Language of document : ECLI:EU:T:2014:891

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

16. Oktober 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke GRAPHENE – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑458/13

Joseba Larrañaga Otaño und Mikel Larrañaga Otaño, wohnhaft in San Sebastián (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Bueno Salamero,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch Ó. Mondéjar Ortuño als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 10. Juni 2013 (Sache R 208/2013‑2) über die Anmeldung des Wortzeichens GRAPHENE als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 23. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. November 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht der Berichterstatterin gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 18. Mai 2012 meldeten die Kläger, Herr Joseba Larrañaga Otaño und Herr Mikel Larrañaga Otaño, gemeinsam gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelte es sich um das Wortzeichen GRAPHENE.

3        Es wurden u. a. folgende Waren der Klassen 13, 23 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beansprucht:

–        Klasse 13: „Schusswaffen; Munition und Geschosse; Sprengstoffe; Feuerwerkskörper“;

–        Klasse 23: „Garne und Fäden für textile Zwecke“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

4        Mit Entscheidung vom 28. November 2012 wies der Prüfer die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke für die oben in Rn. 3 genannten Waren aufgrund der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Gründe zurück.

5        Am 28. Januar 2013 legten die Kläger beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 ein.

6        Mit Entscheidung vom 10. Juni 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die angemeldete Marke besitze für alle in Frage stehenden Waren im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 keine Unterscheidungskraft und sei beschreibend.

7        Erstens ging die Beschwerdekammer in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise davon aus, dass diese sich sowohl aus der breiten Öffentlichkeit als auch aus einem spezialisierten Fachpublikum, z. B. Fachleuten der Sicherheitsbehörden, Abrissunternehmen oder Textilerzeugern, zusammensetzten und aus Verbrauchern bestünden, die des Englischen, der Sprache des Begriffs „graphene“, mächtig seien.

8        Zweitens stellte die Beschwerdekammer zum beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zunächst fest, es gehe aus den von den Klägern eingereichten Unterlagen hervor, dass die Marke aus einem englischen Begriff bestehe, der ein zweidimensionales Allotrop des Kohlenstoffs bezeichne. Infolgedessen werde die genannte Marke von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen als Name eines bestimmten Materials aufgefasst. Auf der Grundlage derselben Unterlagen führte sie weiter aus, dass zwar die Entdeckung des Graphens nicht neu sei, doch seine Isolation im Jahr 2004 es der Wissenschaft ermöglicht habe, seine Eigenschaften, insbesondere seine zweidimensionale, atomar einschichtige Struktur, seine Durchsichtigkeit, seine Biegsamkeit und seine Elastizität, seine thermische und elektrische Leitfähigkeit, seine Widerstandsfähigkeit, seine Leichtigkeit und seine Undurchlässigkeit oder wenigstens kontrollierte Durchlässigkeit zu ermitteln. Die möglichen Anwendungsbereiche von Nanomaterialien wie Graphen umfassten Informatik, Mobilfunk und Internettelefonie, Panzerung, Energie und Umwelt sowie Medizin oder Gesundheit. Anschließend erörterte die Beschwerdekammer die Eigenschaften und Anwendungen von Graphen speziell für „Schusswaffen“ der Klasse 13, „Munition und Geschosse; Sprengstoffe“ der Klasse 13, „Feuerwerkskörper“ der Klasse 13, „Garne und Fäden für textile Zwecke“ der Klasse 23 und „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 jeweils gesondert und stellte für jede dieser fünf Warenkategorien unter Berücksichtigung der genannten Eigenschaften und Anwendungen fest, dass der Prüfer zu Recht davon ausgegangen sei, dass die betreffenden Waren Graphen enthielten oder daraus bestehen könnten. So gelangte die Beschwerdekammer schließlich zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke beschreibend sei, da der Begriff „graphene“ die maßgeblichen Verkehrskreise, insbesondere das Fachpublikum, unmittelbar über ein Merkmal der Beschaffenheit der betreffenden Waren, namentlich über ihre Zusammensetzung, informiere. Der Verbraucher erkenne in dem angemeldeten Zeichen ohne weitere Überlegung oder zusätzliche gedankliche Schritte den Namen des Materials „Graphen“, das in den genannten Waren enthalten sei.

9        Drittens und letztens stellte die Beschwerdekammer zur fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fest, dass es ihr hieran fehle, da die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Name eines Materials auffassten, das in die Zusammensetzung der betreffenden Waren Eingang finde. Damit weise die Marke auf die Merkmale hin, die dieses Material den genannten Waren verleihe, und nicht auf deren betriebliche Herkunft.

