Language of document : ECLI:EU:T:1998:208

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

15. September 1998 (1)

„Europäischer Sozialfonds - Bewilligungsentscheidung - Kürzung einesZuschusses - Vorherige Anhörung des Empfängers - Konsultation desMitgliedstaats - Vertrauensschutz - Rechtssicherheit - Begründung -Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

In den verbundenen Rechtssachen T-180/96 und T-181/96

Mediocurso - Estabelecimento de ensino particular, Ld.², Gesellschaftportugiesischen Rechts mit Sitz in Lissabon, Prozeßbevollmächtigte: RechtsanwälteCarlos Botelho Moniz und Paulo Moura Pinheiro, Lissabon, Zustellungsanschrift:Kanzlei des Rechtsanwalts Aloyse May, 31, Grand-rue, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Maria TeresaFigueira und Knut Simonsson, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst derKommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (96) 1185 der Kommission vom 14.August 1996 über die Kürzung des mit der Entscheidung C (89) 0570 vom 22. März1989 gewährten Zuschusses und der Entscheidung C (96) 1186 der Kommissionvom 14. August 1996 über die Kürzung des mit der Entscheidung C (89) 0570 vom22. März 1989 gewährten Zuschusses

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter C. P. Briët undA. Potocki,

Kanzler: B. Pastor, Hauptverwaltungsrätin

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11.Juni 1998,

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1.
    Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Beschlusses 83/516/EWG des Rates vom17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289,S. 38) beteiligt sich dieser an der Finanzierung von Maßnahmen der beruflichenBildung und Berufsberatung. Nach Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 83/516gewährleisten die betroffenen Mitgliedstaaten die ordnungsgemäße Verwirklichungder Maßnahmen.

2.
    In Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983zur Anwendung des Beschlusses 83/516 (ABl. L 289, S. 1) sind die Ausgabenaufgezählt, für die Zuschüsse des Europäischen Sozialfonds (nachstehend: ESF)gewährt werden können.

3.
    Die Genehmigung eines Finanzierungsantrags durch den ESF hat nach Artikel 5Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 zur Folge, daß zu dem für den Beginn derberuflichen Bildungsmaßnahme vorgesehenen Zeitpunkt ein Vorschuß in Höhe von50 % des Zuschusses gezahlt wird. Nach Artikel 5 Absatz 4 enthalten Anträge aufRestzahlung einen ins einzelne gehenden Bericht über den Inhalt, die Ergebnisseund die finanziellen Einzelheiten der betreffenden Maßnahme. Der Mitgliedstaatbestätigt, daß die im Antrag enthaltenen Angaben sachlich und rechnerisch richtigsind.

4.
    Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 kann die Kommission einenZuschuß des ESF, der nicht entsprechend den Bedingungen der Entscheidung überdie Genehmigung verwendet wird, aussetzen, kürzen oder streichen, nachdem siedem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. NachArtikel 6 Absatz 2 ist ein Betrag, der nicht unter den in der Entscheidung über dieGenehmigung festgelegten Bedingungen verwendet wurde, zu erstatten.

5.
    Nach Artikel 6 Absatz 1 der Entscheidung 83/673/EWG der Kommission vom 22.Dezember 1983 über die Verwaltung des ESF (ABl. L 377, S. 1) müssen dieZahlungsanträge der Mitgliedstaaten bei der Kommission innerhalb von zehnMonaten nach Abschluß der Maßnahmen eingehen. Die Zahlung des Zuschussesist ausgeschlossen, wenn der Antrag nach Ablauf dieser Frist gestellt wird.

6.
    Nach Artikel 7 schließlich hat der betreffende Mitgliedstaat, falls die Verwaltungeiner Maßnahme, für die ein Zuschuß gewährt worden ist, zum Gegenstand einerUntersuchung wegen vermuteter Unregelmäßigkeiten wird, unverzüglich dieKommission zu unterrichten.

Sachverhalt und Verfahren

7.
    Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft, deren Haupttätigkeit in derDurchführung von Kursen der Berufsbildung und der fachlichen Fortbildungbesteht.

8.
    Im Jahr 1988 reichte das Departamento para os Assuntos do Fundo SocialEuropeu (Behörde für Angelegenheiten des ESF; nachstehend: DAFSE) beim ESFzugunsten der Klägerin mehrere Anträge auf Zuschuß für verschiedeneBerufsbildungsvorhaben im Rahmen des Haushaltsjahrs 1989 ein.

9.
    Das erste Vorhaben, für das ein Zuschuß beantragt wurde, erhielt dasAktenzeichen 890583 P1 (nachstehend: Vorhaben I) und ist Gegenstand der Klagein der Rechtssache T-180/96. Das zweite Vorhaben erhielt das Aktenzeichen890588 P1 (nachstehend: Vorhaben II) und ist Gegenstand der Klage in derRechtssache T-181/96.

10.
    Beim Vorhaben I wurde ein Zuschuß beantragt für die Durchführung einerBildungsmaßnahme für Fachkräfte für glasfaserverstärkte Polyester, Fachkräfte fürelektrische Automaten und Fachkräfte für Marketing und Werbung, an derursprünglich 30 Personen teilnehmen sollten. Ihr Volumen betrug 9 592 058 ESC.Auf Wunsch des DAFSE wurde die Zahl der Teilnehmer auf 23 verringert.

11.
    Dieses Vorhaben I wurde „entsprechend der Mitteilung im Anhang“ durch eineEntscheidung der Kommission genehmigt, die der Klägerin mit Schreiben desDAFSE vom 10. April 1989 (Nr. 8149) bekanntgegeben wurde. In der Entscheidungwurde der Betrag des Zuschusses des ESF auf 7 468 207 ESC festgesetzt. Derportugiesische Staat verpflichtete sich, das Vorhaben mit 6 110 351 ESC aus demOrçamento da Segurança Social/Instituto de Gestão Financeira da Segurança Social(Haushalt der Sozialversicherung/Institut für die Finanzverwaltung derSozialversicherung; im folgenden: OSS/IGFSS) zu finanzieren.

12.
    Im August 1989 erhielt die Klägerin gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr.2950/83 einen Vorschuß von 50 % des Betrages des vom ESF gewährtenZuschusses sowie des vom OSS/IGFSS gewährten Zuschusses, d. h. 3 734 103 ESCund 3 055 175 ESC.

13.
    Beim Vorhaben II wurde ein Zuschuß beantragt für die Durchführung von zweiBildungsmaßnahmen für Fachkräfte für Vertrieb und Werbung und für Fachkräftefür Werbung und Grafik, an denen ursprünglich 22 Personen teilnehmen sollten.Ihr Volumen betrug 8 627 355 ESC. Auf Wunsch des DAFSE wurde die Zahl derTeilnehmer auf 17 verringert.

14.
    Das Vorhaben II wurde „entsprechend der Mitteilung im Anhang“ durch eineEntscheidung der Kommission genehmigt, die der Klägerin mit Schreiben desDAFSE vom 10. April 1989 (Nr. 8154) bekanntgegeben wurde. In der Entscheidungwurde der Betrag des Zuschusses des ESF auf 6 890 635 ESC festgesetzt. Derportugiesische Staat verpflichtete sich, das Vorhaben mit 5 637 792 ESC aus demOSS/IGFSS zu finanzieren.

15.
    Im August 1989 erhielt die Klägerin gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr.2950/83 einen Vorschuß von 50 % des Betrages des vom ESF gewährtenZuschusses sowie des vom OSS/IGFSS gewährten Zuschusses, d. h. 3 445 317 ESCund 2 818 896 ESC.

16.
    Die im Rahmen der Vorhaben I und II vorgesehenen Bildungsmaßnahmen wurdenvon Juli bis Dezember 1989 durchgeführt.

17.
    Am Ende dieser Bildungsmaßnahmen, deren Gesamtkosten sich als niedriger alsin den Vorhaben vorgesehen erwiesen, stellte die Klägerin beim DAFSE für jedesder beiden Vorhaben einen Antrag auf Restzahlung. Sie beantragte Zahlung von3 337 539 ESC für das Vorhaben I und 3 286 799 ESC für das Vorhaben II.

18.
    Aus diesen Anträgen geht hervor, daß die Bildungsmaßnahmen im Fall desVorhabens I von 15 Personen und im Fall des Vorhabens II von 12 Personenabgeschlossen worden waren.

19.
    Mit Schreiben vom 11. April 1990 teilte das DAFSE der Klägerin für beideVorhaben mit, daß es „beabsichtigt, die Zahlungsanweisungen auszusetzen ... undnach finanziellen Überprüfungen, die hinsichtlich der Durchführung der von [ihr]im Rahmen der fraglichen Vorhaben durchgeführten Bildungsmaßnahmenerforderlich sind, etwaige Anpassungen der Restzahlung vorzunehmen“.

20.
    Am 30. Oktober 1990 bestätigten die portugiesischen Behörden gemäß Artikel 5Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83 die sachliche und rechnerische Richtigkeitder von der Klägerin für die beiden Vorhaben gestellten Restzahlungsanträge. Inden Schreiben, mit denen diese Anträge der Kommission übermittelt wurden, teiltedas DAFSE dieser jedoch mit, daß die Bestätigung der in diesen Anträgenenthaltenen Angaben vorbehaltlich einer noch durchzuführenden finanziellenÜberprüfung erfolge.

21.
    Mit gleichlautenden Schreiben vom 25. Januar 1991 teilte das DAFSE der Klägerinmit, daß die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Audite beauftragt worden sei, diebeiden fraglichen Vorhaben sachlich und rechnerisch zu überprüfen.

22.
    Am 28. Januar 1991 wies das DAFSE die Klägerin in einem Schreiben darauf hin,daß es seine endgültige Entscheidung über die beiden Vorhaben vom Ergebnisdieser finanziellen Überprüfung abhängig mache.

23.
    Am 20. Februar 1991 übermittelte die Firma Audite dem DAFSE zweiPrüfungsberichte, für jedes Vorhaben einen.

24.
    Am 10. September 1991 kamen die Klägerin, das DAFSE und Vertreter der FirmaAudite zu einer Besprechung über die beiden Vorhaben zusammen.

25.
    Das DAFSE unterrichtete die Klägerin mit Schreiben vom 11. September 1991über das Ergebnis der durchgeführten Prüfung. Außerdem forderte es sie zurRückzahlung der von ihm als nicht zuschußfähig angesehenen Beträge auf. DieKlägerin focht diesen Bescheid unmittelbar vor den portugiesischenVerwaltungsgerichten an, teilte aber dem DAFSE ihre Einwände gegen die indiesem Schreiben vom 11. September 1991 angekündigte Kürzung der Zuschüssenicht gesondert mit.

26.
    Danach wartete das DAFSE bis zum 22. September 1995 den Ausgang der von derKlägerin gegen das Schreiben vom 11. September 1991 erhobenen Klage ab.

