Language of document : ECLI:EU:T:2021:697

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

13. Oktober 2021(*)

„Unionsmarke – Unionswortmarke BANDIT – Fehlender Antrag auf Verlängerung der Eintragung der Marke – Löschung der Marke nach Ablauf der Eintragung – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Art. 104 der Verordnung (EU) 2017/1001 – Sorgfaltspflicht – Fehlende Kontrolle – Nichteinhaltung von Fristen“

In der Rechtssache T‑733/20,

Andreas Freundlieb, wohnhaft in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin J. Vogtmeier,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Markakis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 1. Oktober 2020 (Sache R 730/2020‑5) zu einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des Rechts auf Beantragung der Verlängerung der Unionswortmarke BANDIT

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira (Berichterstatterin) sowie der Richterinnen M. Kancheva und T. Perišin,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 16. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 3. März 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der Bestimmung eines anderen Richters, um die Kammer nach dem Tod von Richter Berke zu ergänzen,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Auf eine vom Kläger, Herrn Andreas Freundlieb, am 10. Juni 1999 nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, ihrerseits ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) vorgenommene Unionsmarkenanmeldung hin wurde vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) am 6. Februar 2001 das Wortzeichen BANDIT als Unionsmarke eingetragen.

2        Die Marke wurde für Waren der Klassen 9, 18, 25 und 28 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung eingetragen.

3        Am 12. November 2018 informierte das EUIPO den Kläger darüber, dass die Eintragung der in Rede stehenden Marke bis zum 10. Juni 2019 verlängert werden müsse und dass er die entsprechenden Schritte ab dem 11. Dezember 2018 unternehmen könne. Das EUIPO teilte dem Kläger auch mit, dass ihm bei Ablauf dieser ersten Frist eine zweite Frist zur Verfügung stehe, die am 10. Dezember 2019 ablaufe.

4        Am 21. Dezember 2019 teilte das EUIPO dem Kläger mit, dass die Marke ab dem 10. Juni 2019 aus dem Markenregister gelöscht worden sei, da innerhalb der oben genannten Fristen keine Verlängerung beantragt und die Verlängerungsgebühr nicht entrichtet worden sei.

5        Am 7. Februar 2020 stellte der Kläger gemäß Art. 104 der Verordnung 2017/1001 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er sei am 5. Dezember 2019 auf die Philippinen gereist und habe am selben Tag die Überweisung für die Zahlung der Gebühr online getätigt. Er habe jedoch erst nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Januar 2020 bemerkt, dass die Überweisung entgegen seiner Annahme nicht ausgeführt worden sei.

6        Am 12. Februar 2020 wies das EUIPO den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung zurück, dass die Nichtverlängerung der in Rede stehenden Marke auf eine Nachlässigkeit oder einen Fehler des Klägers zurückzuführen sei.

7        Am 21. April 2020 legte der Kläger gegen diese Entscheidung Beschwerde gemäß den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 beim EUIPO ein.

8        Mit Entscheidung vom 1. Oktober 2020 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie war insbesondere der Ansicht, dass die Umstände, auf die sich der Kläger zur Rechtfertigung der Nichteinhaltung der Fristen für die Verlängerung der Eintragung der in Rede stehenden Marke berufen habe, weder unvorhersehbar noch außergewöhnlich gewesen seien und dass er ihnen bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte abhelfen können. Außerdem war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass sich der Kläger angesichts der Bedeutsamkeit der Verlängerung der Markeneintragungen in den Tagen nach seinem Überweisungsauftrag hätte vergewissern müssen, dass dieser Auftrag tatsächlich von der Bank ausgeführt worden sei.

 Anträge der Parteien

9        Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die in Rede stehende Marke wieder in den vorigen Stand einzusetzen;

–        dem EUIPO die Kosten einschließlich der Kosten aufzuerlegen, die vor der Beschwerdekammer des EUIPO entstanden sind.

