Language of document : ECLI:EU:T:2013:372

Rechtssache T‑321/10

SA.PAR. Srl

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Gemeinschaftswortmarke GRUPPO SALINI – Bösgläubigkeit – Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 11. Juli 2013

1.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Bösgläubigkeit des Markenanmelders bei Anmeldung der Marke – Beurteilungskriterien – Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die zum Zeitpunkt der Anmeldung vorliegen – Kenntnis des Anmelders von der Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten – Absicht des Anmelders – Grad des rechtlichen Schutzes der fraglichen Zeichen – Unternehmerische Logik, in die sich die Anmeldung des Zeichens als Gemeinschaftsmarke einfügt – Geschehensabfolge bei der Anmeldung – Bekanntheitsgrad

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 52 Abs. 1 Buchst. b)

2.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Bösgläubigkeit des Markenanmelders bei Anmeldung der Marke – Wortmarke GRUPPO SALINI

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 52 Abs. 1 Buchst. b)

3.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Begründung von Entscheidungen – Ziel

(Art. 296 AEUV; Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 75 Satz 1)

1.      Nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke wird die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Der Nachweis der Umstände, die darauf schließen lassen, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke bei deren Anmeldung bösgläubig war, obliegt demjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung stellt und sich auf diesen Grund stützen will.

Für die Beurteilung der Frage, ob der Anmelder im Sinne dieser Bestimmung bösgläubig ist, sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Anmeldung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke vorliegen, insbesondere erstens die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder ähnliche Ware oder Dienstleistung verwendet, das mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ist, zweitens die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie drittens den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen.

Jedoch handelt es sich bei den aufgezählten Faktoren nur um Beispiele aus einer Gesamtheit von Gesichtspunkten, die für die Entscheidung über eine mögliche Bösgläubigkeit eines Anmelders bei der Anmeldung berücksichtigt werden können. Im Rahmen der umfassenden Beurteilung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 können daher auch die unternehmerische Logik, in die sich die Anmeldung des Zeichens als Gemeinschaftsmarke einfügte, und die Geschehensabfolge bei der Anmeldung berücksichtigt werden.

Schließlich kann auch der Bekanntheitsgrad Berücksichtigung finden, der einem Zeichen zum Zeitpunkt seiner Anmeldung zukommt, da ein solcher Bekanntheitsgrad gerade das Interesse des Anmelders rechtfertigen kann, einen weiter reichenden rechtlichen Schutz seines Zeichens sicherzustellen.

Die Absichten des Markenanmelders sind so zu prüfen, wie sie sich aus den objektiven Umständen und seinen konkreten Handlungen, seiner Rolle und Position, seiner Kenntnis von der Benutzung der älteren Marke, vertraglichen, vorvertraglichen oder nachvertraglichen Beziehungen mit dem Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren, dem Bestehen gegenseitiger Pflichten und Verpflichtungen einschließlich Loyalitäts- und Redlichkeitspflichten aufgrund von Organstellungen oder Leitungsfunktionen, die im Unternehmen des Antragstellers im Nichtigkeitsverfahren ausgeübt wurden oder noch ausgeübt werden, und – allgemeiner ausgedrückt – aus allen objektiven Situationen ableiten lassen, die durch einen Interessenkonflikt gekennzeichnet sind und in denen der Markenanmelder tätig geworden ist.

(vgl. Randnrn. 18, 21-23, 28, 33)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 26-35, 45)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnr. 41)