27.
    Mit Schreiben vom 22. September 1995 übermittelte das DAFSE der Kommissiondas Ergebnis der 1991 durchgeführten Prüfung und legte ihr folglich dieentsprechend diesem Prüfungsergebnis berichtigten Restzahlungsanträge vor.

28.
    Am 6. März 1996 teilte das DAFSE der Klägerin mit, daß die Kommission über diebeiden Restzahlungsanträge entschieden und das ihr bereits am 11. September 1991übermittelte Ergebnis der finanziellen Überprüfung bestätigt habe.

29.
    Am 4. April 1996 verlangte die Klägerin vom DAFSE Kopie der Entscheidungender Kommission. Außerdem beantragte sie Einsicht in die Verwaltungsakte desESF. Diese Akteneinsicht wurde ihr am 24. April 1996 gewährt, und sie stellte fest,daß außer den Belastungsvermerken der Kommission über die von der Klägerin inden beiden fraglichen Vorhaben zurückzuzahlenden Beträge keine weiterenEntscheidungshandlungen vorlagen.

30.
    Die Klägerin erhob daraufhin beim Gericht gegen diese Handlungen Klagen, diemit dem Aktenzeichen T-70/96 und T-72/96 in das Register der Kanzlei desGerichts eingetragen wurden. Die Kommission nahm diese Handlungen jedoch vonsich aus zurück und ersetzte sie durch die beiden Entscheidungen vom 14. August1996, die Gegenstand der vorliegenden Klagen sind. Mit Beschlüssen vom 12.November 1996 ordnete der Präsident der Zweiten Kammer daher die Streichungder Rechtssachen T-70/96 und T-72/96 im Register des Gerichts an und erlegte derKommission die Kosten auf.

31.
    Am 14. August 1996 erließ die Kommission die Entscheidung C (96) 1185 über dasVorhaben I. Diese Entscheidung wurde der Klägerin vom DAFSE am 20.September 1996 bekanntgegeben.

32.
    In dieser Entscheidung heißt es:

„Die portugiesische Regierung hat der Kommission am 30. Oktober 1990 einenAntrag auf Restzahlung über einen Betrag von 3 337 532 ESC vorgelegt und gemäßArtikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83 die sachliche und rechnerischeRichtigkeit dieses Antrags bestätigt.

Nachdem verschiedene Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung der vom ESFfinanzierten Maßnahmen entdeckt worden waren, unterrichtete der Mitgliedstaatdie Kommission und beschloß, eine bestimmte Anzahl von Vorhaben zuüberprüfen. In diesem Rahmen ergibt sich nach Überprüfung desRestzahlungsantrags für das Vorhaben Nr. 890583 P1 auf der Grundlage einerBuchprüfung in bezug auf die Maßnahme, daß ein Teil der von Mediocursoeingereichten Ausgaben ... aus den Gründen, die in dem von dem Mitgliedstaatabgesandten Schreiben Nr. 10992 vom 22. September 1995 dargelegt sind, nichtanerkannt werden kann.

Der Mitgliedstaat hat Mediocurso ... das Ergebnis der vom Prüfer durchgeführtenÜberprüfung bekanntgegeben (Schreiben Nr. 8739 vom 11. September 1991).Mediocurso hat keine Einwände erhoben.

Das von der Kommission für das Vorhaben Nr. 890583 P1 bewilligteGesamtvolumen von 7 468 207 ESC hat Mediocurso in Höhe von 396 572 ESCnicht ausgeschöpft ... Nach Auffassung der Kommission entsprechen bestimmte vonMediocurso eingereichte Ausgaben nicht den durch die Entscheidung über dieGenehmigung festgesetzten Bedingungen. Daher ist der Zuschuß noch um4 819 741 ESC zu kürzen und der Zuschuß des ESF aus den in den nachfolgendgenannten Schriftstücken aufgeführten Gründen auf 2 251 894 ESC festzusetzen:

-    Bericht über die von dem Wirtschaftsprüfer vorgenommene Überprüfung;

-    Brief Nr. 10 992 des DAFSE vom 22. September 1995 samt Anlagen;

...

hat folgende Entscheidung erlassen:

Artikel 1

Der Mediocurso durch die Entscheidung C (89) 0570 der Kommission vom 22.März 1989 in Höhe von 7 468 207 ESC gewährte Zuschuß des ESF wird auf2 251 894 ESC gekürzt.

Artikel 2

An die Kommission ist ein Betrag von 1 482 209 ESC zurückzuzahlen ...“

33.
    Ebenfalls am 14. August 1996 erließ die Kommission die Entscheidung C (96) 1186über das Vorhaben II. Diese Entscheidung hat im wesentlichen denselben Wortlautwie die über das Vorhaben I. Sie wurde der Klägerin vom DAFSE am 20.September 1996 bekanntgegeben.

34.
    Diese Entscheidung lautet in ihrem verfügenden Teil:

„Artikel 1

Der Mediocurso durch die Entscheidung C (89) 0570 der Kommission vom 22.März 1989 in Höhe von 6 890 635 ESC gewährte Zuschuß des ESF wird auf2 174 072 ESC gekürzt.

Artikel 2

An die Kommission ist ein Betrag von 1 271 245 ESC zurückzuzahlen ...“

35.
    Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 14. November 1996 bei der Kanzlei desGerichts eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung derKommission vom 14. August 1996 über das Vorhaben I erhoben (RechtssacheT-180/96).

36.
    Außerdem hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 14. November 1996 bei derKanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidungder Kommission vom 14. August 1996 über das Vorhaben II erhoben (RechtssacheT-181/96).

37.
    Mit Schreiben vom 24. März 1998 hat das Gericht die Parteien ersucht, sich zueiner etwaigen Verbindung der Rechtssachen T-180/96 und T-181/96 zu äußern.Die Parteien haben dagegen keine Einwände erhoben. Daher werden dieRechtssachen T-180/96 und T-181/96 gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung desGerichts zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

38.
    Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, diemündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Im Rahmenprozeßleitender Maßnahmen hat es die Parteien aufgefordert, einige Fragenschriftlich zu beantworten. Diesen Aufforderungen ist nachgekommen worden.

39.
    Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung des Gerichts vom 11. Juni 1998mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

Rechtssache T-180/96

40.
    Die Klägerin beantragt,

-    die Aufnahme der Verwaltungsakte der Kommission und der Akte desDAFSE in die Prozeßakte anzuordnen;

-    die Entscheidung C (96) 1185 der Kommission vom 14. August 1996 fürnichtig zu erklären;

-    der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

41.
    Die Kommission beantragt,

-    die Klage als unbegründet abzuweisen;

-    der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtssache T-181/96

42.
    Die Klägerin beantragt,

-    die Aufnahme der Verwaltungsakte der Kommission und der Akte desDAFSE in die Prozeßakte anzuordnen;

-    die Entscheidung C (96) 1186 der Kommission vom 14. August 1996 fürnichtig zu erklären;

-    der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

43.
    Die Kommission beantragt,

-    die Klage als unbegründet abzuweisen;

-    der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Begründetheit

44.
    In beiden Rechtssachen macht die Klägerin fünf Klagegründe geltend:

-    erstens, Verletzung des Grundsatzes der Verteidigungsrechte der Klägerin;

-    zweitens, Nichteinhaltung einer angemessenen Frist;

-    drittens, Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83, dadem portugiesischen Staat vor Erlaß der angefochtenen Entscheidungenkeine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei;

-    viertens, Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und desVertrauensschutzes, da die angefochtenen Entscheidungen dervorangegangenen Bestätigung der in den Restzahlungsanträgen enthaltenenAngaben widersprächen;

-    fünftens, Verletzung der Begründungspflicht und bestimmter allgemeinerRechtsgrundsätze sowie fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts.

Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

45.
    Die Klägerin macht erstens geltend, daß die Kommission ihr keine Gelegenheitgegeben habe, sich zu den Kürzungen der fraglichen Zuschüsse zu äußern. DieBeachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer beschwerendenMaßnahme führen könnten, sei ein fundamentaler Grundsatz desGemeinschaftsrechts (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1994 in derRechtssache T-450/93, Lisrestal u. a./Kommission, Slg. 1994, II-1177, Randnr. 42).Diesem Grundsatz komme eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn wie imvorliegenden Fall ein zunächst bewilligter Zuschuß durch die angefochtenenEntscheidungen gekürzt werde (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in derRechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-3573, Randnrn. 16 bis 18).

46.
    Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 sei allein die Kommissiondazu befugt, einen Zuschuß des ESF auszusetzen, zu kürzen oder zu streichen.Folglich habe die Kommission selbst vor Erlaß der streitigen Entscheidungen diePrüfung bei der Klägerin veranlassen müssen.

47.
    Es sei zwar zulässig gewesen, daß sie von einer anderen Einrichtung wie etwa demDAFSE angehört werde, bevor die Kommission einen vorläufigen Standpunkteinnehme. Eine solche vorherige Anhörung sei aber nur zweckmäßig, wenn ihrInhalt der Kommission zur Kenntnis gebracht werde, was in der vorliegendenRechtssache nicht geschehen sei.

48.
    Die Kommission macht geltend, daß die Klägerin 1991 nach Mitteilung desErgebnisses der Finanzprüfung und in verschiedenen Sitzungen mit dem DAFSEGelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe, so daß davon auszugehen sei, daß sieentsprechend dem Urteil Lisrestal u. a./Kommission (Randnr. 49) Gelegenheitgehabt habe, zur beabsichtigten Kürzung des Zuschusses in zweckdienlicher WeiseStellung zu nehmen.

Würdigung durch das Gericht

49.
    Nach ständiger Rechtsprechung müssen die Verteidigungsrechte des Empfängerseines Zuschusses des ESF beachtet werden, wenn die Kommission einen solchenZuschuß kürzt (vgl. u. a., Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996,Kommission/Lisrestal u. a., C-32/95 P, Slg. 1996, I-5373, Randnrn. 21 bis 44).

50.
    Außerdem hat das Gericht in seinem Urteil Lisrestal u. a./Kommission(Randnr. 49), ohne daß dies vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Oktober1996, Kommission/Lisrestal u. a., beanstandet wurde, festgestellt, daß dieKommission, die gegenüber dem Zuschußempfänger allein die rechtlicheVerantwortung für die Entscheidungen trägt, durch die ein Zuschuß des ESFgekürzt wird, eine solche Entscheidung nicht erlassen durfte, ohne dem Empfängerzuvor Gelegenheit gegeben zu haben, zur beabsichtigten Kürzung des Zuschussesin zweckdienlicher Weise Stellung zu nehmen, oder sich vergewissert zu haben, daßihm diese Gelegenheit gegeben wurde.