10      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

11      Der Kläger macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 geltend.

12      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er nicht alle nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt beachtet habe, um den Verlust seiner Rechte zu vermeiden. Die von ihm vorgelegten Beweise reichten aus, um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen. Der Kläger macht insoweit erstens geltend, dass ihm weder ein Fehler zuzurechnen noch eine Nachlässigkeit anzulasten sei. Die Verzögerung bzw. die Nichtausführung des Überweisungsauftrags über den Betrag der Verlängerungsgebühr liege nämlich in Wirklichkeit im Verantwortungsbereich der Bank bzw. des verwendeten Online-Banking-Systems. Zweitens habe er nicht gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, indem er sich nicht im Wege der Nachkontrolle vergewissert habe, dass die Überweisung tatsächlich ausgeführt worden sei. Zum einen sei der Überweisungsauftrag unter Verwendung eines renommierten und erprobten Online-Banking-Systems erteilt worden. Zum anderen habe er von diesem System keine Fehlermeldung hinsichtlich der Ausführung seines Überweisungsauftrags erhalten. Drittens sei darauf hinzuweisen, dass der Überweisungsauftrag vor Ablauf der Frist für die Entrichtung der Verlängerungsgebühr ordnungsgemäß erteilt worden sei, so dass die Beschwerdekammer gemäß Art. 180 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 hätte annehmen müssen, dass diese Frist gewahrt worden sei. Viertens sei der Verlust der in Rede stehenden Marke in Anbetracht dessen, dass keine mangelnde Kontrolle seitens des Klägers vorliege, unverhältnismäßig. Die Unverhältnismäßigkeit sei insbesondere im Hinblick auf die Fiktionswirkung gemäß Art. 180 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 offenkundig.

13      Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

14      Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach Art. 53 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 „[d]ie Eintragung der Unionsmarke … auf Antrag des Inhabers der Unionsmarke oder einer von ihm hierzu ausdrücklich ermächtigten Person verlängert [wird], sofern die Gebühren entrichtet worden sind“.

15      Art. 53 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 bestimmt: „Der Antrag auf Verlängerung ist innerhalb von sechs Monaten vor Ablauf der Eintragung einzureichen. Innerhalb dieser Frist sind auch die Grundgebühr für die Verlängerung sowie gegebenenfalls eine oder mehrere Klassengebühren für jede Klasse von Waren oder Dienstleistungen, die über die erste Klasse hinausgeht, zu entrichten. Der Antrag und die Gebühren können noch innerhalb einer Nachfrist von sechs Monaten nach Ablauf der Eintragung eingereicht bzw. gezahlt werden, sofern innerhalb dieser Nachfrist eine Zuschlagsgebühr für die verspätete Zahlung der Verlängerungsgebühr oder für die verspätete Einreichung des Antrags auf Verlängerung entrichtet wird.“

16      In Art. 53 Abs. 8 der Verordnung 2017/1001 heißt es:

„Wird ein Verlängerungsantrag nicht gestellt oder erst nach Ablauf der Frist gemäß Absatz 3 gestellt oder werden die Gebühren nicht entrichtet oder erst nach Ablauf der betreffenden Frist entrichtet oder werden die in Absatz 7 genannten Mängel nicht fristgemäß beseitigt, so stellt das [EUIPO] fest, dass die Eintragung abgelaufen ist, und teilt dies dem Inhaber der Unionsmarke entsprechend mit. Ist diese Feststellung unanfechtbar geworden, so löscht das [EUIPO] die Marke im Register. Die Löschung wird am Tag nach Ablauf der Eintragung wirksam. …“.

