und Cousin von Bashar al-Assad) leistet Abdelkader Sabra finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung für das syrische Regime, auch über Offshore-Unternehmen. Abdelkader Sabra profitiert auch von seinen Verbindungen zum Regime, wodurch er seine Tätigkeiten im Immobiliensektor ausweiten konnte. Außerdem ist er an Geldwäsche und Geschäftstätigkeiten zur Unterstützung des syrischen Regimes und seiner Verbündeten beteiligt.“

15      Mit Schreiben vom 16. März 2020 beantragte der Kläger beim Rat die Übersendung von Abschriften aller Informationen und Elemente, die der Aufnahme seines Namens in die in Rede stehenden Listen zugrunde lagen.

16      In Beantwortung des oben in Rn. 15 genannten Schreibens des Klägers übersandte der Rat ihm am 6. April 2020 das Dokument mit dem Aktenzeichen WK 1755/2020 INIT vom 12. Februar 2020, das die Beweise enthielt, auf die sich die Gründe für die Aufnahme seines Namens in die in Rede stehenden Listen stützten.

17      Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 nahm der Kläger zur Entscheidung über die Aufnahme seines Namens in die in Rede stehenden Listen gemäß den ursprünglichen Rechtsakten Stellung und beantragte beim Rat die Streichung seines Namens aus den genannten Listen.

18      Am 28. Mai 2020 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2020/719 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2020, L 168, S. 66) und die Durchführungsverordnung (EU) 2020/716 zur Durchführung der Verordnung Nr. 36/2012 (ABl. 2020, L 168, S. 1) (im Folgenden zusammen: Rechtsakte betreffend die Beibehaltung). Gemäß dem Beschluss 2020/719 wurde die Gültigkeit des Beschlusses 2013/255 bis zum 1. Juni 2021 verlängert. Der Name des Klägers wurde auf der Grundlage derselben wie der in den ursprünglichen Rechtsakten herangezogenen Gründe in Zeile 293 der in Rede stehenden Listen belassen.

19      Mit Schreiben vom 2. Juni 2020 teilte der Rat dem Kläger mit, dass er gemäß den Rechtsakten betreffend die Beibehaltung beschlossen habe, den Namen des Klägers in den in Rede stehenden Listen beizubehalten. Darüber hinaus setzte er den Kläger davon in Kenntnis, dass er derzeit die Stellungnahme und die Dokumentation prüfe, die ihm der Kläger in seinem Schreiben vom 4. Mai 2020 (siehe oben, Rn. 17) übermittelt habe, was aufgrund der zahlreichen, vom Kläger zur Stützung seines Antrags vorgetragenen Argumente sowie der großen Zahl von Dokumenten in der Anlage des Antrags mehrere Wochen in Anspruch nehmen werde.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 28. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der ursprünglichen Rechtsakte erhoben, soweit diese Rechtsakte ihn betreffen.

21      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 10. Juni 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger gemäß Art. 86 der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift angepasst, so dass sie auch auf die Nichtigerklärung der Rechtsakte betreffend die Beibehaltung gerichtet ist, soweit diese Rechtsakte den Kläger betreffen.

22      Am 23. Juli 2020 hat der Rat die Klagebeantwortung, die sich auch auf den Anpassungsschriftsatz bezieht, bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

23      Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 6. Oktober bzw. 19. November 2020 eingereicht worden.

24      Das schriftliche Verfahren ist am 19. November 2020 geschlossen worden.

25      Im Rahmen der in Art. 89 Abs. 3 Buchst. d der Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen hat das Gericht die Parteien am 9. Juni 2021 zur Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgefordert. Die Parteien sind der Aufforderung zur Vorlage der Schriftstücke fristgemäß nachgekommen.

26      Am 6. September 2021 hat der Kläger nach Art. 66 der Verfahrensordnung einen begründeten Antrag gestellt, den Inhalt bestimmter Anlagen zur Klageschrift sowie bestimmte Punkte der Klageschrift und der Erwiderung in den öffentlich zugänglichen Unterlagen der vorliegenden Rechtssache nicht zu zitieren. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bestätigt, dass sich sein Antrag, bestimmte Daten gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen, auf die Dokumente und Punkte beschränke, die in seinem Schreiben vom 6. September 2021 genannt seien, was im Protokoll der mündlichen Verhandlung festgehalten worden ist.

27      In der Sitzung vom 16. September 2021 haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

28      Der Kläger beantragt,

–        die ursprünglichen Rechtsakte und die Rechtsakte betreffend die Beibehaltung (im Folgenden zusammen: angefochtene Maßnahmen) für nichtig zu erklären, soweit sie ihn betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

29      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die gegen den Kläger erlassenen restriktiven Maßnahmen für nichtig erklären sollte, anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2020/719, soweit sie ihn betreffen, aufrechterhalten werden, bis die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2020/716 wirksam wird.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Zulässigkeit der Anlagen zum Antrag des Klägers, ihm mehr Zeit für seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung einzuräumen

30      Mit Schreiben vom 7. September 2021 hat der Kläger beim Gericht beantragt, ihm mehr Zeit für seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 16. September 2021 einzuräumen. Er hat dem Antrag zwei Schreiben beigefügt, die er am 8. März bzw. 9. Juni 2021 an den Rat gerichtet hatte.

31      Die Vorlage dieser Anlagen ist nicht von Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung gedeckt, wonach die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor einer Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, Beweise oder Beweisangebote vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist. Zum einen hat der Kläger in seinem Schreiben vom 7. September 2021 nämlich nicht erklärt, dass er die Schreiben vom 8. März und vom 9. Juni 2021 gemäß dieser Bestimmung einreichen möchte, und zum anderen hat er die Verspätung der Vorlage nicht begründet.

32      Folglich sind die Schreiben vom 8. März und vom 9. Juni 2021, die der Kläger seinem Antrag auf Gewährung zusätzlicher Zeit für seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung beigefügt hat, als unzulässig zurückzuweisen.

B.      Zur Begründetheit

33      Der Kläger stützt seine Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem er Fehler bei der Würdigung der Tatsachen beanstandet.

34      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, er sei kein in Syrien tätiger führender Geschäftsmann, stehe nicht mit dem syrischen Regime in Verbindung, sei nicht Teil des im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 genannten inneren Kreises von führenden, in Syrien operierenden Geschäftsleuten und unterstütze das syrische Regime weder über im Ausland niedergelassene Gesellschaften noch auf anderem Wege materiell oder finanziell.

35      Der Rat tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und macht im Wesentlichen geltend, die im Dokument WK 1755/2020 INIT und im Dokument WK 7118/2020 INIT vom 23. Juli 2020 enthaltenen Beweise belegten, dass der Kläger ein in Syrien tätiger führender Geschäftsmann sei. Insoweit widerspricht der Rat den Argumenten, die der Kläger vorträgt, um die Vermutung einer Verbindung zwischen ihm und dem syrischen Regime zu widerlegen. Ferner ist der Rat der Auffassung, dass der Kläger Unterstützer und Nutznießer des syrischen Regimes sei.

1.      Einleitende Erwägungen

36      Die durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle erfordert u. a., dass sich der Unionsrichter vergewissert, ob die Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen oder aufrechterhalten werden und die eine individuelle Betroffenheit der betroffenen Person oder Organisation begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 119).

37      Der Unionsrichter hat bei dieser Prüfung gegebenenfalls von der zuständigen Unionsbehörde vertrauliche oder nicht vertrauliche Informationen oder Beweise anzufordern, die für eine solche Prüfung relevant sind (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Im Streitfall ist es nämlich Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person oder Organisation vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person oder Organisation, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 121).

39      Hierzu braucht die betreffende Behörde dem Unionsrichter nicht sämtliche Informationen und Beweise vorzulegen, die mit den Gründen zusammenhängen, die in dem Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, angegeben werden. Die vorgelegten Informationen oder Beweise müssen jedoch die Gründe stützen, die gegen die betroffene Person oder Organisation angeführt werden (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 122).

40      Übermittelt die zuständige Unionsbehörde relevante Informationen oder Beweise, muss der Unionsrichter die inhaltliche Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen anhand dieser Informationen oder Beweise prüfen und deren Beweiskraft anhand der Umstände des Einzelfalls und im Licht etwaiger dazu abgegebener Stellungnahmen, insbesondere der betroffenen Person oder Organisation, würdigen (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 124).

41      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Beurteilung der Begründetheit der Aufnahme eines Namens in eine Liste die Beweise nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. April 2015 Anbouba/Rat, C‑630/13 P, EU:C:2015:247, Rn. 51, und vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑605/13 P, EU:C:2015:248, Rn. 50).

42      Im Rahmen der Beurteilung des Gewichts der betroffenen Belange, die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen gehört, kann dem Zusammenhang, in dem diese Maßnahmen stehen, der Dringlichkeit des Erlasses solcher Maßnahmen, mit denen Druck auf das syrische Regime ausgeübt werden soll, damit es die gewaltsame Repression gegen die Bevölkerung beendet, und der Schwierigkeit Rechnung getragen werden, in einem Staat mit einem autoritären Regime, in dem Bürgerkrieg herrscht, präzisere Beweise zu erlangen (Urteil vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑605/13 P, EU:C:2015:248, Rn. 46).

2.      Gründe für die Aufnahme und Bestimmung der Aufnahmekriterien

43      Die allgemeinen Aufnahmekriterien, die in Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung genannt sind und in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung fortgeführt werden, sehen vor, dass gegen Personen oder Organisationen, die Nutznießer oder Unterstützer des syrischen Regimes sind, restriktive Maßnahmen verhängt werden. Ebenso bestimmen Art. 27 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 sowie Art. 28 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung, die in Bezug auf das Einfrieren von Geldern in Art. 15 Abs. 1a Buchst. a und Abs. 1b der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung fortgeführt werden, dass die Kategorie „führende Geschäftsleute, die in Syrien tätig sind“ Gegenstand von restriktiven Maßnahmen sein kann, es sei denn, es liegen ausreichende Angaben darüber vor, dass sie nicht oder nicht mehr mit dem Regime in Verbindung stehen oder Einfluss auf dieses ausüben oder keine reale Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen.

44      Wie oben in Rn. 14 ausgeführt, lautet die Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen wie folgt:

„Führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann, der vielfältige wirtschaftliche Interessen hat, insbesondere im maritimen Sektor und im Tourismussektor. Als führender Magnat in der Schifffahrt und enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf (Unterstützer des Regimes und Cousin von Bashar al-Assad) leistet Abdelkader Sabra finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung für das syrische Regime, auch über Offshore-Unternehmen. Abdelkader Sabra profitiert auch von seinen Verbindungen zum Regime, wodurch er seine Tätigkeiten im Immobiliensektor ausweiten konnte. Außerdem ist er an Geldwäsche und Geschäftstätigkeiten zur Unterstützung des syrischen Regimes und seiner Verbündeten beteiligt.“

45      Aus den Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen ist zu schließen, dass dessen Name erstens aufgrund seines Status als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann und zweitens aufgrund seiner Verbindung mit dem syrischen Regime in die in Rede stehenden Listen aufgenommen und dort belassen wurde. Anders ausgedrückt stützt sich die Aufnahme des Namens des Klägers zum einen auf das Kriterium, das in Art. 27 Abs. 2 Buchst. a und Art. 28 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung und in Art. 15 Abs. 1a Buchst. a der Verordnung Nr. 36/2012 in der durch die Verordnung 2015/1828 geänderten Fassung festgelegt ist (Kriterium des führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns), und zum anderen auf das Kriterium in Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 des genannten Beschlusses und Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der genannten Verordnung (Kriterium der Verbindung mit dem Regime).

3.      Zu den Beweisen

46      Zur Begründung der Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen hat der Rat das Dokument WK 1755/2020 INIT übermittelt, das öffentlich zugängliche Informationen enthält, d. h. Websites, Zeitungsartikel und Screenshots aus folgenden Quellen:

–        Website „Aliqtisadi“, zuletzt abgerufen am 24. September 2018, auf der der Kläger als Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute, Inhaber der Sabra Maritime Agency und Investor im Tourismussektor bezeichnet wird; der Kläger wird dort auch als einer der 100 wichtigsten Geschäftsmänner Syriens, als Gründungspräsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien und als Gründungsgesellschafter der Phoenicia Tourism Company mit einer Kapitalbeteiligung von 85 % beschrieben;

–        Website „Syriandays“, die in einem am 10. Februar 2015 veröffentlichten Beitrag mit der Überschrift „Abdelkader Sabra is the President of the Syrian Chamber of Shipping“ (Abdelkader Sabra ist Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien) darüber informiert, dass das Direktorium der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien die erste Sitzung der dritten Wahlversammlung in Anwesenheit des syrischen Verkehrsministers abgehalten habe und Letzterer die Bedeutung hervorgehoben habe, die dieser Kammer im Dienst des Landes zukomme; ferner nennt der Artikel die Namen der Personen, die erfolgreich aus den Wahlen für verschiedene Posten hervorgegangen seien, darunter der Name des Klägers, der zum Präsidenten ernannt worden sei; schließlich wird erwähnt, dass die Kammer durch das Gesetz Nr. 20 von 2006 gegründet worden sei und sich durch ihre Unterstützung des Seetransportsektors auszeichne;

–        Website „The Syria Report“, zuletzt abgerufen am 31. Oktober 2018, auf der es heißt, dass die Phoenicia Tourism Company am 5. Juli 2012 in Tartus (Syrien) im Sektor Projektentwicklung für Hotellerie- und Gastronomiegewerbe gegründet worden sei und der Kläger 85 % der Anteile dieser Gesellschaft halte, deren Kapital sich insgesamt auf 1 Mio. syrische Pfund (SYP) (etwa 1 313 Euro) belaufe;

–        Website „The Syria Report“, die in einem am 26. November 2012 veröffentlichten Beitrag mit der Überschrift „Ministry of Tourism Awards New Contract to Manage Arwad Hotel“ (Tourismusministerium vergibt neuen Auftrag für Betrieb von Hotel Aruad) darüber informiert, dass das syrische Ministerium für Tourismus an die Phoenicia Tourism Company einen Vertrag für die Entwicklung und Leitung eines Vier-Sterne-Hotels auf der Insel Aruad (Syrien) vergeben habe, dessen Laufzeit 60 Jahre betrage; das Hotel werde über 150 Betten verfügen und die Entwicklungskosten würden auf 700 Mio. SYP (etwa 919 009 Euro) geschätzt; darüber hinaus erwähnt der Beitrag, dass der Kläger, der als ein bekannter Investor aus Tartus beschrieben wird, in mehreren Sektoren tätig sei, darunter der maritime Sektor und der Handelssektor;

–        Website „The Syria Report“, zuletzt abgerufen am 1. November 2018, wonach der Kläger Generaldirektor der Sabra Group sei, zu der die Schiffsagentur Riamar Shipping zähle, die über acht im Hafen von Tartus befindliche Schiffe verfüge; ferner wird erwähnt, dass die Sabra Group Olivenöl exportiere und 250 Mitarbeiter habe;

