Language of document : ECLI:EU:T:2015:142

BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)

3. März 2015(*)

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Beihilfe einer niederländischen Gemeinde für einen Profifußballverein – Beschluss, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten – Beihilfemaßnahme, die zum Zeitpunkt des Beschlusses vollständig durchgeführt ist – Zulässigkeit – Anfechtbare Handlung“

In der Rechtssache T‑251/13

Gemeente Nijmegen (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Janssen und S. van der Heul,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch S. Noë und B. Stromsky als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses C (2013) 1152 final der Kommission vom 6. März 2013 über Beihilfen für die niederländischen Profifußballvereine Vitesse, NEC, Willem II, MVV, PSV und FC Den Bosch im Zeitraum 2008–2011 (Staatliche Beihilfe SA.33584 [2013/C] [ex 2011/NN])

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek, der Richterin I. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters V. Kreuschitz,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Im Anschluss an verschiedene Beschwerden, dass mehrere niederländische Gemeinden Profifußballvereinen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätten, Beihilfen gewährt hätten, richtete die Europäische Kommission am 27. Mai 2011 und am 6. Juli 2011 Auskunftsersuchen an das Königreich der Niederlande. Die Antworten auf ihre Fragen gingen ihr am 26. und 28. Juli und am 1. September 2011 zu.

2        Eine der fraglichen Beihilfen betrifft die Ablösung eines Erwerbsrechts (im Folgenden: Ablösung) an dem multifunktionellen Sportkomplex „De Eendracht“ am 28. September 2010 durch die Klägerin, die Gemeente Nijmegen. Dieses Recht stand dem Profifußballverein Nijmegen Eendracht Combinatie (NEC) nach einem zwischen der Klägerin und dem NEC geschlossenen Mietvertrag über diesen Komplex zu.

3        Mit dem Beschluss C (2013) 1152 final vom 6. März 2013 über Beihilfen für die niederländischen Profifußballvereine Vitesse, NEC, Willem II, MVV, PSV und FC Den Bosch im Zeitraum 2008–2011 (Staatliche Beihilfe SA.33584 [2013/C] [ex 2011/NN]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) leitete die Kommission u. a. im Hinblick auf die Ablösung gemäß Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene förmliche Prüfverfahren ein.

4        Nach einer ersten Beurteilung ging die Kommission im angefochtenen Beschluss vorläufig davon aus, dass die Ablösung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle (vgl. die Erwägungsgründe 45 bis 50 des angefochtenen Beschlusses) und dass ernste Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt bestünden.

 Verfahren und Anträge der Parteien

5        Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 6. Mai 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

6        Mit Schriftsatz, der am 7. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben.

7        Die Klägerin hat zu dieser Einrede am 26. September 2013 Stellung genommen.

8        Am 26. Mai 2014 hat das Gericht die Parteien aufgefordert, zur Frage der Bedeutung des Urteils vom 21. November 2013, Deutsche Lufthansa (C‑284/12, Slg, EU:C:2013:755), und des Beschlusses vom 4. April 2014, Flughafen Lübeck (C‑27/13, EU:C:2014:240), für die vorliegende Rechtssache Stellung zu nehmen. Die Parteien haben fristgemäß geantwortet.

9        Die Klägerin beantragt in der Klageschrift,

–        den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit er die vermeintliche staatliche Beihilfe für den NEC betrifft;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

10      Die Kommission beantragt,

–      die Klage als unzulässig abzuweisen;

–      der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

11      Die Klägerin beantragt in ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit,

–      die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen;

–      der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht vorab über die Unzulässigkeit entscheiden, wenn eine Partei dies beantragt. Gemäß Art. 114 § 3 wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

13      Im vorliegenden Fall hält das Gericht die sich aus den Akten ergebenden Angaben für ausreichend und beschließt, das Verfahren nicht fortzusetzen.

 Vorbringen der Parteien

14      In ihrer Einrede der Unzulässigkeit macht die Kommission zunächst geltend, dass der angefochtene Beschluss eine vorläufige oder rein vorbereitende Maßnahme darstelle, da ihr endgültiger Standpunkt zu der fraglichen Beihilfe erst in dem am Ende des förmlichen Prüfverfahrens zu erlassenden Beschluss festgelegt werde.

