Language of document : ECLI:EU:T:2022:175

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

30. März 2022(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Verteidigungsrechte – Waffengleichheit – Art. 266 AEUV – Staatlicher Zwang – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Sehr geringfügige Beteiligung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑324/17,

SAS Cargo Group A/S mit Sitz in  Kastrup (Dänemark),

Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden mit Sitz in Stockholm (Schweden),

SAS AB mit Sitz in Stockholm,

vertreten durch Rechtsanwälte B. Creve, M. Kofmann, J. Killick und G. Forwood,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Dawes und C. Vollrath als Bevollmächtigte im Beistand von B. Doherty, Barrister,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf – im Wesentlichen – Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 1742 final der Kommission vom 17. März 2017 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht), soweit er die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richter J. Schwarcz, C. Iliopoulos und D. Spielmann sowie der Richterin I. Reine,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2019

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerinnen, die SAS Cargo Group A/S (im Folgenden: SAS Cargo), die Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden (im Folgenden: SAS Consortium) und die SAS AB, sind auf dem Markt für Luftfracht (im Folgenden: Fracht) tätig. SAS Cargo, die Frachtdienste anbietet, ist eine im ausschließlichen indirekten Eigentum von SAS stehende Tochtergesellschaft. Bis zum 1. Juni 2001 war SAS Cargo keine getrennte rechtliche Einheit, sondern stellte eine Geschäftseinheit von SAS Consortium dar. SAS Consortium gehört zu SAS.

2        Im Frachtsektor stellen Fluggesellschaften den Transport von Ladungen auf dem Luftweg sicher (im Folgenden: Transportunternehmen). In der Regel erbringen die Transportunternehmen Frachtdienste für Spediteure, die die Beförderung dieser Ladungen im Namen der Absender organisieren. Im Gegenzug zahlen die Spediteure einen Preis an die Transportunternehmen, der sich zum einen aus Tarifen, die pro Kilogramm berechnet und entweder für eine lange Zeitspanne (im Allgemeinen eine Saison, d. h. sechs Monate) oder punktuell ausgehandelt werden, und zum anderen aus verschiedenen Aufschlägen zusammensetzt, mit denen bestimmte Kosten abgedeckt werden sollen.

3        Vier Typen von Transportunternehmen sind zu unterscheiden: Erstens solche, die ausschließlich Vollfrachter betreiben, zweitens solche, die auf ihren Passagierflügen einen Teil des Frachtraums des Flugzeugs für den Warentransport vorbehalten, drittens solche, die sowohl über Frachtflugzeuge als auch über Platz für Fracht im Frachtraum von Passagierflugzeugen verfügen (gemischte Fluggesellschaften), und viertens Integratoren, in deren Besitz sich Frachtflugzeuge befinden, mit denen sowohl integrierte Express-Lieferdienste als auch allgemeine Frachtdienste erbracht werden.

4        Da kein Transportunternehmen in der Lage ist, weltweit alle wichtigen Frachtdestinationen in hinreichender Frequenz zu bedienen, hat sich zwischen ihnen der Abschluss von Vereinbarungen zur Steigerung der Netzabdeckung oder zur Verbesserung der Flugpläne – auch im Rahmen umfassenderer Handelsallianzen zwischen Transportunternehmen – herausgebildet. Zu diesen Allianzen gehörte zum maßgeblichen Zeitpunkt u. a. die WOW-Allianz, in der die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa), SAS Cargo, die Singapore Airlines Cargo Pte Ltd (im Folgenden: SAC) und die Japan Airlines International Co. Ltd (im Folgenden: Japan Airlines) zusammengeschlossen waren.

A.      Verwaltungsverfahren

5        Am 7. Dezember 2005 erhielt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß ihrer Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) von Lufthansa und deren Tochtergesellschaften, der Lufthansa Cargo AG und der Swiss International Air Lines AG (im Folgenden: Swiss), einen Antrag auf Geldbußenerlass. In diesem Antrag wurde erklärt, dass zwischen mehreren Transportunternehmen intensive wettbewerbswidrige Kontakte bestünden, die insbesondere

–        den Treibstoffaufschlag, der eingeführt worden sei, um den steigenden Treibstoffkosten zu begegnen, und

–        den Sicherheitsaufschlag, der eingeführt worden sei, um den Kosten bestimmter nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vorgeschriebener Sicherheitsmaßnahmen zu begegnen,

beträfen.

6        Am 14. und 15. Februar 2006 führte die Kommission gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen mehrerer Transportunternehmen durch.

7        Im Anschluss an die Nachprüfungen stellten mehrere Transportunternehmen, darunter SAS Cargo und SAS Consortium, einen Antrag gemäß der oben in Rn. 5 erwähnten Mitteilung von 2002.

8        Am 19. Dezember 2007 richtete die Kommission, nachdem sie mehrere Auskunftsersuchen versandt hatte, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an 27 Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte). Sie stellte fest, dass diese Transportunternehmen dadurch gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (im Folgenden: Abkommen EG-Schweiz über den Luftverkehr) verstoßen hätten, dass sie sich an einem Kartell u. a. über den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag und eine Verweigerung der Zahlung von Provisionen auf die Aufschläge (im Folgenden: Verweigerung der Zahlung von Provisionen) beteiligt hätten.

9        In Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte reichten ihre Adressaten schriftliche Erklärungen ein.

10      Vom 30. Juni bis zum 4. Juli 2008 fand eine Anhörung statt.

B.      Beschluss vom 9. November 2010

11      Am 9. November 2010 erließ die Kommission den Beschluss K(2010) 7694 endgültig in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des [Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr] (Sache COMP/39258 – Luftfracht) (im Folgenden: Beschluss vom 9. November 2010). Dieser Beschluss ist an 21 Transportunternehmen (im Folgenden: durch den Beschluss vom 9. November 2010 beschuldigte Transportunternehmen) gerichtet, nämlich

–        Air Canada;

–        Air France-KLM (im Folgenden: AF‑KLM);

–        Société Air France (im Folgenden: AF);

–        Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV (im Folgenden: KLM);

–        British Airways plc;

–        Cargolux Airlines International SA (im Folgenden: Cargolux);

–        Cathay Pacific Airways Ltd (im Folgenden: CPA);

–        Japan Airlines Corp.;

–        Japan Airlines;

–        Lan Airlines SA;

–        Lan Cargo SA;

–        Lufthansa Cargo;

–        Lufthansa;

–        Swiss;

–        Martinair Holland NV (im Folgenden: Martinair);

–        Qantas Airways Ltd (im Folgenden: Qantas);

–        SAS;

–        SAS Cargo;

–        SAS Consortium;

–        SAC;

–        Singapore Airlines Ltd (im Folgenden: SIA).

12      Die Beschwerdepunkte, die gegenüber den übrigen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorläufig erhoben worden waren, wurden fallen gelassen (im Folgenden: nichtbeschuldigte Transportunternehmen).

13      Der Beschluss vom 9. November 2010 beschrieb in seinen Gründen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr im Gebiet des EWR und der Schweiz, mit der die durch den Beschluss vom 9. November 2010 beschuldigten Transportunternehmen ihr Verhalten bei der Festsetzung von Preisen für die Bereitstellung von Frachtdiensten untereinander abgestimmt haben sollen.

14      Der verfügende Teil des Beschlusses vom 9. November 2010, soweit er die Klägerinnen betraf, hatte folgenden Wortlaut:

„Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

j)      SAS … vom 17. August 2001 bis zum 14. Februar 2006;

k)      [SAS Cargo] vom 1. Juni 2001 bis zum 14. Februar 2006;

l)      [SAS Consortium] vom 13. Dezember 1999 bis zum 28. Dezember 2003;

Artikel 2

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen außerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

q)      SAS … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

r)      [SAS Cargo] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 3

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen in Ländern, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten sind, und Drittländern zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

o)      SAS … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

p)      [SAS Cargo] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 4

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 8 des Abkommens [EG-Schweiz] über den Luftverkehr verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen in der Schweiz zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

j)      SAS … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

k)      [SAS Cargo] vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

l)      [SAS Consortium] vom 1. Juni 2002 bis zum 28. Dezember 2003;

Artikel 5

Für die in den Artikeln 1 bis 4 [des Beschlusses vom 9. November 2010] genannten Zuwiderhandlungen werden die folgenden Geldbußen festgesetzt:

o)      [SAS Consortium]: 5 355 000 [Euro];

p)      [SAS Cargo] und [SAS Consortium] gesamtschuldnerisch: 4 254 250 [Euro];

q)      [die Klägerinnen] gesamtschuldnerisch: 5 265 750 [Euro];

r)      [SAS Cargo] und SAS … gesamtschuldnerisch: 32 984 250 [Euro];

s)      [SAS Cargo]: 22 308 250 [Euro];

Artikel 6

Die in den Artikeln 1 bis 4 genannten Unternehmen beenden die in diesen Artikeln genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich, soweit dies noch nicht geschehen ist.

Sie sehen künftig von der Wiederholung der in den Artikeln 1 bis 4 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen und Verhaltensweisen ab, die denselben oder einen ähnlichen Zweck oder dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.“

C.      Klage gegen den Beschluss vom 9. November 2010 vor dem Gericht

15      Mit Klageschrift, die am 25. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Klägerinnen Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 9. November 2010, soweit er sie betraf, sowie, hilfsweise, auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen. Auch die anderen durch den Beschluss vom 9. November 2010 beschuldigten Transportunternehmen mit Ausnahme von Qantas erhoben vor dem Gericht Klagen gegen diesen Beschluss.

16      Mit Urteilen vom 16. Dezember 2015, Air Canada/Kommission (T‑9/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:994), Koninklijke Luchtvaart Maatschappij/Kommission (T‑28/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:995), Japan Airlines/Kommission (T‑36/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:992), Cathay Pacific Airways/Kommission (T‑38/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:985), Cargolux Airlines/Kommission (T‑39/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:991), Latam Airlines Group und Lan Cargo/Kommission (T‑40/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:986), Singapore Airlines und Singapore Airlines Cargo Pte/Kommission (T‑43/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:989), Deutsche Lufthansa u. a./Kommission (T‑46/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:987), British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), SAS Cargo Group u. a./Kommission (T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), Air France-KLM/Kommission (T‑62/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:996), Air France/Kommission (T‑63/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:993) und Martinair Holland/Kommission (T‑67/11, EU:T:2015:984), erklärte das Gericht den Beschluss vom 9. November 2010 ganz oder teilweise für nichtig, soweit er Air Canada, KLM, Japan Airlines und die Japan Airlines Corp., CPA, Cargolux, die Latam Airlines Group SA (vormals Lan Airlines) und Lan Cargo, SAC und SIA, Lufthansa, Lufthansa Cargo und Swiss, British Airways, die Klägerinnen, AF‑KLM, AF und Martinair betraf. Nach Ansicht des Gerichts litt dieser Beschluss an einem Begründungsmangel.

17      Das Gericht stellte insoweit als Erstes fest, dass der Beschluss vom 9. November 2010 mit Widersprüchen zwischen seinen Gründen und seinem verfügenden Teil behaftet war. Die Gründe dieses Beschlusses beschrieben eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezog und an der sich die durch den Beschluss vom 9. November 2010 beschuldigten Transportunternehmen beteiligt haben sollen. Dagegen stellte der verfügende Teil des Beschlusses entweder vier getrennte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlungen oder eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung fest, für die lediglich die Transportunternehmen zur Verantwortung gezogen wurden, die sich auf den in den Art. 1 bis 4 desselben Beschlusses genannten Strecken an dem im jeweiligen Artikel erwähnten rechtswidrigen Verhalten unmittelbar beteiligt oder Kenntnis von Absprachen über diese Strecken gehabt haben sollen, deren Gefahr sie auf sich nahmen. Keine dieser beiden Lesarten des verfügenden Teils des fraglichen Beschlusses stand jedoch mit seinen Gründen im Einklang.

18      Das Gericht wies auch die von der Kommission vorgeschlagene alternative Lesart des verfügenden Teils des Beschlusses vom 9. November 2010, wonach sich die Tatsache, dass einige der durch diesen Beschluss beschuldigten Transportunternehmen in dessen Art. 1, 3 und 4 des Beschlusses nicht erwähnt würden, dadurch erklären lasse – ohne dass davon ausgegangen werden müsse, dass diese Artikel getrennte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlungen feststellten ‑, dass die genannten Transportunternehmen die von diesen Vorschriften erfassten Strecken nicht bedienten, wegen Unvereinbarkeit mit seinen Gründen zurück.

19      Als Zweites vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Gründe des Beschlusses vom 9. November 2010 erhebliche innere Widersprüche enthielten.

20      Als Drittes prüfte das Gericht, nachdem es festgestellt hatte, dass keine der beiden möglichen Lesarten des verfügenden Teils des Beschlusses vom 9. November 2010 mit seinen Gründen im Einklang stand, ob die inneren Widersprüche des Beschlusses im Rahmen zumindest einer dieser beiden möglichen Lesarten geeignet waren, die Verteidigungsrechte der Klägerinnen zu verletzen und das Gericht daran zu hindern, seine Kontrolle auszuüben. Was die erste Lesart betraf, die von vier getrennten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen ausging, entschied es erstens, dass die Klägerinnen nicht in der Lage gewesen waren, zu verstehen, inwiefern die in den Gründen dargelegten Beweismittel für eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung geeignet waren, die vier im verfügenden Teil festgestellten getrennten Zuwiderhandlungen zu belegen, und es ihnen daher auch nicht möglich gewesen war, die Hinlänglichkeit dieser Beweismittel zu bestreiten. Zweitens entschied es, dass es den Klägerinnen unmöglich gewesen war, zu verstehen, weshalb die Kommission sie für eine Zuwiderhandlung – auch auf nicht bedienten Strecken innerhalb des in jedem einzelnen Artikel des Beschlusses vom 9. November 2010 festgelegten Gebiets – zur Verantwortung gezogen hatte.

D.      Angefochtener Beschluss

21      Am 20. Mai 2016 – nach der vom Gericht ausgesprochenen Nichtigerklärung – richtete die Kommission ein Schreiben an die durch den Beschluss vom 9. November 2010 beschuldigten Transportunternehmen, die vor dem Gericht dagegen geklagt hatten, und setzte sie davon in Kenntnis, dass ihre Generaldirektion (GD) Wettbewerb beabsichtige, ihnen den Erlass eines neuen Beschlusses vorzuschlagen, in dem festgestellt werde, dass sie sich an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr auf allen in diesem Beschluss erwähnten Strecken beteiligt hätten.

22      Die Adressaten des oben in Rn. 21 erwähnten Schreibens der Kommission wurden aufgefordert, innerhalb eines Monats zum Vorschlag der GD Wettbewerb der Kommission Stellung zu nehmen. Alle, auch die Klägerinnen, machten von dieser Möglichkeit Gebrauch.

23      Am 17. März 2017 erließ die Kommission den Beschluss C(2017) 1742 final in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens [EG-Schweiz] über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht) (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Dieser Beschluss ist an 19 Transportunternehmen (im Folgenden: beschuldigte Transportunternehmen) gerichtet, nämlich

–        Air Canada;

–        AF‑KLM;

–        AF;

–        KLM;

–        British Airways;

–        Cargolux;

–        CPA;

–        Japan Airlines;

–        Latam Airlines Group;

–        Lan Cargo;

–        Lufthansa Cargo;

–        Lufthansa;

–        Swiss;

–        Martinair;

–        SAS;

–        SAS Cargo;

–        SAS Consortium;

–        SAC;

–        SIA.

24      Im angefochtenen Beschluss werden keine Beschwerdepunkte gegenüber den übrigen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhoben.

25      Der angefochtene Beschluss beschreibt in seinen Gründen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr, mit der die beschuldigten Transportunternehmen ihr Verhalten bei der Festsetzung von Preisen für die weltweite Bereitstellung von Frachtdiensten mittels des Treibstoffaufschlags, des Sicherheitsaufschlags und der Zahlung einer Provision auf diese Aufschläge untereinander abgestimmt haben sollen.

26      Als Erstes beschrieb die Kommission in Nr. 4.1 des angefochtenen Beschlusses die „Grundprinzipien und [die] Struktur des Kartells“. In den Erwägungsgründen 107 und 108 dieses Beschlusses führte sie aus, dass die Untersuchung ein weltweit tätiges Kartell ergeben habe, das auf ein Netz bilateraler und multilateraler Kontakte zwischen den Wettbewerbern über einen langen Zeitraum gestützt gewesen sei und das Verhalten betreffe, das sie im Zusammenhang mit verschiedenen Elementen des Preises für Frachtdienste, nämlich dem Treibstoffaufschlag, dem Sicherheitsaufschlag und der Verweigerung der Zahlung von Provisionen, beschlossen, geplant oder an den Tag zu legen gedacht hätten. Gemeinsames Ziel dieses Netzes von Kontakten sei die Abstimmung des Verhaltens der Wettbewerber bei der Preisgestaltung oder die Verringerung der Ungewissheit in Bezug auf ihre Preispolitik gewesen (im Folgenden: streitiges Kartell).

27      Nach dem 109. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zielte die koordinierte Anwendung des Treibstoffaufschlags darauf ab, dafür zu sorgen, dass Transportunternehmen auf der ganzen Welt für alle betroffenen Sendungen einen pauschalen Aufschlag pro Kilo erheben. Ein komplexes Netzwerk von – in erster Linie bilateralen – Kontakten zwischen Transportunternehmen sei mit dem Ziel errichtet worden, die Anwendung des Treibstoffaufschlags zu koordinieren und zu überwachen, wobei über das genaue Anwendungsdatum, so die Kommission, oft auf lokaler Ebene entschieden worden sei, in dem Sinne, dass das wichtigste örtliche Transportunternehmen in der Regel die Richtung vorgegeben habe und die anderen gefolgt seien. Dieser koordinierte Ansatz sei sowohl auf den Sicherheitsaufschlag als auch auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen ausgeweitet worden, so dass diese für die Transportunternehmen zu Nettoeinnahmen geworden seien und eine weitere Fördermaßnahme dargestellt hätten, um die Unternehmen zu veranlassen, der Koordinierung der Aufschläge zu folgen.

28      Nach dem 110. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses soll die Geschäftsleitung der Hauptverwaltung mehrerer Transportunternehmen entweder direkt an den Kontakten mit den Wettbewerbern beteiligt gewesen oder regelmäßig über diese informiert worden sein. Im Fall der Aufschläge sollen die verantwortlichen Mitarbeiter der Hauptverwaltung miteinander in Kontakt gestanden haben, wenn eine Änderung des Aufschlags in der Höhe unmittelbar bevorstand. Auch die Verweigerung der Zahlung von Provisionen soll anlässlich von Kontakten auf der Ebene der Zentralverwaltung wiederholt bekräftigt worden sein. Darüber hinaus sollen häufig Kontakte auf lokaler Ebene stattgefunden haben, mit dem Ziel, die von den Zentralverwaltungen erteilten Anweisungen besser zu befolgen und sie an die örtlichen Marktbedingungen anzupassen einerseits und lokale Initiativen zu koordinieren und umzusetzen andererseits. Im letztgenannten Fall sollen die Hauptverwaltungen der Transportunternehmen die vorgeschlagene Maßnahme in der Regel genehmigt haben oder darüber informiert worden sein.

29      Nach dem 111. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sollen die Transportunternehmen untereinander – entweder bilateral oder in kleinen Gruppen und in einigen Fällen in großen multilateralen Foren – Kontakt aufgenommen haben. Die örtlichen Vereinigungen von Vertretern der Transportunternehmen sollen – u. a. in Hong Kong und in der Schweiz – genutzt worden sein, um Maßnahmen zur Verbesserung der Rendite zu erörtern und die Aufschläge zu koordinieren. Auch Treffen von Allianzen wie der WOW-Allianz sollen zu diesen Zwecken genutzt worden sein.

30      Als Zweites beschrieb die Kommission in den Nrn. 4.3, 4.4 und 4.5 des angefochtenen Beschlusses die Kontakte, die den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag bzw. die Verweigerung der Zahlung von Provisionen betrafen (im Folgenden: streitige Kontakte).

31      So fasste die Kommission erstens in den Erwägungsgründen 118 bis 120 des angefochtenen Beschlusses die Kontakte betreffend den Treibstoffaufschlag wie folgt zusammen:

„(118) Ende 1999/Anfang 2000 ist unter Mitwirkung mehrerer Fluggesellschaften ein Netzwerk bilateraler Kontakte errichtet worden, das es den Teilnehmern ermöglicht hat, Informationen über Handlungen der Unternehmen mit allen Mitgliedern des Netzwerks zu teilen. Die Transportunternehmen nahmen regelmäßig Kontakt miteinander auf, um Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag stellten, u. a. Modifikationen des Mechanismus, Änderungen des Treibstoffaufschlags in der Höhe, die kohärente Anwendung des Mechanismus und Fälle, in denen bestimmte Fluggesellschaften dem System nicht folgten, zu erörtern.

(119) Zur Umsetzung der Treibstoffaufschläge auf lokaler Ebene ist häufig ein System angewandt worden, mit dem die auf bestimmten Strecken oder in bestimmten Ländern dominierenden Fluggesellschaftenn die Änderung als Erste ankündigten und die übrigen sodann folgten …

(120) Die wettbewerbswidrige Koordinierung des Treibstoffaufschlags fand hauptsächlich in vier Kontexten statt: Im Zusammenhang mit der Einführung der Treibstoffaufschläge zu Beginn des Jahres 2000, der Wiedereinführung eines Treibstoffaufschlagsmechanismus nach der Nichtigerklärung des vom [Internationalen Luftverkehrsverband (IATA)] vorgesehenen Mechanismus, der Einführung neuer Auslöseschwellen (mit denen die Obergrenze für den Treibstoffaufschlag angehoben wurde) und vor allem dem Zeitpunkt, zu dem sich die Treibstoffindizes der Schwelle näherten, auf der eine Erhöhung oder Senkung des Treibstoffaufschlags ausgelöst wurde.“

32      Zweitens fasste die Kommission die Kontakte betreffend den Sicherheitsaufschlag im 579. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wie folgt zusammen:

„Mehrere [beschuldigte Transportunternehmen] haben u. a. ihre Absichten erörtert, einen Sicherheitsaufschlag einzuführen … Zudem sind auch die Höhe des Aufschlags und der Zeitplan für seine Einführung diskutiert worden. Die [beschuldigten Transportunternehmen] haben sich außerdem darüber ausgetauscht, wie sie ihn ihren Kunden gegenüber begründen wollten. Während des gesamten Zeitraums zwischen 2002 und 2006 haben punktuelle Kontakte betreffend die Umsetzung des Sicherheitsaufschlags stattgefunden. Die rechtswidrige Koordinierung ist sowohl auf der Ebene der Zentralverwaltungen als auch auf lokaler Ebene erfolgt.“

33      Drittens führte die Kommission im 676. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass sich die beschuldigten Transportunternehmen „weiterhin geweigert [hätten], eine Provision auf die Aufschläge zu zahlen, und sich ihrer Absicht in diesem Bereich anlässlich zahlreicher Kontakte versichert [hätten]“.

34      Als Drittes nahm die Kommission in Nr. 4.6 des angefochtenen Beschlusses eine Beurteilung der streitigen Kontakte vor. Die Beurteilung der den Klägerinnen zur Last gelegten Kontakte findet sich in den Erwägungsgründen 790 bis 792 dieses Beschlusses.

35      Als Viertes wandte die Kommission in Nr. 5 des angefochtenen Beschlusses Art. 101 AEUV auf den vorliegenden Sachverhalt an, stellte in Fn. 1289 dieses Beschlusses aber klar, dass die angestellten Erwägungen auch für Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr gelten würden. So kam sie erstens im 846. Erwägungsgrund des genannten Beschlusses zu dem Ergebnis, dass die beschuldigten Transportunternehmen ihr Verhalten untereinander abgestimmt oder die Preisgestaltung beeinflusst hätten, „was letztlich auf eine Preisabsprache im Zusammenhang mit [dem Treibstoffaufschlag, dem Sicherheitsaufschlag und der Zahlung einer Provision auf die Aufschläge hinauslaufe]“. Im 861. Erwägungsgrund desselben Beschlusses stufte sie das „allgemeine System zur Koordinierung des Preisgestaltungsverhaltens bei Frachtdiensten“, dessen Existenz ihre Untersuchung ergeben hatte, als „aus verschiedenen Handlungen bestehende komplexe Zuwiderhandlung [ein], die als Vereinbarung oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweise eingestuft werden [könne], in deren Rahmen die Wettbewerber die mit dem Wettbewerb verbundenen Risiken bewusst durch die praktische Zusammenarbeit untereinander ersetzt [hätten]“.

36      Zweitens gelangte die Kommission im 869. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Schluss, dass das „fragliche Verhalten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV [darstelle]“. So vertrat sie die Auffassung, dass die in Rede stehenden Abmachungen ein einheitliches wettbewerbswidriges Ziel – die Behinderung des Wettbewerbs im Frachtsektor innerhalb des EWR – verfolgten, und zwar auch dann, wenn die Abstimmung auf lokaler Ebene erfolgt und durch örtliche Unterschiede gekennzeichnet gewesen sei (Erwägungsgründe 872 bis 876) und sich die Absprachen auf ein „einziges Produkt“ bzw. eine „einzige Dienstleistung“ bezögen, nämlich „die Erbringung von Frachtdiensten … und die Preisgestaltung für diese“ (877. Erwägungsgrund), dieselben Unternehmen beträfen (878. Erwägungsgrund), eine Einheit bildeten (879. Erwägungsgrund) und sich auf drei Bestandteile bezögen, nämlich den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen, die „häufig zusammen während desselben Kontakts mit den Wettbewerbern erörtert worden“ seien (880. Erwägungsgrund).

37      Im 882. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fügte die Kommission hinzu, dass die Klägerinnen an zwei der drei Bestandteile der einheitlichen Zuwiderhandlung, d. h. am Treibstoff- und am Sicherheitsaufschlag, beteiligt gewesen seien, „sie unter Berücksichtigung ihrer Beteiligung an den anderen Elementen der Zuwiderhandlung [aber] vernünftigerweise hätten vorhersehen können, dass sich die Parteien auch über die damit zusammenhängende Frage der Zahlung einer Provision auf die Aufschläge austauschen würden, und bereit waren, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen“.

38      Drittens stellte die Kommission im 884. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den fortgesetzten Charakter der in Rede stehenden Zuwiderhandlung fest.

39      Viertens prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 885 bis 890 des angefochtenen Beschlusses die Relevanz der Kontakte in Drittländern und der Kontakte betreffend Strecken, die die Transportunternehmen nie bedient hatten oder nicht rechtmäßig hätten bedienen können. Sie vertrat die Ansicht, dass diese Kontakte in Anbetracht des globalen Charakters des streitigen Kartells für die Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung relevant seien. Insbesondere stellte sie zum einen fest, dass es sich bei den Aufschlägen um allgemein anwendbare Maßnahmen handle, die nicht spezifisch für eine Strecke seien, sondern auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollten, auch auf die Strecken mit Abflug und Ankunft im EWR und in der Schweiz. Auch die Verweigerung der Zahlung von Provisionen habe allgemeinen Charakter. Zum anderen vertrat sie die Auffassung, dass die Transportunternehmen durch keine unüberwindliche Barriere daran gehindert würden, Frachtdienste auf Strecken zu erbringen, die sie nie bedient hätten oder nicht rechtmäßig hätten bedienen können, was insbesondere auf die Vereinbarungen zurückzuführen sei, die sie untereinander schließen könnten.

40      Fünftens kam die Kommission im 903. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Schluss, dass das streitige Verhalten bezweckt habe, den Wettbewerb „zumindest innerhalb der [Union], im EWR und in der Schweiz“ einzuschränken. Im 917. Erwägungsgrund des Beschlusses fügte sie im Wesentlichen hinzu, dass es daher nicht erforderlich sei, die „konkreten Auswirkungen“ dieses Verhaltens zu berücksichtigen.

41      Sechstens befasste sich die Kommission in den Erwägungsgründen 922 bis 971 des angefochtenen Beschlusses mit der WOW-Allianz. Im 971. Erwägungsgrund dieses Beschlusses stellte sie Folgendes fest:

„In Anbetracht des Inhalts der Vereinbarung über die WOW-Allianz und ihrer Umsetzung geht die Kommission davon aus, dass die Koordinierung der Aufschläge zwischen den Mitgliedern der WOW[‑Allianz] außerhalb des zulässigen Rahmens der Allianz, der sie nicht rechtfertigt, erfolgt ist. Die Mitglieder hatten tatsächlich Kenntnis von der Rechtswidrigkeit einer solchen Koordinierung. Sie waren außerdem darüber auf dem Laufenden, dass sich an der Koordinierung der Aufschläge mehrere [Transportunternehmen] beteiligten, die nicht an der WOW[‑Allianz] beteiligt waren. Die Kommission ist somit der Ansicht, dass die Nachweise über Kontakte zwischen den Mitgliedern der WOW[‑Allianz] … den Beweis für ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV, so wie sie in diesem Beschluss beschrieben wird, darstellen.“

42      Siebtens prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 972 bis 1021 des angefochtenen Beschlusses die Rechtsvorschriften von sieben Drittländern, hinsichtlich derer mehrere beschuldigte Transportunternehmen vortrugen, sie schrieben ihnen vor, sich untereinander über die Aufschläge abzustimmen, so dass die einschlägigen Wettbewerbsregeln nicht zur Anwendung gelangten. Die Kommission vertrat die Auffassung, die Transportunternehmen seien den Nachweis schuldig geblieben, dass sie unter dem Zwang dieser Drittländer gehandelt hätten.

43      Achtens kam die Kommission in den Erwägungsgründen 1024 bis 1035 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten, den Vertragsparteien des EWR-Abkommens und den Vertragsparteien des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr spürbar zu beeinträchtigen.

44      Neuntens prüfte die Kommission die Grenzen ihrer räumlichen und zeitlichen Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln im vorliegenden Fall. Zum einen gelangte sie in den Erwägungsgründen 822 bis 832 des angefochtenen Beschlusses unter der Überschrift „Zuständigkeit der Kommission“ im Wesentlichen zu dem Schluss, dass sie zunächst Art. 101 AEUV nicht auf Vereinbarungen und Verhaltensweisen aus der Zeit vor dem 1. Mai 2004 betreffend Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen außerhalb des EWR (im Folgenden: Strecken Union-Drittländer), sodann Art. 53 des EWR-Abkommens nicht auf Vereinbarungen und Verhaltensweisen aus der Zeit vor dem 19. Mai 2005 betreffend die Strecken Union-Drittländer und Strecken zwischen Flughäfen in Ländern, die Vertragsparteien des EWR-Abkommens und keine Mitglieder der Union seien, und Flughäfen in Drittländern (im Folgenden: Strecken EWR [ohne Union]-Drittländer und – zusammen mit den Strecken Union-Drittländer – Strecken EWR-Drittländer) und schließlich Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr nicht auf Vereinbarungen und Verhaltensweisen aus der Zeit vor dem 1. Juni 2002 betreffend Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und schweizerischen Flughäfen (im Folgenden: Strecken Union-Schweiz) anwende. Sie stellte auch klar, dass der angefochtene Beschluss „keineswegs den Anspruch [habe], irgendeinen Verstoß gegen Art. 8 des Abkommens [EG-Schweiz über den Luftverkehr] betreffend Frachtdienste [zwischen] der Schweiz [und] Drittländern offenzulegen“.

45      Zum anderen wies die Kommission in den Erwägungsgründen 1036 bis 1046 des angefochtenen Beschlusses unter der Überschrift „Die Anwendbarkeit von Artikel 101 AEUV und von Artikel 53 des EWR-Abkommens auf eingehende Strecken“ das Vorbringen einiger beschuldigter Transportunternehmen zurück, wonach sie in Anbetracht der Regeln des Völkerrechts die Grenzen ihrer räumlichen Zuständigkeit überschreite, wenn sie eine Zuwiderhandlung gegen diese beiden Vorschriften auf Strecken mit Abflug in Drittländern und Ankunft im EWR (im Folgenden: eingehende Strecken und – in Bezug auf die auf diesen Strecken angebotenen Frachtdienste – eingehende Frachtdienste) feststelle und ahnde. Insbesondere rief sie im 1042. Erwägungsgrund des Beschlusses die Kriterien, die sie für anwendbar hielt, wie folgt in Erinnerung:

„Was die extraterritoriale Anwendung von Artikel 101 AEUV und von Artikel 53 des EWR-Abkommens angeht, so sind diese Vorschriften auf Vereinbarungen anwendbar, die innerhalb der [Union] durchgeführt werden (Theorie der Durchführung) oder sofortige, erhebliche und vorhersehbare Wirkungen innerhalb der [Union] haben (Theorie der Wirkungen).“

46      In den Erwägungsgründen 1043 bis 1046 des angefochtenen Beschlusses wandte die Kommission die fraglichen Kriterien auf den vorliegenden Sachverhalt an:

„(1043) Bei [eingehenden] Frachtdiensten sind Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens anwendbar, weil die von der Zuwiderhandlung auf dem Gebiet der Festsetzung von Preisen erfasste Dienstleistung selbst im Gebiet des EWR erbracht werden muss und tatsächlich teilweise dort erbracht wird. Zudem haben zahlreiche Kontakte, mit denen die Adressaten die Aufschläge und die [Verweigerung der] Zahlung von Provisionen koordiniert haben, innerhalb des EWR oder unter Einbeziehung von Teilnehmern stattgefunden, die sich im EWR befinden.

(1044) … ist das in der [Konsolidierten] Mitteilung [über die Zuständigkeit der Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2008, C 95, S. 1, und Berichtigung ABl. 2009, C 43, S. 10)] angeführte Beispiel hier nicht relevant. Die[se] Mitteilung bezieht sich auf die geografische Aufteilung des Umsatzes auf Unternehmen für die Zwecke der Feststellung, ob die Umsatzschwellen von Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen [(ABl. 2004, L 24, S. 1)] erreicht sind.

(1045) Außerdem sind die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Drittländern in Bezug auf die Beförderung der Fracht … in die Union und den EWR geeignet, sofortige, erhebliche und vorhersehbare Wirkungen innerhalb der Union und des EWR zu haben, da sich erhöhte Kosten für den Luftverkehr in den EWR und somit höhere Preise für eingeführte Waren naturgemäß auf die Verbraucher im EWR auswirken können. Im vorliegenden Fall konnten die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die den Wettbewerb zwischen [eingehende] Frachtdienste anbietenden Transportunternehmen ausschalteten, solche Auswirkungen auch auf die Erbringung von [Fracht‑]Diensten innerhalb des EWR – zwischen den von Transportunternehmen aus Drittländern genutzten Luftkreuzen (‚Hubs‘) im EWR und den Zielflughäfen der Sendungen im EWR, die von diesen Unternehmen nicht bedient werden – durch andere Transportunternehmen haben.

(1046) Schließlich ist hervorzuheben, dass die Kommission ein Kartell auf globaler Ebene aufgedeckt hat. Das Kartell ist weltweit umgesetzt worden, und die Abmachungen des Kartells betreffend die eingehenden Strecken waren wesentlicher Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens. Die Abmachungen des Kartells wurden in zahlreichen Fällen auf zentraler Ebene organisiert, und das örtliche Personal wandte sie lediglich an. Die weltweit einheitliche Anwendung der Aufschläge war ein Schlüsselelement des Kartells.“

47      Als Fünftes kam die Kommission im 1146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass das streitige Kartell am 7. Dezember 1999 begonnen und bis zum 14. Februar 2006 gedauert habe. In demselben Erwägungsgrund stellte sie klar, dass dieses Kartell gegen folgende Vorschriften verstoßen habe:

–        Art. 101 AEUV vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006 in Bezug auf den Luftverkehr zwischen Flughäfen innerhalb der Union;

–        Art. 101 AEUV vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006 in Bezug auf den Luftverkehr auf den Strecken Union-Drittländer;

–        Art. 53 des EWR-Abkommens vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006 in Bezug auf den Luftverkehr zwischen Flughäfen innerhalb des EWR (im Folgenden: EWR-interne Strecken);

–        Art. 53 des EWR-Abkommens vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006 in Bezug auf den Luftverkehr auf den Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer;

–        Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006 in Bezug auf den Luftverkehr auf den Strecken Union-Schweiz.

48      Was die Klägerinnen angeht, so nahm die Kommission an, dass sich die Dauer der Zuwiderhandlung vom 13. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006 erstreckt habe.

49      Als Sechstes ging die Kommission in Nr. 8 des angefochtenen Beschlusses auf die zu treffenden Abhilfemaßnahmen und die zu verhängenden Geldbußen ein.

50      Was insbesondere die Festsetzung der Höhe der Geldbußen betrifft, so wies die Kommission darauf hin, dass sie die Schwere und die Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sowie etwaige erschwerende oder mildernde Umstände berücksichtigt habe. Sie verwies insoweit auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006).

51      In den Erwägungsgründen 1184 und 1185 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, der Grundbetrag der Geldbuße bestehe aus einem Anteil, der 30 % des Werts der Verkäufe des Unternehmens erreichen könne und nach der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmt, mit der Anzahl der Jahre der Beteiligung des Unternehmens an der Zuwiderhandlung multipliziert und durch einen Zusatzbetrag, der zwischen 15 % und 25 % des Werts der Verkäufe liege (im Folgenden: Zusatzbetrag), ergänzt werde.

52      Im 1197. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ermittelte die Kommission den Wert der Verkäufe, indem sie auf das Jahr 2005 – dem letzten vollen Jahr vor dem Ende der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung – den Umsatz im Zusammenhang mit den Flügen in beide Richtungen auf den EWR-internen Strecken, den Strecken Union-Drittländer, den Strecken Union-Schweiz und den Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer aufaddierte. Sie berücksichtigte auch den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Union im Jahr 2004.

53      In den Erwägungsgründen 1198 bis 1212 des angefochtenen Beschlusses setzte die Kommission den Schwerekoeffizienten unter Berücksichtigung der Art der Zuwiderhandlung (horizontale Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen), der gemeinsamen Marktanteile der beschuldigten Transportunternehmen (34 % weltweit und mindestens genauso viel auf den EWR-internen Strecken und den Strecken EWR-Drittländer), der geografischen Tragweite des streitigen Kartells (weltweit) und seiner tatsächlichen Umsetzung auf 16 % fest.

54      In den Erwägungsgründen 1214 bis 1217 des angefochtenen Beschlusses ermittelte die Kommission die Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nach Maßgabe der betroffenen Strecken wie folgt:

–        In Bezug auf die EWR-internen Strecken für SAS, SAS Cargo und SAS Consortium: Vom 17. August 2001 bis zum 14. Februar 2006, vom 1. Juni 2001 bis zum 14. Februar 2006 bzw. vom 13. Dezember 1999 bis zum 28. Dezember 2003, in Jahren und Monaten vier Jahre und fünf Monate, vier Jahre und acht Monate bzw. vier Jahre, was einem Multiplikationsfaktor von 4 5/12, 4 8/12 bzw. 4 entspricht;

–        in Bezug auf die Strecken Union-Drittländer für SAS und SAS Cargo: Vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006, in Jahren und Monaten ein Jahr und neun Monate, was einem Multiplikationsfaktor von 1 9/12 entspricht;

–        in Bezug auf die Strecken Union-Schweiz für SAS, SAS Cargo und SAS Consortium: Vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006, vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006 bzw. vom 1. Juni 2002 bis zum 28. Dezember 2003, in Jahren und Monaten drei Jahre und acht Monate, drei Jahre und acht Monate bzw. ein Jahr und sechs Monate, was einem Multiplikationsfaktor von 3 8/12, 3 8/12 bzw. 1 6/12 entspricht;

–        in Bezug auf die Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer für SAS und SAS Cargo: Vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006, in Monaten acht Monate, was einem Multiplikationsfaktor von 8/12 entspricht.

55      Im 1219. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kam die Kommission zu dem Schluss, dass der Zusatzbetrag angesichts der besonderen Umstände des Falls und der oben in Rn. 53 dargelegten Kriterien 16 % des Werts der Verkäufe entsprechen sollte. In den Erwägungsgründen 1221, 1223 und 1227 bis 1229 dieses Beschlusses stellte die Kommission klar, dass der Zusatzbetrag so auf SAS, SAS Cargo und SAS Consortium aufzuteilen sei, dass er die Dauer der Beteiligung der einzelnen Unternehmen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung widerspiegle.

56      Dementsprechend wurde der für SAS, SAS Cargo und SAS Consortium mit 106 000 000 Euro, 108 000 000 Euro bzw. 14 000 000 Euro berechnete Grundbetrag nach Anwendung einer auf Nr. 37 der Leitlinien von 2006 gestützten Ermäßigung um 50 % (im Folgenden: allgemeine Ermäßigung um 50 %) im Zusammenhang mit der Tatsache, dass ein Teil der mit den eingehenden Strecken und den Strecken mit Abflug im EWR und Ankunft in Drittländern (im Folgenden: ausgehende Strecken) verbundenen Dienste außerhalb des vom EWR-Abkommen erfassten Gebiets erbracht wurde und ein Teil des Schadens somit möglicherweise außerhalb dieses Gebiets eintrat, in den Erwägungsgründen 1240 bis 1242 des angefochtenen Beschlusses auf 60 000 000 Euro, 61 000 000 Euro bzw. 14 000 000 Euro festgesetzt.

57      In den Erwägungsgründen 1243 bis 1245 des angefochtenen Beschlusses hob die Kommission den Grundbetrag der gegen SAS Cargo und SAS Consortium verhängten Geldbuße gemäß Nr. 28 der Leitlinien von 2006 wegen Rückfalls um 50 % an.

58      In den Erwägungsgründen 1258 und 1259 des angefochtenen Beschlusses gewährte die Kommission den Klägerinnen angesichts deren geringfügiger Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gemäß Nr. 29 der Leitlinien von 2006 im Rahmen mildernder Umstände eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 %.

59      In den Erwägungsgründen 1264 und 1265 des angefochtenen Beschlusses gewährte die Kommission den beschuldigten Transportunternehmen gemäß Nr. 29 der Leitlinien von 2006 eine zusätzliche Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 15 % (im Folgenden: allgemeine Ermäßigung um 15 %), weil bestimmte Rechtsvorschriften zum streitigen Kartell ermutigt hätten.

60      Dagegen wies die Kommission in den Erwägungsgründen 1268 und 1271 des angefochtenen Beschlusses das Argument der Klägerinnen zurück, wonach sie berechtigterweise auf die Grenzen der räumlichen Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln durch eine Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde von 2002 vertrauen könnten.

61      Dementsprechend setzte die Kommission den Grundbetrag der Geldbußen von SAS, SAS Cargo und SAS Consortium im 1293. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nach Anpassung auf 45 000 000 Euro, 76 250 000 Euro bzw. 17 500 000 Euro fest.

62      In den Erwägungsgründen 1347 bis 1354 des angefochtenen Beschlusses berücksichtigte die Kommission den Beitrag der Klägerinnen im Rahmen ihres Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung und wandte eine Ermäßigung um 15 % auf die Geldbuße an, so dass der Betrag der gegen SAS, SAS Cargo und SAS Consortium verhängten Geldbußen, wie im 1404. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt wird, auf 38 250 000 Euro, 64 812 500 Euro bzw. 14 875 000 Euro festgesetzt wurde.

63      Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses hat, soweit er den vorliegenden Rechtsstreit betrifft, folgenden Wortlaut:

„Artikel 1

Durch die Abstimmung ihres Verhaltens bei der Festsetzung von Preisen für die weltweite Erbringung von [Fracht‑]Diensten in Bezug auf den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag und die Zahlung einer Provision auf die Aufschläge haben die folgenden Unternehmen auf folgenden Strecken und für die folgenden Zeitspannen die folgende einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 [AEUV], Artikel 53 des [EWR-Abkommens] und Artikel 8 des [Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr] begangen.

1.      Die folgenden Unternehmen haben auf den [EWR-internen] Strecken für die folgenden Zeitspannen gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen:

o)      SAS … vom 17. August 2001 bis zum 14. Februar 2006;

p)      [SAS Cargo] vom 1. Juni 2001 bis zum 14. Februar 2006;

q)      [SAS Consortium] vom 13. Dezember 1999 bis zum 28. Dezember 2003;

2.      Die folgenden Unternehmen haben auf den Strecken [Union-Drittstaaten] für die folgenden Zeitspannen gegen Artikel 101 AEUV verstoßen:

o)      SAS … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

p)      [SAS Cargo] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

3.      Die folgenden Unternehmen haben auf den Strecken [EWR (ohne Union)-Drittstaaten] für die folgenden Zeitspannen gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen:

o)      SAS … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

p)      [SAS Cargo] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

4.      Die folgenden Unternehmen haben auf den Strecken [Union-Schweiz] für die folgenden Zeitspannen gegen Artikel 8 des Abkommens [EG-Schweiz] über den Luftverkehr verstoßen:

o)      SAS … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

p)      [SAS Cargo] vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

q)      [SAS Consortium] vom 1. Juni 2002 bis zum 28. Dezember 2003;

Artikel 2

Der Beschluss … vom 9. November 2010 wird wie folgt geändert:

In Artikel 5 werden die Buchstaben j, k und l aufgehoben.

Artikel 3

Für die in Artikel 1 dieses Beschlusses genannte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung und in Bezug auf British Airways … auch für die Aspekte der Art. 1 bis 4 des Beschlusses … vom 9. November 2010, die rechtskräftig geworden sind, werden die folgenden Geldbußen festgesetzt:

n)      [SAS Consortium]: 5 355 000 [Euro];

o)      [SAS Cargo und SAS Consortium] gesamtschuldnerisch: 4 254 250 [Euro];

p)      [die Klägerinnen] gesamtschuldnerisch: 5 265 750 [Euro];

q)      [SAS Cargo] und SAS … gesamtschuldnerisch: 32 984 250 [Euro];

r)      [SAS Cargo]: 22 308 250 [Euro];

Artikel 4

Die in Artikel 1 genannten Unternehmen beenden die in diesem Artikel genannte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung unverzüglich, soweit dies noch nicht geschehen ist.

Sie sehen darüber hinaus von allen Handlungen und Verhaltensweisen ab, die denselben oder einen ähnlichen Zweck oder dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist gerichtet an:

[die Klägerinnen]

…“

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

64      Mit Klageschrift, die am 29. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

65      Die Kommission hat die Klagebeantwortung am 29. September 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

66      Die Klägerinnen haben die Erwiderung am 8. Januar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

67      Die Kommission hat die Gegenerwiderung am 1. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

68      Am 24. April 2019 hat das Gericht auf Vorschlag der Vierten Kammer gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung beschlossen, die vorliegende Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

69      Am 25. Juni 2019 hat das Gericht den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben fristgerecht geantwortet.

70      Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Juli 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Die Klägerinnen sind aufgefordert worden, nach der Sitzung die Vereinbarung über die WOW-Allianz sowie ein Luftverkehrsabkommen (im Folgenden: LVA) vorzulegen. Sie sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

71      Das mündliche Verfahren ist am 18. Juli 2019 geschlossen worden.

72      Mit Beschluss vom 7. Januar 2021 hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer), das sich für unzureichend unterrichtet hielt und der Ansicht war, dass die Parteien aufgefordert werden sollten, zu einem Vorbringen Stellung zu nehmen, das sie zuvor nicht erörtert hatten, gemäß Art. 113 seiner Verfahrensordnung die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen.

73      Die Kommission hat am 12. Januar, 2. März und 12. April 2021 fristgerecht auf eine Reihe von Fragen des Gerichts geantwortet. Die Klägerinnen haben ihre Stellungnahmen zu den Antworten der Kommission am 14. Mai 2021 vorgelegt.

74      Mit Beschluss vom 26. Juli 2021 hat das Gericht das mündliche Verfahren erneut geschlossen.

75      Die Klägerinnen beantragen,

–        prozessleitende Maßnahmen bzw. Beweiserhebungsmaßnahmen, mit denen der Kommission aufgegeben wird, ihnen Zugang zur vollständigen Akte der vor dem Gericht anhängigen Rechtssache zu gewähren, oder andere Maßnahmen zu treffen, die das Gericht für erforderlich hält;

–        den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        hilfsweise, die im angefochtenen Beschluss gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

76      Die Kommission beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Betrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zu berichtigen, indem ihnen der Vorteil der allgemeinen Ermäßigung um 50 % und der allgemeinen Ermäßigung um 15 % für den Fall entzogen wird, dass das Gericht entscheidet, dass der Umsatz aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden durfte;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

77      Im Rahmen ihrer Klage stellen die Klägerinnen sowohl einen Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses als auch einen Antrag auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße. Die Kommission hat ihrerseits einen Antrag gestellt, mit dem im Wesentlichen die Berichtigung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße für den Fall begehrt wird, dass das Gericht entscheidet, dass der Umsatz aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden durfte.

A.      Zum Nichtigkeitsantrag

78      Die Klägerinnen stützen ihren Nichtigkeitsantrag auf fünf Klagegründe. Mit diesen Klagegründen wird geltend gemacht:

–        Erstens eine Verletzung der Verteidigungsrechte und ein Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit, weil der Zugang zu belastenden und entlastenden Beweismitteln verweigert worden sein soll;

–        zweitens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf eingehende Frachtdienste einerseits und für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens auf Frachtdienste, die auf den Strecken zwischen der Schweiz und den drei Ländern erbracht werden, die Mitglieder des EWR sind, aber nicht der Union angehören, nämlich Island, das Fürstentum Liechtenstein und das Königreich Norwegen (im Folgenden: Strecken EWR [ohne Union]-Schweiz), andererseits;

–        drittens ein Fehler in der Beurteilung der Verhaltensweisen, an denen die Klägerinnen beteiligt waren, und der Schlussfolgerung, dass diese Verhaltensweisen ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung oder ihre Kenntnis davon bewiesen;

–        viertens ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV, Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) wegen der inneren Widersprüchlichkeit des angefochtenen Beschlusses;

–        fünftens hilfsweise Fehler bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße.

1.      Erster Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte und Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit, weil der Zugang zu belastenden und entlastenden Beweismitteln verweigert worden sein soll

79      Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt und gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, indem sie ihnen den Zugang zu maßgeblichen Beweismitteln verweigert habe, insbesondere solchen, die die Kommission nach Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten habe. Dabei handle es sich um belastende und entlastende Beweismittel, die erstens in den Antworten anderer Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in Begleitdokumenten, zweitens in den dem Gericht von anderen Transportunternehmen anlässlich ihrer Klagen gegen den Beschluss vom 9. November 2010 übermittelten Stellungnahmen und drittens in den Dokumenten enthalten seien, die der Erklärung der Kommission zur WOW-Allianz in ihrer Entscheidung vom 4. Juli 2005 in der Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss zugrunde lägen.

80      In Bezug auf die belastenden Beweismittel, die ihnen angeblich nicht übermittelt worden sind und auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss gestützt haben soll, vertreten die Klägerinnen die Ansicht, dass sie als Beweismittel auszuschließen seien. Dabei handle es sich u. a. um bestimmte Dokumente betreffend den Rechtsrahmen für Hong Kong, Japan, Indien, Thailand, Singapur, Südkorea und Brasilien.

81      Hinsichtlich der entlastenden Beweismittel tragen die Klägerinnen vor, die Dokumente, die die Kommission nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten habe, seien vermutlich entlastend, da sie objektiv einen Zusammenhang mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen aufwiesen und somit möglicherweise für ihre Verteidigung nützlich gewesen wären. Da den Klägerinnen der Zugang zu diesen Dokumenten vorenthalten worden sei, sei ihnen ihr Inhalt nicht bekannt. Sie identifizieren gleichwohl einige Aspekte der Rechtssache, auf die sich diese Beweismittel beziehen sollen. Dabei handle es sich um ihr Verhalten im Rahmen von Allianzen, vertikale Kapazitätsbuchungsbeziehungen zwischen Lufthansa einerseits und anderen Transportunternehmen andererseits, Verhaltensweisen in Drittländern, an denen die Klägerinnen beteiligt waren, interne Spekulationen anderer Transportunternehmen um öffentliche Informationen über die Klägerinnen, verschiedene fragliche Verhaltensweisen auf lokaler Ebene und fragliche Verhaltensweisen, an denen die Klägerinnen nicht beteiligt waren.

82      Die Klägerinnen fügen hinzu, dass sie und nicht die Kommission darüber zu entscheiden hätten, ob eine bestimmte Information für ihre Verteidigung nützlich sein könne oder nicht.

83      Zur Stützung ihres Klagegrundes berufen sich die Klägerinnen u. a. auf die Urteile vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission (C‑109/10 P, EU:C:2011:686), und vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission (T‑30/91, EU:T:1995:115), sowie auf die Art. 41 und 47 der Charta und Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK). In ihren Stellungnahmen zu den Antworten der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts vom 12. April 2021 berufen sie sich darüber hinaus auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. Juli 2019, Rook/Deutschland (CE:ECHR:2019:0725JUD000158615, §§ 58 und 59). Dieses Urteil bekräftige den Grundsatz der Waffengleichheit, wie er sich aus dem Urteil vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission (T‑30/91, EU:T:1995:115), ergebe, und bestätige, dass jede Einschränkung der Weitergabe möglicherweise relevanter Schriftstücke zur Wahrung der Grundrechte Dritter oder zum Schutz eines wichtigen öffentlichen Interesses unbedingt erforderlich sein müsse.

84      Darüber hinaus ersuchen die Klägerinnen das Gericht um Erlass einer prozessleitenden Maßnahme oder einer Beweiserhebungsmaßnahme, mit der der Kommission aufgegeben wird, ihnen Zugang zum gesamten Akteninhalt zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen ihr Ersuchen angepasst, indem sie seine Tragweite zum einen auf die Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und deren Anhänge beschränkt und es zum anderen auf die Stellungnahmen und Schriftstücke ausgeweitet haben, die von den anderen beschuldigten Transportunternehmen im Rahmen ihrer jeweiligen Klagen gegen den Beschluss vom 9. November 2010 vor dem Gericht vorgelegt worden waren.

85      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

86      Sie macht geltend, dass die Klägerinnen alle Beweismittel, für die ihnen ein Zugangsrecht zustehe, hätten einsehen können und ihr Vorbringen zur Existenz weiterer entlastender Beweise in ihrem Dossier reine Spekulation sei.

87      Außerdem habe sie die Anträge der Klägerinnen auf Zugang zu den Dokumenten sorgfältig geprüft. Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Zugang zu allen Antworten anderer Transportunternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die Kommission sei nur verpflichtet, diese Dokumente an die Klägerinnen weiterzuleiten, wenn sich herausstelle, dass sie neue belastende oder entlastende Beweismittel enthielten oder wesentlich seien, um den Klägerinnen zu ermöglichen, das von ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte verwendete Zahlenmaterial in Frage zu stellen.

88      Dem Vorbringen der Klägerinnen zu den Aspekten des Rechtsstreits, hinsichtlich derer ihnen der Zugang zu entlastenden Beweismitteln verweigert worden sein soll, tritt die Kommission entgegen.

89      Darüber hinaus tritt sie dem Antrag der Klägerinnen auf Erlass prozessleitender Maßnahmen oder von Beweiserhebungsmaßnahmen entgegen. Die Kommission hält ihn für unverhältnismäßig, weil die Klägerinnen insbesondere nicht auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür lieferten, dass die angeforderten Dokumente für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens nützlich seien.

90      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es die Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 66).

91      Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68).

92      Insoweit ist festzustellen, dass das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert wird, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten verfügt. Folglich gehört die Antwort anderer Beteiligter auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 163).

93      Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine Anlage zu einer solchen Antwort stützen will, um in einem Verfahren zur Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, müssen die anderen Beteiligten dieses Verfahrens in die Lage versetzt werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage oder die Anlage dazu Material dar, das die verschiedenen an der Zuwiderhandlung angeblich Beteiligten belastet (vgl. Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Nach der Rechtsprechung stellen Auszüge aus Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte belastende Umstände dar, sofern die Kommission sie im angefochtenen Beschluss zur Stützung einer Rüge heranzieht, die sie dem betreffenden Unternehmen zur Last legt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 54).

95      Umgekehrt können Auszüge aus den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission im angefochtenen Beschluss mit dem Ziel anführt, ein von einem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte während des Verwaltungsverfahrens entwickeltes Argument zusammenzufassen oder auf dieses Argument zu entgegnen, nicht als belastende Umstände angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 391).

96      Das betroffene Unternehmen muss gegebenenfalls dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gekommen ist, möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn ein nicht übermitteltes Schriftstück, auf das die Kommission ihre Vorwürfe gegen dieses Unternehmen gestützt hat, als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 78 und 79; vgl. auch Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Wurde ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss nach ständiger Rechtsprechung das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu Ungunsten dieses Unternehmens beeinflussen konnte (vgl. Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder dass es der Wahrung der Interessen dieses Unternehmens im Verwaltungsverfahren schaden oder diese Interessenwahrung erschweren konnte (Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:866, Rn. 368).

98      Eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort, die für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen, stellt insoweit ein entlastendes Beweismittel dar (Urteil vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 34).

99      Jedoch wird bloß aufgrund der Tatsache, dass sich andere Unternehmen auf dasselbe Vorbringen wie das betroffene Unternehmen gestützt haben und gegebenenfalls ihre Verteidigung aufwendiger gestalteten, dieses Vorbringen noch nicht zu Entlastungsmaterial (vgl. Urteil vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Zu Unterlagen, die die Kommission grundsätzlich nicht verpflichtet ist, von sich aus zugänglich zu machen, ist festzustellen, dass die betroffenen Unternehmen im Prinzip nicht geltend machen können, ihnen sei in den Antworten auf eine Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltenes entlastendes Material nicht mitgeteilt worden, sofern sie im Verwaltungsverfahren keine Einsicht in diese Antworten beantragt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2011, FMC Foret/Kommission, T‑191/06, EU:T:2011:277, Rn. 292).

101    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es bei dem Unternehmen, das eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte geltend macht, liegt, einen ersten Hinweis auf den Nutzen der ihm von der Kommission nicht übermittelten Dokumente für seine Verteidigung zu liefern (Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 80).

102    Im vorliegenden Fall ist zwischen den angeblich belastenden und den angeblich entlastenden Beweismitteln, deren Nichtoffenlegung die Klägerinnen beanstanden, zu unterscheiden.

a)      Zum angeblichen Belastungsmaterial

103    Die angeblich belastenden Beweismittel, zu denen die Klägerinnen keinen Zugang gehabt haben sollen, beziehen sich allesamt auf die Beschreibung und die in den Erwägungsgründen 976 bis 989 und 998 bis 1012 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Analyse des normativen Rahmens und der Verwaltungspraxis, die für die Festlegung der Preise der Transportunternehmen in bestimmten Drittländern gelten. Die Klägerinnen beziehen sich insoweit zunächst auf die direkten Bezugnahmen der Kommission auf die Antworten von CPA, British Airways, Cargolux, eines weiteren Transportunternehmens und von Japan Airlines auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, sodann auf die Umstände, die implizit auf diese Antworten verweisen sollen, und schließlich auf nicht offengelegte Dokumente, auf die sich die Kommission gestützt haben soll, ohne dass sie notwendigerweise von anderen Transportunternehmen stammen, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte sind.

104    Zunächst ist zu den direkten Bezugnahmen auf die Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im angefochtenen Beschluss zu sagen, dass es sich hierbei größtenteils nicht um einfache Zusammenfassungen eines Arguments handelt, das im Sinne der oben in Rn. 95 angeführten Rechtsprechung von einem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte entwickelt worden ist.

105    Dies gilt zum einen für das in den Erwägungsgründen 1003, 1005 und 1006 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebene Vorbringen von Japan Airlines und eines weiteren Transportunternehmens, wonach erstens die japanischen Behörden bis 2006 keine Bezugnahme auf die Vereinbarung mit den Transportunternehmen verlangt hätten, die in dem im Rahmen der Einreichung eines Antrags auf Genehmigung von Aufschlägen anwendbaren LVA genannt seien, und zweitens keine Verpflichtung zur Koordinierung der Flüge zwischen Japan und dem Vereinigten Königreich bestehe.

106    Wie die Klägerinnen geltend machen, geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass sich die Kommission auf diese Erklärungen gestützt hat, um die Feststellung, dass es keine Verwaltungspraxis gebe, die die beschuldigen Transportunternehmen gezwungen habe, sich während des Zeitraums der Zuwiderhandlung untereinander über die Aufschläge abzustimmen, und damit ihre Auffassung zu untermauern, wonach die in Japan an den Tag gelegten Verhaltensweisen in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens fielen. In dem mit „Analyse des japanischen Regelungssystems“ überschriebenen Teil des angefochtenen Beschlusses in dessen Erwägungsgründen 1005 und 1006 stützt sich die Kommission nämlich auf die genannten Erklärungen, um die beiden folgenden Feststellungen zu treffen. Erstens verpflichteten die zwischen Japan und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens geschlossenen LVA die Transportunternehmen in der Praxis nicht, sich über die Preise ins Benehmen zu setzen, da die Transportunternehmen in ihrem Antrag betreffend den Treibstoffaufschlag nur auf ein angebliches Abkommen innerhalb der IATA Bezug zu nehmen bräuchten, um eine solche Verpflichtung zu unterlaufen. Zweitens erlegten die japanischen Behörden keinerlei Koordinierungsverpflichtung für Flüge zwischen Japan und dem Vereinigten Königreich auf.

107    Zum anderen gilt das auch für die in den Erwägungsgründen 977 bis 979 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Behauptungen von CPA, Cargolux und British Airways, mit dem diese drei Transportunternehmen anerkennen, dass die Einreichung individueller Anträge auf Genehmigung von Aufschlägen in Hong Kong möglich war, insbesondere wenn es um einen Treibstoffaufschlag in einer festen Höhe ging. Diese Behauptungen sind zwar in einem Teil des angefochtenen Beschlusses enthalten, der mit „Vorbringen der Transportunternehmen“ überschrieben ist. Wie die Klägerinnen zutreffend bemerken, stellt die Kommission im 987. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses – im Rahmen der Analyse der in Hong Kong geltenden Verwaltungspraxis – jedoch Folgendes fest:

„Andere Verfahrensbeteiligte bestreiten das mögliche Vorliegen eines Erfordernisses [zur Erörterung der Preise und zur Stellung eines gemeinsamen Antrags beim Civil Aviation Department von Hong Kong (im Folgenden: CAD)], wobei einige argumentieren, dass das CAD die Abstimmung gefördert und nicht gefordert habe.“

108    Diese Behauptung der Kommission lässt sich nur so verstehen, dass sie sich auf die in den Erwägungsgründen 977 bis 979 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Erklärungen von CPA, Cargolux und British Airways bezieht.

109    Dagegen können die im 1004. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Erklärungen von CPA nicht als belastende Beweismittel eingestuft werden, da aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervorgeht, dass sich die Kommission bei der Feststellung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf sie gestützt hätte.