–        Nachrichtenagentur Reuters, die in einem Artikel vom 15. November 2013 mit der Überschrift „Exclusive – [Bashar Al‑]Assad allies profit from Syria’s lucrative food trade“ (Exklusiv: Verbündete von Bashar al-Assad profitieren von Syriens lukrativem Handel mit Lebensmitteln) darüber informiert, dass unter Verwendung von Scheinfirmen und Seetransportunternehmen unbemerkt ein kommerzielles und logistisches Netzwerk entstehe, das nicht nur dazu diene, Lebensmittel zu beschaffen, sondern auch das Ziel verfolge, erhebliche Gewinne für die Mitglieder des inneren Kreises von Bashar al-Assad zu erwirtschaften; dem Artikel zufolge zählt Yass Marine, eingetragen in Tripoli (Libanon) und Syrien, zu diesen Unternehmen; laut den Verschiffungsdaten des Unternehmens Windward, das Daten zum Seeversand analysiere, habe die Massengutfrachterflotte von Yass Marine in den letzten Monaten aus ukrainischen, russischen und libanesischen Häfen Lieferungen nach Syrien gebracht; der Kläger, einer der bedeutendsten Schifffahrtsmagnate in Syrien, sei am Seehandel mit diesen Ländern beteiligt; dem Artikel zufolge belegen Websites der Opposition sowie ein Branchenverzeichnis, dass der Kläger Aktionär der Cham Holding sei, einer „sanktionierten“ Gesellschaft, die mit Rami Makhlouf verbunden sei;

–        Tageszeitung Le Monde, die in einem Artikel vom 30. Mai 2014 mit der Überschrift „Ces oligarques syriens qui tiennent à bout de bras le régime [de Bashar Al‑]Assad“ (Diese syrischen Oligarchen halten das Regime von [Bashar al‑]Assad über Wasser) berichtet, dass Rami Makhlouf zusammen mit drei weiteren Personen, darunter der Kläger, in den Import von Lebensmitteln investiert habe, u. a. Weizen, Reis, Zucker und Tee, die im Gegensatz zu Erdöl nicht unter das europäische Embargo fielen;

–        Website „World Crunch“, die in einem Artikel vom 3. Juni 2014 mit der Überschrift „The Shady Syrian Oligarchs Who Keep The Regime Afloat“ (Dubiose syrische Oligarchen halten Regime über Wasser) in Bezug auf den Kläger die Informationen des im vorstehenden Absatz angeführten Artikels der Tageszeitung Le Monde aufgreift;

–        Website „Eqtsad“, die in einem am 27. Januar 2019 veröffentlichten Beitrag mit der Überschrift „Abdelkader Sabra, partner of Rami Makhlouf, who is still raising the Turkish flag in the office“ (Abdelkader Sabra, Partner von Rami Makhlouf, der immer noch die türkische Flagge in seinem Büro hisst) den Kläger als Nutznießer der Politik von Bashar al-Assad beschreibt, der ab 2002 einer „bedeutenden Gesellschaftsschicht“ erlaubt habe, in Syrien zu investieren; der Kläger habe 2002 die Schiffsagentur Abdul Kader Sabra (im Folgenden: AKSSA) gegründet, die zuletzt über eine Flotte von mehr als 350 Schiffen verfügt habe; im Beitrag wird außerdem erwähnt, dass der Kläger seit der Gründung der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien im Jahr 2006 deren Präsident sowie Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute und Vizepräsident der syrisch-russischen Handelskammer sei; darüber hinaus wird er als einer der wichtigsten Vertrauten von Rami Makhlouf bezeichnet; dem Beitrag zufolge konnte der Kläger aufgrund seiner Aktivitäten im maritimen Sektor Geschäftsbeziehungen zu mehreren Ländern unterhalten, darunter insbesondere Italien, Griechenland, Türkei und Zypern; der Kläger sei in diesem Zusammenhang zum Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute ernannt worden und habe eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Handelsbeziehungen und politischen Beziehungen zur Türkei gespielt; der Kläger habe bestmöglich in das „System Assad“ investiert und sei in verschiedenen Sektoren zu einer wichtigen Person geworden; zudem habe er ab 2005 damit begonnen, seine Aktivitäten auszudehnen und in den Immobiliensektor und den Lebensmittelhandel mit Rami Makhlouf zu investieren; ferner habe er eine Fabrik gegründet, die Olivenöl produziere, das er in großen Mengen exportiert habe, sowie eine weitere Fabrik zur Herstellung von Glas‑, Plastik- und Metallbehältern; nach der Revolution von 2011 und dem Erlass von „Sanktionen“ in Bezug auf die Cham Holding und den an diesem Unternehmen beteiligten Geschäftsleuten habe sich der Kläger schnell aus dem Unternehmen zurückgezogen und seine Unschuld beteuert; ab 2012 sei er schrittweise in den Libanon umgesiedelt und habe von dort seine Geschäfte geführt, weshalb das Regime sein bewegliches und unbewegliches Eigentum beschlagnahmt und ihn beschuldigt habe, Schmuggelware nach Syrien einzuführen; eine nicht unerhebliche Zahl von Beobachtern habe darin den Versuch gesehen, ihn insbesondere vor „Sanktionen“ zu schützen, unter der Voraussetzung, dass er dem syrischen Regime von einem anderen Ort bestimmte Dienste erweise; es habe bis Anfang 2018, als der Kläger und andere syrische Geschäftsleute die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten hätten, keine Neuigkeiten über den Kläger gegeben; der Beitrag berichtet in diesem Zusammenhang, dass die libanesischen Medien eine Kampagne gegen den Kläger geführt hätten und den libanesischen Staat beschuldigt hätten, mit Geschäftsleuten zu kollaborieren, um die ihnen auferlegten restriktiven Maßnahmen zu umgehen, und dass der Kläger die libanesische Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Zusammenarbeit mit der Hisbollah erhalten habe, was Geldwäsche und Handelslieferungen an die Partei einschließe, für die er seine Schiffsflotte eingesetzt habe;

–        Website „The Syria Report“, die in einem am 5. Juni 2018 veröffentlichten Beitrag mit der Überschrift „Dozens of Syrian Investors to be Granted Lebanese Citizenship“ (Dutzende syrischer Investoren erhalten libanesische Staatsangehörigkeit) berichtet, dass es sich beim Kläger um einen einflussreichen, im maritimen Sektor tätigen Investor aus Tartus handle, viele syrische Investoren Schwierigkeiten hätten, ein Bankkonto im Libanon zu eröffnen und zu nutzen, und ein libanesisches Ausweisdokument hilfreich sei, um diese Schwierigkeiten zu umgehen, und für diesen Zweck beantragt werden könne;

–        Website „al Arabiya News“, die in einem am 8. Juni 2018 veröffentlichten Beitrag mit der Überschrift „Lebanese nationality to Syria involved in smuggling… Know it!“ (Exklusiv: Wie die libanesische Staatsangehörigkeit für Syrer den Schmuggel fördert) auf die Kontroverse um die Verleihung der libanesischen Staatsangehörigkeit an eine nicht unerhebliche Zahl von Personen aus mehreren Ländern Bezug nimmt, darunter Syrien; dem Beitrag zufolge zählt der Kläger zu den Personen, die eingebürgert wurden; er verfüge über „zweifelhafte“ finanzielle Kontakte zum Regime von Bashar al-Assad und insbesondere zu Rami Makhlouf; der Beitrag bezieht sich insoweit auf die Informationen zur Partnerschaft zwischen Rami Makhlouf und dem Kläger, die in dem oben genannten Artikel der Tageszeitung Le Monde vom 30. Mai 2014 veröffentlicht wurden; beim Kläger handle es sich um einen „Ein-Mann-Betrieb“, er sei Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien gewesen, habe ferner 2012 das Amt des Direktors des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute innegehabt und sei seit Gründung der syrisch-russischen Handelskammer ihr Vizepräsident gewesen; darüber hinaus sei der Kläger Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien und Aktionär der Cham Holding, doch habe die Aufnahme dieses Unternehmens in die Listen der restriktiven Maßnahmen der Union und der Vereinigten Staaten von Amerika dazu geführt, dass er sich aus den Medien zurückgezogen habe und sich als nicht mehr am Unternehmen beteiligt darstelle; die Reederei AKSSA, die sich auf das Management und Eigentum von Schiffen spezialisiert habe, besitze zwei Zweigstellen in Italien und Griechenland und sei darüber hinaus u. a. Inhaberin der OVO (Olive Virgin Oil Company), die Olivenöl exportiere; ferner erwähnt der Beitrag eine der größten Fabriken der Region, in der Glas‑, Metall- und Plastikbehälter hergestellt würden; der Kläger sei Präsident der Abdelkader Sabra Group mit Sitz in der Küstenprovinz Tartus; das unbewegliche und bewegliche Vermögen der AKSSA sei 2012 gemäß dem Beschluss Nr. 932 des syrischen Ministeriums für Finanzen wegen Verstoßes gegen Einfuhrbestimmungen durch Schmuggel in der Rechtssache Nr. 208 von 2012 beschlagnahmt worden; der Kläger habe sich für eine außergerichtliche Beilegung der Rechtssache entschieden, so dass die Beschlagnahme nach Zahlung einer Geldbuße aufgehoben worden sei;

–        Website „Asharq Al-Awsat“, die in einem Beitrag vom 8. Juni 2018 mit der Überschrift „Exclusive – 4 ‚Suspicious‘ Names behind Freezing of Lebanon‘s Naturalization Decree“ (Exklusiv: 4 ‚verdächtige‘ Namen stehen hinter Aussetzung des libanesischen Einbürgerungsdekrets) nähere Einzelheiten zu den von den libanesischen Behörden veröffentlichten Namen von 400 Personen publiziert, denen aufgrund eines kontroversen Regierungsdekrets die libanesische Staatsangehörigkeit verliehen worden sei, und den Kläger als Präsidenten der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien bezeichnet;

–        Website „Enab Baladi“, die in einem Beitrag vom 10. Juni 2018 mit der Überschrift „The establishment of companies and naturalization … Lebanon ride [Bashar Al‑]Assad to circumvent sanctions“ (Unternehmensgründung und Einbürgerung … Libanon hilft [Bashar al‑]Assad bei der Umgehung von Sanktionen) berichtet, dass sich unter den Namen der vom libanesischen Einbürgerungsdekret erfassten Personen der Name des Klägers befinde, der zu den 100 wichtigsten Geschäftsleuten Syriens zähle; der Kläger sei Inhaber der Sabra Maritime Agency, Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute und „erster“ Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien; der Beitrag erwähnt auch die Cham Holding, deren Inhaber Rami Makhlouf sei, von der sich der Kläger zurückgezogen habe, nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika „Sanktionen“ gegen dieses Unternehmen verhängt hätten; außerdem wird berichtet, dass die syrischen Geschäftsleute einem Analysten zufolge den Wunsch hätten, sich von den gegen sie verhängten „Sanktionen“ zu befreien; durch den Erwerb der libanesischen Staatsangehörigkeit hätten sie die Möglichkeit, bei libanesischen Banken Konten zu eröffnen und Einzahlungen vorzunehmen;

–        Website „Al Janoubia“, die in einem Beitrag vom 8. Juni 2018 mit der Überschrift „Abdelkader Sabra became Lebanese“ (Abdelkader Sabra ist jetzt Libanese) feststellt, dass der Name des Klägers vor Kurzem aufgrund des im Libanon erlassenen Einbürgerungsdekrets zu Berühmtheit gelangt sei und dass der Kläger ein enger Vertrauter des Präsidenten Bashar al-Assad und ein wichtiger Aktionär der Cham Holding sei, die Rami Makhlouf gehöre;

–        Website des Middle East Institute for Research and Strategic Studies (MEIRSS), die in einem Beitrag vom 20. Juni 2018 mit der Überschrift „Lebanese Nationalization Decree: Sanction Evasion & Shady Business?“ (Libanesisches Einbürgerungsdekret: Umgehung der Sanktionen und dubiose Geschäfte?) das Präsidentialdekret erwähnt, durch das 407 Ausländern aus unterschiedlichen Staaten die libanesische Staatsangehörigkeit verliehen worden sei; der Beitrag bezieht sich auch auf die durch das Dekret ausgelöste politische und mediale Kontroverse und berichtet, dass mehrere syrische Geschäftsleute, die Präsident Bashar al-Assad naheständen, die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten hätten, eine Reihe eingebürgerter Personen finanziell und politisch mit dem syrischen Regime in Verbindung ständen, von der Union und den Vereinigten Staaten von Amerika laufend überwacht würden sowie von restriktiven Maßnahmen betroffen seien und der Kläger, der die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten habe, Mitglied des Verwaltungsrats der Cham Holding sei, gegen die die Union und die Vereinigten Staaten von Amerika restriktive Maßnahmen verhängt hätten; der Kläger sei an der Gründung einer Gesellschaft im Libanon beteiligt, der Yass Marine Group, die in Syrien in einen Lebensmittelsicherheitsskandal verwickelt gewesen sei.

47      Der Rat hat außerdem das öffentlich zugängliche Informationen enthaltende Dokument mit dem Aktenzeichen WK 7118/2020 INIT vom 23. Juli 2020 übermittelt, um die Aufnahme des Klägers in die in Rede stehenden Listen zu stützen.

48      Es ist darauf hinzuweisen, dass die ursprünglichen Rechtsakte und die Rechtsakte betreffend die Beibehaltung am 17. Februar bzw. 28. Mai 2020 erlassen wurden.

49      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen, wie sie bei Erlass des Akts bestand (vgl. Urteile vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 4. September 2015, NIOC u. a./Rat, T‑577/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:596, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann sich der Rat vor dem Gericht für den Nachweis, dass die Aufnahme des Namens des Klägers und seine Beibehaltung in den in Rede stehenden Listen begründet war, nicht auf Umstände berufen, auf die er sich bei Erlass der angefochtenen Maßnahmen nicht gestützt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2021, Al Tarazi/Rat, T‑260/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:187, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Da das Dokument mit dem Aktenzeichen WK 7118/2020 INIT nach dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen verfasst wurde, kann es im Rahmen der Prüfung der vorliegenden Klage nicht berücksichtigt werden. Somit können Argumente der Parteien, die sich auf dieses Dokument stützen, nicht durchgreifen.

51      Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemacht, dass 18 der Beweise, auf die sich der Rat gestützt habe, um die Begründetheit der Aufnahme seines Namens nachzuweisen, veraltet seien, da sie vor 2015 datiert seien oder gar kein Datum enthielten.

52      Dieses neue Argument, das offensichtlich so zu verstehen ist, dass die Verlässlichkeit oder Relevanz bestimmter vom Rat vorgelegter Beweise in Frage gestellt wird, ist als unzulässig zurückzuweisen. Der Kläger hat nämlich die Beweise nicht näher bezeichnet, deren Verlässlichkeit oder Relevanz er insoweit in Frage stellen wollte, so dass sich der Rat in diesem Punkt nicht verteidigen konnte und das Gericht nicht entscheiden kann (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 6. Februar 2019, TN/ENISA, T‑461/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:63, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedenfalls ist es nicht Sache des Gerichts, in den Anlagen die Beweise zu suchen und zu bestimmen, die es als die vom Kläger beanstandeten betrachten könnte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 5. Oktober 2020, Broughton/Eurojust, T‑87/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:464, Rn. 58).

4.      Zum Status eines führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns

53      Es ist zu prüfen, ob alle vom Rat vorgelegten Beweise der Beweislast genügen, die ihm nach der oben in Rn. 38 angeführten Rechtsprechung obliegt, und damit ein Bündel von Indizien darstellen, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind, um den ersten Grund für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen zu stützen.

