Language of document : ECLI:EU:T:2021:822

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

24. November 2021(*)

„Öffentlicher Dienst – Personal der EIB – Gesundheitszustand -Arbeitsfähigkeit – Unbefugtes Fernbleiben vom Dienst – Anfechtungsklage – Begriff der Dienstunfähigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Streitsachen vermögensrechtlicher Art – Rückwirkende Zahlung des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit – Schadensersatzklage“

In der Rechtssache T‑370/20,

KL, vertreten durch die Rechtsanwältinnen L. Levi und A. Champetier,

Kläger,

gegen

Europäische Investitionsbank (EIB), vertreten durch G. Faedo und M. Loizou als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin Duron,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV und Art. 50a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union erstens auf Aufhebung der Entscheidungen der EIB vom 8. Februar und 8. März 2019, mit denen der Kläger für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben erklärt wurde und, soweit erforderlich, der Entscheidung des Präsidenten der EIB vom 16. März 2020, mit der diese aufrechterhalten wurden, zweitens auf Verurteilung der EIB zur Zahlung eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit des Klägers rückwirkend ab 1. Februar 2019 und drittens auf Ersatz des Schadens, der dem Kläger durch diese Entscheidungen entstanden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, des Richters P. Nihoul (Berichterstatter) und der Richterin R. Frendo,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung von 24. Juni 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Von 1997 bis 2001 arbeitete der Kläger, KL, als IT‑Berater für die Europäische Investitionsbank (EIB).

2        Ab dem 1. September 2001 war er im Rahmen eines unbefristeten Vertrags bei der EIB angestellt.

3        Nach mehreren Fehlzeiten des Klägers teilte die EIB ihm mit Schreiben vom 22. Mai 2017 mit, dass A, der Vertrauensarzt der EIB für Fragen der Erwerbsunfähigkeit, empfohlen habe, ihn ab dem 1. Juni 2017 für einen Zeitraum von sechs Monaten in eine vorübergehende teilweise Dienstunfähigkeit (zu 50 %) zu versetzen.

4        Mit Schreiben vom 1. Juni 2017 widersprach der Kläger der Empfehlung von A und beantragte ein ärztliches Schiedsverfahren zur Beurteilung seiner geltend gemachten vollständigen Unfähigkeit zur Wiederaufnahme seiner Tätigkeit bei der EIB.

5        In einem Schreiben an den Kläger vom 9. Oktober 2017 stellte die EIB klar, dass es sich bei dem beantragten Verfahren um das Verfahren handele, das in Art. 4 des Anhangs X der Verwaltungsvorschriften für das Personal der EIB, die zur Durchführung der Personalordnung der EIB erlassen wurden (im Folgenden: Verwaltungsvorschriften), vorgesehen ist, und teilte dem Kläger mit, dass sie B als unabhängigen Arzt mit der Durchführung des Verfahrens beauftragt habe.

6        Am 18. Oktober 2017 traf sich der Kläger mit B, der die Meinung von A bestätigte und seine Schlussfolgerung der EIB und dem Kläger am 29. November bzw. 11. Dezember 2017 mitteilte.

7        Mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 teilte die EIB dem Kläger mit, dass es derzeit Gespräche gebe, um seine Rückkehr zur Teilzeitarbeit für einen Zeitraum von drei Monaten in einer anderen Position als seiner bisherigen zu ermöglichen, mit der Maßgabe, dass er zwischen dem 1. Januar 2018 und seiner Wiedereinstellung von der Pflicht befreit sei, bei der EIB zu erscheinen.

8        In einem Fax vom 28. Dezember 2017 machte der Anwalt des Klägers geltend, dass das Verfahren, das hätte durchgeführt werden müssen, nicht das in Art. 4 des Anhangs X der Verwaltungsvorschriften vorgesehene ärztliche Schiedsverfahren, sondern das in Art. 13‑1 der Übergangsregelung zum Altersversorgungssystem für das Personal der EIB (im Folgenden: Übergangsregelung) vorgesehene Verfahren vor dem Invaliditätsausschuss gewesen sei. Er widersprach daher den Konsequenzen, die diese aus dem ärztlichen Schiedsverfahren ziehen wollte.

9        Mit Fax vom 19. Januar 2018 beantragte der Anwalt des Klägers bei der EIB, dass das Verfahren vor dem Invaliditätsausschuss auf der Grundlage von Art. 11.3 der Verwaltungsvorschriften und Art. 13‑1 der Übergangsregelung eingeleitet wird.

10      In einem Schreiben vom 7. Februar 2018 gab die EIB dem Antrag des Klägers statt und forderte ihn auf, einen Arzt zu benennen, der ihn im Invaliditätsausschuss vertreten solle, sowie den Bericht dieses Arztes bis zum 16. Februar 2018 zu übermitteln, mit der Maßgabe, dass er bis zur Abgabe der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses als vorübergehend voll dienstunfähig angesehen werde.

11      Mit Fax vom 28. März 2018 teilte der Anwalt des Klägers der EIB mit, dass sein Mandant seinen behandelnden Arzt, C, als seinen Vertreter im Invaliditätsausschuss benannt habe und dass alle medizinischen Dokumente, die sich auf das vorliegende Problem bezögen, dem Ausschuss übermittelt würden, sobald dieser gebildet sei.

12      Mit Fax vom 24. April 2018 übermittelte der Anwalt des Klägers der EIB u. a. einen Bericht von C zu den streitigen medizinischen Fragen, der für den Invaliditätsausschuss bestimmt war.

13      Mit Schreiben vom 26. Oktober 2018 teilte die EIB dem Kläger mit, dass der Invaliditätsausschuss aus C, dem Arzt, der den Kläger vertrete, A, einem Arzt, der die EIB vertrete, und D, einem von den beiden erstgenannten Ärzten im gegenseitigen Einvernehmen bestimmten Arzt, bestehe, der gemäß Art. 13‑1 der Übergangsregelung den Vorsitz im Invaliditätsausschuss führen werde. Die EIB forderte den Kläger zudem auf, am 9. November 2018 vor dem Invaliditätsausschuss zu erscheinen.

14      Mit Fax vom 2. November 2018 lehnte der Anwalt des Klägers diesen Termin aufgrund des Gesundheitszustands seines Mandanten ab.

15      In einem Schreiben vom 6. November 2018 teilte die EIB dem Anwalt des Klägers mit, dass der Gesundheitszustand seines Mandanten kein Hinderungsgrund für seine Anwesenheit vor dem Invaliditätsausschuss darstelle, der im Übrigen auf Antrag des Mandanten einberufen worden sei, um diesen Gesundheitszustand zu bewerten.

16      Mit Schreiben vom 14. November 2018 lud die EIB den Kläger zu einem Termin am 21. November 2018 nur mit dem Arzt D, dem Vorsitzenden des Invaliditätsausschusses, ein, zu dem der Kläger erschien.