110    Sodann ergibt sich – was die Umstände betrifft, die implizit auf die genannten Antworten verweisen sollen – aus der Passage des 1012. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses, wonach „nicht behauptet wird, dass die Parteien verpflichtet waren, sich untereinander über den Sicherheitsaufschlag oder die Zahlung von Provisionen auf die Aufschläge abzustimmen“, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht, dass sich die Kommission auf nicht offengelegte belastende Umstände gestützt hätte. Mit dieser Feststellung weist die Kommission nämlich lediglich darauf hin, dass in Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte kein Beweis für eine solche Verpflichtung beigebracht worden sei.

111    Was schließlich nicht offengelegte Dokumente angeht, auf die sich die Kommission gestützt haben soll, ohne dass sie notwendigerweise von anderen Transportunternehmen stammen, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte sind, so verweisen die Klägerinnen auf die Dokumente, die bei der in den Erwägungsgründen 998 bis 1001, 1009, 1010 und 1013 bis 1019 des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Analyse der japanischen Rechtsvorschriften und der in anderen Drittländern als Hong Kong und Japan anwendbaren LVA Verwendung gefunden haben sollen.

112    Festzustellen ist jedoch, dass diese Erwägungsgründe auf kein Schriftstück in der Ermittlungsakte verweisen, sei es vor oder nach Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt worden. In den besagten Erwägungsgründen beschränkt sich die Kommission darauf, die anwendbaren Bestimmungen des japanischen Rechts und der LVA, an denen die betreffenden Drittländer beteiligt sind, zu beschreiben und festzustellen, dass nicht nachgewiesen sei, dass sie von den Transportunternehmen die Durchführung einer Preiskoordinierung verlangten. Es geht dabei um die Bestimmungen, auf die einige der Transportunternehmen, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte sind, in ihrer Argumentation in Beantwortung dieser Mitteilung verweisen, wie aus den Erwägungsgründen 1002, 1003 und 1013 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht.

113    Die Klägerinnen bleiben die Erläuterung schuldig, inwiefern die fraglichen Passagen des angefochtenen Beschlusses die Existenz eines oder mehrerer nicht offengelegter belastender Dokumente zeigen sollen, auf die sich die Kommission angeblich stützt.

114    Selbst wenn unterstellt wird, dass die Klägerinnen der Kommission hier zur Last legen wollen, dass sie ihnen keinen Zugang zum Wortlaut der in Rede stehenden Rechtsvorschriften gewährt hat, ist festzuhalten, dass der in Japan und den anderen betroffenen Drittländern geltende Rechtsrahmen für Aufschläge als solcher kein belastendes Moment darstellen kann und diese Information jedenfalls grundsätzlich öffentlich und zugänglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, EU:T:2006:270, Rn. 354). Im Übrigen hieß es in Rn. 139 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass „[in Japan] die Koordinierung [der] Einführung [des Treibstoffaufschlags] zwischen [Transportunternehmen] keineswegs obligatorisch [war]“, und ihr 1439. Erwägungsgrund enthielt eine Analyse der Klauseln über eine gemeinsame Preisfestsetzung, die gegebenenfalls in einem LVA vorkommen. Den Klägerinnen war daher im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gegeben worden, zu den fraglichen Rechtsvorschriften sachgerecht Stellung zu nehmen.

115    In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie den Klägerinnen den Zugang zu den in den Erwägungsgründen 977 bis 979, 1003, 1005 und 1006 des angefochtenen Beschlusses genannten und oben in den Rn. 105 bis 108 beschriebenen Passagen der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verweigert hat.

b)      Zum angeblichen Entlastungsmaterial

116    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu bemerken, dass die Dokumente, in denen den Klägerinnen zufolge entlastende Umstände enthalten sein sollen, unstreitig Gegenstand der von ihnen im Verwaltungsverfahren gestellten Zugangsanträge gewesen sind.

117    Sodann ist festzuhalten, dass sich die Klägerinnen weitgehend auf das Vorbringen beschränken, dass sich einige beschuldigte Transportunternehmen bzw. Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte in ihren Antworten auf diese Mitteilung oder in ihren Erklärungen vor dem Gericht auf dieselben Argumente wie sie gestützt hätten. Solche Erwägungen sind für die Feststellung des Vorliegens entlastender Umstände jedoch ungeeignet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 43 und 44).

118    Soweit die Klägerinnen über die Existenz entlastender, von den anderen Transportunternehmen gelieferter Dokumente spekulieren, erbringen sie darüber hinaus keinen Anfangsbeweis für deren Nutzen für das vorliegende Verfahren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, Koninklijke Wegenbouw Stevin/Kommission, T‑357/06, EU:T:2012:488, Rn. 164). Würde dem Vorbringen der Klägerinnen trotz seiner Allgemeinheit gefolgt, hätte dies im Übrigen zur Folge, dass ihnen die erheblicheren Anstrengungen und Mittel, die von den anderen Transportunternehmen gegebenenfalls aufgewendet worden sind, im Widerspruch zu der oben in Rn. 99 in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung zugutekämen.

119    Was speziell die Dokumente betrifft, die der Erklärung der Kommission zur WOW-Allianz in ihrer Entscheidung vom 4. Juli 2005 in der Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss zugrunde liegen, so ist zu beachten, dass sich die Kommission im Rahmen des Verfahrens, in dem der angefochtene Beschluss ergangen ist, nicht auf sie gestützt hat und der Verweis auf diese Entscheidung in Fn. 1386 des angefochtenen Beschlusses, wie die Kommission bemerkt, nur auf öffentlichen Informationen beruht.

120    Zu den Umständen, die das Bestehen von Kapazitätsvereinbarungen zwischen Lufthansa und den Adressaten mehrerer von dieser versandter E‑Mails betreffend eine Anpassung der Höhe ihres Treibstoffaufschlags nachweisen und daher dazu beitragen sollen, eine plausible alternative Erklärung für diesen Versand, nämlich eine Information, die ein Lieferant seinen Kunden zulässigerweise übermittelt, zu stützen, ist erstens zu sagen, dass die Klägerinnen, wie die Kommission hervorhebt, das Argument, wonach die Adressaten der in Rede stehenden E‑Mails Kunden von Lufthansa seien, bereits in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht haben, zweitens, dass sie durch Informationen in der Ermittlungsakte bereits über eine Auflistung der an einer Vereinbarung mit Lufthansa über den Einkauf von Kapazitäten beteiligten Transportunternehmen verfügten, wie sie in der mündlichen Verhandlung selbst anerkannt haben, und drittens, dass die Kommission ihr Argument im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat, indem sie im 797. Erwägungsgrund unterstrichen hat, dass die Ankündigungen den Klägerinnen bewusst gemacht hätten, dass Lufthansa mit anderen Transportunternehmen verhandle. Folglich bleiben die Klägerinnen den Nachweis schuldig, dass die Übermittlung dieser Informationen im Rahmen ihrer Verteidigung möglicherweise für sie nützlich gewesen wäre.

121    Was die Informationen angeht, die von den nicht beschuldigten Transportunternehmen vorgelegt worden sein sollen, so stellen die Klägerinnen äußerst allgemeine Vermutungen an, wenn sie geltend machen, dass sie entlastend zu ihrer Verteidigung hätten vorgelegt werden können, da die nicht beschuldigten Transportunternehmen von streitigen Kontakten betroffen gewesen seien, die den Klägerinnen im Rahmen des angefochtenen Beschlusses entgegengehalten worden sind. In ihrer Allgemeinheit kann die von den Klägerinnen formulierte Annahme aber keine hinreichend genaue Angabe zur Existenz sie entlastenden Beweismaterials in den Antworten der Transportunternehmen darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, Koninklijke Wegenbouw Stevin/Kommission, T‑357/06, EU:T:2012:488, Rn. 164).

122    Gleiches gilt für das Argument der Klägerinnen, mit dem diese geltend machen, dass ihre Arbeitnehmer nur an „einem Bruchteil“ der in Rede stehenden Verhaltensweisen beteiligt gewesen seien und die Belege für die meisten dieser Verhaltensweisen deshalb in den Händen der anderen beschuldigten Transportunternehmen lägen.

123    Schließlich berufen sich die Klägerinnen ohne Erfolg auf das Urteil vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission (T‑30/91, EU:T:1995:115), in dem das Gericht ausgeführt hat, dass die Kommission nicht alleine entscheiden konnte, ob Schriftstücke, die im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen erlangt worden waren, die betroffenen Unternehmen entlasten konnten, da es in jener Rechtssache um Schriftstücke ging, die Teil der eigentlichen Ermittlungsakte waren. Das Gericht hat jedoch bereits klargestellt, dass sich die Erwägung, wonach es nicht allein Sache der Kommission sein kann, die für die Verteidigung des betroffenen Unternehmens nützlichen Schriftstücke zu bestimmen, auf Dokumente bezieht, die in den Akten der Kommission enthalten sind, und auf Antworten anderer betroffener Parteien auf die von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte keine Anwendung finden kann (Urteil vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, EU:T:2011:284, Rn. 254).

c)      Ergebnis

124    Es ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission den Klägerinnen zu Unrecht den Zugang zu den in den Erwägungsgründen 977 bis 979, 1003, 1005 und 1006 des angefochtenen Beschlusses genannten Passagen der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verweigert hat. Nach der oben in Rn. 96 angeführten Rechtsprechung soll im Folgenden (vgl. unten Rn. 550) – im Rahmen der Prüfung der Richtigkeit der Beurteilungen der Kommission betreffend die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung – beurteilt werden, ob das Ergebnis, zu dem sie gekommen ist, möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn diese Passagen als belastende Beweismittel ausgeschlossen werden müssten.

125    Was die Anträge der Klägerinnen auf Erlass prozessleitender Maßnahmen oder von Beweiserhebungsmaßnahmen betrifft, mit denen die Vorlage der Antworten der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte und von deren Anlagen sowie der Stellungnahmen und Schriftstücke begehrt wird, die von den übrigen Transportunternehmen im Rahmen ihrer jeweiligen Klagen gegen den Beschluss vom 9. November 2010 vor dem Gericht vorgelegt worden sind, so machen die Klägerinnen geltend, ihre Vorlage ermögliche ihnen den Nachweis, dass diese Dokumente für ihre Verteidigung nützlich seien, und damit, dass ihre Nichtoffenlegung eine Verletzung ihrer Rechte darstelle.

126    Insoweit genügt die Feststellung, dass das Gericht auf der Grundlage der ihm vorgelegten Informationen in der Lage gewesen ist, über die Begründetheit des ersten Klagegrundes zu urteilen, und dass es allein seine Sache ist, zu entscheiden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen und die im vorliegenden Fall beantragten Maßnahmen, die nicht den Zweck haben dürfen, den Mangel in der Beweisführung der Klägerinnen zu heilen, getroffen werden sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C‑481/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:461, Rn. 44). Folglich sind die Anträge der Klägerinnen zurückzuweisen, sowohl insoweit, als sie sich auf die Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beziehen, als auch insoweit, als sie die dem Gericht im Rahmen der Klagen gegen den Beschluss vom 9. November 2010 vorgelegten Stellungnahmen betreffen.

2.      Zweiter Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und fehlende Zuständigkeit

127    Die Klägerinnen gliedern den vorliegenden Klagegrund in zwei Teile, mit denen erstens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf eingehende Frachtdienste und zweitens die fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens auf die Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz geltend gemacht werden.

a)      Erster Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und Unzuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf eingehende Strecken

128    Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Kommission habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und die Grenzen ihrer Zuständigkeit überschritten, als sie eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken festgestellt und geahndet habe, was die Kommission in Abrede stellt.

129    Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder Art. 53 des EWR-Abkommens bei einer außerhalb des EWR-Gebiets gezeigten Verhaltensweise völkerrechtlich mit dem Kriterium der Durchführung oder mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen begründen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 40 bis 47, sowie vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 95 bis 97).

130    Diese Kriterien sind alternativ und nicht kumulativ (Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 98; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 62 bis 64).

131    In den Erwägungsgründen 1043 bis 1046 des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission sowohl auf das Kriterium der Durchführung als auch auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen gestützt, um ihre Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken völkerrechtlich zu begründen.

132    Da die Klägerinnen einen Fehler bei der Anwendung beider Kriterien geltend machen, hält es das Gericht für zweckmäßig, zunächst zu untersuchen, ob sich die Kommission auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen berufen durfte. Hierfür wird das Gericht analysieren, ob sich die Klägerinnen zum einen auf eine Verletzung ihres Anspruchs berufen dürfen, zur Anwendung dieses Kriteriums gehört zu werden, und zum anderen mit Erfolg geltend machen können, dass die Kommission bei seiner Anwendung Fehler begangen habe. Nach der oben in Rn. 130 angeführten Rechtsprechung wird nur dann zu prüfen sein, ob sich die Kommission auf das Kriterium der Durchführung stützen konnte, wenn zumindest eine der beiden Rügen begründet ist.

1)      Zum Anspruch auf rechtliches Gehör

133    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, ihnen die Möglichkeit genommen zu haben, sich im Verwaltungsverfahren zur Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen zu äußern. Die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nämlich nicht darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, sich auf dieses Kriterium zu berufen. Sie habe darin auch nicht angegeben, auf welche Gründe sie sich im angefochtenen Beschluss für die Feststellung gestützt habe, dass das Kriterium erfüllt sei.

134    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

135    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Mitteilung der Beschwerdegründe eine Verfahrensgarantie darstellt, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Unionsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (Urteil vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, EU:C:2009:500, Rn. 35).

136    Dieser Grundsatz verlangt insbesondere, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (Urteil vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, EU:C:2009:500, Rn. 36).

137    Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18), die diesen Grundsatz zur Anwendung bringen, schreiben der Kommission vor, in ihrer endgültigen Entscheidung nur Beschwerdepunkte in Betracht zu ziehen, zu denen sich die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen äußern konnten.

138    Gleichzeitig ist die vorläufige Natur der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu berücksichtigen, die impliziert, dass das Vorliegen von Unterschieden zwischen dem letztgenannten Dokument und der endgültigen Entscheidung nicht nur möglich, sondern statthaft ist, da die endgültige Entscheidung die Gesamtheit der während des Verwaltungsverfahrens – auch nach Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte – vorgelegten und erörterten Aspekte widerspiegelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 67).

139    Nur wenn die endgültige Entscheidung den betroffenen Unternehmen andere Zuwiderhandlungen als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten zur Last legt oder andere Tatsachen berücksichtigt, ist eine Verletzung der Verteidigungsrechte festzustellen (vgl. Urteil vom 14. März 2013, Fresh Del Monte Produce/Kommission, T‑587/08, EU:T:2013:129, Rn. 706 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der Rechtsprechung ist dies nicht der Fall, wenn sich die behaupteten Unterschiede zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der endgültigen Entscheidung nicht auf andere Verhaltensweisen als die beziehen, zu denen sich die Klägerinnen bereits geäußert haben und bezüglich deren von einem neuen Beschwerdepunkt keine Rede sein kann (Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 84 und 85).

140    Anders als der angefochtene Beschluss verweist die Mitteilung der Beschwerdepunkte unstreitig nicht auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission, als sie sich in diesem Beschluss auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen berufen hat, um ihre Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken völkerrechtlich zu begründen, den Klägerinnen weder neue Beschwerdepunkte zur Last gelegt noch den Inhalt derjenigen geändert hat, die sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorläufig in Betracht gezogen hatte.

141    Die Kommission hatte in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nämlich bereits darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken festzustellen. So hat sie im 129. Erwägungsgrund dieser Mitteilung bemerkt, dass sich die „Zuwiderhandlung auf Frachtdienste … innerhalb der [Union]/des EWR und der Schweiz sowie auf Strecken in beide Richtungen zwischen Flughäfen der [Union]/des EWR und Drittländern in der ganzen Welt erstreck[e]“. Desgleichen hat sie in Rn. 1430 der Mitteilung der Beschwerdepunkte bemerkt, dass sich „alle wettbewerbswidrigen Tätigkeiten der einzelnen Teilnehmer in ein Gesamtziel einfügten, nämlich sich untereinander über den Preis abzustimmen oder zumindest die Unsicherheit über die Preise auf dem EWR-Frachtmarkt – einschließlich auf Strecken zwischen EWR-Flughäfen und Drittländern – zu beseitigen“.

142    Auch ihre Zuständigkeit für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken hat die Kommission bereits im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte gerechtfertigt. So hat sie in Rn. 1390 dieser Mitteilung bemerkt, dass sie „für die Anwendung von Art. [101 AEUV] auf Absprachen über den Luftverkehr zwischen Flughäfen der [Union] und Drittländern zuständig [sei], die geeignet waren, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen“. Im 1394. Erwägungsgrund der Mitteilung hat sie hinzugefügt, dass sie auch „für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens … auf Absprachen über den Luftverkehr zwischen Flughäfen des [EWR] und Drittländern zuständig [sei], die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und Vertragsparteien des EWR-Abkommens oder zwischen Vertragsparteien des EWR-Abkommens zu beeinträchtigen“.

143    In ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte haben die Klägerinnen diese Beurteilungen im Übrigen ausdrücklich beanstandet. So sind Abschnitt 11 der Antwort von SAS Cargo und Abschnitt 6 der Antwort von SAS Consortium auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vollumfänglich der Prüfung der Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken gewidmet.

144    In den Erwägungsgründen 1042 bis 1046 des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission damit begnügt, auf dieses Vorbringen gemäß der ihr eingeräumten Möglichkeit zu entgegnen, unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu ändern oder zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 82).

145    Daher ist der Umstand, dass das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen im Verwaltungsverfahren nicht speziell erörtert worden ist, für die Beurteilung der Frage irrelevant, ob die Verteidigungsrechte der Klägerinnen gewahrt worden sind.

146    Folglich können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, die Kommission habe dadurch ihre Verteidigungsrechte verletzt, dass sie sich erstmals im angefochtenen Beschluss auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen berufen habe.

147    Die Klägerinnen können auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen in den Erwägungsgründen 1045 und 1046 des angefochtenen Beschlusses stütze sich auf Tatsachen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht berücksichtigt habe. Die tatsächlichen Umstände, auf denen diese Erwägungsgründe beruhen, sind nämlich allesamt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten. So stützt sich der im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte Grund im Zusammenhang mit den Auswirkungen des streitigen Verhaltens auf die Verbraucher im EWR auf Erwägungen zur Struktur der Preise für Frachtdienste, zur Rolle der Spediteure als Mittler zwischen den Transportunternehmen und den Absendern sowie zur Art der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung (einschließlich ihrer Einstufung als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung), die bereits in den Rn. 7, 104, 1396 bis 1411 und 1434 bis 1438 der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten waren. Desgleichen beruht der im selben Erwägungsgrund wiedergegebene Grund im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf den Wettbewerb der „Interlining“-Dienste auf den in den Rn. 7, 9, 102 und 105 der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Erwägungen zum Funktionieren des Frachtsektors. Die geografische Tragweite des streitigen Kartells und die Einbeziehung der eingehenden Frachtdienste in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, um die es im 1046. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht, werden ihrerseits in den Rn. 3, 125, 129, 1045, 1390, 1394 und 1430 der Mitteilung der Beschwerdepunkte angesprochen.

148    Folglich sind die Klägerinnen den Nachweis schuldig geblieben, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör insoweit verletzt worden war.

2)      Zur Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen

149    In ihrer Klageschrift haben die Klägerinnen die Anwendbarkeit des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen bestritten, hinsichtlich dessen sie im Wesentlichen vorgetragen haben, dass es im Unionsrecht nicht anerkannt und unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtrückwirkung geltend gemacht worden sei. In ihrer Erwiderung haben sie jedoch mitgeteilt, dass sie in Anbetracht des Urteils vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), nicht an diesem Vorbringen festhalten.

150    Die Klägerinnen halten demgegenüber daran fest, dass die Kommission bei der Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen Fehler begangen habe. Die Kommission habe die Beweislast umgekehrt und sich auf fehlerhafte und völkerrechtswidrige Erwägungen gestützt, als sie den Schluss gezogen habe, dass dieses Kriterium erfüllt sei.

151    Aus dem Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 49 bis 51), so die Klägerinnen, ergebe sich, dass sich die streitige Vereinbarung oder Verhaltensweise speziell auf den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts auswirken müsse. Diese Auswirkungen müssten unmittelbar, wesentlich, vorhersehbar und wahrscheinlich sein.

152    Im vorliegenden Fall habe die Kommission zum einen festgestellt, dass die Aufschläge auf die Ebene der Produktions- und Vertriebskette abgewälzt würden und die Verbraucher im EWR in Form einer Erhöhung der Preise für eingeführte Waren träfen. Solche Auswirkungen seien jedoch weder unmittelbar noch vorhersehbar. Sie seien auch nicht belegt, sondern im Gegenteil rein spekulativ. Was insbesondere die Verweigerung der Zahlung von Provisionen angehe, so habe sich diese nur auf die Spediteure ausgewirkt.

153    Die Kommission sei darüber hinaus den Beweis für die Wesentlichkeit der Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf die Verbraucher im EWR schuldig geblieben. Dieses Verhalten habe sich lediglich auf zwei Aufschläge bezogen, die nur einen Bruchteil des Endpreises ausmachten. Aus wirtschaftstheoretischer Sicht wirke sich die Koordinierung eines kleinen Teils eines Preises jedoch nicht auf die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtpreises aus. Im Übrigen könne die Wettbewerbsfähigkeit der in den EWR eingeführten Produkte durch die Verhaltensweisen, an denen sich die Klägerinnen in Drittländern beteiligt hätten, nur verbessert und nicht einschränkt worden sein. Diese Verhaltensweisen hätten nämlich zu einer Senkung der Aufschläge in den Vereinigten Staaten, Hong Kong, Japan und Thailand geführt.

154    Zum anderen habe die Kommission auf die Auswirkungen auf den Wettbewerb der „Interlining“-Dienste verwiesen, die Transportunternehmen aus Drittländern, die den endgültigen Zielflughafen im EWR nicht bedienten, bei anderen Transportunternehmen einkauften. Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission diese Auswirkungen jedoch wenig klar und unzureichend beschrieben. Sie habe auch keinen Beweis zur Stützung ihrer Ausführungen beigebracht, und es sei zweifelhaft, ob solche Beweise existierten.

155    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

156    Im angefochtenen Beschluss hat sich die Kommission für die Feststellung, dass das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen im vorliegenden Fall erfüllt sei, im Wesentlichen auf drei selbstständige Gründe gestützt.

157    Die ersten beiden Gründe sind im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthalten. Wie die Kommission in Beantwortung der schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts bestätigt hat, beziehen sich diese Gründe auf die Auswirkungen der Koordinierung der eingehenden Frachtdienste für sich genommen. Der erste Grund hängt damit zusammen, dass „sich erhöhte Kosten für den Luftverkehr in den EWR und somit höhere Preise für eingeführte Waren naturgemäß auf die Verbraucher im EWR auswirken [konnten]“. Der zweite Grund betrifft die Auswirkungen der Koordinierung der eingehenden Frachtdienste „auch auf die Erbringung von [Fracht‑]Diensten innerhalb des EWR – zwischen den von Transportunternehmen aus Drittländern genutzten Luftkreuzen (‚Hubs‘) im EWR und den Zielflughäfen der Sendungen im EWR, die von diesen Unternehmen nicht bedient werden – durch andere Transportunternehmen“.

158    Der dritte Grund findet sich im 1046. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und betrifft, wie aus den Antworten der Kommission auf die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts hervorgeht, die Auswirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insgesamt.

159    Das Gericht hält es für zweckmäßig, sowohl die Auswirkungen der Koordinierung der eingehenden Frachtdienste für sich genommen als auch die Auswirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insgesamt zu prüfen, wobei mit Ersteren begonnen werden soll.

i)      Zu den Auswirkungen der Koordinierung der eingehenden Frachtdienste für sich genommen

160    Zunächst ist die Stichhaltigkeit des ersten Grundes zu prüfen, auf den sich die Schlussfolgerung der Kommission stützt, wonach das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen im vorliegenden Fall erfüllt sei (im Folgenden: fragliche Wirkung).

161    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen, wie aus dem 1042. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union und des EWR völkerrechtlich rechtfertigen lässt, wenn vorhersehbar ist, dass das streitige Verhalten im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR unmittelbare und wesentliche Auswirkungen haben wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 49; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 25. März 1999, Gencor/Kommission, T‑102/96, EU:T:1999:65, Rn. 90).

162    Im vorliegenden Fall bestreiten die Klägerinnen sowohl die Relevanz der fraglichen Wirkung (vgl. unten Rn. 163 bis 179) als auch ihre Vorhersehbarkeit (vgl. unten Rn. 183 bis 200), ihre Wesentlichkeit (vgl. unten Rn. 201 bis 216) und ihre Unmittelbarkeit (vgl. unten Rn. 217 bis 226).

–       Zur Relevanz der fraglichen Wirkung

163    Nach der Rechtsprechung steht die Tatsache, dass ein an einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligtes Unternehmen in einem Drittland ansässig ist, der Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens nicht entgegen, wenn sich die Wirkungen dieser Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise auf den Binnenmarkt bzw. auf das Gebiet des EWR erstrecken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 1971, Béguelin Import, 22/71, EU:C:1971:113, Rn. 11).

164    Die Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen hat gerade den Zweck, Verhaltensweisen zu erfassen, die zwar nicht im Gebiet des EWR stattgefunden haben, deren wettbewerbswidrige Auswirkungen aber im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR zu spüren sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 45).

165    Dieses Kriterium verlangt nicht den Nachweis, dass das streitige Verhalten Wirkungen entfaltet hat, die sich tatsächlich im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR materialisiert haben. Nach der Rechtsprechung reicht es vielmehr aus, die wahrscheinlichen Auswirkungen dieses Verhaltens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 51).

166    Es ist nämlich Sache der Kommission, den Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR gegen Bedrohungen seines wirksamen Funktionierens zu gewährleisten.

167    Bei einem Verhalten, in Bezug auf das die Kommission, wie im vorliegenden Fall, die Auffassung vertreten hat, dass es eine solche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR darstelle, dass es als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingestuft werden könne, darf die Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen, wie die Klägerinnen im Übrigen einräumen, auch nicht den Nachweis der konkreten Auswirkungen verlangen, den die Einstufung eines Verhaltens als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne dieser Vorschriften voraussetzt.

168    Insoweit ist – den Klägerinnen folgend – darauf hinzuweisen, dass das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen im Wortlaut von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens verankert ist, die Vereinbarungen und Verhaltensweisen erfassen sollen, die den Wettbewerb im Binnenmarkt bzw. innerhalb des EWR einschränken. Diese Vorschriften verbieten nämlich Vereinbarungen oder Verhaltensweisen von Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „innerhalb des Binnenmarkts“ bzw. „im räumlichen Geltungsbereich [des EWR-Abkommens]“ bezwecken oder bewirken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 42).

169    Nach ständiger Rechtsprechung sind der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung aber keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen für die Beurteilung, ob ein Verhalten unter die Verbote der Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

170    Daraus folgt, wie die Kommission im 917. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die tatsächlichen Auswirkungen des streitigen Verhaltens nicht berücksichtigt zu werden brauchen, wenn feststeht, dass es einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, EU:C:1966:41, S. 390, sowie vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 55).

171    Würde das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen dahin ausgelegt, dass es selbst bei Vorliegen einer „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung den Nachweis der tatsächlichen Auswirkungen des streitigen Verhaltens erforderte, liefe das daher darauf hinaus, die Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens einer Voraussetzung zu unterwerfen, die im Wortlaut dieser Vorschriften keine Grundlage findet.

172    Die Klägerinnen können der Kommission im Übrigen nicht vorwerfen, die fragliche Wirkung nicht hinreichend geprüft zu haben.

173    Im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission nämlich im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, soweit sie sich auf die eingehenden Strecken beziehe, geeignet gewesen sei, die Aufschläge und dementsprechend den Gesamtpreis für die eingehenden Frachtdienste zu erhöhen, und die Spediteure diese Mehrkosten auf die im EWR niedergelassenen Absender abgewälzt hätten, die für von ihnen erworbene Waren einen höheren Preis hätten zahlen müssen, als er ihnen ohne die Zuwiderhandlung in Rechnung gestellt worden wäre.

174    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Wirkung für die Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen irrelevant ist, weil sie nicht speziell im Wettbewerb im Binnenmarkt zu spüren ist.

175    Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Klägerinnen nicht erläutern, was sie mit diesem Argument meinen.

176    Zweitens ist – wenn unterstellt wird, dass die Argumentation der Klägerinnen dahin ausgelegt werden muss, dass das streitige Verhalten, soweit es sich auf die eingehenden Strecken beziehe, nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb im EWR einzuschränken, weil dieser nur in Drittländern bestehe, in denen Spediteure ansässig seien, die bei den beschuldigten Transportunternehmen eingehende Frachtdienste bezögen – darauf hinzuweisen, dass sie sich irren.

177    Insoweit ist zu beachten, dass die Anwendung des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen anhand des wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhangs zu erfolgen hat, in den sich das fragliche Verhalten einfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 1971, Béguelin Import, 22/71, EU:C:1971:113, Rn. 13).

178    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 14, 17 und 70 des angefochtenen Beschlusses sowie aus den Antworten der Parteien auf die prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts hervor, dass die Transportunternehmen ihre Frachtdienste (nahezu) ausschließlich an Spediteure verkaufen. Was die eingehenden Frachtdienste betrifft, so erfolgen fast alle Verkäufe am Ausgangspunkt der fraglichen Strecken – außerhalb des EWR, wo die besagten Spediteure niedergelassen sind. Aus der Klageschrift ergibt sich nämlich, dass die Klägerinnen zwischen dem 1. Mai 2004 und dem 14. Februar 2006 nur einen geringfügigen Teil ihrer Verkäufe eingehender Frachtdienste bei Kunden getätigt haben, die im EWR ansässig sind.

179    Festzuhalten ist jedoch, dass die Spediteure beim Erwerb dieser Dienste insbesondere in ihrer Eigenschaft als Mittler auftreten und die Dienste in ein Dienstleistungspaket schnüren, dessen Zweck es per Definition ist, den integrierten Warentransport in das EWR-Gebiet im Namen von Absendern zu organisieren. Wie aus dem 70. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, kann es sich bei den Absendern u. a. um die Käufer oder die Eigentümer der beförderten Waren handeln. Es ist somit zumindest wahrscheinlich, dass sie im EWR niedergelassen sind.

180    Sofern die Spediteure die etwaigen sich aus dem streitigen Kartell ergebenden Mehrkosten auf den Preis ihrer Dienstleistungspakete aufschlagen, kann sich folglich die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, soweit sie eingehende Strecken betrifft, u. a. auf den Wettbewerb auswirken, den sich die Spediteure liefern, um die Klientel dieser Absender abzuschöpfen, wobei sich die fragliche Wirkung später im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR konkretisieren könnte.

181    Dementsprechend zählen die Mehrkosten, die die Spediteure möglicherweise zu entrichten hatten, und die Verteuerung der in den EWR eingeführten Waren, die sich daraus ergeben haben kann, zu den Wirkungen des streitigen Verhaltens, auf die sich die Kommission für die Zwecke des Kriteriums der qualifizierten Auswirkungen stützen durfte.

182    Nach der oben in Rn. 161 angeführten Rechtsprechung ist somit zu fragen, ob diese Wirkung die erforderliche Vorhersehbarkeit, Wesentlichkeit und Unmittelbarkeit aufweist.

–       Zur Vorhersehbarkeit der fraglichen Wirkung

183    Das Erfordernis der Vorhersehbarkeit soll Rechtssicherheit gewährleisten, indem es garantiert, dass die betreffenden Unternehmen nicht aufgrund von Wirkungen bestraft werden können, die sich angeblich zwar aus ihrem Verhalten ergeben, mit deren Eintritt sie aber vernünftigerweise nicht rechnen konnten (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Otis u. a., C‑435/18, EU:C:2019:651, Nr. 83).

184    Dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit genügen daher Wirkungen, mit deren Eintritt die Beteiligten des fraglichen Kartells nach der allgemeinen Lebenserfahrung vernünftigerweise rechnen müssen, im Gegensatz zu Wirkungen, die auf einer völlig außergewöhnlichen Verkettung von Umständen und damit auf einem atypischen Kausalverlauf beruhen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a., C‑557/12, EU:C:2014:45, Nr. 42).

185    Aus den Erwägungsgründen 846, 909, 1199 und 1208 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass es im vorliegenden Fall um eine kollusive Verhaltensweise der horizontalen Festsetzung der Preise geht, von der die Erfahrung zeigt, dass sie u. a. Preiserhöhungen nach sich zieht, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51).

186    Aus den Erwägungsgründen 846, 909, 1199 und 1208 des angefochtenen Beschlusses geht ferner hervor, dass sich diese Verhaltensweise auf den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen bezog.

187    Im vorliegenden Fall war für die beschuldigten Transportunternehmen somit vorhersehbar, dass die horizontale Festsetzung des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags deren Erhöhung nach sich ziehen würde. Wie sich aus den Erwägungsgründen 874, 879 und 899 des angefochtenen Beschlusses ergibt, war die Verweigerung der Zahlung von Provisionen geeignet, eine solche Erhöhung zu verstärken. Sie besteht nämlich aus einer konzertierten Weigerung, den Spediteuren Nachlässe auf die Aufschläge zu gewähren, so dass den beschuldigten Transportunternehmen mit ihr ermöglicht werden sollte, „die Unsicherheit auf dem Gebiet der Preisgestaltung, die der Wettbewerb bei der Zahlung von Provisionen [im Rahmen der Verhandlungen mit den Spediteuren] hätte schaffen können, unter Kontrolle zu halten“ (874. Erwägungsgrund dieses Beschlusses) und so die Aufschläge dem Wettbewerb zu entziehen (879. Erwägungsgrund des Beschlusses).

188    Aus dem 17. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass sich der Preis für Frachtdienste aus Gebühren und Aufschlägen, darunter dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag, zusammensetzt. Wenn nicht davon ausgegangen wird, dass eine Erhöhung des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags – durch eine hinreichend wahrscheinliche Wirkung kommunizierender Röhren – durch eine entsprechende Senkung der Gebühren und anderen Aufschläge ausgeglichen würde, war eine solche Erhöhung grundsätzlich geeignet, einen Anstieg des Gesamtpreises für eingehende Frachtdienste nach sich zu ziehen.

189    Die Klägerinnen sind aber den Nachweis schuldig geblieben, dass eine Wirkung kommunizierender Röhren derart wahrscheinlich war, dass sie die fragliche Wirkung unvorhersehbar machte.

190    Die Klägerinnen begnügen sich nämlich mit einem vagen Verweis auf die „Wirtschaftstheorie“ und einer Bezugnahme – im Rahmen des dritten Teils des fünften Klagegrundes – auf die mündliche Erklärung eines Sachverständigen während der Anhörung vor der Kommission. Erstens werden dieser Erklärung jedoch weder die Studie, auf die sie sich stützt, noch die zugrunde liegenden Bruttodaten beigefügt, die es dem Gericht hätten ermöglichen können, ihre Plausibilität zu prüfen. Zweitens stützt sich die Erklärung auf eine Methodik, die nur schlecht mit der Tragweite der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, wie sie im angefochtenen Beschluss definiert wird, vereinbar ist. Der „Differenz-von-Differenzen“-Ansatz, auf dem die Erklärung beruht, vergleicht nämlich die Entwicklung der in Rechnung gestellten Preise auf Strecken, die „potenziell von den Erörterungen betroffen sind, und auf bekanntermaßen von keinerlei Erörterung betroffenen Strecken“, wobei diese Strecken nicht näher bezeichnet werden. Umgekehrt hat die Kommission im 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass es sich beim Treibstoff- und beim Sicherheitsaufschlag um „allgemein anwendbare Maßnahmen [handle], die nicht spezifisch für eine Strecke [seien]“ und „auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollten, auch auf Strecken mit … Ankunft im EWR“. Drittens ist festzustellen, dass die Erklärung AF und – in geringerem Maße – KLM betrifft. Wenn die in Rede stehende Erklärung zu dem Schluss kommt, dass im vorliegenden Fall eine Wirkung kommunizierender Röhren vorliege, geschieht dies nur deshalb, weil die von AF und KLM in Rechnung gestellten Gebühren hinreichend flexibel waren und schnell genug sinken konnten, um einen etwaigen Anstieg des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags zu neutralisieren. Umgekehrt haben die Klägerinnen bemerkt, dass die „Luftfrachtgebühren mindestens sechs Monate im Voraus festgesetzt [würden und] die Transportunternehmen die erhöhten Treibstoffkosten durch eine Zusatzabgabe (dem Treibstoffaufschlag) [ausglichen], der schneller angepasst werden [könne], damit er die Schwankungen der Treibstoffkosten [widerspiegle]“.

191    Unter diesen Umständen hätten die Mitglieder des streitigen Kartells vernünftigerweise vorhersehen können, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, soweit sie eingehende Frachtdienste betraf, zu einer Erhöhung des Preises für Frachtdienste auf den eingehenden Strecken führen würde.

192    Somit ist zu fragen, ob es für die beschuldigten Transportunternehmen vorhersehbar war, dass die Spediteure diese Mehrkosten an ihre eigenen Kunden, d. h. die Absender, weitergeben würden.

193    Aus den Erwägungsgründen 14 und 70 des angefochtenen Beschlusses geht insoweit hervor, dass der Preis für Frachtdienste für Spediteure ein Inputpreis ist. Dabei handelt es sich um variable Kosten, deren Anstieg grundsätzlich zu einer Erhöhung der Grenzkosten führt, anhand deren die Spediteure ihre eigenen Preise festlegen.

194    Die Klägerinnen bringen keinen Beweis dafür bei, dass die Umstände des konkreten Falls für eine nachgelagerte Abwälzung der sich aus der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf den eingehenden Strecken ergebenden Mehrkosten auf die Absender wenig günstig waren.

195    Daher war es für die beschuldigten Transportunternehmen vernünftigerweise vorhersehbar, dass die Spediteure diese Mehrkosten über eine Erhöhung des Preises für Transitdienste auf die Absender abwälzen würden.

196    Wie aus den Erwägungsgründen 70 und 1031 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, beinhalten die Kosten für Waren, deren integrierter Transport im Namen der Absender in der Regel von den Spediteuren organisiert wird, den Preis für Transitdienste und insbesondere für Frachtdienste, die ein fester Bestandteil davon sind.

197    In Anbetracht des Vorstehenden war es somit für die beschuldigten Transportunternehmen vorhersehbar, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, soweit sie sich auf die eingehenden Strecken bezog, zu einer Erhöhung des Preises für eingeführte Waren führen würde.

198    Aus den oben in Rn. 179 angeführten Gründen war es für die beschuldigten Transportunternehmen auch vorhersehbar, dass diese Wirkung im EWR auftritt, wie aus dem 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht.

199    Da die fragliche Wirkung zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehört hat und wirtschaftlich vernünftig gewesen ist, mussten die beschuldigten Transportunternehmen im Übrigen nicht notwendigerweise auf dem Markt der Einfuhr oder des nachgelagerten Weiterverkaufs von Waren tätig sein, um sie vorhersehen zu können.

200    Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission hinreichend nachgewiesen hat, dass die fragliche Wirkung die geforderte Vorhersehbarkeit aufwies.

–       Zur Wesentlichkeit der fraglichen Wirkung

201    Die Beurteilung der Wesentlichkeit der Auswirkungen der streitigen Verhaltensweise hat anhand sämtlicher relevanter Umstände des konkreten Falls zu erfolgen. Zu diesen Umständen gehören u. a. die Dauer, die Art und die Tragweite der Zuwiderhandlung. Auch andere Umstände wie beispielsweise die Bedeutung der an der Verhaltensweise beteiligten Unternehmen können relevant sein (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. September 2015, Toshiba/Kommission, T‑104/13, EU:T:2015:610, Rn. 159, sowie vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 112).

202    Wenn die untersuchte Wirkung mit einer Erhöhung des Preises für einen Gegenstand oder eine Enddienstleistung zusammenhängt, die auf der Dienstleistung, für die das Kartell gebildet worden ist, beruht oder diese enthält, kann auch der Anteil des Preises für den Gegenstand oder die Enddienstleistung, den die Dienstleistung ausmacht, für die das Kartell gebildet worden ist, berücksichtigt werden.

203    Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht sämtlicher relevanter Umstände davon auszugehen, dass die fragliche Wirkung im Zusammenhang mit der Erhöhung des Preises für in den EWR eingeführte Waren wesentlichen Charakter hat.

204    Als Erstes geht nämlich aus dem 1146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf 21 Monate beläuft, soweit sie die Strecken Union-Drittländer betraf, und auf acht Monate, soweit sie sich auf die Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer bezog. Aus den Erwägungsgründen 1215 und 1217 dieses Beschlusses ergibt sich, dass das auch die Dauer der Beteiligung sämtlicher beschuldigter Transportunternehmen mit Ausnahme von Lufthansa Cargo und Swiss war.

205    Als Zweites geht in Bezug auf die Tragweite der Zuwiderhandlung aus dem 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass es sich beim Treibstoff- und beim Sicherheitsaufschlag um „allgemein anwendbare Maßnahmen [handelte], die nicht spezifisch für eine Strecke [waren]“ und „auf alle Strecken weltweit angewandt werden sollten, auch auf Strecken mit … Ankunft im EWR“.

206    Als Drittes ergibt sich in Bezug auf die Art der Zuwiderhandlung aus dem 1030. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bezweckte, den Wettbewerb zwischen den beschuldigten Transportunternehmen, insbesondere auf den Strecken EWR-Drittländer, einzuschränken. Im 1208. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass die „Festlegung verschiedener Preiselemente, einschließlich bestimmter Aufschläge, eine der schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen [darstelle]“, und hat dementsprechend festgestellt, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung die Anwendung eines Schwerekoeffizienten „am oberen Ende der [in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen] Bandbreite“ verdiene.

207    Darüber hinaus ist hinsichtlich des Anteils des Preises der kartellisierten Dienstleistung am Gegenstand oder an der Dienstleistung, die auf ihr beruht oder sie enthält, zu beachten, dass die Aufschläge entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen während des Zeitraums der Zuwiderhandlung einen wesentlichen Teil des Gesamtpreises der Frachtdienste ausmachten.

208    So geht aus einem Schreiben der Hong Kong Association of Freight Forwarding & Logistics (Speditions- und Logistikverband von Hong Kong) an den Vorsitzenden des Frachtenunterausschusses des Board of Airline Representatives (Verband der Vertreter der Fluggesellschaften, im Folgenden: BAR) in Hong Kong vom 8. Juli 2005 hervor, dass die Aufschläge einen „sehr erheblichen Anteil“ des von den Spediteuren zu entrichtenden Gesamtpreises der Luftfrachtbriefe ausmachten. Desgleichen haben die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht ausgeführt, dass die Aufschläge zwischen 5 und 30 % des Preises der Frachtdienste ausmachten. Wie aus den Tabellen und der Grafik in Anlage A.109 zur Klageschrift hervorgeht, ist dieser Anteil im Verlauf der Zeitspanne am höchsten gewesen, während der die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den eingehenden Strecken festgestellt hat, nämlich 21,7 % im Jahr 2004 und 29,8 % im Jahr 2005.

209    Wie aus dem 1031. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, stellte der Preis der Frachtdienste selbst „einen wichtigen Bestandteil der Kosten der beförderten Waren dar, [was] sich auf den Verkauf dieser Waren auswirkt“.

210    Außerdem ergibt sich in Bezug auf die Bedeutung der an der streitigen Verhaltensweise beteiligten Unternehmen aus dem 1209. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass sich die gemeinsamen Marktanteile der beschuldigten Transportunternehmen auf dem „Weltmarkt“ auf 34 % im Jahr 2005 beliefen und „mindestens genauso hoch [waren] bei [Frachtdiensten] … auf den Strecken [EWR-Drittländer]“, die sowohl ausgehende als auch eingehende Strecken umfassen. Die Klägerinnen selbst erzielten während des Zeitraums der Zuwiderhandlung auf den eingehenden Strecken im Übrigen einen bedeutenden Umsatz in Höhe von mehr als 119 000 000 Euro im Jahr 2005.

211    Die Klägerinnen bringen kein Argument vor, mit dem sich die Wesentlichkeit der betrachteten Wirkung in Zweifel ziehen ließe.

212    Erstens ist das Argument der Klägerinnen, das aus der Theorie der kommunizierenden Röhren hergeleitet wird, bereits oben in den Rn. 188 und 190 zurückgewiesen worden.

213    Zweitens ist zum Argument der Klägerinnen, wonach die beschuldigten Transportunternehmen den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag auf den Strecken mit Abflug in Hong Kong, Thailand, Japan und den Vereinigten Staaten auf eine Höhe unterhalb des Wettbewerbsniveaus festgesetzt hätten, so dass die Wettbewerbsfähigkeit der in den EWR eingeführten Produkte eher verbessert als eingeschränkt worden sei, zu sagen, dass grundsätzlich derjenige, der sich zur Stützung eines Anspruchs auf Tatsachen beruft, diese zu beweisen hat (Beschluss vom 25. Januar 2008, Provincia di Ascoli Piceno und Comune di Monte Urano/Apache Footwear u. a., C‑464/07 P[I], nicht veröffentlicht, EU:C:2008:49, Rn. 9; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, EU:C:2001:127, Rn. 113).

214    Die Klägerinnen haben jedoch nicht den geringsten Beweis dafür beigebracht, dass die beschuldigten Transportunternehmen den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag auf den Strecken mit Abflug in Hong Kong, Thailand und Japan auf eine Höhe unterhalb des Wettbewerbsniveaus festgesetzt hatten. Was die Strecken mit Abflug in den Vereinigten Staaten angeht, so machen die Klägerinnen lediglich geltend, dass die Kontakte, an denen sie beteiligt gewesen sind, „für den Treibstoffaufschlag einen Wechselkurs von 1:1 zwischen dem Euro und dem amerikanischen Dollar beibehalten haben, was unter Berücksichtigung der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro eine Verringerung um 17 % zur Folge gehabt hat“. Die Klägerinnen weisen jedoch nicht nach, dass sich daraus ein Treibstoffaufschlag in einer Höhe unterhalb des Wettbewerbsniveaus ergeben hat.

215    Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass es wahrscheinlich war, dass die beschuldigten Transportunternehmen den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag auf den Strecken mit Abflug in Hong Kong, Thailand, Japan und den Vereinigten Staaten so weit unterhalb des Wettbewerbsniveaus festsetzen würden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der in den EWR eingeführten Produkte eher verbessert als eingeschränkt wurde.

216    Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission hinreichend nachgewiesen hat, dass die fragliche Wirkung die geforderte Wesentlichkeit aufwies.

–       Zur Unmittelbarkeit der fraglichen Wirkung

217    Das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Auswirkungen der streitigen Verhaltensweise bezieht sich auf den Kausalzusammenhang zwischen dem betreffenden Verhalten und der untersuchten Wirkung. Zweck dieses Erfordernisses ist es, sicherzustellen, dass sich die Kommission zur Rechtfertigung ihrer Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens nicht auf alle möglichen, noch so entfernten Auswirkungen berufen kann, für die dieses Verhalten die Ursache im Sinne einer conditio sine qua non sein mag (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a., C‑557/12, EU:C:2014:45, Nrn. 33 und 34).

218    Die unmittelbare Kausalität darf jedoch nicht mit einer Monokausalität verwechselt werden, für die immer und pauschal eine Unterbrechung der Kausalkette festgestellt werden müsste, wenn die Handlung eines Dritten für die fraglichen Auswirkungen mitursächlich geworden ist (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a., C‑557/12, EU:C:2014:45, Nrn. 36 und 37).

219    Im vorliegenden Fall mag das Hinzutreten der Spediteure, von denen zu erwarten war, dass sie die Mehrkosten, die sie hatten, begleichen müssen, eigenverantwortlich auf die Absender abwälzen würden, zwar mitursächlich für die fragliche Wirkung gewesen sein. Es war für sich genommen aber nicht geeignet, die Kausalkette zwischen dem streitigen Verhalten und der fraglichen Wirkung zu unterbrechen und dieser damit ihre Unmittelbarkeit zu nehmen.

220    Im Gegenteil: Wenn ein solches Hinzutreten nicht schuldhaft ist, sondern sich objektiv aus dem in Rede stehenden Kartell ergibt, unterbricht es bei normalem Funktionieren des Marktes nicht die Kausalkette (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2005, CD Cartondruck/Rat und Kommission, T‑320/00, nicht veröffentlicht, EU:T:2005:452, Rn. 172 bis 182), sondern führt sie fort (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a., C‑557/12, EU:C:2014:45, Nr. 37).

221    Im vorliegenden Fall weisen die Klägerinnen nicht nach und machen nicht einmal geltend, dass die vorhersehbare Abwälzung der Mehrkosten auf die im EWR niedergelassenen Absender schuldhaft sein oder nichts mit dem normalen Funktionieren des Marktes zu tun haben soll.

222    Folglich weist die fragliche Wirkung die geforderte Unmittelbarkeit auf.

223    Die vorstehende Schlussfolgerung kann nicht durch das in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Argument der Klägerinnen in Frage gestellt werden, wonach die Mehrkosten, um sich nachteilig auf „die Verbraucher im EWR“, auf die die Kommission im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses verweist, auszuwirken, über eine „lange Kette von Mittelspersonen“, darunter die Absender, die Spediteure und die Importeure, gehen müssten. Dieses Argument ist nämlich auf zwei irrige Annahmen zurückzuführen.

224    Die erste der in Rede stehenden Annahmen lautet, dass die im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten „Verbraucher im EWR“ die Endverbraucher sind, d. h. natürliche Personen, die zu Zwecken handeln, die nicht zu ihren gewerblichen, geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeiten gehören. Der wettbewerbsrechtliche Verbraucherbegriff bezieht sich nicht nur auf Endverbraucher, sondern auf sämtliche – unmittelbaren oder mittelbaren – Nutzer der Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des streitigen Verhaltens gewesen sind (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:42, Nr. 156).

225    Aus dem 70. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, den die Klägerinnen in der Sache nicht gewinnbringend beanstandet haben, geht hervor, dass es sich bei den „Absendern um die Käufer oder Verkäufer von Waren, die Gegenstand eines Handelsaustauschs sind, oder um die Eigentümer von Waren handeln kann, die rasch über vergleichsweise große Entfernungen befördert werden müssen“. In ihren Schriftsätzen hat die Kommission klargestellt, dass diese Waren zum unmittelbaren Verzehr oder als Vormaterialien zur Herstellung anderer Produkte eingeführt werden könnten. Bei eingehenden Frachtdiensten können diese Absender, wie die Kommission zutreffend feststellt, im EWR ansässig sein. Somit ist der Verweis auf die „Verbraucher im EWR“ im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dahin auszulegen, dass er Absender einschließt.

226    Die zweite der in Rede stehenden Annahmen lautet, dass die Endverbraucher – selbst wenn der Verweis auf die „Verbraucher im EWR“ im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nur sie umfassen sollte – eingeführte Waren erst nach Hinzutreten einer „langen Kette von Mittelspersonen“ erwerben könnten. Die Endverbraucher können diese Waren aber auch unmittelbar beim Absender erwerben.

227    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die fragliche Wirkung die geforderte Vorhersehbarkeit, Wesentlichkeit und Unmittelbarkeit aufweist und der erste Grund, auf den sich die Kommission für die Schlussfolgerung gestützt hat, dass das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen erfüllt sei, stichhaltig ist. Somit ist festzustellen, dass die Kommission fehlerfrei annehmen konnte, dass dieses Kriterium in Bezug auf die Koordinierung der eingehenden Frachtdienste für sich genommen erfüllt sei, ohne dass die Stichhaltigkeit des zweiten im 1045. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Grundes geprüft zu werden braucht.

ii)    Zu den Auswirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insgesamt

228    Zunächst sei darauf hingewiesen, dass entgegen dem von den Klägerinnen in der Erwiderung angeführten Vorbringen nichts einer Prüfung der Frage entgegensteht, ob die Kommission über die erforderliche Zuständigkeit zur Anwendung des Wettbewerbsrechts im Einzelfall anhand einer Gesamtbetrachtung des fraglichen Verhaltens des oder der Unternehmen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 50).

229    Nach der Rechtsprechung ist Art. 101 AEUV auf Verhaltensweisen und Vereinbarungen anwendbar, die einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel dienen, soweit vorhersehbar ist, dass sie insgesamt unmittelbare und wesentliche Auswirkungen im Binnenmarkt haben werden. Den Unternehmen kann nämlich nicht erlaubt werden, sich der Anwendung der unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln dadurch zu entziehen, dass sie mehrere demselben Ziel dienende Verhaltensweisen kombinieren, die zwar für sich genommen jeweils keine unmittelbare und wesentliche Auswirkung im Binnenmarkt hervorrufen können, wohl aber zusammen (Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 106).

230    Die Kommission darf ihre Zuständigkeit für die Anwendung von Art. 101 AEUV auf eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – in der Form, wie sie im streitigen Beschluss festgestellt wurde – daher mit deren vorhersehbaren, unmittelbaren und wesentlichen Auswirkungen im Binnenmarkt begründen (Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 105).

231    Diese Erwägungen gelten entsprechend für Art. 53 des EWR-Abkommens.

232    Im 869. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission das streitige Verhalten, auch soweit es eingehende Frachtdienste betraf, als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft. Da die Klägerinnen dieser Einstufung pauschal entgegentreten und die Feststellung des Vorliegens eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziels der Beeinträchtigung des Wettbewerbs innerhalb des EWR, auf die sie sich stützt, beanstanden, soll ihr Vorbringen im Rahmen des dritten Klagegrundes, der sich auf diese Frage bezieht, geprüft werden.

233    Im 1046. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Auswirkungen dieser Zuwiderhandlung insgesamt geprüft, wie aus ihren Antworten auf die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts hervorgeht. So hat sie u. a. festgestellt, dass ihre Untersuchung ein „weltweit umgesetztes Kartell“ ergeben habe, dessen „Absprachen … über die eingehenden Strecken wesentlicher Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens waren“. Sie hat hinzugefügt, dass die „weltweit einheitliche Anwendung der Aufschläge ein Schlüsselelement des [streitigen] Kartells war“. Wie die Kommission in Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts ausgeführt hat, fügte sich die einheitliche Anwendung der Aufschläge in eine Gesamtstrategie ein, mit der der Gefahr begegnet werden sollte, dass die Spediteure die Auswirkungen dieses Kartells umgingen, indem sie indirekte Verbindungen wählten, die keinen koordinierten Aufschlägen für die Beförderung von Waren vom Ursprungs- zum Bestimmungsort unterlagen. Der Grund dafür ist, dass, wie aus dem 72. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, der „Faktor Zeit für die Beförderung von [Fracht] weniger wichtig ist als für die Beförderung von Fluggästen“, so dass Fracht „mit einer höheren Zahl von Zwischenstopps befördert werden kann“ und indirekte Verbindungen dementsprechend an die Stelle der direkten Verbindungen treten können.

234    Unter diesen Umständen macht die Kommission zutreffend geltend, dass, wenn ihr untersagt würde, das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen auf das streitige Verhalten insgesamt anzuwenden, die Gefahr bestünde, dass ein globales wettbewerbswidriges Verhalten, das geeignet ist, sich auf die Struktur des Marktes innerhalb des EWR auszuwirken, künstlich in eine Reihe unterschiedlicher Verhaltensweisen aufgespalten würde, die ganz oder teilweise nicht mehr in die Zuständigkeit der Union fallen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 57). Somit ist davon auszugehen, dass die Kommission im 1046. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auswirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insgesamt prüfen durfte.

235    Was Vereinbarungen und Verhaltensweisen angeht, die erstens eine Wettbewerbsbeschränkung zumindest innerhalb der Union, im EWR und in der Schweiz bezweckten (903. Erwägungsgrund dieses Beschlusses), an denen zweitens Transportunternehmen mit beträchtlichen Marktanteilen beteiligt waren (1209. Erwägungsgrund des genannten Beschlusses) und von denen sich drittens ein bedeutender Teil auf EWR-interne Strecken über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren bezogen hat (1146. Erwägungsgrund des Beschlusses), so unterliegt es kaum einem Zweifel, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung insgesamt vorhersehbar unmittelbare und wesentliche Auswirkungen im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR hervorrufen würde.

236    Folglich durfte die Kommission im 1046. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch zu dem Ergebnis kommen, dass das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen in Bezug auf die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung insgesamt erfüllt sei.

237    Da die Kommission damit hinreichend nachgewiesen hat, dass das streitige Verhalten vorhersehbar eine wesentliche und unmittelbare Wirkung im EWR hervorrief, ist die vorliegende Rüge und dementsprechend der vorliegende Teil insgesamt zurückzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der Rüge bedarf, die aus Fehlern bei der Anwendung des Kriteriums der Durchführung hergeleitet wird.

b)      Zweiter Teil des zweiten Klagegrundes: Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz

238    Die Klägerinnen machen geltend, Art. 11 Abs. 2 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr behalte die Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz den schweizerischen Behörden vor.

239    Die Kommission habe in Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses jedoch einen Verstoß gegen Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer festgestellt. Da die Schweizerische Eidgenossenschaft nicht Partei des EWR-Abkommens sei, sei sie notwendigerweise ein „Drittland“ im Sinne dieses Artikels. Art. 1 Abs. 3 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses sei somit wegen Verstoßes gegen Art. 11 Abs. 2 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr rechtswidrig.

240    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

241    Festzustellen ist, ob die Kommission, wie die Klägerinnen vortragen, in Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses einen Verstoß gegen Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz festgestellt hat, und gegebenenfalls, ob sie damit die Grenzen der ihr gemäß dem Abkommen EG-Schweiz über den Luftverkehr übertragenen Zuständigkeit überschritten hat.

242    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der heute in Art. 47 der Charta Ausdruck findet. Dieser Grundsatz, der im Unionsrecht Art. 6 Abs. 1 EMRK entspricht, verlangt, dass der verfügende Teil einer Entscheidung, mit der die Kommission Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht feststellt, besonders klar und präzise ist und die zur Verantwortung gezogenen und mit Sanktionen belegten Unternehmen die Zuweisung dieser Verantwortung und die Verhängung dieser Sanktionen, die sich aus dem Wortlaut des genannten verfügenden Teils ergeben, verstehen und anfechten können (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2015, Martinair Holland/Kommission, T‑67/11, EU:T:2015:984, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

243    Die Kommission stellt nämlich Art und Ausmaß der von ihr geahndeten Zuwiderhandlungen im verfügenden Teil ihrer Entscheidungen fest. Gerade soweit es um Umfang und Art der geahndeten Zuwiderhandlungen geht, kommt es daher grundsätzlich auf den verfügenden Teil und nicht auf die Gründe an. Nur dann, wenn der verfügende Teil nicht eindeutig formuliert ist, ist er unter Heranziehung der Gründe der Entscheidung auszulegen (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2015, Martinair Holland/Kommission, T‑67/11, EU:T:2015:984, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

244    In Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass SAS und SAS Cargo „auf Strecken zwischen Flughäfen in Ländern, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten sind, und Flughäfen in Drittländern [vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006] gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen“ hätten. Sie hat die Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz weder ausdrücklich in diese Strecken einbezogen noch sie ausdrücklich davon ausgeschlossen.

245    Somit ist zu prüfen, ob die Schweizerische Eidgenossenschaft zu den „Drittländern“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses gehört.

246    Insoweit ist zu beachten, dass Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses zwischen „Ländern, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten sind“, und Drittländern unterscheidet. Es trifft zu, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft, wie die Klägerinnen bemerken, nicht Vertragspartei des EWR-Abkommens ist und für dieses somit zu den Drittländern zählt.

247    Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass, wenn in ein und demselben Rechtsakt mehrfach der gleiche Wortlaut verwendet wird, unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Einheit und der Kohärenz der Rechtsordnung der Union anzunehmen ist, dass er die gleiche Bedeutung hat.

248    In Art. 1 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV auf „Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen außerhalb des EWR“ festgestellt. Die vorstehende Wendung schließt Flughäfen in der Schweiz nicht ein, wo doch die Schweizerische Eidgenossenschaft nicht Partei des EWR-Abkommens ist und ihre Flughäfen daher formal als „außerhalb des EWR“ oder mit anderen Worten in einem Land liegend betrachtet werden müssen, das sich nicht am EWR-Abkommen beteiligt. Diese Flughäfen sind Gegenstand von Art. 1 Abs. 4 des angefochtenen Beschlusses, in dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Flugverkehr auf „Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen in der Schweiz“ festgestellt wird.

249    Gemäß dem oben in Rn. 247 in Erinnerung gerufenen Grundsatz ist somit anzunehmen, dass die in Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses verwendete Formulierung „Flughäfen in Drittländern“ die gleiche Bedeutung hat wie die in Abs. 2 dieses Artikels verwendete Formulierung „Flughäfen außerhalb des EWR“ und folglich Flughäfen in der Schweiz ausschließt.

250    Da im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses nicht der geringste Hinweis darauf zu finden ist, dass die Kommission beabsichtigt hätte, dem Begriff „Drittländer“ in Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses eine andere Bedeutung zu geben, ist der Schluss zu ziehen, dass dieser Begriff die Schweizerische Eidgenossenschaft ausschließt.

251    Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission die Klägerinnen in Art. 1 Abs. 3 des angefochtenen Beschlusses für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz zur Verantwortung gezogen hat.

252    Da der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses keinen Anlass zu Zweifeln gibt, fügt das Gericht mithin nur ergänzend hinzu, dass seine Begründung dieser Schlussfolgerung nicht widerspricht.

253    Im 1146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, die von ihr beschriebenen „wettbewerbswidrigen Abmachungen“ verstießen vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006 „in Bezug auf den Luftverkehr zwischen Flughäfen innerhalb der [Union] und Flughäfen außerhalb des EWR“ gegen Art. 101 AEUV. In der dazugehörigen Fußnote (1514) hat sie Folgendes klargestellt: „Für die Zwecke des vorliegenden Beschlusses sind mit ‚Flughäfen außerhalb des EWR‘ Flughäfen in anderen Ländern als der Schweiz[erischen Eidgenossenschaft] und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens gemeint.“

254    Bei der Beschreibung der Tragweite der Zuwiderhandlung gegen Art. 53 des EWR-Abkommens im 1146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission zwar nicht auf den Begriff „Flughäfen außerhalb des EWR“, sondern auf den Begriff „Flughäfen in Drittländern“ verwiesen. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission dem Begriff „Flughäfen außerhalb des EWR“ für die Zwecke von Art. 101 AEUV und dem Begriff „Flughäfen in Drittländern“ für die Zwecke von Art. 53 des EWR-Abkommens eine andere Bedeutung geben wollte. Im Gegenteil: Die Kommission hat diese beiden Ausdrücke im angefochtenen Beschluss austauschbar verwendet. So hat sie im 824. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass sie „Artikel 101 AEUV nicht auf wettbewerbswidrige Vereinbarungen und Verhaltensweisen betreffend den Luftverkehr zwischen Flughäfen der [Union] und Flughäfen von Drittländern anwend[e], die vor dem 1. Mai 2004 stattgefunden [hätten]“. Desgleichen hat sie im 1222. Erwägungsgrund dieses Beschlusses in Bezug auf die Beendigung der Beteiligung von SAS Consortium an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf die ihr nach diesen Bestimmungen übertragene Zuständigkeit „für Strecken zwischen der [Union] und Drittländern sowie für Strecken zwischen Island, Norwegen und Liechtenstein und Ländern außerhalb des EWR“ verwiesen.