54      Aus den oben in den Rn. 14 und 44 dargelegten Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers geht hervor, dass sein Status eines führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmanns auf seinen wirtschaftlichen Interessen erstens im maritimen Sektor, zweitens im Tourismussektor und drittens in anderen Sektoren beruht. In diesem Zusammenhang sind auch die verschiedenen Posten zu prüfen, die der Kläger einnimmt.

a)      Zu den wirtschaftlichen Interessen des Klägers im maritimen Sektor

55      Erstens ist den Websites „Aliqtisadi“ und „Enab Baladi“ zu entnehmen, dass der Kläger Inhaber der Sabra Maritime Agency ist. Zweitens ist der Kläger den Angaben auf den Websites „Eqtsad“ und „al Arabiya News“ zufolge Inhaber der AKSSA, einem im Seetransportsektor tätigen Unternehmen, das sich auf das Management und Eigentum von Schiffen spezialisiert hat. Laut dem Artikel, der bei „al Arabiya News“ veröffentlicht wurde, besitzt dieses Unternehmen zwei Zweigstellen in Italien und Griechenland. Drittens bezeichnet der auf der Website „The Syria Report“ veröffentlichte Artikel den Kläger als Generaldirektor der Sabra Group, zu der die Riamar Shipping zählt, die über acht im Hafen von Tartus befindliche Schiffe verfügt. Viertens ist der Kläger den Angaben auf den Websites der Nachrichtenagentur Reuters und des Instituts MEIRSS zufolge Inhaber von Yass Marine, die sowohl im Libanon als auch in Syrien registriert ist.

56      Somit lassen die im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweise darauf schließen, dass der Kläger im maritimen Sektor vielfältige wirtschaftliche Interessen verfolgt. Allerdings enthalten diese Beweise keinen Hinweis auf die Unternehmen Navi Wood und Abdulkader Sabra & Ahmad Mushir Sharif Shipping Agency, auf die sich der Kläger in seinen Schriftsätzen bezieht. Angesichts der Beweislast, die – wie oben in Rn. 38 dargelegt – dem Rat obliegt, und der oben in Rn. 49 angeführten Rechtsprechung kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Rat für den Nachweis, dass die angefochtenen Maßnahmen begründet waren, auf Angaben stützt, die der Kläger im Rahmen der Klageschrift gemacht hat. Folglich können Navi Wood und Abdulkader Sabra & Ahmad Mushir Sharif Shipping Agency nicht berücksichtigt werden, um nachzuweisen, dass der Kläger im maritimen Sektor wirtschaftliche Interessen verfolgt.

57      Der Kläger macht in Bezug auf seine vielfältigen wirtschaftlichen Interessen im maritimen Sektor geltend, sie seien mittlerweile unbedeutend, da alle seine Unternehmen mit Ausnahme der AKSSA, die allerdings schwere Verluste mache, aufgelöst worden seien.

58      Was als Erstes die AKSSA betrifft, hat der Kläger zum einen die von A geprüften finanziellen Ergebnisse dieses Unternehmens für die Jahre 2004, 2010, 2017, 2018 und 2019 eingereicht und zum anderen eine Grafik vorgelegt, der die jährliche Anzahl von Schiffsnominierungen für dieses Unternehmen in den genannten Jahren zu entnehmen ist.

59      Schließlich hat der Kläger in der Anlage der Erwiderung eine Tabelle übermittelt, in der die Anzahl der Schiffsnominierungen für jede der syrischen Schiffsagenturen im Jahr 2017 aufgeführt ist. Dem Kläger zufolge stammen diese Daten von der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien. Es handle sich dabei um sensible Geschäftsinformationen, die informell auf Antrag übermittelt worden seien.

60      Der Rat stellt im Wesentlichen die Verlässlichkeit der vom Kläger vorgelegten Beweise in Frage. Aus den finanziellen Ergebnissen gehe nicht eindeutig hervor, ob sie von einem unabhängigen Dritten geprüft worden seien oder lediglich vom Kläger oder einem Vertreter der AKSSA verfasst worden seien. Gleiches gelte für die Grafik zur jährlichen Anzahl der Schiffsnominierungen dieses Unternehmens.

61      In der Gegenerwiderung macht der Rat zu den finanziellen Ergebnissen ergänzend geltend, dass das vom Kläger in der Anlage zur Erwiderung beigefügte Dokument, das eine Abschrift des Verzeichnisses des syrischen Fachverbands für Finanz- und Rechnungslegungswesen enthalte, in dem A als unabhängiger Prüfer aufgeführt sei, nicht als Nachweis dafür dienen könne, dass die finanziellen Ergebnisse von einem unabhängigen Prüfer überprüft worden seien oder der in den finanziellen Ergebnissen enthaltene Stempel tatsächlich von A stamme.

62      In Bezug auf die Tabelle der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien weist der Rat darauf hin, dass das Dokument keine amtliche Kennzeichnung enthalte, die Rückschlüsse auf die Quelle der Tabelle zulasse. Lediglich die Erklärungen des Klägers stellten eine Verbindung zwischen diesem Dokument und der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien her.

63      Dazu ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung für den Gerichtshof und das Gericht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt und für die Würdigung der vorgelegten Beweise allein ihre Glaubhaftigkeit maßgeblich ist. Darüber hinaus ist zur Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Information zu untersuchen, wobei insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Ausarbeitung und sein Adressat zu berücksichtigen sind und die Frage zu beantworten ist, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubhaft erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, EU:T:2012:478, Rn. 161 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Was im vorliegenden Fall erstens die vom Kläger vorgelegten finanziellen Ergebnisse betrifft, hat der Kläger eine Abschrift des Verzeichnisses des syrischen Fachverbands für Finanz- und Rechnungslegungswesen vorgelegt, in dem A aufgeführt ist. Somit handelt es sich in der Tat um einen unabhängigen Prüfer.

65      Zwar wird der Name von A in den vom Kläger vorgelegten finanziellen Ergebnissen nicht aufgeführt. Das Gericht kann jedoch keine offensichtlichen Unregelmäßigkeiten oder konkreten Anhaltspunkte erkennen, die Anlass geben, daran zu zweifeln, dass die finanziellen Ergebnisse vom unabhängigen Prüfer A überprüft wurden. Darüber hinaus macht der Rat nicht geltend, dass die Dokumente Widersprüche aufwiesen, die geeignet seien, sie nicht für vernünftig und glaubhaft im Sinne der oben in Rn. 63 angeführten Rechtsprechung zu erachten.

66      Was zweitens die vorgelegte Grafik betrifft, hat der Kläger in der Erwiderung eingeräumt, dass er sie selbst erstellt habe. Die Grafik basiert insoweit auf Daten, die sich auf die Anzahl der für die AKSSA nominierten Schiffe in den finanziellen Ergebnissen beziehen, und daher hat der Umstand, dass der Kläger die Grafik selbst erstellt hat, keine Bedeutung für die Frage, ob sie vernünftig und glaubhaft ist.

67      Drittens ist zu der vom Kläger vorgelegten Tabelle mit dem Rat festzustellen, dass nicht bekannt ist, woher die Daten in der Tabelle stammen, da die Tabelle keine Elemente enthält, die einen Zusammenhang zwischen diesen Daten und der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien herstellen. Ferner weicht die Anzahl der Schiffe, die laut dieser Tabelle für die AKSSA nominiert wurden, von der Zahl ab, die den finanziellen Ergebnissen der AKSSA zu entnehmen ist. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tabelle hinreichend vernünftig und glaubhaft im Sinne der oben in Rn. 63 angeführten Rechtsprechung ist. Folglich kann sie nicht berücksichtigt werden.

68      Dagegen können die finanziellen Ergebnisse und die Grafik vom Gericht berücksichtigt werden.

69      Insoweit lassen die vom Kläger übermittelten finanziellen Ergebnisse der AKSSA erkennen, dass sich die Anzahl der nominierten Schiffe und der Nettogewinn der AKSSA deutlich verringert hatten. Die Zahl der für die AKSSA nominierten Schiffe sank von 145 im Jahr 2004 auf 3 im Jahr 2019. Auch der Nettogewinn sank: von 652 831,44 US-Dollar (USD) (etwa 591 654,38 Euro) im Jahr 2004 auf 5 989,00 USD (etwa 5 427,77 Euro) im Jahr 2019. Der Nettogewinn ist jedoch weiterhin positiv. Anders ausgedrückt macht das Unternehmen in buchungstechnischer Hinsicht keine Verluste. Zudem lag die Zahl der für die AKSSA nominierten Schiffe 2018 über der Vorjahreszahl, obwohl der Nettogewinn zwischen 2017 und 2018 sank. Wie überdies vom Rat in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben, gingen die Ausgaben für Gehälter zwischen 2004 und 2019 kaum zurück, was zumindest auf eine gewisse Stabilität beim eingesetzten Personal hindeutet. Auch stiegen die Ausgaben für Wasser und Strom, was zumindest eine Fortsetzung der Tätigkeit der AKSSA belegt. Schließlich sind die Ergebnisse der AKSSA im allgemeinen Kontext der Situation im maritimen Sektor Syriens zu betrachten. Wie nämlich dem vom Kläger vorgelegten Artikel „Syria’s shipping trade struggles as war risks bite“ (Syriens Seehandel kämpft mit Kriegsrisiken) zu entnehmen ist, der am 9. Oktober 2013 von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlicht wurde, war die Zahl der in syrischen Häfen anlegenden Schiffe aufgrund des Konflikts in Syrien stark gesunken. Unter diesen Umständen beweisen die verringerte Anzahl der für die AKSSA nominierten Schiffe und der Rückgang ihres Nettogewinns nicht zwangsläufig einen Bedeutungsverlust der AKSSA im Tätigkeitssektor von Schiffsagenturen.

70      Nach alledem hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass das wirtschaftliche Interesse, das mit seinem Eigentum an der AKSSA verbunden ist, unbedeutend war.

71      Was als Zweites die Sabra Maritime Agency und insbesondere das Vorbringen des Klägers betrifft, das Unternehmen sei verstaatlicht worden, ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Screenshot der Website des syrischen Verkehrsministeriums, der eine Beschreibung des maritimen Sektors enthält, dass die Schiffsagentur der syrischen Regierung seit dem 1. Januar 1981 der einzige Agent für alle Reedereien, Schiffseigentümer und Spediteure ist, die syrische Häfen anlaufen. Aus der Beschreibung lässt sich ableiten, dass der Tätigkeitssektor der Schiffsagenturen ab diesem Zeitpunkt in Syrien verstaatlicht war. Ihr ist jedoch auch zu entnehmen, dass das Gesetzesdekret Nr. 55 von 2002 die Entwicklung von Aktivitäten im Tätigkeitssektor von Schiffsagenturen durch natürliche und juristische Personen für die Nominierung von Handelsschiffen, die syrische Häfen anlaufen, sowohl im Bereich des Personentransports als auch im Bereich des Warenverkehrs erlaubt hat. Daraus lässt sich schließen, dass der Tätigkeitssektor der Schiffsagenturen gemäß diesem Gesetzesdekret ab 2002 privatisiert wurde.

72      Was das Vorbringen des Klägers betrifft, die Lizenz der Sabra Maritime Agency sei infolge der Verstaatlichung annulliert worden und anschließend sei das Unternehmen stillgelegt und schließlich aus dem Handelsregister gelöscht worden, ist festzustellen, dass der Kläger ein Schreiben des Direktorats für Binnenhandel und Verbraucherschutz in Tartus vom 28. September 2020 vorgelegt hat, dem zufolge bestimmte Firmennamen im Handelsregister von Tartus nicht geführt werden. Es handelt sich insbesondere um die folgenden Firmennamen: Sabra Group, Sabra Maritime Agency und Yass Marine.

73      Bei der Sabra Maritime Agency handelt es sich um einen der Firmennamen, der in dem oben in Rn. 72 angeführten Schreiben erwähnt wird. Somit hat der Kläger zwar nicht nachweisen können, dass diese Agentur verstaatlicht worden war, doch hat er den Beweis dafür erbracht, dass kein Unternehmen mit diesem Namen im Handelsregister von Tartus eingetragen war.

74      Da der Rat keine Beweise vorgelegt hat, die belegen, dass die Sabra Maritime Agency unter einem anderen Namen im Handelsregister von Tartus eingetragen war, kann das oben in Rn. 73 festgestellte Ergebnis nicht durch das Vorbringen des Rates in Frage gestellt werden, wonach die in Rede stehenden Firmennamen, „wie sie wortwörtlich genannt sind“ im Schreiben des Direktorats für Binnenhandel und Verbraucherschutz in Tartus vom 28. September 2020, nicht im Handelsregister von Tartus eingetragen seien. Ebenso ist das Vorbringen des Rates, die Namen der Unternehmen könnten insbesondere aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten abweichende Schreibweisen haben, mangels konkreter Beweise zurückzuweisen.

75      Was als Drittes die Riamar Shipping betrifft, die dem Kläger zufolge aufgelöst wurde, ist der vom Kläger vorgelegten Entschließung Nr. 77 des Direktorats für Binnenhandel und Verbraucherschutz in Tartus vom 20. November 2018 zu entnehmen, dass der Eintrag „Abdulkader Sabra & Co (RIAMAR SHIPPING)“ mit dem Gesellschaftszweck Seetransport u. a. aufgrund der Auflösung des Unternehmens durch einvernehmlichen Beschluss seiner Gesellschafter vom 27. Juni 2018 aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Außerdem geht aus der Entschließung hervor, dass Riamar Shipping der Handelsname der Abdulkader Sabra & Co ist. Daraus ist zu folgern, dass die Abdulkader Sabra & Co, deren Firmenname dem Handelsnamen Riamar Shipping entspricht, in der Tat aufgelöst wurde.

76      Was als Viertes das Vorbringen des Klägers betrifft, die Sabra Group existiere nicht, ist festzustellen, dass Sabra Group einer der Firmennamen ist, der in dem oben in Rn. 72 angeführten Schreiben genannt wird. Dem Schreiben zufolge ist kein Unternehmen mit diesem Firmennamen im Handelsregister von Tartus eingetragen.

77      Der Rat hat die Vermutung geäußert, dass es sich bei der Sabra Group in Wirklichkeit um die Abdulkader Sabra & Co handle. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht substantiiert. Ohnehin existiert die Abdulkader Sabra & Co nicht mehr, wie oben in Rn. 75 dargelegt.

78      Als Fünftes ist zu Yass Marine, von der der Kläger nie gehört haben will, jedenfalls festzustellen, dass es sich um einen der Firmennamen handelt, die in dem oben in Rn. 72 angeführten Schreiben genannt sind. Dem Schreiben zufolge ist kein Unternehmen mit diesem Firmennamen im Handelsregister von Tartus eingetragen. Wie oben in Rn. 74 dargelegt, kann diese Feststellung nicht durch das unsubstantiierte Vorbringen des Rates, die Namen der Unternehmen könnten insbesondere aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten abweichende Schreibweisen haben, in Frage gestellt werden.

79      Ferner bescheinigt der amtliche Auszug aus dem libanesischen Handelsregister vom 29. April 2020, der in der Anlage zur Erwiderung übermittelt wurde, dass in diesem Handelsregister kein Unternehmen mit dem Namen Yass Marine eingetragen ist. Der Rat stellt den Handelsregisterauszug in Frage, da in der Bescheinigung darauf hingewiesen werde, dass das Handelsregister eventuell unvollständig sei.

80      Der oben in Rn. 79 genannte Handelsregisterauszug enthält insoweit den Hinweis, dass zu beachten sei, dass „die automatisierte [Verarbeitung von Daten] unvollständig ist und Fehler auftreten können“. Dies ist als allgemeiner und standardisierter Hinweis zu verstehen, so dass mangels sonstiger Anhaltspunkte der amtliche Auszug in Bezug auf die in diesem Handelsregister enthaltenen Einträge betreffend Yass Marine als vollständig anzusehen ist.