51.
    Die Klägerin hat sowohl in ihren Anträgen als auch in ihrer Antwort auf dieschriftliche Frage des Gerichts anerkannt, vom DAFSE vor Absendung desSchreibens vom 11. September 1991 angehört worden zu sein. Das DAFSE hat sichin diesem Schreiben nicht sämtliche von der Klägerin zu den beabsichtigtenKürzungen abgegebenen Erklärungen zu eigen gemacht.

52.
    Die Klägerin hat jedoch zu diesem Schreiben keine förmlichen Erklärungenabgegeben, wie in den angefochtenen Entscheidungen zu Recht ausgeführt ist. Siehat sich nämlich darauf beschränkt, dieses Schreiben vor den portugiesischenVerwaltungsgerichten anzufechten. Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin aberaußerdem solche Erklärungen förmlich abgeben müssen, damit diese vom DAFSEan die Kommission hätten weitergeleitet werden können. Unter diesen Umständenkann sich die Klägerin nicht darauf berufen, daß ihre etwaigen Erklärungen nichtan die Kommission weitergeleitet worden sind, da dies auf ihrer eigenenUntätigkeit beruht.

53.
    Der Klägerin ist damit Gelegenheit gegeben worden, zu den gegen sie erhobenenVorwürfen „in zweckdienlicher Weise“ im Sinne des Urteils des Gerichts Lisrestalu. a./Kommission Stellung zu nehmen.

54.
    Aus diesen Gründen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Nichteinhaltung einer angemessenen Frist

Vorbringen der Parteien

55.
    Die Klägerin hält die Verordnung Nr. 2950/83 und die Entscheidung 83/673 fürlückenhaft, da in ihnen keine Frist bestimmt sei, innerhalb deren die Kommissionüber einen Antrag auf Restzahlung eines ESF-Zuschusses zu entscheiden habe. Essei insoweit auszuschließen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber es erlaube, denErlaß solcher Entscheidungen unbegrenzt aufzuschieben. Der Gerichtshof habe fürdie Lösung derartiger Probleme das Kriterium der „angemessenen Frist“vorgesehen (Urteile des Gerichtshofes vom 6. Juli 1971 in der Rechtssache 59/70,Niederlande/Kommission, Slg. 1971, 639, und vom 11. Dezember 1973 in derRechtssache 120/73, Lorenz, Slg. 1973, 1471).

56.
    Folglich habe die Kommission, indem sie erst nach sieben Jahren eineEntscheidung erlassen habe, gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzesverstoßen, da weder die anwendbaren Rechtsvorschriften noch die tatsächlichenGegebenheiten die fraglichen Vorhaben als besonders komplex auswiesen.

57.
    Schließlich sei es unerheblich, daß sie über Zweifel des DAFSE an derZuschußfähigkeit bestimmter Ausgaben unterrichtet gewesen sei. Der Grundsatzder Rechtssicherheit solle nämlich gerade verhindern, daß eine Situation derUnsicherheit lange anhalte.

58.
    Die Kommission weist erstens darauf hin, daß Artikel 6 Absatz 1 der VerordnungNr. 2950/83 keine Frist vorsehe, die ihre Befugnis zur Kürzung eines ESF-Zuschusses einschränke. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dieKürzung eines Zuschusses bei Verdacht von Unregelmäßigkeiten nicht von derEinhaltung von Fristen abhängig zu machen. Die Klägerin habe daher nichterwarten dürfen, daß keine Kürzung der Zuschüsse beschlossen werde.

59.
    Zweitens habe das Gericht in seinem Urteil vom 19. März 1997 in der RechtssacheT-73/95 (Oliveira/Kommission, Slg. 1997, II-381, Randnrn. 45 bis 47) festgestellt,daß die Angemessenheit einer Frist von der Art der zu ergreifenden Maßnahmenund den konkreten Umständen des jeweiligen Falles abhänge.

60.
    Drittens könne der streitige Zeitraum nicht als übermäßig lang angesehen werden,da die Klägerin rechtzeitig über die Ergebnisse der finanziellen Überprüfungunterrichtet worden sei. Überdies sei ihr bekannt gewesen, daß bestimmteAusgaben als nicht zuschußfähig angesehen würden.

Würdigung durch das Gericht

61.
    Nach ständiger Rechtsprechung beurteilt sich die Angemessenheit der Dauer einesVerwaltungsverfahrens anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfallsund insbesondere nach dessen Kontext, den verschiedenen Verfahrensabschnitten,der Komplexität der Angelegenheit sowie ihrer Bedeutung für die verschiedenenBeteiligten (Urteile des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den verbundenenRechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739,Randnr. 57, und Oliveira/Kommission, Randnr. 45).

62.
    Aus dieser Sicht ist zu beurteilen, ob die Frist zwischen der Einreichung derRestzahlungsanträge der Klägerin im Dezember 1989 und dem Erlaß derangefochtenen Entscheidungen am 14. August 1996 angemessen war.

63.
    Von Dezember 1989 bis September 1991 führte das DAFSE in Zusammenarbeitmit der Firma Audite eine finanzielle Überprüfung durch, mit der das sachlicheund rechnerische Bestehen der von der Klägerin gemachten Ausgaben festgestelltwerden sollte.

64.
    Von September 1991 bis zum 22. September 1995, als der Kommission dasErgebnis dieser Überprüfung übermittelt wurde, wartete das DAFSE ausverständlichen Gründen die Entscheidung der portugiesischen Verwaltungsgerichteüber die von der Klägerin gegen das Schreiben vom 11. September 1991 erhobeneKlage ab.

65.
    Anschließend teilte das DAFSE der Klägerin mit Schreiben vom 6. März 1996 mit,daß die Kommission über ihre Restzahlungsanträge entschieden habe.

66.
    Schließlich nahm die Kommission in Anbetracht des Urteils des Gerichts vom 13.Dezember 1995 in der Rechtssache T-85/94 (122) (Kommission/Branco,Slg. 1995, II-2993) diese Entscheidungen zurück und ersetzte sie durch die beidenangefochtenen Entscheidungen, in denen die Gründe für die Kürzung desZuschusses des ESF ausführlich genannt sind.

67.
    Aus diesem Ablauf geht hervor, daß jeder der vor dem Erlaß der angefochtenenEntscheidungen liegenden Verfahrensabschnitte in einer Frist stattfand, dieentsprechend den Umständen, die die mit der Verwaltung des ESF betrautennationalen und gemeinschaftlichen Stellen bei der Prüfung vonRestzahlungsanträgen rechtmäßig berücksichtigen konnten, angemessen war.

68.
    Daher ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83,da dem portugiesischen Staat vor Erlaß der angefochtenen Entscheidungen keineGelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei

Vorbringen der Parteien

69.
    Die Klägerin macht geltend, daß die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 derVerordnung Nr. 2950/83 diesen Zuschuß aussetzen, kürzen oder streichen könne,nachdem sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahmegegeben habe.

70.
    Im vorliegenden Fall habe die Kommission jedoch die streitigen Entscheidungenerlassen, ohne den portugiesischen Behörden Gelegenheit gegeben zu haben, zuderen Inhalt Stellung zu nehmen, was eine Verletzung wesentlicherFormvorschriften darstelle (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in derRechtssache C-304/89, Oliveira/Kommission, Slg. 1991, I-2283).

71.
    Nach Ansicht der Kommission stellen die angefochtenen Entscheidungen eineBestätigung der Kürzungsvorschläge des DAFSE dar. Daher seien dieFörmlichkeiten des Artikels 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 als erfülltanzusehen.

Würdigung durch das Gericht

72.
    Im Rahmen ihres dritten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission imwesentlichen vor, sie habe dem DAFSE nicht Gelegenheit gegeben, zu den von ihrbeabsichtigten Kürzungen noch einmal Stellung zu nehmen.

73.
    Aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. Oktober 1990 in der RechtssacheC-200/89 (FUNOC/Kommission, Slg. 1990, I-3669, Randnr. 17) ergibt sich jedoch,daß die Pflicht zur Konsultation des Mitgliedstaats als erfüllt anzusehen ist, wenneiner Entscheidung wie in den vorliegenden Rechtssachen ein Schriftwechselzwischen der Kommission und den nationalen Behörden, die vor Erlaß derendgültigen Entscheidung Stellung genommen haben, vorausgegangen ist.

74.
    Außerdem ist unstreitig, daß das DAFSE, das bei der Verwaltung des ESF denportugiesischen Staat vertritt, der Kommission seine Beurteilung in bezug auf diefraglichen Vorhaben mit Schreiben vom 22. September 1995 mitgeteilt hat.

75.
    Überdies ergibt sich aus der Begründung der angefochtenen Entscheidungen, daßder von der Kommission darin eingenommene Standpunkt eine bloße Bestätigungder Vorschläge des DAFSE zur Kürzung der Zuschüsse darstellt.

76.
    Daher ist die Pflicht zur Konsultation des Mitgliedstaats als bereits dadurch erfülltanzusehen, daß dieser Mitgliedstaat seine Vorschläge zur Kürzung der Zuschüssevor Erlaß der endgültigen Entscheidungen vom 14. August 1996 übermittelt hat.

77.
    Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und desVertrauensschutzes, da die angefochtenen Entscheidungen der vorherigen Bestätigungder in den Restzahlungsanträgen enthaltenen Angaben widersprächen

Vorbringen der Parteien

78.
    Die Klägerin weist darauf hin, daß die portugiesischen Behörden die sachliche undrechnerische Richtigkeit der Restzahlungsanträge gemäß Artikel 5 Absatz 4 derVerordnung Nr. 2950/83 bestätigt hätten. Dieser Bestätigung widersprächen dieangefochtenen Entscheidungen jedoch, da sie das Bestehen bestimmter Ausgabenund die vorher anerkannte buchmäßige Einordnung in Zweifel zögen.

79.
    Diese Folge abweichender Stellungnahmen stelle eine Verletzung der Grundsätzeder Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dar. Durch die Bestätigung werdenämlich die Rechtsstellung der Klägerin endgültig festgelegt. Eine solcheBestätigung hindere die Kommission zwar nicht daran, einen ursprünglichgenehmigten Zuschuß auszusetzen oder zu kürzen, jedoch nur, soweit sie nicht dastatsächliche Bestehen und die buchmäßige Einordnung der betreffenden Ausgabenbestreite.

80.
    Die Kommission habe erst im Verfahren vor dem Gericht behauptet, daß die vonden portugiesischen Behörden erteilte Bestätigung bedingt sei, während dieangefochtenen Entscheidungen insoweit nichts aussagten. Im übrigen sähen diegeltenden Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer solchen bedingten Bestätigungnicht vor.

81.
    Die mit einem Antrag auf Restzahlung befaßten nationalen Behörden hätten nurzwei Möglichkeiten: bestätigen oder nicht bestätigen. Da die Verordnung Nr.2950/83 für die Bestätigung eine Frist vorsehe, könnten die portugiesischenBehörden nicht eine „bedingte Bestätigung“ erteilen und damit diese zwingendeFrist umgehen.