255    Somit bestätigen die Gründe des angefochtenen Beschlusses, dass die Begriffe „Flughäfen in Drittländern“ und „Flughäfen außerhalb des EWR“ die gleiche Bedeutung haben. Nach der Definitionsklausel in Fn. 1514 ist daher davon auszugehen, dass beide Begriffe Flughäfen in der Schweiz ausschließen.

256    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen sprechen die Erwägungsgründe 1194 und 1241 des angefochtenen Beschlusses nicht für eine andere Lösung. Im 1194. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hat die Kommission zwar auf „Strecken zwischen dem EWR und Drittländern mit Ausnahme der Strecken zwischen der [Union] und der Schweiz“ Bezug genommen. Desgleichen hat sie im 1241. Erwägungsgrund des Beschlusses – im Rahmen der „Bestimmung des Werts der Verkäufe auf Verbindungen mit Drittländern“ – den Grundbetrag für die „Strecken EWR-Drittländer mit Ausnahme der Strecken zwischen der [Union] und der Schweiz, für die [sie] nach dem Abkommen [EG-Schweiz über den Luftverkehr] tätig wird“, um 50 % herabgesetzt. Es ließe sich jedoch die Auffassung vertreten, dass die Kommission, wie die Klägerinnen im Wesentlichen bemerken, den Hinweis „mit Ausnahme der Strecken zwischen der [Union] und der Schweiz“ nur deshalb in die genannten Erwägungsgründe eingefügt hat, weil sie davon ausging, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft unter den Begriff „Drittländer“ falle, soweit es um die Strecken EWR-Drittländer gehe.

257    Die Kommission hat im Übrigen anerkannt, dass sie einen Betrag von 262 084 Euro für Verkäufe von Frachtdiensten, die die Klägerinnen im Jahr 2005 auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz getätigt hatten, in den Wert der Verkäufe einbezogen habe. Der Grund hierfür sei, dass sie diesen Betrag „leider“ nicht aus den Zahlen herausgerechnet habe, die ihr die Klägerinnen geliefert hätten.

258    Gleichwohl ist mit der Kommission festzustellen, dass diese Elemente ausschließlich die bei der Berechnung der Höhe des Grundbetrags der Geldbuße zu berücksichtigenden Einnahmen betreffen und nicht die geografischen Grenzen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, um die es hier geht.

259    Der zweite Teil und folglich der vorliegende Klagegrund sind somit zurückzuweisen.

3.      Dritter Klagegrund: Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen, an denen die Klägerinnen beteiligt waren, und der Schlussfolgerung, dass diese Verhaltensweisen ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung oder ihre Kenntnis davon bewiesen

260    Der vorliegende Klagegrund wird aus Fehlern und einer Nachlässigkeit bei der Beurteilung der Verhaltensweisen hergeleitet, an denen die Klägerinnen beteiligt gewesen sein sollen. Dieser Klagegrund besteht aus zehn Teilen, mit denen erstens Fehler bei der Beurteilung des globalen Charakters der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, zweitens Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen, die der bilateralen Allianz mit Lufthansa zuzurechnen sind, drittens Fehler bei der Beurteilung des E‑Mail-Austauschs von Dezember 1999 im Rahmen der Star Cargo-Allianz, viertens Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen, die der WOW-Allianz zuzurechnen sind, fünftens Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung von Vereinbarungen über Kapazitätsreservierungen in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, sechstens Fehler bei der Beurteilung von Kontakten in Drittländern, siebtens Fehler bei der Beurteilung der Spekulationen anderer Transportunternehmen hinsichtlich des Verhaltens der Klägerinnen, achtens Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung lokaler und disparater Ereignisse in einigen Ländern in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, neuntens Fehler bei der Beurteilung der Kenntnis der Klägerinnen vom Verhalten der anderen beschuldigten Transportunternehmen und zehntens Fehler bei der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Indizienbündels geltend gemacht werden.

261    Im vorliegenden Fall hält es das Gericht für angebracht, zunächst den ersten bis vierten Teil des vorliegenden Klagegrundes, sodann den achten Teil des vorliegenden Klagegrundes und schließlich den fünften, sechsten, siebten, neunten und zehnten Teil des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen.

a)      Erster Teil: Mehrere Rechtsverletzungen bei der Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung von weltweiter Tragweite

262    Im Rahmen des vorliegenden Teils machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe bei der Feststellung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung von weltweiter Tragweite mehrere Rechtsverletzungen begangen. Zur Stützung dieses Teils erheben sie drei Rügen. Diese Rügen werden erstens aus einer Verletzung der Begründungspflicht und falschen Feststellungen in Bezug auf den globalen Charakter der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, zweitens aus falschen Feststellungen in Bezug auf den einheitlichen Charakter der in Rede stehenden Zuwiderhandlung außerhalb des „Kerns“ bzw. des „kleineren Kreises“ des streitigen Kartells und drittens aus falschen Feststellungen in Bezug auf den fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung hergeleitet.

1)      Erste Rüge: Verletzung der Begründungspflicht und falsche Feststellungen in Bezug auf den globalen Charakter der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

263    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie zu dem Schluss gelangt sei, dass die in Rn. 4 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Verhaltensweisen weltweite Tragweite hätten.

264    Zunächst sei die Schlussfolgerung in Art. 1 des angefochtenen Beschlusses, wonach die fraglichen Verhaltensweisen Teil einer weltweiten Zuwiderhandlung seien, mit der Tatsache unvereinbar, dass einige Länder, wie die Kommission anerkannt habe, nicht von der Zuwiderhandlung erfasst seien, und stelle daher einen Verstoß gegen Art. 296 AEUV dar.

265    Sodann bedeute die bloße Tatsache, dass der Treibstoff- und der Sicherheitsaufschlag übliche Bestandteile des Frachtpreises seien, nicht, dass das fragliche Verhalten diese Aufschläge ausnahmslos in allen Ländern berührt habe. Die Kommission könne aus einem Verhalten, das eine begrenzte Zahl von Strecken betreffe, nicht das Bestehen eines weltweiten Kartells ableiten, ohne über Anhaltspunkte für Verhaltensweisen zu verfügen, die alle anderen Strecken beträfen. Die Klägerinnen beanstanden insoweit die Schlussfolgerung im 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach es sich bei den Aufschlägen um allgemein anwendbare Maßnahmen handle, die nicht spezifisch für eine Strecke seien.

266    Schließlich beweise die bloße Tatsache, dass Transportunternehmen möglicherweise mit anderen Transportunternehmen Kapazitätsvereinbarungen geschlossen hätten, wodurch ihr Netz über die von ihnen selbst bedienten Strecken hinaus ausgebaut worden sei, entgegen dem Wortlaut des 890. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht, dass sie sich an rechtswidrigen Verhaltensweisen auf allen Strecken weltweit und insbesondere in zahlreichen Ländern beteiligt hätten, die keine Mitgliedstaaten seien.

267    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

268    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu beachten, dass die Kommission im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht das Vorliegen einer Zuwiderhandlung mit weltweiter Dimension festgestellt hat. Der Verweis auf die Abstimmung des Verhaltens der beschuldigten Transportunternehmen „bei der Festsetzung von Preisen für die weltweite Erbringung von [Fracht‑]Diensten“ im einleitenden Satz von Art. 1 dieses Beschlusses ist nur eine Feststellung von Tatsachen, die die Kommission in den Abs. 1 bis 4 desselben Artikels als Zuwiderhandlung gegen die geltenden Wettbewerbsregeln auf Strecken eingestuft hat, in Bezug auf die sie der Ansicht gewesen ist, dass sie in den in Rede stehenden Zeitspannen in ihre Zuständigkeit fielen, nämlich die EWR-internen Strecken zwischen dem 7. Dezember 1999 und dem 14. Februar 2006 (Abs. 1), die Strecken Union-Drittländer zwischen dem 1. Mai 2004 und dem 14. Februar 2006 (Abs. 2), die Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer zwischen dem 19. Mai 2005 und dem 14. Februar 2006 (Abs. 3) sowie die Strecken Union-Schweiz zwischen dem 1. Juni 2002 und dem 14. Februar 2006 (Abs. 4).

269    Da der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses keinen Anlass zu Zweifeln bietet, fügt das Gericht somit lediglich ergänzend hinzu, dass die Gründe des angefochtenen Beschlusses die vorstehende Schlussfolgerung stützen. So verweisen diese Gründe zum einen auf eine Zuwiderhandlung gegen die geltenden Wettbewerbsregeln, deren geografische Tragweite auf bestimmte Streckentypen beschränkt ist (Erwägungsgründe 1146 und 1187), und zum anderen auf ein „weltweites Kartell“ (Erwägungsgründe 74, 112, 832 und 1300), ein Kartell mit „globalem Charakter“ (887. Erwägungsgrund) bzw. ein Kartell, „das weltweit umgesetzt worden ist“ (1046. Erwägungsgrund).

270    Der 1210. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weicht zwar insofern von der Regel ab, als er auf „die geografische Tragweite der Zuwiderhandlung [Bezug nimmt, die] weltweit [war]“. Festzustellen ist jedoch, dass mit dem Kontext, in den sich diese einzelne Bezugnahme auf eine weltweite Zuwiderhandlung einfügt, nachgewiesen werden soll, dass es sich um ein einfaches Redaktionsversehen handelt, und „die geografische Tragweite des [streitigen] Kartells war weltweit“ zu lesen ist. Auf die Bezugnahme folgen nämlich die nachstehenden Sätze:

„Für die Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung bedeutet dies, dass sich das [streitige] Kartell über den gesamten EWR und die Schweiz erstreckte. Das schließt Frachtdienste … auf Strecken in beide Richtungen zwischen Flughäfen im EWR, zwischen Flughäfen in der Union und Flughäfen außerhalb des EWR, zwischen Flughäfen in der Union und Flughäfen in der Schweiz sowie zwischen Flughäfen im Hoheitsgebiet von EWR-Vertragsparteien, die keine Mitgliedstaaten sind, und Flughäfen in Drittländern mit ein.“

271    Dementsprechend spiegelt die Feststellung im Zusammenhang mit der Abstimmung der Preise für die weltweite Erbringung von Frachtdiensten – weit davon entfernt, im Widerspruch zur Begründung des angefochtenen Beschlusses zu stehen – den Standpunkt wider, den die Kommission in diesem Beschluss in Bezug auf die geografische Tragweite des streitigen Kartells immer wieder zum Ausdruck gebracht hat.

272    Das Vorbringen der Klägerinnen kann die vorstehende Schlussfolgerung nicht in Frage stellen.

273    Da sie sich nicht auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses, sondern auf die festgestellten Unterschiede zwischen diesem und der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützen und daraus ableiten, dass bestimmte Länder nicht von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung erfasst seien, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, eventuelle Unterschiede ihrer endgültigen Beurteilung gegenüber ihrer vorläufigen Beurteilung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erläutern (Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 96). Unter diesen Umständen kann das Schweigen der Kommission zu solchen Unterschieden im angefochtenen Beschluss nicht wie ein stillschweigender Verzicht auf die Einstufung des streitigen Kartells als weltweit ausgelegt werden. Der Umstand, dass bestimmte Länder weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch im angefochtenen Beschluss erwähnt werden, widerspricht nicht der in den Gründen des angefochtenen Beschlusses getroffenen Feststellung des globalen Charakters des streitigen Kartells. Da die Kommission im angefochtenen Beschluss auf den globalen Charakter des streitigen Kartells Bezug genommen hat, durfte sie nämlich die ausdrückliche Erwähnung jedes einzelnen betroffenen Landes aussparen, ohne dass diese Weglassung geeignet wäre, dem Verständnis der Gründe des Beschlusses zu schaden.

274    Zum anderen berufen sich die Klägerinnen auf den 1375. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem die Kommission festgestellt hat, dass die Aussagen eines anderen beschuldigten Transportunternehmens im Rahmen des Verfahrens zur Sanktionsmilderung keinen erheblichen Mehrwert hätten, weil sie Ereignisse beträfen, die sich in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) abgespielt hätten und nicht Teil des vorliegenden Beschlusses seien.

275    Die fraglichen Beurteilungen finden sich in Nr. 8.6 des angefochtenen Beschlusses, der sich auf die Anwendung des Verfahrens zur Sanktionsmilderung bezieht, und liegen der Bestimmung des Satzes der Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße zugrunde, die nach Auffassung der Kommission zugunsten eines beschuldigten Transportunternehmens zu gewähren war.

276    Selbst wenn unterstellt wird, dass diese Beurteilungen – den Klägerinnen folgend – wie eine Feststellung verstanden werden müssen, dass die Verhaltensweisen, die in Dubai an den Tag gelegt und in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden sind, nicht vom streitigen Kartell erfasst werden, steht dies als solches nicht im Widerspruch zur Feststellung eines Kartells von weltweiter Tragweite.

277    Im 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission nämlich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Aufschlägen um „allgemein anwendbare Maßnahmen“ handle, die „auf allen Strecken weltweit angewandt werden sollten“, und dass Gleiches für die Verweigerung der Zahlung von Provisionen gelte, die ebenfalls „allgemeinen Charakter“ aufweise. Sie hat ausgeführt, dass die Einführung der Aufschläge im Rahmen eines Systems auf mehreren Ebenen – zentral und lokal – erfolge, das in den Erwägungsgründen 107, 1046 und 1300 des angefochtenen Beschlusses beschrieben wird. Unter diesen Umständen widerspricht der Ausschluss eines lokalen Verhaltens vom Geltungsbereich des streitigen Kartells nicht dessen globaler Ausrichtung.

278    In Anbetracht des Vorstehenden ist das Vorliegen einer sich aus vermeintlichen inneren Widersprüchen des angefochtenen Beschlusses ergebenden Verletzung der Begründungspflicht auszuschließen.

279    Als Zweites ist in Bezug auf die allgemeine Anwendbarkeit der Aufschläge und der Verweigerung der Zahlung von Provisionen zu beachten, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss auf zahlreiche erwähnte Beweismittel hingewiesen hat, hinsichtlich derer die Klägerinnen im vorliegenden Teil die Erklärung schuldig bleiben, inwiefern sie nicht hinreichend schlüssig sein sollen.

280    Diese Beweismittel, von denen mehrere in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses beispielhaft angeführt werden, belegen jedoch hinreichend die Schlussfolgerung der Kommission im Zusammenhang mit der allgemeinen Anwendbarkeit der Aufschläge „auf alle Strecken weltweit“. So ist in Bezug auf den Treibstoffaufschlag u. a. festzuhalten, dass der 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine interne E‑Mail von Swiss verweist, in der es heißt, dass AF „auf globaler Ebene einen Treibstoffaufschlag von 0,10 Euro/0,10 USD pro kg erheben wird“, dass KLM „genau das Gleiche tun wird“ und dass Lufthansa „in die gleiche Richtung geht, diesen Punkt zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber noch nicht bestätigt hat“. Auch im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist von einem E‑Mail-Austausch zwischen Lufthansa und Japan Airlines vom 27. September 2000 die Rede, in dem es heißt, dass Lufthansa Cargo die Erhebung eines bestimmten Treibstoffaufschlags „auf globaler Ebene“ plane, während im 210. Erwägungsgrund des Beschlusses auf die Kronzeugenaussage von Martinair verwiesen wird, wonach sich diese mit mehreren Transportunternehmen über die Einführung eines weltweiten Treibstoffaufschlags ausgetauscht habe.

281    Desgleichen ist in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses von Ankündigungen über eine Erhöhung bzw. Verringerung des Treibstoff- bzw. Sicherheitsaufschlags die Rede, die „auf eine weltweite Erhebung dieser Aufschläge Bezug nahmen, die sich nicht auf eine bestimmte Strecke beschränkte“.

282    In Bezug auf den Sicherheitsaufschlag ist festzustellen, dass die Kommission im 608. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine E‑Mail erwähnt hat, in der British Airways Lufthansa mitteilt, weltweit eine „außerordentliche Bearbeitungsgebühr“ einführen zu wollen. Ebenso hat die Kommission im 666. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf das Protokoll einer Sitzung des Exekutivausschusses des Frachtenunterausschusses des BAR in Hong Kong vom 30. März 2004 Bezug genommen. Aus diesem Protokoll geht hervor, dass die Höhe des Sicherheitsaufschlags ab Hong Kong auf das „weltweite Bezugselement“ gestützt werde.

283    Was die Verweigerung der Zahlung von Provisionen angeht, so hat die Kommission in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses zwar kein spezifisches Beispiel für Beweismittel angeführt, die ihre allgemeine Anwendbarkeit „auf alle Strecken weltweit“ belegen sollen.

284    Zum einen ist jedoch festzustellen, dass die Aufschläge allgemein „auf alle Strecken weltweit“ anwendbar waren und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen es deshalb vermutlich auch war. Im 879. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission nämlich zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verweigerung der Zahlung von Provisionen die beiden anderen Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insoweit ergänze, als sie es „ermöglicht [habe], die Aufschläge dem Wettbewerb im Zusammenhang mit der Aushandlung von Provisionen (in Wirklichkeit Nachlässen auf die Aufschläge) mit den Kunden zu entziehen“.

285    Zum anderen ist hervorzuheben, dass die Kommission – an anderer Stelle als in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses – Beweismittel angeführt hat, mit denen die Anwendbarkeit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen „auf alle Strecken weltweit“ belegt werden sollte. So hat die Kommission im 679. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine interne E‑Mail betreffend die Verweigerung der Zahlung von Provisionen hingewiesen, in der der Hauptverantwortliche für Fracht von Swiss seine Regionaldirektoren gebeten hat, „immer dann an den örtlichen Treffen des BAR teilzunehmen, wenn dies relevant [erschien]“. Desgleichen hat die Kommission im 683. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ein internes Memorandum an die Verkaufsdirektoren für Fracht von CPA erwähnt, in dem es heißt, dass, „C[PA], solange die örtlichen Gegebenheiten es erlauben, einen gemeinsamen Ansatz und eine gemeinsame Antwort auf die Frage [der Ersuchen um Provisionen auf die Aufschläge] wählen sollte“ und „somit in Betracht ziehen sollte, der Ablehnung eines solchen Ersuchens oder einer solchen Provisionsforderung sowie allen anderen damit zusammenhängenden Maßnahmen, die von Ihren Verbänden lokaler [Transportunternehmen] koordiniert werden können, zu folgen“.

286    Die Kommission hat im Übrigen Beweise zum Nachweis dafür beigebracht, dass eine solche Abstimmung in zahlreichen Ländern weltweit erfolgt war, darunter Hong Kong (503. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), die Schweiz (692. Erwägungsgrund dieses Beschlusses), Italien (Erwägungsgründe 694 bis 698 des genannten Beschlusses), Frankreich (699. Erwägungsgrund des Beschlusses), Spanien (700. Erwägungsgrund desselben Beschlusses), Indien (701. Erwägungsgrund des in Rede stehenden Beschlusses) und die Vereinigten Staaten (702. Erwägungsgrund des fraglichen Beschlusses).

287    Die Behauptung der Klägerinnen, dass die Kommission mittels unbelegter Prognosen auf den allgemeinen Charakter der oben in Rn. 277 wiedergegebenen Feststellung geschlossen habe, beruht auf dem Vorbringen, dass es um lokale Verhaltensweisen gegangen sei, die von örtlichen Rechtsvorschriften abhingen. Allerdings hat die Kommission, wie die Klägerinnen im Übrigen einräumen, in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses klargestellt, dass die Erhebung der Aufschläge im Rahmen eines Systems auf mehreren Ebenen erfolgt sei und dass ihre Höhe „infolge der lokalen Marktbedingungen bzw. örtlicher Rechtsvorschriften“ habe variieren können und gesondert erörtert worden sei. Daraus geht hervor, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht behaupten wollte, dass die Aufschlagssätze auf sämtlichen Strecken weltweit einheitlich angewandt wurden.

288    Was sodann das angebliche Fehlen eines Zusammenhangs zwischen diesen lokalen Verhaltensweisen und einem Kartell von größerer Tragweite betrifft, so ist hervorzuheben, dass sich die Klägerinnen irren. Im 832. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission darauf hingewiesen, dass das streitige Kartell „auf einer globalen Basis funktionierte“. Sie hat erläutert, dass es auf einem komplexen Netzwerk von – hauptsächlich bilateralen – Kontakten an verschiedenen Orten in der Welt und auf unterschiedlichen Ebenen innerhalb der betreffenden Unternehmen beruht habe (Erwägungsgründe 109 und 1300 dieses Beschlusses). Die „Absprachen des [streitigen] Kartells [seien] in zahlreichen Fällen auf zentraler Ebene getroffen“ und vom örtlichen Personal lediglich angewandt worden (1046. Erwägungsgrund des erwähnten Beschlusses). Es sei, so die Kommission, darum gegangen, dem örtlichen Personal zu ermöglichen, die allgemein „auf alle Strecken weltweit“ anwendbaren Maßnahmen – d. h. die Aufschläge und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen – an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen (Erwägungsgründe 876, 889 und 890 sowie Fn. 1323 des Beschlusses).

289    Zum einen erhielt das örtliche Personal Anweisungen von seiner Hauptverwaltung betreffend die Erhebung der Aufschläge und erstattete ihr Bericht (vgl. Erwägungsgründe 171, 226, 233, 284, 381, 584 und 594). Es war im Übrigen an die auf der Ebene der Hauptverwaltungen getroffenen Entscheidungen gebunden. So ist im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses von einer internen E‑Mail die Rede, in der ein Mitarbeiter von Qantas darauf hingewiesen hat, dass nahezu alle Transportunternehmen in Hong Kong ihre Absicht kundgetan hätten, CPA zu folgen, Qantas und mehrere andere beschuldigte Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen, aber mitgeteilt hätten, dass sie von ihrer Zentralverwaltung Anweisungen einholen müssten, bevor sie es diesen gleich tun könnten. Im 295. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird auf das Protokoll der Sitzung des Frachtenunterausschusses des BAR vom 23. Januar 2003 in Singapur Bezug genommen, in dem es heißt, dass die „Mitglieder-Transportunternehmen die Erhöhung des Treibstoffindex kommentiert haben, von ihrer Hauptverwaltung aber keine Anweisungen erhalten haben, die sie zur Erhöhung des Treibstoffaufschlags bewogen hätten“. Desgleichen wird im 414. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine E‑Mail des lokalen Managers von CPA in Belgien Bezug genommen, aus der hervorgeht, dass SAC „anfänglich behauptet [hat], dass sie den Treibstoffaufschlag [ebenfalls zum 1. Oktober 2004 erhöhen werde], ihre Zentralverwaltung sie in der Folge aber darauf hingewiesen [habe], dass sie als Datum den 4. Oktober [2004] wählen [solle]“, der zuvor Gegenstand mehrerer früherer Kontakte auf der Ebene der Hauptverwaltungen gewesen war (Erwägungsgründe 406, 410 und 411).

290    Zum anderen geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die Abstimmung auf lokaler Ebene oftmals unmittelbar auf Ankündigungen auf der Ebene der Hauptverwaltungen folgte. Zur Veranschaulichung: Im Anschluss an die Ankündigung von Lufthansa im Zusammenhang mit der Einführung des Treibstoffaufschlags am 28. Dezember 1999 (138. Erwägungsgrund) ist die Frage am 10., 13. und 19. Januar 2000 in Hong Kong (Erwägungsgründe 147 bis 149) und im selben Monat in Indien (Erwägungsgründe 151 und 152) behandelt worden. Gleiches gilt für die Ankündigung von Lufthansa vom 17. Februar 2003 (274. Erwägungsgrund), auf die am selben Tag Kontakte in Kanada (291. Erwägungsgrund) und in Thailand (298. Erwägungsgrund) sowie am Tag darauf in Singapur (296. Erwägungsgrund) folgten. Dies ist auch der Fall bei der Ankündigung von Lufthansa vom 21. September 2004 (Erwägungsgründe 409 bis 411), auf die am selben Tag Kontakte in Hong Kong (431. Erwägungsgrund) sowie am 23. und 24. September 2004 in der Schweiz (Erwägungsgründe 426 und 427) folgten.

291    Die Klägerinnen antworten mit Verweis auf ihre an anderer Stelle im vorliegenden Klagegrund entwickelte Argumentation, mit der sie ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bestreiten. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich die Feststellung des Vorliegens und Umfangs einer einheitlichen Zuwiderhandlung von der Frage unterscheidet, ob die Verantwortung für diese Zuwiderhandlung ganz oder teilweise einem Unternehmen zugerechnet werden kann. Da die Klägerinnen nicht erläutern, inwiefern mit dem Vortrag, wonach sie sich nicht an der einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hätten, auch nachgewiesen werden soll, dass die Feststellung einer Organisation auf mehreren Ebenen innerhalb des streitigen Kartells falsch ist, muss der Verweis auf die vorstehende Argumentation demnach als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

292    Als Drittes genügt in Bezug auf die im 890. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung, dass die Transportunternehmen die Möglichkeit gehabt hätten, Kapazitätsvereinbarungen zu schließen, der Hinweis, dass diese Feststellung nicht den Zweck hat, den ihr die Klägerinnen zuschreiben. Sowohl aus dem Wortlaut des Erwägungsgrundes als auch aus seinem Ziel und dem Kontext, in den er sich einfügt, geht hervor, dass er nicht die Verantwortlichkeit der verschiedenen beschuldigten Transportunternehmen für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, sondern deren Vorliegen betrifft, das die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils nicht bestreiten. Er nimmt nämlich ausdrücklich auf das „Vorliegen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung“ Bezug. In den Erwägungsgründen 112 und 885 bis 887 des angefochtenen Beschlusses wird wiederum darauf hingewiesen, dass es für die Kommission darum ging, nachzuweisen, dass die Kontakte in Drittländern und Kontakte betreffend Strecken, die die beschuldigten Transportunternehmen weder bedienten noch unmittelbar bedienen konnten, für die Feststellung des Vorliegens der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung oder eines Kartells mit weltweiter Dimension relevant waren.

293    Die Kritik der Klägerinnen ist jedenfalls zurückzuweisen, soweit sie sich ausschließlich auf den Umstand stützt, dass von bestimmten Wettbewerbsbehörden in Drittländern nicht festgestellt worden sei, dass die Klägerinnen die Möglichkeit gehabt hätten, Kapazitätsvereinbarungen auf Strecken mit Ankunft in ihren jeweiligen Ländern zu schließen. Wenn die Kommission das rechtswidrige Verhalten eines Unternehmens sogar dann ahndet, wenn dieses Verhalten seinen Ursprung in einem Kartell mit internationalem Charakter hat, wird sie nämlich zum Schutz des freien Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts tätig. Aufgrund des speziellen Charakters dieses auf Unionsebene geschützten Rechtsguts können die Beurteilungen, die die Kommission aufgrund ihrer einschlägigen Befugnisse vornimmt, erheblich von den Beurteilungen durch die Behörden von Drittstaaten abweichen (Urteile vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, EU:C:2006:431, Rn. 55, und vom 2. Februar 2012, Dow Chemical/Kommission, T‑77/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:47, Rn. 102). Im Übrigen gibt es weder einen völkerrechtlichen Grundsatz noch eine völkerrechtliche Vereinbarung, wonach die Kommission bei der Zurechnung eines rechtswidrigen Verhaltens nach dem Wettbewerbsrecht der Union verpflichtet sein könnte, Beurteilungen zu berücksichtigen, die die zuständigen Behörden eines Drittstaats im Bereich des Wettbewerbsrechts vorgenommen haben (Urteil vom 2. Februar 2012, Dow Chemical/Kommission, T‑77/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:47, Rn. 102).

294    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die vorliegende Rüge zurückzuweisen ist.

2)      Zweite Rüge: Falsche Feststellungen in Bezug auf die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung

295    Die Klägerinnen tragen vor, die sechs in den Erwägungsgründen 872 bis 884 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Faktoren (nämlich der einheitliche wettbewerbswidrige Zweck, die einheitliche Ware oder Dienstleistung, die beteiligten Unternehmen, die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung, die gleichzeitig erörterten Elemente und die Beteiligung an den Elementen der Zuwiderhandlung) reichten nicht aus, um außerhalb des „Kerns“ bzw. des „kleineren Kreises“ des streitigen Kartells einen Zusammenhang zwischen allen in Rn. 4 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Verhaltensweisen herzustellen.

296    Ein Verstoß gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgesehene grundsätzliche Verbot kann sich nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

297    Bei der Beurteilung der Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung und des Bestehens eines Gesamtplans kommt der Tatsache, dass sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen, entscheidende Bedeutung zu. Bei dieser Beurteilung können die zumindest teilweise Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2013, Total Raffinage Marketing/Kommission, T‑566/08, EU:T:2013:423, Rn. 265 und 266 sowie die dort angeführte Rechtsprechung) ebenso wie die verschiedenen materiellen, geografischen und zeitlichen Überschneidungen zwischen den in Rede stehenden Handlungen und Verhaltensweisen relevant sein.

298    Dies ist u. a. der Fall bei der Identität der betroffenen Waren und Dienstleistungen, der Identität der Durchführungsmodalitäten, der Identität der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und der Identität des räumlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Praktiken (Urteil vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 60).

299    Nach der Rechtsprechung müssen diese Umstände Gegenstand einer Gesamtbetrachtung sein (Urteil vom 16. September 2013, Masco u. a./Kommission, T‑378/10, EU:T:2013:469, Rn. 58).

300    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 872 bis 883 des angefochtenen Beschlusses sechs Faktoren herangezogen, um den Schluss zu ziehen, dass die streitigen Verhaltensweisen Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung seien. Es geht erstens um das Vorliegen eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Zwecks (Erwägungsgründe 872 bis 876), zweitens die Tatsache, dass sich diese Verhaltensweisen auf dieselbe Dienstleistung bezogen (877. Erwägungsgrund), drittens die Identität der an den verschiedenen in Rede stehenden Handlungen beteiligten Unternehmen (878. Erwägungsgrund), viertens die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung (879. Erwägungsgrund), fünftens den Umstand, dass die Erörterungen, an denen die beschuldigten Transportunternehmen teilgenommen haben, gleichzeitig stattgefunden hatten (880. Erwägungsgrund) und sechstens die Beteiligung der meisten beschuldigten Transportunternehmen an den drei Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung (Erwägungsgründe 881 bis 883).

301    Im 900. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission zu diesen Faktoren den Umstand hinzugefügt, dass dieselben Personen an den verschiedenen in Rede stehenden Handlungen beteiligt gewesen sein sollen.

302    Als Erstes geht in Bezug auf das Vorliegen eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Zwecks aus dem 872. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass dieser Zweck für die beschuldigten Transportunternehmen darin bestand, „den Wettbewerb im Luftfrachtsektor innerhalb des EWR dadurch zu behindern, dass sie ihr Verhalten bei der Festsetzung von Preisen für die Erbringung von Luftfrachtdiensten untereinander abstimmten und insbesondere den Wettbewerb in Bezug auf die Erhebung, die Höhe und das Timing des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags sowie in Bezug auf die [Verweigerung der Zahlung von Provisionen] unterdrückten“.

303    Im Rahmen der vorliegenden Rüge treten die Klägerinnen dieser Beurteilung nur teilweise entgegen. Sie machen geltend, die Kontakte in Drittländern hätten allein dem Zweck gedient, den beschuldigten Transportunternehmen die Einhaltung der örtlichen Rechtsvorschriften zu ermöglichen. Außerdem seien im Rahmen zulässiger Kooperationsvereinbarungen wie beispielsweise der bilateralen Allianz mit Lufthansa, der WOW-Allianz oder der Star Cargo-Allianz weitere Verhaltensweisen erörtert worden.

304    Festzuhalten ist, dass die Klägerinnen keine Beweise zur Stützung ihrer Einwendung vorlegen und sich im Wesentlichen darauf beschränken, allgemein auf ihre an anderer Stelle im vorliegenden Klagegrund entwickelte Argumentation zu verweisen, mit der sie ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bestreiten. Diese Argumentation soll im Rahmen der Prüfung der anderen Teile des vorliegenden Klagegrundes analysiert werden.

305    Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, es gebe keinen Weltmarkt für alle Frachtdienste, sondern eine Vielzahl relevanter Märkte.

306    Insoweit ist zu bemerken, dass im Rahmen der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der relevante Markt zu definieren ist, um zu bestimmen, ob eine Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt. In einer Entscheidung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV muss die Kommission den relevanten Markt daher nur dann abgrenzen, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt (vgl. Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung).

307    Im vorliegenden Fall behaupten die Klägerinnen nicht, dass nicht bestimmt werden könne, ob die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecke und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sei, wenn nicht zuvor der relevante Markt definiert werde.

308    Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der relevante Markt definiert werden musste, um zu bestimmen, ob die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet war. Somit hat die Kommission im 74. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass sie nicht zur Abgrenzung dieses Marktes verpflichtet sei, und sich demnach einer solchen Abgrenzung enthalten.

309    Im 877. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission gleichwohl auch zutreffend festgestellt, dass sich die „Absprachen auf die Erbringung von Luftfrachtdiensten und deren Preise [bezogen]“, und auf eine „einheitliche Ware/Dienstleistung“ Bezug genommen.

310    Bei Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV wie derjenigen, um die es im vorliegenden Fall geht, werden die relevanten Märkte nämlich durch die Kartellvereinbarungen und ‑aktivitäten bestimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung).

311    Wie oben in den Rn. 205 und 288 festgestellt worden ist, hat die Kommission den Schluss gezogen, dass es sich bei den Aufschlägen um allgemein anwendbare Maßnahmen handle, die „auf alle Strecken weltweit“ angewandt werden sollten, und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen „ebenfalls allgemeinen Charakter [aufweise]“.

312    Folglich haben die Mitglieder des streitigen Kartells die Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand ihrer Erörterungen und abgestimmten Verhaltensweisen gewesen sind, selbst bestimmt, indem sie die Frachtdienste unabhängig von ihrem Ausgangs- oder Herkunftsort unterschiedslos in ihre Erörterungen einbezogen haben, und sei es nur, um Anpassungen an die örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen (Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses).

313    Somit durfte die Kommission die Erbringung von Frachtdiensten, so wie sie sie in den Erwägungsgründen 14 bis 18 des angefochtenen Beschlusses beschrieben hat, als „einheitliche Dienstleistung“ einstufen.

314    Als Drittes tragen die Klägerinnen vor, außerhalb der Kontakte innerhalb des „kleineren Kreises“ des streitigen Kartells betreffe die Mehrzahl der streitigen Verhaltensweisen sehr unterschiedliche Unternehmen. Sie führen als Beispiel die im angefochtenen Beschluss erwähnten Kontakte in Hong Kong an, an denen rund 50 Unternehmen beteiligt gewesen sein sollen, von denen aber angeblich nur 14 für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen worden sind.

315    Aus dem 878. Erwägungsgrund und den Erwägungsgründen 881 bis 883 des angefochtenen Beschlusses geht insoweit hervor, dass die Kommission eine wesentliche Überschneidung zwischen den Unternehmen festgestellt hat, die sich an den verschiedenen Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt haben. Denn einerseits sollen alle beschuldigten Transportunternehmen an dem Bestandteil teilgenommen haben, der sich auf den Treibstoffaufschlag bezieht, und andererseits sind angeblich nahezu alle beschuldigten Transportunternehmen an den beiden anderen Bestandteilen beteiligt gewesen.

316    Das Beispiel der Kontakte in Hong Kong ist nicht geeignet, die vorstehende Feststellung umzukehren, da die fehlende Beteiligung einiger beschuldigter Transportunternehmen an diesen Kontakten nicht im Widerspruch zur Feststellung ihrer Beteiligung an den drei Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung oder an mehreren von ihnen steht. Zu dem Argument, wonach die Anzahl der an den Kontakten beteiligten Transportunternehmen – über die beschuldigten Transportunternehmen hinaus – von der Vielfalt der Teilnehmer an den streitigen Handlungen zeuge, ist zu sagen, dass die Identität der an den verschiedenen streitigen Handlungen beteiligten Unternehmen, wie aus der oben in den Rn. 297 und 298 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, keine unabdingbare Voraussetzung für die Einstufung dieser Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, sondern nur ein Indiz ist, das die Kommission, neben anderen, im Rahmen der Feststellung des Vorliegens eines Gesamtplans zu berücksichtigen hat (vgl. Urteil vom 16. September 2013, Masco u. a./Kommission, T‑378/10, EU:T:2013:469, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem ist – der Kommission folgend – zu beachten, dass dieses Argument nicht ausschließt, dass die in Rede stehenden Handlungen der beschuldigten Transportunternehmen dazu dienen sollten, die auf der Ebene der Hauptverwaltungen im Rahmen des in den Erwägungsgründen 107, 1046 und 1300 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen mehrstufigen Systems getroffenen Entscheidungen auf lokaler Ebene umzusetzen.

317    Als Viertes werfen die Klägerinnen der Kommission im Wesentlichen vor, bei der Art der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung die Besonderheiten der Koordinierungen außer Acht gelassen zu haben, die durch den örtlichen Regelungskontext erforderlich geworden sein oder sich in den Rahmen zulässiger Allianzen eingefügt haben sollen. Damit wiederholen die Klägerinnen lediglich das Vorbringen, das sie bereits zur Stützung ihrer Kritik am Vorliegen eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Zwecks angeführt haben. Es ist daher aus den gleichen Gründen zurückzuweisen.

318    Die Klägerinnen machen weiter geltend, die Verweigerung der Zahlung von Provisionen unterscheide sich dadurch von den anderen Bestandteilen der einheitlichen Zuwiderhandlung, dass sie sich aus einem öffentlichen Dissens zwischen den Transportunternehmen und den Spediteuren über die Auslegung von Standardklauseln ergeben habe – anders als „die geheime Koordinierung des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags durch eine Handvoll Transportunternehmen“.

319    Aus den Erwägungsgründen 675 bis 702 des angefochtenen Beschlusses geht insoweit zwar hervor, dass die Frage der Zahlung von Provisionen auf die Aufschläge Gegenstand unterschiedlicher rechtlicher Auslegungen durch die Transportunternehmen und die Spediteure war. Dieser Dissens bezog sich u. a. auf die Auslegung bestimmter Standardklauseln, die eine Verpflichtung zur Zahlung von Provisionen verankern sollten. Die beschuldigten Transportunternehmen haben jedoch nicht lediglich einen gemeinsamen Standpunkt dazu festgelegt, um ihn vor den zuständigen Gerichten in koordinierter Weise zu verteidigen oder sich bei den Behörden und anderen Berufsverbänden gemeinsam dafür stark zu machen. Die Transportunternehmen haben sich im Gegenteil untereinander abgestimmt und sich – auf einer multilateralen Ebene – darüber verständigt, keine Verhandlungen mit den Spediteuren über die Zahlung von Provisionen zu führen und ihnen keine Nachlässe auf die Aufschläge zu gewähren. So hat die Kommission im 695. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine E‑Mail vom 19. Mai 2005 verwiesen, in der ein regionaler Manager von Swiss in Italien darauf hinweist, dass „alle [Teilnehmer einer am 12. Mai 2005 abgehaltenen Sitzung ihren] Willen bestätigt [haben], keine Vergütung für den Treibstoff-/Sicherheitsaufschlag zu akzeptieren“. Im 696. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist von einer E‑Mail vom 14. Juli 2005 die Rede, in der CPA darauf hinweist, dass „alle [Teilnehmer einer am Vortag abgehaltenen Sitzung] ihre feste Absicht bekräftigt haben, keine Verhandlungen über [die Zahlung von Provisionen] zu akzeptieren“. Desgleichen hat sich die Kommission im 700. Erwägungsgrund desselben Beschlusses auf eine interne E‑Mail berufen, in der eine Mitarbeiterin von Cargolux ihre Zentralverwaltung über die Abhaltung einer Sitzung „mit allen am Flughafen von [Barcelona] tätigen [Transportunternehmen]“ informierte und darauf hinwies, dass „wir nach allgemeiner Meinung keine Provisionen auf die Aufschläge zahlen sollten“.

320    Aus dem angefochtenen Beschluss geht ferner hervor, dass mehrere Transportunternehmen – auf einer bilateralen Ebene – Informationen ausgetauscht haben, um sich wechselseitig ihrer Standhaftigkeit in der Frage der Verweigerung der Zahlung von Provisionen, die sie im Vorfeld vereinbart hatten, zu versichern. Zur Veranschaulichung: Der 688. Erwägungsgrund dieses Beschlusses beschreibt ein Telefongespräch vom 9. Februar 2006, in dessen Verlauf Lufthansa AF gefragt hat, ob ihr Standpunkt zur Verweigerung der Zahlung von Provisionen unverändert bleibe.

321    Folglich hat die Verweigerung der Zahlung von Provisionen mit dem öffentlichen Dissens rechtlicher Natur, auf den sich die Klägerinnen beziehen, nichts zu tun. Wie aus den Erwägungsgründen 874 und 899 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, war diese Verweigerung geeignet, die Abstimmung über die Aufschläge zu verstärken. Der Kommission zufolge bestand sie nämlich aus einer abgestimmten Weigerung, den Spediteuren Nachlässe auf die Aufschläge zu gewähren, und sollte den beschuldigten Transportunternehmen so ermöglichen, „die Preisunsicherheit, die der Wettbewerb auf dem Gebiet der Zahlung von Provisionen [im Rahmen der Verhandlungen mit den Spediteuren] hätte schaffen können, unter Kontrolle zu halten“ (874. Erwägungsgrund) und damit die Aufschläge dem Wettbewerb zu entziehen (879. Erwägungsgrund). Das Argument der Klägerinnen, das darin besteht, dem geheimen Charakter der Abstimmung über den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag den öffentlichen Charakter der Verweigerung der Zahlung von Provisionen entgegenzusetzen, ist somit in tatsächlicher Hinsicht unbegründet.

322    Daraus folgt, dass auch die von den Klägerinnen im Rahmen der Erwiderung beantragte prozessleitende Maßnahme zurückzuweisen ist, mit der zur Stützung des vorliegenden Arguments die Vorlage der Kronzeugenaussagen erreicht werden soll, die der Beschreibung eines angeblichen „harten Kerns“ im angefochtenen Beschluss zugrunde liegen sollen. Es ist nämlich nicht erforderlich, die dem Gericht vorliegenden Informationen zu ergänzen, um auf das Vorbringen entgegnen zu können, mit dem die Klägerinnen die Charakterisierung der Art der einheitlichen Zuwiderhandlung im angefochtenen Beschluss beanstanden (vgl. oben Rn. 126).

323    Als Fünftes machen die Klägerinnen geltend, sie seien von den Beispielen, die die Kommission im 880. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses für gleichzeitig erörterte Elemente der Zuwiderhandlung anführe, nicht betroffen. Diese Behauptung bezieht sich auf die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung und nicht auf das Vorliegen einer solchen Zuwiderhandlung. Folglich ist sie im Einklang mit den oben in Rn. 291 dargelegten Erwägungen im Rahmen der vorliegenden Rüge irrelevant.

324    Als Sechstes machen die Klägerinnen geltend, die Beteiligung der beschuldigten Transportunternehmen an einer oder mehreren der Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beweise als solche nicht, dass die Bestandteile miteinander zusammenhingen. Das vorstehende Argument geht ins Leere, da die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung nicht allein auf diesen Umstand, sondern auf eine Reihe von Indizien gestützt hat, die oben in Rn. 300 wiedergegeben worden sind und deren ausreichender Charakter von den Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Rüge nicht wirksam in Frage gestellt worden ist.

325    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die vorliegende Rüge zurückzuweisen ist.

3)      Dritte Rüge: Falsche Feststellungen in Bezug auf den fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung

326    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, den fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung nicht hinreichend belegt zu haben. So hätten die Mitglieder des streitigen Kartells nur an vereinzelten und sporadischen Verhaltensweisen mit lokaler oder regionaler Dimension teilgenommen.

327    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

328    Festzustellen ist, dass die Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Rüge lediglich ihre Argumentation zur geografischen Tragweite des streitigen Kartells wiederholen, die bereits im Rahmen der ersten Rüge des vorliegenden Teils geprüft und zurückgewiesen worden ist. Obwohl aus Rn. 4 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, dass die Kontakte, auf die sich die Kommission bei der Feststellung des Vorliegens der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gestützt hat, während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung stattgefunden und zur Verfolgung eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Zwecks beigetragen haben (vgl. oben Rn. 302 bis 304 sowie unten Rn. 439 und 467), begnügen sich die Klägerinnen außerdem mit einem allgemeinen Verweis auf den sporadischen und isolierten Charakter der streitigen Kontakte und nennen keinen Zeitraum, in dem die in Rede stehende einheitliche Zuwiderhandlung unterbrochen gewesen sein soll.

329    Folglich ist die vorliegende Rüge und damit der vorliegende Teil insgesamt zurückzuweisen.

b)      Zweiter Teil: Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen innerhalb der bilateralen Allianz mit Lufthansa

330    Im Rahmen des vorliegenden Teils stützen sich die Klägerinnen auf die Entscheidung 96/180/EG der Kommission vom 16. Januar 1996 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (IV/35.545 – LH/SAS) (ABl. 1996, L 54, S. 28, im Folgenden: Freistellung von 1996). Mit dieser Entscheidung sei die allgemeine Vereinbarung über eine Allianz, mit der sich Lufthansa und die Klägerinnen auf eine gemeinsame Preisgestaltungspolitik auf globaler Ebene und eine möglichst umfassende Integration ihrer Frachtdienste verständigt hätten, von dem in Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgestellten Verbot freigestellt worden. Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission hätte ihre in den Erwägungsgründen 223, 597, 618 bis 620 und 673 des angefochtenen Beschlusses erwähnten bilateralen Kontakte mit Lufthansa in Anbetracht dieser Freistellung bei dem ihnen zur Last gelegten Indizienbündel nicht berücksichtigen dürfen.

331    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

332    Wie sowohl aus den Erwägungsgründen 791 und 792 des angefochtenen Beschlusses als auch aus den Schriftsätzen der Kommission vor dem Gericht hervorgeht, sind die bilateralen Kontakte zwischen Lufthansa und den Klägerinnen diesen im Hinblick auf ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht entgegengehalten worden, da sie von der Freistellung von 1996 erfasst waren. Wie sich aus den Erwägungsgründen 24 und 28 dieser Freistellung ergibt, hatte die Allianz zwischen den Klägerinnen und Lufthansa einen breiten Anwendungsbereich, da „die Absicht [der Parteien darin bestand], auf globaler Ebene ein integriertes Transportsystem einschließlich … einer gemeinsamen Preisgestaltungspolitik zu schaffen“, und zwar insbesondere für Frachtdienste. Im Übrigen fielen die bilateralen Kontakte zwischen Lufthansa und den Klägerinnen im Bereich des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags unstreitig unter die freigestellte Allianz.

333    Um auf den vorliegenden Teil antworten zu können, ist daher zu prüfen, ob die in den Erwägungsgründen 223, 618 und 620 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte, wie aus den Fn. 1251 und 1258 dieses Beschlusses hervorgeht, zum Nachweis eines Verhaltens beitragen, das über den Anwendungsbereich der Freistellung von 1996 hinausgeht, weil in ihnen die Beteiligung der Klägerinnen an einer multilateralen Abstimmung innerhalb der WOW-Allianz oder – was den 673. Erwägungsgrund angeht – an wettbewerbswidrigen Kontakten mit anderen Wettbewerbern als Lufthansa zum Ausdruck kommt. Da sich die Kommission weder auf den Kontakt vom 2. Oktober 2001, auf den sich der 597. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bezieht, noch auf den im 619. Erwägungsgrund dieses Beschlusses erwähnten Kontakt vom 13. Januar 2003 stützt, um die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen, ist deren diesbezügliche Argumentation jedoch als ins Leere gehend zurückzuweisen und die Analyse auf die in den Erwägungsgründen 223, 618, 620 und 673 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte zu beschränken.

334    Als Erstes ist im 223. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses von einem internen E‑Mail-Austausch von Lufthansa vom 3. und 11. April 2002 die Rede. In diesem Austausch berichtet Lufthansa zum einen davon, dass sich SAC gegen die Wiedereinführung des Treibstoffaufschlags ausgesprochen habe, und zum anderen von der vergleichsweise kooperativen Haltung der Klägerinnen. Die Kommission vertritt im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung, dieses Element trage dazu bei, die Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an einer Abstimmung über den Treibstoffaufschlag innerhalb der WOW-Allianz zu untermauern.

335    Mit den Klägerinnen ist insoweit festzustellen, dass aus dem in Rede stehenden E‑Mail-Austausch nicht hervorgeht, dass die Klägerinnen in Bezug auf den Treibstoffaufschlag mit SAC in Kontakt gewesen sind. Darüber hinaus lässt sich daraus nicht ableiten, wie es die Kommission in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts tut, dass Lufthansa, als sie die Zusammenarbeit mit den Klägerinnen und mit SAC, die beide in der Tat Parteien der WOW-Allianz sind, miteinander verglichen hat, notwendigerweise auf die Kooperation der Klägerinnen im Rahmen dieser Allianz und nicht auf die Kooperation im Rahmen der Allianz Bezug genommen hat, die in den Genuss der Freistellung von 1996 gekommen ist.

336    Entgegen dem, was die Kommission in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts weiter vorzutragen scheint, ist die Entscheidung einer großen Zahl von Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen und Lufthansa, den Treibstoffaufschlag im April 2002 wiedereinzuführen (Erwägungsgründe 209 und 210 des angefochtenen Beschlusses), nicht geeignet, zu einer anderen Auslegung des E‑Mail-Austauschs zu führen, als sie oben in Rn. 335 gewählt worden ist. Zum einen gehören die Klägerinnen nicht zu den Transportunternehmen, die in den Erwägungsgründen 209 und 210 des angefochtenen Beschlusses als Teilnehmer einer Diskussion über den Treibstoffaufschlag und insbesondere über seine Wiedereinführung zu Beginn des Jahres 2002 erwähnt werden. Zum anderen lässt sich aus dem Umstand, dass auch die Klägerinnen den Treibstoffaufschlag im April 2002 wiedereingeführt haben, nicht ableiten, dass sie unmittelbar zuvor Kontakte mit Lufthansa gehabt hatten, die mehr beinhalteten als Kontakte – insbesondere mit SAC im Rahmen der WOW-Allianz –, die unter die Freistellung von 1996 fielen. Im Übrigen ist zu bemerken, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf die in den Erwägungsgründen 209 und 210 wiedergegebenen Elemente stützt, um die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen.

337    In Anbetracht des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die im 223. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Elemente die Beteiligung der Klägerinnen an der Abstimmung über den Treibstoffaufschlag innerhalb der WOW-Allianz nicht nachweisen, sondern lediglich das Bestehen von Kontakten zwischen den Klägerinnen und Lufthansa betreffend den Treibstoffaufschlag belegen. Unter Berücksichtigung der Art der Kontakte und der Anwendung der Freistellung von 1996 zum maßgeblichen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass diese Elemente keinerlei Beweiskraft haben.

338    Als Zweites ist in den Erwägungsgründen 618 und 620 des angefochtenen Beschlusses u. a. von mehreren zwischen Ende November 2002 und Anfang März 2003 versandten internen E‑Mails von Lufthansa die Rede, die sich auf die Höhe des in Hong Kong geltenden Sicherheitsaufschlags beziehen. Die Kommission vertritt im 792. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung, diese Elemente trügen zu der Feststellung bei, dass die Klägerinnen die Höhe des Sicherheitsaufschlags mit den Mitgliedern der WOW-Allianz abgestimmt hätten. Die Klägerinnen treten den Beurteilungen der Kommission betreffend zwei am 5. Dezember 2002 und am 5. März 2003 versandte E‑Mails entgegen.

339    Die erste E‑Mail vom 5. Dezember 2002 stammt vom Verantwortlichen von Lufthansa in Hong Kong und berichtet davon, dass die meisten Transportunternehmen anlässlich einer kürzlich abgehaltenen Sitzung des Frachtenunterausschusses des BAR angegeben hätten, CPA folgen und sich einem Antrag auf Genehmigung einer Verringerung des Sicherheitsaufschlags anschließen zu wollen. Dieser Verantwortliche bittet sein Gegenüber sodann darum, „mit seinen Kollegen, insbesondere bei [den Klägerinnen], [AF] und [Japan Airlines], zu sprechen, um zu sehen, ob sie ihren Standpunkt ändern und dem Beispiel von [Lufthansa], den Sicherheitsaufschlag nicht zu senken, folgen würden“, und „[SAC] und [KLM], die sich beide noch nicht entschieden [hätten], ob sie ihren Sicherheitsaufschlag ändern [wollten] oder nicht, davon zu überzeugen“, indem sie vorschlügen, das „im Rahmen der Sitzung der WOW[-Allianz] in der folgenden Woche“ zu tun (vgl. 618. Erwägungsgrund).

340    Aus dieser E‑Mail geht hervor, dass die Klägerinnen an der fraglichen Sitzung des Frachtenunterausschusses des BAR teilgenommen und die anderen Transportunternehmen bei dieser Gelegenheit über ihren Standpunkt zum Vorschlag einer Anpassung des Sicherheitsaufschlags in der Höhe in Kenntnis gesetzt haben, was sie vor dem Gericht im Übrigen nicht bestreiten. Folglich trägt das erwähnte Schriftstück zu der Feststellung bei, dass die Klägerinnen im Rahmen des Frachtenunterausschusses des BAR mit anderen Transportunternehmen als Lufthansa an einer Abstimmung über die Festsetzung der Höhe des Sicherheitsaufschlags in Hong Kong beteiligt waren. In diesem Zusammenhang ist der in derselben E‑Mail formulierte Vorschlag von Lufthansa, die Frage der Höhe des Sicherheitsaufschlags in Hong Kong auf der nächsten Sitzung der WOW-Allianz anzusprechen, über seinen klaren Wortlaut hinaus im Licht der multilateralen Kontakte zu verstehen, die während desselben Zeitraums zu dieser Frage stattgefunden und an denen sowohl Lufthansa als auch die Klägerinnen teilgenommen haben. Folglich hat die Kommission im 792. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fehlerfrei angenommen, dass die E‑Mail die Feststellung untermauerte, dass sich Mitglieder der WOW-Allianz untereinander über die Höhe des Sicherheitsaufschlags abgestimmt hatten.

341    Die Klägerinnen entgegnen zwar zu Recht, dass es weder einen Beweis dafür, dass die entsprechende Sitzung der WOW-Allianz tatsächlich stattgefunden hat, noch auch nur dafür gibt, dass Lufthansa den anderen Mitgliedern der Allianz einen Vorschlag in diesem Sinne unterbreitet hat. Dies kann die Kommission jedoch nicht daran hindern, die in Rede stehende E‑Mail als belastendes Beweismittel im Rahmen eines größeren Bündels von Indizien heranzuziehen. Dass Lufthansa dieses Thema anlässlich einer Sitzung der WOW-Allianz besprechen wollte, ist nämlich selbst ein Indiz dafür, dass die Frage der Höhe des Sicherheitsaufschlags zwischen den Mitgliedern der Allianz besprochen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2012, GDF Suez/Kommission, T‑370/09, EU:T:2012:333, Rn. 226).

342    Die zweite E‑Mail vom 5. März 2003 stammt vom Verantwortlichen von Lufthansa in Hong Kong und setzt dessen Gegenüber bei Lufthansa darüber in Kenntnis, dass „seine Bemühungen in Bezug auf den Sicherheitsaufschlag bei den Partnern der WOW[-Allianz]“ Früchte getragen hätten, wobei die letzten Informationen aufgeführt werden, die bei den Klägerinnen und SAC dazu eingegangen sind (620. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Der Verantwortliche stellt klar, dass die Klägerinnen die Genehmigung der Behörden von Hong Kong erhalten hätten und der Sicherheitsaufschlag mit Wirkung vom 14. März 2003 erhoben werde.

343    Aus diesem Schriftstück geht hervor, dass Lufthansa in Bezug auf den für Hong Kong geltenden Sicherheitsaufschlag Kontakt mit SAC und den Klägerinnen aufgenommen hat und die Kontakte in den Rahmen der WOW-Allianz einbetten wollte.

344    Freilich ist zu bemerken, dass die konkreten Modalitäten dieser Kontaktaufnahme – insbesondere hinsichtlich ihrer etwaigen Multilateralität – nicht präzisiert werden. Der Nachweis des Vorliegens der Zuwiderhandlung setzt nach ständiger Rechtsprechung zwar voraus, dass die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringt. Nicht jeder der von der Kommission beigebrachten Beweise muss jedoch notwendigerweise diesem Kriterium in Bezug auf jedes Element der Zuwiderhandlung genügen. Auch wenn die in Rede stehende E‑Mail als solche nicht beweist, dass die Klägerinnen im Rahmen der WOW-Allianz an einem multilateralen Kontakt mit SAC und Lufthansa beteiligt waren, wird im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung) folglich gleichwohl zu prüfen sein, ob diese E‑Mail – zusammen mit anderen Elementen – ein Indizienbündel darstellen konnte, das der Kommission die Schlussfolgerung ermöglichte, dass dies der Fall sei.

345    Als Drittes ist im 673. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses von einer internen E‑Mail eines Mitarbeiters des Büros von Lufthansa in Tokio vom 30. Oktober 2001 die Rede, in der beklagt wird, dass sich Lufthansa „die Gelegenheit [habe] entgehen lassen“, indem sie nicht tätig geworden sei, um bei den japanischen Behörden rechtzeitig einen Antrag betreffend den Sicherheitsaufschlag zu stellen, was zur „Verwässerung“ der Allianz der ausländischen Transportunternehmen zur [Festsetzung des Sicherheitsaufschlags auf] 0,10-0,15 Euro pro [Kilo]“ und zur zwischenzeitlichen Einreichung eines Antrags über 500 bis 600 Japanische Yen pro Frachtbrief durch die „europäischen Schwergewichte“, nämlich AF, KLM, British Airways und die Klägerinnen, geführt habe. Im besagten Erwägungsgrund wird sodann davon berichtet, dass der Adressat der E‑Mail diese intern mit dem Hinweis weitergeleitet habe, dass er sich weiterhin dafür ausspreche, dass Lufthansa einen Antrag über einen Sicherheitsaufschlag von 0,15 Euro pro Kilo einreiche, und „sicher [sei], dass die anderen europäischen Transportunternehmen folgen [würden], wenn wir ankündigen, dass wir die Vorreiterrolle einnehmen“.

346    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen beschränken sich diese Elemente nicht auf einen Hinweis auf von anderen Transportunternehmen bei den japanischen Behörden eingereichte Anträge und die Manifestierung des Wunschs von Lufthansa, von der u. a. von den Klägerinnen beantragten Höhe des Sicherheitsaufschlags abzuweichen. So verweist die erste E‑Mail auf einen Versuch der Abstimmung zwischen „ausländischen Transportunternehmen“, um zu einem Sicherheitsaufschlag in einer bestimmten Höhe zu gelangen, und stellt implizit einen Zusammenhang zwischen seinem Scheitern und der Einreichung eines Antrags über einen Sicherheitsaufschlag in anderer Höhe durch mehrere europäische Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen, her. Die zweite E‑Mail legt die Absicht von Lufthansa offen, die genannten europäischen Transportunternehmen darüber zu informieren, dass sie die Vorreiterrolle einnehmen und einen Antrag einreichen wolle, der dem ursprünglichen Ziel der Koordinierung entspreche. Folglich sind die im 673. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Elemente geeignet, zur Feststellung des Vorliegens wettbewerbswidriger Kontakte zwischen den Klägerinnen und anderen Transportunternehmen als Lufthansa beizutragen.

347    In Anbetracht des Vorstehenden ist zum einen der Schluss zu ziehen, dass mit den im 223. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Elementen lediglich das Bestehen von Kontakten zwischen den Klägerinnen und Lufthansa im Bereich des Treibstoffaufschlags nachgewiesen wird, weshalb sie aus den oben in Rn. 337 dargelegten Gründen aus dem Bündel von Indizien zu entfernen sind, dem die Klägerinnen im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes als Ganzes entgegentreten. Zum anderen wird, da mit der E‑Mail, um die es im 620. Erwägungsgrund dieses Beschlusses geht, für sich genommen nicht nachgewiesen wird, dass die Klägerinnen an einem multilateralen Kontakt mit SAC und Lufthansa im Rahmen der WOW-Allianz beteiligt waren, nach der oben in Rn. 344 angeführten Rechtsprechung im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen sein, ob sie – zusammen mit anderen Elementen, darunter die in den Erwägungsgründen 618 und 673 des Beschlusses beschriebenen – gleichwohl in ein Bündel von Indizien einbezogen werden kann, das der Kommission die Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ermöglicht hat.

c)      Dritter Teil: Fehler bei der Beurteilung des EMail-Austauschs von Dezember 1999 im Rahmen der Star Cargo-Allianz

348    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe den E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 zwischen den Transportunternehmen der Star Cargo-Allianz, nämlich den Klägerinnen, Lufthansa, drei weiteren Transportunternehmen und Air Canada, zu Unrecht in das Bündel von Indizien einbezogen, mit dem ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung oder ihre Kenntnis davon nachgewiesen werden solle.

349    Erstens müsse mit einem Kontakt, der geltend gemacht werde, um den Beginn ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen, notwendigerweise selbst das Vorliegen einer Zuwiderhandlung nachgewiesen werden; die Kommission habe im 921. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fälschlicherweise die Auffassung vertreten, der fragliche Austausch sei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Indizienbündels zu beurteilen.

350    Zweitens werde der in Rede stehende Austausch von der Freistellung von 1996 erfasst, da sich die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung während dieses Zeitraums nur auf die EWR-internen Strecken bezogen habe und sie – die Klägerinnen – zusammen mit Lufthansa die einzigen Transportunternehmen innerhalb der Allianz gewesen seien, die solche Strecken bedient hätten. Im Übrigen sei ein derartiger Austausch auch durch die Star Cargo-Allianz gerechtfertigt und komme jedenfalls in den Genuss der in der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen (ABl. 1987, L 374, S. 1) vorgesehenen Gruppenfreistellung.