17      Wie aus Rn. 15 der Gegenerwiderung hervorgeht, erhielt die EIB am 21. Dezember 2018 von D ein von ihm unterzeichnetes Dokument, das auf den 18. Dezember 2018 datiert war und den Titel „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ trug. Darin hieß es:

„Aufgrund seiner psychischen Störung ist [KL] nicht in der Lage, an seinen vorherigen Arbeitsplatz und zu seinem früheren Arbeitgeber zurückzukehren. Er ist daher in Bezug auf die EIB dienstunfähig, aber nicht dienstunfähig in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Invaliditätsausschuss war sich in dieser Frage einig.“

18      Aus Rn. 16 der Gegenerwiderung ergibt sich ferner, dass D dem ärztlichen Dienst parallel dazu einen vollständigen Bericht übermittelte, der ebenfalls vom 18. Dezember 2018 datierte und den Titel „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ trug. Dieser Bericht enthielt die gleiche Schlussfolgerung wie das Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“.

19      Am 27. Dezember 2018 erinnerte der Kläger die EIB an die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses. Die EIB antwortete, dass sie diese Stellungnahme noch immer nicht erhalten habe.

20      Mit Schreiben vom 8. Februar 2019 teilte die EIB dem Anwalt des Klägers mit, dass der Invaliditätsausschuss ihr am 23. Januar 2019 seine einstimmig gefasste Entscheidung mitgeteilt hatte, dass sein Mandant nicht dienstunfähig sei, und forderte den Kläger auf, ab dem 18. Februar 2019 die Arbeit wieder aufzunehmen, nachdem er sich mit der Dienststelle für zwischenmenschliche Beziehungen und Wohlbefinden in Verbindung gesetzt habe, um die Bedingungen für seine Wiederverwendung zu besprechen. Dem Schreiben waren drei Formulare mit dem Titel „Invalidity committee decision“ (Entscheidung des Invaliditätsausschusses) beigefügt, in denen das Kästchen „not invalid“ (nicht dienstunfähig) angekreuzt worden war. Zwei dieser Formulare waren vom 16. Januar 2019 und das dritte vom 23. Januar 2019 datiert (im Folgenden: Formulare vom 16. und 23. Januar 2019). In demselben Schreiben vom 8. Februar 2019 fügte die EIB hinzu, dass ihr ärztlicher Dienst ein weiteres Dokument von D erhalten habe, das dem Kläger auf Anfrage ausgehändigt werden könne.

21      Die in diesem Schreiben vom 8. Februar 2019 enthaltene Entscheidung (im Folgenden: Entscheidung vom 8. Februar 2019), den Kläger für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben zu erklären, ist die erste Entscheidung, die im Rahmen der vorliegenden Klage angefochten wird.

22      Mit Fax vom 14. Februar 2019 ersuchte der Anwalt des Klägers die EIB, ihm die in Art. 15‑3 der Übergangsregelung genannte begründete Stellungnahme des Invaliditätsausschusses zu übermitteln.

23      In einem Schreiben vom 8. März 2019 übermittelte die EIB dem Anwalt des Klägers das oben in Rn. 17 erwähnte Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ und erklärte, sie habe es so interpretiert, dass es eine Vereinbarung nahelege, wonach der Kläger die EIB gegen Erhalt eines Geldbetrags endgültig verlassen solle. Eine solche Vereinbarung wäre im luxemburgischen Sozialversicherungssystem möglich, nicht aber im rechtlichen Rahmen der EIB.

24      Die EIB wiederholte deshalb in diesem Schreiben, dass der Kläger gemäß der Entscheidung des Invaliditätsausschusses, ihn für nicht dienstunfähig zu erklären, am 18. Februar 2019 den Dienst hätte wieder aufnehmen müssen. Sie fügte hinzu, dass sein Fernbleiben vom Dienst gemäß Art. 3.4 des Anhangs X der Verwaltungsvorschriften als unbefugt betrachtet werde, so dass die Tage, an denen er nicht gearbeitet habe, von seinem Jahresurlaub abgezogen würden.

25      Die in diesem Schreiben vom 8. März 2019 enthaltene Entscheidung, den Kläger für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben zu erklären (im Folgenden: Entscheidung vom 8. März 2019), ist die zweite Entscheidung, die im Rahmen der vorliegenden Klage angefochten wird.

26      In einem Fax vom 29. März 2019 an die EIB focht der Anwalt des Klägers die Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 an. Dem Fax war ein ärztliches Attest von C vom 15. März 2019 beigefügt, in dem dieser darlegte, dass „die einstimmige Meinung [des Invaliditätsausschusses] in seinen Schlussfolgerungen vom 9. November 2018 [war], dass [der Kläger] hinsichtlich einer möglichen Rückkehr zur Arbeit bei der EIB dienstunfähig [war]“ und dass er, wenn er das der EIB ausgehändigte Formular richtig verstanden hätte, „das Kästchen ‚invalid‘ in Bezug auf die EIB angekreuzt hätte“.

27      In einem Schreiben vom 2. Mai 2019 an den Anwalt des Klägers bestätigte die EIB ihre Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019.

28      Am 16. Mai 2019, nachdem er selbst darum gebeten hatte, erhielt der Kläger von D das Dokument „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ sowie ein unterschriebenes Post-it, das klarstellte, dass die Entscheidung des Invaliditätsausschusses tatsächlich darin bestand, ihn für „dienstunfähig in Bezug auf die EIB“ zu erklären.

29      Am 8. Juni 2019 beantragte der Kläger die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens gemäß Art. 41 der Personalordnung der EIB (im Folgenden: Personalordnung). Dieser Antrag richtete sich gegen die Entscheidung vom 8. März 2019, soweit diese die Entscheidung vom 8. Februar 2019 bestätigte, ihn für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt dem Dienst ferngeblieben zu erklären und Art. 3.4 des Anhangs X der Verwaltungsvorschriften anzuwenden und somit die Tage, an denen er unbefugt dem Dienst ferngeblieben war, von seinem Jahresurlaub abzuziehen.

30      Mit Schreiben vom 25. Juli 2019 stimmte die EIB der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens zu.

31      Ab dem 1. August 2019 erhielt der Kläger keine Dienstbezüge mehr, da die ihm zustehenden Urlaubstage aufgebraucht waren.

32      Am 12. September 2019 erklärte Dr. C in einem Schreiben an den Kläger, dass er zunächst das Kästchen „invalid“ (dienstunfähig) angekreuzt habe, dann aber nach einem Kontakt mit der EIB, die ihm mitgeteilt habe, dass die beiden anderen Ärzte das Kästchen „not invalid“ (nicht dienstunfähig) angekreuzt hätten und er das Gleiche tun solle, seine Antwort auf „not invalid“ geändert habe, da er davon ausgegangen sei, dass das Formular dazu dienen sollte, anzugeben, dass der Kläger in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht dienstunfähig sei.