82.
    Die Kommission macht geltend, die portugiesischen Behörden hätten die fraglichenZahlungsanträge gerade zum Schutz der Interessen der Klägerin und zurEinhaltung der Zehnmonatsfrist des Artikels 6 Absatz 1 der Entscheidung 83/673mit dem Hinweis bestätigt, daß die endgültige Entscheidung vorbehaltlich derDurchführung einer späteren finanziellen Überprüfung erfolge.

83.
    Außerdem könnten Anträge auf Restzahlung nach Artikel 7 der Verordnung Nr.2950/83 unbeschadet der Prüfungen durch die Mitgliedstaaten später überprüftwerden. Schließlich sei nach der Rechtsprechung allein die Kommission für dieKürzung eines Zuschusses des ESF verantwortlich, unabhängig von einem dahingehenden Vorschlag der betreffenden nationalen Behörde (UrteilKommission/Branco, Randnrn. 23 und 24).

Würdigung durch das Gericht

84.
    Zunächst ist daran zu erinnern, daß das DAFSE der Klägerin nach der Bestätigungam 30. Oktober 1990 mit Schreiben vom 25. und 28. Januar 1991 mitteilte, daß dieFirma Audite beauftragt worden sei, die getätigten Ausgaben sachlich undrechnerisch zu überprüfen, und daß es seine endgültige Entscheidung vom Ergebnisdieser finanziellen Überprüfung abhängig mache. Die Klägerin wurde also zügigdarüber informiert, daß an der Zuschußfähigkeit der angeblich getätigten Ausgabenernsthafte Zweifel bestanden.

85.
    Sodann ist zu prüfen, inwieweit die Bestätigung bestimmter Ausgaben durch dienationalen Behörden gegenüber dem Zuschußempfänger deren endgültigeStellungnahme zu den bestätigten Merkmalen darstellt und ob eine solcheStellungnahme die Kommission bindet.

86.
    Die Erteilung der Bestätigung durch den Mitgliedstaat entbindet diesen nicht vonden sonstigen Pflichten nach der anwendbaren Gemeinschaftsregelung. So bleibtder Mitgliedstaat durch Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 83/516 gehalten, dieordnungsgemäße Verwirklichung der Maßnahmen des ESF zu gewährleisten.Außerdem hat er nach Artikel 7 der Entscheidung 83/673 unverzüglich dieKommission zu unterrichten, wenn die Verwaltung einer Maßnahme, für die einZuschuß gewährt worden ist, zum Gegenstand einer Untersuchung wegenvermuteter Unregelmäßigkeiten wird.

87.
    Da die Einhaltung dieser Pflichten keiner Frist unterliegt, gelten sie für dienationalen Behörden, solange die Kommission über die Restzahlung nicht endgültigentschieden hat.

88.
    Im übrigen ergibt sich aus den Artikeln 6 und 7 der Verordnung Nr. 2950/83, indenen das Verfahren für den Fall geregelt ist, daß die Kommission feststellt, daßdie Bedingungen für die Gewährung eines Zuschusses nicht beachtet wurden, oderwenn sie im Anschluß an einen Restzahlungsantrag Nachprüfungen vornehmen will,daß im Rahmen der Verwaltung des ESF der Mitgliedstaat als bevorzugterAnsprechpartner der Kommission angesehen wird.

89.
    Folglich ist davon auszugehen, daß ein Mitgliedstaat an bestimmte Pflichtengebunden bleibt, insbesondere die, jede Unregelmäßigkeit bei der Verwaltung desESF zu melden, auch nach Durchführung der sachlichen und rechnerischen Prüfunggemäß Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83. Die Rechtsstellung derKlägerin wurde also durch die Bestätigung der Ausgaben nicht endgültig festgelegt.

90.
    Überdies ist nach der Rechtsprechung für Entscheidungen über die Kürzung alleindie Kommission verantwortlich, unabhängig von einem dahin gehenden Vorschlagder nationalen Behörde (Urteile Kommission/Lisrestal u. a., Randnr. 29, undKommission/Branco, Randnrn. 23 und 24). Die Ausübung dieser ausschließlichenBefugnis der Kommission kann nicht von der Bestätigung nach Artikel 5 Absatz 4der Verordnung Nr. 2950/83 abhängen. Es bleibt der Kommission nämlichunbenommen, einen Gemeinschaftszuschuß zu kürzen, auch wenn der Mitgliedstaatdie sachliche und rechnerische Richtigkeit aller zur Begründung desRestzahlungsantrags gelieferten Angaben bestätigt hat, sofern sie ihreKürzungsentscheidung hinreichend begründet, wenn sie vom Vorschlag dernationalen Behörden inhaltlich abweicht.

91.
    Dem Vorbringen der Klägerin, die Befugnis der Kommission sei im vorliegendenFall hinsichtlich der Art der Streichungen oder Kürzungen, die sie nach Bestätigungder sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der getätigten Ausgaben beschließenkönne, beschränkt, ist daher nicht zu folgen.

92.
    Im übrigen ist im Hinblick darauf, daß die nationalen Behörden nach Artikel 2Absatz 2 des Beschlusses 83/516 die ordnungsgemäße Verwirklichung derfinanzierten Maßnahmen zu gewährleisten und der Kommission nach Artikel 7 derEntscheidung 83/673 jeden Verdacht einer Unregelmäßigkeit zu melden haben, dieBestätigung im Sinne des Artikels 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83 so zuverstehen, daß sie ihrer Natur nach von den nationalen Behörden unter Vorbehalterteilt wird. Eine andere Auslegung würde die praktische Wirksamkeit der dennationalen Behörden obliegenden Verpflichtung beeinträchtigen, die bei derVerwaltung des ESF festgestellten Unregelmäßigkeiten zu melden. Die Bestätigungbeeinträchtigt daher nicht die sonstigen Befugnisse, die die nationalen Behördenund die Kommission weiter ausüben können müssen, um die ordnungsgemäßeVerwirklichung der vom ESF finanzierten Maßnahmen zu gewährleisten.

93.
    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß das DAFSE seine Pflicht zurÜberwachung des Ablaufs der Verwaltung der vom ESF gewährten Zuschüsseausübte, als es eine finanzielle Überprüfung der von der Klägerin getätigtenAusgaben durch die Firma Audite veranlaßte, nachdem es die sachliche undrechnerische Richtigkeit dieser Ausgaben selbst bestätigt hatte.

94.
    Daher ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht und bestimmterallgemeiner Rechtsgrundsätze sowie fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts

Erster Teil des fünften Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag

- Vorbringen der Parteien

95.
    Die Klägerin weist darauf hin, daß die beiden angefochtenen Entscheidungen zumeinen auf den von der Firma Audite in beiden Vorgängen erstellten Bericht undzum anderen auf das Schreiben des DAFSE vom 22. September 1995 gestütztseien.

96.
    Sie wisse aber nicht, auf welchen Bericht genau sich die Kommission in den beidenVorhaben jeweils beziehe. Die Firma Audite habe nämlich in ihrenGeschäftsräumen verschiedene Nachprüfungen vorgenommen und mehrereBerichte erstellt, deren Ergebnisse manchmal widersprüchlich seien. Im übrigen seijeder Bericht von der Firma Audite später geändert worden. Außerdem seien dieBeträge, die die Kommission in den beiden streitigen Entscheidungenzurückfordere, nicht dieselben wie die in den Berichten der Firma Audite.

97.
    Schließlich sei in der Rechtsprechung des Gerichts zwar die Begründung durchBezugnahme grundsätzlich anerkannt, doch müsse eine so begründete Entscheidunghinreichend deutlich auf den Rechtsakt Bezug nehmen, in dem die Erläuterungwiedergegeben werde (Urteil Kommission/Branco, Randnr. 27). Im vorliegendenFall entsprächen aber die Bezugnahmen auf die Prüfungsberichte nicht diesemErfordernis, da diese Berichte nicht ausreichend identifizierbar seien und ihr Inhaltder Klägerin nicht vorher mitgeteilt worden sei. Daher verstießen dieangefochtenen Entscheidungen gegen Artikel 190 EG-Vertrag.

98.
    Nach Auffassung der Kommission sind die Dokumente, auf die die angefochtenenEntscheidungen gestützt sind, in diesen auf eindeutige Weise genannt worden.

- Würdigung durch das Gericht

99.
    Zunächst ist daran zu erinnern, daß nach ständiger Rechtsprechung die nachArtikel 190 EG-Vertrag vorgeschriebene Begründung die Überlegungen derGemeinschaftsbehörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zumAusdruck bringen muß, daß die Betroffenen die Gründe für die erlasseneMaßnahme erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabewahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofes vom 15. April 1997 in derRechtssache C-22/94, Irish Farmers Association u. a., Slg. 1997, I-1809, Randnr. 39,und des Gerichts vom 14. Juli 1997 in der Rechtssache T-81/95,Interhotel/Kommission, Slg. 1997, II-1265, Randnr. 72). Die Tragweite dieser Pflichtist je nach der Natur des Rechtsakts und dem Zusammenhang, in dem er erlassenworden ist, unterschiedlich.

100.
    Zudem kann nach dem Urteil des Gerichts vom 12. Januar 1995 in der RechtssacheT-85/94 (Branco/Kommission, Slg. 1995, II-45, Randnr. 36) in einem Fall wie demvorliegenden, in dem die Kommission den Vorschlag eines Mitgliedstaats, einenursprünglich gewährten Zuschuß zu kürzen, nur bestätigt, eine Entscheidung derKommission als im Sinne des Artikels 190 des Vertrages ordnungsgemäß begründetangesehen werden, wenn sie entweder die Gründe, die die Kürzung des Zuschussesrechtfertigen, selbst klar zum Ausdruck bringt oder andernfalls hinreichend deutlichauf einen Rechtsakt der zuständigen Behörden des betreffenden MitgliedstaatsBezug nimmt, in dem diese die Gründe für eine derartige Kürzung klar angeben.

101.
    Das Vorbringen der Klägerin ist anhand dieser Grundsätze zu prüfen.

102.
    Zunächst ist festzustellen, daß die Behauptung der Klägerin, es gebe für jedesVorhaben mehrere einander widersprechende Prüfungsberichte, nicht zutrifft. DieFirma Audite gab nämlich in jedem der beiden Vorhaben nur jeweils einen Berichtab. Diese beiden Berichte, die der Klagebeantwortung in beiden Rechtssachenbeigefügt sind, wurden dem DAFSE am 20. Februar 1991 übermittelt.

103.
    Die Unterschiede zwischen den in diesen beiden Prüfungsberichten und den in denangefochtenen Entscheidungen genannten Beträgen sind ihrerseits durchÄnderungen verursacht, die zwar erst nach der Abgabe dieser Berichte beimDAFSE, aber vor der Bekanntgabe der Endergebnisse der Überprüfung durch dasDAFSE am 11. September 1991, an der die Klägerin übrigens eng beteiligt war,eingetreten waren.