351    Drittens weise der Austausch keinen objektiven Zusammenhang mit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf. Dies gelte unter Berücksichtigung des Kontexts der Kontakte, der durch die Entschließung der IATA zur Einführung eines Treibstoffaufschlagsmechanismus, den isolierten Charakter des fraglichen Austauschs im Rahmen einer kurze Zeit später aufgelösten Allianz und die Tatsache gekennzeichnet sei, dass es sich bei ihnen – den Klägerinnen – zusammen mit Lufthansa um die einzigen am Austausch beteiligten Transportunternehmen handle, denen dieser im angefochtenen Beschluss entgegengehalten worden sei. Die Klägerinnen fügen hinzu, dass der am fraglichen Austausch beteiligte Mitarbeiter von SAS Cargo an keinem anderen streitigen Kontakt teilgenommen habe. Sie heben schließlich hervor, dass der betreffende Austausch höchstens eine Vereinbarung mit einem anderen Transportunternehmen über die Nichteinführung eines Treibstoffaufschlags offenlege, an die sie sich im Übrigen nicht gehalten hätten, da sie dem Standpunkt von Lufthansa gefolgt seien, der ihnen später mitgeteilt worden sei.

352    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

353    Einleitend ist festzustellen, dass die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils nicht lediglich den Beweiswert des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs bestreiten. Sie wollen nämlich – umfassender – das von der Kommission im 1148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses für den Beginn ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zugrunde gelegte Datum, das mit dem Datum des Beginns des besagten E‑Mails-Austauschs zusammenfällt, im vorliegenden Fall den 13. Dezember 1999, in Frage stellen.

354    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben aus Rn. 344 hervorgeht, der Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV voraussetzt, dass die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise beibringt. Nicht jeder der von der Kommission beigebrachten Beweise muss jedoch notwendigerweise diesem Kriterium in Bezug auf jedes Element der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, dass das Bündel der von diesem Organ angeführten Indizien bei einer Gesamtbetrachtung dieses Erfordernis erfüllt (Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 47). Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen gelten diese Grundsätze auch für die Bestimmung des Beginns ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Mai 2014, Toshiba/Kommission, T‑519/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:263, Rn. 175 bis 179, sowie vom 12. Dezember 2014, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, T‑544/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1075, Rn. 166 bis 179).

355    Im vorliegenden Fall begann der fragliche Austausch, der im 135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, mit einer E‑Mail der Klägerinnen an Lufthansa, drei weitere Transportunternehmen und Air Canada. In dieser E‑Mail berichteten die Klägerinnen von ihrem Zögern und befragten die Adressaten zu deren Absicht, einen Treibstoffaufschlag einzuführen, da der Treibstoffkurs die sogenannte Auslöseschwelle überschritten hatte, die von der IATA im Entwurf einer Entschließung zur Einführung eines Treibstoffaufschlags festgelegt worden war. In Reaktion darauf stimmte ein Transportunternehmen den Klägerinnen zu, während Lufthansa ihrerseits auf Folgendes hinwies:

„Auch wir zögern, dieses Mal die Initiative zu ergreifen. Falls sich einige unserer großen Wettbewerber dazu entschlössen, würden wir folgen, aber auf andere und weniger zentralisierte Weise.“

356    Aus diesem Austausch ergibt sich, dass die Klägerinnen die Initiative ergriffen und in einem multilateralen Rahmen mehrere Transportunternehmen kontaktiert haben, um sie zu ihrer Absicht zu befragen, gegebenenfalls einen Treibstoffaufschlag einzuführen. Aus ihm geht auch hervor, dass das betreffende Transportunternehmen und Lufthansa die Klägerinnen und die übrigen Adressaten mit ihren Antworten über ihre Absichten bezüglich der Einführung des Treibstoffaufschlags informiert haben. Die Klägerinnen bestreiten im Übrigen nicht, dass dieser Kontakt, wie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, auf der Ebene der Hauptverwaltung der beteiligten Transportunternehmen stattgefunden hat.

357    Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass in Finnland, in der Schweiz und in Singapur in den beiden auf diesen Erstkontakt folgenden Monaten sowohl auf der Ebene der Hauptverwaltung als auch auf lokaler Ebene mehrere weitere Kontakte unter Beteiligung der Klägerinnen stattgefunden haben, die von einem Willen zeugen, den Treibstoffaufschlag in einem multilateralen Rahmen zu koordinieren. Diese Kontakte werden in den Erwägungsgründen 144 bis 146 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt und durch Beweismittel nachgewiesen, denen der Beweiswert nicht abgesprochen werden kann (vgl. unten Rn. 438 bis 467, 567 bis 594 und 602 bis 606). An den Kontakten waren sowohl beschuldigte Transportunternehmen, die nicht am Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 teilgenommen hatten, als auch Lufthansa (Erwägungsgründe 145 und 146 des angefochtenen Beschlusses) und Air Canada (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) beteiligt.

358    Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Auffassung vertreten hat, der in Rede stehende E‑Mail-Austausch trage zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bei, und dementsprechend den 13. Dezember 1999 als Anfangsdatum ihrer Beteiligung zugrunde gelegt hat.

359    Keines der Argumente der Klägerinnen ist geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen.

360    Erstens werden Art und Gegenstand der Kontakte anlässlich des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs, der von einem Willen der Beteiligten zeugt, sich auf der Ebene der Hauptverwaltungen über die Einführung eines Treibstoffaufschlags abzustimmen, durch den von den Klägerinnen geltend gemachten und oben in Rn. 351 in Erinnerung gerufenen tatsächlichen Kontext nicht in Frage gestellt. Insbesondere zu dem Umstand, dass der am betreffenden Austausch beteiligte Mitarbeiter der Klägerinnen nicht an anderen wettbewerbswidrigen Kontakten teilgenommen hat, ist zu sagen, dass die Identität der an den verschiedenen streitigen Handlungen beteiligten natürlichen Personen für das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht erforderlich ist.

361    Außerdem geht aus den oben in Rn. 357 in Erinnerung gerufenen Elementen hervor, dass die Klägerinnen – fast gleichzeitig mit dem fraglichen E‑Mail-Austausch – an einer auf dasselbe Ziel gerichteten Reihe von Kontakten mit anderen Transportunternehmen sowie mit Air Canada und Lufthansa, die ebenfalls an besagtem E‑Mail-Austausch teilgenommen hatten, beteiligt gewesen sind. Unter diesen Umständen ist es entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht wahrscheinlich, dass dieser E‑Mail-Austausch einen Willen zur Konzertierung manifestiert, der in seiner Tragweite auf die Star Cargo-Allianz beschränkt ist.

362    Darüber hinaus erkennen die Klägerinnen in Bezug auf den Entwurf einer Entschließung der IATA an, dass dieser zum Zeitpunkt des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs nicht anwendbar war. Demnach wirkt sich die – zugegebenermaßen spätere – Weigerung der zuständigen Behörden, ihn zu billigen, nicht aus.

363    Was schließlich das Vorbringen angeht, wonach sich die Konzertierung im Rahmen des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs nicht auf das Verhalten der Klägerinnen ausgewirkt habe, so ist festzustellen, dass das Fehlen konkreter Auswirkungen einer Handlung auf das Verhalten des betreffenden Unternehmens als solches der Schlussfolgerung nicht entgegenstehen kann, dass sich das Verhalten in eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Offenlegung sensibler Informationen wie derjenigen, um die es in den Erwägungsgründen 144 und 584 des angefochtenen Beschlusses geht, die Ungewissheit hinsichtlich des künftigen Verhaltens eines Wettbewerbers beseitigt und damit unmittelbar oder mittelbar die Strategie des Adressaten der Informationen beeinflusst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. März 2011, Comap/Kommission, T‑377/06, EU:T:2011:108, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist zu beachten, dass ein Unternehmen, wenn es solche Informationen erhält, ohne sich offen von der in Rede stehenden Initiative zu distanzieren oder sie bei den Verwaltungsbehörden anzuzeigen, die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert (Urteil vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 68).

364    Zweitens fällt der fragliche E‑Mail-Austausch weder unter die Freistellung von 1996 noch unter die Gruppenfreistellung der Verordnung Nr. 3975/87.

365    Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Ausnahmevorschriften wie die in der Freistellung von 1996 oder in der Verordnung Nr. 3975/87 in Anbetracht des allgemeinen Kartellverbots in Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht extensiv und nicht so ausgelegt werden dürfen, dass die Wirkungen der sie enthaltenden Rechtsakte über das hinausgehen, was zum Schutz der Interessen, deren Wahrung sie dienen sollen, erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 1993, Peugeot/Kommission, T‑9/92, EU:T:1993:38, Rn. 37).

366    Was zunächst die Anwendung der Freistellung von 1996 betrifft, so ist zu bemerken, dass die Klägerinnen nicht erläutern, inwiefern sich der Versuch einer Abstimmung über den Treibstoffaufschlag zwischen sechs Transportunternehmen, von dem der in Rede stehende E‑Mail-Austausch zeugt, in den Rahmen der Allianz, die Gegenstand der Freistellung von 1996 ist, und ihres Ziels eingefügt haben soll, auf globaler Ebene ein integriertes Transportsystem zwischen den Klägerinnen und Lufthansa zu schaffen (vgl. oben Rn. 332). In diesem Zusammenhang kann die Behauptung, dass die Star Cargo-Allianz eine bloße Erweiterung der Allianz sei, auf die sich die Freistellung von 1996 beziehe, selbst wenn sie als wahr unterstellt würde, nicht die Ausweitung der Freistellung von 1996 auf die Star Cargo-Allianz nach sich ziehen, da sie andernfalls zu einer extensiven Auslegung dieser Freistellung führen würde, die im Widerspruch zu der in der vorstehenden Randnummer in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung stünde.

367    Zum Hilfsargument, wonach die Entscheidungspraxis der Kommission in Bezug auf die Allianzen zwischen den Klägerinnen und Lufthansa sowie zwischen diesen und einem weiteren Transportunternehmen zeige, dass die Kommission seinerzeit davon ausgegangen sei, dass die anderen außerhalb des EWR ansässigen Parteien des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs weder gegenwärtige noch potenzielle Wettbewerber auf den EWR-internen Strecken seien, ist zu sagen, dass das Bestreiten der weltweiten Dimension des streitigen Kartells und des Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Transportunternehmen bereits im Rahmen der Prüfung der ersten Rüge des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes untersucht und zurückgewiesen worden ist (vgl. oben Rn. 279 bis 293).

368    Wenn unterstellt wird, dass sich die Klägerinnen mit ihrem Verweis auf die sie betreffende Entscheidungspraxis der Kommission auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen wollen, hatten sie nachzuweisen, dass klare, unbedingte und übereinstimmende, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen erteilt worden waren, die bei den Klägerinnen begründete Erwartungen wecken konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 97). Die Tatsache, dass die Kommission im Anschluss an die Einleitung eines Verfahrens nach der Verordnung Nr. 3975/87 gegenüber der Allianz zwischen den Klägerinnen, Lufthansa und einem weiteren Transportunternehmen keine individuelle Freistellungsentscheidung erlassen hat, kann entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keine entschlossene und endgültige Stellungnahme zur Unanwendbarkeit von Art. 101 Abs. 1 AEUV hinsichtlich der Folgen dieser Allianz für die EWR-internen Strecken und erst recht nicht zum Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Klägerinnen und Lufthansa einerseits und dem betreffenden Transportunternehmen andererseits darstellen. Da mehrere Mitglieder der Star Cargo-Allianz keine Mitglieder der Allianz zwischen den Klägerinnen, Lufthansa und dem fraglichen Transportunternehmen waren, ist im Übrigen jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Kommission im Rahmen des nach der Verordnung Nr. 3975/87 eingeleiteten Verfahrens nicht zu den Tatsachen hätte äußern müssen, die Gegenstand des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs sind.

369    Was sodann die Anwendung der Gruppenfreistellung der Verordnung Nr. 3975/87 angeht, so machen die Klägerinnen geltend, der betreffende E‑Mail-Austausch werde von Buchst. i des in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Anhangs erfasst, da es darin lediglich um die „Preisstruktur“ gehe.

370    Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3975/87 hat folgenden Wortlaut:

„Das in Artikel [101] Absatz 1 [AEUV] niedergelegte Verbot gilt nicht für die im Anhang aufgeführten Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, sofern sie ausschließlich technische Verbesserungen oder technische Zusammenarbeit bezwecken oder bewirken. Das betreffende Verzeichnis ist nicht erschöpfend.“

371    Buchst. i des in diesem Artikel genannten Anhangs wiederum hat folgenden Wortlaut:

„die Aufstellung oder Anwendung einheitlicher Regeln für die Struktur der Beförderungstarife und die Bedingungen für deren Anwendung, soweit dadurch nicht direkt oder indirekt die Entgelte und Beförderungsbedingungen festgelegt werden“.

372    Aus den vorstehenden Bestimmungen geht hervor, dass die darin vorgesehene Freistellung auf Verhaltensweisen beschränkt ist, die ausschließlich technische Verbesserungen oder technische Zusammenarbeit bezwecken oder bewirken. Der Umstand, dass eine Verhaltensweise im Anhang der Verordnung Nr. 3975/87 aufgeführt ist, genügt daher nicht, um sie vom grundsätzlichen Kartellverbot auszunehmen.

373    Im vorliegenden Fall machen die Klägerinnen keinerlei Zweck oder Wirkung geltend, der bzw. die darin besteht, zu technischen Verbesserungen oder zu einer technischen Zusammenarbeit zu gelangen, die mit den Kontakten im Rahmen des in Rede stehenden E‑Mail-Austauschs zusammenhinge. Sie bringen erst recht nichts zum Nachweis dafür vor, dass ausschließlich ein solcher Zweck verfolgt oder eine solche Wirkung angestrebt wird.

374    Im Übrigen geht oben aus Rn. 355 hervor, dass die Klägerinnen die anderen Transportunternehmen mit ihrer E‑Mail vom 13. Dezember 1999 zu deren etwaiger Absicht befragen wollten, einen Treibstoffaufschlag einzuführen. Auch wenn diese Kontaktaufnahme folglich von einem Willen zeugt, sich mit anderen Transportunternehmen über die Einführung des Treibstoffaufschlags abzustimmen, besteht sie jedoch nicht aus einem Versuch, im Sinne von Buchst. i des in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3975/87 genannten Anhangs einheitliche Regeln für die Struktur der Frachttarife und die Bedingungen für deren Anwendung aufzustellen.

375    In Anbetracht des Vorstehenden ist die Berufung der Klägerinnen auf die in Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3975/87 vorgesehene Gruppenfreistellung zurückzuweisen.

376    Drittens ist nicht nachgewiesen, dass der in Rede stehende E‑Mail-Austausch durch die Star Cargo-Allianz gerechtfertigt werden konnte.

377    Die Klägerinnen bringen nämlich keinen Anfangsbeweis dafür bei, dass die konkrete Funktionsweise dieser Allianz eine Abstimmung ihrer Mitglieder über den Treibstoffaufschlag vorausgesetzt hätte. Sie stellen selbst fest, dass sie zwar versucht hätten, sich mit Lufthansa zur Star Cargo-Allianz zusammenzuschließen, ihre Versuche aber im Jahr 2000 gescheitert seien. Auch wenn im April 1999 eine wechselseitige Absichtserklärung zwischen den Mitgliedern der Allianz angenommen worden ist, wie aus der Antwort der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hervorgeht, bringen diese nichts für einen späteren Beginn der operativen Umsetzung vor, der den in Rede stehenden E‑Mail-Austausch gerechtfertigt hätte.

378    In Anbetracht des Vorstehenden ist davon auszugehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie die Auffassung vertreten hat, der fragliche E‑Mail-Austausch trage zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bei, und anhand dieses Austauschs das Datum des Beginns ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung bestimmt hat.

379    Folglich ist der vorliegende Teil zurückzuweisen.

d)      Vierter Teil: Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen innerhalb der WOW-Allianz

380    Der vorliegende Teil wird aus Fehlern bei der Beurteilung der Verhaltensweisen innerhalb der WOW-Allianz hergeleitet. Dieser Teil besteht aus drei Rügen, die erstens aus Fehlern bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kontakte zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz, zweitens aus dem schuldhaften Unterlassen, die Vereinbarkeit der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz mit Art. 101 AEUV zu prüfen, und drittens aus Fehlern im Zusammenhang mit der Einbeziehung dieser Kontakte in den Anwendungsbereich der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung abgeleitet werden.

1)      Erste Rüge: Fehler bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kontakte zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz

381    Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass sich der angefochtene Beschluss auf 18 Kontakte unter ausschließlicher Beteiligung von Transportunternehmen der WOW-Allianz stütze, um ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festzustellen. Sie tragen vor, die Kommission habe im 971. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht den Schluss gezogen, dass diese Kontakte innerhalb der WOW-Allianz „außerhalb des zulässigen Rahmens der Allianz“ lägen.

382    Die Verhaltensweisen im Rahmen der WOW-Allianz fielen nämlich in Wirklichkeit unter den Gesamtzweck dieser Vereinbarung, wie er in den Erwägungsgründen 928 bis 931 des angefochtenen Beschlusses beschrieben sei und der für die Mitglieder der Vereinbarung darin bestanden habe, ein integriertes Frachtsystem zu schaffen und ihre Tätigkeiten im Frachtsegment – auch durch die Errichtung eines integrierten Netzwerks, die Zentralisierung des Vertriebs sowie die Teilung von Kosten und Einnahmen – zusammenzulegen. Die Klägerinnen vertreten daher die Ansicht, die Kommission habe die Umsetzung der Zusammenarbeit im Rahmen der WOW-Allianz heruntergespielt und den Umfang der Kontakte betreffend die Aufschläge überbewertet.

383    Die Klägerinnen beklagen sich auch darüber, zu bestimmten Tatsachen und Schlussfolgerungen der Kommission im Zusammenhang mit dem Ausmaß der Umsetzung der Allianz und dem Umfang der Koordinierung der Aufschläge innerhalb dieser Allianz nicht gehört worden zu sein.

384    Schließlich habe sich die Kommission bei dem Versuch, nachzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz bekannt gewesen sei, zu Unrecht auf die in den Erwägungsgründen 950, 956 und 957 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Gesichtspunkte gestützt.

385    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

i)      Zur Verletzung der Verteidigungsrechte

386    Einleitend ist das Vorbringen der Klägerinnen zu prüfen, wonach ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt worden seien, dass zum einen die Schlussfolgerungen der Kommission zum Ausmaß der Umsetzung der WOW-Allianz und zum Umfang der Kontakte betreffend die Aufschläge innerhalb der WOW-Allianz nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkt enthalten gewesen seien und zum anderen bestimmte andere als die im Rahmen des ersten Klagegrundes erwähnten Gesichtspunkte zur Stützung dieser Schlussfolgerungen verwendet worden seien, ohne ihnen im Vorfeld mitgeteilt worden zu sein.

387    Was den ersten der Kommission gemachten Vorwurf im Zusammenhang mit einer Diskrepanz zwischen dem Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem des angefochtenen Beschlusses angeht, so ist daran zu erinnern, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte, wie oben in Rn. 136 ausgeführt worden ist, insbesondere verlangt, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte die wesentlichen dem betreffenden Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält.

388    Wie oben aus Rn. 138 hervorgeht, haben die tatsächlichen und rechtlichen Beurteilungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte jedoch nur vorläufigen Charakter und ist die Kommission nicht verpflichtet, an ihnen festzuhalten.

389    Im vorliegenden Fall ist anzumerken, dass in Rn. 1321 der Mitteilung der Beschwerdepunkte sämtliche Kontakte aufgeführt waren, aus denen sich die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ergab. In den Rn. 1325 und 1327 dieser Mitteilung wurde klargestellt, dass die Beweise für die Beteiligung der Klägerinnen an den Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag u. a. an bestimmte Sitzungen und Diskussionen innerhalb der WOW-Allianz anknüpften. Im Übrigen bestreiten die Klägerinnen nicht, dass das Ziel des streitigen Kartells, das für die beschuldigten Transportunternehmen darin bestand, ihr Verhalten bei der Festsetzung von Preisen für die weltweite Erbringung von Frachtdiensten u. a. mittels des Treibstoff- und des Sicherheitsaufschlags untereinander abzustimmen, bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegeben war. Folglich ging der Umfang der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz betreffend die Aufschläge sehr wohl aus dem Inhalt dieser Mitteilung hervor und beruhte entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht auf einer neuen Behauptung, die erstmals im angefochtenen Beschluss aufgestellt worden ist.

390    Die im angefochtenen Beschluss gemachten Ausführungen zum Ausmaß der Umsetzung der WOW-Allianz waren zwar unstreitig nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten. Zweck dieser Ausführungen ist es jedoch, das detaillierte Vorbringen zu analysieren und zu beantworten, das insbesondere von den Klägerinnen in den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführt worden ist und mit dem die Kontakte innerhalb der WOW-Allianz im Hinblick auf die mit dieser verfolgten legitimen Ziele gerechtfertigt werden sollen. Die Kommission fügt dem den Klägerinnen vorgeworfenen Sachverhalt damit nichts hinzu, sondern äußert sich lediglich zu den Tatsachen, die die Klägerinnen und andere Transportunternehmen, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Mitglieder der WOW-Allianz sind, in ihren Antworten vorgebracht haben. Schließlich war die von der Kommission im 971. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vorgenommene rechtliche Beurteilung, wonach die WOW-Allianz die in ihr erfolgte Koordinierung der Aufschläge nicht rechtfertige, zwar summarisch, aber rechtlich hinreichend bereits in Rn. 1446 der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten.

391    Für den zweiten der Kommission gemachten Vorwurf im Zusammenhang mit einer fehlenden Mitteilung bestimmter in den Erwägungsgründen 933 und 949 des angefochtenen Beschlusses erwähnter belastender Umstände während des Verwaltungsverfahrens gelten die oben in den Rn. 90 bis 96 aufgestellten Grundsätze auf dem Gebiet des Umfangs des Rechts auf Zugang zu den Akten.

392    So tragen die Klägerinnen vor, die in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltene und im 933. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebene Erklärung von Lufthansa, wonach „die [WOW‑]Allianz heute inaktiv und eine Berufung auf die Tatsache, dass sie ein Streckennetz [betreibe], nicht mehr möglich [sei]“, stelle einen nicht offengelegten belastenden Umstand dar. Insoweit ist zu bemerken, dass diese Erklärung zum einen unter der mit „Analyse der WOW-Allianz: Umsetzung der Allianzvereinbarung“ überschriebenen Randnummer wiedergegeben und zum anderen zur Stützung der Feststellung geltend gemacht wird, dass die WOW-Allianz nur eine eingeschränkte Umsetzung erfahren habe. Sie untermauert daher die Auffassung der Kommission, wonach die WOW-Allianz die in ihr vorgenommene Koordinierung der Aufschläge in Anbetracht ihrer eingeschränkten Umsetzung nicht rechtfertigen könne. Zwar wird in den späteren Erwägungsgründen des angefochtenen Beschlusses nicht ausdrücklich auf diese Erklärung verwiesen. Gleichwohl führen sowohl der Inhalt der Erklärung als auch die Art und Weise, in der sie sich in den Aufbau des angefochtenen Beschlusses einfügt, zu der Schlussfolgerung, dass es sich um einen belastenden Umstand handelt. Die Erklärung ist während des Verwaltungsverfahrens jedoch nicht übermittelt worden. Folglich darf sie bei der Prüfung der Richtigkeit der im Rahmen der vorliegenden Rüge in Frage gestellten Schlussfolgerungen der Kommission nicht berücksichtigt werden, so dass im Einklang mit der oben in Rn. 96 in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung festgestellt werden muss, ob das Ergebnis, zu dem die Kommission im angefochtenen Beschluss gekommen ist, möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn diese Erklärung als belastendes Beweismittel ausgeschlossen worden wäre (vgl. unten Rn. 416 und 432).

393    Die Klägerinnen tragen ferner vor, der im 949. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Auszug aus der Entscheidung vom 4. Juli 2005 in der Sache COMP/M.3770 – Lufthansa/Swiss stelle einen belastenden Umstand dar, der ihnen nicht entgegengehalten werden könne. Um dieses Vorbringen zurückweisen zu können, genügt der Hinweis, dass die Klägerinnen den Auszug in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst anführen und die Rüge, wonach die Kommission ihnen die Dokumente, die der in diesem Auszug enthaltenen Feststellung zugrunde liegen, nicht übermittelt habe, bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes oben in Rn. 119 zurückgewiesen worden ist.

ii)    Zum Umfang der WOW-Allianz und zu ihrer tatsächlichen Umsetzung

394    Mit der vorliegenden Rüge wollen die Klägerinnen zunächst die in den Erwägungsgründen 947 bis 952 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Schlussfolgerungen der Kommission in Frage stellen, wonach der Umfang der WOW-Allianz und die tatsächlichen Voraussetzungen für ihre Umsetzung keine Abstimmung über die Preisgestaltung, insbesondere über die Aufschläge, von der Art rechtfertigten, wie sie im Rahmen des streitigen Kartells vorgenommen worden sei.

395    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, die Umsetzung der WOW-Allianz durch Verfälschung und Nichtberücksichtigung bestimmter Tatsachen im angefochtenen Beschluss heruntergespielt zu haben. So gehe die Integration der Partnernetze aus dem Abschluss von Vereinbarungen über gemeinsame Frachtflugzeuge und Kapazitätsaufteilungen hervor. Die im 941. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Behauptung der Kommission, wonach die Parteien nicht nachgewiesen hätten, dass Maßnahmen zur Durchführung des Vorhabens einer Integration der Informationssysteme getroffen worden seien, werde insbesondere durch den Verweis im 934. Erwägungsgrund dieses Beschlusses auf ein gemeinsames netzgestütztes Trackingsystem widerlegt. Die Kommission drehe den Klägerinnen außerdem das Wort im Mund herum, wenn sie behaupte, dass die Integration der Handhabungsfunktionen begrenzt oder die Zusammenarbeit bezüglich einer gemeinsamen Marke nur punktuell gewesen sei. Schließlich habe die Kommission die Notwendigkeit, die von den Mitgliedern der WOW-Allianz angebotenen Produkte zu harmonisieren, nicht von der Hand gewiesen und mehrere Initiativen zur Integration des Vertriebs im angefochtenen Beschluss außer Acht gelassen.

396    Im vorliegenden Fall ist die Kommission in den Erwägungsgründen 947 bis 952 des angefochtenen Beschlusses zu dem Schluss gelangt, dass keine der im Kontext der WOW-Allianz angeblich ergriffenen Initiativen eine allgemeine Koordinierung der Aufschläge rechtfertige, weil die Zusammenarbeit innerhalb dieser Allianz begrenzt geblieben sei, nie das Stadium einer integrierten Verkaufs- und Preisgestaltungspolitik erreicht habe und im Wesentlichen auf gezielte Vorhaben im Bereich bestimmter Strecken, Kunden oder Produkte beschränkt worden sei. Für die vorstehende Schlussfolgerung hat sich die Kommission auf eine Analyse der Dokumente und Aussagen gestützt, die von den der fraglichen Allianz angehörenden beschuldigten Transportunternehmen während des Verwaltungsverfahrens geliefert bzw. getätigt worden waren. Sie hat in den Erwägungsgründen 951 und 952 des angefochtenen Beschlusses darüber hinaus auf mehrere Aktenstücke verwiesen, aus denen sich ergeben soll, dass die Mitglieder der WOW-Allianz individuelle Politiken im Bereich der Aufschläge verfolgten, die sie für diese Allianz nicht aufzugeben bereit waren.

397    Die von den Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils vorgebrachten Gesichtspunkte sind nicht geeignet, die Richtigkeit der Schlussfolgerungen der Kommission in Frage zu stellen.

398    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht geltend machen, es habe innerhalb der WOW-Allianz eine integrierte allgemeine Preisgestaltungspolitik gegeben. Sodann bleiben sie den Nachweis schuldig, dass die von ihnen in ihren Schriftsätzen angeführten Beispiele für eine Handelsintegration, etwa die Existenz gemeinsamer Vertriebsagenten in bestimmten Ländern oder ein Hinweis im Preisangebot der Klägerinnen auf gegebenenfalls von anderen Mitgliedern der WOW-Allianz bediente Reiseziele, notwendigerweise eine allgemeine Koordinierung von Preisen oder Aufschlägen voraussetzen. Dies gilt auch für die von der WOW-Allianz zum Verkauf angebotenen harmonisierten Produkte, die in den Erwägungsgründen 938 bis 940 des angefochtenen Beschlusses erwähnt werden. Bei der fraglichen Harmonisierung ging es nämlich um die Bedingungen für die Erbringung der Dienstleistung und insbesondere um die gebotenen Garantien; es ist aber nicht nachgewiesen, dass sie sich auch auf die Festsetzung der Preise für die Produkte bezog. Die im 946. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Fälle von Preiskoordinierung innerhalb der WOW-Allianz waren Teil spezifischer Initiativen wie beispielsweise des gemeinsamen Betriebs eines Frachtflugzeugs durch die Klägerinnen und SAC auf einer bestimmten Strecke oder der gezielten Unterbreitung gemeinsamer Angebote an bestimmte Kunden, insbesondere Spediteure. Folglich können sie die Umsetzung einer allgemeinen Koordinierung der Aufschläge nicht rechtfertigen.

399    In Ermangelung eines Nachweises über eine integrierte Verkaufs- und Preisgestaltungspolitik, die über einzelne spezifische Interventionen hinausgeht, können auch die anderen von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte, mit denen die Analyse der Kommission betreffend die Bemühungen um die Promotion der Marke, die Einführung einer gemeinsamen Handhabung oder ein integriertes Informationssystem beanstandet werden soll, für sich genommen keine allgemeine Koordinierung der Aufschläge rechtfertigen.

400    Schließlich zeigen die Gesichtspunkte, auf die u. a. in den Erwägungsgründen 956 und 957 des angefochtenen Beschlusses verwiesen wird, entgegen dem sonstigen von den Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Rüge angeführten Vorbringen, dass die Übereinstimmung der fraglichen Kontakte mit den Wettbewerbsregeln für die Partner der WOW-Allianz nicht selbstverständlich war.

iii) Zum Umfang der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz

401    Die Klägerinnen wollen sodann die Bedeutung in Abrede stellen, die den Kontakten innerhalb der WOW-Allianz von der Kommission beigelegt worden ist, indem sie geltend machen, diese Kontakte seien mit besonderen örtlichen Initiativen verknüpft, die als solche keinen Zusammenhang mit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufweisen könnten.

402    So stellen sie in Abrede, dass die 18 Kontakte zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz, auf die in den Erwägungsgründen 401, 434, 484, 488, 490, 494, 496, 497, 512, 517, 531, 546, 596 und 628 bis 632 verwiesen wird, die Bedeutung haben, die ihnen von der Kommission im angefochtenen Beschluss beigelegt worden ist. Keiner dieser Kontakte sei Teil einer allgemeinen Koordinierung der Aufschläge. Das Vorbringen der Klägerinnen ist für sämtliche genannten Kontakte zu prüfen.

403    Als Erstes bezieht sich der im 596. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte Kontakt auf eine Mitteilung von SAC an Lufthansa und die Klägerinnen vom 1. Oktober 2001, mit der SAC darauf hinweist, dass sie den Sicherheitsaufschlag mit Wirkung vom 8. Oktober 2001 einführen werde. Die Klägerinnen machen geltend, dieser Kontakt füge sich in den besonderen Kontext der Vereinigten Staaten ein und hänge damit zusammen, dass einige Tage vorher harmonisierte Expressdienste unter der Marke WOW eingeführt worden seien. Abgesehen davon, dass die Klägerinnen keinen Beweis für eine solche begrenzte Tragweite der Ankündigung von SAC beibringen, ist jedoch festzustellen, dass die unmittelbar bevorstehende Einführung eines Sicherheitsaufschlags durch SAC ab dem 28. September 2001 in mehreren unterschiedlichen Foren unter Beteiligung anderer Transportunternehmen erörtert worden ist (vgl. Erwägungsgründe 592 und 594 des angefochtenen Beschlusses), was die von den Klägerinnen vorgeschlagene alternative Erklärung umso unwahrscheinlicher macht.

404    Als Zweites machen die Klägerinnen in Bezug auf die in den Erwägungsgründen 401, 434, 484, 494, 497, 512 und 546 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte im Wesentlichen geltend, diese fügten sich in den Rahmen von Austauschen zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz ein, die sich speziell auf „Skandinavien“ und das Verfahren zur Konvertierung des Treibstoffaufschlags in die Landeswährung bezögen und durch den Betrieb gemeinsamer Frachtflugzeuge mit Lufthansa und Japan Airlines einerseits und SAC andererseits gerechtfertigt seien. Zu bemerken ist jedoch, dass die Klägerinnen keinerlei Beweis zur Stützung dieser Auffassung beibringen, während die im angefochtenen Beschluss angeführten Umstände mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und in Anbetracht der allgemeinen Anwendbarkeit von Aufschlägen (vgl. oben Rn. 279 bis 288 und unten Rn. 445) so auszulegen sind, dass sie sich auf die Absichten von Lufthansa bezüglich der allgemeinen Anwendung des Treibstoffaufschlags unabhängig von einem speziellen Vorhaben innerhalb der WOW-Allianz beziehen.

405    Als Drittes berufen sich die Klägerinnen hinsichtlich der im 488. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Mitteilung auf den besonderen Regelungskontext in Japan, um auszuschließen, dass sich die Mitteilung in die von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung verfolgten Ziele einfügt. Dieses Argument wird unten im Rahmen der zweiten Rüge des sechsten Teils des vorliegenden Klagegrundes geprüft.

406    Als Viertes wird in Bezug auf die in den Erwägungsgründen 490 und 496 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails, die vom Vertreter der Klägerinnen in den Vereinigten Staaten stammen und in denen von der Koordinierung des geltenden Treibstoffaufschlags zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz in diesem Land die Rede ist, vorgetragen, sie ließen sich durch den Kontext der von besagtem Verantwortlichen unternommenen Anstrengungen zur Stärkung der Allianz in den Vereinigten Staaten und durch den Kontext der Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zwischen Mitgliedern dieser Allianz erklären. Es genügt jedoch die Feststellung, dass die Klägerinnen mit ihrer Argumentation weder den in den fraglichen E‑Mails genannten Umfang der Koordinierung des Treibstoffaufschlags in Frage stellen noch nachweisen, dass er auf zwischen Mitgliedern der Allianz geschlossene Vereinbarungen über Kapazitätsreservierungen beschränkt worden ist.

407    Als Fünftes machen die Klägerinnen in Bezug auf die im 517. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail vom 3. Oktober 2005 geltend, sie betreffe die Bedingungen für die Erarbeitung eines gemeinsamen Angebots an einen Spediteur und sei daher offensichtlich nicht ohne Zusammenhang mit der Umsetzung der WOW-Allianz. Die Kommission tritt dieser Auslegung durch die Klägerinnen entgegen und vertritt die Auffassung, die fragliche E‑Mail befasse sich unabhängig von dem in Rede stehenden gemeinsamen Angebot zum Teil mit dem allgemeinen Ansatz der Mitglieder der WOW-Allianz im Bereich der Aufschläge. Sie stützt sich außerdem auf den im E‑Mail-Austausch enthaltenen Hinweis, wonach „die Frage [der Aufschläge] ‚kurz‘ auf der letzten Sitzung [des Gesamtvertriebsvorstands] angesprochen worden sei, sich im Protokoll der (Antitrust!)-Sitzung aber keine Anmerkung dazu [finde]“.

408    Aus der besagten E‑Mail ergibt sich, dass es in ihr, wie die Klägerinnen zu Recht hervorheben, darum ging, ein Treffen mit dem Spediteur, an den das gemeinsame Angebot gerichtet war, vorzubereiten, welches zehn Tage später stattfinden sollte. In der E‑Mail wird in diesem Zusammenhang von Erörterungen auf der Ebene des Gesamtvertriebsvorstands berichtet, in dem die für Verkäufe zuständigen Vizepräsidenten der Mitglieder der WOW-Allianz tagten:

„Es ist erwähnt worden, dass [die] WOW[-Allianz] das Modell von L[ufthansa] in den „neutralen“ Märkten Vereinigte Staaten und Europa anwenden wird. So können auf anderen Märkten bestimmte örtliche Vereinbarungen anwendbar sein, beispielsweise in Japan (Beteiligung der öffentlichen Hand) oder auf asiatischen Märkten, auf denen die Wettbewerber andere Modelle verwenden.“

409    Der Verfasser der E‑Mail fügt hinzu:

„In meiner Dokumentation habe ich die für die letztjährigen Exel-Verhandlungen erteilte Mandatsvereinbarung gefunden (Kopie beigefügt), in der sich alle Transportunternehmen damit einverstanden erklärt hatten, für Aufschläge das Modell von [Lufthansa] zu verwenden. Können wir in der Sache CAT/DHL die gleiche Formulierung verwenden?????????? Würden wir eine rasche Antwort erhalten, wenn wir die Frage [dem Gesamtvertriebsvorstand] vorlegen?“

410    Falls sich der letztgenannte Auszug tatsächlich auf die Vorbereitung des fraglichen gemeinsamen Angebots bezieht, könnte es entgegen dem Vorbringen der Kommission in Anbetracht des Kontexts des oben in Rn. 408 wiedergegebenen Auszugs auch in diesem um die die Erarbeitung des besagten Angebots gehen. Der Verweis auf „örtliche Vereinbarungen“ lässt sich insoweit wie die Anwendung speditionskundenspezifischer Vereinbarungen über den Abflug ab bestimmten Flughäfen auslegen, wobei diese Auslegung umso wahrscheinlicher ist, als es Zweck der E‑Mail war, Bedingungen für das diesen Kunden von der WOW-Allianz zu unterbreitende gemeinsame Angebot festzulegen. Zwar ist die durch den Ausruf „(Antitrust!)“ zum Ausdruck gebrachte Andeutung des Risikos, dass die Erörterungen auf der Ebene des Gesamtvertriebsvorstands wettbewerbsrechtlich verboten sein könnten, ein Anhaltspunkt im gegenteiligen Sinne. Diese Andeutung genügt für sich genommen jedoch nicht, um die von den Klägerinnen vorgeschlagene Auslegung, die nicht auf unbelegten Behauptungen, sondern auf dem Inhalt der fraglichen E‑Mail selbst beruht, unwahrscheinlich zu machen.

411    Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich die im 517. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail vom 3. Oktober 2005 ausschließlich in das Ziel der Erarbeitung eines gemeinsamen Angebots der WOW-Allianz an einen potenziellen Kunden einfügt und daher nicht geeignet ist, zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beizutragen.

412    Als Sechstes machen die Klägerinnen in Bezug auf die in den Erwägungsgründen 531 und 628 bis 632 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte zum einen geltend, dass diese durch das Vorhaben gerechtfertigt gewesen seien, auf der Strecke Kopenhagen-Chicago mit SAC ein gemeinsames Frachtflugzeug zu betreiben, und zum anderen, dass die Koordinierung ausschließlich die Anwendung des Sicherheitsaufschlags auf den Strecken mit Abflug in Dänemark betroffen habe.

413    Was den Umfang der im Rahmen der oben genannten Kontakte vorgenommenen Koordinierung angeht, so ist insoweit zunächst zu bemerken, dass sich diese Kontakte nicht auf die Koordinierung des Sicherheitsaufschlags beschränken, da in dem im 531. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakt umfassender auf die Frage der Aufschläge eingegangen wird. Sodann geht, was die Kontakte im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag betrifft, insbesondere aus dem 630. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass es bei diesen Kontakten entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht nur um die Strecken mit Abflug in Dänemark, sondern umfassender um die europaweite Erhebung des Sicherheitsaufschlags zu einem harmonisierten Satz ging. Dies wird durch den Grundtenor der in besagtem Erwägungsgrund beschriebenen internen E‑Mail untermauert: „Auf unserer WOW-Sitzung für Europa hatten wir uns darauf verständigt, Aufschläge zu erheben. Ich habe jedoch erkannt, dass das nicht so einfach ist, wie wir gedacht oder gehofft hatten“; „[w]enn jeder in eine andere Richtung geht, werden wir schon in ein paar Tagen den denkbar schlechtesten Deal haben“; „[w]ir müssen innerhalb der WOW entscheiden, ob wir weiter wie bisher machen wollen oder eine Teilung wie bei KL[M]/AF vorziehen“. In der im 632. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten internen E‑Mail der Klägerinnen heißt es weiter, dass „[w]ir als WOW, d. h. [Lufthansa] + [die Klägerinnen], seit jeher mit [SAC] gerungen haben, damit sie ihren Sicherheitsaufschlag von 0,10 auf 0,13 … erhöht“. Die Sätze von 0,10 und 0,13 entsprechen jedoch nicht den von SAC in Dänemark angewandten Sätzen, wie sie aus den von den Klägerinnen in ihrer Anlage A.57 übermittelten Angaben hervorgehen.

414    Folglich ist das Vorbringen der Klägerinnen zum reduzierten Umfang der Koordinierung, das in den Schriftstücken zum Ausdruck kommt, die in den Erwägungsgründen 531 und 628 bis 632 des angefochtenen Beschlusses angeführt werden, zurückzuweisen. Dementsprechend ist zu Recht davon ausgegangen worden, dass die in Rede stehenden Kontakte zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beigetragen haben, ohne dass auf das nunmehr ins Leere gehende Argument eingegangen zu werden braucht, wonach eine weniger weitgehende Koordinierung der Aufschläge aufgrund der Notwendigkeiten des gemeinsamen Betriebs eines Frachtflugzeugs gerechtfertigt gewesen sei.

415    Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die im 517. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail vom 3. Oktober 2005 so auszulegen ist, dass sie sich ausschließlich in das Ziel der Erarbeitung eines gemeinsamen Angebots der WOW-Allianz an einen potenziellen Kunden einfügt und daher nicht geeignet ist, zur Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beizutragen. Dementsprechend ist sie aus dem Bündel von Indizien zu entfernen, das die Klägerinnen im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes insgesamt beanstanden.

416    Aus dem Vorstehenden geht ferner hervor, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission im angefochtenen Beschluss gekommen ist, möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn die in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltene und im 933. Erwägungsgrund wiedergegebene Erklärung von Lufthansa, in Bezug auf die oben in Rn. 392 festgestellt worden ist, dass die Kommission den Klägerinnen den Zugang zu ihr zu Unrecht verweigert hatte, als belastendes Beweismittel ausgeschlossen worden wäre. Denn auch ohne sie durfte die Kommission auf der Grundlage der verbleibenden ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel den Schluss ziehen, dass die WOW-Allianz die in ihr vorgenommene Koordinierung der Aufschläge in Anbetracht ihrer eingeschränkten Umsetzung nicht rechtfertigen konnte.

2)      Zweite Rüge: Schuldhaftes Unterlassen, die Vereinbarkeit der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz mit Art. 101 AEUV zu prüfen

417    Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission einen Fehler begangen, als sie es unterlassen hat, eine Vorabprüfung der Vereinbarkeit der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz mit Art. 101 AEUV vorzunehmen. Zum einen sei die Kommission auf diskriminierende Weise und rückwirkend von der Analyse abgewichen, die sie auf die anderen Luftfahrtallianzen anwende und die über die Feststellung von Überschneidungen zwischen den Mitgliedern der WOW-Allianz auf einem relevanten Markt verlaufe. Zum anderen habe sie die Erklärungen der Klägerinnen zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht berücksichtigt.

418    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

i)      Zur rückwirkenden und diskriminierenden Anwendung einer neuen Auslegung der Normen für Luftfahrtallianzen

419    Es sei darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von Strafen und der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht so verstanden werden dürfen, dass sie die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit untersagen, sie können aber der rückwirkenden Anwendung einer neuen Auslegung einer Norm, die eine Zuwiderhandlung festlegt, entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 217).

420    Das ist insbesondere der Fall, wenn es sich um eine richterliche Auslegung handelt, deren Ergebnis zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung insbesondere unter Berücksichtigung der Auslegung, die zu dieser Zeit in der Rechtsprechung zur fraglichen Rechtsvorschrift vertreten wurde, nicht hinreichend vorhersehbar war (vgl. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 218 und die dort angeführte Rechtsprechung).

421    Diese Grundsätze gelten auch für die Kommission, wenn sie die Art. 101 und 102 AEUV im Hinblick auf den Erlass einer Sanktionsentscheidung auslegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 222, sowie vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 149).

422    Im vorliegenden Fall berufen sich die Klägerinnen auf mehrere von der Kommission erlassene Entscheidungen über die Genehmigung eines Zusammenschlusses zwischen zwei Transportunternehmen, sei es auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S. 1, Berichtigung ABl. 1990, L 257, S. 13), sei es auf der Grundlage der Verordnung Nr. 139/2004. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang nicht auf die noch verbliebenen Fälle, in denen Art. 101 AEUV bei der Prüfung eines Zusammenschlusses – u. a. gemäß Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 – Anwendung finden könnte. Sie stützen sich in ihrem Vorbringen auf die Anwendung anderer materieller Vorschriften, als sie sich aus Art. 101 AEUV ergeben, und können daraus daher keine Schlüsse für den der Kommission gemachten Vorwurf herleiten, rückwirkend eine neue Auslegung der im vorliegenden Fall anwendbaren Norm angewandt zu haben.

423    Was sodann die Tatsache angeht, dass sich die Klägerinnen auf Entscheidungen über die Freistellung bestimmter Luftfahrtallianzen berufen, die von der Kommission unter der Geltung des vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1/2003 anwendbaren Verfahrens erlassen worden sind, so geht aus den Erwägungsgründen 922 bis 925 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission nicht geprüft hat, ob Art. 101 AEUV nicht auf die WOW-Allianz anwendbar war, sondern lediglich analysiert hat, ob sich die im angefochtenen Beschluss festgestellten Kontakte innerhalb dieser Allianz in deren Rahmen einfügten oder über die in ihr vorgesehenen und tatsächlich umgesetzten Formen der Zusammenarbeit hinausgingen. Dementsprechend lässt sich aus den von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen, da es in ihnen nicht um den gleichen Gegenstand ging, keine andere Auslegung von Art. 101 AEUV ableiten, als sie im angefochtenen Beschluss vorgenommen worden ist.

424    Die Klägerinnen machen darüber hinaus geltend, die WOW-Allianz sei gegenüber anderen Luftfahrtallianzen diskriminiert worden, da die Verantwortlichkeit eines Teils der Mitglieder dieser Allianzen im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt worden sei. Insoweit genügt der Hinweis, dass der Umstand, dass gegenüber einem Unternehmen, das sich in einer ähnlichen Lage befand wie der Kläger, keine Feststellung eines Verstoßes seitens der Kommission erfolgt ist, es nach ständiger Rechtsprechung nicht erlauben kann, den zu seinen Lasten festgestellten Verstoß außer Betracht zu lassen, sofern dieser ordnungsgemäß nachgewiesen ist und da das Gericht mit der Situation dieses anderen Unternehmens nicht befasst ist (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 461 und die dort angeführte Rechtsprechung).

ii)    Zur Nichtberücksichtigung der Erklärungen der Klägerinnen zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV

425    Entsprechend Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 obliegt die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV vorliegen, den Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die sich auf diese Bestimmung berufen. Folglich muss derjenige, der sich auf Art. 101 Abs. 3 AEUV beruft, mit überzeugenden Argumenten und Beweisen nachweisen, dass alle diese Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 196).

426    Die Kommission muss ihrerseits diese Argumente und Beweise angemessen prüfen, d. h. feststellen, ob damit die Erfüllung der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV nachgewiesen ist. In bestimmten Fällen können diese Argumente und Beweise die Kommission zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen, da sonst der Schluss zulässig ist, dass die Person, die sich auf Art. 101 Abs. 3 AEUV beruft, ihrer Beweispflicht nachgekommen ist. Die Kommission muss in solchen Fällen diese Argumente und Beweise widerlegen (Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 197).

427    Im vorliegenden Fall haben sich die Klägerinnen in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in Bezug auf die WOW-Allianz auf die Bestimmungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV berufen. Wenn unterstellt wird, dass die WOW-Allianz die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmungen erfüllt hat, war der Umfang des streitigen Kartells zum einen jedoch gleichwohl nicht mit dem Umfang der WOW-Allianz gleichzusetzen und gingen die im angefochtenen Beschluss festgestellten Kontakte zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz zum anderen im Wesentlichen über den Rahmen der Umsetzung dieser Allianz hinaus. Folglich hat die Kommission keine Fehler begangen, als sie davon Abstand genommen hat, Erklärungen hinsichtlich der von den Klägerinnen gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV erteilten Informationen zu liefern, und im 1050. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich festgestellt hat, dass die zwischen den beschuldigten Transportunternehmen geschlossenen Allianzvereinbarungen die streitigen Handlungen nicht rechtfertigen konnten.

3)      Dritte Rüge: Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Kontakte innerhalb der WOW-Allianz in den Anwendungsbereich der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

428    Die Klägerinnen tragen vor, ihre Kontakte innerhalb der WOW-Allianz seien objektiv gesehen nicht Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung und bewiesen auch nicht, dass sie Kenntnis davon gehabt hätten. Die Klägerinnen stützen sich dabei auf mehrere Unterschiede zwischen den Kontakten innerhalb der WOW-Allianz und den „allianzübergreifenden“ Mitteilungen im Rahmen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die u. a. mit ihrem Ziel, dem beteiligten Personal, ihrem Zeitpunkt, der Beteiligung der zuständigen Behörden und ihrem modus operandi zusammenhängen sollen.

429    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerinnen das Bestehen eines objektiven Zusammenhangs zwischen den Kontakten zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz und der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung leugnen und sich dafür auf eine Reihe von Faktoren stützen, die auf der falschen Annahme beruhen, dass sich diese Kontakte in den Rahmen der Umsetzung der WOW-Allianz einfügten. Gleiches gilt für die Berufung auf ein angeblich anderes Ziel, die Kontakte mit den Behörden betreffend die Gründung der WOW-Allianz oder die fehlende Rivalität zwischen Mitgliedern dieser Allianz.

430    Wie aus der Prüfung der beiden ersten Rügen des vorliegenden Teils hervorgeht, erfüllen die Erörterungen innerhalb der WOW-Allianz mehrere der Kriterien, die die Unionsgerichte als für die Beurteilung der Einheitlichkeit einer Zuwiderhandlung relevant betrachten (vgl. oben Rn. 298) und die die Kommission im angefochtenen Beschluss herangezogen hat, um die streitigen Handlungen als eine „einzige, komplexe und fortdauernde Zuwiderhandlung“ einzustufen (vgl. oben Rn. 300). Wie die übrigen Handlungen, in Bezug auf die die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass sie sich in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten, betrafen diese Erörterungen nämlich alle Frachtdienste (einheitliche Dienstleistung). Desgleichen bezogen sie sich allesamt auf die zukünftigen Absichten der beteiligten Transportunternehmen oder sogar auf die Verabschiedung einer gemeinsamen Vorgehensweise bei der Einführung oder Erhebung der Aufschläge (einheitlicher wettbewerbswidriger Zweck und Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung).

431    Im Übrigen ist die Argumentation der Klägerinnen nicht geeignet, das Vorliegen eines Gesamtplans in Frage zu stellen. Erstens ist, was die fehlende Identität des an den Kontakten zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz und den anderen streitigen Kontakten beteiligten Personals angeht, zum einen die Identität der beteiligten natürlichen Personen keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung (vgl. oben Rn. 360) und zum anderen zu beachten, dass das beteiligte Personal entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen in beiden Fällen oftmals zur Zentralverwaltung gehörte. Zweitens sind mehrere von den Klägerinnen angeführte Erwägungen wie beispielsweise die – mündliche oder schriftliche – Form der Kontakte zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz in Anbetracht ihrer Geringfügigkeit selbst dann nicht geeignet, die Schlussfolgerungen der Kommission zum Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung in Frage zu stellen, wenn ihr tatsächliches Bestehen unterstellt wird. Drittens ist die Wahrnehmung, die die Mitglieder eines angeblichen „kleineren Kreises“ von der Rolle hatten, die die Erörterungen innerhalb der WOW-Allianz spielten – abgesehen davon, dass sie in den Schriftsätzen der Klägerinnen nicht belegt wird –, nicht geeignet, den Beweiswert der verschiedenen im angefochtenen Beschluss festgestellten Kontakte, an denen die Mitglieder dieser Allianz beteiligt waren, sowie die Schlussfolgerungen, die die Kommission daraus hinsichtlich eines identischen wettbewerbswidrigen Zwecks gezogen hat, in Frage zu stellen.

432    Folglich ist die vorliegende Rüge und damit der vierte Teil insgesamt zurückzuweisen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die oben in Rn. 415 getroffenen Feststellungen bei der im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes durchzuführenden Gesamtprüfung berücksichtigt werden sollen.

e)      Achter Teil: Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung lokaler und uneinheitlicher Ereignisse in einigen Ländern in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

433    Die Klägerinnen tragen vor, die in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 395, 411, 425, 559 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte wiesen lokalen und uneinheitlichen Charakter auf und könnten somit nicht zum Nachweis ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf globaler Ebene oder ihrer Kenntnis davon dienen. Ebenso wenig habe die Kommission die von ihnen angeführten Argumente und Beweismittel widerlegt, mit denen habe nachgewiesen werden sollen, dass kein enger Zusammenhang zwischen diesen Kontakten und den Kontakten im Rahmen des streitigen Kartells bestanden habe.

434    Die besagten Kontakte und die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung hätten nicht das gleiche Ziel verfolgt, unter Beteiligung unterschiedlicher Transportunternehmen und Mitarbeiter stattgefunden und sich hinsichtlich Zeitpunkt, Ort und Inhalt voneinander unterschieden. Die Kontakte hätten nämlich isolierten Charakter aufgewiesen, unter Beteiligung örtlicher Mitarbeiter in Deutschland, Dänemark und Finnland sowie nichtbeschuldigter Transportunternehmen oder von Transportunternehmen stattgefunden, denen diese Kontakte nicht entgegengehalten worden seien, und sich auf Ad-hoc-Erörterungen spezifischer lokaler Fragen bezogen. Mit der Tatsache, dass der Hauptverwaltung der Klägerinnen Bericht über solche Kontakte erstattet worden sei, lasse sich nicht automatisch feststellen, dass es auf der Ebene der Hauptverwaltung der Klägerinnen eine Koordinierung oder einen Informationsaustausch gegeben habe, die bzw. der über die betreffende lokale Frage hinausgegangen sei.

435    Die Klägerinnen machen weiter geltend, mehrere der in Rede stehenden Kontakte hätten zu keiner Koordinierung geführt oder sich nicht auf ihr Verhalten ausgewirkt.

436    Sie fügen hinzu, dass die fraglichen Kontakte es ihrem Personal nicht ermöglicht hätten, von dem rund um den kleineren Kreis umgesetzten Kartell Kenntnis zu nehmen, und die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die beteiligten natürlichen Personen beabsichtigt hätten, durch ihre Teilnahme an diesen Kontakten zu einem weltweiten Kartell beizutragen.

437    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

438    Zu beachten ist, dass die vier verschiedenen in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 395, 411, 425, 559 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte – wie die Kontakte innerhalb der WOW-Allianz, die im Rahmen des vierten Teils des vorliegenden Klagegrundes geprüft worden sind – mehrere der Kriterien erfüllen, die die Unionsgerichte als für die Beurteilung der Einheitlichkeit einer Zuwiderhandlung relevant betrachten (vgl. oben Rn. 298) und die die Kommission im angefochtenen Beschluss herangezogen hat, um die streitigen Handlungen als eine „einzige, komplexe und fortdauernde Zuwiderhandlung“ einzustufen (vgl. oben Rn. 300).

439    Als Erstes betrafen diese vier verschiedenen Kontakte – wie die anderen Handlungen, in Bezug auf die die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass sie sich in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten – alle Frachtdienste (einheitliche Dienstleistung). Desgleichen bezogen sie sich allesamt auf die zukünftigen Absichten der beteiligten Transportunternehmen oder sogar auf die Verabschiedung einer gemeinsamen Vorgehensweise bei der Einführung oder Erhebung der Aufschläge (einheitlicher wettbewerbswidriger Zweck und Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung).

440    Erstens ist in dem im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen internen E‑Mail-Austausch vom 5. bis zum 11. Januar 2000 nämlich von Erörterungen zwischen dem örtlichen Verantwortlichen der Klägerinnen in Finnland und drei anderen beschuldigten Transportunternehmen über die Einführung des Treibstoffaufschlags die Rede (vgl. auch oben Rn. 357). So wird ausgeführt, dass der örtliche Verantwortliche von British Airways im Rahmen dieser Erörterungen erläutert habe, dass sich British Airways „immer noch nicht entschieden [habe], ob sie den Treibstoffaufschlag einführen [wolle] oder nicht“, während der örtliche Verantwortliche von KLM vorgeschlagen hat, dass „wir alle an diesem Treibstoffaufschlag festhalten sollten“, und ein Mitarbeiter von Lufthansa bestätigt hat, dass Lufthansa „an diesem Treibstoffaufschlag festhalten [werde]“.

441    Zweitens hat sich das in den Erwägungsgründen 173 und 174 des angefochtenen Beschlusses beschriebene „freundschaftliche Treffen“ vom 22. Januar 2001 u. a. auf die Durchführung des Treibstoffaufschlags bezogen. So geht aus einem internen Memorandum einer Mitarbeiterin von Martinair über dieses Treffen, so wie es im 174. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst ist, hervor, dass „[Lufthansa] angegeben [hat], den Treibstoffaufschlag zum 1. Februar 2001 herabsetzen zu wollen, während [Cargolux, Swiss, ein weiteres Transportunternehmen, KLM und British Airways] den Treibstoffaufschlag in gleicher Höhe beizubehalten beabsichtigen“.

442    Drittens beschreiben die Erwägungsgründe 395, 411, 425 und 559 des angefochtenen Beschlusses Kontakte, die zwischen 2004 und 2005 stattgefunden haben und die Durchführung des Treibstoffaufschlags betreffen. Es geht zunächst um eine E‑Mail vom 22. September 2004, mit der Lufthansa gegenüber verschiedenen Transportunternehmen eine Erhöhung des Treibstoffaufschlags angekündigt hat (411. Erwägungsgrund), sodann um Sitzungen des Frachtausschusses des Board of Airlines Representatives in Germany (Rat der Vertreter der Fluggesellschaften in Deutschland, im Folgenden: BARIG) vom 3. September 2004 und 17. November 2005, in deren Rahmen Lufthansa mehreren Transportunternehmen Informationen über den Treibstoffaufschlag geliefert hat (Erwägungsgründe 425 und 559), und schließlich um eine Sitzung des Frachtenunterausschusses des BAR von Singapur vom 23. Juli 2004, in deren Rahmen ein Verantwortlicher von SAC die übrigen Transportunternehmen aufgefordert hat, im Zusammenhang mit der Prüfung des Treibstoffaufschlags „unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die Transparenz hinsichtlich dieser Aufschläge zu verbessern, in zukünftigen Geschäftsjahren ein gewisses Maß an Zusammenarbeit an den Tag zu legen“ (395. Erwägungsgrund).

443    Viertens beschreibt der 584. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine E‑Mail vom 25. September 2001. Aus dieser E‑Mail, so wie sie von der Kommission im besagten Erwägungsgrund zusammengefasst worden ist, geht hervor, dass ein örtlicher Mitarbeiter von SAC „in Skandinavien“ den Klägerinnen die „Pläne von Wettbewerbern … [übermittelt hat], die allesamt die Einführung eines Sicherheitsaufschlags [erwögen], es aber vorzögen, wenn [die Klägerinnen] den ersten Schritt [machten]“.

444    Als Zweites ist in Bezug auf den Ort, den Zeitpunkt, den Inhalt und die angeblich lokale Dimension der vier verschiedenen in Rede stehenden Kontakte sowie die daran beteiligten Personen festzustellen, dass sich die Klägerinnen irren.

445    Zwar wiesen einige der in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 395, 411, 425, 559 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte, wie die Klägerinnen bemerken, eine lokale Dimension auf und haben andere nicht zum gleichen Zeitpunkt wie die Ankündigungen der Entscheidungen über den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag stattgefunden. Zu beachten ist jedoch, dass diese Umstände – weit davon entfernt, nachzuweisen, dass sich die Kontakte nicht in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten – nur eine Folge der Modalitäten der Umsetzung des streitigen Kartells sind. Wie aus dem 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, handelte es sich bei den Aufschlägen nämlich um allgemein anwendbare Maßnahmen, die nicht spezifisch für eine Strecke waren, sondern auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollten. Deshalb wurden die Entscheidungen über die Aufschläge, wie die Kommission in Fn. 1323 sowie in den Erwägungsgründen 876 und 1046 dieses Beschlusses erläutert hat, aufgrund ihrer weltweiten Anwendung üblicherweise auf der Ebene der Hauptverwaltungen der einzelnen Transportunternehmen getroffen, aber auf lokaler Ebene vom örtlichen Personal durchgeführt und konnten insbesondere je nach örtlichen Marktbedingungen und Rechtsvorschriften variieren.

446    Erstens ist festzustellen, dass der im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte interne E‑Mail-Austausch, wie die Klägerinnen im Wesentlichen anerkennen, innerhalb eines Monats nach dem E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 zwischen den Transportunternehmen der Star Cargo-Allianz stattgefunden hat (vgl. oben Rn. 360), dicht auf die Ankündigung über die Einführung des Treibstoffaufschlags gefolgt ist und sich auf die Antwort bezog, die auf den Widerstand zu geben war, der sich durch diese Ankündigung auf Seiten des finnischen Speditionsverbands geregt hatte. Im Übrigen ging dieser E‑Mail-Austausch von der Hauptverwaltung der Klägerinnen aus. Es war nämlich ein Mitarbeiter der Hauptverwaltung der Klägerinnen, der das Büro der Klägerinnen in Helsinki (Finnland) um einen „engen informellen Kontakt“ mit einem Mitarbeiter von Lufthansa betreffend den Widerstand des finnischen Speditionsverbands gegen die Einführung des Treibstoffaufschlags gebeten hat. Es ist auch die Hauptverwaltung, die das Büro der Klägerinnen in Helsinki ermutigt hat, diesem Verband zu antworten, ohne „auf andere Transportunternehmen zu verweisen, da das zu Problemen mit den Kartellaufsichtsbehörden führen kann“.

