Language of document : ECLI:EU:T:2015:98

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

12. Februar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Klaes – Ältere Gemeinschaftsbildmarke Klaes – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑453/13

Horst Klaes GmbH & Co. KG mit Sitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. Dix,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Pohlmann als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Klaes Kunststoffe GmbH mit Sitz in Neuenrade (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt J. Schneider, dann Rechtsanwalt S. Schweyer,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 6. Juni 2013 (Sache R 1206/2012‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Horst Klaes GmbH & Co. KG und der Klaes Kunststoffe GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse und A. M. Collins (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 26. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 13. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 9. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 9. November 2010 meldete die Klägerin, die Horst Klaes GmbH & Co. KG, beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Die Marke, deren Eintragung beantragt wurde, ist das Wortzeichen Klaes.

3        Die Marke wurde für folgende Dienstleistungen der Klasse 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Aktualisierung (Update) von Software; Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Computerberatungsdienste; Computersystemanalyse; Design von Computersoftware; Design von Computersystemen; Dienstleistungen eines EDV-Programmierers; elektronische Datensicherung; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Erstellen (Programmierung) von Computeranimationen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Hard- und Software-Beratung; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerke; Installieren von Computerprogrammen, Konfigurieren von Computernetzwerken durch Software; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderungen); Kopieren von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; Serveradministration; Vermietung von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Wiederherstellung von Computerdaten“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 236/2010 vom 16. Dezember 2010 veröffentlicht.

5        Am 17. Februar 2011 erhob die Streithelferin, die Klaes Kunststoffe GmbH, gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009.

6        Der Widerspruch, der mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begründet wurde, wurde auf die nachfolgend dargestellte ältere Gemeinschaftsbildmarke Nr. 7 499 387 gestützt, die am 5. Dezember 2008 angemeldet und am 29. Juli 2009 eingetragen worden war:

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7        Diese Marke bezeichnet u. a. folgende Dienstleistungen der Klasse 42: „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und diesbezügliche Designerdienstleistungen und Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen sowie der diesbezüglichen Werkzeugentwicklung“.

8        Mit Entscheidung vom 18. Mai 2012 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch für alle streitigen Dienstleistungen statt, da sie die Gefahr einer Verwechslung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen als gegeben ansah.

9        Am 29. Juni 2012 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 6. Juni 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) bestätigte die Erste Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Die Beschwerdekammer nahm in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung an, dass die Zeichen einander hochgradig ähnlich seien. In Bezug auf die betroffenen Dienstleistungen stellte sie in den Rn. 17 bis 22 ein Ergänzungsverhältnis zwischen ihnen und somit eine gewisse Ähnlichkeit fest. Eine Verwechslungsgefahr sah die Beschwerdekammer in den Rn. 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung in Anbetracht der nahezu identischen Zeichen trotz der geringen Ähnlichkeit der Dienstleistungen und unbeschadet des erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der angesprochenen Verkehrskreise als gegeben an.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Widerspruch gegen ihre Anmeldung zurückzuweisen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin bringt in ihrer Klageschrift zum Ausdruck, dass sie den bei der Beschwerdekammer am 13. September 2012 eingereichten Schriftsatz zur „Vermeidung von Wiederholungen“ als Bestandteil ihres Vorbringens im Rahmen der vorliegenden Klage gewertet sehen möchte. Nach gefestigter Rechtsprechung kann gemäß Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts, der nach Art. 130 § 1 und Art. 132 § 1 dieser Verfahrensordnung im Bereich des geistigen Eigentums gilt, die Klageschrift zwar in einzelnen Punkten durch Verweisungen auf bestimmte Stellen beigefügter Schriftstücke gestützt und ergänzt werden; eine allgemeine Verweisung auf andere Schriftstücke kann jedoch das Fehlen wesentlicher Bestandteile des Rechtsvortrags in der Klageschrift nicht ausgleichen, die nach den vorgenannten Bestimmungen in der Klageschrift selbst angeführt sein müssen (Urteil vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg, EU:T:1999:80, Rn. 39). Daher ist die Klage, soweit in der Klageschrift pauschal auf die von der Klägerin beim HABM eingereichten Schriftsätze Bezug genommen wird, unzulässig, da diese Bezugnahme nicht mit einem in der Klageschrift vorgetragenen Klagegrund in Beziehung gesetzt werden kann.

15      In der Sache macht die Klägerin als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Rüge, die von der Beschwerdekammer vorgenommene vergleichende Analyse der in Rede stehenden Dienstleistungen sei falsch. Diese Dienstleistungen wiesen nämlich keine Ähnlichkeit miteinander auf.