17      Zweitens bestimmt Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001: „Der Anmelder, der Inhaber der Unionsmarke oder jeder andere an einem Verfahren vor dem [EUIPO] Beteiligte, der trotz Beachtung aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verhindert worden ist, gegenüber dem [EUIPO] eine Frist einzuhalten, wird auf Antrag wieder in den vorigen Stand eingesetzt, wenn die Verhinderung nach dieser Verordnung den Verlust eines Rechts oder eines Rechtsbehelfs zur unmittelbaren Folge hat.“

18      Nach dieser Bestimmung unterliegt die Klage auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zum einen zwei Voraussetzungen: Erstens muss der Betroffene mit der unter den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt gehandelt haben. Zweitens muss seine Verhinderung den Verlust eines Rechts oder eines Rechtsbehelfs zur unmittelbaren Folge gehabt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2009, Aurelia Finance/HABM [AURELIA], T‑136/08, EU:T:2009:155, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen obliegt die Sorgfaltspflicht in erster Linie dem Inhaber der Marke (Urteil vom 13. Mai 2009, AURELIA, T‑136/08, EU:T:2009:155, Rn. 14).

19      Darüber hinaus erfordert die in Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 stehende Wendung „aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt“ die Einrichtung eines Systems zur internen Kontrolle und Überwachung der Fristen, das – wie in den Richtlinien des EUIPO vorgesehen – das unbeabsichtigte Versäumnis von Fristen generell ausschließt. Daraus folgt, dass allein außergewöhnliche und damit nicht kraft Erfahrung vorhersehbare Umstände eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Folge haben können (vgl. Urteil vom 28. Juni 2012, Constellation Brands/HABM [COOK’S], T‑314/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:329, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Nach ständiger Rechtsprechung entspricht zudem die strikte Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über die Verfahrensfristen dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu verhindern. Von diesen Vorschriften kann nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen abgewichen werden. Unabhängig davon, ob solche Umstände als Zufall, höhere Gewalt oder entschuldbarer Irrtum anzusehen sind, enthalten sie in jedem Fall ein subjektives Merkmal, das mit der Verpflichtung des gutgläubigen Rechtsbürgers zusammenhängt, die Wachsamkeit und Sorgfalt walten zu lassen, die von einem Wirtschaftsteilnehmer mit normalem Kenntnisstand verlangt werden können, um den Ablauf des Verfahrens zu überwachen und die vorgesehenen Fristen einzuhalten (vgl. Urteil vom 23. September 2020, Seven/EUIPO [7Seven], T‑557/19, EU:T:2020:450, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 sind somit eng auszulegen. Die Einhaltung von Fristen ist nämlich eine Frage zwingenden Rechts, und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf eine Eintragung nach deren Löschung könnte der Rechtssicherheit schaden (vgl. Urteil vom 23. September 2020, 7Seven, T‑557/19, EU:T:2020:450, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgehen konnte, dass die in Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 vorgesehene Voraussetzung der Beachtung der Sorgfaltspflicht im vorliegenden Fall nicht erfüllt war.

23      In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zunächst festgestellt, dass die Nichteinhaltung der Fristen für die Verlängerung der Eintragung der in Rede stehenden Marke durch den Kläger hätte vermieden werden können, wenn er die erforderliche Sorgfalt hätte walten lassen. Die Umstände, auf die sich der Kläger zur Rechtfertigung dieser Nichteinhaltung berufen habe, seien nämlich weder unvorhersehbar noch außergewöhnlich. Menschliche Fehler bei der Verwaltung solcher Verlängerungen könnten nicht als außergewöhnliche oder unvorhersehbare Ereignisse angesehen werden.

24      Nach Ansicht der Beschwerdekammer wäre es angesichts der Bedeutsamkeit der Verlängerung von Markeneintragungen außerdem die Pflicht des Antragstellers gewesen, in den Tagen nach der Übermittlung der Zahlungsanweisung zu überprüfen, ob diese tatsächlich von der Bank ausgeführt wurde.

25      Schließlich hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass der infolge mangelnder Kontrolle resultierende Rechtsverlust nicht unverhältnismäßig sei. Von der Einhaltung der Fristen könne nur unter außergewöhnlichen oder unvorhersehbaren Umständen abgewichen werden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Verordnung 2017/1001 dem Inhaber einer Marke insgesamt ein Jahr Zeit gebe, um deren Eintragung zu verlängern und so sein Recht zu erhalten.