447    Zweitens ist zu beachten, dass sich das „freundschaftliche Treffen“ vom 22. Januar 2001 und die Sitzung des Frachtausschusses des BARIG vom 17. November 2005, die in den Erwägungsgründen 173 und 174 bzw. 559 des angefochtenen Beschlusses erwähnt werden, zumindest auf die Umsetzung einer auf der Ebene der Hauptverwaltungen beschlossenen Änderung der Höhe des Treibstoffaufschlags in Deutschland bezogen haben. Zum einen geht nämlich aus dem oben in Rn. 441 beschriebenen internen Memorandum von Martinair, so wie es im 174. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zusammengefasst ist, hervor, dass, wie sich auf dem „freundschaftlichen Treffen“ vom 22. Januar 2001 herausgestellt hat, zu dem der Vertriebsdirektor von Lufthansa für Asien und Australien mehrere Wettbewerber eingeladen hatte, „[Lufthansa] angegeben [hat], den Treibstoffaufschlag zum 1. Februar 2001 herabsetzen zu wollen, während [Cargolux, Swiss, ein weiteres Transportunternehmen, KLM und British Airways] den Treibstoffaufschlag in gleicher Höhe beizubehalten beabsichtigen“. Aus den Erwägungsgründen 168 bis 171 und 182 des Beschlusses ergibt sich, dass diese Senkungen, die es hier in Deutschland umzusetzen galt, auch auf breiterer Basis angewandt worden sind. Zum anderen hat sich die Sitzung des Frachtausschusses des BARIG vom 17. November 2005 u. a. auf die Ankündigung von Lufthansa bezogen, den Treibstoffaufschlag mit Wirkung vom 28. November 2005 zu senken. Aus den Erwägungsgründen 552 bis 556 und 562 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass auch diese Senkung auf breiterer Basis angewandt worden ist.

448    Drittens ist anzumerken, dass sich die im 425. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte Sitzung des Frachtausschusses des BARIG vom 3. September 2004 auf mehrere „aktuelle Themen“ bezogen hat, bezüglich derer Lufthansa die anderen Teilnehmer über für den Ausschuss relevante „Neuigkeiten“ informiert hat. Zu diesen Themen gehörte u. a. der Treibstoffaufschlag. In der Klageschrift stellen die Klägerinnen klar, dass es um Änderungen des Treibstoffaufschlags ging.

449    Der 411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses betrifft eine E‑Mail, mit der Lufthansa 19 Tage später 16 Transportunternehmen, von denen mehrere an der oben in Rn. 448 beschriebenen Sitzung des Frachtausschusses des BARIG teilgenommen hatten, ihre Ankündigung einer Erhöhung des Treibstoffaufschlags mit Wirkung vom 4. Oktober 2004 übermittelt hat. Es wird nicht bestritten, dass der deutsche Verkaufsleiter von Lufthansa diese E‑Mail an seine auf lokaler Ebene tätigen Kollegen geschickt hat.

450    Durch den Akteninhalt scheint jedoch nachgewiesen, dass die E‑Mail eine nicht ausschließlich lokale Dimension aufwies. Es ging zumindest darum, die örtliche Umsetzung einer auf der Ebene der Hauptverwaltungen beschlossenen Erhöhung zu gewährleisten. Allerdings geht weder aus dem angefochtenen Beschluss noch aus den Schriftsätzen der Klägerinnen hervor, dass diese Erhöhung nicht auch in anderen Ländern gelten sollte.

451    Aus dem 409. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt sich vielmehr, dass der Manager von CPA in Belgien die Ankündigung einer Erhöhung des Treibstoffaufschlags durch Lufthansa einen Tag vor der Versendung dieser E‑Mail intern an seine Hauptverwaltung weitergeleitet und darauf hingewiesen hat, dass es noch am selben Tag eine „Abschlussbesprechung mit dem ‚Sektor‘ geben [werde], um den belgischen Starttermin zu erörtern“. So geht aus den im 414. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten internen E‑Mails von CPA hervor, dass die „meisten Betreiber von Frachtflugzeugen in Brüssel beschlossen [hatten], [den Treibstoffaufschlag] mit Wirkung vom 1. Oktober 2004 zu erhöhen“, dass aber SAC, nachdem sie ihre Absicht kundgetan hatte, das Gleiche zu tun, von ihrer Hauptverwaltung daran erinnert worden war, dass sie „als Datum den 4. Oktober [2004] wählen [solle]“ (vgl. oben Rn. 289).

452    Außerdem haben die Klägerinnen in der Klageschrift darauf hingewiesen, dass die Ankündigungen über den Treibstoffaufschlag, die sie zwischen 2003 und 2004 von Lufthansa erhalten hatten, darunter die im 411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Ankündigung, an ein und denselben Verkaufsleiter in Deutschland versandt worden seien.

453    Viertens ist zu beachten, dass die im 584. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail, wie die Klägerinnen in der Klageschrift anerkennen, an ihren Geschäftsführer gerichtet war. Aus dem besagten Erwägungsgrund geht ferner hervor, dass der örtliche Mitarbeiter von SAC, der den Klägerinnen in dieser E‑Mail Informationen über die Absicht mehrerer Transportunternehmen übersandt hat, einen Sicherheitsaufschlag einzuführen, die Informationen auch an seine Hauptverwaltung weitergeleitet hat.

454    Zwar geht die im 584. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail – anders als die in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 559 und 584 dieses Beschlusses genannten Kontakte – der Beschlussfassung über den Sicherheitsaufschlag auf der Ebene der Hauptverwaltungen der Transportunternehmen voraus. Das lässt sich jedoch dadurch erklären, dass diese E‑Mail versandt worden ist, obwohl noch nicht sicher war, dass der Sicherheitsaufschlag eingeführt würde.

455    Fünftens geht aus dem 372. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die im 395. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannte Sitzung des Frachtenunterausschusses des BAR von Singapur vom 23. Juli 2004 in den Rahmen von Erörterungen zwischen Transportunternehmen einfügte, die im Sommer 2004 sowohl auf der Ebene der Hauptverwaltungen als auch auf lokaler Ebene stattgefunden und sich auf die Einführung neuer Auslöseschwellen, den neuerlichen Anstieg der Treibstoffpreise und die Erhöhung des Treibstoffaufschlags bezogen haben. Die Klägerinnen liefern nicht den geringsten Anhaltspunkt, um diese Auslegung in Frage zu stellen.

456    Für die Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung hat sich die Kommission somit zu Recht auf die in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 395, 411, 425, 559 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte gestützt.

457    Keines der Argumente der Klägerinnen ist geeignet, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

458    Als Erstes ist zu beachten, dass die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen können, die Kommission sei zum Nachweis verpflichtet gewesen, dass die natürlichen Personen, die an den vier fraglichen Kontakten beteiligt gewesen sind, über diese Kontakte jeweils zum streitigen Kartell beitragen wollten. Sie können ebenso wenig geltend machen, die Kommission sei zum Nachweis verpflichtet gewesen, dass die beteiligten Personen infolge der Kontakte von dem „rund um den kleineren Kreis umgesetzten Kartell“ wussten.

459    Nach der Rechtsprechung kann ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer einheitlichen und komplexen Zuwiderhandlung beteiligt hat, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

460    Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 43).

461    Daraus ergibt sich, dass für den Nachweis der Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, nämlich das Vorliegen eines Gesamtplans, mit dem ein gemeinsames Ziel verfolgt wird, der vorsätzliche Beitrag des betreffenden Unternehmens zu diesem Plan und die (bewiesene oder vermutete) Kenntnis des Unternehmens von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Teilnehmer, an dem es sich nicht unmittelbar beteiligt hat (Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T‑211/08, EU:T:2011:289, Rn. 35; vgl. auch Urteil vom 13. Juli 2018, Stührk Delikatessen Import/Kommission, T‑58/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:474, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung).

462    Dieser Nachweis brauchte jedoch nicht notwendigerweise für jede beteiligte natürliche Person erbracht zu werden.

463    Als Zweites sei bezüglich der Tatsache, dass einigen der Transportunternehmen, die an den in den Erwägungsgründen 144, 173, 174, 395, 411, 425, 559 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakten beteiligt waren, ihre Beteiligung nicht zur Last gelegt worden ist, darauf hingewiesen, dass, wie aus dem 845. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise notwendig die feste Überzeugung begründen muss, dass jedes Merkmal der Zuwiderhandlung begangen worden ist. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung, deren verschiedene Elemente sich gegenseitig verstärken können, dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil vom 16. November 2011, Sachsa Verpackung/Kommission, T‑79/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:674, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

464    Somit hat die Kommission im 716. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt, dass sie „weder jedem Erwägungsgrund … noch jedem einzelnen darin enthaltenen Beweis zwangsläufig den gleichen Wert [beimesse]“ und dass „[d]ie Erwägungsgründe, auf die verwiesen [werde], vielmehr Teil des gesamten Beweismaterials [seien], auf das [sie] sich [stütze], und in diesem Kontext beurteilt werden [müssten]“.

465    Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass die Kommission gegenüber den Transportunternehmen, um die es bei den in Rede stehenden Kontakten ging, über ein Indizienbündel verfügte, das dem Indizienbündel entspricht, über das sie gegenüber den Klägerinnen verfügte.

466    Als Drittes können die Klägerinnen aus ähnlichen wie den oben in Rn. 363 angeführten Gründen nicht geltend machen, die in den Erwägungsgründen 144 und 584 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte hätten sich nicht auf ihr Verhalten ausgewirkt.

467    In Anbetracht des Vorstehenden ist der vorliegende Teil zurückzuweisen.

f)      Fünfter Teil: Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung von Kontakten betreffend Kapazitätsreservierungsvereinbarungen in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

468    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe einen Tatsachen- und Rechtsfehler begangen, als sie zu dem Schluss gekommen sei, dass sich die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten Serienmails von Lufthansa in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten, obwohl sie die Erhebung eines Treibstoffaufschlags im Rahmen von Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zwischen Lufthansa und anderen Transportunternehmen beträfen.

469    Als Erstes könne ein Beweis für das Bestehen und die Bedingungen dieser Vereinbarungen, so die Klägerinnen, nur in Dokumenten gefunden werden, zu denen sie keinen Zugang hätten und deren Vorlage sie im Rahmen des ersten Klagegrundes beantragt hätten, nämlich den Kronzeugenaussagen von Lufthansa und den Antworten anderer Transportunternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Ihre Auslegung werde gleichwohl durch die folgenden drei Gesichtspunkte untermauert. Erstens seien diese E‑Mails zwischen März und August 2005 von der für die Preisgestaltung zuständigen Abteilung von Lufthansa an die Mitarbeiter der „Netz“-Dienste von Transportunternehmen versandt worden, die sich bei Lufthansa Kapazitäten beschafften. Diese Dienste seien mit der Verwaltung der Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zwischen Transportunternehmen betraut und im Allgemeinen nicht an der Preisgestaltung oder der Festsetzung von Aufschlägen beteiligt. Zweitens habe Lufthansa die Adressaten der besagten E‑Mails mit „[l]iebe Partner“ angesprochen. Drittens sei das Bestehen von Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zwischen Lufthansa und den Adressaten der E‑Mails die einzige plausible Erklärung für die Tatsache, dass die verschiedenen E‑Mails stets andere Adressaten gehabt hätten.

470    Als Zweites sei die Kommission den Nachweis schuldig geblieben, dass die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails von Lufthansa Cargo Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung seien.

471    Zum einen komme die Kommission nämlich nicht der ihr obliegenden Nachweispflicht nach und begründe den angefochtenen Beschluss nicht hinreichend, da sie auf keines der von den Klägerinnen angeführten Argumente und Beweismittel eingehe. Diese Argumente und Beweismittel zeigten jedoch, dass zwischen den E‑Mails und den Mitteilungen im Rahmen des streitigen Kartells weder ein enger Zusammenhang noch eine Wechselwirkung bestehe. Zunächst seien die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails von Lufthansa gleichzeitig an zehn bis zwölf Transportunternehmen versandt worden, von denen keines dem „kleineren Kreis“ angehöre und mehr als die Hälfte nicht als Teilnehmer am streitigen Kartell angesehen worden seien. Sodann seien die Mitarbeiter, an die sich diese E‑Mails gerichtet hätten, mit der Verwaltung von Kapazitätsreservierungsvereinbarungen betraut gewesen. Der Mitarbeiter der Klägerinnen, für den die besagten E‑Mails bestimmt gewesen seien, habe im Übrigen keine der anderen E‑Mails erhalten, die die Kommission ihnen zur Last gelegt habe. Schließlich sei der Versand der E‑Mails, die ausschließlich öffentlich zugängliche Informationen enthielten, mit der Aufnahme eines Treibstoffaufschlags in die Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zwischen Transportunternehmen im Jahr 2005 zusammengefallen.

472    Zum anderen habe die Kommission nicht erläutert, wie der Mitarbeiter der Klägerinnen, an den die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails von Lufthansa gerichtet gewesen seien, zur einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung habe beitragen wollen, indem er passiv E‑Mails mit öffentlichen Ankündigungen über den Treibstoffaufschlag erhalte, für die eine legitime geschäftliche Rechtfertigung vorliege.

473    Als Drittes hätten die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails von Lufthansa jedenfalls keinen Einfluss auf das Verhalten der Klägerinnen haben können. Sie hätten ihre Aufschlagspolitik nämlich im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Lufthansa innerhalb der freigestellten Allianz festgelegt. Diese Zusammenarbeit sei über bilaterale E‑Mail-Austausche zwischen den Gesellschaftssitzen der beiden Transportunternehmen zustande gekommen, die den Serienmails von Lufthansa stets vorausgegangen seien.

474    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

475    Insoweit ist als Erstes festzustellen, dass die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails – wie die anderen Handlungen, die Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sind – alle Frachtdienste betrafen (einheitliche Dienstleistung) und sich auf die Höhe und das Timing des Treibstoffaufschlags (einheitlicher wettbewerbswidriger Zweck und Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung) bezogen. Zweck all dieser E‑Mails war es nämlich, die Adressaten über die Absicht von Lufthansa zu informieren, ihren Treibstoffaufschlag ab einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu erhöhen.

476    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann nicht davon ausgegangen werden, dass es ausschließlich darum ging, die ordnungsgemäße Durchführung hypothetischer Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zu gewährleisten.

477    Aus dem 482. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht nämlich hervor, dass die fraglichen Kontakte zumindest teilweise zur Unterstützung des streitigen Kartells dienten. In diesem Erwägungsgrund hat die Kommission die Antwort eines Transportunternehmens auf die in demselben Erwägungsgrund angeführte E‑Mail von Lufthansa zitiert. Darin informiert das Transportunternehmen Lufthansa über Folgendes: „Wir haben unsere Büros angewiesen, die Erhöhung dementsprechend anzuwenden“.

478    Dem Akteninhalt lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass sich die besagte Antwort in den Rahmen der Durchführung einer Geschäftsvereinbarung zwischen dem fraglichen Transportunternehmen und Lufthansa einfügen würde. Der Umstand, dass dieses Transportunternehmen nicht beschuldigt worden ist und die Absicht von Lufthansa bilateral geteilt hat, ist nicht geeignet, die vorstehende Feststellung zu widerlegen.

479    Bei einer Prüfung der Chronologie der Kontakte betreffend den Treibstoffaufschlag ergibt sich ferner, dass die Serienmails von Lufthansa Kettenreaktionen bei den anderen Transportunternehmen im Zusammenhang mit deren eigenen Treibstoffaufschlägen auslösten. So hat die Mitteilung von Lufthansa vom 22. August 2005 (495. Erwägungsgrund) noch am selben Tag oder am Tag darauf zu internen Austauschen bei den Klägerinnen (496. Erwägungsgrund), Japan Airlines (497. Erwägungsgrund) und einem weiteren Transportunternehmen (498. Erwägungsgrund) über die Frage der Erhöhung des Treibstoffaufschlags geführt.

480    Die Klägerinnen berufen sich auch vergeblich auf den öffentlichen Charakter der Informationen, die im Rahmen der in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Kontakte verbreitet worden sind. Zum einen ist nämlich darauf hinzuweisen, dass der Austausch öffentlich zugänglicher Informationen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt, sofern er zur Unterstützung eines anderen wettbewerbswidrigen Mechanismus dient (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 281).

481    Wie aus den Erwägungsgründen 118, 121, 125, 706 und 848 des angefochtenen Beschlusses sowie oben aus den Rn. 476 und 478 hervorgeht, war das bei den in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Kontakten der Fall.

482    Zum anderen ist mit der Kommission festzustellen, dass Lufthansa im Rahmen der in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Kontakte nicht lediglich Informationen erteilt hat, die für die Parteien hypothetischer Kapazitätsreservierungsvereinbarungen öffentlich zugänglich waren. Sie hat ihnen vielmehr Serienmails geschickt und so allen Adressaten die Identität der betreffenden Transportunternehmen (vgl. 797. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) sowie die Höhe und das Timing des Treibstoffaufschlags offengelegt, den sie gemäß diesen hypothetischen Vereinbarungen zu entrichten hatten.

483    Die Klägerinnen behaupten im Übrigen nicht einmal, dass ein solcher kollektiver E‑Mail-Versand für die Durchführung der besagten hypothetischen Vereinbarungen erforderlich gewesen sei, und der Akteninhalt deutet darauf hin, dass das nicht der Fall war. So geht aus dem 453. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass Lufthansa einer der Parteien der hypothetischen Vereinbarungen am 22. März 2005 die Pressemitteilung übermittelt hat, in der eine Erhöhung des Treibstoffaufschlags angekündigt wurde und die sie zuvor per Serienmail ihren „[l]ieben Partnern“ übermittelt hatte (450. Erwägungsgrund). Desgleichen geht aus den E‑Mails in den Anlagen A.59 bis A.61 zur Klageschrift hervor, dass SAC die Klägerinnen bilateral über ihre Absicht informiert hat, den Treibstoffaufschlag, den diese gemäß den von ihnen geschlossenen Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zu entrichten hatten, zu erhöhen.

484    Als Zweites ist zu beachten, dass der Absender dreier dieser vier E‑Mails (Erwägungsgründe 446, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses) ein Mitarbeiter von Lufthansa ist, den die Klägerinnen selbst als „das scheinbar zentrale Element der weltweiten [einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung]“ und den „wichtigsten Mitarbeiter von [Lufthansa] innerhalb des kleineren Kreises“ beschreiben. Die Absenderin der vierten E‑Mail (450. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) war die Pricing-Direktorin von Lufthansa. Zum einen ist diese jedoch an zumindest einem weiteren streitigen Kontakt beteiligt gewesen (455. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zum anderen geht aus der im 457. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail vom 7. April 2005 hervor, dass der Pricing-Direktor von Lan Airlines einen seiner Kollegen gebeten hat, mit ihr Kontakt aufzunehmen, um den Preisindex für Treibstoff zu erörtern.

485    Dagegen hat sich der Mitarbeiter der Klägerinnen, an den die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails von Lufthansa versandt worden sind, zwar nicht an anderen Handlungen beteiligt, in Bezug auf die die Kommission festgestellt hat, dass sie sich in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten. Das kann jedoch nicht für den Nachweis genügen, dass diese E‑Mails nicht Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung waren. So bestehen zum einen gewisse Überschneidungen zwischen anderen Adressaten der E‑Mails und den natürlichen Personen, die sich an anderen Handlungen beteiligt haben, in Bezug auf die festgestellt worden ist, dass sie sich in diese Zuwiderhandlung einfügten. Insbesondere ist der Mitarbeiter von Lan Airlines, der die im 495. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail erhalten hat, an den im 474. Erwägungsgrund desselben Beschlusses beschriebenen streitigen Kontakten beteiligt gewesen.

486    Zum anderen ist daran zu erinnern, dass die Identität der an den verschiedenen streitigen Handlungen beteiligten natürlichen Personen für das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht erforderlich ist. Die Identität der beteiligten Unternehmen ist es im Übrigen auch nicht (vgl. oben Rn. 316).

487    Als Drittes ist festzustellen, dass Lufthansa die Methode, zahlreiche Transportunternehmen per Serienmail über ihre Absicht zu informieren, die Höhe des Treibstoffaufschlags in Kürze zu ändern, nicht nur im Rahmen von Kontakten verwendet hat, von denen die Klägerinnen behaupten, dass sie sich auf die Durchführung von Kapazitätsreservierungsvereinbarungen bezögen. Im Rahmen anderer Kontakte – sowohl auf der Ebene der Hauptverwaltungen (Erwägungsgründe 279 und 346 des angefochtenen Beschlusses) als auch auf lokaler Ebene (Erwägungsgründe 313 und 507 dieses Beschlusses) – ist Lufthansa nämlich auf die gleiche Weise vorgegangen.

488    Als Viertes ist hinsichtlich der Tatsache, dass der Versand der besagten E‑Mails mit der Aufnahme von Aufschlägen in die Kapazitätsreservierungsvereinbarungen zusammenfiel, festzuhalten, dass zu dieser Zeit auch zahlreiche andere streitige Kontakte stattgefunden haben, in Bezug auf die nicht vorgetragen wird, sie hätten auf die Durchführung solcher Vereinbarungen abgezielt.

489    Bezüglich der im Rahmen des vorliegenden Teils erhobenen Rüge eines Begründungsmangels sei darauf hingewiesen, dass Entscheidungen der Kommission gemäß Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta mit einer Begründung versehen werden müssen.

490    Die Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 147).

491    Die Einhaltung der Begründungspflicht ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt betroffene Personen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV und des Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 45).

492    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 107 bis 112 des angefochtenen Beschlusses die „Grundprinzipien und [die] Struktur des Kartells“ dargelegt sowie in den Erwägungsgründen 118 bis 120 dieses Beschlusses die Kontakte betreffend den Treibstoffaufschlag beschrieben, die u. a. E‑Mails umfassten, in denen öffentliche Informationen verbreitet wurden, und zwar auch bei nicht beschuldigten Transportunternehmen. In den Erwägungsgründen 869 bis 883 des besagten Beschlusses hat sie erläutert, weshalb sie das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung festgestellt hatte. Im 719. Erwägungsgrund desselben Beschlusses hat sie die gegen die Klägerinnen hinsichtlich des sich auf den Treibstoffaufschlag beziehenden Bestandteils der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung vorliegenden Beweise, darunter die in den Erwägungsgründen 446, 450, 482 und 495 des fraglichen Beschlusses genannten Beweise, geprüft.

493    Unter diesen Umständen war es – auch in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung und wie im Übrigen aus der im Rahmen des vorliegenden Teils entwickelten Argumentation in der Sache (vgl. oben Rn. 475 bis 488) hervorgeht – für die Klägerinnen leicht, zu verstehen, weshalb die Kommission zu dem Schluss gekommen war, dass sich diese Beweise trotz der von ihnen im Stadium des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Argumente in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten, und für das Gericht, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen.

494    Der vorliegende Teil ist dementsprechend zurückzuweisen.

495    Unter diesen Umständen stellt das Gericht – wenn unterstellt wird, dass die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils beabsichtigen, ihren Antrag auf Vorlage der Kronzeugenaussagen von Lufthansa sowie der Antworten anderer Transportunternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu bekräftigen – fest, dass die Vorlage dieser Dokumente keinen wie auch immer gearteten Nutzen für die Prüfung des vorliegenden Teils haben kann, so dass kein Grund besteht, die Kommission im Wege einer prozessleitenden Maßnahme darum zu ersuchen.

g)      Sechster Teil: Fehler bei der Beurteilung von Kontakten in Drittländern

496    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe einen Tatsachen- und Rechtsfehler begangen, als sie Verhaltensweisen der Klägerinnen auf den Strecken EWR-Drittländer in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einbezogen habe. Zur Stützung dieser Auffassung führen die Klägerinnen im Wesentlichen fünf Rügen an. Diese Rügen werden erstens aus einem Verstoß gegen die Grundsätze der Souveränität und der Nichteinmischung, zweitens Fehlern bei der Beurteilung des staatlichen Zwangs, dem die Klägerinnen in mehreren Drittländern unterworfen worden sein sollen, drittens Fehlern bei der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV auf Verhaltensweisen betreffend eingehende Strecken, die vor dem 1. Mai 2004 stattgefunden haben, und bei der Anwendung von Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr auf Verhaltensweisen betreffend die Strecken Union-Schweiz, die vor dem 1. Juni 2002 stattgefunden haben, viertens Fehlern bei der Beurteilung der Verhaltensweisen in der Schweiz sowie fünftens einem Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Verhaltensweisen der Klägerinnen in Drittländern in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung hergeleitet.

1)      Erste Rüge: Verstoß gegen die Grundsätze der Souveränität und der Nichteinmischung

497    Die Klägerinnen werfen der Kommission im Wesentlichen vor, gegen den in Art. 1 des am 7. Dezember 1944 in Chicago (Vereinigte Staaten) unterzeichneten Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt verankerten Grundsatz der Souveränität und den Grundsatz der Nichteinmischung verstoßen zu haben, als sie das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen angewandt hat, um Verhaltensweisen zu ahnden, die in Drittländern stattgefunden haben und umgesetzt worden sind und für die diese Länder aus ihnen eigenen politischen Gründen eine Genehmigung erteilt haben.

498    Die Kommission hat sich nicht ausdrücklich zu dieser Rüge geäußert.

499    Das Völkergewohnheitsrecht erkennt den Grundsatz an, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt (Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 103 und 104). Dieser Grundsatz ist kodifiziert in Art. 1 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt, auf das sich die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen berufen.

500    Auch der Grundsatz der Nichteinmischung ist im Völkergewohnheitsrecht anerkannt. Dieser auch als Grundsatz des Nichteingreifens bezeichnete Grundsatz berührt das Recht jedes souveränen Staates, seine Angelegenheiten ohne äußere Einmischung zu regeln, und folgt aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 69).

501    Wenn unterstellt wird, dass sich die Klägerinnen vor dem Gericht auf die Grundsätze der Lufthoheit und der Nichteinmischung berufen können, ist festzustellen, dass die Kommission in keiner Weise gegen diese Grundsätze verstoßen hat, als sie das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen angewandt hat, um Verhaltensweisen zu ahnden, die in Drittländern stattgefunden haben und umgesetzt worden sind und für die diese Länder aus ihnen eigenen politischen Gründen eine Genehmigung erteilt haben. Die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV auf Verhaltensweisen, von denen vorhersehbar ist, dass sie sofortige und erhebliche Wirkungen im EWR erzeugen, ist nämlich völkerrechtlich (vgl. Urteil vom 12. Juli 2018, Viscas/Kommission, T‑422/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:446, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung) und damit auch nach den Grundsätzen der Lufthoheit und der Nichteinmischung gerechtfertigt.

502    Wie oben aus den Rn. 149 bis 237 hervorgeht, hat die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorhersehbar sofortige und erhebliche Wirkungen im Binnenmarkt und innerhalb des EWR erzeugt.

503    Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen.

2)      Zweite Rüge: Fehler bei der Beurteilung des staatlichen Zwangs, dem die Klägerinnen in mehreren Drittländern unterworfen worden sein sollen

504    Für die Zwecke der Beurteilung des Vorliegens staatlichen Zwangs, dem die beschuldigten Transportunternehmen in mehreren Drittländern unterworfen worden sein sollen, geht aus den Erwägungsgründen 972 bis 1021 des angefochtenen Beschlusses zunächst hervor, dass die Kommission die Tragweite der LVA analysiert hat, in denen zwei Länder festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine oder mehrere Flugstrecken von den zu diesem Zweck benannten Transportunternehmen bedient werden. So hat sie u. a. darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen der im vorliegenden Fall in Rede stehenden LVA von den Vertragsparteien, in deren Hoheitsgebiet die beschuldigten Transportunternehmen die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen hätten, im Allgemeinen nicht angewandt würden. Nach einer Analyse der Rechtsvorschriften und der Verwaltungspraxis mehrerer Drittländer, nämlich von Hong Kong, Japans, der Republik Indien, des Königreichs Thailand, der Republik Singapur, der Republik Südkorea und der Föderativen Republik Brasilien, hat die Kommission sodann ausgeschlossen, dass irgendein staatlicher Zwang die Nichtanwendung von Art. 101 AEUV auf die Verhaltensweisen der beschuldigten Transportunternehmen rechtfertigen konnte.

505    Die Klägerinnen machen geltend, diese Argumentation sei mit mehreren Fehlern behaftet.

506    Zum einen tragen sie in Bezug auf die Frachtdienste vor, die Verurteilung eines von einem Drittland gebilligten Verhaltens nach den EU-Wettbewerbsregeln stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, gegen Art. 59 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge und gegen Art. 351 AEUV dar, weil sie das nach der Verordnung (EG) Nr. 847/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Aushandlung und Durchführung von Luftverkehrsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten (ABl. 2004, L 157, S. 7) vorgesehene Verfahren verletze.

507    Zum anderen machen die Klägerinnen in Bezug auf das Verhalten von SAS Cargo betreffend Frachtdienste ab Hong Kong, Japan und Thailand im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die von ihnen angeführten Beweise und Argumente unangemessen beurteilt und daher Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens zu Unrecht auf Verhaltensweisen angewandt, die in Wirklichkeit von den zwischen diesen Drittländern und den „skandinavischen Ländern“ geschlossenen LVA oder von den örtlichen Rechtsvorschriften erfasst würden. Was das Verhalten von SAS Cargo betreffend Frachtdienste ab Indien, Singapur, Südkorea und Brasilien angehe, so habe die Kommission bei ihrer Analyse der Regulierungssysteme nicht einmal wirklich geprüft, welche Gesetze und Praktiken anwendbar seien, so dass ihre Entscheidung auf falschen oder nicht durch Beweise belegten Behauptungen beruhe.

508    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

509    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen gilt, die die Unternehmen aus eigener Initiative an den Tag legen. Wird den Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen rechtlichen Rahmen, der selbst jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten ihrerseits ausschließt, so ist Art. 101 AEUV nicht anwendbar. In einem solchen Fall findet die Wettbewerbsbeschränkung nicht, wie diese Vorschrift voraussetzt, in selbstständigen Verhaltensweisen der Unternehmen ihre Ursache (vgl. Urteil vom 11. November 1997, Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, C‑359/95 P und C‑379/95 P, EU:C:1997:531, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

510    Umgekehrt ist Art. 101 AEUV anwendbar, wenn eine nationale Regelung die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen lässt, der durch selbstständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann. Fehlt es an einer zwingenden Rechtsvorschrift, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, kann die Kommission nur dann auf eine fehlende Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen schließen, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergibt, dass diesen ihr Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T‑66/99, EU:T:2003:337, Rn. 177 und 179 und die dort angeführte Rechtsprechung).

511    Nach der Rechtsprechung ist das nicht der Fall, wenn sich ein Gesetz oder Verhalten darauf beschränkt, die Unternehmen zu eigenständigen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu ermuntern oder diese zu erleichtern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, EU:T:2006:396, Rn. 258).

512    Schließlich haben die betreffenden Unternehmen nach der Rechtsprechung den Nachweis zu erbringen, dass ein Gesetz oder ein staatliches Verhalten ihnen tatsächlich jegliche Autonomie in der Gestaltung ihrer Geschäftspolitik genommen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Oktober 1999, Irish Sugar/Kommission, T‑228/97, EU:T:1999:246, Rn. 129). Denn es obliegt zwar der Behörde, die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln erhebt, dafür den Beweis zu erbringen, doch hat das Unternehmen, das sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen diese Regeln auf eine Rechtfertigung beruft, den Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind, so dass die genannte Behörde dann auf andere Beweise zurückgreifen muss (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, C‑90/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:123, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

513    Die vorstehenden Erwägungen gelten gleichermaßen für die Gesetze oder Verhaltensweisen eines Mitgliedstaats oder einer Vertragspartei des EWR-Abkommens und für die Gesetze oder Verhaltensweisen eines Drittlands (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, EU:T:2003:245, Rn. 1131), wie im Wesentlichen aus Fn. 1435 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht.

514    Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Klägerinnen mit Erfolg geltend machen können, die Kommission habe bei ihrer Prüfung der für Flüge ab Hong Kong, Japan und den anderen fraglichen Drittländern geltenden Rechtsvorschriften Fehler begangen.

515    Dazu ist daran zu erinnern, dass die Kommission, wie oben in Rn. 115 entschieden worden ist, einen Fehler begangen hatte, als sie den Klägerinnen den Zugang zu den in den Erwägungsgründen 977 bis 979, 1003, 1005 und 1006 des angefochtenen Beschlusses genannten Passagen der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verweigert hatte, so dass diese Passagen im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des angefochtenen Beschlusses als belastende Umstände auszuschließen sind.

i)      Hong Kong

516    Die Erwägungsgründe 976 bis 993 des angefochtenen Beschlusses beziehen sich zum einen auf die von der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China unterzeichneten LVA und zum anderen auf das Regulierungssystem von Hong Kong. Ausweislich des Wortlauts dieser Erwägungsgründe hat die Kommission die Ansicht vertreten, den Transportunternehmen in Hong Kong sei keine Verpflichtung zur Erörterung von Preisen auferlegt worden.

517    Als Erstes hat die Kommission in den Erwägungsgründen 981 bis 986 des angefochtenen Beschlusses anerkannt, dass die von den benannten Transportunternehmen der Vertragsländer in Rechnung gestellten Preise nach den meisten der von der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China unterzeichneten LVA von den zuständigen Behörden – im Fall von Hong Kong dem CAD – genehmigt werden mussten und dass vorhergehende Preiskonsultationen zwischen den benannten Transportunternehmen nach diesen LVA gestattet waren. Gleichwohl wurde dem angefochtenen Beschluss zufolge in den LVA keinesfalls die Verpflichtung auferlegt, im Vorfeld eines Genehmigungsantrags derartige Konsultationen durchzuführen.

518    Zur Stützung der vorstehenden Schlussfolgerung hat die Kommission im 983. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die wie folgt formulierte Standardklausel mehrerer LVA wiedergegeben:

„Die Preise, auf die in Absatz 1 dieses Artikels Bezug genommen wird, können von den benannten Fluggesellschaften der Vertragsparteien, die eine Genehmigung der Preise anstreben, nach Konsultation der anderen auf der gesamten oder einem Teil derselben Strecke tätigen Fluggesellschaften vereinbart werden, bevor sie vorgeschlagen werden. Nichts hindert jedoch eine benannte Fluggesellschaft daran, einen Preis vorzuschlagen, und nichts verbietet den Luftfahrtbehörden der Vertragsparteien, diesen Preis zu genehmigen, wenn es der Fluggesellschaft nicht gelungen ist, die Zustimmung der anderen benannten Fluggesellschaften zu einem solchen Preis zu erhalten, oder auf derselben Strecke keine andere benannte Fluggesellschaft tätig ist.“

519    Im 985. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission dem hinzugefügt, dass, wie es beispielsweise im LVA zwischen der Tschechischen Republik und der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China heiße, keines der beiden Länder von den Transportunternehmen die Erörterung der Preise verlange.

520    In diesem Zusammenhang bringen die Klägerinnen zwei Argumente vor. Das erste wird daraus hergeleitet, dass die Kommission Abs. 1 der in mehreren von der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China unterzeichneten LVA enthaltenen Klausel, die eine kollektive Aufschlagsregelung vorschreibe, nicht angeführt habe, während mit dem zweiten geltend gemacht wird, das Grundgesetz dieser Zone sehe die unmittelbare Anwendbarkeit der LVA vor.

521    Zum ersten Argument ist festzustellen, dass die Preise der benannten Transportunternehmen, wie aus Abs. 1 der Klausel hervorgeht, die in mehreren LVA vorkommt, an denen die Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China beteiligt ist, von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien unter Berücksichtigung mehrerer einschlägiger Faktoren genehmigt werden müssen. Auch wenn festgehalten ist, dass die Preise anderer Transportunternehmen zu diesen Faktoren gehören, ist jedoch nicht vorgesehen, dass sie nach einer Erörterung zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern festgelegt werden müssen. Daher kann Abs. 1 der vorerwähnten Klausel entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht dahin verstanden werden, dass er eine kollektive Aufschlagsregelung vorschreibt. Folglich ist das erste Argument der Klägerinnen zurückzuweisen.

522    Nach dieser Feststellung ist es nicht mehr erforderlich, zum zweiten Argument, das sich auf die unmittelbare Anwendbarkeit der LVA nach dem Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China bezieht, Stellung zu nehmen. Da die LVA keine kollektive Aufschlagsregelung vorschreiben, können sie die Kommission unabhängig von ihrem rechtlichen Wert in Hong Kong nämlich nicht daran hindern, Art. 101 AEUV oder Art. 53 des EWR-Abkommens auf die Verhaltensweisen anzuwenden, um die es im Rahmen der aus dem staatlichen Zwang hergeleiteten Rechtfertigung geht.

523    Zudem bestreiten die Klägerinnen nicht, dass sich aus den Bestimmungen der LVA über Preiserörterungen zwischen auf bestimmten Strecken benannten Transportunternehmen nicht die Statthaftigkeit allgemeiner Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl verschiedene Bestimmungsländer bedienender Transportunternehmen von der Art herleiten lässt, auf die sich der angefochtene Beschluss bezieht.

524    Als Zweites hat die Kommission in Bezug auf die Verwaltungspraxis von Hong Kong in den Erwägungsgründen 987 bis 989 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass nicht nachgewiesen sei, dass das CAD von den Transportunternehmen verlangt habe, nach Durchführung von Konsultationen gemeinsame Anträge auf Genehmigung von Preisen zu stellen. Insbesondere habe keines der Transportunternehmen einen Beweis dafür beigebracht, dass das CAD die Einreichung gemeinsamer Anträge ausdrücklich vorgeschrieben habe.

525    Im 992. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission zum einen zu dem Schluss gelangt, dass das CAD, was den Treibstoffaufschlag angehe, nicht bereit gewesen sei, Einzelanträge für einen Treibstoffaufschlagsmechanismus anzunehmen, für einen Treibstoffaufschlag mit einer festen Höhe aber Einzelanträge akzeptiert habe, und zum anderen, dass die Transportunternehmen, was die übrigen Aufschläge betreffe, nicht behauptet hätten, dass das CAD gemeinsame Anträge verlangt habe.

526    In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, zwischen 2000 und 2006 sei das CAD, das über einen breiten Ermessensspielraum verfüge, nicht bereit gewesen, für einen Treibstoffaufschlag mit einer festen Höhe Einzelanträge von Transportunternehmen zu akzeptieren. Es habe dem Frachtenunterausschuss des BAR seinerzeit vorgeschrieben, einen auf einem Index beruhenden Treibstoffaufschlagsmechanismus zu vereinbaren, und daher nur gemeinsame Anträge geprüft, die auf Erörterungen zwischen Transportunternehmen über die geltenden Preise gefolgt seien. Erst ab dem Zeitpunkt, zu dem im Jahr 2006 in mehreren Ländern die ersten Untersuchungen über die Aufschläge durchgeführt worden seien, habe das CAD schließlich begonnen, Treibstoffaufschläge zu genehmigen, denen kein indexbasierter Mechanismus zugrunde gelegen habe. Die Höhe des Sicherheitsaufschlags sei nach dem gleichen Verfahren festgelegt worden, bis das CAD im Jahr 2004 beschlossen habe, für den Sicherheitsaufschlag keine Genehmigung mehr zu verlangen. Zur Stützung ihres Vorbringens legen die Klägerinnen mehrere Unterlagen vor, insbesondere an die Kommission gerichtete Schreiben des CAD vom 5. September 2008 und vom 3. September 2009, tragen gleichzeitig aber vor, die Kommission habe keinen Beweis dafür beigebracht, dass das CAD vor dem 14. April 2006 Einzelanträge für Treibstoffaufschläge mit einer festen Höhe erhalten und genehmigt habe.

527    Dazu ist zum einen zu bemerken, dass die Klägerinnen zur Stützung ihres Vorbringens eine Reihe von Schriftstücken vorlegen, die nicht vom CAD stammen, sondern von ihnen selbst oder von anderen Transportunternehmen verfasst worden sind.

528    Einige dieser Schriftstücke bestehen aus Presseartikeln, Online-Veröffentlichungen des Hong Kong Shippers Council (Rat der Transportunternehmen von Hong Kong) oder Dokumenten des Frachtenunterausschusses des BAR. In den verschiedenen Schriftstücken ist zwar davon, dass die Transportunternehmen oder die Behörden von Hong Kong ab 1997 Maßnahmen ergriffen hätten, um einen indexbasierten Treibstoffaufschlagsmechanismus einzuführen, oder davon die Rede, dass ab diesem Jahr gemeinsame Anträge auf Genehmigung des Sicherheitsaufschlags durch das CAD gestellt worden seien, keines weist gleichwohl darauf hin, dass es einem Transportunternehmen unmöglich gewesen wäre, beim CAD einen Einzelantrag über einen festen Treibstoffaufschlag oder den Sicherheitsaufschlag zu stellen.

529    Zum anderen ist in Bezug auf die Schreiben des CAD an die Kommission festzustellen, dass das CAD, worauf im Schreiben vom 5. September 2008 hingewiesen wird, während des Zeitraums 2000-2007 von allen Transportunternehmen, die auf Fracht aus Hong Kong einen Aufschlag erheben wollten, verlangte, zuvor eine Genehmigung einzuholen, und gemeinsame Anträge in diesem Kontext für effizient, angemessen und rechtmäßig hielt und dass eine solche Praxis im Einklang mit den von der Sonderverwaltungszone Hong Kong der Volksrepublik China geschlossenen LVA stand. Aus dem Hinweis, wonach gemeinsame Anträge ein wirksames Mittel für die Antragstellung sowie für die Prüfung und Genehmigung von Aufschlägen seien, und der Tatsache, dass es nach Auffassung des CAD in Hong Kong rechtmäßig war, Anträge in dieser Form zu stellen, lässt sich jedoch nicht schließen, dass die Rechtsvorschriften oder Verwaltungspraktiken von Hong Kong gemeinsame Anträge vorschrieben und Einzelanträge über Aufschläge ausschlossen.

530    Desgleichen hat das Schreiben vom 3. September 2009 folgenden Wortlaut:

„Es muss für die Kommission absolut klar sein, dass wir in Bezug auf den indexbasierten Mechanismus betreffend den Treibstoffaufschlag für Fracht verlangen, dass der [Frachtenunterausschuss des BAR] und die teilnehmenden Transportunternehmen über die Einzelheiten der gemeinsamen Anträge, einschließlich der Höhe des Aufschlags, für den die Genehmigung beantragt wurde, der Beweise, die dem CAD zur Stützung der Anträge vorzulegen waren, und des einheitlichen Mechanismus, der für die Bestimmung des Aufschlags verwendet werden musste, Einvernehmen erzielen. Darüber hinaus hat das CAD die teilnehmenden Transportunternehmen dazu ermächtigt und verpflichtet, speziell den genehmigten Aufschlag zu erheben. Zudem haben wir den Frachtenunterausschuss des BAR dazu ermächtigt und verpflichtet, jede Änderung der Liste mit Transportunternehmen, die an den gemeinsamen Anträgen beteiligt waren, dem CAD zur Genehmigung vorzulegen, und wir haben deutlich hervorgehoben, dass diese Transportunternehmen keinen Treibstoffaufschlag erheben durften, ohne dass das CAD dem Frachtenunterausschuss des BAR eine ausdrückliche Genehmigung erteilt hatte.“

531    In diesem Schreiben werden daher lediglich die Voraussetzungen im Einzelnen aufgeführt, die das CAD stellt, wenn der Frachtenunterausschuss des BAR und die Transportunternehmen einen gemeinsamen Antrag über einen indexbasierten Treibstoffaufschlag in Betracht ziehen. Dagegen wird in ihm weder auf eine allgemeine Verpflichtung zur Stellung eines gemeinsamen Antrags für einen Treibstoffaufschlag noch auf die Unmöglichkeit angespielt, einen Einzelantrag für einen festen Treibstoffaufschlag zu stellen. Das Schreiben steht somit nicht im Widerspruch zum 992. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, aus dem hervorgeht, dass gemeinsame Anträge, die Erörterungen zwischen Transportunternehmen voraussetzten, nur für einen indexbasierten Treibstoffaufschlagsmechanismus vorgeschrieben wurden und Einzelanträge für einen Treibstoffaufschlag mit einer festen Höhe weiterhin möglich waren.

532    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass ein Gesetz oder ein Verhalten der Behörden von Hong Kong, einschließlich der von diesen geschlossenen LVA, sie dazu verpflichtet hätte, ihre Preise mit anderen Transportunternehmen zu erörtern, und es unmöglich gemacht hätte, beim CAD einen Einzelantrag über einen Treibstoffaufschlag mit einer festen Höhe zu stellen. Sie weisen somit nicht nach, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Auffassung vertreten hat, die Rechtsvorschriften von Hong Kong stünden der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht entgegen.

ii)    Japan

533    Die Erwägungsgründe 995 bis 1012 des angefochtenen Beschlusses beziehen sich zum einen auf die von Japan geschlossenen LVA und zum anderen auf das japanische Regulierungssystem. Ausweislich des Wortlauts dieser Erwägungsgründe hat die Kommission die Ansicht vertreten, den Transportunternehmen in Japan sei keine Verpflichtung zur Erörterung von Preisen auferlegt worden.

534    Was als Erstes die von Japan geschlossenen LVA angeht, so greift der angefochtene Beschluss in seinem 995. Erwägungsgrund den Wortlaut einer Klausel in dem mit dem Königreich der Niederlande geschlossenen Abkommen auf, die sich auch in anderen Abkommen wiederfindet und Folgendes vorsieht:

„Soweit möglich, einigen sich die benannten Fluggesellschaften durch Anwendung des Preisfestlegungsverfahrens der IATA über die Preise. Ist das nicht möglich, verständigen sich die benannten Fluggesellschaften untereinander über die Preise für jede einzelne der angegebenen Strecken.“

535    Nachdem die Kommission im 996. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hatte, dass die LVA einem Transportunternehmen zufolge Vereinbarungen über die Preise eher verlangten als gestatteten, hat sie im 997. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervorgehoben, dass das mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland geschlossene Abkommen im Jahr 2000 durch eine Vereinbarung geändert worden sei, wonach sich die benannten Transportunternehmen im Vorfeld eines Genehmigungsantrags nicht mehr über die Preise zu verständigen brauchten. Auch wenn aus den LVA hervorgehe, dass sich die Transportunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen über die Preise ins Benehmen setzen müssten, seien solche Diskussionen nach den Erwägungsgründen 1005 bis 1008 des angefochtenen Beschlusses streng auf die auf bestimmten Strecken benannten Transportunternehmen beschränkt und beträfen keinesfalls allgemeine Diskussionen zwischen einer großen Zahl von Transportunternehmen. Schließlich beanspruchten die Vertragsparteien der LVA in der Praxis nicht die Anwendung dieser Abkommen, so dass sich die Verpflichtungen eher aus den in Japan geltenden nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergäben, was dadurch verstärkt werde, dass die Vertragsparteien geltend machten, die Koordinierung sei für den Treibstoffaufschlag, nicht aber für den Sicherheitsaufschlag erforderlich.

536    In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen erstens vor, die Kommission habe Abs. 1 der im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Standardklausel nicht angeführt. Zweitens sähen die japanische Verfassung und die japanischen Rechtsvorschriften die unmittelbare Anwendbarkeit der LVA in Japan vor, welche durch die Nichtanwendung der Preisklauseln durch die „skandinavischen Länder“ nicht in Frage gestellt werde. Drittens seien sie von dem zwischen Japan und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland geschlossenen LVA nicht betroffen.

537    Erstens ist in Bezug auf die Behauptung, dass die Kommission Abs. 1 der im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Standardklausel nicht angeführt habe, festzustellen, dass dieser Absatz die Faktoren aufführt, die bei der Preisfestsetzung zu berücksichtigen sind, und vorsieht, dass die Preise im Einklang mit den nachfolgenden Bestimmungen des Artikels, zu dem er gehört, festgelegt werden. Somit geht weder aus dieser noch aus der im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Vorschrift hervor, dass die LVA für die Festlegung der Aufschläge eine Verpflichtung zur Koordinierung zwischen Transportunternehmen auferlegen würden. Im Übrigen bringen die Klägerinnen keinerlei untermauertes Argument vor, mit dem das Gegenteil bewiesen werden könnte.

538    Zweitens ist zu bemerken, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass sich aus den Bestimmungen der LVA über Preiserörterungen zwischen auf bestimmten Strecken benannten Transportunternehmen nicht die Statthaftigkeit allgemeiner Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl verschiedene Bestimmungsländer bedienender Transportunternehmen von der Art herleiten lässt, auf die sich der angefochtene Beschluss bezieht.

539    Nach dieser Feststellung ist es nicht mehr erforderlich, zu dem Argument, das sich auf die unmittelbare Anwendbarkeit der LVA nach der Verfassung und den sonstigen Rechtsvorschriften Japans bezieht, Stellung zu nehmen. Da die LVA für die Festlegung der Aufschläge weder eine Verpflichtung zur Koordinierung zwischen Transportunternehmen auferlegen noch allgemeine Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl verschiedene Bestimmungsländer bedienender Transportunternehmen gestatten, können sie die Kommission unabhängig von ihrem rechtlichen Wert in Japan nämlich nicht daran hindern, Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf die Verhaltensweisen anzuwenden, um die es im Rahmen der aus dem staatlichen Zwang hergeleiteten Rechtfertigung geht.

540    Drittens ist der Umstand, dass die Klägerinnen von dem zwischen Japan und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland geschlossenen LVA nicht betroffen sein sollen, irrelevant, da festgestellt worden ist, dass die anderen von Japan unterzeichneten LVA unabhängig vom Inhalt des erstgenannten Abkommens für die Festlegung der Aufschläge weder eine Verpflichtung zur Koordinierung zwischen Transportunternehmen auferlegten noch allgemeine Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl verschiedene Bestimmungsländer bedienender Transportunternehmen gestatteten.

541    Was als Zweites die japanischen Rechtsvorschriften und die japanische Verwaltungspraxis betrifft, so hat die Kommission in den Erwägungsgründen 998 bis 1004 des angefochtenen Beschlusses einige Bestimmungen des japanischen Gesetzes über die Zivilluftfahrt sowie Erklärungen von Transportunternehmen zu den Leitlinien des Japanischen Büros für Zivilluftfahrt (Japanese Civil Aviation Bureau, im Folgenden: JCAB) wiedergegeben. In den Erwägungsgründen 1009 bis 1011 des angefochtenen Beschlusses ist sie zum einen zu dem Schluss gekommen, dass aus diesem Gesetz nicht ausdrücklich hervorgehe, dass die Preiskoordinierung obligatorisch sei, und zum anderen, dass die beschuldigten Transportunternehmen keinen Beweis dafür beigebracht hätten, dass eine solche Verpflichtung durch die Verwaltungspraxis des JCAB auferlegt worden sei. Außerdem hätten die Transportunternehmen nicht vorgetragen, eine solche Verpflichtung könne sich auf den Sicherheitsaufschlag und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beziehen.

542    Diesbezüglich führen die Klägerinnen aus, sie hätten Beweise dafür vorgelegt, dass das JCAB ihren Anträgen über einen individuell festgelegten Treibstoffaufschlag nicht stattgegeben habe. Nach der Annahme einer speziell dem Treibstoffaufschlag für Flüge ab Japan gewidmeten Entschließung der IATA während des Jahres 2000 habe das JCAB 2001 darüber hinaus einen Treibstoffaufschlagsmechanismus für nationale Transportunternehmen gebilligt, an den sich ausländische Transportunternehmen hätten halten müssen. Anschließend hätten in einem ersten Schritt alle Änderungen des Treibstoffaufschlags von den nationalen Transportunternehmen beim JCAB beantragt werden müssen. In einem zweiten Schritt hätten sich die ausländischen Transportunternehmen mit den neuen Preisen einverstanden erklären und beim JCAB einen entsprechenden Antrag stellen müssen. Die gleichen Praktiken hätten für den Sicherheitsaufschlag gegolten.

543    Festzuhalten ist, dass es sich bei den von den Klägerinnen zur Stützung ihrer Behauptungen vorgelegten Unterlagen nicht um Dokumente des JCAB, sondern um Schriftstücke handelt, die sie selbst verfasst haben. Außerdem bestehen einige dieser Schriftstücke aus Schreiben an die Kommission oder das Gericht, denen keine weiteren Beweiselemente beigefügt sind. Ein weiteres Schriftstück betrifft ein nicht in die Verfahrenssprache übersetztes Telex, das vom 2. Dezember 1996 datiert, so dass es mehr als drei Jahre vor Beginn des Zeitraums der Zuwiderhandlung aufgesetzt worden ist. Ein anderes Schriftstück besteht aus einem Dokument, das einem Antrag auf Erhöhung des Treibstoffaufschlags beigefügt ist und die Unmöglichkeit, beim JCAB einen Einzelantrag zu stellen, nicht beweist. In einem weiteren Schriftstück wird ohne weitere Erklärung darauf hingewiesen, dass die Erhebung des Treibstoffaufschlags für Flüge ab Japan zum Schutz der lokalen Wirtschaft ausgeschlossen worden sei. Demnach lässt sich mit keinem dieser Schriftstücke nachweisen, dass es staatlichen Zwang gab, der die Nichtanwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV rechtfertigte.

544    Auch mit den anderen von den Klägerinnen übermittelten Beweisen lässt sich nicht nachweisen, dass die japanischen Rechtsvorschriften oder die japanische Verwaltungspraxis eine Abstimmung über die Höhe des Treibstoffaufschlags vorgeschrieben hätten. Diese Beweise beruhen auf einer von der IATA angenommenen Entschließung und Dokumenten der Transportunternehmen selbst, aus denen bestenfalls hervorgeht, dass bestimmte Transportunternehmen Anträge betreffend die Höhe von Treibstoffaufschlägen gestellt haben, von denen einige genehmigt worden sind, nicht aber, dass diese Unternehmen verpflichtet waren, so vorzugehen.

545    Da sich mit den von den Klägerinnen vorgelegten Beweiselementen nicht nachweisen lässt, dass es eine solche Verpflichtung gegeben hat, ist keines dieser Beweiselemente geeignet, die in den Erwägungsgründen 198, 244, 256, 391, 392, 488 und 491 des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Feststellungen, aus denen hervorgeht, dass die Initiative zur Stellung gemeinsamer Anträge betreffend den Treibstoffaufschlag auf die Transportunternehmen und nicht auf das JCAB zurückgeht, zu entkräften.

546    Als Drittes tragen die Klägerinnen in Bezug auf den Sicherheitsaufschlag zunächst vor, sie seien wie beim Treibstoffaufschlag vorgegangen, in dem Sinne, dass sie die Einreichung eines Antrags der nationalen Transportunternehmen bei den japanischen Behörden abgewartet hätten, bevor sie einen Antrag mit ähnlichen Preisen gestellt hätten. Sie bringen jedoch keinen Beweis bei, mit dem sich diese Behauptungen belegen ließen.

547    Sodann führen die Klägerinnen aus, die Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission stütze, nämlich die in den Erwägungsgründen 597 und 673 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Kontakte, seien Teil der multilateralen Koordinierung innerhalb der WOW-Allianz und fielen somit unter die Freistellung von 1996, wobei sie insoweit auf die im Rahmen des zweiten Teils ihres dritten Klagegrundes entwickelte Argumentation verweisen. Wie jedoch aus dem 1012. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat die Kommission, ohne auf diese Kontakte Bezug zu nehmen, festgestellt, dass die Verfahrensparteien nicht vorgetragen hätten, sie seien verpflichtet gewesen, sich untereinander über den Sicherheitsaufschlag abzustimmen. Demnach geht die diesbezügliche Argumentation der Klägerinnen im Rahmen der vorliegenden Rüge ins Leere.

548    Das Vorbringen der Klägerinnen zum Sicherheitsaufschlag ist somit insgesamt zurückzuweisen.

549    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen keinen Beweis dafür geliefert haben, dass ein Gesetz oder ein Verhalten der japanischen Behörden, einschließlich der von diesem Drittland geschlossenen LVA, sie dazu verpflichtet hätte, ihre Preise in Bezug auf den Treibstoffaufschlag, den Sicherheitsaufschlag oder die Zahlung von Provisionen auf die Aufschläge mit anderen Transportunternehmen zu erörtern. Sie weisen somit nicht nach, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Auffassung vertreten hat, die japanischen Rechtsvorschriften stünden der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens nicht entgegen.

550    Aus dem Vorstehenden geht ferner hervor, dass nicht nachgewiesen ist, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission im angefochtenen Beschluss gelangt ist, möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn die Passagen der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, in Bezug auf die oben in Rn. 124 festgestellt worden ist, dass die Kommission den Klägerinnen den Zugang zu ihnen zu Unrecht verweigert hatte, als belastende Beweismittel ausgeschlossen worden wären. Denn auch ohne sie durfte die Kommission auf der Grundlage der verbleibenden ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel den Schluss ziehen, dass Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf die Verhaltensweisen der beschuldigten Transportunternehmen in Hong Kong und Japan anwendbar waren.

iii) Andere Drittländer

551    In den Erwägungsgründen 1013 bis 1019 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die in der Republik Indien, dem Königreich Thailand, der Republik Singapur, der Republik Südkorea und der Föderativen Republik Brasilien geltenden Regulierungssysteme analysiert. Sie hat bemerkt, dass die zwischen diesen Drittländern und den Mitgliedstaaten der Union geschlossenen LVA in der Regel ein System zur Genehmigung der Preise der Transportunternehmen durch die zuständigen Behörden vorsähen. Sodann hat sie in Bezug auf das Königreich Thailand und die Republik Singapur die Ansicht vertreten, dass die einschlägigen LVA zwar in der Regel ebenfalls eine Klausel enthielten, wonach die Preise möglichst zwischen den benannten Transportunternehmen vereinbart würden, solche Preisvorschriften aber keine allgemeinen Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl von Wirtschaftsteilnehmern wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden umfassten.

552    Im 1019. Erwägungsgrund hat die Kommission festgestellt, dass die aus dem staatlichen Zwang hergeleitete Rechtfertigung „[n]ach der Argumentation … in Bezug auf Hong Kong und Japan“ im Fall von Indien, Thailand, Singapur, Südkorea und Brasilien nicht untermauert werde.

553    Im selben Erwägungsgrund hat die Kommission klargestellt, dass diese Analogie deshalb gültig sei, weil erstens die in den für diese Drittländer geltenden LVA vorgesehenen Preisvorschriften auf die auf bestimmten Strecken benannten Transportunternehmen beschränkt seien und sich nicht auf allgemeine Preisdiskussionen zwischen einer großen Zahl von Wirtschaftsteilnehmern erstreckten, die Dienstleistungen in eine Vielzahl nationaler Bestimmungsorte erbrächten, und zweitens nicht nachgewiesen worden sei, dass die anwendbaren nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Preiskoordinierung verlangten.

554    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe die in Indien, Thailand, Singapur, Südkorea und Brasilien geltenden Regulierungssysteme nicht hinreichend geprüft. Zunächst stellen sie die Beschränkung der in den LVA vorgesehenen Preisdiskussionen auf die auf bestimmten Strecken benannten Transportunternehmen in Abrede und verweisen dabei auf ihre Analyse der in Hong Kong und Japan geltenden Regeln, aus denen hervorgehe, dass die Einhaltung der Preisklauseln der LVA eine Abstimmung zwischen Transportunternehmen über die Preise voraussetzen könne. Sodann führen sie aus, die Rechtsvorschriften und die Verwaltungspraxis in Thailand verpflichteten die Transportunternehmen zur Koordinierung ihrer Preise, und berufen sich dafür u. a. auf Weisungen des thailändischen Ministeriums für zivile Luftfahrt (Department of Aviation of Thailand, im Folgenden: DOA).

555    Was als Erstes die LVA angeht, so berufen sich die Klägerinnen auf die Argumente, die sie im Rahmen ihrer Analyse der in Hong Kong und Japan geltenden Regelungen entwickelt haben, und stellen fest, dass Abs. 1 der im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Standardklausel dieser Abkommen die Grundlage für Regelungen sei, die eine Preisdiskussion zwischen Transportunternehmen vorschrieben. Allerdings ist oben in den Rn. 521 bis 523 und 537 bis 539 festgestellt worden, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen hatten, dass die Anwendung der für Hong Kong und Japan geltenden LVA die Grundlage für lokale Regelungen darstellte, die eine Diskussion zwischen Transportunternehmen über die Aufschläge vorschrieben. Demnach können sich die Klägerinnen nicht entsprechend auf ihre diesbezüglichen Stellungnahmen berufen, um die in den Erwägungsgründen 1013 bis 1019 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Analyse der Kommission zu beanstanden, wonach die von der Republik Indien, dem Königreich Thailand, der Republik Singapur, der Republik Südkorea und der Föderativen Republik Brasilien geschlossenen LVA der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens nicht entgegenstehen konnten.

556    Was als Zweites das Tätigwerden der staatlichen Behörden in Thailand betrifft, so geht aus dem 396. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass bestimmte Transportunternehmen im August 2004 zusammengekommen sind und beschlossen haben, beim DOA einen gemeinsamen Antrag auf Erhöhung des Treibstoffaufschlags zu stellen, wobei Lufthansa ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen hat, dass dieses „gemeinsame Vorgehen erfolgreich sein [werde]“. Aus dem 464. Erwägungsgrund dieses Beschlusses geht ferner hervor, dass ein thailändisches Transportunternehmen dem DOA seinen Treibstoffaufschlag bereits im Januar 2005 mitgeteilt hatte und dass die anderen Transportunternehmen „über diese Frage noch diskutierten“.

557    Diesen Umständen, deren tatsächliches Vorliegen von den Klägerinnen nicht bestritten wird, lässt sich entnehmen, dass bestimmte Transportunternehmen im August 2004 die Initiative zu einem gemeinsamen Vorgehen ergriffen haben, um beim DOA eine Erhöhung des Treibstoffaufschlags zu erwirken, und dass das DOA im Januar 2005 Einzelanträgen betreffend den Treibstoffaufschlag stattgeben konnte. Aus ihnen ergibt sich auch, dass die Transportunternehmen über eine Verhaltensautonomie hinsichtlich der Frage verfügten, ob sie der diesbezüglichen Initiative des nationalen Transportunternehmens folgen würden. Die Kommission durfte somit auf den ersten Blick die Ansicht vertreten, es sei nicht nachgewiesen, dass die Rechtsvorschriften und die Verwaltungspraxis in Thailand die Verpflichtung beinhalteten, die Preise untereinander abzustimmen.

558    Allerdings ist die in einem von den Klägerinnen sowohl während des Verwaltungsverfahrens als auch vor dem Gericht vorgelegten Schreiben vom 20. Juli 2005 enthaltene Weisung des DOA zu berücksichtigen.