33      In einer E‑Mail vom 18. September 2019 schrieb D dem Kläger:

„Die EIB hat mich mit einer Aufgabe betraut, die ich meiner Meinung nach erfüllt habe. Die Schlussfolgerung der drei Ärzte des Gutachterausschusses war eine Dienstunfähigkeit in Bezug auf den letzten Arbeitsplatz, d. h. die EIB, aber keine Dienstunfähigkeit in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, was nicht gleichbedeutend mit einer Fähigkeit zur Wiederaufnahme der Tätigkeit bei der EIB ist. Alle drei Ärzte waren der Meinung, dass Sie nicht mehr zur EIB zurückkehren können. Dies wurde in meinem Gutachten und der Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses zur Dienstunfähigkeit deutlich gemacht (die aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht nur den letzten Satz des Gutachtens und keine medizinische Diagnose enthält: das Gutachten wurde nur dem Arzt der EIB zugesandt). Ich habe Ihnen diese beiden Dokumente zugesandt.

Ich weiß nicht, inwiefern ich noch genauer sein kann. Wenn die Verwaltung der EIB dieses Gutachten und diese Schlussfolgerung auf ihre Weise interpretiert, muss dies auf rechtlicher Ebene mit [ihr] geklärt werden. Laut dem Gutachten sind Sie in Bezug auf den letzten Arbeitsplatz dienstunfähig.“

34      Mit E‑Mail vom 27. November 2019 machte der Anwalt des Klägers gegenüber dem Schlichtungsausschuss geltend, dass die EIB bei der Anwendung der Schlussfolgerungen des Invaliditätsausschusses einen Fehler begangen habe, indem sie ihren eigenen Begriff der Dienstunfähigkeit im Sinne von Art. 46‑1 der Übergangsregelung, wonach die Dienstunfähigkeit in Bezug auf die von dem betreffenden Mitarbeiter der EIB besetzte Stelle zu beurteilen sei, falsch ausgelegt habe.

35      Am 20. Januar 2020 teilte der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses dem Präsidenten der EIB mit, dass das Schlichtungsverfahren gescheitert sei.

36      In einem Schreiben vom 16. März 2020 stellte die EIB das Scheitern des Schlichtungsverfahrens fest und übermittelte dem Kläger die Schlussfolgerungen des Schlichtungsausschusses. Die in diesem Schreiben enthaltene Entscheidung, die Schlussfolgerungen des Schlichtungsausschusses und somit die Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 zu bestätigen, wird, soweit erforderlich, im Rahmen der vorliegenden Klage angefochten.

37      Zwischen dem 18. Februar 2019 und dem 28. Dezember 2020 legte der Kläger verschiedene ärztliche Atteste vor, um sein Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen.

38      Am 12. Juni, 18. Juli, 13. August, 25. September, 28. Oktober, 14. November und 18. Dezember 2019 sowie am 15. und 25. Februar 2020 lud die EIB den Kläger zu ärztlichen Kontrollen ein, die am 18. Juni, 8. August, 27. August, 2. Oktober, 4. November, 25. November und 23. Dezember 2019 sowie am 3. und 28. Februar 2020 stattfinden sollten.

39      Über seinen Rechtsanwalt weigerte sich der Kläger, sich diesen Kontrollen zu unterziehen, und übermittelte ärztliche Atteste, die bestätigten, sich diesen Kontrollen nicht unterziehen zu können.

 Verfahren und Anträge der Parteien

40      Mit am 11. Juni 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

41      Mit Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die Anonymisierung beantragt. Das Gericht hat diesem Antrag mit Entscheidung vom 21. Juli 2020 stattgegeben.

42      Die Klagebeantwortung, die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 17. September 2020, 25. November 2020 bzw. 19. Januar 2021 eingereicht worden.

43      Am 26. April 2021 hat der Kläger auf der Grundlage von Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts zusätzliche Beweise vorgelegt.

44      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) am 27. April 2021 beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen, und ihnen schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt. Die Parteien haben darauf innerhalb der gesetzten Frist geantwortet.

45      In der Sitzung vom 24. Juni 2021 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündlich gestellte Fragen des Gerichts beantwortet.

46      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht zum einen die EIB aufgefordert, neue Dokumente vorzulegen und mehrere Fragen zu beantworten, und hat zum anderen den Kläger aufgefordert, zu den Antworten der EIB Stellung zu nehmen, was beide Parteien innerhalb der gesetzten Fristen getan haben.

47      Das mündliche Verfahren ist am 29. Juli 2021 geschlossen worden.

48      Der Kläger beantragt,

–        die Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 insoweit aufzuheben, als sie ihn für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben erklären;

–        soweit erforderlich, die Entscheidung des Präsidenten der EIB vom 16. März 2020, soweit sie die Schlussfolgerungen des Schlichtungsausschusses aufrechterhält, und folglich die Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 aufzuheben;

–        die EIB daher zur Zahlung eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit rückwirkend ab 1. Februar 2019 und von Verzugszinsen auf das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit, fällig ab dem 1. Februar 2019 bis zur vollständigen Zahlung, zu verurteilen und die Verzugszinsen dabei auf den um zwei Punkte erhöhten Zinssatz der Europäischen Zentralbank festzusetzen;

–        die EIB zum Ersatz seines immateriellen Schadens zu verurteilen;

–        der EIB sämtliche Kosten aufzuerlegen.

49      Die EIB beantragt,

–        die Klage als teilweise unzulässig abzuweisen;

–        die Klage als insgesamt unbegründet abzuweisen;

–        dem Kläger die gesamten Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Aufhebungsantrag

50      Zur Begründung seines Aufhebungsantrags macht der Kläger zwei Klagegründe geltend. Der erste betrifft einen Verstoß gegen die Art. 46‑1 und 48‑1 der Übergangsregelung und die Art. 11.1 und 11.3 der Verwaltungsvorschriften sowie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, während der zweite einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht betrifft.

51      Mit dem ersten Klagegrund macht der Kläger u. a. geltend, dass die EIB, indem sie in den Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019, die durch die Entscheidung vom 16. März 2020 aufrechterhalten wurden (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen), davon ausgegangen sei, dass er arbeitsfähig und seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben sei, zum einen gegen die Art. 46‑1 und 48‑1 der Übergangsregelung sowie gegen die Art. 11.1 und 11.3 der Verwaltungsvorschriften verstoßen und zum anderen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

52      Dem Kläger zufolge ergeben sich diese Rechtsverstöße aus der Tatsache, dass der Invaliditätsausschuss ihn in zwei Dokumenten mit den Titeln „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ bzw. „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ für dienstunfähig in Bezug auf die EIB erklärt hat.

53      Der vom Invaliditätsausschuss in diesen beiden Dokumenten formulierte Standpunkt sei durch die von C ausgestellte Bescheinigung vom 12. September 2019 und durch die E‑Mail von D vom 18. September 2019 bestätigt worden.

54      Nach Ansicht des Klägers reicht es für die Feststellung der Dienstunfähigkeit im Sinne von Art. 46‑1 der Übergangsregelung aus, dass der Bedienstete oder Beamte in Bezug auf die EIB dienstunfähig sei, ohne dass eine Dienstunfähigkeit in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nachgewiesen werden müsse.