81      Nach alledem hat der Kläger nachgewiesen, dass die Abdelkader Sabra & Co, eine Gesellschaft mit dem Handelsnamen Riamar Shipping, aufgelöst wurde und die Sabra Maritime Agency, die Sabra Group sowie Yass Marine nicht im Handelsregister von Tartus eingetragen sind. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich jedoch auch, dass die AKSSA zu dem Zeitpunkt, als die angefochtenen Maßnahmen erlassen wurden, ihre Geschäfte fortführte und im Jahr 2019 einen positiven Nettogewinn verbuchte, so dass sie nicht als unrentables Unternehmen angesehen werden kann.

82      Somit hat der Kläger zwar nachgewiesen, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr über vielfältige wirtschaftliche Interessen im maritimen Sektor verfügte, doch ist er weiterhin Inhaber der AKSSA, einer nach wie vor aktiven Schiffsagentur, die für ihn kein unbedeutendes wirtschaftliches Interesse darstellen kann.

b)      Zu den wirtschaftlichen Interessen des Klägers im Tourismussektor

83      Den Informationen, die auf der Website „Aliqtisadi“ veröffentlicht wurden, ist zu entnehmen, dass der Kläger Gründungsgesellschafter der Phoenicia Tourism Company ist. Der Website „The Syria Report“ zufolge wurde die Phoenicia Tourism Company, an der der Kläger 85 % der Aktien halte, am 5. Juli 2012 in Tartus im Sektor Entwicklung des Hotelleriegewerbes gegründet. Ferner ist der Website zu entnehmen, dass das syrische Tourismusministerium an die Phoenicia Tourism Company einen Vertrag für die Entwicklung und Leitung eines Vier-Sterne-Hotels mit 150 Betten auf der Insel Aruad vergeben habe und die Kosten auf 700 Mio. SYP geschätzt würden.

84      Der Kläger bestreitet weder seine Beteiligung an der Phoenicia Tourism Company noch den Abschluss eines Vertrags mit dem syrischen Tourismusministerium. Vielmehr bestätigen die vom Kläger vorgelegten Beweise die Bedeutung des Tourismusprojekts auf der Insel Aruad. Insoweit bestimmen Art. 4 der Technischen Spezifikationen und Art. 4 des Investitionsvertrags, die der Kläger vorgelegt hat, dass das Projekt u. a. ein Vier-Sterne-Hotel mit 150 bis 200 Betten, Restaurants und Cafeterien mit einer Kapazität für 700 bis 900 Gedecke, ein Einkaufszentrum, eine Sporthalle sowie einen Jachthafen mit Liegeplätzen für mindestens 20 Boote, Jachten und Kreuzfahrtschiffe beinhaltet. Ferner besagt die vom Kläger vorgelegte undatierte Bekanntmachung Nr. 3 des syrischen Tourismusministeriums, die die Ausschreibung für die Investition an mehreren Standorten im Rahmen des siebten Investitionsforums im Tourismussektor enthält, dass sich der Gesamtbetrag der Investitionskosten für dieses Projekt auf 700 Mio. SYP beläuft.

85      Somit verfolgt der Kläger im Tourismussektor wirtschaftliche Interessen.

86      Der Kläger macht jedoch geltend, dass die Phoenicia Tourism Company seit 2012 nicht mehr aktiv sei. Zur Stützung seines Vorbringens hat der Kläger die Steuererklärungen dieses Unternehmens für die Jahre 2014 bis 2019 vorgelegt. In diesen Steuererklärungen ist angegeben, dass das Unternehmen in den genannten Jahren nicht aktiv war.

87      Der Rat zweifelt die Steuererklärungen an. Zum einen seien die Steuererklärungen für die Jahre 2014 bis 2018 alle am selben Tag von der Finanzdirektion Tartus gestempelt und unterzeichnet worden. Zum anderen sei die Steuererklärung für das Jahr 2019 nur von einem Buchhalter gestempelt und unterzeichnet worden, was die Frage aufwerfe, ob die Geschäftstätigkeiten darin tatsächlich so präsentiert würden, wie sie den Finanzbehörden in jenem Jahr vorgelegt worden seien.

88      Der Kläger trägt vor, die Steuererklärungen für die Jahre 2014 bis 2018 seien am selben Tag gestempelt und unterzeichnet worden, da die Gesellschaft wegen ihrer ruhenden Geschäfte in diesen Jahren nicht verpflichtet gewesen sei, eine Steuererklärung abzugeben. Als die Phoenicia Tourism Company 2018 eine Verlängerung ihres Handelsregistereintrags beantragt habe, sei sie von der syrischen Direktion für Binnenhandel aufgefordert worden, für die fünf vorausgegangenen Jahre eine Steuererklärung abzugeben. Der Kläger hat für die Steuererklärung 2019 eine Steuerbescheinigung vorgelegt, die von einem in Syrien zugelassenen Wirtschaftsprüfer unterzeichnet und abgestempelt sowie von der Phoenicia Tourism Company gegengezeichnet wurde. Das Siegel am Ende des Dokuments bestätige, dass es der Finanzdirektion Tartus am 17. März 2020 vorgelegt worden sei. Die Steuererklärung, für deren Richtigkeit der Kläger sich verbürgt, und die Steuerbescheinigung des Unternehmens für 2019 belegten, dass das Unternehmen keine Geschäftstätigkeit verfolgt habe.

89      Es ist festzustellen, dass die Steuererklärungen der Phoenicia Tourism Company für die Jahre 2014 bis 2018 alle von der Finanzdirektion Tartus am 9. Juli 2019 unterzeichnet wurden. Zwar macht der Rat geltend, dass dieser Umstand Fragen aufwerfen kann, doch zieht er daraus keine Schlussfolgerung in Bezug auf die Vernünftigkeit und Glaubhaftigkeit der Steuererklärungen im Sinne der oben in Rn. 63 angeführten Rechtsprechung. Zudem können die Erklärungen, die der Kläger hierzu vorgetragen hat und die oben in Rn. 88 genannt sind, für plausibel erachtet werden.

90      Die Steuererklärungen lassen jedoch darauf schließen, dass die Phoenicia Tourism Company vor dem Jahr 2019 inaktiv war. Dies wird durch das vom Kläger vorgelegte Schreiben des syrischen Tourismusministeriums vom 25. Februar 2020 (im Folgenden: Schreiben vom 25. Februar 2020) bestätigt, das den Investitionsvertrag betrifft. In diesem Schreiben nimmt das Tourismusministerium nämlich auf frühere Schreiben Bezug, die auf den 22. Juli 2019, 1. Oktober 2019 und 14. Januar 2020 datiert sind und in denen der Kläger aufgefordert wurde, einen detaillierten Zeitplan für die Durchführung des Projekts vorzulegen. Da die Durchführung des Projekts 2019 noch nicht begonnen hatte, kann in Ermangelung vom Rat vorgelegter gegenteiliger Beweise vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass das mit der Durchführung beauftragte Unternehmen vor 2019 inaktiv war.

91      Der Kläger hat jedoch keinen Nachweis dafür erbracht, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen oder allgemein nach 2019 inaktiv war.

92      Selbst wenn man nämlich annimmt, dass die Steuerbescheinigung von 2019 die Inaktivität der Phoenicia Tourism Company während des Jahres 2019 bescheinigt, steht dieser Umstand im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen, die das Schreiben vom 25. Februar 2020 nahelegt. Dem Schreiben zufolge wurde am 14. Juli 2019 ein Zusatz zum Investitionsvertrag unterzeichnet. Infolge der Unterzeichnung des Vertragszusatzes forderte das syrische Tourismusministerium den Kläger insgesamt viermal auf, einen detaillierten Zeitplan für die Durchführung des Projekts zu übermitteln, und zwar mit Schreiben vom 22. Juli und 1. Oktober 2019 sowie vom 14. Januar und 25. Februar 2020. In dem zuletzt genannten Schreiben teilte das syrische Tourismusministerium dem Kläger mit, er möge den Zeitplan und weitere Informationen innerhalb einer Frist von zehn Tagen ab Erhalt des Schreibens übermitteln, und behielt sich die Möglichkeit vor, „im Einklang mit den Bestimmungen des unterzeichneten und ordnungsgemäß beglaubigten Vertragszusatzes“ rechtliche Schritte einzuleiten, falls der Kläger nicht antworte.

93      In Anbetracht der Tatsache, dass die syrische Verwaltung damit begann, von dem Unternehmen die Durchführung des Investitionsvertrags zu verlangen, ist die Unterzeichnung des Zusatzes zu diesem Vertrag am 14. Juli 2019 ein Indiz dafür, dass die Phoenicia Tourism Company zu diesem Zeitpunkt aktiv war.

94      Insoweit ist das Vorbringen des Klägers zurückzuweisen, wonach der Hinweis auf den Zusatz vom 14. Juli 2019 in dem Schreiben vom 25. Februar 2020 so zu verstehen sei, dass auf ein internes Dokument des syrischen Tourismusministeriums Bezug genommen werde und eine andere Auslegung auf eine eventuell missverständliche Übersetzung aus dem Arabischen ins Englische zurückzuführen sei. Zum einen hat der Kläger dieses Vorbringen nämlich nicht näher belegt. Insbesondere hat er keine Einzelheiten zu dem internen Dokument vorgetragen, wie z. B. zu Inhalt und Zweck des Dokuments, und er hat weder dargelegt, worin der Übersetzungsfehler bestehen soll, noch nähere Angaben dazu gemacht. Zum anderen ist dem Schreiben vom 25. Februar 2020 eindeutig zu entnehmen, dass der Zusatz vom 14. Juli 2019 mit dem Vertrag verbunden ist.

95      Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstands, dass der Kläger keine Beweise zur Lage der Phoenicia Tourism Company im Jahr 2020 vorgelegt hat, kann er die Feststellung des Rates, das Unternehmen sei zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen aktiv gewesen, nicht in Frage stellen.

96      Nach alledem konnte der Kläger nicht mit Erfolg die oben in Rn. 85 genannte Feststellung in Frage stellen, wonach sich aus den im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweisen ergibt, dass er im Tourismussektor wirtschaftliche Interessen verfolgt.

c)      Zu den sonstigen geschäftlichen Interessen des Klägers

97      Dem Artikel auf der Website „al Arabiya News“ ist zu entnehmen, dass die AKSSA Eigentümerin von OVO ist, die Olivenöl exportiert. Den Informationen auf der Website „Al Janoubia“ zufolge ist der Kläger Aktionär der Cham Holding, und auf der Website des MEIRSS wird berichtet, dass er Mitglied des Verwaltungsrats dieses Unternehmens sei. Auf den Websites „Eqtsad“ und „al Arabiya News“ wird darüber informiert, dass dem Kläger eine Fabrik zur Herstellung von Glas‑, Plastik- und Metallbehältern gehöre.

98      Was als Erstes OVO betrifft, erklärt der Kläger, dass das Unternehmen zwischen 2003 und 2006 operativ tätig gewesen sei und in diesem Zeitraum für einen großen Handelskonzern Olivenöl nach Italien und Spanien exportiert habe. Er macht jedoch geltend, dass OVO, als diese Exporte eingestellt worden seien, inaktiv geworden und anschließend aufgelöst worden sei. OVO sei am 30. Mai 2002 gegründet und am 27. Juni 2018 abgewickelt worden. Zur Stützung dieses Vorbringens legt der Kläger den Beschluss Nr. 78 des Direktorats für Binnenhandel und Verbraucherschutz in Tartus vor. Zwar ist dieser Beschluss nicht datiert, doch ist ihm eindeutig zu entnehmen, dass der Handelsregistereintrag „Olive Virgin Oil Company (OVO Co)“ nach der Auflösung dieses Unternehmens am 27. Juni 2018 gelöscht wurde. Somit ist mangels vom Rat vorgelegter gegenteiliger Beweise davon auszugehen, dass OVO zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen aufgelöst war.

99      Als Zweites macht der Kläger zur Cham Holding geltend, er habe 2007 über einen unbedeutenden Nennbetrag von Aktien verfügt, die 0,00287 % des Buchwerts dieses Unternehmens ausgemacht hätten. Im Jahr 2011 habe er diese Anteile veräußert. Zur Stützung seines Vorbringens legt der Kläger ein Schreiben vom 25. August 2011 vor, das an den Verwaltungsratsvorsitzenden der Cham Holding gerichtet ist und in dem er seinen Rücktritt als Mitglied dieses Unternehmens erklärt.

100    Der Rat macht insoweit geltend, dass eine Rücktrittserklärung nicht die übliche Vorgehensweise sei, um Aktien zu veräußern.

101    In der Erwiderung erklärt der Kläger, 2011 habe die einzige Möglichkeit, sich von seinen Anteilen an diesem Unternehmen zu trennen, in einer Rücktrittserklärung bestanden, da die Aktien des Unternehmens nach 2012 ihren Wert verloren hätten. Außerdem fügt er der Anlage zur Erwiderung ein Aktienzertifikat und ein Verzeichnis der Verwaltungsratsmitglieder des Unternehmens bei, in dem sein Name nicht aufgeführt sei.

102    Zwar ist es zutreffend, dass der Name des Klägers nicht im Verzeichnis der Verwaltungsratsmitglieder der Cham Holding aufgeführt ist. Der Kläger hat jedoch nicht nachgewiesen, dass der Rücktritt ipso facto zu einer Übertragung seiner Anteile an der Cham Holding führte. Das Vorbringen des Klägers, der Rücktritt habe die einzige Möglichkeit dargestellt, sich von seinen Anteilen zu trennen, da sie nach 2012 ihren Wert verloren hätten, vermag nicht zu überzeugen, da er geltend macht, seine Anteile vor 2012 veräußert zu haben.

103    Außerdem gehört zwar laut den von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichten Informationen der Status des Klägers als Aktionär der Cham Holding der Vergangenheit an, doch beschränken sich die auf den Websites „Eqtsad“ und „Al Janoubia“ veröffentlichten Informationen darauf, dass sich der Kläger nach dem Erlass der gegen die Cham Holding verhängten „Sanktionen“ von dieser zurückgezogen habe, und enthalten keinen Hinweis darauf, dass er seine Anteile an ihr veräußert habe. Angesichts der Erläuterungen des Klägers kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Rücktritt, von dem diese Artikel berichten, auf seinen Rücktritt vom Verwaltungsrat der Cham Holding bezieht. Laut den Informationen, die auf der Website „al Arabiya News“ veröffentlicht wurden, hat der Kläger lediglich behauptet, keine Unternehmensanteile mehr zu haben. Mit anderen Worten bestätigt die zuletzt genannte Quelle nicht, dass der Kläger kein Aktionär der Cham Holding mehr ist, sondern stellt nur fest, dass er dies behauptet.

104    Da der Kläger keine Beweise dafür vorgelegt hat, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr Aktionär der Cham Holding war, ist davon auszugehen, dass er es noch war.

105    Was als Drittes die Fabrik zur Herstellung von Glas‑, Plastik- und Metallbehältern betrifft, sind die Informationen auf den Websites „Eqtsad“ und „al Arabiya News“ ausgesprochen vage, da sie weder Angaben zum Namen der Fabrik noch zum Zeitpunkt ihrer Entstehung enthalten. Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung hat der Rat keine zusätzlichen Nachweise zu dieser Fabrik geliefert. Somit ist davon auszugehen, dass nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen worden ist, dass dem Kläger eine solche Fabrik gehört.

106    Nach alledem hat der Kläger nachgewiesen, dass OVO zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen aufgelöst war. Er hat jedoch nicht nachgewiesen, dass er nicht mehr Aktionär der Cham Holding war. Das Bestehen einer Fabrik zur Herstellung von Glas‑, Plastik- und Metallbehältern, deren Eigentümer der Kläger sein soll, ist vom Rat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden.