559    Aus diesem Schreiben geht hervor, dass das DOA auf den Antrag eines Transportunternehmens hin eine vorläufige Änderung der Höhe des Treibstoffaufschlags ab Thailand beschlossen hat, wobei es sowohl den Satz dieses Aufschlags als auch eine Obergrenze festgelegt hat, die den seinerzeit von der IATA angewandten Sätzen entsprach, und vom fraglichen Transportunternehmen verlangt hat, dass es die vorläufigen Preise allen Transportunternehmen mitteilt, damit diese die so vereinbarten Änderungen umsetzen.

560    Der vorstehenden Weisung lässt sich daher entnehmen, dass sich die Transportunternehmen an die vom DOA beschlossene und vom fraglichen Transportunternehmen mitgeteilte vorläufige Preisänderung halten mussten.

561    Mit dem Erlass einer solchen Weisung hat das DOA in Bezug auf den Treibstoffaufschlag nicht lediglich zur Annahme wettbewerbswidriger Verhaltensweisen durch die Klägerinnen ermuntert oder diese erleichtert. Durch die Festlegung der Tarife für den Treibstoffaufschlag und die Verpflichtung aller Transportunternehmen zur Handhabung dieser Tarife hat das DOA einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der selbst jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten zwischen den Transportunternehmen bei der Festsetzung der Höhe des für Flüge ab Thailand geltenden Treibstoffaufschlags ausschloss.

562    Nach alledem haben die Klägerinnen in Bezug auf die in Thailand geltenden Rechtsvorschriften nachweisen können, ohne dass die Kommission dem nutzbringend widersprochen hätte, dass die Behörden dieses Landes mit Wirkung vom 20. Juli 2005 einen rechtlichen Rahmen geschaffen haben, der selbst jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten zwischen den Transportunternehmen bei der Festsetzung der Höhe des für Flüge ab Thailand geltenden Treibstoffaufschlags ausschloss. Dagegen haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass die thailändischen Rechtsvorschriften jede Möglichkeit für Wettbewerb in Bezug auf den Sicherheitsaufschlag ausschlossen oder dass, was den Treibstoffaufschlag angeht, für den Zeitraum vor dem 20. Juli 2005 jede Möglichkeit für Wettbewerb ausgeschlossen wurde.

563    Demnach ist der angefochtene Beschluss insoweit für nichtig zu erklären, als in ihm festgestellt worden ist, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf das Verhalten der Klägerinnen bei der Festlegung des Treibstoffaufschlags für Flüge ab Thailand zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 anwendbar waren.

564    Schließlich ist das Vorbringen der Klägerinnen, das aus einem Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, gegen Art. 59 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge und gegen Art. 351 AEUV hergeleitet wird, zurückzuweisen. Dieses Vorbringen geht nämlich auf die Annahme zurück, dass die Kommission das in der Verordnung Nr. 847/2004 vorgesehene Verfahren verletzt habe. Die Klägerinnen haben jedoch nicht erläutert, weshalb dieses Verfahren hätte Anwendung finden müssen und inwiefern die Kommission es verletzt haben soll. Sie haben auch nicht erläutert, inwiefern die behauptete Verletzung dieses Verfahrens im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, Art. 59 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge und Art. 351 AEUV verstoßen soll.

3)      Dritte Rüge: Fehler bei der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV auf Verhaltensweisen betreffend eingehende Strecken, die vor dem 1. Mai 2004 stattgefunden haben, und bei der Anwendung von Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr auf Verhaltensweisen betreffend die Strecken Union-Schweiz, die vor dem 1. Juni 2002 stattgefunden haben

565    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sich für die Feststellung ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf Kontakte betreffend Strecken gestützt zu haben, die nicht in ihre Zuständigkeit für die Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr fielen. Es handle sich um Kontakte betreffend eingehende Strecken, die vor dem 1. Mai 2004 stattgefunden hätten (Erwägungsgründe 135, 146, 237, 295, 587, 595 bis 597, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses) bzw. Kontakte betreffend die Strecken Union-Schweiz, die vor dem 1. Juni 2002 stattgefunden hätten (Erwägungsgründe 145 und 204 dieses Beschlusses).

566    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

567    Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 103 Abs. 1 AEUV dem Rat der Europäischen Union die Zuständigkeit für die Verabschiedung zweckdienlicher Verordnungen oder Richtlinien zur Verwirklichung der in den Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Grundsätze überträgt.

568    In Ermangelung einer solchen Regelung sind die Art. 104 und 105 AEUV anwendbar, die den Behörden der Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegen, die Art. 101 und 102 AEUV anzuwenden, und die diesbezüglichen Befugnisse der Kommission auf die Möglichkeit beschränken, auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von Amts wegen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die ihr Amtshilfe zu leisten haben, die Fälle zu untersuchen, in denen Zuwiderhandlungen gegen die Grundsätze dieser Artikel vermutet werden, und gegebenenfalls die geeigneten Mittel vorzuschlagen, um diese abzustellen (Urteil vom 30. April 1986, Asjes u. a., 209/84 bis 213/84, EU:C:1986:188, Rn. 52 bis 54 und 58).

569    Am 6. Februar 1962 hat der Rat auf der Grundlage von Art. [103 AEUV] die Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Art. [101] und [102 AEUV] erlassen (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204).

570    Durch die Verordnung Nr. 141 des Rates vom 26. November 1962 über die Nichtanwendung der Verordnung Nr. 17 des Rates auf den Verkehr (ABl. 1962, Nr. 124, S. 2751) ist der gesamte Bereich des Verkehrs jedoch vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 17 ausgenommen worden (Urteil vom 11. März 1997, Kommission/UIC, C‑264/95 P, EU:C:1997:143, Rn. 44). In Ermangelung einer Regelung wie der in Art. 103 Abs. 1 AEUV vorgesehenen sind die Art. 104 und 105 AEUV daher ursprünglich auf den Luftverkehr anwendbar geblieben (Urteil vom 30. April 1986, Asjes u. a., 209/84 bis 213/84, EU:C:1986:188, Rn. 51 und 52).

571    Die Folge war eine Aufteilung der Zuständigkeiten für die Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, wie sie oben in Rn. 568 beschrieben ist.

572    Erst 1987 hat der Rat gemäß Art. 103 Abs. 1 AEUV eine Verordnung über den Luftverkehr erlassen. Es handelt sich um die Verordnung Nr. 3975/87, die der Kommission die Befugnis übertragen hat, die Art. 101 und 102 AEUV auf den Luftverkehr zwischen Flughäfen innerhalb der Union unter Ausschluss des internationalen Flugverkehrs zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland anzuwenden (Urteil vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro, 66/86, EU:C:1989:140, Rn. 11). Für diesen haben weiterhin die Art. 104 und 105 AEUV gegolten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2000, Aéroports de Paris/Kommission, T‑128/98, EU:T:2000:290, Rn. 55).

573    Mit dem Inkrafttreten des Protokolls 21 zum EWR-Abkommen über die Durchführung der Wettbewerbsregeln für Unternehmen (ABl. 1994, L 1, S. 181) im Jahr 1994 ist diese Regelung auf die Durchführung der Wettbewerbsregeln des EWR-Abkommens ausgeweitet worden, wodurch ausgeschlossen worden ist, dass die Kommission die Art. 53 und 54 des EWR-Abkommens auf den internationalen Flugverkehr zwischen EWR-Vertragsstaaten, die keine Mitglieder der Union sind, und Drittländern anwenden kann.

574    Die Verordnung Nr. 1/2003 und der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 130/2004 vom 24. September 2004 zur Änderung des Anhangs XIV (Wettbewerb), des Protokolls 21 (über die Durchführung der Wettbewerbsregeln für Unternehmen) und des Protokolls 23 (über die Zusammenarbeit zwischen den Überwachungsorganen) zum EWR-Abkommen (ABl. 2005, L 64, S. 57), mit dem diese Verordnung anschließend in das EWR-Abkommen aufgenommen worden ist, haben die besagte Regelung ursprünglich intakt gelassen. Art. 32 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 sah nämlich vor, dass diese „nicht für den Luftverkehr zwischen Flughäfen der [Union] und Drittländern [galt]“.

575    Die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 des Rates vom 26. Februar 2004 zur Aufhebung der Verordnung Nr. 3975/87 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3976/87 sowie der Verordnung Nr. 1/2003 hinsichtlich des Luftverkehrs zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. 2004, L 68, S. 1), durch deren Art. 1 die Verordnung Nr. 3975/87 aufgehoben und durch deren Art. 3 Art. 32 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 gestrichen worden ist, hat der Kommission die Befugnis übertragen, die Art. 101 und 102 AEUV mit Wirkung vom 1. Mai 2004 auf die Strecken Union-Drittländer anzuwenden.

576    Das Abkommen EG-Schweiz über den Luftverkehr ist am 1. Juni 2002 in Kraft getreten. Seitdem ist die Kommission für die Anwendung von Art. 8 dieses Abkommens auf die Strecken Union-Schweiz zuständig.

577    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses unstreitig keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV auf den Strecken Union-Drittländer vor dem 1. Mai 2004 oder gegen Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr auf den Strecken Union-Schweiz vor dem 1. Juni 2002 festgestellt.

578    Die Klägerinnen vertreten gleichwohl im Wesentlichen die Auffassung, die Kommission habe den angefochtenen Beschluss dadurch rechtswidrig gemacht, dass sie auf Kontakte im Zusammenhang mit Strecken, die in den fraglichen Zeiträumen angeblich nicht in ihre räumliche Zuständigkeit fielen (Erwägungsgründe 135, 145, 146, 204, 237, 295, 587, 595 bis 597, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses), Bezug genommen habe, um ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf Strecken nachzuweisen, die in ihre Zuständigkeit fielen.

579    Einleitend ist festzustellen, dass die Kommission den Klägerinnen in den Erwägungsgründen 790 bis 792 des angefochtenen Beschlusses, in denen sie das Beweismaterial gegen die Klägerinnen aufgeführt hat, nicht den im 597. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten Kontakt zur Last gelegt hat (vgl. oben Rn. 333).

580    Abgesehen davon ist zu bemerken, dass die von den Klägerinnen vor dem Gericht vertretene Auslegung des Inhalts der anderen oben in Rn. 578 genannten Kontakte nicht vollständig durch den Akteninhalt gestützt wird. Bei diesen Kontakten ist zwischen den in den Erwägungsgründen 135 und 596 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakten einerseits und den in den Erwägungsgründen 145, 146, 204, 237, 295, 587, 595, 618, 620, 660, 665 und 673 dieses Beschlusses genannten Kontakten andererseits zu unterscheiden. Den Klägerinnen zufolge betreffen Erstere nämlich Kontakte, an denen nur Transportunternehmen mit Sitz außerhalb der Union beteiligt waren, während sich Letztere auf Kontakte außerhalb der Union beziehen.

581    In Bezug auf die in den Erwägungsgründen 135 und 596 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte ist jedoch festzuhalten, dass an ihnen sowohl Transportunternehmen mit Sitz im EWR als auch Transportunternehmen mit Sitz außerhalb des EWR beteiligt waren. Im 135. Erwägungsgrund dieses Beschlusses führt die Kommission einen Kontakt an, der mit einer E‑Mail von SAS an Lufthansa, drei weitere Transportunternehmen und Air Canada begonnen hat. In dieser E‑Mail teilte SAS ihre Bedenken mit und befragte ihre Mailpartner zu deren Absicht, einen Treibstoffaufschlag einzuführen, da der Treibstoffkurs die sogenannte Auslöseschwelle überschritten hatte, die von der IATA im Entwurf einer Entschließung zur Einführung eines Treibstoffaufschlags festgelegt worden war. In Reaktion darauf pflichtete ein Transportunternehmen, wie oben in Rn. 355 ausgeführt, SAS bei, während Lufthansa ihrerseits auf Folgendes hinwies:

„Auch wir zögern, dieses Mal die Initiative zu ergreifen. Falls sich einige unserer großen Wettbewerber dazu entschlössen, würden wir folgen, aber auf andere und weniger zentralisierte Weise.“

582    Im Übrigen geht aus dem 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wie oben in Rn. 440 ausgeführt worden ist, hervor, dass weniger als einen Monat nach dem im 135. Erwägungsgrund genannten Kontakt Diskussionen zwischen dem örtlichen Verantwortlichen der Klägerinnen in Finnland, der u. a. intern die Frage aufgeworfen hat, „[w]ie sich die Dinge dieses Mal bei L[ufthansa] entwickel[te]n“, und drei anderen beschuldigten Transportunternehmen über die Einführung eines Treibstoffaufschlags stattgefunden haben.

583    Im 596. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist von einer E‑Mail vom 1. Oktober 2001 die Rede, in der SAC Lufthansa und die Klägerinnen darauf hingewiesen hat, dass sie mit Wirkung vom darauffolgenden 8. Oktober einen Versicherungs- und Sicherheitsaufschlag erheben werde. Dieser E‑Mail ist im Übrigen ein Kontakt vorausgegangen, der sich unstreitig auf die EWR-internen Strecken bezog. Dabei handelt es sich um den im 584. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakt. Im Rahmen dieses Kontakts, so wie er im besagten Erwägungsgrund zusammengefasst worden ist, hat ein örtlicher Mitarbeiter von SAC „in Skandinavien“ den Klägerinnen die „Pläne von Wettbewerbern“, darunter AF und Lufthansa, übermittelt, die „allesamt die Einführung eines Sicherheitsaufschlags [erwögen], es aber vorzögen, wenn [die Klägerinnen] den ersten Schritt [machten]“.

584    Was die Kontakte angeht, an denen mehrere Transportunternehmen mit Sitz im EWR beteiligt sind, so kann in Anbetracht der im 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellten allgemeinen Anwendbarkeit der Aufschläge und ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die EWR-internen Strecken davon ausgenommen waren, nicht davon ausgegangen werden, dass sie sich ausschließlich auf die Strecken Union-Drittländer bezogen.

585    Die Klägerinnen können somit nicht mit Erfolg geltend machen, dass die in den Erwägungsgründen 135 und 596 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte ausschließlich Strecken betrafen, die in den fraglichen Zeiträumen nicht in die Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr fielen.

586    Die in den Erwägungsgründen 146, 237, 295, 587, 595, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte haben hingegen unstreitig in Drittländern oder zumindest unter Beteiligung lokaler Mitarbeiter der beschuldigten Transportunternehmen in diesen Ländern stattgefunden. Festzuhalten ist jedoch, dass nichts die beschuldigten Transportunternehmen daran hinderte, sich in solchen Ländern untereinander über EWR-interne Frachtdienste abzustimmen oder Informationen darüber auszutauschen. Zur Veranschaulichung: Im 296. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist von einer internen E‑Mail des Büros von Qantas in Singapur vom 18. Februar 2003 die Rede, in der auf die Einführung eines Treibstoffaufschlags in einer bestimmten Höhe durch British Airways „in Europa“ Bezug genommen wird. Desgleichen ist im 206. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses von einem Schreiben vom 19. November 2001 die Rede, in dem der Vorsitzende des Frachtenunterausschusses des BAR in Hong Kong die Verbandsmitglieder aufgefordert hat, „mit[zu]teilen, ob [ihre] Zentralverwaltung die Absicht [habe], den Treibstoffaufschlag in den Überseemärkten zu verringern oder zurückzuziehen“.

587    Abgesehen davon ist festzuhalten, dass der vorliegende Teil selbst dann zum Scheitern verurteilt wäre, wenn die in den Erwägungsgründen 145, 146, 204, 237, 295, 587, 595, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte ausschließlich Strecken beträfen, die in den fraglichen Zeiträumen nicht in die Zuständigkeit der Kommission fielen.

588    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission, um ein vollständiges Bild der Situation zu zeichnen, auf Kontakte aus der Zeit vor der Zuwiderhandlung stützen und so die Auslegung bestimmter Beweiselemente untermauern kann (Urteil vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:255, Rn. 427 und 428). Das ist selbst dann der Fall, wenn die Kommission für die Feststellung und Ahndung einer vor dieser Zeit begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln nicht zuständig war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, EU:T:2006:136, Rn. 89, und vom 22. März 2012, Slovak Telekom/Kommission, T‑458/09 und T‑171/10, EU:T:2012:145, Rn. 45 bis 52).

589    In dem mit „Grundprinzipien und Struktur des Kartells“ überschriebenen Teil des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission im 107. Erwägungsgrund ausgeführt, ihre Untersuchung habe ein weltweit tätiges Kartell auf der Grundlage eines Netzes bilateraler und multilateraler Kontakte ergeben, die „auf unterschiedlichen Ebenen innerhalb der betreffenden Unternehmen“ stattgefunden „und sich in einigen Fällen auch auf unterschiedliche geografische Gebiete bezogen“ hätten.

590    In den Erwägungsgründen 109, 110, 876, 889 und 1046 sowie in Fn. 1323 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Funktionsmodalitäten dieser Organisation auf mehreren Ebenen präzisiert. Der Kommission zufolge handelte es sich bei den Aufschlägen um allgemein anwendbare Maßnahmen, die nicht spezifisch für eine Strecke waren, sondern auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollten. Die Entscheidungen über die Aufschläge würden in der Regel auf der Ebene der Hauptverwaltungen der einzelnen Transportunternehmen getroffen. So stünden die Hauptverwaltungen der Transportunternehmen in „gegenseitigem Kontakt“, wenn eine Änderung bei der Höhe des Aufschlags unmittelbar bevorstehe. Auf lokaler Ebene stimmten sich die Transportunternehmen untereinander ab, teils mit dem Ziel, die Weisungen ihrer jeweiligen Hauptverwaltungen besser auszuführen und sie an die örtlichen Marktbedingungen und Rechtsvorschriften anzupassen, teils aber auch, um lokale Initiativen zu koordinieren und durchzuführen. Im 111. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass dafür insbesondere in Hong Kong und in der Schweiz die örtlichen Verbände von Vertretern der Transportunternehmen genutzt worden seien.

591    Die fraglichen Kontakte fügten sich gerade in diesen Rahmen ein. Denn erstens bezogen sich diese Kontakte allesamt – ganz oder teilweise – auf die Einführung oder Erhebung von Aufschlägen in der Schweiz (Erwägungsgründe 145 und 204), in Hong Kong (Erwägungsgründe 237, 587, 618, 620, 660 und 665), in Singapur (Erwägungsgründe 146 und 295) sowie in Japan (673. Erwägungsgrund) oder ganz allgemein in Südostasien (595. Erwägungsgrund). Zweitens waren an den meisten Kontakten Mitarbeiter der Hauptverwaltungen der beschuldigten Transportunternehmen beteiligt oder es ging dabei um Weisungen seitens dieser Mitarbeiter oder Kommunikationen mit ihnen (Erwägungsgründe 237, 295, 595, 618, 620 und 673). Drittens spiegeln mehrere dieser Kontakte auf lokaler Ebene Ankündigungen bzw. Entscheidungen wider, die zuvor auf zentraler Ebene gemacht bzw. getroffen worden sind (Erwägungsgründe 204 und 673), oder haben zumindest gleichzeitig mit Diskussionen zwischen den Hauptverwaltungen oder mit auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen über Aufschläge stattgefunden (Erwägungsgründe 145, 146, 237, 295, 587 und 595). Viertens haben die meisten Kontakte innerhalb örtlicher Verbände von Vertretern der Transportunternehmen oder am Rande von deren Treffen stattgefunden (Erwägungsgründe 145, 146, 204, 295, 587, 618, 660 und 665).

592    Die Klägerinnen tragen im Übrigen nicht vor, diese Kontakte untermauerten nicht den Ansatz der Kommission im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln, von denen nicht behauptet wird, dass sie nicht in deren Zuständigkeit fielen. So gehören die in den Erwägungsgründen 145, 146, 204, 237 und 295 des angefochtenen Beschlusses genannten streitigen Kontakte zu den rund 20 streitigen Kontakten, die die Kommission im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt hat, um die Beteiligung der Klägerinnen an den drei Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag festzustellen.

593    Bei den in den Erwägungsgründen 587, 595, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses genannten streitigen Kontakten geht es um sieben der 14 streitigen Kontakte, die die Kommission in den Fn. 1258 bis 1260 dieses Beschlusses angeführt hat, um nachzuweisen, dass die Klägerinnen von einer Koordinierung des Sicherheitsaufschlags wussten, die über ihre Kontakte mit Lufthansa hinausging, weil sie mit mehreren Transportunternehmen direkte Kontakte betreffend die Umsetzung des Sicherheitsaufschlags hatten.

594    Folglich durfte sich die Kommission auf die in den Erwägungsgründen 145, 146, 204, 237, 295, 587, 595, 618, 620, 660, 665 und 673 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte stützen, um ein umfassendes Bild des streitigen Kartells zu zeichnen und so die Auslegung der Beweismittel zu untermauern, die sie herangezogen hat, um den Klägerinnen die Verantwortung für die Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag zuzuweisen.

595    Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen.

4)      Vierte Rüge: Fehler bei der Beurteilung der Verhaltensweisen in der Schweiz

596    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe einen Fehler bei der Beurteilung von drei Kontakten in der Schweiz begangen, nämlich den in den Erwägungsgründen 145, 204 und 443 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakten. Mit diesen Kontakten lasse sich nicht nachweisen, dass sie an der Koordinierung der Aufschläge beteiligt gewesen seien.

597    Als Erstes zeige eine Prüfung der im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen E‑Mail, dass die Klägerinnen, Air Canada und Lufthansa „Ausnahmen von der Vereinbarung“ zwischen Transportunternehmen seien, die darin bestehe, in der Schweiz die gleiche Treibstoffaufschlagspolitik anzuwenden wie Swiss. Die in dieser E‑Mail beschriebenen Gespräche beträfen Lufthansa, KLM und AF, während die Informationen über die Klägerinnen zum öffentlichen Bereich gehört hätten.

598    Als Zweites beschränke sich die im 204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail eines örtlichen Mitarbeiters der Klägerinnen an den Präsidenten des schweizerischen Verbands der Transportunternehmen Air Cargo Council Switzerland (Schweizerischer Luftfrachtrat, im Folgenden: ACCS) auf den Hinweis, dass die Klägerinnen die Rücknahme ihres Treibstoffaufschlags angekündigt hätten. Diese Information habe jedoch bereits zum öffentlichen Bereich gehört. Im Übrigen sei es falsch, anzunehmen, dass der ACCS die zum öffentlichen Bereich gehörenden Informationen über den Treibstoffaufschlag für seine Mitglieder gesammelt und koordiniert habe. Der ACCS habe vielmehr ein legitimes Ziel verfolgt, das darin bestanden habe, die Kunden der Transportunternehmen über die Aufschläge zu informieren.

599    Als Drittes sei die im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail nicht an die Klägerinnen gerichtet gewesen, die zuvor ihr Büro in der Schweiz geschlossen und den ACCS verlassen hätten. Die E‑Mail sei zwar an einen Verkaufsagenten der Klägerinnen versandt worden, dieser habe aber auch für rund 20 andere Transportunternehmen gearbeitet.

600    Die Kommission entgegnet, dass die von den Klägerinnen vorgeschlagene Auslegung der im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen E‑Mail schwer mit deren Wortlaut zu vereinbaren sei, während sich die im 204. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten E‑Mails in einen etablierten Informationsaustauschmechanismus innerhalb des ACCS einfügten. Die im 443. Erwägungsgrund des Beschlusses genannte E‑Mail wiederum sei bei einem Verkaufsagenten der Klägerinnen eingegangen und könne diesen somit zugerechnet werden.

601    Die drei Kontakte, auf die sich die vorliegende Rüge bezieht, sind nacheinander zu prüfen.

602    Als Erstes handelt es sich bei dem im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakt um eine E‑Mail von Swiss vom 10. Januar 2000, aus der die Kommission im 851. Erwägungsgrund dieses Beschlusses abgeleitet hat, dass sich Lufthansa und die Klägerinnen an einer Vereinbarung beteiligt hätten, um für die Festlegung der Höhe des Treibstoffaufschlags das steuerpflichtige Gewicht zu verwenden.

603    In dieser E‑Mail heißt es, dass „[i]n der Schweiz … alle Transportunternehmen übereingekommen [sind], die gleiche Politik wie [Swiss] zu verfolgen“, nämlich für die Berechnung des Treibstoffaufschlags eher das steuerpflichtige als das tatsächliche Gewicht zu verwenden, wobei Lufthansa die „einzige nennenswerte Ausnahme“ sei.

604    Wie die Klägerinnen hervorheben, wird in dieser E‑Mail zwar auch darauf hingewiesen, dass sie wie Lufthansa oder Air Canada am Kriterium des tatsächlichen Gewichts festhielten. Darüber hinaus kommen in der E‑Mail die diesbezüglichen Bedenken anderer beschuldigter Transportunternehmen zur Sprache.

605    Das stellt jedoch keinesfalls die Feststellung in Frage, dass die Diskussionen über die Einführung des Treibstoffaufschlags, an denen die Klägerinnen und diese anderen beschuldigten Transportunternehmen beteiligt waren, tatsächlich stattgefunden haben. Wenn in der im 145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail der Widerspruch zwischen der Präferenz der Klägerinnen und der anderer Transportunternehmen herausgestellt wird, so geschieht das lediglich, um zu veranschaulichen, wie stark „weiterhin Verwirrung darüber herrscht, wer tatsächlich was anwenden wird“.

606    Daher konnte die Kommission im 851. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ohne einen Fehler zu begehen, zu dem Schluss kommen, dass die Klägerinnen an der fraglichen Vereinbarung beteiligt gewesen waren und lediglich beschlossen hatten, sie „in diesem Stadium“ noch nicht anzuwenden.

607    Als Zweites geht es bei den im 204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakten um E‑Mails, die am 6. und 7. Dezember 2001 an die Mitglieder des ACCS versandt worden sind. In diesen E‑Mails geben die Klägerinnen, Martinair, AF und Japan Airlines allesamt an, den Treibstoffaufschlag streichen zu wollen.

608    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen war es nicht alleiniger Zweck der E‑Mails, die Übermittlung von bereits zum öffentlichen Bereich gehörenden Informationen an Kunden der Transportunternehmen zu erleichtern. Bei den im 204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakten handelt es sich nämlich um Antworten auf ein im 203. Erwägungsgrund desselben Beschlusses genanntes Ersuchen des Präsidenten des ACCS vom 4. Dezember 2001. In dieser E‑Mail hat der Präsident des ACCS darauf hingewiesen, dass sein Arbeitgeber, Malaysian Airlines, den Treibstoffaufschlag in Kuala Lumpur (Malaysia) für den asiatischen Markt nicht mehr erhebe und er dementsprechend selbst „unter Druck steh[e]“, es ihm gleichzutun.

609    Zwar hat der Präsident des ACCS, wie die Klägerinnen bemerken, dem hinzugefügt, dass er sich im Hinblick auf seine Zusammenkunft mit einem Verband von Spediteuren am nächsten Tag ein „Bild der aktuellen Lage“ der Adressaten seiner E‑Mail machen wolle. Seine Worte müssen jedoch im Licht seiner vorherigen E‑Mails ausgelegt werden. Seine E‑Mail vom 4. Dezember 2001 war nämlich nicht die erste, in der er die Mitglieder seines Verbands zu ihren etwaigen Plänen befragte, den Treibstoffaufschlag zu streichen. So hat sich der Präsident des ACCS in einer im 202. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail vom 21. November 2001 darüber beklagt, von Dritten erfahren zu haben, dass KLM den Treibstoffaufschlag mit Wirkung vom darauffolgenden 1. Dezember streichen werde, darum gebeten, über derartige Schritte informiert zu werden, und hervorgehoben, dass „unsere Organisation tatsächlich in Frage gestellt wird, wenn wir nicht geschlossen bleiben“. Er hat bei den Mitgliedern des ACCS auch darauf gedrängt, „der Entscheidung von KLM nicht zu folgen und zumindest bis zum Jahresende am Treibstoffaufschlag festzuhalten“. In Reaktion darauf haben mehrere Transportunternehmen den Mitgliedern des ACCS ihre diesbezüglichen Absichten mitgeteilt.

610    Bezüglich der Tatsache, dass die übermittelten Informationen zum öffentlichen Bereich gehörten, ist daran zu erinnern, dass der Austausch öffentlich zugänglicher Informationen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt, sofern er zur Unterstützung eines anderen wettbewerbswidrigen Mechanismus dient (vgl. oben Rn. 480). Wie oben aus den Rn. 607 bis 609 hervorgeht, war das vorliegend der Fall.

611    Folglich ist den Klägerinnen nicht der Nachweis gelungen, dass die Kommission bei der Beurteilung der im 204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte einen Fehler begangen hat.

612    Als Drittes ist zu der im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail, die nicht an die Klägerinnen, sondern an einen ihrer Verkaufsagenten versandt worden sein soll, zu sagen, dass ein Absatzmittler, Handelsvertreter oder Beauftragter, wenn er für ein beauftragendes Unternehmen tätig wird, grundsätzlich als ein in dieses Unternehmen eingegliedertes Hilfsorgan angesehen werden kann, das dessen Weisungen zu folgen hat und sonach mit ihm eine wirtschaftliche Einheit bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T‑66/99, EU:T:2003:337, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung).

613    Nach der Rechtsprechung besteht das maßgebliche Element bei der Prüfung des Vorliegens einer solchen wirtschaftlichen Einheit in dem mit dem beauftragenden Unternehmen geschlossenen Vertrag und insbesondere in den darin enthaltenen ausdrücklichen oder stillschweigenden Klauseln hinsichtlich des Tragens finanzieller und kommerzieller Risiken im Zusammenhang mit der Durchführung von Verträgen mit Dritten. Diese Frage ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität und nicht der rechtlichen Qualifizierung der Vertragsbeziehung im innerstaatlichen Recht zu untersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C‑217/05, EU:C:2006:784, Rn. 46).

614    Darüber hinaus ist entschieden worden, dass es nicht für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit spricht, wenn der Absatzmittler neben seiner für Rechnung des Geschäftsherrn ausgeübten Tätigkeit in beträchtlichem Umfang eine eigene Geschäftstätigkeit als Eigenhändler auf dem relevanten Produkt- oder Dienstleistungsmarkt entfaltet (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T‑66/99, EU:T:2003:337, Rn. 128 und die dort angeführte Rechtsprechung).

615    Zum einen hat die Kommission nicht den geringsten Beweis dafür beigebracht, dass der Verkaufsagent, der die im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail erhalten hat, nicht das wirtschaftliche Risiko im Zusammenhang mit der Durchführung des von ihm mit den Klägerinnen geschlossenen Vertrags übernahm. Sie hat auch nicht behauptet, dass dieser Agent sein Marktverhalten nicht selbständig bestimmte und sich damit begnügte, die ihm von den Klägerinnen erteilten Weisungen zu befolgen.

616    Zum anderen bestreitet die Kommission nicht, dass dieser Agent neben seiner Tätigkeit für die Klägerinnen rund 20 anderen Transportunternehmen Dienstleistungen erbrachte. Sie behauptet ebenso wenig, dass sich der Agent für Rechnung der Klägerinnen an den Tätigkeiten beteiligt hat, auf die sich die im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail bezog.

617    Im Übrigen kann entgegen dem Vorbringen der Kommission auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Agent den Klägerinnen die in der im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail enthaltenen Informationen übermittelt hat. Die Kommission, der die Beweislast oblag, ist nämlich den Nachweis schuldig geblieben, dass das der Fall war.

618    In Ermangelung anderer ernsthafter, genauer und übereinstimmender Beweise, aus denen hervorgeht, dass sich die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung mit der im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail feststellen ließ, ist diese daher aus dem Bündel von Indizien zu entfernen, dem die Klägerinnen im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes als Ganzes entgegentreten.

5)      Fünfte Rüge: Fehler im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Verhaltensweisen der Klägerinnen in Drittländern in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

619    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission sei der ihr obliegenden Beweispflicht dafür, dass sich „all diese Verhaltensweisen“ in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten, nicht nachgekommen.

620    Sie machen weiter geltend, die Kommission habe dadurch ihre Begründungspflicht verletzt, dass sie die Beweismittel und Argumente, die sie zum Nachweis dafür angeführt hätten, dass zwischen den fraglichen Verhaltensweisen und den Kommunikationen im Rahmen des streitigen Kartells kein enger Zusammenhang bestehe, nicht widerlegt habe. Diese Beweismittel und Argumente zeigten, dass die Kommunikationen und Handlungen, die Teil des streitigen Kartells gewesen seien, gesonderte Ziele verfolgt, unter Beteiligung anderer Transportunternehmen und Mitarbeiter stattgefunden sowie einen anderen Inhalt, Zeitplan und Öffentlichkeitsgrad gehabt hätten.

621    Die Klägerinnen fügen hinzu, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass ihr örtliches Personal durch die Beteiligung an den Verhaltensweisen in Drittländern zu einem weltweiten Kartell betreffend die Koordinierung des Treibstoffaufschlags habe beitragen wollen. Aus ihrer Beteiligung an diesen Verhaltensweisen hätte im Übrigen nicht geschlossen werden dürfen, dass sie das Risiko im Zusammenhang mit dem streitigen Kartell eingegangen seien.

622    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

623    Zu beachten ist, dass sich die vorliegende Rüge mit dem Argument überschneidet, das vom Gericht bereits oben in Rn. 288 – im Rahmen der Prüfung der ersten Rüge des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes – untersucht und zurückgewiesen worden ist.

624    Dementsprechend ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen. Dem vorliegenden Teil ist somit stattzugeben, soweit er sich auf die Festlegung des Treibstoffaufschlags für Flüge ab Thailand zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 und auf den 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bezieht. Im Übrigen ist dieser Teil zurückzuweisen.

h)      Siebter Teil: Fehler bei der Beurteilung der Spekulationen anderer Transportunternehmen hinsichtlich des Verhaltens der Klägerinnen

625    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Feststellung der Kommission, dass sich die in den Erwägungsgründen 196, 273, 406 und 415 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Beweismittel in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einfügten. Diese Beweismittel beträfen Kontakte, an denen sie nicht beteiligt gewesen seien, und enthielten nur öffentlich zugängliche Informationen sie betreffend.

626    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen. Was insbesondere die im 196. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Tabelle von CPA angeht, so macht die Kommission geltend, diese deute darauf hin, dass die Klägerinnen CPA einige der fraglichen Informationen bereits vor deren Veröffentlichung übermittelt hätten. Sie fügt hinzu, dass die Klägerinnen zumindest in Bezug auf zwei Transportunternehmen nicht beweisen könnten, dass die verbleibenden fraglichen Informationen bereits öffentlich gewesen seien, und dass die Erwägungsgründe 173, 237 und 394 des angefochtenen Beschlusses andere Beweise für Kontakte zwischen dem Personal der Klägerinnen und CPA beschrieben. Hinsichtlich der in den Erwägungsgründen 406 und 415 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte trägt die Kommission vor, es handle sich dabei um Nachrichten, in denen AF das künftige Verhalten der Klägerinnen geprüft habe. Diese Nachrichten bewiesen, dass AF und KLM beabsichtigt hätten, ihre Treibstoffaufschlagspolitik an die von Lufthansa und der Klägerinnen anzupassen. Die Kommission fügt hinzu, dass die in den Erwägungsgründen 173, 174, 425, 546 und 966 beschriebenen Kontakte ihren Standpunkt untermauerten.

627    Im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission verschiedene streitige Kontakte beschrieben, an denen die Klägerinnen ihrer Ansicht nach beteiligt gewesen sind. Am Ende dieses Erwägungsgrundes hat sie unter Verweis auf die Erwägungsgründe 196, 273, 406, 415, 425, 491, 506 und 559 des angefochtenen Beschlusses hinzugefügt, dass es „darüber hinaus noch weitere Beweise für Kontakte mit Wettbewerbern [gebe]“.

628    Der vorliegende Teil bezieht sich auf vier dieser acht Erwägungsgründe.

629    Als Erstes hat die Kommission im 196. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf einen auf dem Laptop eines Mitarbeiters von CPA entdeckten Ordner Bezug genommen. Dieser Ordner mit dem Titel „Übersicht über den Treibstoffaufschlag am 6. Dezember 2001“ enthält eine mit „Abschaffung des Treibstoffaufschlags nach Land“ überschriebene Tabelle. Aus dieser Tabelle geht u. a. hervor, dass die Klägerinnen beabsichtigt hatten, den Treibstoffaufschlag „in Skandinavien“ am 20. Dezember 2001 abzuschaffen, CPA aber noch auf eine „offizielle Stellungnahme [wartete]“.

630    Die Klägerinnen hatten jedoch bereits per Pressemitteilung vom 5. Dezember 2001 angekündigt, dass sie den Treibstoffaufschlag mit Wirkung vom darauffolgenden 20. Dezember abschaffen würden. Wie aus der Akte des Verwaltungsverfahrens hervorgeht, hatten fünf der sieben anderen in der mit „Abschaffung des Treibstoffaufschlags nach Land“ überschriebenen Tabelle aufgeführten Transportunternehmen zwischen dem 21. November und dem 6. Dezember 2001 öffentlich angekündigt, dass sie den Treibstoffaufschlag im Dezember 2001 abschaffen würden.

631    Was die beiden anderen in der fraglichen Tabelle genannten Transportunternehmen betrifft, so haben die Klägerinnen zwar nicht nachgewiesen, dass diese Transportunternehmen ihr Vorhaben, den Treibstoffaufschlag am 6. Dezember oder zu einem früheren Zeitpunkt abzuschaffen, angekündigt hatten. Mit den Klägerinnen ist jedoch festzustellen, dass sich der Akte des Verwaltungsverfahrens nicht entnehmen lässt, an welchen Daten die Ankündigung des Vorhabens, den Treibstoffaufschlag abzuschaffen, veröffentlicht worden ist, und dass eines der Transportunternehmen zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr existierte. Unter diesen Umständen kann den Klägerinnen deshalb kein Vorwurf gemacht werden, zumal die fraglichen Ankündigungen mehr als 15 Jahre vorher veröffentlicht worden sind.

632    Aus dem im 196. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Dokument durfte die Kommission somit nicht ableiten, dass es einen wettbewerbswidrigen Kontakt gegeben hatte, an dem die Klägerinnen beteiligt gewesen waren. Der bloße Umstand, dass die Klägerinnen mehrere Monate (Erwägungsgründe 173 und 237) oder sogar Jahre (394. Erwägungsgrund) lang in unregelmäßigen Abständen an multilateralen Kontakten beteiligt gewesen sind, an denen sich auch CPA beteiligt hat, ist nicht geeignet, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

633    Als Zweites hat die Kommission im 273. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine interne E‑Mail von Qantas vom 17. Februar 2003 verwiesen, aus der hervorgeht, dass mehrere Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen, „darauf hingewiesen [hatten], dass sie ihren Treibstoffaufschlag von 0,06 GBP/kg auf 0,09 GBP/kg erhöhen [würden]“, und dass „[Lufthansa] in Deutschland voraussichtlich morgen eine Erhöhung von 0,10 Euro/kg auf 0,15 Euro/kg ankündigen [werde]“.

634    Die Klägerinnen machen zwar geltend, dass Qantas diese Informationen indirekt, beispielsweise über ihre Website oder einen Spediteur, hätte erhalten können. Sie bringen jedoch nicht den geringsten Beweis zur Untermauerung dieses Arguments bei.

635    Das einzige Schriftstück, auf das sich die Klägerinnen zur Stützung ihrer Argumentation berufen, ist ein von einem Spediteur am 14. Februar 2003 veröffentlichter Newsletter. In diesem Newsletter werden die Klägerinnen jedoch nicht erwähnt. Darin heißt es vielmehr wie folgt:

„Wir sind am Freitag, den 14. Februar, darüber informiert worden, dass CargoLux, …, British, KLM, … und die Lan Chile-Gruppe (ca. fünf [Transportunternehmen]) ihren Treibstoffaufschlag um fünf Cent erhöhen und ihn damit auf 0,15 USD/kg anheben werden. Wir dürften kommende Woche von nahezu allen [Transportunternehmen] eine Mitteilung erhalten.“

636    Den Klägerinnen ist somit nicht der Nachweis gelungen, dass die Kommission ihnen die im 273. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail fälschlicherweise zur Last gelegt hatte.

637    Als Drittes hat die Kommission auf zwei E‑Mail-Austausche innerhalb von AF verwiesen.

638    Erstens hat sie sich im 406. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine interne E‑Mail von AF vom 20. September 2004 gestützt. Diese E‑Mail betrifft die Situation in Dänemark und hat folgenden Wortlaut:

„Wir haben soeben erfahren, dass [Lufthansa] den Treibstoffaufschlag am 4. Oktober [2004] auf 0,30 Euro anheben wird. Ich vermute, dass [SAS] sehr rasch folgen wird, so dass wir uns an das Niveau von [SAS] anpassen werden.“

639    Die Verwendung der Formulierung „[i]ch vermute“ (I guess) in dieser E‑Mail zeugt von einem Maß an Unsicherheit hinsichtlich der Absichten der Klägerinnen, das die Feststellung zu widerlegen scheint, dass es einen solchen Kontakt gegeben hat.

640    Die übrigen Aktenstücke sind nicht aussagekräftiger. Bei einer Gesamtbetrachtung des Schriftverkehrs, in den sich die E‑Mail einfügt, scheint in der Tat dargetan zu sein, dass die Unterstellung, von der im 406. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Rede ist, lediglich dazu diente, im Vorfeld festzulegen, wie mit dem Fehlen von Informationen über die Absichten der Klägerinnen umgegangen werden sollte. In diesem Schriftverkehr heißt es nämlich, dass die Ankündigung der Klägerinnen „noch nicht fertiggestellt“ sei und „meiner Meinung nach die Position [der Klägerinnen] abgewartet werden sollte“. Darüber hinaus wird auf die Möglichkeit verwiesen, dass sich die Klägerinnen „nicht äußern“.

641    Entgegen dem Vorbringen der Kommission deutet nichts darauf hin, dass AF von den Klägerinnen erwartete, dass diese sie über ihre Absichten, den Treibstoffaufschlag zu erhöhen, auf bilateralem und nicht-öffentlichen Weg in Kenntnis setzten. Im Gegenteil: Aus einer internen E‑Mail von AF vom 23. September 2004 geht hervor, dass AF letztlich über einen von ihr abonnierten Newsletter der Klägerinnen Kenntnis von diesen Absichten erhalten hat.

642    Zweitens verweist die Kommission im 415. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine mit „Treibstoffaufschlag Dänemark“ überschriebene E‑Mail vom 23. September 2004, in der AF KLM fragt, ob sie „Gelegenheit [gehabt habe], die Frage der Anpassung von KL[M] an AF, [Lufthansa] und [die Klägerinnen] zu klären“.

643    Weder diese E‑Mail noch die vorhergehenden oder nachfolgenden E‑Mails nehmen jedoch auf einen etwaigen Kontakt zwischen AF und den Klägerinnen Bezug. In ihnen wird auch nicht unterstellt, dass ein solcher Kontakt stattgefunden hat. Aus einer internen E‑Mail von AF vom 20. September 2004 und den Schriftsätzen der Klägerinnen geht vielmehr hervor, dass es darum ging, nach dem Zusammenschluss zwischen AF und KLM sicherzustellen, dass KLM aufhört, einen niedrigeren Treibstoffaufschlag als die Konkurrenz in Rechnung zu stellen.

644    Die anderen Schriftstücke, auf die die Kommission in ihren Schriftsätzen verweist (Erwägungsgründe 173, 174, 425, 546 und 966 des angefochtenen Beschlusses), stellen diese Schlussfolgerung nicht in Frage.

645    Zunächst beweist der im 546. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail-Austausch nicht, dass es zwischen AF und den Klägerinnen einen Kontakt gegeben hat. Wie die Kommission ausführt, beweist dieser Austausch lediglich, dass die Klägerinnen ihr Verhalten an das von AF und KLM angepasst und dass sie SAC ermutigt haben, es ihnen gleich zu tun. Überdies datiert der Austausch von November 2005. Er hat somit mehr als ein Jahr nach der im 415. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail stattgefunden.

646    Sodann liegt die in den Erwägungsgründen 173 und 174 des angefochtenen Beschlusses genannte Zusammenkunft vom 22. Januar 2001 zeitlich mehr als drei Jahre vor der im 415. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten E‑Mail.

647    Darüber hinaus hat AF die E‑Mail vom 27. Juni 2005, aus der hervorgeht, dass „wir … uns zum 7. Juli 2005 auf 3,30 DKK AF/KL[M] ‚geeinigt‘ haben“, entgegen den Ausführungen im 966. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht an die Klägerinnen versandt. AF hat diese E‑Mail an Lufthansa verschickt, die sie anschließend an die Klägerinnen weitergeleitet hat.

648    Schließlich handelt es sich bei dem im 425. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten streitigen Kontakt um eine Sitzung des Frachtausschusses des BARIG vom 3. September 2004, an der u. a. die Klägerinnen, Lufthansa und AF teilgenommen haben. Diese Sitzung hat sich zwar u. a. auf den Treibstoffaufschlag bezogen. Wie oben aus Rn. 448 hervorgeht, ging es für Lufthansa jedoch darum, den anderen Sitzungsteilnehmern die letzten für den Ausschuss relevanten Neuigkeiten hierzu zu übermitteln. Im Übrigen bezog sich die Sitzung, wie aus ihrem Protokoll hervorgeht, vor allem auf die Lage in Deutschland.

649    Aus der besagten Sitzung kann die Kommission somit nicht ableiten, dass es in Dänemark lokale Kontakte zwischen AF und den Klägerinnen gab.

650    In Anbetracht des Vorstehenden und in Ermangelung anderer ernsthafter, genauer und übereinstimmender Beweise, aus denen hervorgeht, dass die in den Erwägungsgründen 196, 406 und 415 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte geeignet waren, die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festzustellen, sind diese Kontakte aus dem Bündel von Indizien zu entfernen, dem die Klägerinnen im Rahmen des zehnten Teils des vorliegenden Klagegrundes als Ganzes entgegentreten.

i)      Neunter Teil: Fehler bei der Beurteilung der Kenntnis der Klägerinnen vom Verhalten der anderen beschuldigten Transportunternehmen

651    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission sei der ihr obliegenden Verpflichtung nicht nachgekommen, zu beweisen, dass sie von allen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betreffend die Aufschläge und die Verweigerung der Zahlung von Provisionen, an denen sie nicht beteiligt gewesen seien und für die sie die Gefahr nicht auf sich hätten nehmen wollen, gewusst hätten oder hätten wissen müssen.

652    Nach der oben in Rn. 459 angeführten Rechtsprechung war die Kommission, um den Klägerinnen die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung insgesamt zurechnen zu können, verpflichtet, entweder nachzuweisen, dass sie sich an sämtlichen Verhaltensweisen beteiligt hatten, aus denen diese Zuwiderhandlung bestand, oder dass sie von sämtlichen rechtswidrigen Verhaltensweisen, die die übrigen Kartellteilnehmer in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigt oder an den Tag gelegt und an denen sie sich nicht unmittelbar beteiligt hatten, wussten oder sie vernünftigerweise vorhersehen konnten und bereit waren, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

653    Allerdings genügt die bloße Tatsache, dass eine Vereinbarung, an der ein Unternehmen teilnimmt, und ein Gesamtkartell den gleichen Gegenstand haben, nicht, um diesem Unternehmen die Beteiligung am Gesamtkartell zur Last zu legen. Dies ist sogar dann der Fall, wenn die Vereinbarung und das Gesamtkartell objektive Zusammenhänge aufweisen. Nur wenn das Unternehmen, als es an einer Vereinbarung teilnahm, wusste oder hätte wissen müssen, dass es sich damit in ein Gesamtkartell eingliederte, kann seine Teilnahme an der betreffenden Vereinbarung Ausdruck seines Beitritts zu ebendiesem Gesamtkartell sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2011, Quinn Barlo u. a./Kommission, T‑208/06, EU:T:2011:701, Rn. 144 und 150 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

654    Der Kommission obliegt die Beweislast dafür, dass das betreffende Unternehmen die erforderliche Kenntnis von den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen hatte, die von den anderen Teilnehmern des Gesamtkartells beabsichtigt oder an den Tag gelegt worden waren, an denen es sich aber nicht unmittelbar beteiligt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 67).

655    Dafür muss die Kommission hinreichend aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringen, um nachzuweisen, dass das betreffende Unternehmen eine solche Kenntnis hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 2002, Sigma Tecnologie/Kommission, T‑28/99, EU:T:2002:76, Rn. 51).

656    Die Kommission ist jedoch nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass das betreffende Unternehmen die Abstimmungen im Rahmen der streitigen Kontakte, an denen es nicht teilgenommen hat, im Einzelnen kannte oder hätte kennen müssen. Sie ist auch nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass das fragliche Unternehmen von sämtlichen Kontakten wusste oder hätte wissen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, EU:T:2006:396, Rn. 193).

657    Das betreffende Unternehmen muss somit nur die allgemeine Tragweite und die wesentlichen Merkmale des Gesamtkartells kennen (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2014, Soliver/Kommission, T‑68/09, EU:T:2014:867, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

658    In einem solchen Fall darf der Umstand, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Bestandteilen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine weniger bedeutende Rolle gespielt hat, erst bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße Berücksichtigung finden (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2014, Soliver/Kommission, T‑68/09, EU:T:2014:867, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

659    Im Licht dieser Grundsätze ist festzustellen, ob die Kommission den Schluss ziehen durfte, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den Verhaltensweisen der anderen beschuldigten Transportunternehmen hatten, an denen sie sich nicht unmittelbar beteiligt haben und die sich zum einen auf die Aufschläge und zum anderen auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beziehen.

1)      Zu den Aufschlägen

660    Die Klägerinnen tragen vor, sie seien über verschiedene Verhaltensweisen, die die anderen beschuldigten Transportunternehmen betreffend die Aufschläge an den Tag gelegt hätten, nicht auf dem Laufenden gewesen und hätten das auch gar nicht sein können. Sie stützen diese Auffassung auf zwei Argumente.

661    Als Erstes stellten die Klägerinnen fest, dass sich die Kommission im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht auf E‑Mails von Lufthansa mit Ankündigungen auf dem Gebiet des Treibstoffaufschlags gestützt habe, um die Ansicht zu vertreten, dass sie gewusst hätten oder zumindest hätten wissen müssen, dass Lufthansa den Treibstoffaufschlag mit anderen Transportunternehmen koordiniert habe. Diese E‑Mails enthielten nur die öffentlichen Ankündigungen von Lufthansa auf dem Gebiet des Treibstoffaufschlags, legten nichts von der vorherigen Koordinierung innerhalb des kleineren Kreises offen, beträfen lediglich die Zeiträume zwischen Februar 2003 und September 2004 sowie zwischen März 2005 und September 2005 und seien vom Verkaufsleiter von Lufthansa in Deutschland an seine auf lokaler Ebene tätigen Kollegen bei 18 Transportunternehmen, von denen mehrere nicht für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden seien, oder an Transportunternehmen versandt worden, die bei Lufthansa Kapazitäten einkauften.

662    Als Zweites habe es die Kommission versäumt, fünf Argumente und Beweismittel zu prüfen, die die Klägerinnen zum Nachweis dafür angeführt hätten, dass die Mitglieder ihres Personals nichts von den Verhaltensweisen anderer Transportunternehmen gewusst hätten, keinen Grund gehabt hätten, solche Verhaltensweisen anzunehmen, und nicht bereit gewesen seien, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

663    Erstens zeigten die internen Weisungen von Lufthansa, die den Klägerinnen in Kopie übermittelt worden seien, dass Lufthansa aktiv Maßnahmen ergriffen habe, um sich im Zusammenhang mit den Aufschlägen an die Wettbewerbsregeln zu halten. In diesen Weisungen sei an keiner Stelle auf die vorherige Ankündigung der Koordinierung zwischen Lufthansa und den anderen beschuldigten Transportunternehmen, die mehrheitlich dem kleineren Kreis angehört hätten, Bezug genommen worden. Zur Stützung ihrer Argumentation berufen sich die Klägerinnen auf eine Entschließung des Verwaltungsrates von Lufthansa vom 21. Dezember 1999 über die Einführung des Treibstoffaufschlags.

664    Zweitens habe Lufthansa bestätigt, dass sie die Klägerinnen nicht über ihre Kontakte mit anderen Transportunternehmen informiert habe. Als der wichtigste Mitarbeiter von Lufthansa innerhalb des kleineren Kreises den Klägerinnen Informationen über diese Transportunternehmen übermittelt habe, habe er nicht offengelegt, dass er zuvor mit ihnen kommuniziert habe, sondern auf seine persönlichen Erwartungen oder öffentlich zugängliche Informationen verwiesen.

665    Drittens hätten die Mitarbeiter der Klägerinnen nicht dem Netzwerk des kleineren Kreises angehört. Dieser habe aus Führungskräften der wichtigsten Transportunternehmen und ihren persönlichen Kontakten bei anderen Transportunternehmen bestanden.

666    Viertens hätten die Klägerinnen die Aktivitäten des kleineren Kreises nicht aus dem Marktverhalten seiner Mitglieder ablesen können.

667    Fünftens hätten die Klägerinnen nicht von den Verhaltensweisen wissen können, die in Drittländern an den Tag gelegt worden seien, in denen sie keinerlei Tätigkeit ausübten. Es gebe im Übrigen keinen Beweis dafür, dass die Klägerinnen bereit gewesen seien, das Risiko dieser Verhaltensweisen einzugehen. Sie hätten vielmehr ausdrückliche Zusicherungen seitens der dänischen Wettbewerbsbehörde erhalten, dass insoweit keinerlei Risiko bestehe.

668    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

669    Es sei darauf hingewiesen, dass die Kommission im 882. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Schluss gezogen hat, dass die Klägerinnen „an zwei der drei Elemente (Treibstoff- und Sicherheitsaufschlag) [der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung] beteiligt“ gewesen seien, und nicht, dass sie nur nachweislich oder mutmaßlich davon gewusst hätten. Wie jedoch aus den Antworten der Kommission auf das Vorbringen von Air Canada und British Airways in den Erwägungsgründen 894 bis 897 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bedeutet das nicht, dass sie die Auffassung vertreten hat, die Klägerinnen hätten sich unmittelbar an sämtlichen wettbewerbswidrigen Handlungen beteiligt, die zu diesen Bestandteilen gehörten.

670    Als Erstes hat die Kommission in Bezug auf den Treibstoffaufschlag im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf acht Kontakte verwiesen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerinnen „wussten oder hätten wissen müssen, dass sich Lufthansa mit anderen Transportunternehmen über die Anwendung des Treibstoffaufschlags abstimmte“. Wie aus Fn. 1248 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, handelt es sich dabei um die in den Erwägungsgründen 274, 279, 346, 411, 446, 450, 482 und 495 dieses Beschlusses beschriebenen E‑Mails, mit denen Lufthansa verschiedene Transportunternehmen darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass der Treibstoffaufschlag erhöht werde.

671    Zu den Adressaten dieser acht E‑Mails gehören insgesamt zehn beschuldigte Transportunternehmen. Fünf dieser Transportunternehmen, nämlich Air Canada, CPA, Japan Airlines, SAC und die Klägerinnen, zählten zu den Adressaten sämtlicher E‑Mails. Die verbleibenden fünf beschuldigten Transportunternehmen, nämlich AF, Cargolux, KLM, Lan Airlines und Martinair, haben zwischen zwei und fünf E‑Mails erhalten.

672    Die Klägerinnen haben sich jedoch an anderen wettbewerbswidrigen Kontakten mit jedem dieser zehn Transportunternehmen mit Ausnahme von Lan Airlines beteiligt. So haben sie zunächst mit Air Canada und KLM sowohl über die Einführung als auch über die Umsetzung des Treibstoffaufschlags gesprochen (Erwägungsgründe 135, 144 bis 146, 174 und 394 des angefochtenen Beschlusses). Sodann haben sie sich mit Japan Airlines, Lufthansa und SAC – sowohl im Rahmen der WOW-Allianz (Erwägungsgründe 401, 434, 484, 488, 490, 494, 496, 497, 512, 531 und 546 dieses Beschlusses) als auch außerhalb dieser Allianz (Erwägungsgründe 145, 146, 204 und 559 des besagten Beschlusses) – über die Umsetzung des Treibstoffaufschlags abgestimmt. Schließlich haben sie sich an Kontakten mit AF (Erwägungsgründe 146, 174, 204 und 394 des fraglichen Beschlusses), Cargolux (Erwägungsgründe 174 und 394 des fraglichen Beschlusses), Martinair (Erwägungsgründe 204 und 394 des angefochtenen Beschlusses) sowie CPA (Erwägungsgründe 295 und 394 des angefochtenen Beschlusses) betreffend die Umsetzung des Treibstoffaufschlags beteiligt.

673    An mehreren der in der vorstehenden Randnummer genannten Kontakte waren sowohl die Verfasserin der acht fraglichen E‑Mails, nämlich Lufthansa, als auch mindestens vier der beschuldigten Transportunternehmen, die zu ihren Adressaten gehörten, beteiligt (Erwägungsgründe 145, 146 und 394 des angefochtenen Beschlusses).

674    Der Umstand, dass sich unter den Adressaten der in den Erwägungsgründen 274, 279, 346, 411, 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen E‑Mails sowohl nichtbeschuldigte Transportunternehmen als auch beschuldigte Transportunternehmen befanden, die mit Lufthansa Kapazitätsreservierungsvereinbarungen geschlossen haben, ist aus ähnlichen wie den oben in den Rn. 463 bis 465 und 475 bis 495 angeführten Gründen irrelevant.

675    Hinsichtlich des Umstands, dass die fraglichen E‑Mails nur die Zeiträume zwischen Februar 2003 und September 2004 sowie zwischen März 2005 und September 2005 betrafen, ist festzustellen, dass, wie die Kommission im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bemerkt, mit den Beweismitteln, die den Klägerinnen in diesem Erwägungsgrund entgegengehalten werden, nachgewiesen wird, dass sie von einem umfassenderen Kartell unter Beteiligung von Lufthansa und weiterer beschuldigter Transportunternehmen wussten, und zwar auch für den Zeitraum vor den streitigen E‑Mails. Dies ist u. a. bei dem im 174. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen „freundschaftlichen Treffen“ vom 22. Januar 2001 der Fall, auf dem die Änderung des Treibstoffaufschlags in der Höhe diskutiert worden ist und an dem Lufthansa, die Klägerinnen und mehrere andere beschuldigte Transportunternehmen teilgenommen haben (vgl. oben Rn. 447). Gleiches gilt für die im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail, in der von Kontakten betreffend die Anwendung des Treibstoffaufschlags die Rede ist, an denen sich sowohl die Klägerinnen als auch Lufthansa und mehrere andere beschuldigte Transportunternehmen beteiligt haben.

676    Da die Klägerinnen darüber hinaus den Nachweis schuldig geblieben sind, dass sich den E‑Mails, die in den Erwägungsgründen 274, 279, 346, 411, 446, 450, 482 und 495 des angefochtenen Beschlusses beschrieben sind, eine plausible alternative Erklärung für die Koordinierung des Treibstoffaufschlags entnehmen ließ, durfte die Kommission unter diesen Umständen den Schluss ziehen, dass die Klägerinnen durch die E‑Mails hinreichend über die Koordinierung zwischen Lufthansa und anderen beschuldigten Transportunternehmen informiert waren.

677    Im Übrigen ist zu beachten, dass mehrere andere streitige Kontakte, auf die die Kommission im angefochtenen Beschluss verweist, geeignet waren, die Klägerinnen hinreichend über die Koordinierung zwischen Lufthansa und anderen beschuldigten Transportunternehmen zu informieren. Dies ist u. a. bei der im 966. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail vom 27. Juni 2005 der Fall, aus der hervorgeht, dass „wir … uns zum 7. Juli 2005 auf 3,30 DKK AF/KL[M] ‚geeinigt‘ haben“. Wie oben aus Rn. 647 hervorgeht, handelt es sich dabei nämlich nicht um eine E‑Mail, die AF ihnen geschickt hat, sondern um eine E‑Mail von AF, die Lufthansa an sie weitergeleitet hat.

678    Das ist auch bei der E‑Mail vom 17. Februar 2003 der Fall, auf die sich der 966. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ebenfalls bezieht. In dieser E‑Mail weist Lufthansa die Klägerinnen auf Folgendes hin:

„Wie letzte Woche besprochen, werden wir den Treibstoffaufschlag [mit Wirkung vom] 3.3.2003 erhöhen. Ich habe die Pressemitteilung in deutscher Sprache beigefügt, die englische Sprachfassung folgt in Kürze. Wie ich gesehen habe, haben sich auch [British Airways], KL[M] und … vorgewagt. Dem Vernehmen nach werden [Cargolux], … und Weitere ebenfalls folgen.“

679    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese E‑Mail ihnen nur das offenlegte, von dem Lufthansa erwartete, dass es „bei anderen Transportunternehmen zu beobachten [sein würde]“, oder dass ihnen darin lediglich „öffentlich verfügbare Informationen“ erteilt wurden. Aus der E‑Mail geht im Gegenteil hervor, dass Cargolux und ein weiteres Transportunternehmen – anders als British Airways, KLM und noch ein weiteres Transportunternehmen – der Öffentlichkeit ihre Absichten noch nicht mitgeteilt hatten. Die Verwendung der Formulierung „[d]em Vernehmen nach“ zeigt, dass sich Lufthansa, wie die Kommission bemerkt, nicht damit begnügt hat, den Klägerinnen ihre Erwartungen mitzuteilen.

680    Somit ist die Kommission im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerinnen hinreichend über die Koordinierung zwischen Lufthansa und anderen beschuldigten Transportunternehmen informiert waren.

681    Die Kommission hat darüber hinaus zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Klägerinnen durch die im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Beweismittel hinreichend informiert waren über die Verhaltensweisen in Drittländern, in denen sie nicht präsent waren. Aus dem 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht nämlich hervor, dass es sich beim Treibstoffaufschlag um eine allgemein anwendbare Maßnahme handelte, die nicht spezifisch für eine Strecke war und auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollte (vgl. oben Rn. 277 bis 291). Jeder umsichtige Marktteilnehmer, der den Umfang dieser Koordinierung kannte, hätte gewusst oder zumindest wissen müssen, dass sie sich auf die Drittländer erstreckte, in denen er nicht tätig war.