15      Ferner betreffe der angefochtene Beschluss im vorliegenden Fall eine Maßnahme, die – anders als eine noch durchzuführende Maßnahme – vollständig durchgeführt sei, so dass er keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Aussetzung der Maßnahme vorsehe.

16      Ebenso wenig könnten die nationalen Gerichte die Aussetzung der fraglichen Beihilfe anordnen, da diese bereits gewährt worden sei.

17      Zur Frage der Bedeutung des Urteils Deutsche Lufthansa, oben in Rn. 8 angeführt (EU:C:2013:755), und des Beschlusses Flughafen Lübeck, oben in Rn. 8 angeführt (EU:C:2014:240), für die vorliegende Rechtssache ist die Kommission im Wesentlichen der Ansicht, dass diese Entscheidungen nicht maßgebend seien. Nach der Rechtsprechung sei zwischen Beihilfemaßnahmen, die – wie die Ablösung – bereits durchgeführt seien, und noch durchzuführenden Beihilfemaßnahmen zu unterscheiden. Hinzu komme, dass die Zulässigkeit der Klage davon abhänge, dass bei den nationalen Gerichten eine Klage auf Unterlassung der weiteren Durchführung der Beihilfe und auf Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen anhängig sei, und dass der Beihilfeempfänger stets die Möglichkeit habe, einen Beschluss wie den angefochtenen mittels einer Vorlagefrage anzufechten.

18      Die Kommission führt schließlich aus, dass der Zulässigkeit der Klage sowohl die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Unionsrichter und ihr selbst als auch das Rechtsschutzsystem des Vertrags sowie die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege und eines ordnungsgemäßen Ablaufs ihres Verwaltungsverfahrens entgegenstünden, da der Unionsrichter über Fragen entscheiden solle, zu denen sie sich noch nicht habe äußern können. Die Prüfung der Begründetheit einer solchen Klage würde damit der inhaltlichen Erörterung vorgreifen und zu einer Vermengung der verschiedenen Phasen des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens führen.

19      Die Klägerin macht zunächst geltend, entgegen dem Vorbringen der Kommission ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichts nicht, dass zwischen bereits durchgeführten und noch durchzuführenden Maßnahmen zu unterscheiden sei.

20      Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Beschluss wie der angefochtene Rechtswirkungen erzeuge, die zur Zulässigkeit einer gegen ihn gerichteten Klage führten.

21      Ferner sei das nationale Gericht an die Auffassung der Kommission im angefochtenen Beschluss gebunden. Sobald die Kommission die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens beschlossen habe, könne das nationale Gericht daher die vorläufige Rückforderung der fraglichen Beihilfe anordnen und sei gegebenenfalls dazu verpflichtet. Im Fall unterschiedlicher Beurteilungen durch die Kommission und das nationale Gericht könne dieses einen Antrag auf Rückforderung der Beihilfe nur zurückweisen, wenn es zuvor gemäß Art. 267 AEUV dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt habe.

22      Zur Frage der Bedeutung des Urteils Deutsche Lufthansa, oben in Rn. 8 angeführt (EU:C:2013:755), und des Beschlusses Flughafen Lübeck, oben in Rn. 8 angeführt (EU:C:2014:240), für die vorliegende Rechtssache führt die Klägerin aus, nach der Rechtsprechung habe ein Beschluss wie der angefochtene unbedingte Bindungswirkung, was zur Folge habe, dass die nationalen Gerichte von einem Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ausgehen und geeignete Maßnahmen im Rahmen der bei ihnen anhängigen Verfahren ergreifen müssten. Ein nationales Gericht dürfe nicht mehr selbst im Rahmen eines bei ihm anhängigen Rechtsstreits prüfen, ob die Maßnahme, in Bezug auf die die Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens beschlossen habe, eine staatliche Beihilfe darstelle, selbst wenn die von der Kommission in ihrem Beschluss vorgenommenen Beurteilungen vorläufiger Art seien.

23      Darüber hinaus wirke sich der angefochtene Beschluss aufgrund der erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme nachteilig aus. Die Möglichkeit, sich vor nationalen Gerichten auf den angefochtenen Beschluss zu berufen, und die Beeinträchtigung der geschäftlichen Beziehungen des NEC stellten Rechtswirkungen dieses Beschlusses dar, die von der Pflicht, die Durchführung der fraglichen Maßnahme auszusetzen, unabhängig seien.