107    Unter diesen Umständen ist der Schluss zu ziehen, dass der Kläger neben seinen wirtschaftlichen Interessen im maritimen Sektor und im Tourismussektor ein geschäftliches Interesse verfolgt, das auf seiner Aktienbeteiligung an der Cham Holding beruht.

d)      Zu den Posten des Klägers in mehreren Gremien und Institutionen

108    Den Informationen, die auf den Websites „Aliqtisadi“, „Eqtsad“, „Enab Baladi“ und „al Arabiya News“ veröffentlicht wurden, ist zu entnehmen, dass der Kläger Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien und Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute sei. Die Funktion des Klägers als Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien geht auch aus den Angaben hervor, die auf der Website „Syriandays“ veröffentlicht wurden. Den Informationen auf den Websites „Eqtsad“ und „al Arabiya News“ zufolge ist der Kläger auch Vizepräsident der syrisch-russischen Handelskammer. Schließlich berichtet der Artikel auf der Website „al Arabiya News“, dass der Kläger Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien gewesen sei.

109    Der Kläger macht als Erstes zur Position als Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien geltend, dass er im Februar 2019 von diesem Posten zurückgetreten sei. Zur Stützung dieses Vorbringens legt er die Entschließung Nr. 198 des syrischen Verkehrsministeriums vom 13. Februar 2019 vor (im Folgenden: Entschließung Nr. 198). In dieser Entschließung wird festgestellt, dass während der Sitzung der Generalversammlung am 4. Februar 2019 Wahlen stattgefunden hätten. Darüber hinaus enthält die Entschließung ein Verzeichnis der Mitglieder des Direktoriums der Kammer, in dem der Name des Klägers nicht aufgeführt ist. Der Kläger legt außerdem das Protokoll der Jahresversammlung der Kammer vor, die am 5. April 2019 stattfand (im Folgenden: Protokoll), in dem die Namen der neu gewählten Mitglieder des Direktoriums, darunter der Name des Präsidenten, aufgeführt sind. Der Name des Klägers ist nicht im Protokoll enthalten.

110    Zunächst ist festzustellen, dass die vom Kläger vorgelegten Beweise zwar entgegen seinem Vorbringen nicht belegen, dass er vom Posten als Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien zurückgetreten ist, doch bestätigen sie, dass er auf diesen Posten nicht wiedergewählt wurde.

111    Zwar macht der Rat zu Recht geltend, dass die Informationen in der Entschließung Nr. 198 nicht mit den Angaben im Protokoll übereinstimmen.

112    Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger jedoch erklärt, ohne dass ihm der Rat stichhaltig widersprochen hätte, dass die Entschließung Nr. 198 und das Protokoll verschiedenen Phasen des Verfahrens zur Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien entsprächen. Das Protokoll beziehe sich auf die letzte Phase des Verfahrens, weshalb die im Protokoll aufgeführte Anzahl von Personen höher sei als die Zahl, die in der Entschließung Nr. 198 enthalten sei.

113    Schließlich ist festzustellen, dass eine der im Dokument WK 1755/2020 INIT genannten Informationsquellen, nämlich die Website „Enab Baladi“, den Kläger als „ersten“ Präsidenten der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien bezeichnet, was darauf hindeutet, dass er dies bei Erlass der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr war.

114    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr den Posten als Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien bekleidete.

115    Als Zweites macht der Kläger zum Syrisch-Türkischen Rat der Geschäftsleute geltend, er sei nicht dessen Direktor und im Übrigen sei dieses Gremium 2013 aufgelöst worden. Zur Stützung seines Vorbringens legt der Kläger den Beschluss Nr. 247 des syrischen Ministeriums für Wirtschaft und Außenhandel vom 23. Mai 2013 vor, der die Auflösung der „Räte syrischer Geschäftsleute“ vorsah. Der Beschluss sah außerdem vor, dass diese Räte künftig reformiert werden sollten.

116    Zwar macht der Rat zu Recht geltend, dass der Beschluss Nr. 247 des syrischen Ministeriums für Wirtschaft und Außenhandel nicht speziell den Syrisch-Türkischen Rat der Geschäftsleute nennt. Jedoch bezieht sich der Beschluss, bei dem es sich um einen Rechtsakt mit allgemeiner Geltung handelt, in seinem Art. 1 auf die Räte syrischer Geschäftsleute, so dass davon auszugehen ist, dass der Syrisch-Türkische Rat der Geschäftsleute in seinen Geltungsbereich fällt.

117    Darüber hinaus wird im Artikel der Website „al Arabiya News“ berichtet, dass der Kläger 2012 Direktor dieses Rates gewesen sei, was darauf hindeutet, dass er es anschließend nicht mehr war.

118    Angesichts dieser zwei Umstände und der Tatsache, dass die übrigen Beweise, die der Rat vorgelegt hat, um zu belegen, dass der Kläger die Stellung als Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute bekleidete, keine Informationen enthalten, die mit hinreichender Sicherheit den Schluss zulassen, dass der Syrisch-Türkische Rat der Geschäftsleute gemäß Art. 2 des Beschlusses Nr. 247 neu konstituiert wurde und der Kläger erneut zum Direktor bestellt wurde, ist zu bezweifeln, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen tatsächlich Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute war, so dass festzustellen ist, dass der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass der Kläger diesen Posten innehatte.

119    Als Drittes erklärt der Kläger zur syrisch-russischen Handelskammer, dass er diesem Gremium nicht mehr angehöre und nicht mehr Vizepräsident der Handelskammer sei. Die Handelskammer sei 2013 aufgelöst worden. Nach 2013 sei ein neues Gremium eingerichtet worden, dem nur Mitglieder aus Staaten angehörten, die Freunde des syrischen Regimes seien.

120    Zur Stützung seines Vorbringens hinsichtlich der Auflösung der syrisch-russischen Handelskammer beruft sich der Kläger auf den oben in Rn. 115 genannten Beschluss Nr. 247 des syrischen Ministeriums für Wirtschaft und Außenhandel vom 23. Mai 2013.

121    In der Erwiderung erwähnt der Kläger jedoch die Einrichtung eines neuen Gremiums im Jahr 2013, was vermuten lässt, dass die syrisch-russische Handelskammer gemäß Art. 2 des Beschlusses Nr. 247 kurz nach ihrer Auflösung neu konstituiert wurde.

122    Um seine Behauptung, er gehöre diesem Gremium nicht mehr an, zu untermauern, legt der Kläger einen Screenshot der Website der syrisch-russischen Handelskammer vor, dem die Zusammensetzung der Kammer zu entnehmen ist. Dieses Dokument ist jedoch nicht datiert. Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, war der Kläger nicht in der Lage, ein Datum zu benennen, so dass nicht bestätigt werden konnte, dass das Dokument die Zusammensetzung der Handelskammer zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen wiedergibt. Der Kläger hat insoweit nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass er der syrisch-russischen Handelskammer zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr angehörte.

123    Somit hat der Kläger die Feststellung, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen Vizepräsident der syrisch-russischen Handelskammer war, nicht wirksam in Frage gestellt.

124    Als Viertes bestreitet der Kläger seinen Status als Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien und erklärt, er sei vom 1. März 2009 bis 2020 Honorarkonsul der Türkei in Tartus gewesen. Dieser Posten sei rein ehrenamtlich gewesen und habe nicht der Verfolgung wirtschaftlicher und geschäftlicher Zwecke gedient. Der Kläger beschreibt in diesem Zusammenhang die Funktion eines Honorarkonsuls, dessen Aufgaben u. a. darin beständen, den Bürgern des Landes, das ihn bestellt habe, konsularische Dienste zu erbringen, sie zu unterstützen und die Handelsbeziehungen zu diesem Land zu fördern.

125    Der einzige Beweis, den der Rat vorgelegt hat, um zu belegen, dass der Kläger Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien sei, ist der am 8. Juni 2018 auf der Website „al Arabiya News“ veröffentlichte Artikel. Anhand des Artikels lässt sich jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen noch Ehrenbotschafter war. Im Artikel heißt es nämlich lediglich, dass der Kläger Ehrenbotschafter „war“ (was). Demgegenüber wird im Artikel berichtet, dass der Kläger der syrisch-russischen Handelskammer seit ihrer Gründung angehört habe.

126    Somit hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen noch Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien war.

127    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen Vizepräsident der syrisch-russischen Handelskammer war. Der Kläger hat allerdings bewiesen, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nicht mehr Präsident der Kammer für Seeschifffahrt in Syrien war. Das Vorbringen des Rates zu seiner Stellung als Direktor des Syrisch-Türkischen Rates der Geschäftsleute und als Ehrenbotschafter der Türkei in Syrien ist nicht hinreichend substantiiert.

e)      Ergebnis in Bezug auf den Status des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann

128    Nach alledem ist festzustellen, dass der Rat ein Bündel hinreichend konkreter, genauer und übereinstimmender Indizien beigebracht hat, die die Feststellung erlauben, dass der Kläger aufgrund seiner wirtschaftlichen Interessen, insbesondere im maritimen Sektor und im Tourismussektor, sowie seiner leitenden Position in der syrisch-russischen Handelskammer ein führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann ist.

f)      Zur Verbindung mit dem syrischen Regime

129    Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, der Rat könne die Namen der führenden, in Syrien tätigen Geschäftsleute nur dann aufnehmen, wenn sie tatsächlich mit dem syrischen Regime verbunden seien, Einfluss auf dieses ausüben können oder die Gefahr besteht, dass sie restriktive Maßnahmen umgehen. Selbst wenn er als wohlhabende oder einflussreiche, in Syrien tätige Person angesehen würde, stehe er nicht mit dem syrischen Regime in Verbindung und sei nicht Teil des im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 genannten inneren Kreises von führenden, in Syrien operierenden Geschäftsleuten.

130    Im vorliegenden Fall fand die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen im Regelungszusammenhang des Beschlusses 2013/255 in seiner durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung statt. Insoweit hat der Beschluss 2015/1836 als objektives, eigenständiges und ausreichendes Aufnahmekriterium namentlich dasjenige der „führenden Geschäftsleute, die in Syrien tätig sind“, eingeführt, so dass der Rat nicht mehr verpflichtet ist, das Bestehen einer Verbindung zwischen dieser Personengruppe und dem syrischen Regime – im Sinne des Beschlusses 2013/255 vor seiner Änderung – nachzuweisen, und auch nicht mehr zwischen dieser Personengruppe und der Unterstützung dieses Regimes oder dem Nutzen, den sie aus dem Regime zieht, da es für die Anwendung der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen auf eine Person ausreicht, zu den führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind, zu gehören. Insoweit ergibt sich keineswegs aus dem Beschluss 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung, dass der Rat verpflichtet wäre, den Nachweis zu erbringen, dass sowohl die Voraussetzung betreffend die Stellung als führende Geschäftsfrau oder führender Geschäftsmann als auch die Voraussetzung der hinreichenden Verbindungen zum Regime kumulativ erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juli 2020, Haswani/Rat, C‑241/19 P, EU:C:2020:545, Rn. 71 bis 74, vom 4. April 2019, Sharif/Rat, T‑5/17, EU:T:2019:216, Rn. 55 und 56 [nicht veröffentlicht], und Beschluss vom 11. September 2019, Haswani/Rat, T‑231/15 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:589, Rn. 56).

131    In diesem Sinne hat das Gericht festgestellt, dass aus dem Kriterium „führende Geschäftsleute, die in Syrien tätig sind“ eine widerlegbare Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime abgeleitet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2019, Sharif/Rat, T‑5/17, EU:T:2019:216, Rn. 106, und Beschluss vom 11. September 2019, Haswani/Rat, T‑231/15 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:589, Rn. 60). Diese Vermutung greift, sobald der Rat nachweisen kann, dass die Person nicht nur eine Geschäftsfrau oder ein Geschäftsmann ist, die bzw. der in Syrien tätig ist, sondern auch als führend eingestuft werden kann. Wie aus dem Wortlaut des sechsten Erwägungsgrundes des Beschlusses 2015/1836 hervorgeht, ist es nämlich der Einfluss, den diese Personengruppe auf das syrische Regime ausüben kann, den der Rat ausnutzen will, um sie durch restriktive Maßnahmen, die er ihnen gegenüber erlässt, dazu zu veranlassen, auf das syrische Regime Druck auszuüben, damit es seine repressive Politik ändert. Sobald es dem Rat gelungen ist, den Einfluss nachzuweisen, den eine Geschäftsfrau oder ein Geschäftsmann auf das syrische Regime ausüben kann, wird daher die Verbindung zwischen dieser Person und dem syrischen Regime vermutet.

132    Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass im Bereich restriktiver Maßnahmen die Einhaltung der Regeln über die Beweislast und die Beweiserhebung durch das Gericht impliziert, dass es den Grundsatz beachtet, der durch die oben in Rn. 38 angeführte ständige Rechtsprechung aufgestellt und vom Gerichtshof im Urteil vom 11. September 2019, HX/Rat (C‑540/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:707, Rn. 48 bis 50), wiederholt worden ist und im Wesentlichen besagt, dass im Bestreitensfall dem Organ die Beweislast dafür obliegt, dass die Begründung der Aufnahme stichhaltig ist.

133    Daher kann der klagenden Partei kein übermäßiges Beweismaß auferlegt werden, um die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime zu widerlegen. In diesem Sinne ist davon auszugehen, dass die klagende Partei die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime erfolgreich widerlegt hat, wenn sie Argumente oder Umstände geltend macht, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit der vom Rat vorgelegten Beweise oder deren Beurteilung, insbesondere im Hinblick auf die in Art. 27 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 3 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung aufgestellten Voraussetzungen, ernstlich in Frage zu stellen, oder wenn sie vor dem Unionsrichter ein Bündel von Indizien dafür vorlegt, dass im Einklang mit Art. 27 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 3 dieses Beschlusses die Verbindung mit dem syrischen Regime nicht oder nicht mehr gegeben ist, dass kein Einfluss auf dieses Regime ausgeübt wird oder dass keine reale Gefahr der Umgehung von restriktiven Maßnahmen besteht (Urteil vom 8. Juli 2020, Zubedi/Rat, T‑186/19, EU:T:2020:317, Rn. 71).

134    Vorab ist zu prüfen, ob sich der Rat für den Nachweis einer Verbindung zwischen dem Kläger und dem syrischen Regime aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Klägers nur auf die Vermutung einer Verbindung im Sinne der oben in den Rn. 130 und 131 angeführten Rechtsprechung beruft. Insoweit ist zu prüfen, ob die vom Rat vorgelegten und im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweise die ausdrückliche Feststellung von Verbindungen zwischen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des Klägers und dem syrischen Regime zulassen oder sich der Rat nur auf diese Vermutung einer Verbindung gestützt hat.

135    Was erstens die AKSSA betrifft, lässt keiner der im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweise die Feststellung einer besonderen Verbindung zwischen dieser Schiffsagentur, die im Übrigen nicht die einzige Agentur in Syrien ist, und dem syrischen Regime zu.

136    Zweitens ist der Website „The Syria Report“ zu entnehmen, dass die Phoenicia Tourism Company einen Vertrag mit dem syrischen Tourismusministerium unterzeichnet hat, was vom Kläger bestätigt worden ist.

137    Drittens ergibt sich aus dem Dokument WK 1755/2020 INIT, insbesondere aus den Artikeln der Nachrichtenagentur Reuters und der Website „Al Janoubia“, dass die Cham Holding, die Rami Makhlouf gehört, einem Unterstützer des syrischen Regimes und Cousin von Bashar al-Assad, Verbindungen zum syrischen Regime unterhält.