682    Die Zusicherungen, die die Klägerinnen von der dänischen Wettbewerbsbehörde erhalten haben wollen, helfen ihnen insoweit nicht weiter. Aus den Erwägungsgründen 1268 und 1271 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Klägerinnen diese Zusicherungen aus einer Entscheidung herleiten zu können meinen, in der die dänische Wettbewerbsbehörde darauf hingewiesen hat, dass die Kommission „lediglich für die Strecken innerhalb der [Union] und nicht für die Strecken [Union-Drittländer] zuständig [sei]“. Diese Entscheidung datiert jedoch von 2002. Sie wurde somit vor der Ausweitung der Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV auf den internationalen Luftverkehr zwischen der Union und Drittländern durch das Inkrafttreten der Verordnung Nr. 411/2004 und für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens auf den internationalen Verkehr zwischen nicht der Union angehörenden EWR-Ländern und Drittländern durch das Inkrafttreten des Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 40/2005 vom 11. März 2005 zur Änderung des Anhangs XIII (Verkehr) und des Protokolls 21 (über die Durchführung von Wettbewerbsregeln für Unternehmen) des EWR-Abkommens (ABl. 2005, L 198, S. 38) erlassen. Die Kommission hat im 1271. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses daher nicht zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde, auf die sich die Klägerinnen berufen, eine „frühere Rechtslage“ betraf, auf die sie somit nicht berechtigterweise vertrauen durften.

683    Folglich ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von der Koordinierung zwischen Lufthansa und anderen beschuldigten Transportunternehmen über den Treibstoffaufschlag in Drittländern hatten, in denen sie nicht tätig waren.

684    Als Zweites hat die Kommission in Bezug auf den Sicherheitsaufschlag im 792. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses das Beweismaterial zusammengefasst, auf das sie sich bei der Feststellung der unmittelbaren Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag gestützt hat. So hat sie aus diesem Beweismaterial u. a. abgeleitet, dass die Klägerinnen „von der breiteren Koordinierung des Sicherheitsaufschlags gewusst“ hätten, „da sie direkte Kontakte mit Wettbewerbern betreffend die Umsetzung des Sicherheitsaufschlags unterhielt[en]“.

685    Im Rahmen des vorliegenden Teils bringen die Klägerinnen kein Argument vor, mit dem diese Argumentation in Frage gestellt werden soll. Aus ihren Schriftsätzen lässt sich höchstens ableiten, dass sie der Kommission vorwerfen, die Auffassung vertreten zu haben, dass sie von der Koordinierung des Sicherheitsaufschlags in Ländern gewusst hätten, in denen sie nicht tätig gewesen seien.

686    Aus dem 889. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass es sich beim Sicherheitsaufschlag – ebenso wie beim Treibstoffaufschlag (vgl. oben Rn. 681) – um eine allgemein anwendbare Maßnahme handelte, die nicht spezifisch für eine Strecke war und auf weltweit alle Strecken angewandt werden sollte. Jeder umsichtige Marktteilnehmer, der den Umfang dieser Koordinierung kannte, hätte somit gewusst oder zumindest wissen müssen, dass sie sich auf die Drittländer erstreckte, in denen er nicht tätig war.

687    In Anbetracht des Vorstehenden ist daher der Schluss zu ziehen, dass die Klägerinnen der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen können, festgestellt zu haben, dass sie hinreichend über die Elemente des Bestandteils der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag informiert waren, an denen sie sich nicht unmittelbar beteiligt haben.

688    Keines der anderen Argumente der Klägerinnen kann diese Schlussfolgerung in Frage stellen.

689    Erstens war es, da die Schriftstücke, auf die sich die Kommission beruft, geeignet gewesen sind, die Klägerinnen hinreichend über die streitigen Kontakte betreffend die Aufschläge, an denen sie sich nicht unmittelbar beteiligt haben, zu informieren, nicht erforderlich, dass sie auch auf andere Weise, insbesondere über ihre Diskussionen mit Lufthansa, die Beobachtung des Marktverhaltens ihrer Wettbewerber oder eine Zugehörigkeit zum angeblichen „Netzwerk des kleineren Kreises“, davon Kenntnis nehmen konnten.

690    Dementsprechend kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie das diesbezügliche Vorbringen der Klägerinnen nicht ausdrücklich geprüft hat.

691    Zweitens ist in Bezug auf das Argument zu den Maßnahmen, die Lufthansa ergriffen haben soll, um die Wettbewerbsregeln einzuhalten, zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass sie während des Zeitraums der Zuwiderhandlung davon erfahren haben. Wie die Klägerinnen in der Erwiderung selbst anerkennen, „haben [sie im Gegenteil] keinerlei E‑Mail wiederauffinden können, in der [Lufthansa] [SAS Cargo] ihre Leitlinien von 2000 über die Einführung des Treibstoffaufschlags geschickt hätte“.

692    Sodann ist zu bemerken, dass das einzige Beweismittel, das die Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Arguments anführen, eine Entschließung des Verwaltungsrates von Lufthansa vom 21. Dezember 1999 über die Einführung des Treibstoffaufschlags ist. Wie die Kommission zu Recht bemerkt, betrifft diese Entschließung ausschließlich die Ankündigung der Einführung des Treibstoffaufschlags von Ende Dezember 1999 und ist kein Beweis für eine interne Politik, sich bei der Erhebung der Aufschläge an die Wettbewerbsregeln zu halten.

693    Schließlich ist jedenfalls zu beachten, dass, wie die Kommission im Wesentlichen bemerkt, die Zusicherungen, die die Klägerinnen hinsichtlich der Einhaltung der Wettbewerbsregeln möglicherweise erhalten haben, vernünftigerweise nicht die Schlussfolgerung rechtfertigen konnten, dass sich Lufthansa an die Wettbewerbsregeln hielt. Im Grundsatz tragen nämlich die betroffenen Unternehmen selbst das Risiko einer etwaigen Fehleinschätzung der Rechtslage. Es gilt die allgemeine Lebensweisheit, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt (Urteil vom 15. Juli 2015, Socitrel und Companhia Previdente/Kommission, T‑413/10 und T‑414/10, EU:T:2015:500, Rn. 304).

694    Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen.

2)      Zur Verweigerung der Zahlung von Provisionen

695    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass sie die Verhaltensweisen der anderen beschuldigten Transportunternehmen betreffend die Verweigerung der Zahlung von Provisionen in Anbetracht ihrer Beteiligung an den Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit den Aufschlägen vernünftigerweise hätten vorhersehen können und bereit gewesen seien, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. Zum einen sei mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen nämlich nicht dasselbe wettbewerbswidrige Ziel verfolgt worden wie mit den Aufschlägen. Zum anderen genüge die Identität des Ziels der verschiedenen Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung allein jedenfalls nicht für die Feststellung, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von dem Bestandteil gehabt hätten, der sich auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beziehe.

696    Die Kommission trägt im Wesentlichen vor, die Klägerinnen hätten die Verweigerung der Zahlung von Provisionen vernünftigerweise vorhersehen können und seien bereit gewesen, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, weil die verschiedenen Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung untrennbar miteinander verknüpft seien. Das wettbewerbswidrige Ziel der Aufschläge wäre nämlich untergraben worden, wenn die Aufschläge über Provisionen Gegenstand einer Form von Preiswettbewerb gewesen wären.

697    Im Stadium der Gegenerwiderung fügt die Kommission hinzu, dass die Zahlung von Provisionen, wie die Erwiderung und ihre Anhänge sowie die in den Erwägungsgründen 680 und 686 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails zeigten, Gegenstand von Erörterungen innerhalb der WOW-Allianz gewesen sei und die Klägerinnen gewusst hätten oder hätten wissen müssen, dass sie selbst und die anderen Transportunternehmen keine Provisionen auf die Aufschläge zahlten.

698    Festzustellen ist, dass die Kommission im 882. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen die Auffassung vertreten hat, die Klägerinnen seien nur an zwei der drei Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligt gewesen, nämlich dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag. Die Kommission ist gleichwohl der Ansicht gewesen, die Klägerinnen könnten auch für den dritten Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, nämlich den Bestandteil im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen, zur Verantwortung gezogen werden. In Anbetracht ihrer Beteiligung an diesen Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung hätten die Klägerinnen, so die Kommission, „einen Informationsaustausch zwischen den anderen Parteien über eine solche damit zusammenhängende Angelegenheit wie die [Verweigerung der Zahlung von Provisionen] vernünftigerweise vorhersehen können und war[en] bereit, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen“. In der Gegenerwiderung hat die Kommission ausgeführt, dies sei der Fall gewesen, weil das „Ziel der Koordinierung der Aufschläge (im vorliegenden Fall einen Preiswettbewerb zu vermeiden) nicht hätte erreicht werden können, wenn auf die Aufschläge Provisionen erhoben worden wären“.

699    Damit hat die Kommission ihre Schlussfolgerungen jedoch nicht auf bestimmte Beweismittel gestützt, sondern sich im Wesentlichen damit begnügt, die Kenntnis der Klägerinnen vom Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen anzunehmen, weil dieser Bestandteil dasselbe Ziel wie die beiden anderen Bestandteile der Zuwiderhandlung verfolgte. Nach der oben in Rn. 653 in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung reicht die objektive wirtschaftliche Komplementarität zwischen den Aufschlägen und der Verweigerung der Zahlung von Provisionen selbst dann, wenn ihr Vorliegen unterstellt wird, nicht für den Nachweis aus, dass die Klägerinnen diese Verweigerung vernünftigerweise hätten vorhersehen müssen.

700    Somit ist davon auszugehen, dass sich mit den Elementen, auf die sich die Kommission im 882. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gestützt hat, nicht nachweisen ließ, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den wettbewerbswidrigen Aktivitäten der anderen beschuldigten Transportunternehmen betreffend die Verweigerung der Zahlung von Provisionen hatten.

701    In ihren Schriftsätzen hat die Kommission gleichwohl auf drei andere Elemente in der Akte des Verwaltungsverfahrens verwiesen, um nachzuweisen, dass die Klägerinnen über diese Aktivitäten auf dem Laufenden waren oder hätten sein müssen und bereit waren, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

702    Das erste Element ist eine im 680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte interne E‑Mail vom 9. Juni 2005. In dieser E‑Mail berichtet ein Mitarbeiter der Klägerinnen vom Inhalt eines Gesprächs, das er am selben Tag mit „alten Kontakten innerhalb des [Cargo Accounts Settlement Systems (Abwicklungssystem für Frachtrechnungen, im Folgenden: CASS)] Suisse“ über konzertierte Aktionen von Speditionsverbänden betreffend die Zahlung von Provisionen auf die Aufschläge gehabt hat. Der besagte Mitarbeiter hebt hervor, dass „[d]ie gesamte Frage aus wettbewerblicher Sicht außergewöhnlich sensibel ist und [dass] es daher wichtig ist, dass die WOW[-Allianz] nicht kollektiv reagiert und die einzelnen Mitglieder der WOW[-Allianz] keine ‚gemeinsame‘ Antwort geben“. Weiter führt er aus: „Am besten wäre es, wenn das CASS – wie in der Schweiz – über die Folgen beriete.“

703    Nichts im angefochtenen Beschluss lässt den Schluss zu, dass das CASS den Transportunternehmen in der Schweiz geraten hätte, sich in einem bilateralen oder multilateralen Rahmen darauf zu verständigen, Verhandlungen mit den Spediteuren über die Zahlung von Provisionen abzulehnen und ihnen keine Nachlässe auf die Aufschläge zu gewähren. Ebenso wenig lässt sich aus dem angefochtenen Beschluss ableiten, dass das CASS den Klägerinnen Informationen erteilt hätte, die darauf hingedeutet haben mögen, dass sich die anderen beschuldigten Transportunternehmen untereinander auf diese Weise abgestimmt hatten oder das zu tun beabsichtigten. Wie aus der im 680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten internen E‑Mail vom 9. Juni 2005 hervorgeht, ist in der Schweiz vielmehr lediglich darauf hingewiesen worden, dass erstens die Preise und die Provisionen eine „bilaterale Frage zwischen [Spediteur] und [Transportunternehmen]“ seien, zweitens ein Spediteur nicht einseitig Anpassungen beschließen könne und drittens die Vorgehensweise der Spediteure sinngemäß erhebliche Folgen zu haben drohe.

704    Die Kommission darf somit nicht davon ausgehen, dass sich mit der im 680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten internen E‑Mail vom 9. Juni 2005 nachweisen lässt, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den rechtswidrigen Verhaltensweisen hatten, die von den anderen beschuldigten Transportunternehmen betreffend die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beabsichtigt oder an den Tag gelegt worden waren.

705    Aus dem internen Schriftverkehr, der auf die im 680. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte E‑Mail vom 9. Juni 2005 gefolgt ist, darf die Kommission auch nicht ableiten, dass die Verweigerung der Zahlung von Provisionen Gegenstand von Erörterungen innerhalb der WOW-Allianz gewesen ist. Wie aus der im selben Erwägungsgrund genannten E‑Mail vom 14. Juni 2005 hervorgeht, hat ein Mitarbeiter der Klägerinnen diese Möglichkeit vielmehr ausgeschlossen und erklärt: „Wir können das nicht innerhalb der WOW[-Allianz] diskutieren; die Angelegenheit muss innerhalb der einzelnen Fluggesellschaften behandelt werden.“

706    Das zweite Beweismittel, auf das sich die Kommission in ihren Schriftsätzen stützt, um den Schluss zu ziehen, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den rechtswidrigen Verhaltensweisen hatten, die von den anderen beschuldigten Transportunternehmen in Bezug auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beabsichtigt oder an den Tag gelegt worden waren, ist eine E‑Mail vom 28. Dezember 2005. Zu beachten ist, dass diese E‑Mail im 686. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschrieben wird. In der E‑Mail fragt ein Mitarbeiter von SAC mehrere Transportunternehmen, darunter die Klägerinnen, ob sie von einer vor kurzem veröffentlichten Mitteilung von DHL in Deutschland gehört hätten („wondered if you have heard“), die sein Büro in Frankfurt (Deutschland) erhalten habe und in der die künftige Erhebung einer Provision auf die Aufschläge angekündigt werde. Der Mitarbeiter von SAC fügt hinzu, dass in der Mitteilung auf die Entschließung 805zz der IATA Bezug genommen werde, weist darauf hin, dass er nicht genau wisse, worum es dabei gehe, und dankt den Adressaten für ihre Anmerkungen.

707    Nichts im Wortlaut der E‑Mail deutet auf eine ausdrückliche Aufforderung der Transportunternehmen hin, sich über die Verweigerung der Zahlung von Provisionen zu verständigen oder auch nur Informationen über die geschäftliche Antwort auszutauschen, die sie auf die besagte Mitteilung zu geben beabsichtigten.

708    In Anbetracht der Unsicherheiten, die in der fraglichen E‑Mail hinsichtlich der Entschließung 805zz der IATA zum Ausdruck kommen, könnten sich die Fragen des Mitarbeiters von SAC auch schlicht und ergreifend auf die Eintreibbarkeit etwaiger Provisionen auf die Aufschläge bezogen haben. Aufgrund der Antwort eines anderen Mitarbeiters eines anderen Transportunternehmens liegt gleichwohl die Vermutung nahe, dass die E‑Mail von SAC ebenso gut die geschäftliche Antwort betreffen könnte, die auf die Mitteilung von DHL zu geben war. In einer internen E‑Mail vom 3. Januar 2006 hat dieser Mitarbeiter nämlich bemerkt, dass er mit Lufthansa gesprochen habe, die u. a. darauf hingewiesen habe, dass sie „keine derartigen Rechnungen akzeptieren würde“.

709    Folglich lässt sich mit der im 686. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen E‑Mail vom 28. Dezember 2005 allein nicht nachweisen, dass sich die Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen beteiligt haben. Nach der oben in Rn. 344 angeführten ständigen Rechtsprechung ist gleichwohl zu prüfen, ob diese E‑Mail – zusammen mit anderen Elementen – ein Indizienbündel darstellen konnte, das der Kommission die Schlussfolgerung ermöglichte, dass dies der Fall sei (vgl. unten Rn. 711 und 712).

710    Das dritte Beweismittel, auf das sich die Kommission in ihren Schriftsätzen für die Schlussfolgerung stützt, dass die Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den rechtswidrigen Verhaltensweisen hatten, die von den anderen beschuldigten Transportunternehmen in Bezug auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beabsichtigt oder an den Tag gelegt worden waren, ist ein Auszug aus der Antwort von SAS Cargo auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Aus diesem Auszug geht hervor, dass ein Mitarbeiter der Klägerinnen entgegen den ausdrücklichen Weisungen seiner Vorgesetzten einem anderen Transportunternehmen am 10. Juni 2005 eine E‑Mail betreffend die Provisionen auf die Aufschläge geschickt hat. Die Kommission trägt jedoch lediglich vor, dass der Auszug „zeigt, dass [den Klägerinnen] von Lufthansa Informationen über [Provisionen auf die Aufschläge] … übermittelt worden sind und dass [ihr] Mitarbeiter darauf reagiert hat“, ohne zu präzisieren, um welche Informationen es geht, oder auch nur geltend zu machen, dass sie eine etwaige untereinander abgestimmte Antwort an die Spediteure beträfen.

711    Unter diesen Umständen kann – selbst wenn unterstellt wird, dass die drei Elemente, auf die sich die Kommission im Laufe des Verfahrens bezogen hat, berücksichtigt werden können – nicht davon ausgegangen werden, dass sie – einzeln oder zusammen beurteilt – geeignet waren, den Klägerinnen die erforderliche Kenntnis von den rechtswidrigen Verhaltensweisen zu verschaffen, die von den anderen beschuldigten Transportunternehmen in Bezug auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen beabsichtigt oder an den Tag gelegt worden waren.

712    In Ermangelung anderer ernsthafter, genauer und übereinstimmender Beweise, mit denen sich eine solche Kenntnis nachweisen lässt, ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie die Klägerinnen für den Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen zur Verantwortung gezogen hat. Der vorliegenden Rüge ist somit stattzugeben und Art. 1 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit darin die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für diesen Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt wird. Der vorliegende Teil ist im Übrigen zurückzuweisen.

j)      Zehnter Teil: Fehler bei der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Indizienbündels

713    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eine Reihe isolierter, uneinheitlicher und lokaler Verhaltensweisen aufgezählt, ohne das Bestehen objektiver Zusammenhänge zwischen ihnen zu prüfen, so dass sie einen Fehler begangen habe, als sie aus dem angeführten Indizienbündel abgeleitet habe, dass sie sich an den Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag beteiligt hätten.

714    Was die streitigen Kontakte zwischen Dezember 1999 und Dezember 2001 angehe, so entsprächen einige der von der Kommission herangezogenen Elemente Verhaltensweisen, die keinen Zusammenhang mit dem Verkehr innerhalb des EWR aufwiesen. Die anderen genügten nicht, um die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festzustellen, sei es, weil sie nicht bewiesen, dass es Kontakte mit anderen Transportunternehmen gegeben habe, weil sie Tatsachen beträfen, die von einer Allianz erfasst würden, oder weil sie nicht in den sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Anwendungsbereich der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung fielen. Darüber hinaus seien die meisten der für die streitigen Kontakte zwischen Mai 2004 und Februar 2006 angeführten Beweismittel irrelevant oder bezögen sich auf rechtmäßige Verhaltensweisen im Rahmen von Allianzen oder auf Verhaltensweisen, die nach örtlichen Rechtsvorschriften erforderlich seien. Es handle sich jedenfalls um eine Reihe isolierter und lokaler Ereignisse.

715    Die meisten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag datierten aus der Zeit vor Mai 2004. Sie wiesen keinen Zusammenhang mit dem Verkehr innerhalb des EWR auf, beträfen Tatsachen, die unter eine Allianz bzw. örtliche Rechtsvorschriften fielen, oder bewiesen nicht, dass es Kontakte zwischen den Klägerinnen und anderen Transportunternehmen gegeben habe. Die einzige Tatsache, die aus der Zeit nach Mai 2004 datiere, beziehe sich auf ein rechtmäßiges Verhalten im Rahmen einer Allianz.

716    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

717    Mit dem vorliegenden Teil machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung des von der Kommission in den Erwägungsgründen 791 und 792 des angefochtenen Beschlusses angeführten Indizienbündels lasse sich, wie aus dem ersten bis neunten Teil des vorliegenden Klagegrundes hervorgehe, nicht nachweisen, dass sie sich an den Bestandteilen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag beteiligt hätten.

718    Was im vorliegenden Fall als Erstes die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag angeht, so geht aus der Prüfung des ersten bis neunten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervor, dass von den rund 40 streitigen Kontakten, auf die sich die Kommission gestützt hat, nur sechs aus dem im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Indizienbündel zu entfernen sind. Dabei handelt es sich um die in den Erwägungsgründen 196, 223, 406, 415, 443 und 517 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte.

719    Insoweit ist erstens zu beachten, dass die in den Erwägungsgründen 223 und 517 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte zu den 13 streitigen Kontakten zählen, die die Kommission herangezogen hat, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Umsetzung des Treibstoffaufschlags zwischen den Mitgliedern der WOW-Allianz, zu denen auch die Klägerinnen gehören, erörtert worden ist. Wie aus der Prüfung des zweiten bis vierten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervorgeht, genügen die elf verbleibenden Kontakte, um diese Schlussfolgerung zu stützen.

720    Zweitens ist festzustellen, dass der im 443. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannte Kontakt zu den drei streitigen Kontakten gehört, auf die sich die Kommission für ihre Schlussfolgerung gestützt hat, dass die Klägerinnen E‑Mails mit den ACCS-Mitgliedern ausgetauscht hätten, in denen die von diesen geplanten Maßnahmen und ihre zukünftigen Ankündigungen offengelegt worden seien. Wie aus der Prüfung der vierten Rüge des sechsten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervorgeht, genügen die zwei verbleibenden Kontakte, um diese Schlussfolgerung zu stützen.

721    Drittens ist zu bemerken, dass die in den Erwägungsgründen 196, 406 und 415 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte zu den acht streitigen Kontakten gehören, die im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zur Stützung der Feststellung angeführt worden sind, dass es „darüber hinaus noch weitere Beweise für Kontakte mit Wettbewerbern gibt“. Wie aus der Verwendung des Ausdrucks „darüber hinaus“ hervorgeht, handelt es sich dabei nicht um eine tragende Feststellung. Selbst wenn unterstellt wird, dass dieser Befund wegen des Ausschlusses der in den Erwägungsgründen 196, 406 und 415 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte falsch ist, würde sich das daher nicht auf die Möglichkeit auswirken, auf der Grundlage des im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Indizienbündels gegebenenfalls die Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag festzustellen.

722    Jedenfalls ist festzuhalten, dass, wie aus der Prüfung des sechsten bis achten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervorgeht, die fünf anderen Kontakte, die zur Stützung der Feststellung angeführt worden sind, dass es „darüber hinaus noch weitere Beweise für Kontakte mit Wettbewerbern gibt“, insoweit ausreichten.

723    Viertens haben die in den Erwägungsgründen 196, 223, 406, 415, 443 und 517 des angefochtenen Beschlusses genannten Kontakte in Zeiträumen stattgefunden, für die die Kommission über andere Beweismittel verfügt, die die Feststellung der Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag stützen, wie insbesondere aus den Erwägungsgründen 204, 237, 401, 411, 425, 434, 531 und 546 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht.

724    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die von den Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Teils entwickelte Argumentation nicht geeignet ist, das Indizienbündel, das die Kommission im 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt hat, um die Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag nachzuweisen, in Frage zu stellen.

725    Was als Zweites die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag betrifft, so ist festzustellen, dass die Argumentation der Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Teils des dritten Klagegrundes im Wesentlichen die Argumentation aufgreift, die den ersten neun Teilen dieses Klagegrundes, soweit sie sich auf den Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag beziehen, zugrunde liegt. Diese Argumentation ist jedoch zurückgewiesen worden.

726    Darüber hinaus ist oben in den Rn. 338 bis 344 in Bezug auf die in den Erwägungsgründen 618 und 620 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails festgestellt worden, dass sie keine direkten Beweise für die Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag, sondern lediglich Indizien darstellten, die zusammen mit allen anderen von der Kommission im 792. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vorgebrachten Elementen beurteilt werden mussten. Die in den Erwägungsgründen 618 und 620 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails gehören zu den neun streitigen Kontakten, die im 792. Erwägungsgrund dieses Beschlusses zur Stützung der Feststellung angeführt worden sind, dass die Klägerinnen die Höhe des Sicherheitsaufschlags mit den Mitgliedern der WOW-Allianz koordiniert hätten. Hinzu kommt der im 673. Erwägungsgrund des Beschlusses genannte Kontakt. Wie aus der Prüfung des vierten, des sechsten und des achten Teils des vorliegenden Klagegrundes hervorgeht, genügten diese Kontakte zur Stützung der Feststellung, dass die Höhe des Sicherheitsaufschlags zwischen Mitgliedern der WOW-Allianz koordiniert worden sei.

727    Die Argumentation der Klägerinnen ist somit nicht geeignet, das Indizienbündel, das die Kommission im 792. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt hat, um die Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Sicherheitsaufschlag nachzuweisen, in Frage zu stellen.

728    Daher ist der vorliegende Teil zurückzuweisen und in der Folge der Schluss zu ziehen, dass die Klägerinnen – vorbehaltlich der Fehler, die oben in Rn. 562 hinsichtlich ihrer Beteiligung an der Koordinierung des Treibstoffaufschlags in Thailand zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 sowie oben in Rn. 712 hinsichtlich ihrer Beteiligung am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen festgestellt worden sind – im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes den Nachweis schuldig geblieben sind, dass die Kommission bei der Bestimmung des Umfangs ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung einen Fehler begangen hat.

4.      Vierter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 266 AEUV sowie Verletzung des durch Art. 17 der Charta geschützten Eigentumsrechts und der Begründungspflicht

729    Der vierte Klagegrund, mit dem die Klägerinnen geltend machen, der angefochtene Beschluss weise innere Widersprüche auf, ist in drei Teile untergliedert, mit denen erstens ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV, zweitens eine Verletzung des durch Art. 17 der Charta geschützten Eigentumsrechts und drittens eine Verletzung der Begründungspflicht beanstandet werden.

a)      Erster Teil: Verstoß gegen Art. 266 AEUV

730    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, dadurch gegen Art. 266 AEUV verstoßen zu haben, dass sie die sich aus dem Urteil vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission (T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), ergebenden Maßnahmen nicht ergriffen habe. Daher weise der angefochtene Beschluss die gleichen Widersprüche auf, die das Gericht in diesem Urteil zwischen der Auffassung vom Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung einerseits und den widersprüchlichen Befunden betreffend die Verantwortlichkeit der verschiedenen am rechtswidrigen Verhalten beteiligten Transportunternehmen andererseits festgestellt habe. Die Klägerinnen führen insoweit die divergierenden Schlussfolgerungen in Bezug auf einen E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 an, aus dem die Kommission den Beginn ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung abgeleitet, das für die beiden anderen am E‑Mail-Austausch beteiligten Transportunternehmen aber ausgeschlossen haben soll.

731    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

732    Gemäß Art. 266 AEUV ist das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, verpflichtet, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Verpflichtung besteht nur innerhalb der Grenzen dessen, was erforderlich ist, um das Nichtigkeitsurteil durchzuführen (Urteil vom 29. November 2007, Italien/Kommission, C‑417/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:733, Rn. 52).

733    Nach ständiger Rechtsprechung kommt das betroffene Organ einem Nichtigkeitsurteil nur dann nach und führt es nur dann vollständig durch, wenn es nicht nur den Tenor des Urteils beachtet, sondern auch die Gründe, die zu diesem geführt haben und die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (Urteile vom 26. April 1988, Asteris u. a./Kommission, 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, EU:C:1988:199, Rn. 27, sowie vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C‑41/00 P, EU:C:2003:125, Rn. 29).

734    Art. 266 AEUV verpflichtet das betreffende Organ, anstelle der für nichtig erklärten Handlung keine Handlung zu setzen, die eben die Fehler aufweist, die im Nichtigkeitsurteil festgestellt wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, IPK-München und Kommission, C‑199/01 P und C‑200/01 P, EU:C:2004:249, Rn. 83).

735    Mit dem Urteil vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission (T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), hat das Gericht festgestellt, dass der Beschluss vom 9. November 2010 mit Widersprüchen zwischen seinen Gründen und seinem verfügenden Teil behaftet war, wobei Erstere eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung beschrieben, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezog und an der sich die 21 Adressaten des Beschlusses vom 9. November 2010 beteiligt haben sollen, während Letzterer entweder vier getrennte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlungen oder eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung feststellte, für die lediglich die Transportunternehmen zur Verantwortung gezogen wurden, die sich auf den in den Art. 1 bis 4 des Beschlusses vom 9. November 2010 genannten Strecken an dem im jeweiligen Artikel erwähnten rechtswidrigen Verhalten unmittelbar beteiligt oder Kenntnis von Absprachen über diese Strecken gehabt haben sollen, deren Gefahr sie auf sich nahmen (vgl. oben Rn. 17).

736    Das Gericht hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Gründe des Beschlusses vom 9. November 2010 erhebliche innere Widersprüche enthielten, da sich in ihnen Beurteilungen fanden, die nur schwer mit dem Vorliegen einer einzigen, alle im verfügenden Teil genannten Strecken umfassenden Absprache, so wie sie in diesen Gründen beschrieben wurde, zu vereinbaren war (Urteil vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission, T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990, Rn. 75). Zu diesen Beurteilungen gehörte die Beurteilung, die darin bestand, den Zeitpunkt für den Beginn der Beteiligung an der Zuwiderhandlung für einige Transportunternehmen auf den 1. Mai 2004 festzusetzen, weil diese nicht für die Zuwiderhandlung in Bezug auf die EWR-internen Strecken zur Verantwortung gezogen werden konnten und die Verordnung Nr. 1/2003 erst mit Wirkung von diesem Zeitpunkt auf die von ihnen bedienten Strecken anwendbar geworden war (Urteil vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission, T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990, Rn. 76).

737    Im vorliegenden Fall bringen die Klägerinnen kein Argument zum Nachweis dafür vor, dass die oben festgestellten Widersprüche im angefochtenen Beschluss wiederholt worden sind. Sie stellen lediglich fest, dass der Beginn ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf der Grundlage des E‑Mail-Austauschs vom 13. und 14. Dezember 1999 bestimmt worden sei – anders als bei anderen Transportunternehmen, die sich gleichwohl an diesem Austausch beteiligt hätten. Sie geben nicht an, inwiefern dieser Umstand belegen soll, dass die im Urteil vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission (T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), festgestellten Widersprüche im angefochtenen Beschluss aufrechterhalten worden sind und insbesondere im Widerspruch zur Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit allen vom Kartell erfassten Strecken stehen, an der sich angeblich alle beschuldigten Transportunternehmen beteiligt haben.

738    Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 85 des Urteils vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission, T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht für Recht erkannt, dass die Kommission den Beschluss vom 9. November 2010 unzureichend begründet hatte, als sie davon ausgegangen war, dass der E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 ein Beweis für die Beteiligung der Klägerinnen, nicht aber für die Beteiligung der anderen an diesem Austausch beteiligten Transportunternehmen sei. In besagter Randnummer ist das Gericht auf die Folgen eingegangen, die die Widersprüche im Beschluss vom 9. November 2010 hätten, falls dessen verfügender Teil wie eine Beschreibung von vier getrennten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen ausgelegt würde. Das Gericht hat das Vorbringen der Klägerinnen zur angeblich diskriminierenden Behandlung des E‑Mail-Austauschs vom 13. und 14. Dezember 1999 durch die Kommission insoweit nur zur Veranschaulichung der Folgen dieser Widersprüche angeführt. Wie das Gericht in Rn. 85 des Urteils vom 16. Dezember 2015, SAS Cargo Group u. a./Kommission, T‑56/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:990), im Wesentlichen bemerkt, haben die Widersprüche den Klägerinnen nämlich die Möglichkeit genommen, zu verstehen, ob ihnen eine andere Behandlung als den anderen am fraglichen E‑Mail-Austausch beteiligten Adressaten des Beschlusses vom 9. November 2010 zuteil geworden war, weil diese bestimmte Strecken nicht bedienten.

739    Die Klägerinnen haben somit nicht nachgewiesen, dass der angefochtene Beschluss gegen Art. 266 AEUV verstößt. Der vorliegende Teil ist dementsprechend zurückzuweisen.

b)      Zweiter Teil: Verletzung des durch Art. 17 der Charta geschützten Eigentumsrechts

740    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe ihnen gegenüber willkürlich und selektiv gehandelt und damit das in Art. 17 der Charta niedergelegte Eigentumsrecht verletzt, das gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur EMRK haben müsse. Die Tatsache, dass gegen sie eine Geldbuße verhängt worden sei, stelle aufgrund ihres willkürlichen und widersprüchlichen Charakters eine ungerechtfertigte Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts dar, da die Kommission einige Urheber der Zuwiderhandlung nicht oder nur für einen kürzeren Zeitraum zur Verantwortung gezogen habe.

741    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

742    Wie oben in Rn. 424 bemerkt worden ist, kann der Umstand, dass gegenüber einem Unternehmen, das sich in einer ähnlichen Lage befand wie der Kläger, keine Feststellung eines Verstoßes seitens der Kommission erfolgt ist, es nicht erlauben, den zu seinen Lasten festgestellten Verstoß außer Betracht zu lassen, sofern dieser ordnungsgemäß nachgewiesen ist und da das Gericht mit der Situation dieses anderen Unternehmens nicht befasst ist. Gleiches gilt, wenn sich das betreffende Unternehmen auf den Umstand stützt, dass das Unternehmen, das sich angeblich einer ähnlichen Lage befindet, für einen Teil seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht bestraft worden sein soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2017, Samsung SDI und Samsung SDI [Malaysia]/Kommission, C‑615/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:190, Rn. 38).

743    Im Rahmen des vorliegenden Teils werfen die Klägerinnen der Kommission unter neuerlichem Verweis auf deren Beurteilungen zum E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 aber gerade vor, willkürlich gehandelt zu haben, als sie einige Urheber der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht oder nur für einen kürzeren Zeitraum zur Verantwortung gezogen hat. Der vorliegende Teil ist somit zurückzuweisen.

744    Was den Umstand angeht, dass die Kommission die Verantwortlichkeit einiger Urheber der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht festgestellt hat, so ist jedenfalls daran zu erinnern, dass, wie oben aus Rn. 463 hervorgeht, die Möglichkeit, die Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung festzustellen, vom gesamten ihm zur Last gelegten Beweismaterial abhängt, wie die Kommission zu Recht hervorhebt. Auch hat die Kommission, wie sich oben aus Rn. 464 ergibt, zu Recht ausgeführt, dass sie „weder jedem Erwägungsgrund … noch jedem einzelnen darin enthaltenen Beweis zwangsläufig den gleichen Wert [beimesse]“ und dass „[d]ie Erwägungsgründe, auf die verwiesen [werde], vielmehr Teil des gesamten Beweismaterials [seien], auf das [sie] sich [stütze], und in diesem Kontext beurteilt werden [müssten]“. Daraus lässt sich ableiten, dass die Tatsache, dass ein nichtbeschuldigtes oder in einem geringeren Ausmaß beschuldigtes Unternehmen in bestimmten Dokumenten erwähnt wird, die von der Kommission verurteilten Unternehmen entgegengehalten worden sind, nicht genügt, um festzustellen, dass sich Ersteres in Bezug auf seine Verantwortung für die betrachtete Zuwiderhandlung in einer ähnlichen Lage wie Letztere befinde.

745    Folglich konnte die Kommission, ohne den angefochtenen Beschluss in irgendeiner Form willkürlich zu machen, davon ausgehen, dass eine Gesamtbeurteilung der den Klägerinnen zur Last gelegten streitigen Kontakte genüge, um sie zu beschuldigen, gleichzeitig aber die Auffassung vertreten, dass es an einem hinreichend überzeugenden Indizienbündel fehle, um nichtbeschuldigte Transportunternehmen, die sich an einigen dieser Kontakte beteiligt hatten, zu beschuldigen.

746    Auch bezüglich der Unterschiede zwischen den Zeitpunkten, auf die die Kommission den Beginn der Beteiligung der Klägerinnen und den der beiden anderen am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligten beschuldigten Transportunternehmen festgesetzt hat, sei darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem ein Unternehmen begonnen hat, sich an der Zuwiderhandlung zu beteiligen, von einem Komplex von Beweisen abhängen kann, die zum gleichen Zeitpunkt, vorher oder nachher vorgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 178).

747    Die Kommission konnte somit – auch hier, ohne den angefochtenen Beschluss in irgendeiner Form willkürlich zu machen – davon ausgehen, dass ein Komplex gleichzeitig vorgelegter Beweise genüge, um SAS Consortium ab dem 13. Dezember 1999 zu beschuldigen, gleichzeitig aber die Auffassung vertreten, dass es an einem solchen Komplex fehle, um die beiden anderen beschuldigten Transportunternehmen, die sich ebenfalls am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligt hatten, ab demselben Zeitpunkt zu beschuldigen.

748    Dementsprechend kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie für die Klägerinnen einerseits und die beiden anderen beschuldigten Transportunternehmen andererseits unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn der Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewählt hat, obwohl all diese Transportunternehmen am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligt gewesen sein sollen.

749    Im Übrigen entsprechen die Zeitpunkte für den Beginn der Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, wie die Kommission zu Recht bemerkt, ohne dass insoweit widersprochen wird, bei jedem der drei beschuldigten Transportunternehmen den Zeitpunkten, zu denen diese die ersten ihnen zur Last gelegten E‑Mails versandt haben (vgl. Erwägungsgründe 135 und 161 des angefochtenen Beschlusses), wobei es in Bezug auf die Klägerinnen um die E‑Mail vom 13. Dezember 1999 geht. Daher besteht eine objektive Rechtfertigung für die unterschiedlichen Zeitpunkte, zu denen die Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nach Auffassung der Kommission im vorliegenden Fall begonnen hat. Ein diesbezügliches willkürliches Verhalten der Kommission ist demnach auszuschließen.

750    Folglich muss die Rüge einer Verletzung des Eigentumsrechts, die vollumfänglich auf dem angeblich willkürlichen und widersprüchlichen Charakter der Verfolgung in der vorliegenden Rechtssache beruhte, zurückgewiesen werden.

751    In Anbetracht des Vorstehenden ist der vorliegende Teil zurückzuweisen.

c)      Dritter Teil: Verletzung der Begründungspflicht

752    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe ihre Entscheidung, bestimmte an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligte Transportunternehmen nicht zur Verantwortung zu ziehen, einerseits, und bei den anderen beschuldigten Transportunternehmen, die am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligt gewesen sein sollen, einen anderen Zeitpunkt für den Beginn der Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zugrunde zu legen, andererseits, nicht hinreichend begründet.

753    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

754    In diesem Zusammenhang ist in Bezug auf die Entscheidung der Kommission, bestimmte an der Zuwiderhandlung beteiligte Transportunternehmen nicht zur Verantwortung zu ziehen, zum einen darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht darzulegen brauchte, aus welchen Gründen andere Transportunternehmen nicht für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen wurden. Die Pflicht zur Begründung eines Rechtsakts kann nämlich das Unionsorgan, das ihn erlässt, nicht zur Angabe der Gründe verpflichten, aus denen es nicht gleichartige Rechtsakte gegenüber Dritten erließ (Urteil vom 8. Juli 2004, JFE Engineering/Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, EU:T:2004:221, Rn. 414).

755    Im vorliegenden Fall berufen sich die Klägerinnen aber gerade auf das Versäumnis der Kommission, zu erläutern, weshalb Unternehmen, die sich in einer ähnlichen Lage wie sie befunden haben sollen, nicht für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen worden sind.

756    Folglich kann das vorliegende Argument keinen Erfolg haben.

757    Zum anderen ist in Bezug auf die Verletzung der Begründungspflicht infolge der angeblich widersprüchlichen Behandlung des E‑Mail-Austauschs vom 13. und 14. Dezember 1999 zu bemerken, dass die Kommission den Zeitpunkt für den Beginn der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung im 1169. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf den 13. Dezember 1999 festgesetzt hat. Im selben Erwägungsgrund hat sie den Zeitpunkt für den Beginn der Beteiligung der beiden anderen am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligten beschuldigten Transportunternehmen auf den 21. September 2000 bzw. 14. Dezember 1999 festgesetzt.

758    Wie oben in Rn. 749 ausgeführt, geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass diese Zeitpunkte für jedes der drei am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligten beschuldigten Transportunternehmen den Zeitpunkten entsprechen, zu denen diese die ersten ihnen zur Last gelegten E‑Mails versandt haben. Im 1148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, welche E‑Mails das waren. Bei den Klägerinnen handelt es sich um die in den Erwägungsgründen 135 und 790 bis 792 des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mails. Bei den beiden anderen am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligten beschuldigten Transportunternehmen geht es um die in den Erwägungsgründen 161 und 717 bis 720 des angefochtenen Beschlusses bzw. die in den Erwägungsgründen 135 und 773 bis 777 dieses Beschlusses genannten E‑Mails.

759    Demnach ist das Vorbringen, wonach die Kommission ihre Entscheidung unzureichend begründet habe, für die drei beschuldigten Transportunternehmen, die am E‑Mail-Austausch vom 13. und 14. Dezember 1999 beteiligt gewesen sein sollen, unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn der Beteiligung an der Zuwiderhandlung zugrunde zu legen, als unbegründet zurückzuweisen.

760    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der vorliegende Teil und damit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen sind.

5.      Fünfter Klagegrund: Fehler bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

761    Die Klägerinnen bringen den fünften Klagegrund hilfsweise für den Fall vor, dass das Gericht zu dem Schluss kommt, dass die Kommission ihnen eine Geldbuße auferlegen durfte. Sie unterteilen diesen Klagegrund im Wesentlichen in fünf Teile, mit denen erstens Fehler bei der Bestimmung des Wertes der Verkäufe, zweitens Fehler bei der Ermittlung der Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, drittens Fehler bei der Bestimmung der Dauer dieser Zuwiderhandlung, viertens Fehler bei der Anwendung von Ziff. 28 der Leitlinien von 2006 betreffend den Wiederholungsfall und fünftens Fehler bei der Anwendung mildernder Umstände geltend gemacht werden.

a)      Erster Teil: Fehler bei der Bestimmung des Werts der Verkäufe

762    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch gegen Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verstoßen, dass sie einige ihrer Verkäufe, die keinen – unmittelbaren oder mittelbaren – Zusammenhang mit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufwiesen, in den Wert der Verkäufe einbezogen habe. Dabei handle es sich erstens um die Verkäufe auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz, zweitens die Verkäufe „außerhalb des EWR“, drittens die Verkäufe auf Strecken, die in keinem Zusammenhang mit der „Handvoll Strecken“ stünden, auf denen die Klägerinnen an lokalen und isolierten Ereignissen beteiligt gewesen sein sollen, und viertens um Beträge im Zusammenhang mit anderen Bestandteilen des Preises für Frachtdienste als dem Treibstoff- und dem Sicherheitsaufschlag.

763    Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 hat folgenden Wortlaut:

„Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war …“

764    Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, zielt diese Ziffer darauf ab, bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht dieses Unternehmens daran wiedergibt (Urteile vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57, sowie vom 28. Juni 2016, Portugal Telecom/Kommission, T‑208/13, EU:T:2016:368, Rn. 237).

765    Daher kann der Umsatzbegriff im Sinne von Ziff. 13 zwar nicht so weit ausgedehnt werden, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht von dem zur Last gelegten Kartell erfasst werden, jedoch würde das mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel beeinträchtigt, wäre dieser Begriff dahin zu verstehen, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von diesem Kartell betroffen waren (Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76, sowie vom 1. Februar 2018, Panalpina World Transport [Holding] u. a./Kommission, C‑271/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:59, Rn. 30).

766    Eine solche Beschränkung würde im Übrigen bewirken, dass die wirtschaftliche Bedeutung der von einem bestimmten Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung künstlich geschmälert würde, da die bloße Tatsache, dass nur eine begrenzte Anzahl unmittelbarer Beweise für tatsächlich vom Kartell betroffene Verkäufe gefunden wurde, dazu führen würde, dass letztlich eine Geldbuße verhängt wird, die mit dem Anwendungsbereich des betreffenden Kartells in keinem wirklichen Zusammenhang steht. Eine solche Belohnung der Geheimhaltung würde darüber hinaus das Ziel der Verfolgung und wirksamen Ahndung von Verstößen gegen Art. 101 AEUV beeinträchtigen und ist daher unzulässig (Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 77).

767    Im Licht der vorstehenden Erwägungen sind die vier Fehler zu analysieren, die nach Auffassung der Klägerinnen bei der Bestimmung des Werts der Verkäufe im angefochtenen Beschluss gemacht worden sind.

1)      Zur Einbeziehung des Umsatzes aus dem Verkauf von Frachtdiensten auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz in den Wert der Verkäufe

768    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, dass sie Verkäufe von Frachtdiensten auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz, auf denen sie für die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nicht zuständig gewesen sei, in den Wert der Verkäufe einbezogen hat.

769    Die Kommission antwortet, dass die Argumentation der Klägerinnen auf einer fehlerhaften Auslegung des angefochtenen Beschlusses beruhe, wonach eine Zuwiderhandlung gegen Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz festgestellt worden sei. Darüber hinaus sei die Argumentation der Klägerinnen rein abstrakt, weil sie weder klarstellten, ob sie diese Strecken bedienten, noch angäben, welchen Anteil an ihrem Umsatz die Strecken gegebenenfalls ausmachten.

770    In ihrer Erwiderung fügt die Kommission hinzu, dass die Verkäufe der Klägerinnen auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz so gering seien, dass sich ihr Ausschluss vom Wert der Verkäufe nicht auf die Höhe der Geldbuße auswirken würde.

771    Wie oben aus den Rn. 763 bis 766 hervorgeht, kann der Wert der Verkäufe keine Verkäufe umfassen, die weder unmittelbar noch mittelbar von der fraglichen Zuwiderhandlung erfasst werden.

772    Insoweit ist oben in Rn. 251 festgestellt worden, dass die Kommission die Klägerinnen in Art. 1 Nr. 3 des angefochtenen Beschlusses nicht für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz zur Verantwortung gezogen hat. Diese Strecken wurden von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht erfasst. Sie standen in keinem Zusammenhang mit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 und konnten dementsprechend nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden.

773    In Beantwortung der schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts hat die Kommission anerkannt, dass sie einen Betrag von 262 084 Euro für Verkäufe von Frachtdiensten, die die Klägerinnen 2005 auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz realisiert hatten, in den Wert der Verkäufe einbezogen hatte.

774    Folglich ist der Wert der Verkäufe, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, im angefochtenen Beschluss insoweit fehlerhaft bestimmt worden, als darin auch diese Verkäufe enthalten sind.

2)      Zur Einbeziehung des Umsatzes aus den Verkäufen „außerhalb des EWR“ in den Wert der Verkäufe und zur allgemeinen Ermäßigung um 50 %

775    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, in den Wert der Verkäufe den Umsatz aus Verkäufen einbezogen zu haben, die außerhalb des EWR und damit nicht in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Verstoß im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 getätigt worden sind. Es sei nicht ausreichend gewesen, den beschuldigten Transportunternehmen die allgemeine Ermäßigung um 50 % zu gewähren, um die Tatsache widerzuspiegeln, dass die eingehenden und ausgehenden Dienstleistungen teilweise außerhalb des EWR erbracht worden seien und sich ein Teil des Schadens infolge des Kartells, soweit es sich auf diese Strecken beziehe, außerhalb des EWR verwirklicht habe.

776    Das Vorgehen der Kommission sei unbestimmt, willkürlich und nicht hinreichend begründet. So habe die Kommission nicht genau angegeben, welcher Teil der eingehenden und ausgehenden Dienste außerhalb des EWR getätigt worden sein und welcher Teil des behaupteten Schadens sich dort verwirklicht haben solle. Der angefochtene Beschluss enthalte weder eine Analyse des Ortes, an dem sich dieser Schaden verwirklicht habe, noch des Ortes, an dem die fraglichen Dienste erbracht worden seien. Insbesondere hätte die Kommission nicht die Auffassung vertreten dürfen, dass der Umsatz aus Verkäufen eingehender Dienste dem Umsatz aus Verkäufen ausgehender Dienste entspreche, da sie gewusst habe, dass die Einnahmen der Klägerinnen auf den eingehenden Strecken viel höher gewesen seien als ihre Einnahmen auf den ausgehenden Strecken.

777    Der angefochtene Beschluss enthalte auch keine Analyse, mit der festgestellt werden solle, ob der befolgte Ansatz, der von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 abweiche, zu einer Gleichbehandlung aller Transportunternehmen führen könne.

778    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

779    Einleitend ist festzuhalten, dass die Klägerinnen nicht genau angeben, welche Verkäufe ihrer Auffassung nach „außerhalb des EWR getätigt“ worden sind. Zu beachten ist jedoch, dass die Klägerinnen im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgetragen haben, die Verkäufe von Frachtdiensten würden „auf lokaler Ebene abgewickelt“ und die „Kontakte zwischen Spediteuren und Transportunternehmen f[ä]nden am Ausgangspunkt [der Strecken] statt“, wobei die Transportunternehmen die Anforderungen der Spediteure nur erfüllen konnten, wenn sie in der Lage waren, Produkte von diesem Ort aus zu befördern.

780    Festzustellen ist, dass der Ausgangspunkt der ausgehenden Frachtdienste per Definition innerhalb des EWR-Gebiets liegt. Umgekehrt befindet sich der Ausgangspunkt der eingehenden Frachtdienste per Definition außerhalb des EWR-Gebiets. Somit ist der Verweis der Klägerinnen auf die „außerhalb des EWR getätigten“ Verkäufe so zu verstehen, dass es um den Verkauf eingehender Frachtdienste geht.

781    Nach Klärung dieses Punkts ist darauf hinzuweisen, dass Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 die Einbeziehung des Umsatzes des betreffenden Unternehmens aus Waren oder Dienstleistungen in den Wert der Verkäufe von der Voraussetzung abhängig macht, dass die fraglichen Verkäufe „im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR [getätigt worden sind und] mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen“.

782    So ist in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 weder von innerhalb des EWR „ausgehandelten Verkäufen“ noch von dort „in Rechnung gestellten Verkäufen“ die Rede, vielmehr wird lediglich auf „Verkäufe“ im EWR Bezug genommen. Folglich hindert diese Ziffer die Kommission weder daran, bei Kunden mit Sitz außerhalb des EWR getätigte Verkäufe heranzuziehen, noch schreibt sie vor, Verkäufe zu berücksichtigen, die im EWR ausgehandelt oder in Rechnung gestellt worden sind. Andernfalls bräuchte ein Unternehmen, das sich an einer Zuwiderhandlung beteiligt, seine Verkäufe nur mit den außerhalb des EWR niedergelassenen Tochtergesellschaften seiner Kunden auszuhandeln oder sie ihnen in Rechnung zu stellen, um zu erreichen, dass diese Verkäufe bei der Berechnung des Betrags einer etwaigen Geldbuße unberücksichtigt bleiben, wodurch der Betrag viel niedriger ausfiele (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2017, Samsung SDI und Samsung SDI [Malaysia]/Kommission, C‑615/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:190, Rn. 55).

783    Bezüglich der Auslegung des Begriffs „Verkäufe innerhalb des EWR“, die die Klägerinnen aus der Entscheidung der Kommission in der Sache COMP/39.406 – Meeresschläuche herleiten wollen, ist darauf hinzuwiesen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet, da dieser allein in der Verordnung Nr. 1/2003 sowie den Leitlinien von 2006 geregelt ist (vgl. Urteil vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, EU:T:2011:442, Rn. 242 und die dort angeführte Rechtsprechung), und dass jedenfalls nicht dargetan wird, dass die tatsächlichen Gegebenheiten, die der Sache zugrunde liegen, in der diese Entscheidung ergangen ist, wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen waren wie im vorliegenden Fall (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 262 und die dort angeführte Rechtsprechung).

784    Der vorerwähnte Begriff ist im Licht des Ziels von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 auszulegen. Dieses Ziel besteht, wie oben aus den Rn. 764 bis 766 hervorgeht, darin, bei der Berechnung von Geldbußen einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der u. a. die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt wiedergibt, da der Umsatz, der mit den Waren oder Dienstleistungen erzielt wird, auf die sich die Zuwiderhandlung bezieht, ein objektives Kriterium ist, das zutreffend angibt, wie schädlich sie sich auf den normalen Wettbewerb auswirkt (vgl. Urteil vom 28. Juni 2016, Portugal Telecom/Kommission, T‑208/13, EU:T:2016:368, Rn. 236 und die dort angeführte Rechtsprechung).

785    Bei der Feststellung, ob Verkäufe im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 „innerhalb des EWR [getätigt]“ worden sind, hat die Kommission daher ein Kriterium heranzuziehen, das die Realität im Markt widerspiegelt, das also am besten geeignet ist, die Folgen des Kartells für den Wettbewerb im EWR zu ermitteln.

786    In den Erwägungsgründen 1186 und 1197 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie bei der Berechnung des Werts der Verkäufe den Umsatz aus dem Verkauf von Frachtdiensten auf den EWR-internen Strecken, den Strecken Union-Drittländer, den Strecken Union-Schweiz und den Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer berücksichtigt habe. Wie aus dem 1194. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervorgeht, umfassten die Verkäufe im Zusammenhang mit den Strecken Union-Drittländer und EWR (ohne Union)-Drittländer sowohl Verkäufe von Frachtdiensten auf ausgehenden Strecken als auch Verkäufe eingehender Frachtdienste.

787    Im selben Erwägungsgrund hat die Kommission die Einbeziehung des Umsatzes aus dem Verkauf dieser Dienste in den Wert der Verkäufe mit der Notwendigkeit gerechtfertigt, deren „Besonderheiten“ Rechnung zu tragen. So hat sie insbesondere festgestellt, dass sich die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf die besagten Dienste beziehe und die „wettbewerbswidrigen Absprachen geeignet [seien], sich negativ auf den Binnenmarkt für [sie] auszuwirken“.

788    Wie sich oben aus den Rn. 156 bis 237 ergibt, war entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen jedoch vorhersehbar, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – auch soweit sie sich auf die eingehenden Strecken bezog – erhebliche und sofortige Wirkungen im Binnenmarkt oder innerhalb des EWR haben würde und daher geeignet war, dem normalen Wettbewerb innerhalb des EWR-Gebiets zu schaden. In den Erwägungsgründen 1194 und 1241 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission gleichwohl anerkannt, dass sich ein Teil des „Schadens“ im Zusammenhang mit dem streitigen Verhalten auf den Strecken EWR-Drittländer möglicherweise außerhalb des EWR verwirklicht habe. Sie hat darüber hinaus hervorgehoben, dass ein Teil der Dienste außerhalb des EWR erbracht worden sei. Dementsprechend hat sie sich auf Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 gestützt und den beschuldigten Transportunternehmen für die Strecken EWR-Drittländer eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 50 % gewährt.

789    Würde davon ausgegangen, dass die Kommission nicht 50 % des auf diesen Strecken erzielten Umsatzes in den Wert der Verkäufe einbeziehen durfte, liefe das daher darauf hinaus, ihr zu verbieten, bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße die Verkäufe zu berücksichtigen, die von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung erfasst wurden und geeignet waren, dem Wettbewerb im EWR zu schaden.

790    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist diese Ermäßigung nicht rechtswidrig. Wie aus dem 1241. Erwägungsgrund und Fn. 1536 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat die Kommission die Ermäßigung gemäß Ziff. 37 der Leitlinien angewandt, die sie ermächtigt, von der in denselben Leitlinien dargelegten allgemeinen Methode abzuweichen, wenn die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung es rechtfertigen.

791    In diesem Zusammenhang ist die Kommission in Bezug auf eine Entscheidung, mit der eine Geldbuße verhängt wird, verpflichtet, eine Begründung insbesondere für die Höhe der verhängten Geldbuße und hinsichtlich der dafür angewandten Methode zu geben. Es ist Sache der Kommission, in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien anzugeben, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermessen, wobei sie nicht verpflichtet ist, darin eingehendere Ausführungen oder Zahlenangaben zur Methode für die Berechnung der Geldbuße zu machen. Sie muss jedoch darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat (vgl. Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 291 und die dort angeführte Rechtsprechung).

792    Beschließt die Kommission, wie im vorliegenden Fall Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 anzuwenden und daher von der in diesen Leitlinien dargelegten allgemeinen Methodik, durch die sie sich in der Ausübung ihres Ermessens bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen selbst gebunden hat, abzuweichen, ist das Begründungserfordernis umso strenger zu beachten. Diese Begründung muss umso genauer sein, als sich Ziff. 37 nur vage auf die „besonderen Umstände eines Falles“ bezieht und der Kommission einen weiten Ermessensspielraum einräumt, um eine ausnahmsweise Anpassung der Grundbeträge der Geldbußen der betroffenen Unternehmen vorzunehmen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (Urteil vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 48).

793    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich die Kommission bei nahezu allen Schritten der Berechnung der Geldbuße an die allgemeine Methodik der Leitlinien von 2006 gehalten hat und gemäß deren Ziff. 37 nur von ihr abgewichen ist, um die allgemeine Ermäßigung um 50 % auf den Grundbetrag anzuwenden. Die Gründe, aus denen die Kommission beschlossen hat, auf diese Weise von der allgemeinen Methodik der Leitlinien von 2006 abzuweichen, der sie bei den vorherigen Schritten der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße gefolgt war, sind in den Erwägungsgründen 1194 und 1241 des angefochtenen Beschlusses enthalten. Wie oben in Rn. 788 erläutert worden ist, wird in diesen Erwägungsgründen darauf hingewiesen, dass ein Teil der fraglichen Dienste außerhalb des EWR erbracht worden sei und sich ein Teil des „Schadens“ im Zusammenhang mit dem streitigen Verhalten auf den Strecken EWR-Drittländer möglicherweise außerhalb des EWR verwirklicht habe.

794    Indem die Kommission ausgeführt hat, dass diese Umstände sowohl für die eingehenden als auch für die ausgehenden Strecken eine Herabsetzung des Grundbetrags um 50 % rechtfertigten, hat sie die Gründe für die allgemeine Ermäßigung um 50 % hinreichend dargelegt, und so den Klägerinnen ermöglicht, die Brauchbarkeit der verwendeten Methodik zu verstehen, und dem Gericht, sie zu überprüfen.

795    Zur Begründetheit der allgemeinen Ermäßigung um 50 % ist zu sagen, dass der Kommission keine Willkür vorgeworfen werden kann. Die Kommission hat ihren Ansatz nämlich auf zwei objektive Kriterien gestützt (vgl. oben Rn. 793), deren Gültigkeit die Klägerinnen im Übrigen nicht beanstandet haben, und zwar die Orte der physischen Erbringung der Frachtdienste auf den Strecken EWR-Drittländer einerseits und die Orte der Verwirklichung des Schadens aus der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, soweit sie diese Strecken betraf, andererseits.

796    In Bezug auf das behauptete Fehlen einer genauen Analyse dieser Orte ist davon auszugehen, dass die Kommission ausnahmsweise eine Anpassung des Grundbetrags vornehmen und die Auffassung vertreten durfte, dass die beiden herangezogenen Kriterien eine Ermäßigung wie die gewährte rechtfertigten.

797    Das Argument der Klägerinnen, wonach sie auf den eingehenden Strecken einen höheren Umsatz erzielt hätten als auf den ausgehenden Strecken, ist insoweit irrelevant. Zum einen ist dieses Argument, das sich ausschließlich auf die individuelle Situation der Klägerinnen bezieht, nämlich nicht geeignet, die Fehlerhaftigkeit der beiden in den Erwägungsgründen 1194 und 1241 des angefochtenen Beschlusses herangezogenen Kriterien, die eher allgemein auf eingehende und ausgehende Frachtdienste sowie auf den durch die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung im Zusammenhang damit entstandenen Schaden abstellen, nachzuweisen. Zum anderen setzt das Argument jedenfalls voraus, dass die allgemeine Ermäßigung um 50 % auf der Prämisse beruht, dass der relevante Umsatz gleichmäßig auf eingehende und ausgehende Strecken verteilt war, was aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervorgeht.

798    Soweit die Klägerinnen geltend machen, die Kommission hätte den Prozentsatz dieser Ermäßigung gleichwohl nach Maßgabe der Aufteilung des Umsatzes der einzelnen beschuldigten Transportunternehmen anpassen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden dürfen (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

799    Würde eine Berechnungsmethode angewandt, die zwischen den beschuldigten Transportunternehmen nach Maßgabe der Aufteilung ihres Umsatzes auf eingehende und ausgehende Strecken differenziert, liefe dies im Übrigen darauf hinaus, einige von ihnen auf der Grundlage eines Kriteriums zu bevorteilen, das im Hinblick auf die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung ohne Belang ist (vgl. entsprechend Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

800    Soweit sich die Klägerinnen auf eine Ungleichbehandlung gegenüber den beschuldigten Transportunternehmen berufen, die auf den ausgehenden Strecken einen höheren Umsatz erzielt haben sollen als auf den eingehenden Strecken, ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts und in Art. 20 der Charta verankert ist, verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

801    Da die Klägerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht haben, obliegt es ihnen, die vergleichbaren Sachverhalte, die ihrer Ansicht nach unterschiedlich behandelt worden sind, oder die unterschiedlichen Sachverhalte, die ihrer Ansicht nach gleich behandelt worden sind, genau zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. April 2013, Du Pont de Nemours [Frankreich] u. a./Kommission, T‑31/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:167, Rn. 311).

802    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen solche Sachverhalte jedoch nicht angeführt.

803    Folglich konnte die Kommission 50 % des auf den Strecken EWR-Drittländer erzielten Umsatzes als objektives Kriterium berücksichtigen, das zutreffend angibt, wie schädlich sich die Beteiligung der Klägerinnen am streitigen Kartell auf den normalen Wettbewerb auswirkt, vorausgesetzt, dass dieser Umsatz auf Verkäufe zurückzuführen war, die einen Zusammenhang mit dem EWR aufwiesen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 47).

804    Im vorliegenden Fall besteht ein solcher Zusammenhang in Bezug auf die eingehenden Strecken, da die eingehenden Frachtdienste, wie aus den Erwägungsgründen 1194 und 1241 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht und die Kommission in ihren Schriftsätzen vorträgt, teilweise innerhalb des EWR erbracht werden. Wie oben in Rn. 198 ausgeführt worden ist, sollen diese Dienste nämlich gerade die Beförderung von Waren aus Drittländern in den EWR ermöglichen. Wie die Kommission zu Recht bemerkt, erfolgt ein Teil ihrer „physischen“ Erbringung per Definition im EWR, wo ein Teil des Transports dieser Waren stattfindet und das Frachtflugzeug landet.

805    Unter diesen Umständen durfte die Kommission davon ausgehen, dass die Verkäufe eingehender Frachtdienste im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 innerhalb des EWR getätigt worden waren.

806    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen und der Schluss zu ziehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie 50 % des Umsatzes aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste in den Wert der Verkäufe einbezogen hat.