104.
    Die Klägerin hat im übrigen in ihrer schriftlichen Antwort auf Fragen des Gerichtssowie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß ihr der wesentliche Inhaltder Prüfungsberichte der Firma Audite durch das Schreiben vom 11. September1991 mitgeteilt wurde, obwohl diesem Schreiben keine Kopie der Berichte selbstbeigefügt war.

105.
    Der Klägerin ist also Gelegenheit gegeben worden, die Begründung, auf die sichdie Kommission in den angefochtenen Entscheidungen stützt, zur Kenntnis zunehmen, zumal in ihren Entscheidungen auch auf das Schreiben des DAFSE vom22. September 1995 Bezug genommen war, in dem die Gründe für die streitigenKürzungen ebenfalls ausführlich angegeben waren.

106.
    Aus den vorstehenden Erörterungen ergibt sich, daß, vorbehaltlich des Ergebnissesder Prüfung der einzelnen Rubriken, die nachstehend im Rahmen des dritten Teilsdes vorliegenden Klagegrundes erfolgt, die angefochtenen Entscheidungen dieallgemeinen Überlegungen der Kommission klar und eindeutig zum Ausdruckbringen, da in diesen Entscheidungen umfassend auf Dokumente Bezug genommenwird, die das DAFSE klar bezeichnet hat.

107.
    Daher ist der erste Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

Zweiter Teil des fünften Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze desVertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

- Vorbringen der Parteien

108.
    Die Klägerin macht geltend, daß die angefochtenen Entscheidungen in Wirklichkeitauf Unregelmäßigkeiten in den vorgelegten Belegen oder einer nichtordnungsgemäßen Einordnung der fraglichen Ausgaben beruhten. SolcheEinschränkungen hinsichtlich der Verwendung des Zuschusses hätten spätestens imZeitpunkt seiner Genehmigung bekannt sein müssen und könnten nichtnachträglich, bei Bewilligung der Restzahlung wie im vorliegenden Fall, auferlegtwerden. Insoweit könne die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 der VerordnungNr. 2950/83 einen Zuschuß nur dann aussetzen, kürzen oder streichen, wenn ernicht unter den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandtwerde.

109.
    Folglich verletzten viele der in den angefochtenen Entscheidungen vorgenommenenStreichungen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit,denn sie seien nicht auf rechtliche Bestimmungen gestützt gewesen, die beiBewilligung des Zuschusses bekannt gewesen seien (Urteile des Gerichtshofes vom28. April 1988 in der Rechtssache 170/86, Von Deetzen, Slg. 1988, 2355, und vom1. Oktober 1987 in der Rechtssache 84/85, Vereinigtes Königreich/Kommission,Slg. 1987, 3765).

110.
    Die Kommission hält keine Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit unddes Vertrauensschutzes für gegeben. Das Vertrauen eines Zuschußempfängerswerde nämlich durch eine Bewilligungsentscheidung nur dann geschützt, wenn derZuschuß entsprechend den durch diese Entscheidung festgesetzten Bedingungenverwendet werde. Im vorliegenden Fall seien die fraglichen Zuschüsse aber nurzum Teil entsprechend diesen Bedingungen verwendet worden.

111.
    Im übrigen weist sie auf die Entscheidung Nr. 6/88, veröffentlicht im Diàrio daRepùblica vom 18. Februar 1988, hin, in der es heißt:

„1. Das DAFSE nimmt als Beleg für Ausgaben, die für die fraglichen Maßnahmengetätigt wurden, nur Rechnungen und Quittungen an.

2. Die im vorstehenden Absatz genannten Dokumente müssen die erforderlichenRechtfertigungen enthalten und entsprechend den in Nummer 14 des Formblattsfür den Restzahlungsantrag des ESF vorgesehenen Ansätzen aufgegliedert sein.“

- Würdigung durch das Gericht

112.
    Angesichts ihrer Befugnisse auf dem Gebiet der Nachprüfung und Kontrolle (sieheoben, Randnrn. 84 bis 93) muß es sowohl dem Mitgliedstaat als auch derKommission gestattet sein, jegliche Mißachtung, gleich ob diese betrügerischenCharakter hat oder nicht, der bei der Gewährung eines Gemeinschaftszuschussesgestellten Bedingungen durch den Empfänger aufzugreifen.

113.
    In den von der Klägerin unterzeichneten Einverständniserklärungen zu denEntscheidungen über die Gewährung der Zuschüsse (Nr. 1 b der Anlage 9 derKlageschriften in den beiden Rechtssachen) hat sich die Klägerin selbst zurEinhaltung der geltenden nationalen und gemeinschaftlichen Vorschriftenverpflichtet.

114.
    Unstreitig machen im übrigen sowohl das portugiesische als auch dasGemeinschaftsrecht die Verwendung öffentlicher Mittel von einem ordentlichenFinanzgebaren abhängig. So hat die Kommission in ihren Schriftsätzen auf dieEntscheidung Nr. 6/88 hingewiesen (Nr. 111), wo vom Empfänger eines Zuschussesfür Ausgaben, die für die fraglichen Maßnahmen getätigt wurden, gerade dieLieferung von Belegen nebst der Angabe verlangt wird, zu welchen Ansätzen siegehörten.

115.
    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wurden also die gerügtenUnregelmäßigkeiten nicht anhand eines Kriteriums festgestellt, das nicht zu denBedingungen gehörte, unter denen die Zuschüsse gewährt wurden. Im übrigen liegtdie Anwendung von Kriterien der „Angemessenheit“ der Ausgaben desZuschußempfängers und des „guten Finanzgebarens“ hinsichtlich des Zuschussesvöllig im Rahmen der Kontrolle, die der Mitgliedstaat nach Artikel 7 derEntscheidung 83/673 bei Verdacht von Unregelmäßigkeiten durchzuführen hat. ZurAnwendung dieser Kriterien ist nämlich lediglich zu überprüfen, ob die vomZuschußempfänger angeblich getätigten Ausgaben den Leistungen angemessensind, für die sie aufgewendet wurden.

116.
    Aus diesen Gründen ist der zweite Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

Dritter Teil des fünften Klagegrundes: offensichtliche Beurteilungsfehler derKommission bei der Entscheidung, die ursprünglich gewährten Zuschüsseentsprechend dem Schreiben des DAFSE vom 22. September 1995 zu kürzen

- Vorbemerkung

117.
    Im dritten Teil des fünften Klagegrundes beider Rechtssachen behauptet dieKlägerin im wesentlichen, der Kommission seien Rechtsfehler und Fehler bei derTatsachenbeurteilung unterlaufen, indem sie sich den Inhalt des Schreibens desDAFSE vom 22. September 1995 zu eigen gemacht habe. Sie wirft der Kommissionim wesentlichen vor, sie habe sich bei der Kürzung der ursprünglich gewährtenZuschüsse zu Unrecht auf die Feststellungen des DAFSE gestützt, mit denen dieEinordnung der verschiedenen Ausgaben, wie sie die Klägerin in ihrenRestzahlungsanträgen vorgenommen habe, und/oder der Beweiswert der von ihrzum Nachweis dieser Ausgaben vorgelegten Beweismittel in Frage gestellt werde.

118.
    Vor Prüfung der verschiedenen Argumente, die die Klägerin insoweit in den beidenRechtssachen vorgetragen hat, ist noch einmal zu erinnern, daß die Kommissionnach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 einen Zuschuß des ESF, dernicht entsprechend den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigungverwendet wird, aussetzen, kürzen oder streichen kann.

119.
    Außerdem kann die Kommission die Aussetzung, Kürzung oder Streichung einesZuschusses des ESF auf eine nationale oder gemeinschaftliche Bestimmung stützen,falls diese bei der Durchführung der fraglichen Maßnahme mißachtet wurde.Insoweit ist daran zu erinnern, daß die Klägerin in den Einverständniserklärungenzu den Bewilligungsentscheidungen erklärt hat, daß die Zuschüsse im Einklang mitden geltenden nationalen und gemeinschaftlichen Vorschriften verwendet würden(siehe oben, Randnr. 113).

120.
    Zudem muß die Kommission bei der Anwendung von Artikel 6 Absatz 1 derVerordnung Nr. 2950/83 möglicherweise komplexe Sachverhalte undBuchungssituationen beurteilen. Sie muß daher bei einer solchen Beurteilung übereinen weiten Beurteilungsspielraum verfügen. Folglich hat das Gericht seinePrüfung des vorliegenden Teils des Klagegrundes auf die Frage zu beschränken, obder Kommission bei der Beurteilung der fraglichen Gegebenheiten einoffensichtlicher Fehler unterlaufen ist (vgl. sinngemäß Urteil des Gerichtshofes vom29. Februar 1996 in der Rechtssache C-122/94, Kommission/Rat, Slg. 1996, I-881,Randnr. 18; Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994 in den verbundenenRechtssachen T-39/92 und T-40/92, CB und Europay/Kommission, Slg. 1994, II-49,Randnr. 109).

121.
    Im vorliegenden Fall sind die angefochtenen Entscheidungen ganz auf dasSchreiben des DAFSE vom 11. September 1991, in dem der wesentliche Inhalt derPrüfungsberichte der Firma Audite wiedergegeben ist, und das vom 22. September1995 gestützt. Daher ist zu prüfen, ob die Kommission durch Wiedergabe desInhalts dieser Schreiben einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

- Zur Begründetheit des Vorbringens der Klägerin in der Rechtssache T-180/96

122.
    Was erstens die Unterrubrik Lehrmaterial (14.2.1) anbelangt, so trägt die Klägerinvor, sie verstehe nicht, warum die Ausgaben für den Kauf von Stühlen und Tischenim Gegensatz zur früheren Praxis nicht als zuschußfähig angesehen worden seien.

123.
    Die Kommission weist darauf hin, daß diese Möbel als langlebige Güter anzusehenseien. Die betreffenden Beträge seien daher in die Rubrik 14.6 „NormaleAbschreibung“ eingeordnet worden, und es sei ein Abschreibungssatz von 10 %angewandt worden.

124.
    Die Kommission hat keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indemsie Stühle und Tische als langlebige Güter und nicht als Lehrmaterial ansah undfolglich die auf sie bezogenen Beträge in die Rubrik Normale Abschreibungeinordnete.

125.
    Im übrigen bedeutet die Tatsache, daß die Erfassung einer Ausgabe bei einemAnsatz in der Vergangenheit akzeptiert worden ist, nicht automatisch, daß einesolche Erfassung auch später akzeptiert werden muß, wenn sie mit den durch dieEntscheidung über die Genehmigung auferlegten Bedingungen oder dem nationalenoder dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist. Jedenfalls könnte ein etwaigerRechtsverstoß in der Vergangenheit bei der Klägerin kein berechtigtes Vertrauenschaffen (vgl. sinngemäß Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1991 in der RechtssacheT-156/89, Valverde Mordt/Gerichtshof, Slg. 1991, II-407, Randnr. 76).