24      Dem hält die Kommission entgegen, dass es sich hierbei um tatsächliche Folgen handele, die nicht als verbindliche, die Rechtsstellung der Klägerin substanziell verändernde Rechtswirkungen angesehen werden könnten.

25      Nach Auffassung der Klägerin haben die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme auch nachteilige Auswirkungen auf die im Gemeindegesetz vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle durch ihren Rechnungsprüfer. Entdecke dieser nämlich im Rahmen seiner Nachprüfung Vorgänge, die möglicherweise rechtswidrig seien und die sie nicht erklären könne, müsse er diese Vorgänge in seinem Bericht festhalten, so dass sich der angefochtene Beschluss auf ihre Rechtsstellung auswirke.

26      Die Klägerin ist schließlich der Ansicht, es sei für die Zulässigkeit der Klage unerheblich, dass die Beurteilung der Kommission, ob im vorliegenden Fall eine staatliche Beihilfe vorliege, vorläufiger Art sei, da der Beschluss eigenständige Rechtswirkungen erzeuge oder erzeugen werde. Das Gericht müsse grundsätzlich eine umfassende Kontrolle eines Beschlusses zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wie des angefochtenen Beschlusses vornehmen. Diese Kontrolle beschränke sich jedoch auf die Frage, ob die Kommission angesichts der ihr vorliegenden Informationen zu der vorläufigen Schlussfolgerung berechtigt gewesen sei, dass eine Beihilfe vorliege oder zumindest erhebliche Zweifel bestünden.

 Würdigung durch das Gericht

27      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 263 AEUV gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die – unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder Form – dazu bestimmt sind, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können (vgl. Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg, EU:C:2008:422, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Zudem liegt bei Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere zum Abschluss eines internen Verfahrens, ergehen, eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs am Ende dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (vgl. Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg, EU:C:1981:264, Rn. 10, und vom 18. Dezember 1992, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑10/92 bis T‑12/92 und T‑15/92, Slg, EU:T:1992:123, Rn. 28, sowie Beschluss vom 21. November 2005, Tramarin/Kommission, T‑426/04, Slg, EU:T:2005:405, Rn. 25).

29      Ein Beschluss der Kommission, mit dem wie mit dem angefochtenen Beschluss ein förmliches Prüfverfahren hinsichtlich einer staatlichen Beihilfe eingeleitet wird, kann nach der Rechtsprechung eine anfechtbare Handlung sein, soweit er eigenständige Rechtswirkungen erzeugen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑400/99, Slg, im Folgenden: Urteil Tirrenia, EU:C:2001:528, Rn. 62 und 69, vom 24. Oktober 2013, Deutsche Post/Kommission, C‑77/12 P, EU:C:2013:695, Rn. 53, und vom 23. Oktober 2002, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑346/99 bis T‑348/99, Slg, EU:T:2002:259, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), d. h., wenn er hinreichend unmittelbare und sichere verbindliche Rechtswirkungen für den Mitgliedstaat, an den er gerichtet ist, oder für den oder die Empfänger der fraglichen Beihilfemaßnahme erzeugt.

30      Hierunter fällt u. a. die Pflicht eines Mitgliedstaats zur Aussetzung einer Beihilfemaßnahme, die ohne vorherige Anmeldung durchgeführt wurde und zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens noch in der Durchführung begriffen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Tirrenia, oben in Rn. 29 angeführt, EU:C:2001:528, Rn. 59 und 62, und Deutsche Post/Kommission, oben in Rn. 29 angeführt, EU:C:2013:695, Rn. 52).

31      Nach der Rechtsprechung ändert nämlich ein Beschluss, wegen einer in der Durchführung begriffenen und von der Kommission als neue Beihilfe eingestuften Maßnahme das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, zwangsläufig deren rechtliche Bedeutung sowie die Rechtsstellung der begünstigten Unternehmen, insbesondere in Bezug auf die Fortführung der fraglichen Maßnahme. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt und von der Kommission auch eingeräumt wird, gilt dies nicht nur dann, wenn eine in der Durchführung begriffene Maßnahme von den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats als bestehende Beihilfe angesehen wird, sondern auch dann, wenn sie der Auffassung sind, dass die fragliche Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstelle (vgl. in diesem Sinne Urteile Tirrenia, oben in Rn. 29 angeführt, EU:C:2001:528, Rn. 57 bis 59, Deutsche Post/Kommission, oben in Rn. 29 angeführt, EU:C:2013:695, Rn. 52, und Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, oben in Rn. 29 angeführt, EU:T:2002:259, Rn. 33 und 34).