55      Die EIB ist hingegen der Auffassung, dass die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses nicht in den vom Kläger zitierten Dokumenten, sondern in den Formularen vom 16. und 23. Januar 2019 enthalten sei, in denen alle drei Mitglieder des Invaliditätsausschusses das Kästchen „not invalid“ (nicht dienstunfähig) angekreuzt hätten. Zusammen würden diese drei Formulare die Stellungnahme bilden, die der Invaliditätsausschuss ihr gemäß Art. 15‑4 der Übergangsregelung habe übermitteln müssen.

56      Die EIB macht geltend, dass aus der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses, in der der Kläger als „nicht dienstunfähig“ eingestuft worden sei, hervorgehe, dass er seine Tätigkeit bei der EIB am 18. Februar 2019 hätte wieder aufnehmen müssen und andernfalls ab diesem Datum als unbefugt vom Dienst ferngeblieben gelten würde, wie in den Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 dargelegt worden sei.

57      Laut der EIB erkennt die Übergangsregelung nur eine Art von Dienstunfähigkeit an, nämlich eine Dienstunfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt, und nicht eine Dienstunfähigkeit, die nur in Bezug auf die EIB existiere.

 Zu den Dokumenten, die die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses bilden

58      Wie aus den vorstehenden Rn. 52, 53 und 55 hervorgeht, sind sich die Parteien uneinig darüber, welche Dokumente bei der Feststellung, ob der Kläger nach Ansicht des Invaliditätsausschusses dienstunfähig war oder nicht, zu berücksichtigen sind.

59      Im vorliegenden Fall lässt sich den vorstehenden Rn. 17, 18 und 20 entnehmen, dass die EIB zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidungen vom 8. Februar und 8. März 2019 über folgende Dokumente verfügte:

–        das am 21. Dezember 2018 eingegangene Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“;

–        die Formulare vom 16. und 23. Januar 2019, die im Januar 2019 eingegangen sind;

–        den Bericht mit dem Titel „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“, der am 18. Dezember 2018 an den ärztlichen Dienst der EIB gesandt worden war, der, wie in der Entscheidung vom 8. März 2019 dargelegt, der Verwaltung der EIB den Inhalt des Berichts ohne Offenlegung sensibler personenbezogener Daten mitteilte; die am Ende dieses Dokuments getroffene Schlussfolgerung stimmte mit der Schlussfolgerung im Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ überein.

60      In ihren Schriftsätzen vertritt die EIB die Ansicht, dass von diesen Dokumenten nur die Formulare vom 16. und 23. Januar 2019 berücksichtigt werden könnten, und zwar aus vier Gründen.

61      Erstens stellten diese Formulare das einzig verbindliche offizielle Dokument dar, das die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses gemäß Art. 15‑4 der Übergangsregelung enthalte.

62      Zweitens seien die genannten Formulare nach dem Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ erstellt worden.

63      Drittens seien die Formulare vom 16. und 23. Januar 2019 von allen drei Mitgliedern des Invaliditätsausschusses unterzeichnet worden, während das Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ nur von D unterzeichnet worden sei.

64      Viertens enthalte die Überschrift des letztgenannten Dokuments ein irreführendes Datum, da der Kläger nicht am 9. November 2018 vom Invaliditätsausschuss untersucht worden sei.

65      Die EIB hat zu ihrem ersten Argument keine interne Regelung oder Bestimmung vorgelegt, aus der hervorgehen würde, dass die ihrer Verwaltung gemäß Art. 15‑4 der Übergangsregelung übermittelte Stellungnahme des Invaliditätsausschusses zwingend in einem Formular wie den Formularen vom 16. und 23. Januar 2019 erfolgen musste. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Formulare das einzige offizielle Dokument des Invaliditätsausschusses darstellten, das die EIB bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers berücksichtigen durfte.

66      Zum zweiten Argument der EIB ist anzumerken, dass der zeitliche Vorrang des Dokuments „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ gegenüber den Formularen vom 16. und 23. Januar 2019 kein Hindernis für seine Berücksichtigung dargestellt hat, da sein Inhalt von den Mitgliedern des Invaliditätsausschusses nicht entkräftet worden ist, als sie diese Formulare ausgefüllt haben. Hätten die Mitglieder des Invaliditätsausschusses die im ersten Dokument formulierte Beurteilung revidieren oder nuancieren wollen, hätten sie lediglich die genannten Formulare mit entsprechenden Hinweisen versehen müssen.

67      Zum dritten Argument der EIB ist festzustellen, dass das Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ zwar tatsächlich nur von Dr. D unterzeichnet ist, sich aber auf den gesamten Invaliditätsausschuss bezieht und unterhalb der Überschrift „Zusammensetzung des Ausschusses: Dr. [C], Dr. [A], Dr. [D]“ angegeben worden ist. Gemäß Art. 15‑2 der Übergangsregelung regelt der Invaliditätsausschuss sein Verfahren jedoch selbst. In Ermangelung einer von der EIB vorgelegten Bestimmung, aus der hervorgeht, dass die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses von jedem seiner Mitglieder zu unterzeichnen ist, kann dieses Dokument daher nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass es nur vom Vorsitzenden des Invaliditätsausschusses unterzeichnet worden sei, da dieser von den anderen Mitgliedern beauftragt worden sein könnte, es zu erstellen. Die EIB hat keinen Hinweis darauf vorgelegt, dass sich andere Mitglieder des Invaliditätsausschusses als der Vorsitzende vom Inhalt dieses Dokuments und des ärztlichen Sachverständigenberichts distanziert hätten.

68      Zum vierten Argument der EIB ist festzustellen, dass das Datum 9. November 2018 in der Überschrift des genannten Dokuments nicht dazu führen kann, dass es unberücksichtigt bleibt, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht vor dem Invaliditätsausschuss erschienen war.

69      Für die Bestimmung der möglichen Dienstunfähigkeit des Klägers sind nämlich nur die Richtigkeit der von jedem Mitglied des Invaliditätsausschusses getroffenen Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und das Vorhandensein einer Mehrheit oder Einstimmigkeit innerhalb dieses Ausschusses zur Unterstützung der Schlussfolgerung, zu der er gelangt ist, von Bedeutung.

70      Vor dem Gericht wurde aber keiner dieser Aspekte in Frage gestellt. Zum einen geht aus der Akte hervor, dass die medizinische Akte des Klägers von den drei Mitgliedern des Invaliditätsausschusses geprüft wurde und dass D den Kläger am 21. November 2018 traf. Zum anderen wurde von den Parteien nicht bestritten, dass in diesem Ausschuss Einigkeit darüber bestand, dass der Kläger in Bezug auf die EIB dienstunfähig war, nicht aber in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

71      Unter diesen Umständen kann das Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass das darin angegebene Datum nicht dasjenige sei, an dem der Kläger vom Invaliditätsausschuss untersucht worden sei.