138    Was viertens den Posten des Klägers bei der syrisch-russischen Handelskammer betrifft, lässt sich anhand der vom Rat vorgelegten Beweise nicht feststellen, welchen Status diese Handelskammer im Hinblick auf das syrische Regime hat. Außerdem enthalten die Beweise keine näheren Angaben zu den Verbindungen zwischen der syrisch-russischen Handelskammer und dem syrischen Regime. Folglich ist es anhand des Dokuments WK 1755/2020 INIT nicht möglich, die Verbindung zu bestimmen, die zwischen dem vom Kläger eingenommenen Posten und dem syrischen Regime besteht.

139    Somit betreffen die einzigen Argumente, die der Rat, abgesehen von der Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime, zum Nachweis einer Verbindung zwischen dem Kläger und dem syrischen Regime vorträgt, zum einen die Phoenicia Tourism Company und zum anderen die Cham Holding.

140    Was die Phoenicia Tourism Company betrifft, hat das Unternehmen zwar einen Vertrag mit dem syrischen Tourismusministerium unterzeichnet, doch sind, wie unten in Rn. 179 festgestellt, die Umstände des Vertragsabschlusses sowie die konkrete Durchführung des Tourismusprojekts für die Insel Aruad unklar, so dass der Rat, dem die Beweislast obliegt, sich nicht allein auf diesen Vertrag berufen kann, um eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem syrischen Regime im Sinne des sechsten Erwägungsgrundes des Beschlusses 2015/1836 (siehe oben, Rn. 9) nachzuweisen.

141    In Bezug auf die Cham Holding hat der Kläger nachgewiesen, dass er aus dem Verwaltungsrat dieses Unternehmens ausgeschieden ist und nur noch Aktionär des Unternehmens ist. Der Rat hat jedoch keine Beweise erbracht, die erklären könnten, wie der Kläger trotz der von ihm behaupteten Distanzierung besondere Verbindungen zur Cham Holding oder zu Rami Makhlouf oder allgemein zum syrischen Regime aufrechterhalten haben soll.

142    Somit kann sich der Rat nur auf die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime berufen, um die Verbindung zwischen dem Kläger und dem Regime nachzuweisen. Folglich ist zu prüfen, ob die vom Kläger vorgetragenen Umstände die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime widerlegen können.

143    Insoweit sind die Argumente des Klägers zu untersuchen, die beweisen sollen, dass er nicht mit dem syrischen Regime verbunden sei, keinen Einfluss auf dieses Regime ausübe und von ihm keine Gefahr der Umgehung restriktiver Maßnahmen ausgehe.

144    Der Kläger macht als Erstes geltend, er habe aufgrund des Verhaltens des syrischen Regimes, dem er kritisch gegenüberstehe, Syrien im Jahr 2012 verlassen, um sich im Libanon anzusiedeln. Nach 2012 sei er nur zweimal in Syrien gewesen.

145    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger seit 2012 im Libanon lebt. Dieser Umstand impliziert jedoch nicht zwangsläufig, dass der Kläger aufgehört hat, wirtschaftliche Interessen in Syrien zu verfolgen oder Posten in Gremien und Institutionen einzunehmen, die mit dem wirtschaftlichen Leben dieses Landes verbunden sind. Wie oben in Rn. 128 festgestellt, hat der Rat jedoch ein Bündel an Indizien vorgelegt, die im Wesentlichen belegen, dass der Kläger weiterhin wirtschaftliche Interessen in Syrien verfolgt. Selbst wenn man annimmt, dass der Kläger anlässlich des Todes seiner Mutter nach Syrien gereist ist, lässt sich daraus nicht folgern, dass er dies nicht auch zu anderen Gelegenheiten getan hat. Im Übrigen ist es nicht maßgeblich, wie oft der Kläger nach seinem Umzug in den Libanon nach Syrien gereist ist, da er weiterhin Interessen in Syrien verfolgt.

146    Als Zweites macht der Kläger geltend, dass seine kritische Einstellung gegenüber dem syrischen Regime negative Folgen für ihn hatte. Konkret hätten die syrischen Geheimdienste nach seiner Ausreise aus Syrien einen Haftbefehl gegen ihn verhängt. Zur Stützung seines Vorbringens legt der Kläger ein Rundschreiben eines syrischen Geheimdienstes vom 21. Oktober 2014 vor, in dem unter Bezugnahme auf ein Rundschreiben vom 18. Oktober 2014 zur Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen bestimmte Personen festgestellt wird, dass der Kläger aus dem zuletzt genannten Rundschreiben aufgrund des „Wegfalls von Gründen“ auszunehmen sei.

147    Unter den gegebenen Umständen kann die Tatsache, dass der Kläger 2014 Gegenstand von Ermittlungen war, kein Indiz dafür sein, dass er keine Verbindungen zum syrischen Regime hat. Er wurde nämlich nur drei Tage, nachdem die Ermittlungen gegen ihn eingeleitet worden waren, von den Ermittlungen ausgenommen, und den Akten ist nicht zu entnehmen, dass die syrischen Behörden in dieser kurzen Zeit in Bezug auf ihn tätig geworden wären. Darüber hinaus macht der Rat zu Recht geltend, dass die Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers im Rahmen der Ermittlung sowie die Begründung für die Auffassung, dass diese Gründe weggefallen seien, dem vom Kläger vorgelegten Dokument nicht zu entnehmen sind. Der Kläger trägt insoweit vor, die syrischen Geheimdienste würden keine Gründe für ihre „Haftbefehle“ angeben und diese Dokumente unterlägen dem Kriegsrecht. Zwar scheinen diese Ausführungen bei vernünftiger Betrachtung glaubhaft zu sein, doch hat der Kläger sie nicht näher substantiiert und nicht die Gründe erläutert, die seiner Meinung nach die Einleitung der Ermittlung erklären, abgesehen von dem vermuteten Willen des syrischen Regimes, ihm zu schaden. Im Übrigen ist festzustellen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen, d. h. sechs Jahre nach Erlass des Haftbefehls, nicht Gegenstand einer Ermittlung des syrischen Geheimdienstes war.

148    Als Drittes trägt der Kläger vor, er unterstütze humanitäre und zivile Organisationen, die in Opposition zum syrischen Regime ständen und syrischen Flüchtlingen Hilfe und Beistand böten. Außerdem habe er Vertreter europäischer Staaten getroffen, um die vom syrischen Regime ausgehende Unterdrückung zu erörtern.

149    Zur Stützung seines Vorbringens legt der Kläger erstens eine Erklärung eines ehemaligen Botschafters der Französischen Republik in Syrien und des Souveränen Malteserordens im Libanon vom 20. April 2020 vor. In dieser Erklärung gibt der ehemalige Botschafter an, er habe den Kläger während seines Aufenthalts in Syrien kennengelernt und freundschaftliche Beziehungen zu ihm unterhalten. Er sei dem Kläger nach 2011 im Libanon wiederbegegnet und dieser habe ein reges Interesse an den humanitären Aktivitäten des Souveränen Malteserordens im Libanon zugunsten syrischer Flüchtlinge gezeigt und sie finanziell unterstützt. Der Kläger habe bei ihren Treffen auf „die dramatische Situation“ in Syrien hingewiesen. In den Äußerungen des Klägers habe er stets starke Vorbehalte gegenüber dem herrschenden Regime wahrgenommen und der Kläger habe häufig heftige Kritik gegenüber dem Regime geäußert und ihm ohne Weiteres die Verantwortung für die verschlechterte Situation des Landes gegeben.

150    Zweitens hat der Kläger ein Schreiben vom 27. April 2020 vorgelegt, das von einer Person stammt, die für eine humanitäre Organisation arbeitet. [vertraulich](1) Abgesehen von der im Schreiben enthaltenen Schilderung liefert der Kläger in der Erwiderung weitere Informationen zu diesen Aktivitäten. [vertraulich]

151    Drittens legt der Kläger ein Schreiben vom 27. April 2020 vor, das von einer anderen Person stammt, die sich für eine andere humanitäre Organisation engagiert. [vertraulich]

152    Viertens legt der Kläger ein Schreiben vom 27. April 2020 vor, das von einer dritten Person stammt. [vertraulich]

153    Fünftens trägt der Kläger vor, seine Familie sei am Phoenicia Maritime Training Centre beteiligt. Es handle sich um ein in Syrien befindliches maritimes Trainingszentrum, das seine Söhne gegründet hätten, um gegen Entrichtung einer symbolischen Gebühr Schulungen für die jungen Bewohner der Insel Aruad anzubieten. Die Aktivitäten des Zentrums seien nicht gewinnorientiert. Den jungen Bewohnern der Insel Aruad, die befürchteten, zum Militärdienst eingezogen oder verhaftet zu werden, biete das Zentrum eine Alternative. Ganz allgemein weist der Kläger darauf hin, dass die Bewohner der Insel Aruad als Regimegegner angesehen würden, da sie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehörten.

154    Zunächst ist festzustellen, dass das Vorbringen des Klägers, seine Beteiligung am Phoenicia Maritime Training Centre sei als Beleg für seine oppositionelle Haltung gegenüber dem syrischen Regime zu sehen, weder durch den Inhalt des Zertifikats vom 23. Dezember 2019, das die Akkreditierung des Trainingszentrums bescheinigt, noch durch den Inhalt des Gebührenverzeichnisses des Trainingszentrums vom 1. Juli 2020 untermauert wird. Der Kläger hat jedoch keinen anderen Beweis zur Stützung seines Vorbringens vorgelegt.

155    Was sodann die vom Kläger vorgelegten Erklärungen betrifft, hat der Unionsrichter, da der Begriff des Nachweises unionsrechtlich nicht geregelt ist, den Grundsatz der freien Beweiswürdigung oder der Beweismittelfreiheit aufgestellt, der als das Recht zu verstehen ist, sich zum Nachweis einer bestimmten Tatsache auf Beweismittel jedweder Art wie z. B. Zeugenaussagen, schriftliche Beweise und Geständnisse zu stützen. Dementsprechend hat der Unionsrichter einen Grundsatz der freien Beweiswürdigung aufgestellt, dem zufolge die Feststellung der Glaubhaftigkeit oder, mit anderen Worten, des Beweiswerts eines Beweismittels der inneren Überzeugung des Richters unterliegt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Iran Insurance/Rat, T‑558/15, EU:T:2018:945, Rn. 153 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156    Für die Beurteilung des Beweiswerts eines Schriftstücks sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen, u. a. von wem das Schriftstück stammt, unter welchen Umständen es zustande gekommen ist, an wen es gerichtet ist, was es beinhaltet und ob die darin enthaltenen Angaben anhand dieser Aspekte vernünftig und verlässlich erscheinen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Iran Insurance/Rat, T‑558/15, EU:T:2018:945, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

157    Was insbesondere Zeugenaussagen betrifft, müssen ihre Zuverlässigkeit und Glaubhaftigkeit jedenfalls dadurch belegt werden, dass sie insgesamt kohärent sind; außerdem haben sie umso mehr Gewicht, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten durch die anderen objektiven Elemente der Akte bestätigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2015, Dalli/Kommission, T‑562/12, EU:T:2015:270, Rn. 78).

158    Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die vom Kläger übermittelten Erklärungen von einem ehemaligen Botschafter der Französischen Republik und des Souveränen Malteserordens sowie von Personen stammen, die hochrangige Positionen in der Hierarchie humanitärer Organisationen einnehmen. Dies wird vom Rat nicht bestritten.

159    Zweitens enthalten die Akten keinen Hinweis darauf, dass die Urheber dieser Erklärungen ein persönliches Interesse am vorliegenden Rechtsstreit haben oder dass sie miteinander in Verbindung stehen, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie sich abgestimmt haben, um dem Kläger übereinstimmende Erklärungen zukommen zu lassen. Dies wird im Übrigen auch nicht vom Rat behauptet.

160    Drittens sind die Erklärungen an das Gericht gerichtet. Somit waren den Urhebern der Erklärungen, insbesondere dem ehemaligen Botschafter der Französischen Republik und des Souveränen Malteserordens, beim Verfassen dieser Dokumente nicht nur das oben in den Rn. 2, 5 und 9 beschriebene System der von der Union gegenüber Syrien verhängten restriktiven Maßnahmen und der damit verfolgte Zweck bekannt, sondern auch die Bedeutung, die die Erhebung der vorliegenden Klage für den Kläger hat.

161    Viertens stimmen die vier Erklärungen inhaltlich überein. Alle beschreiben den Kläger als unverhohlen kritisch gegenüber der Politik des syrischen Regimes und weisen darauf hin, dass er die Hilfsprogramme für syrische Flüchtlinge finanziell unterstützt habe.

162    Was fünftens objektive Elemente der Akte betrifft, die im Einklang mit der oben in Rn. 157 angeführten Rechtsprechung den Inhalt der vom Kläger übermittelten Erklärungen bestätigen, hat der Kläger E‑Mail-Verkehr vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass er mit dem Sekretariat des damaligen Botschafters der Französischen Republik – der nicht mit dem Botschafter identisch ist, der die Erklärung abgegeben hat – in Verbindung stand, um ein Treffen im Jahr 2016 zu organisieren, und dass er 2013 ein Abendessen veranstaltete, zu dem der damalige Botschafter des Königreichs Spanien, ein weiterer spanischer Diplomat und die damalige Botschafterin der Union im Libanon eingeladen waren, wobei Letztere ihre Anwesenheit bei dem Abendessen bestätigt hat.

163    Sechstens hat der Rat kein Argument vorgetragen, das die Zuverlässigkeit der vom Kläger vorgelegten Erklärungen in Frage stellt.

164    Somit ist festzustellen, dass die vom Kläger vorgelegten Erklärungen vernünftig und glaubhaft im Sinne der oben in Rn. 156 angeführten Rechtsprechung sind.

165    Was den Inhalt der Erklärungen betrifft, heben sie alle hervor, dass der Kläger scharfe Kritik an der Politik des syrischen Regimes geäußert habe und humanitäre Hilfsorganisationen zugunsten syrischer Flüchtlinge finanziell unterstützt habe. Zudem bescheinigen sie, dass der Kläger Beziehungen zu diplomatischen Vertretern der Mitgliedstaaten der Union und zur Union selbst unterhalten habe.

166    Zwar macht der Rat zu Recht geltend, dass der Kläger abgesehen von den Informationen, die den genannten Erklärungen und seinen Schriftsätzen zu entnehmen sind, keine ergänzenden Angaben zu den Aktivitäten der von ihm laut eigener Aussage unterstützten humanitären Organisationen und zu ihrer oppositionellen Haltung gegenüber dem syrischen Regime gemacht hat. Der Rat behauptet jedoch nicht, dass die humanitären Organisationen nicht existieren. Da der Rat über die Namen der Organisationen verfügte, stand es ihm frei, Beweise dafür zu erbringen, dass sich ihre Aktivitäten nicht mit denen deckten, die von den Urhebern der Erklärungen oder vom Kläger in seinen Schriftsätzen beschrieben werden.

167    Ferner hält es der Rat für wahrscheinlich, dass der Kläger versucht habe, seine Verbindungen zum syrischen Regime zu vertuschen, um seine internationalen Tätigkeiten und seine Kontakte zu europäischen und weltweiten Partnern nicht zu gefährden. So habe der Kläger beim Umgang mit seinen internationalen Kontakten darauf geachtet, gemeinnützige Tätigkeiten zu entfalten und Vorbehalte gegenüber dem Regime zu äußern.

168    In der mündlichen Verhandlung hat der Rat erklärt, der Artikel auf der Website „Eqtsad“ sei ein Beweis dafür, dass das Verhalten des Klägers darauf gerichtet gewesen sei, seine Verbindungen zum syrischen Regime zu vertuschen.

