Language of document : ECLI:EU:F:2015:164

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Einzelrichter)

18. Dezember 2015

Rechtssache F‑104/13

Carlo De Nicola

gegen

Europäische Investitionsbank (EIB)

„Öffentlicher Dienst – Personal der EIB – Mobbing – Untersuchungsverfahren – Bericht des Untersuchungsausschusses – Fehlerhafte Definition des Mobbings – Entscheidung des Präsidenten der EIB, der Beschwerde nicht stattzugeben – Aufhebung – Schadensersatzklage“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, im Wesentlichen auf Aufhebung der Entscheidung vom 29. April 2013, mit der der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB oder im Folgenden: Bank) die Beschwerde des Klägers wegen Mobbings zurückgewiesen hat, und auf Verurteilung der EIB zum Ersatz der Schäden, die er aufgrund dieses Mobbings erlitten zu haben meint

Entscheidung:      Die Entscheidung vom 29. April 2013, mit der der Präsident der Europäischen Investitionsbank die Beschwerde von Herrn De Nicola wegen Mobbings zurückgewiesen hat, wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Europäische Investitionsbank trägt ihre eigenen Kosten und wird verurteilt, die Herrn De Nicola entstandenen Kosten zu tragen.

Leitsätze

1.      Beamtenklage – Bedienstete der Europäischen Investitionsbank – Beschwerende Maßnahme – Begriff – Vorbereitende Maßnahme – Stellungnahme des Untersuchungsausschusses zu Mobbing

(Verhaltenskodex für das Personal der Europäischen Investitionsbank, Nr. 3.6; Politik der Europäischen Investitionsbank zum Schutz der Würde am Arbeitsplatz, Nr. 5.5)

2.      Beamte – Bedienstete der Europäischen Investitionsbank – Interne Untersuchung über Mobbingvorwürfe – Mit Fehlern behaftete Stellungnahme des Untersuchungsausschusses – Nichtbeachtung der Definition des in internen Vorschriften der Bank festgelegten Begriffs des Mobbings – Erfordernis einer böswilligen Absicht des Mobbenden – Unzulässigkeit

(Verhaltenskodex für das Personal der Europäischen Investitionsbank, Nr. 3.6.1; Politik der Europäischen Investitionsbank zum Schutz der Würde am Arbeitsplatz, Nr. 2.1)

1.      Beschwerend sind nur solche Handlungen oder Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten, die die Interessen des Klägers dadurch unmittelbar und sofort beeinträchtigen, dass sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise ändern. Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere zum Abschluss eines internen Verfahrens, ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs am Ende dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen. Handlungen zur Vorbereitung einer Entscheidung sind nicht beschwerend, und der Kläger kann erst im Rahmen einer Klage gegen die am Ende des Verfahrens erlassene Entscheidung die Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Handlungen geltend machen, die mit dieser Entscheidung eng zusammenhängen.

Da die Stellungnahme des Untersuchungsausschusses der Europäischen Investitionsbank als solche folglich keine anfechtbare Handlung darstellt, sind die auf ihre Aufhebung gerichteten Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

Die Rechtswidrigkeit der Stellungnahme dieses Untersuchungsausschusses kann jedoch zur Stützung der auf die Aufhebung der abschließenden Entscheidung des Präsidenten der Europäischen Investitionsbank gerichteten Anträge geltend gemacht werden. Aus der von der Europäischen Investitionsbank erlassenen internen Regelung „Politik zum Schutz der Würde am Arbeitsplatz“, auf die sich Nr. 3.6 des Verhaltenskodexes für das Personal der Bank bezieht, ergibt sich nämlich, dass die Stellungnahme des Untersuchungsausschusses ein wesentliches Formerfordernis darstellt; gegebenenfalls aufgetretene Unregelmäßigkeiten dieser Stellungnahme in materieller oder verfahrensrechtlicher Hinsicht stellen einen Mangel dar, der die Rechtmäßigkeit der gerade auf der Grundlage dieser Stellungnahme getroffenen endgültigen Entscheidung des Präsidenten der Bank beeinträchtigt.

(vgl. Rn. 44 bis 46)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil vom 11. November 2014, De Nicola/EIB, F‑52/11, EU:F:2014:243, Rn. 144 und 145

2.      Gemäß Nr. 3.6.1 des Verhaltenskodexes der Europäischen Investitionsbank wird Mobbing definiert als wiederholt feindselige oder geschmacklose Bemerkungen, Handlungen oder Verhaltensweisen, die über einen relativ langen Zeitraum von einem oder mehreren Mitarbeitern gegenüber einem anderen Bankangehörigen geäußert bzw. praktiziert werden. Nach der Politik der Bank zum Schutz der Würde am Arbeitsplatz spielt es keine Rolle, ob das fragliche Verhalten beabsichtigt war oder nicht. Entscheidend ist, dass sich das Mobbing und die Belästigung in unerwünschten und nicht hinnehmbaren Verhaltensweisen äußern, die das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der betroffenen Person beeinträchtigen.

Nach der internen Regelung der Bank liegt ein die Beistandspflicht der Bank auslösendes Mobbing folglich dann vor, wenn Bemerkungen, Handlungen oder Verhaltensweisen desjenigen, der Mobbing betreibt, objektiv, d. h. durch ihren Inhalt, zu einer Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens der betroffenen Person innerhalb der Bank geführt haben, ohne dass es erforderlich wäre, eine Absicht des Mobbenden nachzuweisen.

Die Stellungnahme des Untersuchungsausschusses zu Mobbing, nach der ein Verhalten nur dann Mobbing darstellen kann, wenn es beabsichtigt war, steht mit dieser zwingenden internen Regelung nicht im Einklang.

(vgl. Rn. 50, 51 und 53)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil vom 11. November 2014, De Nicola/EIB, F‑52/11, EU:F:2014:243, Rn. 154