72      Dies gilt umso mehr, als dieses Datum nicht notwendigerweise falsch ist, da der Vorsitzende des Invaliditätsausschusses unter den oben in Rn. 70 genannten Umständen bereits am 9. November 2018 eine Mehrheit zugunsten der Schlussfolgerung feststellen konnte, die sich als diejenige herausstellte, die er selbst am 21. November 2018 nach der Untersuchung des Klägers bestätigte.

73      Somit ist das Vorbringen der EIB zur Stützung ihres Standpunkts, dass nur die Formulare vom 16. und 23. Januar 2019 zu berücksichtigen seien, um den Inhalt der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses zu bestimmen und damit die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen zu beurteilen, zurückzuweisen. Folglich müssen diese Beurteilungen auf die genannten Formulare sowie auf das Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ gestützt werden, das durch das Dokument „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ bestätigt wurde.

 Zum Inhalt der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses

74      Nachdem die zu berücksichtigenden Dokumente identifiziert wurden, muss nun der Inhalt der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses ermittelt werden.

75      Aus dem Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“, das am 21. Dezember 2018 bei der Verwaltung der EIB einging, geht hervor, dass der Kläger nach Ansicht der drei Mitglieder des Invaliditätsausschusses keine Aufgaben mehr bei der EIB wahrnehmen konnte, aber noch in der Lage war, eine berufliche Tätigkeit außerhalb der EIB auszuüben.

76      Dies entspricht dem Standpunkt, der am unteren Rand des Dokuments „Ärztliches Gutachten im Rahmen des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ geäußert wurde, das am 18. Dezember 2018 an den medizinischen Dienst der EIB übermittelt wurde, der, wie die EIB am 8. März 2019 schrieb, ihre Verwaltung unter Auslassung sensibler personenbezogener Daten darüber informierte.

77      Diese Stellungnahme des Invaliditätsausschusses steht nicht im Widerspruch zu dem Standpunkt, den die drei Mitglieder des Invaliditätsausschusses in den Formularen vom 16. und 23. Januar 2019 eingenommen haben.

78      Aus der Entscheidung vom 8. März 2019, aus Rn. 75 der Klageerwiderung und aus den Erklärungen, die die EIB in der mündlichen Verhandlung abgegeben hat, geht nämlich hervor, dass zwischen der Übermittlung der beiden oben in den Rn. 75 und 76 genannten Dokumente und der Übermittlung der Formulare vom 16. und 23. Januar 2019 informelle Kontakte zwischen der EIB und zumindest dem Vorsitzenden des Invaliditätsausschusses stattgefunden haben. Nach diesen Kontakten konnten die Mitglieder des Ausschusses davon ausgehen, dass das Kästchen „not invalid“ anzukreuzen war, da der Kläger in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht dienstunfähig war und dies der von der EIB vertretenen Auffassung von Dienstunfähigkeit entsprach.

79      Im Widerspruch zu diesem Standpunkt macht die EIB geltend, dass der Vorsitzende des Invaliditätsausschusses durch die Angabe in dem Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“, dass der Kläger in Bezug auf die EIB, nicht aber in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt dienstunfähig sei, in Wirklichkeit eine Form der im nationalen Recht bestehenden Abfindungsvereinbarung vorgeschlagen habe, die es dem Kläger ermöglicht hätte, das Organ mit einem gewissen Geldbetrag zu verlassen.

80      Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht bewiesen ist, betrifft sie die Gründe, die den Vorsitzenden des Invaliditätsausschusses dazu veranlasst haben sollen, in dem genannten Dokument festzustellen, dass der Kläger eine berufliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könne, auch wenn er nicht mehr in der Lage sei, bei der EIB zu arbeiten, stellt aber die Feststellung selbst nicht in Frage.

81      Daher ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen zu berücksichtigen, dass der Kläger nach der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses keine Aufgaben mehr bei der EIB wahrnehmen konnte, aber noch in der Lage war, eine berufliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.

 Zum Begriff der Dienstunfähigkeit, der in Art. 461 der Übergangsregelung und in Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften verwendet wird

82      Nach Ansicht des Klägers hätte er von der EIB für dienstunfähig erklärt werden müssen, da er nicht in der Lage sei, bei der EIB zu arbeiten, während nach Auffassung der EIB der Begriff der Dienstunfähigkeit ausschließt, dass eine Person noch in der Lage sei, außerhalb dieses Organs zu arbeiten.

83      In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften ein Versicherter dienstunfähig ist, wenn ordnungsgemäß anerkannt ist, dass er infolge einer Krankheit, eines Unfalls oder eines Gebrechens körperlich oder geistig unfähig ist, dauerhaft „seine Funktion oder eine gleichwertige andere Funktion“ zu erfüllen.

84      Aus diesen Bestimmungen geht hervor, dass die Dienstunfähigkeit eines Bediensteten der EIB im Hinblick auf seine Fähigkeit zu beurteilen ist, „seine Funktion oder eine gleichwertige andere Funktion“ wieder aufzunehmen.

85      Entgegen der Behauptung der EIB mussten die „gleichwertigen anderen Funktionen“, zu deren Ausübung der Kläger im Sinne von Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften ebenfalls nicht in der Lage sein durfte, EIB-intern sein.

86      Erstens sind nämlich Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften in diesem Punkt analog zu Art. 78 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) auszulegen, wonach „ein Beamter, wenn er dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb einen Dienstposten in seiner Funktionsgruppe nicht wahrnehmen kann, … Anspruch auf Invalidengeld“ hat.

87      Ebenso wie Art. 78 des Statuts auf die in Art. 5 und Anhang I des Statuts definierten Funktionsgruppen verweist, die für die Organisation der europäischen Organe spezifisch sind, ist davon auszugehen, dass Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften auf die in Art. 14 der Personalordnung festgelegte Einstufung der EIB-internen Funktionen verweisen.

88      Art. 14 der Personalordnung nennt vier Kategorien von Personen, nämlich Leitende Angestellte, Referenten, sonstige Bankangestellte und Hochschulabsolventen, und innerhalb dieser Kategorien verschiedene Funktionsgrade, und zwar „Obere Führungskräfte“ und „Funktion C“ für Leitende Angestellte, die Funktionen D, E und F für Referenten und die Funktionen G, H, I und K für die sonstigen Bankangestellten.

89      Aus diesem Verweis auf die in Art. 14 der Personalordnung festgelegte Arbeitsorganisation ergibt sich, dass der Begriff der Dienstunfähigkeit in Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften in Bezug auf die EIB und die dort ausgeübten Funktionen zu definieren ist.

90      Zweitens ist hervorzuheben, dass die von der EIB eingesetzten Invaliditätsausschüsse Organe der EIB darstellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 11. April 2006, Angeletti/Kommission, T‑394/03, EU:T:2006:111, Rn. 159) und daher rechtlich gesehen nicht über die Befugnis verfügen, die Fähigkeit des Personals der EIB zur Ausübung beruflicher Funktionen außerhalb der EIB zu beurteilen.