32      Darüber hinaus sind, wenn die Kommission das förmliche Prüfverfahren hinsichtlich einer in der Durchführung begriffenen Maßnahme eingeleitet hat, nach der Rechtsprechung die nationalen Gerichte verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Konsequenzen aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung dieser Maßnahme zu ziehen.

33      Zu diesem Zweck können die nationalen Gerichte beschließen, die Durchführung der in Rede stehenden Maßnahme auszusetzen und die Rückforderung der bereits gezahlten Beträge anzuordnen. Sie können auch beschließen, einstweilige Maßnahmen zu erlassen, um zum einen die Interessen der beteiligten Parteien und zum anderen die praktische Wirksamkeit der Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, zu wahren (Urteil Deutsche Lufthansa, oben in Rn. 8 angeführt, EU:C:2013:755, Rn. 42 und 43).

34      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss, der sich auf die in Rede stehende Maßnahme bezieht, eine hinreichend unmittelbare und sichere verbindliche Rechtswirkung für den Mitgliedstaat, an den er gerichtet ist, und den oder die Begünstigten der zu prüfenden Maßnahme erzeugt.

35      Im vorliegenden Fall ist jedoch zum einen festzustellen, dass die Ablösung zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses bereits vollständig durchgeführt war.

36      Zum anderen betrifft der Beschluss offensichtlich eine neue, nicht angemeldete Beihilfe, und die Klägerin hat nie geltend gemacht, dass es sich um eine bestehende Beihilfe handele, um daraus abzuleiten, dass dieser Beschluss nur deshalb eigenständige Rechtswirkungen erzeuge, weil die Kommission beschlossen habe, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 1992, Spanien/Kommission, C‑312/90, Slg, EU:C:1992:282, Rn. 20 bis 24).

37      Anders als ein Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer in der Durchführung begriffenen Maßnahme entfaltet aber ein derartiger Beschluss, der sich auf eine vollständig durchgeführte Maßnahme bezieht, mangels einer hinreichend unmittelbaren und sicheren verbindlichen Rechtswirkung für den Mitgliedstaat, an den er gerichtet ist, und den oder die Begünstigten der fraglichen Maßnahme grundsätzlich keine eigenständigen Rechtswirkungen.

38      Hierzu ist erstens festzustellen, dass die fragliche Maßnahme im vorliegenden Fall unstreitig nicht ausgesetzt werden kann, da sie zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses vollständig durchgeführt war.

39      Der angefochtene Beschluss kann daher, soweit es um die Aussetzung der fraglichen Maßnahme geht, keine hinreichend unmittelbare und sichere verbindliche Rechtswirkung für den Mitgliedstaat und insbesondere für die nationalen Gerichte haben.

40      Zweitens kann der angefochtene Beschluss aufgrund seines Inhalts und seiner Tragweite für den betreffenden Mitgliedstaat keine Verpflichtung zur Rückforderung der durch die fragliche Maßnahme gewährten Beihilfe begründen.

41      Zunächst ergibt sich nämlich aus der Verordnung Nr. 659/1999, dass die Kommission strikten Bedingungen unterworfen ist, wenn sie dem betreffenden Mitgliedstaat aufgeben will, die Beihilfe einstweilig zurückzufordern.

42      Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 verlangt insoweit, dass hinsichtlich des Beihilfecharakters der betreffenden Maßnahme keinerlei Zweifel bestehen, dass ein Tätigwerden dringend geboten ist und dass ein erheblicher und nicht wiedergutzumachender Schaden für einen Konkurrenten ernsthaft zu befürchten ist.

43      Diese Voraussetzungen, die für den Erlass eines anderen und mit einer anderen Tragweite ausgestatteten Beschlusses als des angefochtenen Beschlusses gelten, sind Anhaltspunkte dafür, dass den Mitgliedstaat, an den er sich richtet, allein aufgrund des letztgenannten Beschlusses keine allgemeine Pflicht zur Rückforderung rechtswidrig gezahlter Beihilfen trifft.