169    Ein solches Indiz kann jedoch nicht ausreichen, um die Behauptung des Rates zu stützen. Zum einen betrifft der Artikel nämlich nicht die Verbindungen des Klägers zu den humanitären Organisationen oder Vertretern von Mitgliedstaaten der Union, sondern er betrifft die Ausreise des Klägers in den Libanon, und zum anderen wird er durch keinen weiteren Beweis untermauert.

170    Der Rat hat keinen Gesichtspunkt vorgetragen, um den Inhalt der vom Kläger vorgelegten Erklärungen in Zweifel zu ziehen. Auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung hat der Rat lediglich geltend gemacht, die Erklärungen müssten gegen die von ihm vorgelegten Beweise abgewogen werden, doch hat er keine konkreten Umstände vorgetragen, die die Erklärungen in Frage stellen.

171    Nach alledem beweisen die vom Kläger vorgelegten Erklärungen, dass er sich vom syrischen Regime distanziert hat und humanitäre Missionen zur Unterstützung syrischer Flüchtlinge finanziert.

172    Als Viertes macht der Kläger geltend, das syrische Regime sei besonders verärgert darüber, dass er mit der Phoenicia Tourism Company bei der Ausschreibung für die touristische Entwicklung der Insel Aruad erfolgreich gewesen sei und sich anschließend geweigert habe, dort zu investieren und die Arbeiten zur Errichtung eines Hotels durchzuführen. Der Kläger erklärt, er sei dadurch, dass er den Zuschlag erhalten habe, in der Lage gewesen, die Kontrolle über Grundstücke wiederzugewinnen, die seine Familie 1983 im Zuge einer Enteignung verloren habe. Er habe jedoch keine Investition in dieses Projekt getätigt, weshalb ihm das Regime mit rechtlichen Schritten gedroht habe.

173    Zur Stützung seines Vorbringens präsentiert der Kläger zum einen das Dekret Nr. 3 053 des syrischen Präsidenten, empfangen durch das syrische Ministerium für Tourismus am 1. Januar 1983, dessen Art. 1 die Enteignung von Grundstücken auf der Insel Aruad zur Durchführung eines touristischen Projekts vorsieht, und zum anderen drei Dokumente zu Grundstücken, die bestimmten Personen gehören, deren Nachname Sabra ist. In den zwei ersten Dokumenten, die auf den 21. Januar 1962 bzw. den 1. März 1977 datiert sind, ist der Name des Klägers nicht aufgeführt. Im dritten Dokument, das vom Grundstücksamt Tartus am 25. Mai 2006 erstellt wurde, ist der Name des Klägers enthalten. Schließlich legt der Kläger ein nicht datiertes Dokument vor, dem zufolge das Grundstück seines Großvaters Gegenstand einer Enteignung im Rahmen des Tourismusprojekts auf der Insel Aruad war.

174    Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger in der Erwiderung vorgetragen hat, nicht alle Grundstücke seiner Familie auf der Insel Aruad seien Gegenstand einer Enteignung gewesen, denn einige davon befänden sich nicht in dem Teil der Insel, in dem das Regime das Tourismusprojekt entwickeln wolle. Der Kläger hat insoweit nur den Beweis dafür erbracht, dass ein Grundstück, das einem seiner Familienangehörigen gehörte, Gegenstand einer Enteignung war.

175    Sodann bestreitet der Kläger nicht, dass er im August 2012 einen Geldbetrag gezahlt hat, der den Kosten im Zusammenhang mit der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren entsprach und sich auf etwa 1 % der geschätzten Gesamtkosten des Projekts belief, d. h. laut Angaben des Klägers auf 7 Mio. SYP, was etwa 88 501 Euro entspricht. Die Zahlung der Kosten war nicht erstattungsfähig. Darüber hinaus hat der Kläger den Beweis dafür vorgelegt, dass er im Mai 2013 eine Erfüllungsgarantie in Höhe von 14 316 600 SYP (etwa 113 732 Euro) gezahlt hat.

176    Die Zahlung dieser Geldbeträge ist eine Form der Investition in das Tourismusprojekt der Insel Aruad, auch wenn der Kläger erklärt, es habe sich nicht um die Investition gehandelt, die das syrische Regime von ihm erwartet habe.

177    Andererseits hat der Rat nicht nachgewiesen, dass der Kläger eine weitere Zahlung getätigt hat oder eine weitere Investition im Rahmen des Tourismusprojekts der Insel Aruad vorgenommen hat.

178    Wie oben in Rn. 90 dargelegt, hat der Kläger bewiesen, dass die Phoenicia Tourism Company bis 2019 inaktiv war. Zwar kann, wie oben in Rn. 95 festgestellt, nicht ausgeschlossen werden, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen aktiv war. Wie jedoch aus den Rn. 92 und 93 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist der Beweis der Aktivität des Unternehmens mit dem Schreiben vom 25. Februar 2020 verbunden, das dem Kläger für den Fall der anhaltenden Nichterfüllung des Vertrags die Einleitung rechtlicher Schritte androhte.

179    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Kläger zwar in der Tat am Tourismusprojekt der Insel Aruad beteiligt ist und seit dem Schreiben vom 25. Februar 2020 verpflichtet ist, das Projekt durchzuführen. Allerdings sind die Umstände, unter denen er in das Projekt eintrat, und dessen konkrete Durchführung unklar. Es lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, dass der Kläger lediglich die enteigneten Grundstücke wiedererlangen wollte, die seiner Familie gehört hatten, was ein relevanter Umstand hätte sein können, um die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime zu widerlegen, doch lässt sich auch nicht mit Sicherheit feststellen, dass er alles getan hat, um die Entwicklung des Tourismusprojekts der Insel Aruad zu gewährleisten, wie dies vom syrischen Regime gewünscht wurde. Die Behauptung des Rates, der Kläger habe die Arbeiten für dieses Projekt aus Gründen, die außerhalb seiner Macht standen, nicht in Gang gebracht, ist nämlich nicht substantiiert. Im Rahmen der Prüfung der Argumente, die der Kläger zur Widerlegung der Vermutung einer Verbindung vorträgt, ist somit festzustellen, dass er sich für die Widerlegung der Vermutung nicht auf die Gründe stützen kann, die ihn zum Abschluss des Vertrags über das Tourismusprojekt der Insel Aruad veranlasst haben.

180    Als Fünftes bestreitet der Kläger, enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf zu sein, einem Unterstützer des syrischen Regimes und Cousin von Bashar al-Assad, mit dem er seit zwölf Jahren keinen Kontakt mehr habe. Im Einzelnen macht der Kläger geltend, die Angaben im Dokument WK 1755/2020 INIT, denen zufolge er im Lebensmittelsektor mit Rami Makhlouf zusammenarbeite, seien inkorrekt. Abgesehen von den Aktivitäten der OVO sei er in diesem Sektor niemals tätig gewesen. Er habe keine Dienste in Bezug auf Schiffe erbracht, die Lebensmittel transportiert hätten. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihm und Rami Makhlouf bestehe darin, dass sie beide Anteile an der Cham Holding gehabt hätten.

181    Wie oben in Rn. 106 dargelegt, hat der Kläger bewiesen, dass OVO zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen aufgelöst war. Zu diesem Zeitpunkt besaß der Kläger jedoch noch Anteile an der Cham Holding, die laut Angaben auf der Internetseite der Nachrichtenagentur Reuters und den Websites „Eqtsad“, „al Arabiya News“, „Enab Baladi“ und „Al Janoubia“ Rami Makhlouf gehörte. Der Kläger war jedoch von seinem Posten im Verwaltungsrat der Cham Holding zurückgetreten (siehe oben, Rn. 102) und hatte somit zum Ausdruck gebracht, dass er sich von den Aktivitäten des Unternehmens distanzieren wollte. Der Wille des Klägers, Abstand von der Cham Holding zu nehmen, gegen die die Union und die Vereinigten Staaten von Amerika restriktive Maßnahmen verhängt hatten, ist in den Beiträgen auf den Websites „Eqtsad“, „al Arabiya News“ und „Enab Baladi“ belegt.

182    Somit hat der Kläger durch den Nachweis, dass er im Lebensmittelsektor keine Tätigkeiten ausübt und sich von der Cham Holding distanziert hat, erfolgreich die Umstände entkräftet, auf die sich der Rat gestützt hat, um ihn als engen Geschäftspartner von Rami Makhlouf anzusehen.

183    Nach alledem kann der Kläger zur Widerlegung der Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime geltend machen, er habe nachgewiesen, dass er das syrische Regime offen kritisiert habe und humanitäre Hilfsorganisationen zugunsten syrischer Flüchtlinge finanziell unterstützt habe. Darüber hinaus hat er die Behauptung erschüttert, er sei ein enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf, einem Unterstützer des syrischen Regimes und Cousin von Bashar al‑Assad.

184    Wie oben in Rn. 133 dargelegt, ist eine der Möglichkeiten eines Klägers, die Vermutung einer Verbindung mit dem syrischen Regime zu widerlegen, die Beibringung eines Bündels von Indizien dafür, dass kein Einfluss auf dieses Regime ausgeübt wird.

185    Im vorliegenden Fall ist es angesichts der politischen Affinitäten des Klägers, seiner Unterstützung humanitärer Organisationen zugunsten syrischer Flüchtlinge und seiner Distanzierung von Rami Makhlouf wenig wahrscheinlich, dass er Verbindungen zum syrischen Regime unterhält. Folglich ist es ungewiss, ob die dem Kläger gegenüber erlassenen restriktiven Maßnahmen ihn dazu veranlassen werden, durch die Ausübung des notwendigen Einflusses auf das syrische Regime den Druck auf dieses zu erhöhen und eine Änderung seiner repressiven Politik zu bewirken.

186    Somit belegen die vom Rat vorgelegten Beweise zwar, dass der Kläger wirtschaftliche Interessen u. a. im maritimen und touristischen Sektor verfolgt und einen leitenden Posten in der syrisch-russischen Handelskammer einnimmt, doch hat er die Vermutung einer Verbindung zwischen ihm und dem syrischen Regime erfolgreich widerlegt.

187    Nach alledem ist der Status des Klägers als in Syrien tätiger Geschäftsmann zwar nachgewiesen, doch kann nicht festgestellt werden, dass er ein „führender“ Geschäftsmann ist.

188    Somit ist der erste Grund für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen, der mit dem Status als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann verbunden ist, rechtlich nicht hinreichend bewiesen.

5.      Zur Verbindung mit dem syrischen Regime

189    Es ist zu prüfen, ob die Situation des Klägers ein hinreichender Beweis dafür ist, dass er das syrische Regime unterstützt oder ein Nutznießer seiner Politik ist. Bei dieser Beurteilung sind die Beweise nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen. Der Rat erfüllt die ihm obliegende Beweislast, wenn er vor dem Unionsrichter auf ein Bündel von Indizien hinweist, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind und die Feststellung ermöglichen, dass eine hinreichende Verbindung zwischen der Person, die einer Maßnahme des Einfrierens ihrer Gelder unterworfen ist, und dem betreffenden Regime besteht (vgl. Urteil vom 9. September 2016, Tri-Ocean Trading/Rat, T‑709/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:459, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

190    Aus den oben in den Rn. 14 und 44 genannten Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers geht hervor, dass der Kläger das syrische Regime finanziell und wirtschaftlich unterstützt, insbesondere durch Offshore-Unternehmen und seine Geschäftstätigkeiten sowie durch Geldwäscheaktivitäten, und dass er im Rahmen seiner Tätigkeiten im Immobiliensektor von dem Regime profitiert.

191    Insoweit ist festzustellen, dass sich die Gründe, aus denen der Rat davon ausgeht, dass der Kläger das syrische Regime unterstütze und daraus einen Vorteil ziehe, mit den Gründen überschneiden, die den Rat dazu veranlasst haben, den Kläger als führenden, in Syrien tätigen Geschäftsmann anzusehen.

192    Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Gründe für die Aufnahme des Namens einer bestimmten Person in gewissem Maße in dem Sinne überschneiden, dass jemand als zu den führenden Geschäftsleuten, die in Syrien tätig sind, gehörend eingestuft und auch als Person angesehen werden kann, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten von dem Regime profitiert oder es durch diese Tätigkeiten unterstützt. Dies ergibt sich gerade daraus, dass, wie im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/1836 festgestellt, die engen Verbindungen zum syrischen Regime und dessen Unterstützung durch diese Kategorie von Personen einer der Gründe dafür sind, weshalb der Rat beschlossen hat, diese Kategorie zu schaffen. Gleichwohl handelt es sich auch in diesem Fall um unterschiedliche Kriterien (Urteil vom 23. September 2020, Kaddour/Rat, T‑510/18, EU:T:2020:436, Rn. 77).

a)      Zur wirtschaftlichen und finanziellen Unterstützung des syrischen Regimes

193    Den Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen ist zu entnehmen, dass der Kläger das syrische Regime zum einen durch seine Geschäftstätigkeiten und zum anderen durch Geldwäsche unterstützt.

194    Was als Erstes die Geschäftstätigkeiten des Klägers betrifft, erwähnen die Aufnahmegründe erstens seinen Status als „Magnat in der Schifffahrt“. Wie oben in Rn. 81 festgestellt, steht nur die AKSSA im Eigentum des Klägers. Auch wenn sie im Tätigkeitssektor von Schiffsagenturen nicht unbedeutend ist (siehe oben, Rn. 69), kann das Eigentum an der AKSSA für sich genommen nicht ausreichen, um den Kläger als „Magnat in der Schifffahrt“ zu bezeichnen. Aus der Gesamtschau der Aufnahmegründe geht nämlich hervor, dass es die Vielzahl der wirtschaftlichen Interessen des Klägers im maritimen Sektor war, die den Rat zu einer solchen Charakterisierung veranlasst hat. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass der Kläger allein aufgrund des wirtschaftlichen Interesses, das die AKSSA darstellt, ein „Magnat in der Schifffahrt“ ist, hat der Rat nicht dargelegt, inwiefern der Kläger das syrische Regime durch die AKSSA unterstützt. Dies geht jedenfalls auch nicht aus den im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweisen hervor.

195    Zweitens erwähnen die Aufnahmegründe die Unterstützung, die der Kläger dem syrischen Regime als enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf biete. Insoweit ist zum einen dem Artikel in Le Monde und den Angaben auf den Websites „World Crunch“, „Eqtsad“ und „al Arabiya News“ sowie der Internetpräsenz des MEIRSS zu entnehmen, dass der Kläger, der in den Lebensmittelhandel mit Rami Makhlouf involviert sei, dem syrischen Regime ermöglicht habe, die restriktiven Maßnahmen zu umgehen, da Lebensmittel nicht vom europäischen Embargo erfasst seien.

196    Wie jedoch oben in Rn. 98 dargelegt, existiert das Unternehmen des Klägers, das im Lebensmittelsektor tätig war, d. h. OVO, nicht mehr.

197    Was die Cham Holding betrifft, die Rami Makhlouf gehört und deren Aktionär der Kläger ist, lässt sich den vom Rat vorgelegten Beweisen nicht entnehmen, dass sie im Lebensmittelsektor tätig ist.

198    Auch das Dokument WK 1755/2020 INIT enthält keine weiteren Angaben zur Form der Verbindung zwischen dem Kläger und Rami Makhlouf im Lebensmittelsektor.

199    Was zum anderen die Unterstützung des syrischen Regimes durch die Cham Holding betrifft, die Rami Makhlouf gehört und deren Aktionär der Kläger ist, geht aus dem Artikel der Nachrichtenagentur Reuters und den Websites „al Arabiya News“, „Enab Baladi“ und „Al Janoubia“ hervor, dass die Cham Holding eine Verbindung mit dem syrischen Regime hat. In den Artikeln wird jedoch nicht dargelegt, inwiefern das Unternehmen das syrische Regime finanziell oder wirtschaftlich unterstützt.