91      Die Invaliditätsausschüsse der EIB sind rechtlich gesehen befugt, über die Fähigkeit des Personals der EIB zu entscheiden, innerhalb des Organs zu arbeiten. Sie sind jedoch nicht befugt, über die Fähigkeit einer Person zu entscheiden, für ein anderes EU-Organ oder – auf dem nationalen Markt – für ein Unternehmen oder eine Verwaltung in den Mitgliedstaaten zu arbeiten, auch wenn es sich dabei um Personal der EIB handelt. Für die Entscheidung, ob eine Person in der Lage ist, außerhalb der EIB zu arbeiten, müssen Ausschüsse, die von anderen Organen oder nationalen Behörden eingesetzt werden, die betreffende Person untersuchen.

92      Somit ist es nicht vorstellbar, dass die Stellungnahmen eines von der EIB eingerichteten Invaliditätsausschusses gleichartige Ausschüsse binden, die von anderen Organen oder nationalen Behörden in den Ländern eingerichtet werden, in denen das Personal der EIB anschließend tätig werden könnte.

93      Indem er sich zur Fähigkeit des Klägers äußerte, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, griff der im vorliegenden Fall eingesetzte Invaliditätsausschuss daher in die Befugnisse solcher Ausschüsse ein und schuf damit die Gefahr eines Widerspruchs zwischen seiner Beurteilung der Fähigkeit des Klägers, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten, und den Beurteilungen, die später Invaliditätsausschüsse anderer Organe oder nationaler Behörden abgeben könnten.

94      Drittens ist festzustellen, dass nach Art. 51‑1 der Übergangsregelung das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit gekürzt wird, wenn der Dienstunfähige eine Erwerbstätigkeit ausübt, soweit die Summe des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit, der Kinderrenten und des Verdienstes aus dieser Tätigkeit den Betrag der Nettovergütung übersteigt, der der Stufe und der Funktion entspricht, die der Versicherte unter Zugrundelegung der gleichen Familiensituation zu dem Zeitpunkt hatte, zu dem er für dienstunfähig erklärt wurde.

95      Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die für die EIB geltende Regelung die Möglichkeit zulässt, dass ein Bediensteter, der bei der EIB für dienstunfähig erklärt wurde, eine Erwerbstätigkeit außerhalb der EIB ausübt, sofern die Gesamtheit seiner verschiedenen Einkünfte nicht die Nettobezüge übersteigt, die er bezog, als er bei der EIB arbeitete.

96      In der mündlichen Verhandlung hat die EIB vorgetragen, dass diese Möglichkeit auf die Ausübung von Tätigkeiten beschränkt sei, die nicht als gleichwertig mit den Tätigkeiten anzusehen seien, die der Bedienstete in der EIB ausgeübt habe. Der Begriff der Dienstunfähigkeit in Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften sei als die Unfähigkeit zu verstehen, innerhalb oder außerhalb der EIB eine Tätigkeit auszuüben, die mit derjenigen, die der Bedienstete zum Zeitpunkt der Stellungnahme des Invaliditätsausschusses ausgeübt habe, identisch oder ihr gleichwertig sei. Somit ziele Art. 51.1 der Übergangsregelung nur auf die seltenen Situationen ab, in denen eine Person, die innerhalb der EIB für dienstunfähig erklärt worden sei, außerhalb der EIB eine andere Tätigkeit ausübe als die, die sie innerhalb der EIB ausgeübt habe.

97      Der von der EIB vertretenen Auslegung kann nicht gefolgt werden.

98      Zum einen findet sie keine Stütze im Wortlaut der in Rede stehenden Regelung, der im Gegenteil die Möglichkeit für einen Bediensteten der EIB, eine andere Tätigkeit auszuüben, nachdem er innerhalb der EIB für dienstunfähig erklärt wurde, bekräftigt, ohne sie irgendeiner Beschränkung zu unterwerfen. Aus einer solchen Formulierung, die auf allgemeine Begriffe zurückgreift, folgt, dass die Ausübung einer wie auch immer gearteten Tätigkeit außerhalb der EIB, wenn man für dienstunfähig erklärt wurde, erlaubt ist, und die einzige Beschränkung in der Begrenzung der Einkünfte besteht, wie in der genannten Bestimmung angegeben.

99      Zum anderen ist die von der EIB vertretene Auslegung geeignet, Rechtsunsicherheit zu schaffen. Für den Fall, dass eine solche Auslegung angenommen wird, stellt sich nämlich die Frage, wie die EIB die Funktionen definieren könnte, die auf dem allgemeinen Markt als gleichwertig mit den Funktionen angesehen werden könnten oder sollten, die von ihren Bediensteten innerhalb der EIB ausgeübt werden. Insbesondere ist fraglich, welche Kriterien dann für die Feststellung einer solchen Gleichwertigkeit herangezogen werden sollten und ob diese Kriterien zu veröffentlichen wären. Eine solche Definitions- und Veröffentlichungsarbeit scheint aufgrund der zutiefst wandelbaren Natur der Funktionen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt werden, unmöglich zu sein.

100    In Anbetracht dieser verschiedenen Gesichtspunkte ist davon auszugehen, dass der Begriff der Dienstunfähigkeit im Sinne von Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften dahin auszulegen ist, dass er sich auf einen Bediensteten der EIB bezieht, der von einem von der EIB eingesetzten Invaliditätsausschuss für unfähig erklärt wird, seine Funktion oder gleichwertige Funktionen bei der EIB wieder aufzunehmen.

 Zum Verstoß gegen die Art. 461 und 481 der Übergangsregelung und gegen die Art. 11.1 und 11.3 der Verwaltungsvorschriften

101    Im vorliegenden Fall war die EIB verpflichtet, den Kläger für dienstunfähig zu erklären, da der Invaliditätsausschuss erklärt hatte, dass der Kläger nicht in der Lage sei, Aufgaben bei der EIB wahrzunehmen, und da der in Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften verwendete Begriff der Dienstunfähigkeit nur in Bezug auf die EIB zu beurteilen war.

102    Folglich ist davon auszugehen, dass die EIB gegen Art. 46‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.1 der Verwaltungsvorschriften verstoßen hat, indem sie ihn in den angefochtenen Entscheidungen für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben erklärte.

103    Die EIB hat außerdem gegen Art. 48‑1 der Übergangsregelung und Art. 11.3 der Verwaltungsvorschriften verstoßen, auf die sich der Kläger ebenfalls im Rahmen des ersten Klagegrundes berufen hat, wonach im Falle einer Anfechtung der Invaliditätsausschuss für die Feststellung der Dienstunfähigkeit zuständig ist.