 Vorbringen der Parteien

10      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

11      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Die Kläger stützen sich auf drei Klagegründe, mit denen sie Verstöße gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung und den Grundsatz der Nichtdiskriminierung geltend machen.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009

13      Mit dem ersten Klagegrund wenden sich die Kläger gegen die Ausführungen der Beschwerdekammer, wonach die angemeldete Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 beschreibend sei, und richten hiergegen zwei Rügen. Mit der ersten Rüge machen sie geltend, es bestehe ungeachtet des Umstands, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke als Name eines konkreten und bestimmten Materials wahrnähmen, kein direkter Zusammenhang zwischen den von der Anmeldung betroffenen Waren und Graphen, das seinen Eigenschaften nach ausweislich der „seriösen“ wissenschaftlichen Literatur kein „Allheilmittel“ darstelle und dessen Anwendungen daher auf bestimmte Bereiche wie Nanotechnologie, Informatik, Elektronik oder Telefonie beschränkt seien, die aber mit den genannten Waren nichts zu tun hätten. Es sei zulässig, ein Zeichen als Marke anzumelden, das eine eigenständige Bedeutung habe, wenn das Zeichen, wie im vorliegenden Fall, nicht auf die beanspruchten Waren hinweise. Mit der zweiten Rüge machen sie geltend, dass sich die Prüfung der Beschwerdekammer auf die allgemeinen Warenkategorien bezogen habe und damit zu Unrecht allen unter diese Kategorien fallenden Waren die Merkmale von Graphen, wie Undurchlässigkeit oder kontrollierte Durchlässigkeit, zugeschrieben habe, welche aber in Wirklichkeit nur bestimmten Waren, etwa Ionenleiter und Vorrichtungen zur molekularen Datenspeicherung, zukämen.

14      Das HABM weist das Vorbringen der Kläger zurück.

15       Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.

16      Unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 fallen solche Zeichen oder Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (Urteil vom 20. September 2001, Procter & Gamble/HABM, C‑383/99 P, Slg, EU:C:2001:461, Rn. 39). Folglich fällt ein Zeichen unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, Slg, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. April 2013, ABC‑One/HABM [SLIM BELLY], T‑61/12, EU:T:2013:226, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich daher nur im Hinblick auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise und in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg, EU:T:2002:41, Rn. 38, und vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, EU:T:2011:340, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Der Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zugrunde liegende Begriff des Allgemeininteresses verlangt, dass die Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die die Eintragung beantragt wurde, von allen frei verwendet werden können. Diese Vorschrift schließt aus, dass die betreffenden Zeichen oder Angaben aufgrund der Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, Slg, EU:C:2003:579, Rn. 31, und vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C‑173/04 P, Slg, EU:C:2006:20, Rn. 62) und dass ein Unternehmen die Verwendung einer beschreibenden Bezeichnung zum Nachteil anderer Unternehmer, einschließlich seiner Wettbewerber, monopolisiert, denen infolgedessen zur Beschreibung ihrer eigenen Erzeugnisse nur ein entsprechend verringerter Wortschatz zur Verfügung stünde (Urteile vom 6. März 2007, Golf USA/HABM [GOLF USA], T‑230/05, EU:T:2007:76, Rn. 32, und SLIM BELLY, oben in Rn. 16 angeführt, EU:T:2013:226, Rn. 18).

19      Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Abgrenzung der maßgeblichen Verkehrskreise (siehe oben, Rn. 7), die von den Klägern nicht angegriffen wurde, zu folgen ist.

20      Hinsichtlich der ersten Rüge, mit der im Wesentlichen das Fehlen eines direkten Zusammenhangs zwischen den betreffenden Waren und Graphen nach dem gegenwärtigen Stand der Technik geltend gemacht worden ist, ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung die Zurückweisung einer Anmeldung durch das HABM aus dem in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Grund nicht voraussetzt, dass die Zeichen und Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die in der Anmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen oder deren Merkmale beschreibend verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können. Ein Wortzeichen muss daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteile HABM/Wrigley, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:2003:579, Rn. 32; vom 21. Januar 2009, Korsch/HABM [PharmaCheck], T‑296/07, EU:T:2009:12, Rn. 43, und SLIM BELLY, oben in Rn. 16 angeführt, EU:T:2013:226, Rn. 36). Ferner spielt es keine Rolle, ob die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die beschrieben werden können, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind (vgl. Urteil SLIM BELLY, oben in Rn. 16 angeführt, EU:T:2013:226, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Der Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass der Umstand, dass die angemeldete Marke ein nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nicht existierendes Merkmal beschreibt, es nicht ausschließt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie als beschreibend wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. September 2008, ratiopharm/HABM [BioGeneriX], T‑47/07, EU:T:2008:377, Rn. 30, und ratiopharm/HABM [BioGeneriX], T‑48/07, EU:T:2008:378, Rn. 29).