126.
    Daher ist dieses erste Argument zurückzuweisen.

127.
    Was zweitens die Unterrubrik Besondere Arbeiten (14.2.7) anbelangt, so trägt dieKlägerin zunächst vor, es habe keinen Grund gegeben, die Entgelte der Fachkräfte,die besondere Dienstleistungen für die Ausarbeitung der Kurse und Lehrbüchernerbracht hätten, zu beschränken. Außerdem habe sie in dieser Unterrubrik einenBetrag von 374 400 ESC erfaßt, der durch eine Rechnung belegt sei. DieseRechnung betreffe Dienstleistungen, die in mehreren verschiedenen Rubriken zuerfassen seien, was durch keine Vorschrift verboten sei.

128.
    Nach Auffassung der Kommission beruht die Kürzung der Entgelte dieserFachkräfte auf der Untersuchung von vier Quittungen für die Erstellung vonLehrbüchern und Übungsheften durch die Klägerin. Diese erschienen nicht in derrichtigen Rubrik und enthielten außerdem keine genaue Angabe ihres Inhalts.Daher sei ein Rationalitätskriterium angewandt worden. Hinsichtlich des Betragesvon 374 400 ESC enthalte die vorgelegte Rechnung eine Beschreibung, die sowenig besage, daß sie insgesamt als nicht zuschußfähig angesehen worden sei.

129.
    Wie aus der Akte hervorgeht, sind die fraglichen Rechnungen nicht ausführlichgenug, um die Ausgaben, die sie belegen sollen, nachzuweisen. Die Kommission hatim übrigen keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie auf dieseAusgabe das in Nummer 14.2.7 des Schreibens vom 22. September 1995 erläuterteRationalitätskriterium anwandte. Außerdem ist die Rechnung über 374 400 ESCder Firma „C. Peres Feio, Ld. ²“ (Anlage 20 der Klageschrift) so unklar, daß dieKommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben kann,indem sie den darin angegebenen Betrag als insgesamt nicht zuschußfähig ansah.

130.
    Daher ist dieses zweite Argument zurückzuweisen.

131.
    Was drittens die Unterrubrik Entgelte des Lehrpersonals (14.3.1a) anbelangt, sobestreitet die Klägerin, daß der Betrag von 4 363 684 ESC insgesamt nichtzuschußfähig sei. Sie räumt ein, daß die von ihr vorgelegten „Übersichtstabellen“(Anlage 21 der Klageschrift) die theoretischen und die praktischenAusbildungsstunden nicht getrennt auswiesen, jedoch verstehe sie nicht, was dasDAFSE aus diesem Umstand folgern wolle.

132.
    Nach dem geltenden nationalen Recht könnten die Ausgaben, die für diebetreffenden Maßnahmen getätigt worden seien, nur durch Rechnungen oderQuittungen belegt werden. Da sie Quittungen vorgelegt habe (Anlage 22 derKlageschrift) und feststehe, daß die Kurse stattgefunden hätten, berechtige nichtsdazu, den in dieser Unterrubrik enthaltenen Betrag zu streichen. Jedenfalls müsse,selbst wenn hinsichtlich der Art der durchgeführten Kurse Zweifel bestehenblieben, wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zumindest der anhand desniedrigsten Entgelts ermittelte Betrag für alle Kurse als gerechtfertigt angesehenwerden, d. h., alle Kurse müßten als praktische Ausbildung behandelt werden.

133.
    Die Kommission ist der Auffassung, daß die Klägerin keine Anhaltspunkte dafürvorgebracht hat, daß die vorgelegten Quittungen irgend etwas mit den fraglichenKursen zu tun hätten, da in den vorgelegten Schriftstücken weder angegeben sei,welche Ausbilder die Kurse erteilt hätten, noch, um welche Art von Ausbildung essich gehandelt habe. Schließlich sei in der Entscheidung Nr. 18/MTSS/87,veröffentlicht im Diàrio da Repùblica vom 11. Mai 1987, vorgesehen, daß „diebegünstigten Einrichtungen für jede Maßnahme gesondert nach theoretischen undnach praktischen Ausbildungskursen eine Anwesenheitsliste der Auszubildendenund der Ausbilder sowie Kurspläne führen“.

134.
    Die Schriftstücke, die von der Klägerin vorgelegt wurden, um nachzuweisen,welcher Art die im Rahmen des Vorhabens I erteilten Kurse waren und welcheAusbilder daran beteiligt waren (Anlagen 21 und 22 der Klageschrift), erweisen sichbei näherer Betrachtung als so ungenau, daß ernsthafte Zweifel bestehen, ob diefraglichen Kurse wirklich stattgefunden haben, wie das DAFSE in Nummer 14.3.1aseines Schreibens vom 22. September 1995 zu Recht ausgeführt hat. DieKommission hat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indemsie befand, daß die Klägerin, die eine Vielzahl von Kursen unter Beteiligungzahlreicher Ausbilder veranstaltete, nicht nachgewiesen hat, daß die von ihrvorgelegten Schriftstücke sich wirklich auf die Kurse bezogen, die Gegenstand desVorhabens I waren, und indem sie es folglich ablehnte, sämtliche dazueingereichten Ausgaben zu berücksichtigen.

135.
    Daher ist dieses dritte Argument zurückzuweisen.

136.
    Was viertens die Unterrubrik Verwaltungspersonal (14.3.1c) anbelangt, so ist dieKlägerin der Auffassung, daß die von der Kommission vorgenommene Kürzungdieses Ansatzes auf einem Mißverständnis beruhe, da die streitigen Quittungen, wiesich aus Anlage 23 zur Klageschrift ergebe, unterzeichnet und abgestempelt seien.Ohnehin werde der Beweiswert der betreffenden Quittungen nicht durch fehlendeUnterschriften oder Stempel gemindert.

137.
    Die Kommission weist darauf hin, daß der fraglichen Kürzung die Tatsachezugrunde liege, daß die betreffenden Quittungen weder abgestempelt nochunterzeichnet gewesen seien, als die finanzielle Überprüfung erfolgt sei.

138.
    Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, daß sie dem DAFSE die ihrer Klageschriftbeigefügten abgestempelten und unterzeichneten Schriftstücke übermittelt hatte,bevor das DAFSE seine finanzielle Überprüfung abschloß. Die Kommission hatdaher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie es ablehnte,Quittungen zu berücksichtigen, die bei ihrer Vorlage nicht den Voraussetzungender nationalen Rechtsvorschriften entsprachen, denn durch diese soll unteranderem sichergestellt werden, daß solche Quittungen sich auf eine tatsächlichgetätigte Ausgabe beziehen.

139.
    Daher ist dieses vierte Argument zurückzuweisen.

140.
    Was fünftens die Unterrubrik Besondere Arbeiten (14.3.8) anbelangt, so ist dieKlägerin der Auffassung, daß die abgelehnten Ausgaben durch die in Anlage 20 derKlageschrift vorgelegte Rechnung belegt seien. Sie wiederholt, nichts schließe aus,daß eine Quittung Leistungen umfasse, die unter mehrere Rubriken fielen.

141.
    Die Kommission erinnert insoweit daran, daß der betreffende Ansatz mangelsBelegen nicht berücksichtigt worden sei, da die von der Klägerin vorgelegteRechnung andere Ansätze betreffe.

142.
    Die Beträge, die in den von der Klägerin in Anlage 20 ihrer Klageschriftvorgelegten Schriftstücken genannt sind, entsprechen nicht denjenigen, die sie inihrem Antrag auf Restzahlung eingereicht hat. Die Kommission hat daher keinenoffensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie es abgelehnt hat, diebetreffenden Schriftstücke bei der Festsetzung des an die Klägerin zu zahlendenRestzahlungsbetrags zu berücksichtigen.

143.
    Daher ist dieses fünfte Argument zurückzuweisen.

144.
    Was sechstens die Unterrubrik Nutzungsentgelte für Räumlichkeiten undbewegliche Güter (14.3.9) anbelangt, so trägt die Klägerin vor, es sei für sie anhandder Begründung des Schreibens vom 22. September 1995 nicht nachvollziehbar,warum die Kommission bei diesem Ansatz die ersten beiden Kürzungenvorgenommen habe. Zur dritten Kürzung verweist sie auf die Überlegungen, diesie im Rahmen der Unterrubrik 14.2.7 vorgetragen hat (siehe Randnr. 127).

145.
    Die Kommission führt aus, die erste Kürzung betreffe die Anschaffung vonlanglebigen Gütern, die nach geltendem nationalem Recht nicht imAnschaffungsjahr abgeschrieben werden könnten. Der zweite Betrag betreffe einenDesign-Kurs, der nicht zum Vorhaben I gehöre. Der dritte Betrag sei abgelehntworden, weil die erbrachten Leistungen in der betreffenden Rechnung nichtordnungsgemäß angegeben gewesen seien.

146.
    Die in den Schreiben des DAFSE vom 11. September 1991 und 22. September1995 gegebene Begründung für die ersten beiden Kürzungen bei diesem Ansatz warzwar kurz gefaßt, ermöglichte der Klägerin, die mit dem Vorgang im einzelnenvertraut war, aber trotzdem, sie inhaltlich anzugreifen. Die Klägerin hat jedochnichts dafür vorgetragen, daß die Kommission insoweit einen offensichtlichenBeurteilungsfehler begangen hat. Zur dritten Kürzung verweist das Gericht auf dieAusführungen in Randnummer 129.

147.
    Daher ist dieses sechste Argument zurückzuweisen.

148.
    Was siebtens die Unterrubrik Ausgangs-, Hilfs- und Verbrauchsmaterial (14.3.12)anbelangt, so weist die Klägerin darauf hin, daß nach den portugiesischenSozialrechtsvorschriften Ausgaben anzuerkennen seien, die durch Rechnungenbelegt würden, die spätestens vom fünften Werktag des Monats Januar des Jahresnach Tätigung dieser Ausgaben datierten. Die streitige Rechnung (Anlage 24 zurKlageschrift) genüge dieser Voraussetzung.

149.
    Nach Auffassung der Kommission fällt diese Rechnung nicht in die für dieFinanzierung der Maßnahmen maßgebliche Zeit. Nach dem nationalenMehrwertsteuergesetzbuch (Código do IVA) hätte nämlich eine solche Rechnungbei der Lieferung des Waren gestellt und von Lieferscheinen begleitet sein müssen.Im vorliegenden Fall sei aber keine dieser Bedingungen erfüllt gewesen.