104    Der Verstoß gegen die genannten Bestimmungen ist bei der Entscheidung vom 16. März 2020 umso offensichtlicher, als der EIB zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung auch die Bescheinigung von C vom 15. März 2019 vorlag, in der dieser angab, dass der Kläger nach der einstimmigen Meinung des Invaliditätsausschusses in Bezug auf die EIB dienstunfähig sei, und dass er, wenn er das Formular vom 23. Januar 2019 richtig verstanden hätte, „das Kästchen ‚invalid‘ in Bezug auf die EIB“ angekreuzt hätte. Diese Bescheinigung bestätigte ohne weitere Notwendigkeit, dass der Kläger nach Ansicht des Invaliditätsausschusses nicht in der Lage war, die Tätigkeit bei der EIB wieder aufzunehmen.

 Ergebnis zum ersten Klagegrund

105    Nach alledem ist der erste Klagegrund als begründet anzusehen, und die angefochtenen Entscheidungen sind daher aufzuheben, ohne dass es erforderlich wäre, die anderen vom Kläger im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, die Zulässigkeit der am 26. April 2021 vom Kläger zur Stützung dieses Klagegrundes vorgelegten zusätzlichen Beweise oder den zweiten Klagegrund zu prüfen.

 Zum Antrag auf Verurteilung der EIB zur rückwirkenden Zahlung des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit des Klägers

106    Mit seinem dritten Antrag beantragt der Kläger die Verurteilung der EIB zur rückwirkenden Zahlung des grundsätzlich seit dem 1. Februar 2019 geschuldeten Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit zuzüglich der Verzugszinsen auf dieses Ruhegehalt bis zur vollständigen Zahlung und die Festsetzung der Verzugszinsen auf den um zwei Prozentpunkte erhöhten Zinssatz der EZB.

107    Die EIB vertritt die Ansicht, dass dieser Antrag unzulässig sei, da, wenn dem Antrag stattgegeben würde, dies bedeutete, dass das Gericht ihr gegenüber anordnen würde, den Kläger als dienstunfähig im Sinne der anwendbaren Regelung anzuerkennen. Nach Ansicht der EIB kann das Gericht jedoch keine Anordnungen an die Organe richten, die nach Art. 266 AEUV lediglich die sich aus einem Urteil, das eine Aufhebung ausspreche, ergebenden Maßnahmen ergreifen müssten.

108    Darüber hinaus ist die EIB der Ansicht, dass weder das Gericht noch sie selbst sich an die Stelle des Invaliditätsausschusses mit seinen medizinischen Feststellungen, die als endgültig zu betrachten seien, setzen könnten. Damit dem Kläger ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit zuerkannt werden könne, müsse ein neuer Invaliditätsausschuss eingesetzt werden, dessen Aufgabe es wäre, festzustellen, ob der Kläger dienstunfähig sei.

109    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie die EIB ausführt, der Unionsrichter nicht, ohne in die ausschließlichen Befugnisse der Verwaltung einzugreifen, einem Organ oder einer sonstigen Stelle der Union aufgeben kann, die besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus einem Urteil ergeben, mit dem eine Entscheidung aufgehoben wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2011, Marcuccio/Kommission, T‑236/02, EU:T:2011:465, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110    Nach der Rechtsprechung ist jedoch auf Streitigkeiten zwischen der EIB und ihren Bediensteten die in Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts enthaltene Regel anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. September 1999, Hautem/EIB, T‑140/97, EU:T:1999:176, Rn. 77, bestätigt durch das Urteil vom 2. Oktober 2001, EIB/Hautem, C‑449/99 P, EU:C:2001:502, Rn. 95).

111    Nach dieser Bestimmung verfügt der Unionsrichter bei Streitsachen vermögensrechtlicher Art über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, in deren Rahmen er gegebenenfalls die beklagte Partei von Amts wegen zur Zahlung einer Entschädigung für den durch ihren Amtsfehler entstandenen Schaden verurteilen und in einem solchen Fall den Schaden unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache nach billigem Ermessen schätzen kann (vgl. Urteil vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Dem Unionsrichter wird mit der ihm durch Art. 91 Abs. 1 des Statuts gewährten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung u. a. die Aufgabe übertragen, die bei ihm anhängig gemachten Streitsachen abschließend zu entscheiden und die praktische Wirksamkeit der von ihm erlassenen Aufhebungsurteile in dienstrechtlichen Streitigkeiten sicherzustellen (vgl. Urteil vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 49 und 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Bei der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erteilt der Unionsrichter keine Anordnungen an die betroffenen Organe oder sonstigen Stellen der Union, sondern kann gegebenenfalls an deren Stelle die Entscheidungen treffen, die sich zwangsläufig aus den Schlussfolgerungen ergeben, zu denen er am Ende seiner rechtlichen Würdigung des Rechtsstreits gelangt.

114    Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der dritte Antrag des Klägers als ein an das Gericht gerichteter Antrag auszulegen ist, von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob das Gericht durch einen solchen Antrag mit einer „Streitsache vermögensrechtlicher Art“ im Sinne von Art. 91 Abs. 1 des Statuts befasst ist.

115    Vom Gericht zu diesem Punkt befragt, bestreitet die EIB nicht, dass der Unionsrichter in Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr und ihren Bediensteten auch ihr gegenüber über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung verfügt, sofern diese Streitsachen vermögensrechtlicher Art sind.

116    Die EIB ist jedoch der Ansicht, dass der vorliegende Rechtsstreit keine Streitsache vermögensrechtlicher Art sei, weil der Antrag des Klägers auf rückwirkende Zahlung eines Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit voraussetze, dass er als dienstunfähig im Sinne der für die EIB geltenden Vorschriften anerkannt worden sei, und eine solche Dienstunfähigkeitserklärung allein in die Zuständigkeit des Invaliditätsausschusses falle.

117    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung „Streitsachen vermögensrechtlicher Art“ im Sinne der genannten Bestimmung nicht nur Haftungsklagen von Bediensteten gegen ein Organ oder eine Einrichtung der Union sind, sondern auch Klagen, die darauf gerichtet sind, dass ein Organ oder eine Einrichtung der Union einem Bediensteten einen Betrag zahlt, den dieser gemäß dem Statut oder einem anderen, sein Arbeitsverhältnis regelnden Rechtsakt beanspruchen zu können glaubt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Dezember 2007, Weißenfels/Parlament, C‑135/06 P, EU:C:2007:812, Rn. 65, und vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 45).

118    Wenn der Kläger im vorliegenden Fall den Unionsrichter ersucht, über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, ihn nicht als „dienstunfähige“ Person anzuerkennen, zu entscheiden und im Rahmen des dritten Klageantrags die EIB anzuweisen, ihm einen Geldbetrag zu zahlen, wird die vorliegende Klage zu einer Streitsache vermögensrechtlicher Art. Die Entscheidung, den Kläger als „nicht dienstunfähig“ zu betrachten, hat nämlich unmittelbare Auswirkungen auf die Kontinuität der Stellung des Betroffenen als Bediensteter der EIB und damit auf seine Dienstbezüge und seine vermögensrechtlichen Ansprüche (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 47, und vom 30. September 2013, Possanzini/Frontex, F‑124/11, EU:F:2013:137, Rn. 73).