22      Angesichts dieser Rechtsprechung ist es, um die Anmeldemarke rechtmäßig von der Eintragung auszuschließen, im vorliegenden Fall ausreichend, dass sie nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise dazu verwendet werden kann, ein tatsächliches oder potenzielles Merkmal der betreffenden Waren zu bezeichnen, auch wenn dieses nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nicht existiert. Diese Möglichkeit ist gemäß der oben in Rn. 17 angeführten Rechtsprechung anhand der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise und nicht des Erkenntnisstands wissenschaftlicher Sachverständiger zu beurteilen.

23      Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 23 bis 28 der angefochtenen Entscheidung eine Reihe von Angaben über die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die Eigenschaften und Anwendungen von Graphen für fünf Warenkategorien gemacht hat: So bestünden erstens für „Schusswaffen“ der Klasse 13 die maßgeblichen Eigenschaften von Graphen in seiner elektrischen Leitfähigkeit, seinem geringen Gewicht und seiner Widerstandsfähigkeit und umfassten insbesondere Anwendungen in den Bereichen Informatik und Elektronik, aber auch Panzerung. Zweitens seien für „Munition und Geschosse; Sprengstoffe“ der Klasse 13 das Gewicht und die Widerstandsfähigkeit von Graphen sehr geschätzte Merkmale. Drittens ermögliche die elektrische Leitfähigkeit von Graphen für „Feuerwerkskörper“ der Klasse 13 eine große räumliche und zeitliche Genauigkeit. Viertens seien für „Garne und Fäden für textile Zwecke“ der Klasse 23 die Undurchlässigkeit oder wenigstens kontrollierte Durchlässigkeit sowie die Widerstandsfähigkeit, die Leichtigkeit und die Biegsamkeit hoch geschätzte Eigenschaften. Schließlich hat die Beschwerdekammer fünftens in Bezug auf „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 die thermischen und undurchlässigen Eigenschaften von Graphen sowie seine Widerstandsfähigkeit hervorgehoben.

24      Damit lässt sich konstatieren, dass die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer vollständigen Prüfung und unter Berücksichtigung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu Recht festgestellt hat, dass ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der angemeldeten Marke und den von der Anmeldung betroffenen Waren besteht, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen erlaubt, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung eines tatsächlichen oder potenziellen Merkmals der genannten Waren, d. h. der Verwendung von Graphen in ihrer Zusammensetzung, zu erkennen.

25      Da die Beschwerdekammer mit der Bestätigung der Zurückweisung der angemeldeten Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 keinen Rechtsfehler begangen hat, ist die erste Rüge zurückzuweisen.

26      Zur zweiten Rüge, die im Wesentlichen auf eine fehlende Beurteilung der Unterscheidungskraft des Zeichens für jede einzelne der betreffenden Waren gestützt wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidung über die Zurückweisung der Eintragung einer Marke zwar grundsätzlich in Bezug auf jede einzelne betroffene Ware oder Dienstleistung begründet sein muss, sich aber die zuständige Behörde auf eine pauschale Begründung beschränken kann, wenn dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder einer Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird, die einen so direkten und konkreten Zusammenhang untereinander aufweisen, dass sie eine hinreichend homogene Kategorie oder Gruppe von Waren oder Dienstleistungen bilden (Urteil SLIM BELLY, oben in Rn. 16 angeführt, EU:T:2013:226, Rn. 33; vgl. auch in diesem Sinne Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, Slg, EU:C:2010:153, Rn. 37 bis 40, und in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 15. Februar 2007, BVBA Management, Training en Consultancy, C‑239/05, Slg, EU:C:2007:99, Rn. 34 bis 38).

27      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in den Rn. 23 bis 28 der angefochtenen Entscheidung fünf homogene Kategorien der beanspruchten Waren unterschieden, nämlich „Schusswaffen“ der Klasse 13, „Munition und Geschosse; Sprengstoffe“ der Klasse 13, „Feuerwerkskörper“ der Klasse 13, „Garne und Fäden für textile Zwecke“ der Klasse 23 und „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ der Klasse 25, die sie gesondert überprüft hat, indem sie für jede dieser fünf Warenkategorien die spezifischen Eigenschaften und Anwendungen von Graphen erörtert hat, die nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise bestehen, um so zu dem Schluss zu gelangen, dass die angemeldete Marke für jede dieser homogenen Warengruppen beschreibend sei (siehe oben, Rn. 8). Was speziell „Garne und Fäden für textile Zwecke“ sowie „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ angeht, so werden die maßgeblichen Verkehrskreise, selbst wenn sie nicht in der Lage sein sollten, die Qualität der Undurchlässigkeit oder kontrollierten Durchlässigkeit von Graphen für die genannten Waren zu erkennen, dennoch die anderen von der Beschwerdekammer im Zusammenhang mit diesen Waren betonten Merkmale von Graphen wahrnehmen, wie seine Widerstandsfähigkeit, Leichtigkeit und Biegsamkeit sowie seine thermischen Eigenschaften.