26      Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist diesen Beurteilungen der Beschwerdekammer zuzustimmen.

27      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nicht bestreitet, dass das EUIPO den Betrag, der Gegenstand der streitigen Überweisung ist, nicht erhalten hat. Er bestreitet hingegen, dass es ihm hinsichtlich der Einhaltung der Fristen für die Verlängerung der Eintragung seiner Marke an Wachsamkeit und Sorgfalt gefehlt habe. Vielmehr habe er diese Überweisung ordnungsgemäß und vor Ablauf der gesetzten Frist veranlasst. Er wisse allerdings nicht, warum die Überweisung nicht ausgeführt worden sei. In jedem Fall liege der Fehler außerhalb seiner Sphäre und liege an der Bank oder am verwendeten Online-Banking-System.

28      Wie jedoch oben in den Rn. 18 und 19 ausgeführt worden ist, obliegt die Sorgfaltspflicht in erster Linie dem Markeninhaber; nur außergewöhnliche und damit nicht kraft Erfahrung vorhersehbare Umstände können eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Folge haben.

29      Zur Stützung seiner Klage hat der Kläger lediglich einen Fehler bei der Übermittlung der Daten an die Bank bzw. einen Fehler der Bank bei der Ausführung der Überweisung an das EUIPO geltend gemacht.

30      Mit der Beschwerdekammer ist jedoch davon auszugehen, dass solche Fehler, da sie weder selten noch unwahrscheinlich sind, nicht als außergewöhnlich und unvorhersehbar angesehen werden können.

31      In diesem Zusammenhang war der Kläger, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, verpflichtet, diese Umstände vorherzusehen und die erforderliche Vorsorge zu treffen, um sich zu vergewissern, dass die Zahlung innerhalb der gesetzten Frist ausgeführt wird. Dies gilt erst recht, wenn es sich um einen so bedeutsamen Vorgang handelt wie die Verlängerung der Eintragung einer Marke, wenn die Überweisung unter Heranziehung eines Online-Banking-Systems am Tag der Abreise zu einem Auslandsaufenthalt angewiesen wurde und wenn die erste Frist zur Vornahme dieser Formalität versäumt worden war.

32      Der Kläger hätte sich daher trotz des Nichtvorliegens einer Fehlermeldung der Bank hinsichtlich der Ausführung der Überweisung bei seiner Bank nach der Ausführung der Überweisung erkundigen müssen, um einer etwaigen Nichtzahlung abzuhelfen. Ein wirksames System zur internen Kontrolle und Überwachung der Einhaltung der Fristen hätte nämlich eine solche Prüfung umfassen müssen. Das Erfordernis einer solchen Vorsorge verstößt im Übrigen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da nach Art. 53 Abs. 8 der Verordnung 2017/1001, auf den oben in Rn. 16 hingewiesen worden ist, der Verstoß gegen eine Pflicht wie der Einhaltung der in dieser Verordnung vorgeschriebenen Fristen grundsätzlich mit dem Verlust der Rechte geahndet wird.

33      Außerdem kann, wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, der Umstand, dass sich der Kläger ab dem 6. Dezember 2019 auf den Philippinen befand, keine Entschuldigung darstellen, zumal aus den von ihm der Beschwerdekammer vorgelegten Dokumenten hervorgeht, dass er während dieses Aufenthalts mehrere Überweisungen unter Verwendung desselben Online-Banking-Systems vorgenommen hat, das für die streitige Überweisung verwendet worden war. Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es dem Kläger möglich gewesen sei, seine Konten aus der Ferne einzusehen und sich über die erfolgreiche Ausführung dieser Überweisung zu vergewissern.

34      Nach alledem kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf einen Zufall, höhere Gewalt oder einen entschuldbaren Irrtum berufen, um sein Versäumnis hinsichtlich der fristgerechten Entrichtung der Gebühr für die Verlängerung der Eintragung seiner Marke zu rechtfertigen.