119    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der vorliegende Rechtsstreit vermögensrechtlicher Art ist und das Gericht daher im vorliegenden Fall über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung verfügt.

120    Zwar ist es erforderlich, dass die EIB nach der oben in Rn. 105 beschlossenen Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen auf der Grundlage von Art. 266 AEUV eine neue Entscheidung erlässt, mit der die Dienstunfähigkeit des Klägers festgestellt und sein Anspruch auf ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit anerkannt wird, da die Stellungnahme des Ausschusses allein diese Wirkungen nicht entfalten kann.

121    Jedoch wird die EIB für den Erlass dieser Entscheidung die Situation des Klägers nicht erneut prüfen müssen, da sie im vorliegenden Fall nur über eine gebundene Befugnis verfügt, die sie dazu verpflichtet, die administrativen Konsequenzen aus der Feststellung der Dienstunfähigkeit des regelmäßig zu diesem Zweck eingesetzten Invaliditätsausschusses zu ziehen (vgl. im Umkehrschluss zur Aufhebung einer medizinischen Entscheidung, in deren Folge die Verwaltung verpflichtet war, die Situation des Klägers erneut zu prüfen, Urteil vom 28. September 2011, Allen/Kommission, F‑23/10, EU:F:2011:162, Rn. 115).

122    Denn zum einen ergibt sich aus den Art. 46‑1 und 48‑1 der Übergangsregelung, dass die Dienstunfähigkeit vom Invaliditätsausschuss zuerkannt wird. Zum anderen haben gemäß Art. 33d und 36 der Personalordnung und Art. 49‑1 der Übergangsregelung Bedienstete, die vom Invaliditätsausschuss als dienstunfähig anerkannt werden, Anspruch auf ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit.

123    Im vorliegenden Fall wurde, wie oben in den Rn. 75 bis 81 dargelegt, die Auffassung des Invaliditätsausschusses, dass der Kläger dienstunfähig sei, in dem Dokument „Schlussfolgerung des Invaliditätsausschusses vom 9.11.2018“ zum Ausdruck gebracht, von dem im Licht aller Umstände des vorliegenden Falles gesagt wurde, dass es den Standpunkt der Mitglieder des Invaliditätsausschusses wiedergibt, so dass die EIB, die nicht geltend gemacht hat, dass das Verfahren vor dem Invaliditätsausschuss nicht ordnungsgemäß gewesen sei, keine andere Wahl hat, als den Kläger für dienstunfähig zu erklären und ihm somit das Recht auf ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit zuzuerkennen, ohne dass ein neuer Invaliditätsausschuss eingesetzt werden müsste.

124    Daher ist die EIB zur Zahlung des dem Kläger seit dem 1. Februar 2019 geschuldeten Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit sowie der Verzugszinsen auf dieses Ruhegehalt bis zur vollständigen Zahlung zu verurteilen, wobei die Verzugszinsen auf den am ersten Tag des Fälligkeitsmonats geltenden von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich 2 Prozentpunkten festgesetzt werden.

125    Von dem so ermittelten Betrag sind die Beträge abzuziehen, die dem Kläger im selben Zeitraum als Dienstbezüge gezahlt wurden und die ihm aufgrund der Zahlung des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit letztlich nicht zustehen.

 Zur Schadensersatzforderung

126    Der Kläger trägt vor, dass die EIB, indem sie ihn gezwungen habe, eine Klage zu erheben, obwohl die Stellungnahme des Invaliditätsausschusses hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit eindeutig gewesen sei, ihm einen immateriellen Schaden zugefügt habe, der in der Verschlimmerung seines Angstzustands bestanden habe und der durch die Zahlung eines nach billigem Ermessen geschätzten Betrags von 5 000 Euro zu ersetzen sei.

127    Der Kausalzusammenhang zwischen diesem immateriellen Schaden und dem Verhalten der EIB sei offensichtlich, da er diesen zusätzlichen Stress nicht erlitten hätte, wenn sich die EIB bereit erklärt hätte, die Schlussfolgerungen des Invaliditätsausschusses zu bestätigen.

128    Der Kläger legt in diesem Zusammenhang einen Bericht seines Psychiaters E vom 2. Juni 2020 vor.

129    Die EIB widerspricht dieser Forderung.

130    Insoweit ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Aufhebung einer rechtswidrigen Maßnahme als solche eine angemessene und grundsätzlich hinreichende Wiedergutmachung des gesamten immateriellen Schadens, den diese Maßnahme möglicherweise verursacht hat, sein kann (Urteil vom 9. November 2004, Montalto/Rat, T‑116/03, EU:T:2004:325, Rn. 127; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 9. Juli 1987, Hochbaum und Rawes/Kommission, 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, EU:C:1987:348, Rn. 22).

131    Etwas anderes gilt nur, wenn der Kläger dartut, dass er einen immateriellen Schaden erlitten hat, der sich von dem die Aufhebung begründenden Rechtsverstoß trennen lässt und durch diese Aufhebung nicht vollständig wiedergutgemacht werden kann (Urteil vom 31. Mai 2018, Korwin-Mikke/Parlament, T‑352/17, EU:T:2018:319, Rn. 78).

132    Im vorliegenden Fall ist zwar festzustellen, dass der Schaden der Verschlimmerung des Angstzustands, auf den sich der Kläger beruft, mit dem Verhalten der EIB im Vorverfahren zusammenhängt, doch ist das Gericht der Ansicht, dass der Kläger nicht dartut, dass dieser Schaden durch die Aufhebung der Entscheidung der EIB nicht vollständig wiedergutgemacht werden könnte, zumal diese im vorliegenden Fall mit einer Verurteilung der EIB einhergeht, dem Kläger alle finanziellen Leistungen zu zahlen, die ihm durch die aufgehobene Entscheidung vorenthalten wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, BZ/Kommission, T‑336/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:21, Rn. 55).

133    Der Antrag des Klägers auf Ersatz des immateriellen Schadens ist daher zurückzuweisen.

 Kosten

134    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

135    Da die EIB mit ihren Anträgen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Klägers die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) vom 8. Februar und 8. März 2019, mit denen KL für arbeitsfähig und für seit dem 18. Februar 2019 unbefugt vom Dienst ferngeblieben erklärt wurde, und die Entscheidung des Präsidenten der EIB vom 16. März 2020, mit dem diese Entscheidungen aufrechterhalten wurden, werden aufgehoben.

2.      Die EIB wird verurteilt, KL ab dem 1. Februar 2019 ein Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit zuzüglich Verzugszinsen auf dieses Ruhegehalt in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte festgesetzten, am ersten Tag des Monats, in dem die Zahlung fällig ist, geltenden Zinssatz, erhöht um zwei Prozentpunkte, bis zur vollständigen Zahlung abzüglich der Beträge zu zahlen, die dem Kläger im selben Zeitraum als Dienstbezüge gezahlt wurden und die ihm aufgrund der Zahlung des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit letztlich nicht zustehen.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Die EIB trägt die Kosten.

Gervasoni

Nihoul

Frendo


Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. November 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.