200    Wie oben in Rn. 182 dargelegt, hat der Kläger das Vorbringen, dass er ein enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf sei, erfolgreich entkräftet.

201    Somit hat der Rat nicht rechtlich hinreichend bewiesen, dass der Kläger das syrische Regime aufgrund seiner Stellung als enger Geschäftspartner von Rami Makhlouf unterstützt.

202    Drittens enthalten die Aufnahmegründe die Feststellung, dass der Kläger das syrische Regime u. a. durch seine im Ausland befindlichen Unternehmen wirtschaftlich und finanziell unterstütze. Insoweit ist den Rn. 81, 96 und 106 des vorliegenden Urteils zu entnehmen, dass der Kläger aufgrund der AKSSA, der Phoenicia Tourism Company und der Cham Holding wirtschaftliche Interessen in Syrien verfolgt. Das einzige im Ausland, und zwar im Libanon, befindliche Unternehmen, an dem der Kläger dem Rat zufolge ein Interesse hatte, ist Yass Marine. Wie jedoch oben in Rn. 78 dargelegt, hat der Kläger nachgewiesen, dass dieses Unternehmen nicht existiert hat. Zwar geht aus dem Artikel auf der Website „al Arabiya News“ hervor, dass die AKSSA zwei Zweigstellen besitzt, und zwar eine in Italien und eine in Griechenland, doch wird dies nicht durch andere Beweise bestätigt, und jedenfalls bezieht sich der Rat im Rahmen seines Vorbringens, dass der Kläger das syrische Regime über seine Auslandsaktivitäten unterstützt habe, nur auf Aktivitäten, die der Kläger aus dem Libanon verfolgt habe. Folglich ist der Teil der Aufnahmegründe, wonach der Kläger das syrische Regime insbesondere durch Unternehmen im Ausland unterstützt haben soll, rechtlich nicht hinreichend substantiiert.

203    Viertens ist der Fall der Phoenicia Tourism Company zu untersuchen, da die Aufnahmegründe die anderen Geschäftstätigkeiten des Klägers als Möglichkeiten zur finanziellen und wirtschaftlichen Unterstützung des syrischen Regimes nennen. Insoweit ist zwar unbestritten festgestellt worden, dass der Kläger mit dem syrischen Tourismusministerium einen Vertrag für die Leitung eines Hotels auf der Insel Aruad unterzeichnet hat, doch hat der Rat nicht dargelegt, inwiefern der Abschluss des Vertrags das syrische Regime unterstützt. Insbesondere kann die Zahlung von Geldbeträgen im Zusammenhang mit den Kosten der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren und einer Erfüllungsgarantie in den Jahren 2012 und 2013 nicht als ausreichend angesehen werden, um festzustellen, dass der Rat zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen, d. h. sieben Jahre nach der Zahlung, eine finanzielle Unterstützung durch den Kläger nachgewiesen hatte. Darüber hinaus lässt sich den im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweisen nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise die Phoenicia Tourism Company das syrische Regime unterstützen soll.

204    Soweit der vom Kläger eingenommene Posten in der syrisch-russischen Handelskammer als Geschäftstätigkeit anzusehen ist, enthält das Dokument WK 1755/2020 INIT keine Angaben zur finanziellen und wirtschaftlichen Unterstützung, die er dem syrischen Regime durch diesen Posten zukommen lassen könnte.

205    Was als Zweites die Unterstützung des syrischen Regimes durch Geldwäscheaktivitäten des Klägers betrifft, ist den Angaben auf den Websites „Eqtsad“, „al Arabiya News“ und „Enab Baladi“ zu entnehmen, dass syrische Geschäftsleute, wie der Kläger, die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten hätten, um im Libanon Bankkonten zu eröffnen und dem syrischen Regime beim Geldtransfer helfen zu können.

206    Der Kläger macht insoweit zunächst geltend, diese Behauptungen seien falsch, da die Mehrzahl der syrischen Geschäftsleute, denen die libanesische Staatsangehörigkeit verliehen worden sei, diese nicht gebraucht hätten, da sie bereits die Staatsangehörigkeit anderer Länder besessen hätten. Mit anderen Worten: Er habe die libanesische Staatsangehörigkeit nicht erhalten, um dem syrischen Regime bei der Umgehung der restriktiven Maßnahmen zu helfen. Das Vorbringen des Klägers ist jedoch eine allgemeine, nicht substantiierte Erklärung, die nicht durchgreifen kann.

207    Darüber hinaus macht der Kläger geltend, das syrische Regime habe ihn ungerechtfertigterweise des Schmuggels beschuldigt, was beweise, dass das Regime mit seiner Ausreise in den Libanon nicht einverstanden gewesen sei. Dieses Vorbringen ist so zu verstehen, dass es belegen soll, dass der Kläger beim Erwerb der libanesischen Staatsangehörigkeit nicht im Sinne des syrischen Regimes gehandelt haben kann. Wie der Rat jedoch zu Recht feststellt, hat der Kläger keine Beweise vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass diese Beschuldigungen falsch sind. Aus den vom Kläger vorgelegten Beweisen geht nämlich nicht eindeutig hervor, dass der Beschluss über die vorläufige Beschlagnahme Nr. 932 des syrischen Ministeriums für Finanzen vom 6. Januar 2013 die Einfuhr von Gebrauchtwagen betraf, die mehrere Jahre zuvor stattgefunden hatte. Insoweit kann kein Zusammenhang zwischen diesem Beschluss und der Meldung zur Ankunft eines Schiffs mit Gebrauchtwagen vom 18. Februar 2004 hergestellt werden. Auch die anderen vom Kläger vorgelegten Beweise, d. h. die Bestätigung der Zustellung des Frachtbriefs Nr. 259 an die Hafenverwaltung vom 25. Februar 2004 und die Erklärung vom 6. März 2004 der Almahaba Transit & Clearance Company, enthalten hierzu keine weiteren Angaben.

208    Wie allerdings oben in Rn. 171 festgestellt, hat der Kläger bewiesen, dass er sich vom syrischen Regime distanziert hat. Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass der Kläger ernst zu nehmende Zweifel an den Gründen aufgeworfen hat, die ihn bewogen haben, die libanesische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Da das Vorbringen zur Geldwäsche, wie es oben in Rn. 205 beschrieben ist, nicht durch weitere konkrete Umstände untermauert wird, hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger das syrische Regime durch Geldwäscheaktivitäten unterstützte.

209    Nach alledem hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger das syrische Regime unterstützte.

b)      Zum Nutzen, der aus dem syrischen Regime gezogen wird

210    Den Gründen für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen ist zu entnehmen, dass er von seinen Verbindungen zum syrischen Regime profitiert habe und dadurch seine Tätigkeiten im Immobiliensektor habe ausweiten können.

211    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich dieser Teil der Aufnahmegründe vor allem darauf bezieht, dass der Kläger über die Phoenicia Tourism Company einen Vertrag mit dem syrischen Tourismusministerium über die Nutzung von Grundstücken zwecks Entwicklung und Leitung eines Hotels auf der Insel Aruad abgeschlossen hat.

212    Wie zudem oben in Rn. 83 festgestellt, hat der Rat rechtlich hinreichend belegt, dass der Kläger über die Phoenicia Tourism Company einen Vertrag mit dem syrischen Tourismusministerium abgeschlossen hat, der ihm die Entwicklung und den Betrieb eines Hotels auf der Insel Aruad ermöglicht. Dies wird im Übrigen nicht vom Kläger bestritten.

213    Der Kläger bestreitet jedoch, aus dem Vertragsabschluss mit dem syrischen Tourismusministerium einen Vorteil zu ziehen, und macht geltend, er habe mit Hilfe des Vertrags die Kontrolle über Grundstücke wiedererlangen wollen, die seine Familie im Zuge einer Enteignung verloren habe, und er habe letztlich nicht in das Projekt zum Bau eines Hotels auf der Insel Aruad investiert.

214    Angesichts der Formulierung der Gründe für die Aufnahme des Namens des Klägers in die in Rede stehenden Listen, wie sie oben in den Rn. 14 und 44 genannt sind, muss der Rat rechtlich hinreichend nachweisen, dass der Kläger den Vertrag mit dem syrischen Tourismusministerium aufgrund von Verbindungen zum syrischen Regime erhalten hat.

215    Zwar gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Kläger den Vertrag nach einer Ausschreibung erhielt, doch ist weder dem Artikel „Ministry of Tourism Awards New Contract to Manage Arwad Hotel“ (Tourismusministerium vergibt neuen Auftrag für die Leitung des Hotels Aruad), der am 26. November 2012 auf der Website „The Syria Report“ veröffentlicht wurde, noch einem anderen im Dokument WK 1755/2020 INIT enthaltenen Beweis zu entnehmen, dass der Kläger den Zuschlag aufgrund besonderer Verbindungen zum syrischen Regime erhielt. Mit anderen Worten: Auch wenn der Rat nachgewiesen hat, dass der Vertrag geschlossen wurde, hat er nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens seine Verbindungen zum syrischen Regime eingesetzt hat, um den Zuschlag in der Ausschreibung zu erhalten. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass allein der Zuschlag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens, auch wenn er zum Abschluss eines Vertrags mit einem Ministerium des syrischen Regimes führte, ausreicht, um das Bestehen von Verbindungen festzustellen, die der betroffenen Person ermöglichen, im Sinne von Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 in der durch den Beschluss 2015/1836 geänderten Fassung vom syrischen Regime zu profitieren.

216    Somit hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger von seinen Verbindungen zum syrischen Regime profitiert hat, um den Zuschlag für den Vertrag im Zusammenhang mit der Entwicklung des Tourismusprojekts auf der Insel Aruad zu erhalten und auf diese Weise seine Aktivitäten im Tourismussektor auszubauen.

217    Zudem lässt sich anhand der vom Rat vorgelegten Beweise nicht feststellen, ob dem Kläger durch den auf diese Weise geschlossenen Vertrag ein Vorteil entstanden ist, der über den Abschluss des Vertrags hinausgeht.

218    Solche Beweise wären jedoch notwendig gewesen, da dem Schreiben vom 25. Februar 2020 zufolge eine vollständige Vertragserfüllung noch nicht eingetreten war und für die nächsten Monate nicht geplant war, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger von der Politik des syrischen Regimes auf der Insel Aruad im Bereich des Tourismus profitiert.

219    Wie zudem oben in Rn. 179 dargelegt, lässt sich zwar nicht mit Sicherheit feststellen, dass der Kläger lediglich die enteigneten Grundstücke wiedererlangen wollte, die seiner Familie gehört hatten, doch lässt sich auch nicht mit Sicherheit feststellen, dass er fest entschlossen war, das Tourismusprojekt der Insel Aruad zu entwickeln, und dies trotz des Schreibens vom 25. Februar 2020.

220    Der Umstand, dass der Kläger in dem Schreiben verpflichtet wird, einen Zeitplan der Arbeiten vorzulegen, die er für die Erfüllung des Vertrags durchführen müsse, und ihm für den Fall, dass er dieser Aufforderung nicht nachkomme, rechtliche Schritte angedroht werden, ist für sich genommen nämlich nicht ausreichend, um festzustellen, dass der Kläger tatsächlich beabsichtigte, das Tourismusprojekt auf der Insel Aruad durchzuführen.

221    Somit ist der Rat, dem die Beweislast obliegt, nicht in der Lage, den Nachweis dafür zu erbringen, dass der Kläger durch den mit Phoenicia Tourism Company geschlossenen Vertrag vom syrischen Regime profitieren wollte und profitiert hat.

222    Der Rat beruft sich außerdem auf Vorteile, die das syrische Regime dem Kläger gewährt habe, wie dem Artikel auf der Website „Eqtsad“ zu entnehmen sei. Der Artikel unterscheidet jedoch zwischen der Situation des Klägers vor und nach 2011. Zwar berichtet der Artikel, dass der Kläger vor 2011 Vorteile erhalten habe, doch wird keine entsprechende Aussage für den Zeitraum nach 2011 getroffen. Vielmehr enthält der Artikel, auch wenn er sich in Bezug auf die Art der Verbindungen zwischen dem Kläger und dem syrischen Regime zurückhält, die Information, dass der Kläger aus der Cham Holding ausgeschieden und in den Libanon gezogen sei. Somit kann der Artikel auf der Website „Eqtsad“ nicht als Beweis dafür herangezogen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen vom syrischen Regime profitierte.

223    Nach alledem hat der Rat nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger vom syrischen Regime profitiert.

6.      Ergebnis

224    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Rat weder die Stichhaltigkeit des Aufnahmegrundes, der sich auf den Status des Klägers als führender, in Syrien tätiger Geschäftsmann stützt, noch die Stichhaltigkeit des Aufnahmegrundes, der sich auf seine Verbindung mit dem syrischen Regime stützt, rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

225    Daher ist dem einzigen Klagegrund des Klägers stattzugeben.

C.      Ergebnis zur Klage und zu den zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung der angefochtenen Maßnahmen

226    Da dem einzigen Klagegrund stattgegeben wird, sind die angefochtenen Maßnahmen für nichtig zu erklären, soweit sie den Kläger betreffen.

227    Der Rat hat im Rahmen seines dritten Antrags für den Fall, dass das Gericht die angefochtenen Maßnahmen für nichtig erklären sollte, beantragt, anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2020/719, soweit sie den Kläger betreffen, aufrechterhalten werden, bis die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2020/716 wirksam wird.

228    Zunächst ist in Bezug auf die Durchführungsverordnung 2020/716 darauf hinzuweisen, dass nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union abweichend von Art. 280 AEUV die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam werden.

229    Somit verfügt der Rat, wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird, über einen Zeitraum von zwei Monaten zuzüglich einer Entfernungsfrist von zehn Tagen ab der Zustellung des vorliegenden Urteils, um die festgestellten Verstöße zu beheben, indem er gegebenenfalls neue restriktive Maßnahmen gegen den Kläger erlässt.

230    Was sodann den Beschluss 2020/719 betrifft, hat der Beschluss (GASP) 2021/855 des Rates vom 27. Mai 2021 zur Änderung des Beschlusses 2013/255 (ABl. 2021, L 188, S. 90) die Liste in Anhang I des Beschlusses 2013/255 ab dem 29. Mai 2021 ersetzt und die Anwendung restriktiver Maßnahmen in Bezug auf den Kläger bis zum 1. Juni 2022 verlängert.

231    Mithin gilt gegenüber dem Kläger bis zum heutigen Tag eine neue restriktive Maßnahme. Folglich führt die Nichtigerklärung des Beschlusses 2020/719, soweit er den Kläger betrifft, nicht dazu, dass sein Name von der Liste in Anhang I des Beschlusses 2013/255 verschwindet.

232    Die Fortgeltung der Wirkungen des Beschlusses 2020/719 ist daher nicht erforderlich.

 Kosten

233    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

234    Da hier der Rat unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Klägers die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Durchführungsbeschluss (GASP) 2020/212 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien, die Durchführungsverordnung (EU) 2020/211 des Rates vom 17. Februar 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien, der Beschluss (GASP) 2020/719 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und die Durchführungsverordnung (EU) 2020/716 des Rates vom 28. Mai 2020 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien werden für nichtig erklärt, soweit sie Herrn Abdelkader Sabra betreffen.

2.      Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

Gervasoni

Frendo

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. März 2022.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.


1 Unkenntlich gemachte vertrauliche Angaben.