28      Da die Beschwerdekammer ihre Entscheidung für jede homogene Kategorie der betreffenden Waren hinreichend begründet hat, kann die zweite Rüge keinen Erfolg haben.

29      Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

30      Mit dem zweiten Klagegrund rügen die Kläger, dass die Beschwerdekammer ferner die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke verkannt habe, da der Begriff „graphene“ nicht die übliche Art und Weise der Bezeichnung der betreffenden Waren sei und den maßgeblichen Verkehrskreisen keine Informationen über etwaige Merkmale der genannten Waren vermittele.

31      Nach ständiger Rechtsprechung geht jedoch aus dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 eindeutig hervor, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg, EU:C:2002:506, Rn. 29; vom 6. November 2007, RheinfelsQuellen H. Hövelmann/HABM [VOM URSPRUNG HER VOLLKOMMEN], T‑28/06, Slg, EU:T:2007:330, Rn. 43, und SLIM BELLY, oben in Rn. 16 angeführt, EU:T:2013:226, Rn. 45).

32      Da die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen des Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 festgestellt hat, braucht der Klagegrund, der auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung gestützt ist, nicht geprüft zu werden.

33      Der zweite Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung

34      Mit dem dritten Klagegrund beanstanden die Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Verbindung mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung, da ihnen das HABM zuvor die Eintragung der Gemeinschaftsmarke GRAFENO für Waren der Klassen 3, 7, 9 und 12 unter der Nr. 10879682 und der Gemeinschaftsmarke GRAPHENE für Waren der Klassen 4, 5, 8, 11, 14 bis 21, 24 und 26 bis 34 unter der Nr. 10900645 gewährt habe, ohne Einwände in Bezug auf den beschreibenden Charakter oder das Fehlen von Unterscheidungskraft der genannten Zeichen für die betreffenden Waren zu erheben.

35      Insoweit genügt jedoch der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammer, die gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind, allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer Auslegung durch den Richter der Europäischen Union und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis des HABM, die in jedem Fall den Unionsrichter nicht binden kann, zu beurteilen ist (Urteile vom 15. September 2005, BioID/HABM, C‑37/03 P, Slg, EU:C:2005:547, Rn. 47, Deutsche SiSi-Werke/HABM, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:2006:20, Rn. 48, und vom 30. April 2013, Boehringer Ingelheim International/HABM [RELY-ABLE], T‑640/11, EU:T:2013:225, Rn. 33).

36      Wenn auch das HABM nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, müssen diese Grundsätze dennoch mit dem Grundsatz rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, da keine Gleichheit im Unrecht gegeben sein kann und sich der Anmelder eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, Slg, EU:C:2011:139, Rn. 73 bis 76). Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Daher muss eine solche Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen, da die Eintragung eines Zeichens als Marke von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien abhängt, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteile Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, EU:C:2011:139, Rn. 77, und RELY-ABLE, oben in Rn. 35 angeführt, EU:T:2013:225, Rn. 34).

37      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes, dass die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer umfassenden Prüfung und unter Berücksichtigung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu Recht festgestellt hat, dass der Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Kläger das absolute Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 entgegensteht. Deshalb lässt sich nach der oben in den Rn. 35 und 36 angeführten Rechtsprechung diese Beurteilung nicht allein mit der Begründung in Frage stellen, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht der Entscheidungspraxis des HABM gefolgt sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2013, Airbus/HABM [NEO], T‑236/12, Slg, EU:T:2013:343, Rn. 52); dies gilt unabhängig von den oben in Rn. 34 genannten Umständen.

38      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von den Klägern angeführten eingetragenen Marken (siehe oben, Rn. 34), auch wenn für sie bei Verletzungsklagen vor den Gemeinschaftsmarkengerichten gemäß Art. 99 der Verordnung Nr. 207/2009 die Vermutung der Rechtsgültigkeit gilt, dennoch gegebenenfalls auf Antrag beim HABM oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren gemäß Art. 52 dieser Verordnung für nichtig erklärt werden können.

39      Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

40      Da keiner der von den Klägern geltend gemachten Klagegründe begründet ist, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

41      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Joseba Larrañaga Otaño und Herr Mikel Larrañaga Otaño tragen die Kosten.

Gratsias

Kancheva

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Oktober 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.