44      Sodann könnte, auch wenn ein mit einem solchen Antrag befasstes nationales Gericht unabhängig davon, ob die fragliche Maßnahme zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, in der Durchführung begriffen ist oder nicht, verpflichtet sein könnte, die Rückforderung der fraglichen Beihilfe anzuordnen, dies dem Beschluss keine hinreichend unmittelbare und sichere verbindliche Rechtswirkung verleihen.

45      Die dem nationalen Gericht obliegende Pflicht zum Erlass von Schutzmaßnahmen im Lauf eines Rechtsstreits, der sich auf eine mögliche Beihilfemaßnahme bezieht, verlangt nämlich, dass die Voraussetzungen, die solche Maßnahmen rechtfertigen, erfüllt sind, d. h., dass keine Zweifel an der Qualifizierung der Maßnahme als staatliche Beihilfe bestehen, dass die Durchführung der Beihilfe unmittelbar bevorsteht oder die Beihilfe durchgeführt worden ist und dass keine außergewöhnlichen Umstände, die eine Rückforderung unangemessen erscheinen lassen, festgestellt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2010, CELF und Ministre de la Culture et de la Communication, C‑1/09, Slg, EU:C:2010:136, Rn. 36).

46      Im Übrigen ist hervorzuheben, dass keine absolute und unbedingte Verpflichtung des nationalen Gerichts besteht, der vorläufigen Beurteilung der Kommission ohne Weiteres zu folgen. Insbesondere ist bereits entschieden worden, dass das nationale Gericht, wenn es hinsichtlich der Frage, ob die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt, oder hinsichtlich der Gültigkeit oder der Auslegung des Beschlusses, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, Zweifel hat, zum einen die Kommission um Erläuterungen bitten kann und zum anderen gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegen kann oder muss (Urteil Deutsche Lufthansa, oben in Rn. 8 angeführt, EU:C:2013:755, Rn. 44).

47      Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht vorgetragen hat, dass eine Klage vor dem nationalen Gericht erhoben worden sei.

48      Daher ist in Bezug auf die Rückforderung der Beihilfe davon auszugehen, dass der angefochtene Beschluss keine hinreichend unmittelbare und sichere verbindliche Rechtswirkung gegenüber dem Mitgliedstaat und insbesondere den nationalen Gerichten entfaltet.

49      Drittens kann nicht angenommen werden, dass die Änderung der geschäftlichen Beziehungen des NEC aufgrund der Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme eine eigenständige Rechtswirkung des angefochtenen Beschlusses darstellen kann.

50      Zwischen dem Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme und der Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Klägerin kann nämlich kein eindeutiger Ursachenzusammenhang hergestellt werden.

51      Im Übrigen können die geschäftliche Unsicherheit und die Wahrnehmung der anderen Wirtschaftsteilnehmer von der Rechtsstellung des Begünstigten einer Beihilfemaßnahme – wie im vorliegenden Fall der Klägerin – nicht als verbindliche Rechtswirkungen angesehen werden, da es sich um bloße tatsächliche Folgen handelt, nicht aber um Rechtswirkungen, die der Beschluss, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, erzeugen soll (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 7. Juli 1981, IBM/Kommission, 60/81 R und 190/81 R, Slg, EU:C:1981:165, Rn. 19, Urteile vom 1. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑301/03, Slg, EU:C:2005:727, Rn. 30, und vom 20. Mai 2010, Deutschland/Kommission, T‑258/06, Slg, EU:T:2010:214, Rn. 151).

52      Nach alledem kann die Klägerin nicht geltend machen, dass der angefochtene Beschluss verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, die ihre Interessen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen könnten.

53      Der angefochtene Beschluss kann daher im vorliegenden Fall nicht als anfechtbare Handlung angesehen werden.

54      Infolgedessen ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

 Kosten

55      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, ist im Einklang mit dem Antrag der Kommission zu entscheiden, dass sie neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission zu tragen hat.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Die Gemeente Nijmegen trägt die Kosten.

Luxemburg, den 3. März 2015

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      M. Prek


* Verfahrenssprache: Niederländisch.