150.
    Das Gericht kann anhand einer auf die Akten gestützten Untersuchung derangefochtenen Entscheidung und der einschlägigen Absätze des Schreibens desDAFSE vom 11. September 1991 - in dem im wesentlichen die in dem Bericht derFirma Audite erhobenen Einwände wiedergegeben sind - und desjenigen vom 22.September 1995, auf das sich diese Entscheidung bezieht, nicht erkennen, auswelchen Erwägungen und aufgrund welcher nationalen Rechtsvorschriften dieKommission die durch die streitige Rechnung belegte Ausgabe abgelehnt hat. Esist daher nicht in der Lage, die angefochtene Entscheidung der nach der inRandnummer 99 angeführten Rechtsprechung erforderlichen gerichtlichen Prüfungzu unterziehen. Die angefochtene Entscheidung verstößt daher gegen Artikel 190EG-Vertrag, soweit sie die Unterrubrik 14.3.12 des Restzahlungsantrags betrifft.

151.
    Daher ist diesem siebten Argument stattzugeben. Die angefochtene Entscheidungist somit für nichtig zu erklären, soweit sie die Unterrubrik 14.3.12 betrifft.

152.
    Was achtens die Unterrubrik Steuern und Abgaben (14.3.13) anbelangt, so weistdie Klägerin darauf hin, daß sie in diesen Ansatz die Beträge aufgenommen habe,die sie dem Lehrpersonal als Mehrwertsteuer gezahlt habe, da diese von denEntgelten der Lehrkräfte (Unterrubrik 14.3.1a) abgezogen worden sei.

153.
    Da das Gericht oben (Randnr. 134) zum Ergebnis gelangt ist, daß die Kommissionkeinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie dieBerücksichtigung der von der Klägerin zum Ansatz Entgelte des Lehrpersonalseingereichten Ausgaben ablehnte, ist dieses achte Argument betreffend die fürdiese Entgelte zu entrichtende Mehrwertsteuer aus denselben Gründenzurückzuweisen.

154.
    Was schließlich die Unterrubrik Normale Abschreibung (14.6) anbelangt, sobestreitet die Klägerin, daß ihre Tätigkeit allein anhand des Kriteriums der Zahlder „beschäftigten“ Arbeitnehmer beurteilt werden könne, denn diese sei in ihremUnternehmen wegen des starken Einsatzes von freien Mitarbeitern besondersgering.

155.
    Die Kommission weist darauf hin, daß das DAFSE bei diesem Ansatz das üblicheKriterium angewandt habe, d. h. einen zeitlichen und physischenZuordnungskoeffizienten, der den Anteil der Ausbildung an der normalen Tätigkeiteines Unternehmens widerspiegele.

156.
    Zwar lassen sich, wie die Klägerin vorträgt, tatsächlich Abschreibungsmethodendenken, die spezifischer auf den effektiven Anteil der Ausbildung am Umsatz einesUnternehmens statt auf die Gesamtzahl der für Ausbildungstätigkeiten eingesetztenBeschäftigten abstellen, doch trägt nach Auffassung des Gerichts die vom DAFSEim vorliegenden Fall angewandte und von der Kommission übernommenetraditionelle Methode als solche der allgemeinen Bedeutung der Ausbildung unterden Tätigkeiten sämtlicher Empfänger von ESF-Zuschüssen bereits hinreichendRechnung. Da die angewandte Methode sachgerecht ist, hat die Kommission durchihre Anwendung keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

157.
    Daher ist dieses letzte Argument zurückzuweisen.

- Zur Begründetheit des Vorbringens der Klägerin in der Rechtssache T-181/96

158.
    Was erstens die Unterrubrik Lehrmaterial (14.2.1) anbelangt, trägt die Klägerinvor, das DAFSE habe zu Unrecht einen Teil dieses Materials als „langlebigeGüter“, die nicht als „Lehrmaterial“ zuschußfähig seien, angesehen. Das Kriteriumfür diesen Ausschluß entbehre nämlich jeglicher Rechtsgrundlage.

159.
    Die Kommission weist darauf hin, daß die Klägerin den Kauf von Stühlen,Schränken, Schreibtischen und Tischen, die langlebige Güter seien, in die Rubrik„Lehrmaterial“ eingeordnet habe.

160.
    Die Kommission hat keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indemsie die betreffenden Stühle, Schränke, Schreibtische und Tische als langlebige Güterund nicht als Lehrmaterial ansah und folglich die auf sie bezogenen Beträge in dieRubrik Normale Abschreibung einordnete (vgl. auch Randnrn. 124 und 125).

161.
    Daher ist dieses erste Argument zurückzuweisen.

162.
    Was zweitens die Unterrubriken Werbung für Kurse und Einstellung vonAuszubildenden (14.2.2 und 14.2.3) anbelangt, macht die Klägerin geltend, es könnenicht, wie es das DAFSE im Schreiben vom 22. September 1995 getan habe,verlangt werden, daß eine Rechnung über Zeitungswerbung den Inhalt dererschienenen Anzeigen angebe. In den vorgelegten Rechnungen und Quittungen(Anlage 18 zur Klageschrift) seien die Zeitungen, in denen die Anzeigenveröffentlicht worden seien, genau bezeichnet.

163.
    Die Kommission weist darauf hin, daß in den von der Klägerin vorgelegtenQuittungen Art und Inhalt der betreffenden Anzeigen nicht beschrieben seien. DieKlägerin habe diesen Quittungen auch nicht, wie dies üblich sei, Kopien derfraglichen Anzeigen beigelegt.

164.
    Es ist nicht sachfremd, vom Empfänger eines ESF-Zuschusses zu fordern, daß erKopien von Zeitungsanzeigen, die zur Werbung für seine Ausbildungsangeboteerschienen sind, vorlegt. Damit soll nämlich nur sichergestellt werden, daß diehierfür geltend gemachten Ausgaben tatsächlich getätigt wurden. Die Kommissionhat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie diesenvom DAFSE in seinem Schreiben vom 22. September 1995 vertretenen Standpunktübernommen hat.

165.
    Daher ist dieses zweite Argument zurückzuweisen.

166.
    Was drittens die Unterrubrik Besondere Arbeiten (14.2.7) anbelangt, so weist dieKlägerin darauf hin, daß in dem Schreiben vom 22. September 1995 ausgeführt sei,daß in den vorgelegten Rechnungen weder „die Stunden noch die verwendetenTechniker“ angegeben seien. Eine solche Angabe sei aber durch die geltendenportugiesischen Steuervorschriften nicht vorgeschrieben. Insbesondere gehe inbezug auf die Rechnung „TV Europa“ (Anlage 20 der Klageschrift) der Inhalt dererbrachten Dienstleistung klar aus der Angabe „Reparatur von Elektro-Material“in dieser Rechnung hervor.

167.
    Nach Auffassung der Kommission ist die Art der betreffenden Ausgabe in der vonTV Europa erteilten Quittung nicht angegeben. Falls sich diese Ausgabe auf dieReparatur eines Tonbandgeräts bezogen habe, sei sie ohnehin nicht zuschußfähiggewesen.

168.
    Die Klägerin hat nicht zweifelsfrei nachgewiesen, daß die dem DAFSE vorgelegtenRechnungen ausführlich genug waren, um dieser Behörde zu gestatten,nachzuprüfen, ob die betreffenden Ausgaben tatsächlich getätigt wurden.Insbesondere ist in der Rechnung TV Europa nicht angegeben, auf welche Art vonReparatur sie sich spezifisch bezieht. Die Kommission hat daher keinenoffensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie den vom DAFSE in seinemSchreiben vom 22. September 1995 zu diesen verschiedenen Kürzungen vertretenenStandpunkt übernommen hat.

169.
    Daher ist dieses dritte Argument zurückzuweisen.

170.
    Was viertens die Unterrubrik Entgelte des Lehrpersonals (14.3.1a) anbelangt, sobestreitet die Klägerin die Beurteilung, daß der Gesamtbetrag dieses Ansatzes nichtzuschußfähig sei. Ihr Vorbringen zu diesem Punkt entspricht dem im Rahmen derRechtssache T-180/96 (vgl. oben, Randnrn. 131 und 132).

171.
    Die Kommission ist der Auffassung, daß die Klägerin keine Beweise dafür gelieferthat, daß die vorgelegten Quittungen irgend etwas mit den fraglichen Kursen zu tunhätten.

172.
    Wie bereits in bezug auf die Rechtssache T-180/96 (Randnr. 134) ausgeführt,erweisen sich die Schriftstücke, die von der Klägerin vorgelegt wurden, umnachzuweisen, welcher Art die im Rahmen des Vorhabens II erteilten Kurse warenund welche Ausbilder daran beteiligt waren, bei einer Prüfung als so ungenau, daßernsthafte Zweifel bestehen, ob die fraglichen Kurse wirklich stattgefunden haben,wie das DAFSE in Nummer 14.3.1a seines Schreibens vom 22. September 1995 zuRecht ausgeführt hat. Die Kommission hat daher keinen offensichtlichenBeurteilungsfehler begangen, indem sie befand, daß die Klägerin, die eine Vielzahlvon Kursen unter Beteiligung zahlreicher Ausbilder veranstaltete, nichtnachgewiesen habe, daß die von ihr vorgelegten Schriftstücke sich wirklich auf dieKurse bezogen, die Gegenstand des Vorhabens II waren, und indem sie es folglichablehnte, sämtliche dazu eingereichten Ausgaben zu berücksichtigen.

173.
    Daher ist dieses vierte Argument zurückzuweisen.

174.
    Was fünftens die Unterrubrik Verwaltungspersonal (14.3.1c) anbelangt, so führt dieKlägerin aus, daß Irene Vaz Lopes zwar sowohl Teilnehmerin eines Kurses als auchAusbilderin in einem anderen Kurs gewesen sei, doch bedeute dies nicht, daß sienicht Assistentin im zweiten Kurs habe sein können.

175.
    Da eine Person nicht an einem Kurs teilnehmen und zugleich dem Ausbilder ineinem anderen Kurs assistieren kann, kann die Kommission keinen offensichtlichenBeurteilungsfehler begangen haben, indem sie die Berücksichtigung des Entgeltsder betreffenden Person als Verwaltungsassistentin ablehnte.

176.
    Daher ist dieses fünfte Argument zurückzuweisen.

177.
    Was sechstens die Unterrubrik Verwaltung und Haushaltskontrolle (14.3.7)anbelangt, so räumt die Klägerin ein, daß sie in bezug auf die Rubrik 14.3.1versehentlich eine Quittung (Anlage 24 der Klageschrift) beigelegt habe, die zurRubrik 14.3.7 gehört habe. Dies sei jedoch den Prüfern rechtzeitig mitgeteiltworden.

178.
    Die Kommission macht geltend, daß eine im Verfahren vor dem Gerichteingereichte Quittung nicht berücksichtigt werden könne.