16      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

17      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

18      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (Urteile vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, EU:T:2008:338, Rn. 70, und vom 31. Januar 2012, Cervecería Modelo/HABM – Plataforma Continental [LA VICTORIA DE MEXICO], T‑205/10, EU:T:2012:36, Rn. 23; vgl. auch entsprechend Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg, EU:C:1998:442, Rn. 29, und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg, EU:C:1999:323, Rn. 17).

19      Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für die Öffentlichkeit ist außerdem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (Urteil CAPIO, oben in Rn. 18 angeführt, EU:T:2008:338, Rn. 71; vgl. auch entsprechend Urteile vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg, EU:C:1997:528, Rn. 22, und Canon, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:1998:442, Rn. 16).

20      Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg, EU:C:2007:514, Rn. 48, vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg, EU:T:2002:261, Rn. 25; vgl. auch entsprechend Urteil Canon, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:1998:442, Rn. 17). Die Wechselbeziehung zwischen den Faktoren kommt im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 zum Ausdruck, wonach der Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen ist, deren Feststellung ihrerseits von zahlreichen Faktoren abhängt, u. a. von dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die zwischen ihr und dem benutzten oder eingetragenen Zeichen hergestellt werden kann, und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil vom 18. September 2012, Scandic Distilleries/HABM – Bürgerbräu, Röhm & Söhne [BÜRGER], T‑460/11, EU:T:2012:432, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Ferner ist bei der umfassenden Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile zu berücksichtigen sind. Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, der darauf abstellt, dass „für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen … besteht“, geht nämlich hervor, dass es für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr entscheidend darauf ankommt, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Art von Waren oder Dienstleistungen wirkt. Denn der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (Urteil BÜRGER, oben in Rn. 20 angeführt, EU:T:2012:432, Rn. 27; vgl. auch entsprechend Urteil SABEL, oben in Rn. 19 angeführt, EU:C:1997:528, Rn. 23).

22      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild dieser Marken verlassen muss, das er im Gedächtnis behalten hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil BÜRGER, oben in Rn. 20 angeführt, EU:T:2012:432, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch entsprechend Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:1999:323, Rn. 26). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Verkehrskreise aus den Nutzern zusammensetzen, die sowohl die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen als auch die Dienstleistungen, die von der Anmeldemarke erfasst werden, nutzen können (Urteil vom 1. Juli 2008, Apple Computer/HABM – TKS-Teknosoft [QUARTZ], T‑328/05, EU:T:2008:238, Rn. 23).

23      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Gefahr einer Verwechslung zwischen den Zeichen zu überprüfen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

24      In Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer angenommen, dass sich die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 42 an Fachleute und Gewerbetreibende richten würden, deren Aufmerksamkeitsgrad im Allgemeinen hoch sei. Da es sich bei dieser Marke um eine Gemeinschaftsmarke handelt, ging die Beschwerdekammer zudem davon aus, dass das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gebiet das gesamte Gebiet der Europäischen Union sei. Dieser Beurteilung – die von den Verfahrensbeteiligten im Übrigen nicht beanstandet worden ist – ist zuzustimmen.

 Zum Vergleich der Zeichen

25      Erstens ist in visueller Hinsicht festzustellen, dass – wie die Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – die ältere Marke aus demselben Wortbestandteil besteht wie die Anmeldemarke. Das dominierende Element der älteren Marke ist unbestreitbar dieser Wortbestandteil. Die Bildbestandteile dieser Marke, nämlich der Schrifttyp und die blaue Farbe, können nicht als originell gewertet werden (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg, EU:T:2007:387, Rn. 53). Somit ist die angefochtene Entscheidung insoweit zu bestätigen, als die Beschwerdekammer dort festgestellt hat, dass die Zeichen optisch nahezu identisch sind. Zweitens ist in klanglicher Hinsicht zu bemerken, dass die Zeichen identisch ausgesprochen werden. Drittens ist in begrifflicher Hinsicht festzustellen, dass der Wortbestandteil „klaes“ keine bekannte Bedeutung hat und daher bei beiden Zeichen als Phantasiebestandteil aufgefasst werden wird.

26      In Anbetracht dessen ist die Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt – ohne dass ihr im Übrigen die Verfahrensbeteiligten insoweit widersprochen hätten –, dass die Zeichen eine hohe Ähnlichkeit aufweisen.