35      Selbst wenn die vom Kläger vorgelegten Beweise ausreichen sollten, um nachzuweisen, dass er seinen Überweisungsauftrag ordnungsgemäß vor Ablauf der Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr erteilt hat, können diese Beweise gleichwohl nicht belegen, dass der Kläger mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, damit die Zahlung der Gebühr tatsächlich fristgemäß beim EUIPO eingeht.

36      Somit hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass der Kläger im vorliegenden Fall nicht alle nach den gegebenen Umständen gebotene Sorgfalt beachtet habe und dass daher die erste Voraussetzung des Art. 104 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 nicht erfüllt sei.

37      Folglich ist das Vorbringen des Klägers unbegründet, mit dem er geltend macht, dass der Verlust seiner Rechte in Anbetracht dessen, dass keine mangelnde Kontrolle seinerseits vorliege, unverhältnismäßig sei. Art. 53 Abs. 8 der Verordnung 2017/1001 bestimmt nämlich u. a., dass das EUIPO, wenn die Verlängerungsgebühren nicht entrichtet oder erst nach Ablauf der in Art. 53 Abs. 3 dieser Verordnung genannten Frist entrichtet werden oder die in Abs. 7 dieses Artikels genannten Mängel nicht fristgemäß beseitigt werden, feststellt, dass die Eintragung abgelaufen ist, dies dem Inhaber der betreffenden Marke entsprechend mitteilt und die Marke im Register löscht, wenn diese Feststellung unanfechtbar geworden ist.

38      Oben in Rn. 20 ist ausgeführt worden, dass von der strikten Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über die Verfahrensfristen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen abgewichen werden kann.

39      Wie oben in Rn. 34 festgestellt worden ist, kann sich der Kläger im vorliegenden Fall jedoch nicht auf einen Zufall, höhere Gewalt oder einen entschuldbaren Irrtum berufen, der ihn daran gehindert hätte, die Verlängerungsgebühr fristgerecht zu entrichten.

40      Der Kläger kann sich auch nicht auf die Fiktion in Art. 180 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 stützen. Der erste Satz dieser Bestimmung lautet nämlich wie folgt: „Ist nach den Absätzen 1 und 2 die Zahlung einer Gebühr erst nach Ablauf der Frist, innerhalb deren sie fällig war, als erfolgt anzusehen, so gilt diese Frist als gewahrt, wenn gegenüber dem [EUIPO] nachgewiesen wird, dass die Personen, die die Zahlung in einem Mitgliedstaat innerhalb der Frist getätigt haben, innerhalb deren die Zahlung hätte erfolgen müssen, einer Bank ordnungsgemäß einen Auftrag zur Überweisung des Zahlungsbetrags erteilt und eine Zuschlagsgebühr in Höhe von 10 % der entsprechenden Gebühr(en), jedoch höchstens 200 EUR entrichtet haben“. Hieraus ergibt sich somit, dass die Anwendbarkeit dieser Bestimmung voraussetzt, dass eine Zahlung tatsächlich einem Bankkonto des EUIPO gutgeschrieben worden ist.

41      Wie oben in Rn. 27 ausgeführt worden ist, steht jedoch fest, dass das EUIPO den Betrag, der Gegenstand der streitigen Überweisung ist, nie erhalten hat. Selbst unterstellt, die vom Kläger vorgelegten Beweise reichten aus, um nachzuweisen, dass er vor Ablauf der Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr ordnungsgemäß einen Überweisungsauftrag erteilt hat, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf diese Bestimmung berufen, da der Betrag nie beim EUIPO eingegangen ist.

42      Nach alledem ist der einzige Klagegrund des Klägers als unbegründet zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

43      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

44      Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Andreas Freundlieb trägt seine eigenen Kosten und die Kosten, die dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) entstanden sind.

Costeira

Kancheva

Perišin

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Oktober 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.