179.
    Da die Klägerin nicht hat nachweisen können, daß sie ihren Behauptungen gemäßdie in der Anlage ihrer Klageschrift vorgelegte Quittung im Verwaltungsverfahrenvor dem DAFSE eingereicht hat, hat die Kommission keinen offensichtlichenBeurteilungsfehler begangen, indem sie die Berücksichtigung des entsprechendenBetrages ablehnte.

180.
    Daher ist dieses sechste Argument zurückzuweisen.

181.
    Was siebtens die Unterrubrik Besondere Arbeiten (14.3.8) anbelangt, so weist dieKlägerin darauf hin, daß das DAFSE eine von der Firma Novafarm gestellteRechnung nicht als spezifisch genug angesehen habe. Die Beschreibung dererbrachten Dienstleistungen sei jedoch kurz gefaßt, weil eine solche Beschreibungfür steuerliche Zwecke genüge.

182.
    Da die Klägerin selbst einräumt, daß die fragliche Rechnung kurz gefaßt war, kanndie Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, indemsie die Berücksichtigung der fraglichen Ausgabe ablehnte.

183.
    Daher ist dieses siebte Argument zurückzuweisen.

184.
    Was achtens die Unterrubrik Nutzungsentgelte für Räumlichkeiten und beweglicheGüter (14.3.9) anbelangt, so geht es um zwei Quittungen. Zur ersten führt dieKlägerin aus, daß das DAFSE selbst ihre Aufnahme in diesen Ansatz angeregthabe. Außerdem verstehe sie nicht, auf welcher Rechtsgrundlage die zweiteQuittung als teilweise nicht zuschußfähig angesehen worden sei, da das angewandteRationalitätskriterium nicht bekannt sei.

185.
    Die Kommission hebt hervor, daß der Betrag der ersten Quittung auf dieUnterrubrik Normale Abschreibung (14.6) übertragen worden sei, da er einlanglebiges Gut betroffen habe. Der zweite Betrag entspreche dem nichtzuschußfähigen Teil einer Quittung über die Miete von Computern, auf die einRationalitätskriterium angewandt worden sei.

186.
    Hinsichtlich der ersten Quittung, die unstreitig EDV-Ausrüstung betrifft, hat dieKommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie einesolche Ausrüstung als in den Ansatz 14.6 „Normale Abschreibung“ einzuordnendes„langlebiges Gut“ ansah. Hinsichtlich der zweiten Quittung ist das Vorbringen derKlägerin nicht substantiiert genug, um den Anforderungen des Artikels 44 § 1Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts zu genügen, wonach dieKlageschrift u. a. eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muß. DieKlägerin trägt insoweit im wesentlichen nur vor, daß sie die Grundlage desangewandten Rationalitätskriteriums nicht verstehe, obwohl dieses in demSchreiben vom 22. September 1995 ausführlich erläutert ist. Unter diesenUmständen ist es dem Gericht nicht möglich, aufgrund des Vorbringens derKlägerin, wie es in der Klageschrift dargelegt ist, dessen Erheblichkeit zu prüfen(vgl. sinngemäß Urteil des Gerichts vom 7. November 1997 in der RechtssacheT-84/96, Cipeke/Kommission, Slg. 1997, II-2081, Randnrn. 30 ff.).

187.
    Daher ist dieses achte Argument zurückzuweisen.

188.
    Was neuntens die Unterrubrik Verbrauchsmaterial und kurzlebige Güter (14.3.10)anbelangt, so ist die Klägerin der Auffassung, daß das DAFSE durch Ablehnungdieser Ausgabe für die Anschaffung von Büromaterial die Tatsache übergangenhabe, daß die Verwaltung und der Ablauf der Kurse derartige Anschaffungskostenverursachen müssen.

189.
    Der betreffende Betrag ist nach Auffassung des Gerichts zu Recht abgelehntworden, da er eine Verdoppelung der Ausgaben des Ansatzes 14.2.3 (Randnr. 160)darstellte. Daher hat die Kommission durch die Ablehnung dieser Ausgabe keinenoffensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

190.
    Folglich ist dieses neunte Argument zurückzuweisen.

191.
    Was zehntens die Unterrubrik Steuern und Abgaben (14.3.13) anbelangt, so weistdie Klägerin darauf hin, daß sie in diesen Ansatz die Beträge aufgenommen habe,die sie dem Lehrpersonal als Mehrwertsteuer gezahlt habe, da diese von denEntgelten der Lehrkräfte (Unterrubrik 14.3.1a) abgezogen worden sei.

192.
    Da das Gericht oben (Randnr. 172) zum Ergebnis gelangt ist, daß die Kommissionkeinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie dieBerücksichtigung der von der Klägerin zum Ansatz Entgelte des Lehrpersonalseingereichten Ausgaben ablehnte, ist dieses zehnte Argument betreffend die fürdiese Entgelte zu entrichtende Mehrwertsteuer aus denselben Gründenzurückzuweisen.

193.
    Was elftens die Unterrubrik Allgemeine Verwaltungsausgaben (14.3.14) anbelangt,so macht die Klägerin geltend, daß Büromaterial im Rahmen der verschiedenenAusbildungsphasen erforderlich sei, was die Einbeziehung solchen Materials in dieverschiedenen Rubriken rechtfertige.

194.
    Die Kommission weist nur darauf hin, daß die fraglichen Beträge, die bereits in denAnsätzen 14.2.3 und 14.3.10 geprüft worden seien, nicht doppelt zuschußfähig seinkönnten.

195.
    Da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, daß die von ihr in dieser Rubrik geltendgemachten Ausgaben, anders als in dem Schreiben vom 22. September 1995angegeben, nicht schon in anderen Rubriken berücksichtigt waren, kann dieKommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen haben, indem siedie - erneute - Berücksichtigung derartiger Ausgaben in der Rubrik 14.3.14ablehnte.

196.
    Daher ist dieses elfte Argument zurückzuweisen.

197.
    Was zwölftens die Unterrubrik Sonstige Betriebs- und Verwaltungskosten (14.3.15)anbelangt, so bestreitet die Klägerin, daß die Rechnung über den ersten streitigenBetrag nicht übermittelt worden sei. Die beiden anderen abgelehnten Beträgebeträfen Material, das zur Verwendung in Kursen bestimmt gewesen sei, sowiekurzlebige Güter.

198.
    Die Kommission weist darauf hin, daß die Nachweise für den ersten Betrag nichtrechtzeitig vorgelegt worden seien. Die beiden anderen Beträge beträfen Mobiliar,das in die Rubrik „Normale Abschreibung“ eingeordnet und auf das der jährlicheAbschreibungssatz von 10 % angewandt worden sei.

199.
    Da kein Beleg darüber vorliegt, daß die erste Quittung dem DAFSE imVerwaltungsverfahren übermittelt wurde und daß die anderen fraglichen Beträgekurzlebige Güter betrafen, hat die Klägerin nicht bewiesen, daß die Kommissiondurch Streichung der fraglichen Ausgaben einen offensichtlichen Beurteilungsfehlerbegangen hat.

200.
    Daher ist dieses zwölfte Argument zurückzuweisen.

201.
    Was schließlich die Unterrubrik Normale Abschreibung (14.6) anbelangt, sobehauptet die Klägerin, sie verstehe nicht die Berechnungsmethode, nach der dasDAFSE bestimmte Beträge als „nicht bestätigt“ habe ansehen können. Siewiederholt dann dieselbe Argumentation wie in der Rechtssache T-180/96 (sieheRandnr. 154).

202.
    Die Kommission weist darauf hin, daß das DAFSE bei diesem Ansatz das üblicheKriterium angewandt habe, d. h. einen zeitlichen und physischenZuordnungskoeffizienten, der den Anteil der Ausbildung an der normalen Tätigkeiteines Unternehmens widerspiegele.

203.
    Zwar lassen sich, wie die Klägerin vorträgt, tatsächlich Abschreibungsmethodendenken, die spezifischer auf den effektiven Anteil der Ausbildung am Umsatz einesUnternehmens statt auf die Gesamtzahl der für Ausbildungstätigkeiten eingesetztenBeschäftigten abstellen, doch trägt nach Auffassung des Gerichts die vom DAFSEim vorliegenden Fall angewandte und von der Kommission übernommenetraditionelle Methode als solche der allgemeinen Bedeutung der Ausbildung unterden Tätigkeiten sämtlicher Empfänger von ESF-Zuschüssen bereits hinreichendRechnung. Da die angewandte Methode sachgerecht ist, hat die Kommission durchihre Anwendung keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

204.
    Daher ist dieses letzte Argument zurückzuweisen.

Zum Antrag auf Vorlage von Schriftstücken

205.
    In beiden Rechtssachen hat die Klägerin in der Klageschrift beantragt, die Vorlageder Verwaltungsakten der Kommission und des DAFSE anzuordnen.

206.
    Die vorstehenden Erörterungen zeigen, daß das Gericht in der Lage war, über dievorliegenden Klagen auf der Grundlage der Schriftstücke, die von den Parteien imschriftlichen Verfahren eingereicht wurden, und der von der Kommission imRahmen prozeßleitender Maßnahmen vorgelegten Dokumente zu entscheiden.

207.
    Es ist daher nicht angebracht, der Kommission aufzugeben, die Verwaltungsaktender beiden vorliegenden Verfahren vorzulegen.

208.
    Es erscheint auch nicht erforderlich, von den portugiesischen Behörden gemäßArtikel 21 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes die Vorlage sämtlichernationaler Verwaltungsakten betreffend die beiden vorliegenden Verfahren zuverlangen.

209.
    Aus diesen Gründen ist der auf Vorlage von Schriftstücken gerichtete Antrag derKlägerin zurückzuweisen.

Kosten

210.
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antragzur Tragung der Kosten zu verurteilen. Das Gericht kann jedoch nach Artikel 87§ 3 die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt.

211.
    Da der Klage in der Rechtssache T-180/96 teilweise stattgegeben wurde und jedePartei beantragt hat, der anderen die Kosten aufzuerlegen, ist in dieserRechtssache jede Partei zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.

212.
    Da die Klägerin in der Rechtssache T-181/96 mit ihrem Vorbringen unterlegen istund die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist die Klägerin zurTragung der Kosten des Verfahrens zu verurteilen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Rechtssachen T-180/96 und T-181/96 werden zu gemeinsamerEntscheidung verbunden.

2.    In der Rechtssache T-180/96 wird die Entscheidung C (96) 1185 derKommission vom 14. August 1996 insoweit für nichtig erklärt, als sie sichauf die Unterrubrik 14.3.12 des Antrags der Klägerin auf Restzahlungbezieht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.    Die Klage in der Rechtssache T-181/96 wird abgewiesen.

4.    In der Rechtssache T-180/96 trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

5.    In der Rechtssache T-181/96 trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens.

Tiili
Briët
Potocki

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 1998.

Der Kanzler

Die Präsidentin

H. Jung

V. Tiili


1: Verfahrenssprache: Portugiesisch.