 Zum Vergleich der Dienstleistungen

27      Die Klägerin meint, dem HABM seien bei der vergleichenden Analyse der in Rede stehenden Dienstleistungen insoweit Fehler unterlaufen, als die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen und die Dienstleistungen, die von der Anmeldemarke erfasst würden, einander nicht ähnlich seien.

28      Der Gerichtshof hat in Rn. 23 des in der vorstehenden Rn. 18 angeführten Urteils Canon (EU:C:1998:442) entschieden, dass bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind, die das Verhältnis zwischen ihnen kennzeichnen. Er hat klargestellt, dass zu diesen Faktoren insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen gehören, und somit keineswegs angenommen, dass diese Faktoren die einzigen sind, die berücksichtigt werden können, da sie nur beispielhaft aufgezählt wurden (Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg, EU:C:2006:310, Rn. 85). Der Unionsrichter hat daher daraus abgeleitet, dass andere einschlägige Faktoren, die das zwischen den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen möglicherweise bestehende Verhältnis kennzeichnen, wie die Vertriebswege der betreffenden Waren, ebenfalls berücksichtigt werden können (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg, EU:T:2007:219, Rn. 37, und Urteil vom 15. Dezember 2010, Wind/HAB – Sanyang Industry [Wind], T‑451/09, EU:T:2010:522, Rn. 18).

29      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen auf die objektiven Merkmale und Eigenschaften der in Rede stehenden Dienstleistungen, wie sie im jeweiligen Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldemarke und der älteren Marke aufgeführt sind, abzustellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg, EU:T:2007:96, Rn. 85).

30      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, es bestehe eine gewisse Ähnlichkeit zwischen – auf der einen Seite – den von der Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42, zu denen nach der von der Klägerin selbst vorgenommenen Beschreibung die „Aktualisierung, Erstellung und Pflege von Software“ gehören, und – auf der anderen Seite – folgenden von der älteren Marke erfassten, gleichfalls zur Klasse 42 gehörenden Dienstleistungen: „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und diesbezügliche Designerdienstleistungen und Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen sowie der diesbezüglichen Werkzeugentwicklung“. Die Beschwerdekammer nahm insbesondere an, dass die Art der streitigen Dienstleistungen zwar nicht dieselbe sei, aber zwischen ihnen eine Komplementarität bestehe, da die Software für die Dienstleistungen der älteren Marke genutzt und entwickelt werde.

31      Erstens ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht angenommen hat, dass die Softwaredienstleistungen den von der älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen „immanent“ und somit von ihrer Eintragung „erfasst“ seien. In Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass „die [von der Anmeldemarke beanspruchten] Dienstleistungen nicht in den Oberbegriffen der älteren Marke enthalten“ seien. Auf der Grundlage der von der Streithelferin vorgelegten Beweise ist die Beschwerdekammer jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Benutzung von Software für die von der älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen sowie der diesbezüglichen Werkzeugentwicklung substanziell sei, spezifische Software zum Betreiben dieser Dienstleistungen entwickelt werde und somit ein Ergänzungsverhältnis zwischen den streitigen Dienstleistungen bestehe. Die Klägerin zieht weder diese Schlussfolgerungen hinsichtlich der Verbindung zwischen den in Rede stehenden Dienstleistungen noch die Beweise, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt hat, in Zweifel.

32      Wenn zweitens die Klägerin meint, dass die Reichweite des der älteren Marke gewährten Schutzes allein auf der Grundlage der in der Eintragung angeführten Dienstleistungsklassen festgelegt werden dürfe, so dass die Dienstleistungen, die von der älteren Marke erfasst würden, die die von der Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen nicht erwähne, die letztgenannten Dienstleistungen nicht als Unterstützungs- und Hilfsleistungen einschließen könnten, so kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Zum einen ist es sachlich unzutreffend. Wie nämlich aus der vorstehenden Rn. 31 hervorgeht, hat die Beschwerdekammer zu keiner Zeit behauptet, dass die von der Anmeldemarke erfassten Softwaredienstleistungen in den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen eingeschlossen seien. Zum anderen vermag das Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, Slg, EU:C:2012:361), auf das sich die Klägerin beruft, deren Vorbringen nicht zu stützen. Denn die Waren oder Dienstleistungen, für die Schutz durch die Gemeinschaftsmarke beantragt wird, müssen vom Anmelder hinreichend klar und eindeutig angegeben werden, damit das HABM und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den beantragten Schutzumfang bestimmen können. Gerade die Einhaltung dieses Erfordernisses versetzt im Fall eines Widerspruchs die Widerspruchsabteilung und gegebenenfalls die Beschwerdekammer in die Lage, den Grad der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen selbst zu beurteilen, insbesondere wenn es sich um Begriffe handelt, deren Inhalt weitgehend vom Kontext und von den Merkmalen sowohl der Anmeldemarke als auch der älteren Marke abhängt (vgl. Urteil vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – López Cabré [VOGUE], T‑229/12, EU:T:2014:95, Rn. 36 und 37). Im vorliegenden Fall erfassen zum einen die von der älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen nicht sämtliche in der Überschrift von Klasse 42 aufgezählten Oberbegriffe; zum anderen werden diese Dienstleistungen hinreichend eindeutig beschrieben und beziehen sich klar auf einen speziellen Bereich, nämlich die Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen.

33      Drittens hat die Beschwerdekammer in Rn. 21 zutreffend festgestellt, dass die von der Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen nicht auf einen spezifischen Bereich beschränkt sind und daher auch diejenigen umfassen, die von den wissenschaftlichen und technologischen Fachleuten, Designern und Ingenieuren für die Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen sowie der diesbezüglichen Werkzeugentwicklung benutzt werden. Aus dem Auszug aus der Website der Streithelferin, die diese ihrem Streithilfeschriftsatz an das Gericht als Anlage beigefügt hat, geht ebenfalls hervor, dass die Entwicklung von Kunststofferzeugnissen und die Werkzeugentwicklung digital mittels darauf ausgerichteter Software erfolgt. Die Klägerin bestätigt dies, wenn sie in Rn. 14 der Klageschrift ausführt, dass „Computerprogramme bzw. die entsprechenden Dienstleistungen hierzu … in nahezu allen Bereichen der Industrie eingesetzt [werden]“. Zudem hat die Klägerin, wie das HABM anmerkt, das Dienstleistungsverzeichnis für die Anmeldemarke während des Verwaltungsverfahrens nicht präzisiert.

34      Die streitigen Dienstleistungen sind zwar unterschiedlicher Natur; mangels eines Beweises für das Gegenteil gibt es jedoch keinen Grund dafür, auszuschließen, dass die von den in Rede stehenden Zeichen beanspruchten Aufgaben zu dem Spektrum von Dienstleistungen gehören, die von derselben Art von Unternehmen angeboten werden können. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass ein Unternehmen, das auf technologische Dienstleistungen und Werkzeuge im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen spezialisiert ist, möglicherweise auch über Fachwissen hinsichtlich des Erstellens und der Aktualisierung von Software verfügt. Mangels eines Beweises für das Gegenteil ist davon auszugehen, dass die streitigen Dienstleistungen in Verwendungszweck und Nutzung übereinstimmen können. Der Beschwerdekammer ist daher kein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie in den Rn. 21 und 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass zwischen ihnen ein Ergänzungsverhältnis und somit eine gewisse Ähnlichkeit bestehe.

35      Aus alledem ergibt sich, dass eine schwache Ähnlichkeit zwischen den von der Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 und den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen derselben Klasse besteht.

 Zur Verwechslungsgefahr

36      Vorliegend ist in der vorstehenden Rn. 26 eine hohe Ähnlichkeit der streitigen Zeichen und in der vorstehenden Rn. 35 eine schwache Ähnlichkeit der in Rede stehenden Dienstleistungen festgestellt worden.

37      Im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird infolgedessen der geringe Grad der Ähnlichkeit der streitigen Dienstleistungen dadurch ausgeglichen, dass die Marken in visueller, klanglicher und begrifflicher Hinsicht nahezu identisch sind (vgl. die in der vorstehenden Rn. 20 angeführte Rechtsprechung). Die Beschwerdekammer hat daher in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen, dass trotz der erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise die Gefahr einer Verwechslung zwischen den streitigen Zeichen besteht. Ihrer Schlussfolgerung, dass Fachleute, die mit den streitigen Zeichen konfrontiert würden, glauben würden, dass die fraglichen Dienstleistungen von denselben Unternehmen stammten, da diese Dienstleistungen nicht vollkommen verschieden seien, ist zuzustimmen.

38      Nach alledem ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

39      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie vom HABM beantragt, dessen Kosten aufzuerlegen.

40      Nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Da die Streithelferin insoweit keinen Antrag gestellt hat, trägt sie ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Horst Klaes GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten, die dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) entstanden sind.

3.      Die Klaes Kunststoffe GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Frimodt Nielsen

Dehousse

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.