3)      Zur Tatsache, dass der Gesamtpreis der Frachtdienste und nicht nur die Aufschläge in den Wert der Verkäufe einbezogen worden sind

807    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe gegen Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verstoßen, indem sie Elemente des Preises für Frachtdienste, in Bezug auf die sie nicht nachgewiesen habe, dass sie einen wie auch immer gearteten Zusammenhang mit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufwiesen, in den Wert der Verkäufe einbezogen habe. Dabei handle es sich insbesondere um die Tarife und andere Aufschläge als den Treibstoff- und den Sicherheitsaufschlag.

808    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

809    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Umsatzbegriff im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 dem Preis ohne Steuern entspricht, wie er dem Kunden für die Ware oder Dienstleistung, die Gegenstand der fraglichen Zuwiderhandlung gewesen ist, in Rechnung gestellt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T‑127/04, EU:T:2009:142, Rn. 91, sowie vom 18. Juni 2013, ICF/Kommission, T‑406/08, EU:T:2013:322, Rn. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung). In Anbetracht des mit dieser Ziffer verfolgten und in Ziff. 6 derselben Leitlinien wiedergegebenen Ziels, bei der Festsetzung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße von einem Betrag auszugehen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht, das dem Unternehmen dabei zukam, angemessen wiedergibt (vgl. oben Rn. 764), ist der Begriff „Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen“ dahin zu verstehen, dass darunter die Umsätze fallen, die auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt erzielt wurden (vgl. Urteil vom 1. Februar 2018, Kühne + Nagel International u. a./Kommission, C‑261/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:56, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

810    Bei der Bestimmung des Werts der Verkäufe kann die Kommission somit auf den Gesamtpreis abstellen, den das Unternehmen seinen Kunden auf dem Markt der betreffenden Waren oder Dienstleistungen in Rechnung gestellt hat, ohne dass es erforderlich ist, die verschiedenen Elemente dieses Preises in Abhängigkeit davon zu unterscheiden oder abzuziehen, ob sie Gegenstand einer Koordinierung gewesen sind oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Februar 2018, Kühne + Nagel International u. a./Kommission, C‑261/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:56, Rn. 66 und 67).

811    Wie die Kommission im Wesentlichen bemerkt, sind der Treibstoff- und der Sicherheitsaufschlag keine gesonderten Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 oder 102 AEUV sein können. Im Gegenteil: Wie aus den Erwägungsgründen 17, 108 und 1187 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, sind diese Aufschläge nur zwei Elemente des Preises der fraglichen Dienste.

812    Folglich hinderte Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht daran, den Gesamtbetrag der Verkäufe im Zusammenhang mit den fraglichen Diensten zu berücksichtigen, ohne ihn in seine Bestandteile zu zerlegen.

813    Im Übrigen ist zu beachten, dass der von den Klägerinnen befürwortete Ansatz auf die Auffassung hinausläuft, dass Preiselemente, die nicht speziell Gegenstand einer Koordinierung zwischen den beschuldigten Transportunternehmen gewesen sind, vom Wert der Verkäufe ausgenommen werden müssen.

814    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es keinen stichhaltigen Grund dafür gibt, Ausgangsstoffe, deren Kosten sich der Kontrolle durch die Parteien der behaupteten Zuwiderhandlung entziehen, vom Wert der Verkäufe auszunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T‑127/04, EU:T:2009:142, Rn. 91). Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen gilt Gleiches für Preiselemente, die – wie die Tarife – nicht speziell Gegenstand einer Koordinierung gewesen sind, sondern einen integralen Bestandteil des Verkaufspreises für die fragliche Ware oder Dienstleistung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 5030).

815    Würde anders entschieden, hätte dies zur Folge, dass die Kommission dazu verpflichtet würde, nach Maßgabe eines Schwellenwerts, der schwer anwendbar wäre und Anlass zu endlosem und unlösbarem Streit, einschließlich des Vorwurfs der Ungleichbehandlung, gäbe, in einigen Fällen nicht auf den Bruttoumsatz abzustellen, in anderen hingegen schon (Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑272/09 P, EU:C:2011:810, Rn. 53).

816    Die Kommission hat somit nicht gegen Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verstoßen, als sie im 1190. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Gesamtbetrag der Verkäufe im Zusammenhang mit den fraglichen Diensten zu berücksichtigen war, ohne in seine Bestandteile zerlegt werden zu müssen.

817    Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

4)      Zur Frage, ob Verkäufe auf Strecken ohne Zusammenhang mit den lokalen und isolierten Ereignissen, an denen die Klägerinnen auf einer „Handvoll Strecken“ beteiligt gewesen sein sollen, in den Wert der Verkäufe einbezogen werden können

818    Die Klägerinnen rügen, dass die Kommission auf den Wert der Verkäufe „im Zusammenhang mit großen geografischen Gebieten“ abgestellt hat, obwohl die ihnen vorgeworfenen Verhaltensweisen meist lokale und isolierte Ereignisse gewesen seien, die höchstens eine „Handvoll Strecken“ betroffen hätten.

819    Es sei umso richtiger, nicht von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung erfasste Verkäufe auszunehmen, als zum einen nur eine kleine Zahl von Verkäufen vom streitigen Verhalten betroffen gewesen sei, da die Klägerinnen generell nach dem Grundsatz verfahren seien, gemäß der Allianz, die Gegenstand der Freistellung von 1996 sei, die gleichen Aufschläge wie Lufthansa zu erheben, und zum anderen die Rechtswidrigkeit einer Reihe von Elementen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen sei. Dies gelte u. a. für die Strecken EWR-Drittländer, für die die Kommission die Regulierungssysteme der Drittländer nicht bewertet habe.

820    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

821    Es sei darauf hingewiesen, dass die Kommission die Klägerinnen nach alledem für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf den EWR-internen Strecken sowie auf den Strecken Union-Drittländer, Union-Schweiz und EWR (ohne Union)-Drittländer zur Verantwortung ziehen durfte. Folglich erfasst die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung all diese Strecken und nicht nur die „Handvoll Strecken“, auf denen die Klägerinnen im Rahmen lokaler und isolierter Ereignisse beteiligt gewesen zu sein behaupten.

822    Die Kommission konnte die auf allen EWR-internen Strecken sowie die auf sämtlichen Strecken EWR-Drittländer, Union-Schweiz und EWR (ohne Union)-Drittländer getätigten Verkäufe somit ohne Verstoß gegen Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 in den Wert der Verkäufe einbeziehen.

823    In Anbetracht des Vorstehenden ist der Rüge, die aus der Einbeziehung des Umsatzes aus dem Verkauf von Frachtdiensten auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz in den Wert der Verkäufe hergeleitet wird, stattzugeben und der vorliegende Teil im Übrigen zurückzuweisen.

b)      Zweiter Teil: Fehler bei der Ermittlung der Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

824    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen die Ziff. 19 und 20 der Leitlinien von 2006 verstoßen, dass sie einen übermäßigen Schwerekoeffizienten von 16 % angewandt habe. Die Kommission habe bei der Ermittlung der Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nämlich nicht alle relevanten Umstände des konkreten Falls berücksichtigt. Insbesondere habe sie der individuellen Verantwortlichkeit der Klägerinnen nicht Rechnung getragen.

825    Die Argumentation der Klägerinnen besteht im Wesentlichen aus fünf Rügen.

826    Als Erstes habe die Kommission die Tatsache, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht den vollen Preis der fraglichen Dienste erfasst habe und die Koordinierung zweier (untergeordneter) Elemente des Gesamtpreises – ohne nachgewiesene Wirkung auf diesen – offenkundig weniger schwerwiegend sei als die Koordinierung des gesamten Preises – mit nachgewiesenen Wirkungen auf dem Markt –, zu Unrecht nicht berücksichtigt.

827    Als Zweites mache der von der Kommission angewandte Schwerekoeffizient von 16 % zwischen 45 und 320 % des Werts der betreffenden Aufschläge aus und überschreite daher die in Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 genannte Obergrenze von 30 %. Auf die Aufschläge zusammen seien nämlich jährlich zwischen 5 und 35 % des Gesamtwerts der betreffenden Verkäufe zwischen Februar 2000 und Februar 2006 entfallen.

828    Als Drittes habe die Kommission im 1199. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ohne irgendeine Rechtfertigung angenommen, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung „zulasten [der] Kunden und letztlich der allgemeinen Öffentlichkeit“ gegangen sei.

829    Als Viertes verstoße die Anwendung eines einheitlichen Schwerekoeffizienten auf alle Adressaten des angefochtenen Beschlusses gegen den Grundsatz der individuellen Straffestsetzung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die den Klägerinnen im 1259. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses für mildernde Umstände gewährte Ermäßigung um 10 % gebe den Unterschied zwischen der Situation der Klägerinnen und der Situation der anderen beschuldigten Transportunternehmen nicht vollständig wieder.

830    Als Fünftes hätten die Verhaltensweisen der Klägerinnen außerhalb des kleineren Kreises stattgefunden und beschränkten sich im Allgemeinen auf eine Koordinierung im Einklang mit den LVA in Drittländern und eine Zusammenarbeit im Rahmen von Allianzen. Diese Verhaltensweisen seien nicht geheim gewesen sowie mehrheitlich in Zeitungen oder im Internet veröffentlicht und den Wettbewerbsbehörden vorgelegt oder von diesen genehmigt worden.

831    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

832    Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ist bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße u. a. die Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

833    Die Ziff. 19 bis 23 der Leitlinien von 2006 sehen Folgendes vor:

„19.      Zur Bestimmung des Grundbetrags wird ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert.

20.      Die Schwere der Zuwiderhandlung wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt.

21.      Grundsätzlich kann ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden.

22.      Bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligte[r] Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.

23.      Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende dieser Bandbreite anzusetzen.“

834    Nach der Rechtsprechung stellt eine horizontale Vereinbarung, in der sich die betreffenden Unternehmen nicht auf den Gesamtpreis, sondern auf ein Element dieses Preises verständigen, eine horizontale Vereinbarung zur Festsetzung von Preisen im Sinne von Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 dar und gehört daher zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Februar 2016, UTi Worldwide u. a./Kommission, T‑264/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:112, Rn. 277 und 278).

835    Folglich verdient eine solche Vereinbarung, worauf die Kommission im 1208. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen hat, grundsätzlich einen am oberen Ende der in Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 genannten Bandbreite von 0 bis 30 % angesiedelten Schwerekoeffizienten.

836    Nach der Rechtsprechung ist ein Schwerekoeffizient, der erheblich unter der Obergrenze dieser Bandbreite liegt, für ein Unternehmen, das an einer solchen Vereinbarung beteiligt ist, sehr vorteilhaft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 125) und sogar nur in Anbetracht der Art der Zuwiderhandlung zu rechtfertigen (vgl. Urteil vom 26. September 2018, Philips und Philips France/Kommission, C‑98/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:774, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

837    Im 1199. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission gerade die Ansicht vertreten, dass die „Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, auf die sich der … [angefochtene] Beschluss bezieht, … die Festsetzung verschiedener Preiselemente [beträfen]“.

838    In den Erwägungsgründen 1199, 1200 und 1208 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission das streitige Verhalten somit zu Recht als horizontale Vereinbarung oder Absprache zur Festsetzung von Preisen eingestuft, obwohl dieses Verhalten nicht „den vollen Preis für die fraglichen Dienste erfasst“ haben soll.

839    Die Kommission durfte im 1208. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses daher den Schluss ziehen, dass die streitigen Vereinbarungen und Verhaltensweisen zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehörten und somit einen Schwerekoeffizienten „am oberen Ende der Bandbreite“ verdienten.

840    Der erheblich unter der Obergrenze der in Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 genannten Bandbreite liegende Schwerekoeffizient von 16 %, den die Kommission im 1212. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zugrunde gelegt hat, könnte mithin nur in Anbetracht der Art der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gerechtfertigt sein.

841    Zu beachten ist jedoch, dass sich die Kommission, wie aus den Erwägungsgründen 1209 bis 1212 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bei der Festsetzung des Schwerekoeffizienten auf 16 % nicht allein auf die Art der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gestützt hat. So hat sie in diesem Beschluss auf die gemeinsamen Marktanteile der beschuldigten Transportunternehmen weltweit sowie auf den EWR-internen Strecken und den Strecken EWR-Drittländer (1209. Erwägungsgrund), die geografische Reichweite des streitigen Kartells (1210. Erwägungsgrund) sowie die Umsetzung der streitigen Vereinbarungen und Verhaltensweisen (1211. Erwägungsgrund) verwiesen.

842    Allerdings bestreiten die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils nicht, dass die bei der Festsetzung des Schwerekoeffizienten zugrunde gelegten Faktoren begründet sind.

843    Unter diesen Umständen können die Klägerinnen nicht geltend machen, ein Schwerekoeffizient von 16 % sei rechtswidrig.

844    Keines der übrigen Argumente der Klägerinnen kann die vorstehende Schlussfolgerung in Frage stellen.

845    Als Erstes ist, soweit die Klägerinnen vortragen, die Kommission hätte den angeblich öffentlichen Charakter ihres Verhaltens berücksichtigen müssen, zu beachten, dass ihre Argumentation sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht unbegründet ist. In rechtlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Geheimhaltung eines Kartells zwar ein Umstand ist, der seine Schwere verstärken kann. Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 macht die Einstufung einer Zuwiderhandlung als besonders schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung jedoch nicht von der Geheimhaltung der Zuwiderhandlung abhängig. In dieser Ziffer heißt es lediglich, dass horizontale Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, die ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gehören, „üblicherweise geheim“ sind. Folglich handelt es sich bei der Geheimhaltung nicht um eine unabdingbare Voraussetzung für die Einstufung einer Zuwiderhandlung als schwer im Sinne von Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 und für ihre dementsprechende Ahndung (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, EU:T:2006:396, Rn. 252).

846    Selbst wenn die Geheimhaltung des Verhaltens der Klägerinnen erwiesen wäre, ist sie daher nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des im 1212. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgesetzten Schwerekoeffizienten in Frage zu stellen.

847    In tatsächlicher Hinsicht ist mit der Kommission festzustellen, dass sich die Klägerinnen nicht lediglich an öffentlichen Handlungen beteiligt haben. Sie haben vielmehr an geheimen Handlungen teilgenommen, die zum Teil sogar von einem aktiven Verheimlichungswillen zeugen. So verweist die Kommission im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf einen internen E‑Mail-Austausch von Januar 2000, in dem ein Mitarbeiter der Klägerinnen seine Kollegen darauf hingewiesen hat, dass es wichtig sei, „[in einer Antwort auf ein Schreiben des finnischen Speditionsverbands] nicht auf andere Transportunternehmen Bezug zu nehmen, da dies ein Problem mit den Kartellaufsichtsbehörden schaffen [könne]“ (vgl. auch oben Rn. 400).

848    Als Zweites ist, soweit sich die Klägerinnen auf das Fehlen nachgewiesener Wirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sowie darauf berufen, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass sie „zulasten [der] Kunden und letztlich der allgemeinen Öffentlichkeit“ gegangen sei, darauf hinzuweisen, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), vorsahen, dass bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes u. a. die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar waren, berücksichtigt werden mussten.

849    Dieses Erfordernis ist in den im vorliegenden Fall anwendbaren Leitlinien von 2006 jedoch nicht mehr enthalten. Letztere verpflichten die Kommission somit nicht dazu, bei der Bestimmung des Umsatzes im Rahmen der Schwere gemäß ihren Ziff. 19 bis 24 die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 539).

850    Auch die Rechtsprechung erlegt ihr – zumindest bei einer „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung – keine solche Verpflichtung auf.

851    Die Schwere einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln ist nämlich anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln. Zu diesen gehören u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss vom 25. März 1996, SPO u. a./Kommission, C‑137/95 P, EU:C:1996:130, Rn. 54, sowie Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 241).

852    Die Auswirkungen auf den Markt können dabei zwar berücksichtigt werden, spielen aber nur bei Vorliegen von Vereinbarungen, Beschlüssen oder abgestimmten Verhaltensweisen, die nicht unmittelbar bezwecken, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, und daher nur infolge ihrer konkreten Auswirkungen in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV fallen können, eine wesentliche Rolle (Urteil vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T‑691/14, im Rechtsmittelverfahren, EU:T:2018:922, Rn. 1809).

853    Andernfalls würde der Kommission im Stadium der Berechnung des Betrags der Geldbuße eine Verpflichtung auferlegt, die für sie nach ständiger Rechtsprechung bei der Anwendung von Art. 101 AEUV nicht besteht, wenn die in Rede stehende Zuwiderhandlung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. Urteil vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

854    Im 903. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission das streitige Verhalten als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung eingestuft. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen war sie somit nicht verpflichtet, die konkreten Auswirkungen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen.

855    Gleichwohl kann sich die Kommission, wenn sie es für angebracht hält, bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen, nicht lediglich auf eine bloße Vermutung stützen, sondern muss konkrete, glaubhafte und ausreichende Indizien vorlegen, die ihr erlauben, die tatsächlichen Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem genannten Markt haben konnte, zu beurteilen (Urteil vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 82).

856    Auch braucht die Kommission für die Festsetzung der Geldbußen weder nachzuweisen, dass die fragliche Zuwiderhandlung den betreffenden Unternehmen einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat, noch gegebenenfalls das Fehlen eines solchen Vorteils zu berücksichtigen, wobei die Bewertung des durch die Zuwiderhandlung erzielten unrechtmäßigen Gewinns relevant sein kann, wenn sich die Kommission im Hinblick auf die Festsetzung des Schwerekoeffizienten genau auf diesen Gewinn stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 4881 und 4882).

857    Im 1199. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission im Rahmen der Festsetzung des Schwerekoeffizienten festgestellt, dass die streitigen Vereinbarungen und Verhaltensweisen „den [beschuldigten Transportunternehmen] zulasten [der] Kunden und letztlich der allgemeinen Öffentlichkeit zugutegekommen“ seien. Zur Stützung dieser Feststellung hat sie jedoch keinerlei Nachweis erbracht.

858    Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei der fraglichen Feststellung nicht um einen selbstständigen Grund, auf den sich die Kommission gestützt hat, um die Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zu beurteilen, sondern um eine der Erwägungen handelt, die sie bei der Beurteilung der Art dieser Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 1199 bis 1208 des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt hat. Die Erwägung stellt jedoch nicht die notwendige Grundlage für die Schlussfolgerung dar, wonach mit der Zuwiderhandlung Elemente des Preises für Frachtdienste festgelegt werden sollten, so dass sich mit ihr ein Schwerekoeffizient rechtfertigen ließ, der am unteren Rand der in Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 genannten „oberen Bandbreite“ für die schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen angesiedelt war. Das vorliegende Argument ist daher nicht geeignet, die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Beurteilung der Art der fraglichen Zuwiderhandlung in Zweifel zu ziehen. Da die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass der Schwerekoeffizient nicht im Hinblick auf die anderen im angefochtenen Beschluss berücksichtigten Faktoren gerechtfertigt war (vgl. oben Rn. 841 und 842), ist dieses Argument demnach zurückzuweisen.

859    Als Drittes genügt in Bezug auf die Rüge, wonach der herangezogene Schwerekoeffizient zwischen 45 und 320 % des Werts der betreffenden Aufschläge ausmache und daher die in Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 vorgesehene Obergrenze von 30 % des Werts der Verkäufe überschreite, die Bemerkung, dass sich die Klägerinnen auf die falsche Annahme stützen, wonach die Kommission bei der Festsetzung des Werts der Verkäufe nur den Betrag der Aufschläge und nicht den vollen Preis der fraglichen Dienste hätte berücksichtigen dürfen (vgl. oben Rn. 809 bis 816).

860    Als Viertes ist bezüglich der Rügen, die aus einem Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Straffestsetzung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie aus dem angeblichen Unterlassen der Kommission abgeleitet werden, den Besonderheiten der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen, darauf hinzuweisen, dass zu den Faktoren, die bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen berücksichtigt werden können, das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Errichtung des Kartells gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus ihm ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr gehören, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten (vgl. Urteil vom 26. Januar 2017, Roca Sanitario/Kommission, C‑636/13 P, EU:C:2017:56, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

861    Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung etwaiger Unterschiede zwischen dem Verhalten der verschiedenen an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen nicht zwangsläufig bei der Ermittlung der Schwerekoeffizienten erfolgen muss, sondern auch in einem anderen Stadium der Berechnung der Geldbuße stattfinden kann, etwa bei der Anpassung des Grundbetrags anhand mildernder und erschwerender Umstände gemäß den Ziff. 28 und 29 der Leitlinien von 2006 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2017, Roca/Kommission, C‑638/13 P, EU:C:2017:53, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

862    Im Rahmen der Bestimmung des Schwerekoeffizienten hat die Kommission im 1208. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, sie beurteile „die Tatsache, dass bestimmte Transportunternehmen möglicherweise eine untergeordnete … Rolle gespielt [hätten], … als etwaigen mildernden Umstand“. So hat sie in den Erwägungsgründen 1258 und 1259 dieses Beschlusses die Ansicht vertreten, die Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sei geringfügig gewesen, und ihnen dementsprechend wegen mildernder Umstände eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 % gewährt.

863    Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die geringfügige Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht auch im Stadium der Festsetzung des Schwerekoeffizienten berücksichtigt hat. Die Frage, ob die Herabsetzung des Betrags der Geldbuße um 10 %, in deren Genuss die Klägerinnen wegen ihrer geringfügigen Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Rahmen der Beurteilung der mildernden Umstände gekommen sind, ausreichend war, überschneidet sich mit dem fünften Teil des vorliegenden Klagegrundes und soll im Rahmen dieses Teils untersucht werden.

864    Der vorliegende Teil muss somit zurückgewiesen werden.

c)      Dritter Teil: Fehler bei der Bestimmung der Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

865    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung einen Fehler begangen zu haben.

866    Die von den Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Teils angeführte Argumentation überschneidet sich mit der Argumentation, die sie zur Stützung des dritten Klagegrundes vorbringen. Wie oben aus den Rn. 353 bis 358 hervorgeht, ist diese Argumentation unbegründet.

867    Der vorliegende Teil muss somit zurückgewiesen werden.

d)      Vierter Teil: Fehler bei der Erhöhung des Grundbetrags wegen Rückfälligkeit

868    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie den Grundbetrag der gegen SAS Consortium und SAS Cargo verhängten Geldbuße um 50 % angehoben habe, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass SAS Consortium Adressatin der Entscheidung 2001/716/EG der Kommission vom 18. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] und Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Sache COMP.D.2 37.444 – SAS/Maersk Air und Sache COMP.D.2 37.386 – Sun-Air/SAS und Maersk Air) (ABl. 2001, L 265, S. 15) gewesen sei.

869    Die Entscheidung 2001/716 beziehe sich zum einen auf eine Zuwiderhandlung, die mit der im angefochtenen Beschluss beschriebenen weder identisch noch vergleichbar sei, und könne zum anderen eine Anhebung des Betrags der Geldbuße für Verhaltensweisen aus der Zeit vor dem 18. Juli 2001 – dem Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung 2001/716 – nicht rechtfertigen.

870    Die Klägerinnen machen weiter geltend, sie hätten im Jahr 2002 Zusicherungen seitens der dänischen Wettbewerbsbehörde erhalten, wonach die Behörden der Union nicht in der Lage seien, gegen Frachtbeförderungstarife vorzugehen, die von öffentlichen Behörden genehmigt oder koordiniert worden und auf die Strecken Union-Drittländer anwendbar seien. Darüber hinaus ermuntere die Kommission durch ihre Entscheidungspraxis zur Bildung von Allianzen zwischen Transportunternehmen, die eine Koordinierung der Preise einschlössen.

871    Wie sich aus Ziff. 28 der Leitlinien von 2006 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, liegt der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls vor, wenn eine Zuwiderhandlung fortgesetzt oder eine gleichartige oder ähnliche Zuwiderhandlung erneut begangen wird, nachdem die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde festgestellt hat, dass das Unternehmen gegen Art. 101 oder 102 AEUV verstoßen hatte (vgl. Urteil vom 5. März 2015, Kommission u. a./Versalis u. a., C‑93/13 P und C‑123/13 P, EU:C:2015:150, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

872    Nach der Rechtsprechung sind Zuwiderhandlungen für die Zwecke der Feststellung eines Wiederholungsfalls ähnlich oder gleichartig, sofern sie beide in einem Verstoß gegen dieselben Bestimmungen des AEU-Vertrags bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, EU:T:2007:380, Rn. 64, vom 6. Mai 2009, Outokumpu und Luvata/Kommission, T‑122/04, EU:T:2009:141, Rn. 56, sowie vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 147).

873    Die Berücksichtigung eines Wiederholungsfalls durch die Kommission trägt dem Erfordernis Rechnung, wiederholte Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln durch dasselbe Unternehmen zu ahnden (Urteil vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, EU:C:2010:346, Rn. 61), und soll Unternehmen, die bereits eine Neigung zur Verletzung der Wettbewerbsregeln gezeigt haben, zur Änderung ihres Verhaltens veranlassen (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 39).

874    Das Ermessen der Kommission in Bezug auf die Wahl der bei der Bemessung der Geldbußen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte erstreckt sich auch auf die Feststellung und die Beurteilung der besonderen Merkmale eines Wiederholungsfalls (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 38). Bei der Ausübung dieses Ermessens kann die Kommission in jedem Einzelfall die Anhaltspunkte berücksichtigen, die eine Neigung des fraglichen Unternehmens zur Verletzung der Wettbewerbsregeln bestätigen, darunter z. B. den zwischen den betreffenden Verstößen verstrichenen Zeitraum (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 39). Nach der Rechtsprechung missachtet die Kommission nicht die Grenzen ihres Ermessens, wenn sie den erschwerenden Umstand der Rückfälligkeit in einem Fall heranzieht, in dem die zweite Zuwiderhandlung, die begonnen hat, bevor die erste Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, nicht zum größten Teil vor dieser Feststellung begangen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 394 bis 396).

875    Anhand der vorstehend in Erinnerung gerufenen Erwägungen und Grundsätze ist der vorliegende Teil zu prüfen.

876    Als Erstes ist zur angeblich fehlenden Ähnlichkeit zwischen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung und dem durch die Entscheidung 2001/716 geahndeten Marktaufteilungskartell zu sagen, dass beide Zuwiderhandlungen ein horizontales Kartell betreffen, das nach Ansicht der Kommission gegen Art. 101 AEUV verstieß. Diese Zuwiderhandlungen müssen für die Zwecke der Feststellung des Vorliegens eines Wiederholungsfalls dementsprechend als ähnlich angesehen werden.

877    Die vorstehende Schlussfolgerung wird durch die von den Klägerinnen angeführte Entscheidung 2005/503/EG der Kommission vom 29. September 2004 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] (Sache COMP/C.37.750/B2 – Brasseries Kronenbourg – Brasseries Heineken) (ABl. 2005, L 184, S. 57) nicht in Frage gestellt, in der die Kommission die Auffassung vertreten haben soll, dass eine frühere Preisvereinbarung und die Waffenstillstandsvereinbarung, um die es in dieser Entscheidung ging, nicht gleichartig seien. Nach ständiger Rechtsprechung bildet die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nämlich nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, da dieser allein in der Verordnung Nr. 1/2003 sowie den Leitlinien von 2006 geregelt ist, und wird jedenfalls nicht dargetan, dass die tatsächlichen Gegebenheiten, die der Sache zugrunde liegen, in der die Entscheidung 2005/503 ergangen ist, die gleichen waren wie im vorliegenden Fall.

878    Als Zweites ist in Bezug auf die Tatsache, dass die Kommission bei der Anwendung der Erhöhung des Grundbetrags um 50 % wegen Rückfälligkeit nicht unterschieden und den Zeitraum der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, der dem Erlass der Entscheidung 2001/716 vorausgegangen ist, ausgenommen hat, zunächst zu beachten, dass der erschwerende Umstand des Wiederholungsfalls nach der oben in Rn. 871 angeführten Rechtsprechung den Fall erfasst, dass die zweite Zuwiderhandlung nach der ersten Feststellung einer Zuwiderhandlung fortgesetzt wird, was voraussetzt, dass sie vor dieser Feststellung begonnen hat. Das gilt im vorliegenden Fall für die Beteiligung von SAS Consortium und SAS Cargo an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ab dem 13. Dezember 1999 bzw. dem 1. Juni 2001, d. h. vor dem 18. Juli 2001 – dem Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung 2001/716.

879    Sodann durfte die Kommission im 1244. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses – bei der Beurteilung der Merkmale des Wiederholungsfalls – die Tatsache berücksichtigen, dass die Klägerinnen im vorliegenden Fall nach dem Erlass der Entscheidung 2001/716 fast fünf Jahre lang eine ähnliche Zuwiderhandlung fortgesetzt hatten. Zum einen belegt dieser Umstand, dass der größte Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nach und nicht vor der ersten Feststellung einer Zuwiderhandlung stattgefunden hat, wodurch sich der vorliegende Sachverhalt von dem Sachverhalt unterscheidet, um den es in dem von den Klägerinnen angeführten Urteil vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission (T‑141/94, EU:T:1999:48), geht. Zum anderen zeugt er von der Neigung der Klägerinnen, nicht die angemessenen Konsequenzen aus einer ihnen gegenüber festgestellten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:255, Rn.727).

880    Schließlich ist zu bemerken, dass Ziff. 28 der Leitlinien von 2006 hinsichtlich des Verfahrens der Erhöhung wegen Rückfälligkeit nicht danach unterscheidet, ob der Rückfall aus der Wiederholung oder der Fortsetzung einer Zuwiderhandlung besteht, und lediglich klarstellt: „[I]n diesem Fall wird der Grundbetrag für jeden festgestellten Verstoß um bis zu 100 % erhöht[.]“ Indem auf den Grundbetrag insgesamt ein Anhebungskoeffizient wegen Rückfälligkeit angewandt worden ist, hat sich die Kommission somit an die Verhaltensnormen gehalten, die sie sich selbst auferlegt hat und von denen sie grundsätzlich nicht abweichen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 60). Auch wenn Ziff. 28 der Leitlinien von 2006 keine Möglichkeit vorsieht, die Bemessungsgrundlage für die Erhöhung wegen Rückfälligkeit anzupassen, um gegebenenfalls den Teil der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, der sich auf die Zeit vor der ersten Feststellung einer Zuwiderhandlung bezieht, steht sie einer Berücksichtigung dieses Teils beim Erhöhungssatz selbst nicht entgegen.

881    Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls, wie sie insbesondere oben in Rn. 879 wiedergegeben worden sind, der Rückfallregelung bei Fortsetzung einer ähnlichen Zuwiderhandlung (vgl. oben Rn. 878 und 880) und der Notwendigkeit einer Abschreckungswirkung, die der Anwendung des erschwerenden Umstands des Wiederholungsfalls zugrunde liegt (vgl. oben Rn. 873), ist davon auszugehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie den Grundbetrag der gegen SAS Cargo und SAS Consortium verhängten Geldbuße um 50 % angehoben hat.

882    Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung geltend machen, da sie keinerlei Argument zur Stützung dieses Vorbringens anführen.

883    Als Drittes berufen sich die Klägerinnen auf die Zusicherungen, die sie von der dänischen Wettbewerbsbehörde erhalten haben. Dieses Argument ist bereits im Rahmen des dritten Klagegrundes untersucht und zurückgewiesen worden (vgl. oben Rn. 682).

884    Bezüglich der Entscheidungspraxis der Kommission im Zusammenhang mit Allianzen zwischen Transportunternehmen, die eine Koordinierung der Preise einschließen, ist darauf hinzuweisen, dass sich die den Klägerinnen zur Last gelegten Verhaltensweisen nicht ausschließlich in den Rahmen der Verfolgung der legitimen Ziele der verschiedenen Allianzen einfügten, denen sie angehörten. Die Verhaltensweisen, mit denen solche Ziele verfolgt wurden, sind den Klägerinnen – mit Ausnahme der im 517. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Verhaltensweise – nicht zugerechnet worden (vgl. oben Rn. 332).

885    Folglich ist der vorliegende Teil zurückzuweisen.

e)      Fünfter Teil: Fehler bei der Berücksichtigung mildernder Umstände

886    Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Kommission habe dadurch gegen Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 verstoßen, dass sie in ihrer Beurteilung der mildernden Umstände nicht alle relevanten Elemente berücksichtigt und ihnen für die von ihr berücksichtigen mildernden Umstände eine unzureichende Ermäßigung des Betrags der Geldbuße gewährt habe. Die Klägerinnen erinnern daran, dass ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung geringfügig gewesen sei, dass die Regulierungssysteme von Drittländern in zahlreichen Fällen eine Koordinierung der Aufschläge vorgeschrieben hätten, dass die Kommission die Transportunternehmen zur Schließung von Allianzen ermutigt habe und dass die Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde von 2002 ein berechtigtes Vertrauen darauf geweckt habe, dass die Einhaltung der LVA in Drittländern durch die Klägerinnen nicht in den Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln der Union falle.

887    Die Kommission tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen.

888    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Ziff. 27 der Leitlinien von 2006 bei der Bestimmung der Höhe der Geldbuße Umstände berücksichtigen kann, die zu einer Erhöhung oder Ermäßigung des Grundbetrags führen. Dabei würdigt sie in einer Gesamtperspektive sämtliche einschlägigen Umstände.

889    Nach Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 kann der Grundbetrag der Geldbuße verringert werden, wenn die Kommission mildernde Umstände feststellt. In dieser Ziffer werden beispielhaft und nicht erschöpfend fünf Arten berücksichtigungsfähiger mildernder Umstände aufgeführt, darunter die sehr geringfügige Beteiligung des Unternehmens an der Zuwiderhandlung und die Genehmigung oder Ermutigung des fraglichen wettbewerbswidrigen Verhaltens durch die Behörden oder geltende Vorschriften.

890    Zum einen hat die Kommission im 1263. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass kein Regulierungssystem die beschuldigten Transportunternehmen verpflichtet habe, sich untereinander über ihre Tarife abzustimmen. In den Erwägungsgründen 1264 und 1265 dieses Beschlusses hat sie jedoch die Ansicht vertreten, dass bestimmte Regulierungssysteme die beschuldigten Transportunternehmen möglicherweise dazu bewogen hätten, ein wettbewerbswidriges Verhalten an den Tag zu legen, und ihnen gemäß Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 dementsprechend die allgemeine Ermäßigung um 15 % gewährt.

891    Festzuhalten ist, dass die Argumentation, die die Klägerinnen gegen die vorstehende Beurteilung richten, mit der Argumentation zusammenfällt, die sie zur Stützung des sechsten Teils des dritten Klagegrundes entwickelt haben (vgl. oben Rn. 505 bis 507). Die Klägerinnen tragen nämlich vor, die allgemeine Ermäßigung um 15 % hätte höher ausfallen müssen, weil „die Gesetze und Verwaltungspraktiken“ der fraglichen Länder „mehr [täten] als nur zur Koordinierung von Aufschlägen zu ‚ermutigen‘: In zahlreichen Fällen [schrieben] sie diese vor“.

892    In diesem Zusammenhang ist als Erstes zu beachten, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften entweder zum streitigen Verhalten auf den Strecken EWR-Drittländer ermutigt – in diesem Fall lässt sich eine Ermäßigung des Betrags der Geldbuße gemäß Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 rechtfertigen (vgl. oben Rn. 888 und 889) – oder ein solches Verhalten verlangt haben – in diesem Fall hätte weder eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt noch eine Sanktion für dieses Verhalten verhängt werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 1997, Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, C‑359/95 P und C‑379/95 P, EU:C:1997:531, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

893    Soweit die Klägerinnen im Wesentlichen vortragen, zahlreiche Regulierungssysteme verlangten eine Koordinierung, ist ihre Argumentation als ins Leere gehend zurückzuweisen, da sie – ihre Begründetheit unterstellt – zwar die Feststellung einer Zuwiderhandlung, nicht aber die Anwendung von Ziff. 29 der Leitlinien von 2006, um die es im Rahmen des vorliegenden Teils geht, fehlerhaft machen würde.

894    Als Zweites ist jedenfalls zu bemerken, dass die Argumentation der Klägerinnen auf eine fehlerhafte Analyse der fraglichen Regulierungssysteme zurückzuführen ist. Wie oben in den Rn. 509 bis 563 festgehalten worden ist, sind die Klägerinnen – außer in Bezug auf die Koordinierung des Treibstoffaufschlags in Thailand zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 – den Nachweis schuldig geblieben, dass sich ihre Verhaltensweisen in Drittländern aus staatlichem Zwang ergaben. Für die besagte Koordinierung haben die Klägerinnen das Vorliegen staatlichen Zwangs nachgewiesen. Diese Koordinierung ist somit nicht Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung und kann dementsprechend bei der Festlegung der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Sanktion keine Rolle spielen. Daher kann sie nicht als mildernder Umstand im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Rechtsvorschriften von Drittländern auf ihr Verhalten berücksichtigt werden.

895    Zum Verweis der Klägerinnen auf die Entscheidung K(2008) 5955 endgültig der Kommission vom 15. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] (Sache COMP/39.188 – Bananen) genügt der Hinweis, dass allein aus der Tatsache, dass die Kommission in früheren Entscheidungen bei einem bestimmten Verhalten die Geldbuße in bestimmtem Umfang herabgesetzt hat, nicht abgeleitet werden kann, dass sie verpflichtet ist, bei der Beurteilung eines ähnlichen Verhaltens im Rahmen eines späteren Verwaltungsverfahrens dieselbe Herabsetzung vorzunehmen (vgl. Urteil vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T‑127/04, EU:T:2009:142, Rn. 140 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerinnen können sich folglich nicht auf die in dieser anderen Rechtssache gewährte Herabsetzung von Geldbußen berufen.

896    Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie die allgemeine Ermäßigung auf 15 % festgesetzt hat.

897    Zum anderen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 1258, 1259, 1268, 1271, 1274, 1278 und 1279 des angefochtenen Beschlusses das Vorbringen der Klägerinnen zur angeblich passiven Rolle, die sie bei der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gespielt haben wollen, zum berechtigten Vertrauen, das sie aus einer Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde von 2002 angeblich hergeleitet haben, sowie zu den begrenzten Wirkungen und zur unvollständigen Umsetzung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zurückgewiesen. Im 1258. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission den Klägerinnen, Air Canada und Lan Cargo für ihre sehr geringfügige Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung hingegen eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 % gewährt.

898    Die Klägerinnen machen geltend, die vorstehenden Beurteilungen seien mit drei Fehlern behaftet, die das Gericht nacheinander prüfen wird.

899    Was erstens die angeblich unzureichende Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 % angeht, die den Klägerinnen für ihre geringfügige Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewährt worden ist, so sei darauf hingewiesen, dass die Kommission im 1258. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses – bei der Beurteilung der geringfügigen Beteiligung der Klägerinnen sowie von Lan Airlines und Air Canada an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung – der Tatsache Rechnung getragen hat, dass diese Transportunternehmen „nicht an allen Elementen der Zuwiderhandlung beteiligt waren“.

900    Der Grad der Beteiligung der Klägerinnen sowie von Lan Airlines und Air Canada an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung wird in den Erwägungsgründen 882 und 883 des angefochtenen Beschlusses beschrieben. In diesen Erwägungsgründen ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Klägerinnen, Lan Airlines und Air Canada nur an einem oder zwei der drei Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung unmittelbar beteiligt hätten, aber auch für die Bestandteile zur Verantwortung gezogen werden könnten, an denen sie sich nicht unmittelbar beteiligt hätten, weil sie von diesen Bestandteilen gewusst hätten oder sie vernünftigerweise hätten vorhersehen können und bereit gewesen seien, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

901    Wie oben in den Rn. 698 bis 712 entschieden worden ist, hatte die Kommission die Klägerinnen zu Unrecht für den Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen zur Verantwortung gezogen. Folglich hat die Kommission den Grad ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung überschätzt und den angefochtenen Beschluss dadurch rechtswidrig gemacht, dass sie ihnen für ihre geringfügige Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung keine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße von mehr als 10 % gewährt hat.

902    Zweitens ist das Argument, das sich auf die Entscheidungspraxis bezieht, durch die Allianzen zwischen Transportunternehmen freigestellt worden sind, bereits im Rahmen des dritten Teils des vorliegenden Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden (vgl. oben Rn. 367 und 368).

903    Drittens ist die Rüge, die das berechtigte Vertrauen betrifft, das die Klägerinnen aus einer Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde von 2002 hergeleitet haben wollen, bereits oben in Rn. 682 geprüft und zurückgewiesen worden.

904    Somit ist der vorliegende Teil – vorbehaltlich des in Rn. 901 festgestellten Fehlers hinsichtlich der den Klägerinnen für ihre geringfügige Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewährten Ermäßigung um 10 % – zurückzuweisen.

905    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der vorliegende Klagegrund vorbehaltlich des oben in Rn. 901 festgestellten Fehlers und des in Rn. 774 festgestellten Fehlers hinsichtlich der Einbeziehung der Einnahmen der Klägerinnen aus den Frachtdiensten auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz in den Wert der Verkäufe zurückzuweisen ist.

906    Nach alledem ist dem sechsten Teil des dritten Klagegrundes, soweit er sich auf die Strecken aus Thailand in den EWR zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 bezieht, in Bezug auf den Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag, dem neunten Teil des dritten Klagegrundes, soweit er sich auf die Verweigerung der Zahlung von Provisionen bezieht, dem ersten Teil des fünften Klagegrundes, soweit er sich auf die Einbeziehung des Umsatzes auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz in den Wert der Verkäufe bezieht, und dem fünften Teil des fünften Klagegrundes, soweit die Kommission für die geringfügige Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung keine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße von über 10 % gewährt hat, stattzugeben.

907    Dementsprechend ist Art. 1 Abs. 1 Buchst. o, p und q, Abs. 2 Buchst. o und p, Abs. 3 Buchst. o und p sowie Abs. 4 Buchst. o, p und q des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit darin die Beteiligung der Klägerinnen am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen festgestellt wird. Darüber hinaus ist Art. 1 Abs. 2 Buchst. o und p sowie Abs. 3 Buchst. o und p des angefochtenen Beschlusses, soweit darin ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken aus Thailand in den EWR zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 festgestellt wird, in Bezug auf den Bestandteil im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag für nichtig zu erklären.

908    Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Rechtsverletzungen geeignet sind, die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses insgesamt nach sich zu ziehen. Obwohl die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie SAS und SAS Cargo die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung in ihrem Bestandteil im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen und auf den Strecken aus Thailand in den EWR in Bezug auf den Bestandteil im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag für den Zeitraum zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 zugerechnet hat, ist nämlich festzustellen, dass im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nicht nachgewiesen worden ist, dass die Kommission die Beteiligung der Klägerinnen an dieser Zuwiderhandlung fälschlicherweise festgestellt hat.

909    Schließlich ist Art. 3 Buchst. n bis r des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, weil darin bei der Berechnung der Geldbuße zum einen eine den Klägerinnen für ihre geringfügige Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewährte Ermäßigung um 10 % und zum anderen – im Rahmen des Werts der Verkäufe – Einnahmen aus den Frachtdiensten berücksichtigt worden sind, die die Klägerinnen auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz erzielt hatten.

910    Im Übrigen ist der Nichtigkeitsantrag zurückzuweisen.

B.      Antrag auf Änderung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

911    Die Klägerinnen ersuchen das Gericht im Wesentlichen, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, um den Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße erheblich herabzusetzen.

912    Einleitend geht aus der Klageschrift hervor, dass die Klägerinnen den vorliegenden Antrag im Wesentlichen auf das gesamte zur Stützung des fünften Klagegrundes ihres Nichtigkeitsantrags angeführte Vorbringen stützen und das Gericht ersuchen wollen, die Konsequenzen aus den Fehlern zu ziehen, die es hinsichtlich ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt haben mag.

913    Die ersten vier Argumente beziehen sich auf den Wert der Verkäufe (erster Teil des fünften Klagegrundes):

–        Mit ihrem ersten Argument machen die Klägerinnen geltend, die Einnahmen aus den Frachtdiensten, die sie auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz erzielt hätten, dürften nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden;

–        mit ihrem zweiten Argument führen die Klägerinnen aus, ihr Umsatz aus eingehenden Frachtdiensten dürfe nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden;

–        mit ihrem dritten Argument tragen die Klägerinnen vor, es dürfe nur der Wert der Aufschläge und nicht der Gesamtpreis der Frachtdienste berücksichtigt werden;

–        mit ihrem vierten Argument werfen die Klägerinnen der Kommission vor, in den Wert der Verkäufe Einnahmen einbezogen zu haben, die auf Strecken ohne Bezug zum streitigen Kartell erzielt worden sind.

914    Die Argumente 5 bis 9 betreffen den Schwerekoeffizienten (zweiter Teil des fünften Klagegrundes):

–        Mit ihrem fünften Argument bringen die Klägerinnen vor, es müsse der Umstand berücksichtigt werden, dass das streitige Kartell weniger schwerwiegend und weniger schädlich sei als eine Koordinierung des Gesamtpreises;

–        mit ihrem sechsten Argument vertreten die Klägerinnen die Ansicht, es sei zu berücksichtigen, dass der Schwerekoeffizient von 16 % zwischen 45 und 320 % des Werts der Aufschläge ausmache;

–        mit ihrem siebten Argument machen die Klägerinnen geltend, es sei zu berücksichtigen, dass das streitige Kartell nicht zulasten der allgemeinen Öffentlichkeit gegangen sei;

–        mit ihrem achten Argument tragen die Klägerinnen vor, durch einen einheitlichen Schwerekoeffizienten von 16 % werde ihre Situation nicht hinreichend individualisiert;

–        mit ihrem neunten Argument vertreten die Klägerinnen die Ansicht, es sei zu berücksichtigen, dass die Verhaltensweisen, an denen sie sich beteiligt hätten, öffentlich gewesen seien und im Allgemeinen im Einklang mit den in Drittländern geltenden Rechtsvorschriften gestanden hätten.

915    Mit ihrem zehnten Argument führen die Klägerinnen aus, es sei zu berücksichtigen, dass ihre Beteiligung am Kartell nicht am 13. Dezember 1999 begonnen habe (dritter Teil des vierten und des fünften Klagegrundes).

916    Mit ihrem elften Argument machen die Klägerinnen geltend, es sei zu berücksichtigen, dass kein Wiederholungsfall vorliege (vierter Teil des fünften Klagegrundes).

917    Die Argumente 12 bis 15, die die Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Antrags anführen, beziehen sich auf die mildernden Umstände:

–        Mit ihrem zwölften Argument tragen die Klägerinnen vor, es sei zu berücksichtigen, dass ihre Beteiligung am streitigen Kartell geringfügig gewesen sei;

–        mit ihrem 13. Argument machen die Klägerinnen geltend, die Regulierungssysteme von Drittländern hätten sie in zahlreichen Fällen zur Koordinierung der Aufschläge gezwungen;

–        mit ihrem 14. Argument führen die Klägerinnen aus, es sei zu berücksichtigen, dass die Kommission die Transportunternehmen zur Schließung von Allianzen ermutigt habe;

–        mit ihrem 15. Argument vertreten die Klägerinnen die Ansicht, es müsse berücksichtigt werden, dass die Entscheidung der dänischen Wettbewerbsbehörde von 2002 ein berechtigtes Vertrauen darauf geweckt habe, dass die Einhaltung der LVA in Drittländern durch die Klägerinnen nicht in den Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln der Union falle.

918    Die Kommission beantragt, den Antrag der Klägerinnen zurückzuweisen und ihnen den Vorteil der allgemeinen Ermäßigung um 50 % und der Ermäßigung um 15 % für den Fall zu entziehen, dass das Gericht entscheidet, dass der Umsatz aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste nicht in den Wert der Verkäufe einbezogen werden durfte.

919    Im Wettbewerbsrecht der Union wird die Rechtmäßigkeitskontrolle ergänzt durch die dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Unionsrichter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

920    Dies setzt nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 für jedes sanktionierte Unternehmen die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung unter Wahrung der Grundsätze u. a. der Begründungspflicht, der Verhältnismäßigkeit, der individuellen Sanktionsfestsetzung und der Gleichbehandlung voraus, ohne dass der Unionsrichter durch die von der Kommission in ihren Leitlinien definierten Richtlinien gebunden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 90). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der in Art. 261 AEUV und in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, ist es daher Sache des Klägers, gegen die streitige Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen (Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 64).

921    Somit hat der Kläger die beanstandeten Punkte der angefochtenen Entscheidung zu bezeichnen, insoweit Rügen zu formulieren und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für deren Begründetheit beizubringen (Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 65).

922    Um den Erfordernissen einer unbeschränkten gerichtlichen Nachprüfung im Sinne von Art. 47 der Charta hinsichtlich der Geldbuße zu genügen, hat der Unionsrichter bei der Ausübung der Befugnisse nach den Art. 261 und 263 AEUV wiederum jegliche Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung nicht angemessen ist (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 26. Januar 2017, Villeroy & Boch Austria/Kommission, C‑626/13 P, EU:C:2017:54, Rn. 82).

923    Schließlich hat der Unionsrichter bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen selbst die Umstände des Einzelfalls und die Art der fraglichen Zuwiderhandlung zu beurteilen (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 89) und alle tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 86), gegebenenfalls einschließlich zusätzlicher Informationen, die nicht in der die Geldbuße verhängenden Entscheidung der Kommission erwähnt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, EU:C:2000:630, Rn. 57, und vom 12. Juli 2011, Fuji Electric/Kommission, T‑132/07, EU:T:2011:344, Rn. 209).

924    Im vorliegenden Fall hat das Gericht bei der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Hinblick auf die von den Parteien zur Stützung des vorliegenden Antrags vorgebrachte Argumentation die Höhe der Geldbuße festzusetzen, die es u. a. in Anbetracht der Feststellungen, die im Rahmen der Prüfung der zur Stützung des Nichtigkeitsantrags vorgebrachten Klagegründe getroffen worden sind, und unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter tatsächlicher Umstände für die geeignetste hält.

925    Das Gericht hält es nicht für angebracht, bei der Festsetzung der Höhe der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße von der Berechnungsmethode abzuweichen, der die Kommission im angefochtenen Beschluss gefolgt und deren Rechtswidrigkeit nicht zuvor festgestellt worden ist, wie aus der Prüfung des fünften Klagegrundes hervorgeht. Auch wenn es Sache des Richters ist, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung selbst die Umstände des Einzelfalls und die Art der fraglichen Zuwiderhandlung zu beurteilen, um die Höhe der Geldbuße festzusetzen, darf die Ausübung einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung bei der Festsetzung der Höhe der verhängten Geldbußen nämlich nicht zu einer Ungleichbehandlung der Unternehmen führen, die an einer gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens EG-Schweiz über den Luftverkehr verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren. Folglich können die den Leitlinien zu entnehmenden Orientierungen im Allgemeinen den Unionsgerichten bei der Ausübung dieser Befugnis eine Richtschnur geben, da diese Leitlinien von der Kommission zur Berechnung der Höhe der Geldbußen angewandt wurden, die gegen die anderen mit einer Sanktion belegten Unternehmen in der Entscheidung verhängt wurden, über die die Unionsgerichte zu befinden haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

926    Unter diesen Umständen ist – insbesondere in Anbetracht der Präzisierungen, die von der Kommission in Beantwortung der Fragen des Gerichts vom 12. Januar, 2. März und 12. April 2021 vorgenommen worden sind – zunächst zu beachten, dass die Kommission die Auffassung vertreten hat, der Gesamtwert der Verkäufe belaufe sich auf 17 739 806 Euro für SAS Consortium sowie auf 238 196 616 Euro für SAS Cargo und SAS. Diese Werte schlossen Einnahmen von 262 084 Euro ein, die auf den Strecken EWR (ohne Union)-Schweiz erzielt worden waren und in Bezug auf die das Gericht oben in den Rn. 768 bis 774 entschieden hat, dass sie nicht von der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung erfasst wurden. Diese Einnahmen müssen somit entsprechend dem ersten Argument der Klägerinnen vom Wert der Verkäufe ausgenommen werden.

927    Für den vor Mai 2004 liegenden Zeitraum der Zuwiderhandlung, der den Klägerinnen zur Last gelegt worden ist, sind – den im 1197. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses getroffenen Feststellungen der Kommission folgend – auf den EWR-internen Strecken und auf den Strecken Union-Schweiz Verkaufswerte zugrunde zu legen, die sich allein unter Berücksichtigung der Staaten, die bereits vor Mai 2004 Vertragsparteien des EWR-Abkommens oder Mitglieder der Union waren, auf 17 112 706 Euro bzw. auf 627 100 Euro belaufen.

928    Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das dritte Argument, das sich auf die Einbeziehung des vollen Preises der Frachtdienste in den Wert der Verkäufe bezieht, auf die dritte im Rahmen des ersten Teils des fünften Klagegrundes erhobene Rüge verweist, die die Klägerinnen zur Stützung ihres Nichtigkeitsantrags geltend gemacht haben. Das Gericht hat diese Rüge oben in den Rn. 807 bis 817 geprüft und zurückgewiesen und nichts in der von den Klägerinnen zu ihrer Stützung vorgebrachten Argumentation lässt die Annahme zu, dass die Einbeziehung des vollen Preises der Frachtdienste in den Wert der Verkäufe geeignet war, zur Heranziehung eines unangemessenen Verkaufswerts zu führen. Im Gegenteil: Würden Elemente des Preises für die Frachtdienste, die keine Aufschläge sind, vom Wert der Verkäufe ausgenommen, liefe das darauf hinaus, die wirtschaftliche Bedeutung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung künstlich zu minimieren.

929    Zum zweiten Argument, das sich auf die Einbeziehung des Umsatzes aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste in den Wert der Verkäufe bezieht, ist zu sagen, dass es auf die zweite im Rahmen des ersten Teils des fünften Klagegrundes erhobene Rüge verweist, die die Klägerinnen zur Stützung ihres Nichtigkeitsantrags geltend gemacht haben. Das Gericht hat diese Rüge oben in den Rn. 775 bis 806 geprüft und zurückgewiesen, und nichts in der zu ihrer Stützung vorgebrachten Argumentation lässt die Annahme zu, dass die Einbeziehung des Umsatzes aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste in den Wert der Verkäufe geeignet war, zur Heranziehung eines unangemessenen Verkaufswerts zu führen. Im Gegenteil: Würde der Umsatz aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste vom Wert der Verkäufe ausgenommen, stünde dies der Verhängung einer Geldbuße gegen die Klägerinnen entgegen, die zutreffend angibt, wie schädlich sich ihre Beteiligung am streitigen Kartell auf den normalen Wettbewerb auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2016, Portugal Telecom/Kommission, T‑208/13, EU:T:2016:368, Rn. 236).

930    Das vierte Argument, das sich auf die Einbeziehung von Einnahmen in den Wert der Verkäufe bezieht, die auf Strecken ohne Bezug zum streitigen Kartell erzielt worden sind, beruht, wie aus der Prüfung des Nichtigkeitsantrags hervorgeht (vgl. oben Rn. 818 bis 822), auf einer falschen Annahme, nämlich dass die Kommission die Klägerinnen nicht für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf den EWR-internen Strecken sowie auf den Strecken Union-Drittländer, Union-Schweiz und EWR (ohne Union)-Drittländer zur Verantwortung habe ziehen dürfen. Es ist folglich zurückzuweisen.

931    Abgesehen davon geht aus den Antworten der Kommission auf die ihr vom Gericht am 12. April 2021 gestellte Frage hervor, dass von den oben in den Rn. 926 und 927 genannten Verkaufswerten der Umsatz ausgenommen ist, den die Klägerinnen auf Strecken erzielt haben, die ausschließlich innerhalb von Dänemark, Schweden bzw. Norwegen bedient werden (im Folgenden: interne Strecken).

932    Vom Gericht zur Vereinbarkeit eines solches Ausschlusses mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung und Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 befragt, hat die Kommission zum einen darauf hingewiesen, dass die oben in Rn. 931 genannten ausgenommenen Einnahmen nach der Rechtsprechung, die aus der Zeit nach dem Beschluss vom 9. November 2010 datiere, sehr wohl unter Verkäufe fielen, die im Sinne dieser Ziffer in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Verstoß getätigt worden seien. Zum anderen seien solche „internen Verkäufe“ möglicherweise nicht von dem auf die anderen beschuldigten Transportunternehmen angewandten Wert der Verkäufe abgezogen worden, da die Kommission diese Transportunternehmen während des Verwaltungsverfahrens, als sie sie für die Zwecke der Berechnung der Höhe der Geldbuße zu ihrem Umsatz befragt habe, nicht dazu aufgefordert habe und die Transportunternehmen mit Ausnahme der Klägerinnen in ihren Antworten nicht von ihrer Entscheidung berichtet hätten, die „internen Verkäufe“ auszunehmen.

933    Dennoch vertritt die Kommission im Wesentlichen die Ansicht, das Gericht dürfe den von den Klägerinnen auf den internen Strecken erzielten Umsatz im Rahmen einer etwaigen Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht berücksichtigen, da die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße auch ohne diesen Umsatz angemessen und verhältnismäßig bleibe. Außerdem dürften die anderen beschuldigten Transportunternehmen, die solche internen Verkäufe gegebenenfalls in den der Kommission während des Verwaltungsverfahrens mitgeteilten Umsatz einbezogen hätten, nicht von einer zugunsten Dritter begangenen Rechtverletzung profitieren.

934    Aufgefordert, zu den Antworten der Kommission Stellung zu nehmen, haben die Klägerinnen – der Kommission folgend – geltend gemacht, die Umsätze, die sie auf den internen Strecken erzielt hätten, bräuchten nicht erneut in den Wert ihrer Verkäufe einbezogen zu werden. Zum einen ergebe sich daraus keine Ungleichbehandlung zum Nachteil der anderen beschuldigten Transportunternehmen, da diese während des Verwaltungsverfahrens nicht von „internen Verkäufen“ berichtet hätten und sich deshalb nicht in einer Situation befänden, die mit der Situation der Klägerinnen vergleichbar sei. Zum anderen habe nur die freigestellte bilaterale Zusammenarbeit mit Lufthansa einen „Einfluss“ auf die Dienste gehabt, die sie auf den internen Strecken erbrächten. Die Klägerinnen berufen sich außerdem auf die im Zusammenhang mit dem Beschluss C(2012) 1959 final der Kommission vom 28. März 2012 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39462 – Transit) ergangenen Urteile des Gerichtshofs.

935    Im vorliegenden Fall werden die beschuldigten Transportunternehmen in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses für einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zur Verantwortung gezogen. Im Unterschied zu den Abs. 2 bis 4 dieses Artikels, die sich auf Strecken beziehen, die notwendigerweise internationalen Charakter aufweisen, ist der Wortlaut von Abs. 1 so zu verstehen, dass er jede zwischen Flughäfen geflogene Strecke erfasst, sofern sich sowohl der Herkunftsort als auch der Zielort im EWR befinden. Daraus ist abzuleiten, dass Art. 1 Abs. 1 auf Verhaltensweisen abzielt, die sowohl auf Strecken zwischen Mitgliedstaaten oder Vertragsparteien des EWR-Abkommens als auch auf Strecken auftreten, die innerhalb nur eines Mitgliedstaats oder nur einer Vertragspartei bedient werden.

936    Daher fällt der Umsatz, der von den beschuldigten Transportunternehmen auf den Strecken innerhalb nur eines Mitgliedstaats oder nur einer Vertragspartei erzielt worden ist, offenkundig in den Anwendungsbereich der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung; deren wirtschaftliche Bedeutung und die Rolle, die jedes einzelne beschuldigte Transportunternehmen dabei gespielt hat, würden nicht richtig beurteilt, wenn dieser Umsatz bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße nicht berücksichtigt werden dürfte.

937    Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich die Informationsersuchen, die die Kommission während des Verwaltungsverfahrens an die beschuldigten Transportunternehmen gerichtet hat und mit denen sie u. a. deren Umsatz auf den EWR-internen Strecken erfassen wollte, auf „Strecken [beziehen], bei denen die Herkunfts- und Zielflughäfen beide innerhalb des EWR lagen“, ohne dass klargestellt wurde, dass diese Strecken notwendigerweise grenzüberschreitend waren. Im 1197. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weist die Kommission bezüglich des Werts der Verkäufe darauf hin, dass der „[EWR-interne] Umsatz innerhalb von [18 der 28] Länder erzielt [wird], die seinerzeit Vertragsparteien des EWR-Abkommens waren“, und dass der „Umsatz [Union-Schweiz] auf Strecken zwischen [15 der 25] damaligen Mitgliedstaaten und der Schweiz erzielt [wird]“. Die Verwendung des Wortes „innerhalb“ in dem einen und des Wortes „zwischen“ in dem anderen Fall verdeutlicht die Absicht der Kommission, im ersten Fall nicht zwischen Inlandsstrecken und grenzüberschreitenden Strecken zu unterscheiden; andernfalls hätte sie darauf hingewiesen, dass der EWR-interne Umsatz auf Strecken „zwischen“ den Vertragsparteien erzielt werde.

938    Die vorstehende Auslegung spiegelt die Absicht der Kommission, so wie sie von den beschuldigten Transportunternehmen verstanden worden ist, wider, was durch die Tatsache untermauert wird, dass die Klägerinnen während des Verwaltungsverfahrens ausdrücklich vorgetragen haben, die auf den internen Strecken getätigten Verkäufe müssten vom Wert ihrer Verkäufe auf den EWR-internen Strecken ausgenommen werden. Dieser Antrag auf Ausschluss der internen Strecken macht nämlich nur Sinn, wenn grundsätzlich anerkannt wird, dass sie unter die EWR-internen Strecken fielen.

939    Daraus folgt, dass der von den beschuldigten Transportunternehmen auf den EWR-internen Strecken innerhalb ein und derselben Vertragspartei erzielte Umsatz nicht, wie die Kommission vorträgt, versehentlich in den Wert der Verkäufe einbezogen worden ist. Dieser Umsatz gehörte zu den Informationen, um die die Kommission während des Verwaltungsverfahrens ersucht hatte, war im Wert der Verkäufe, den die Kommission im angefochtenen Beschluss auf der Grundlage der von ihr befolgten Methode verwendet hatte, berücksichtigt und spiegelte den räumlichen Umfang der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, wie er aus Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, wider.

940    Daher hat das Gericht – auch um die Gleichbehandlung der beschuldigten Transportunternehmen, die Klage gegen den angefochtenen Beschluss erhoben haben, zu gewährleisten – den von den Klägerinnen auf den internen Strecken erzielten Umsatz, der sich auf 7 991 282 Euro beläuft, erneut in die oben in den Rn. 926 und 927 genannten Verkaufswerte einzubeziehen.

941    Sodann ist festzuhalten, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung aus den in den Erwägungsgründen 1198 bis 1212 des angefochtenen Beschlusses angeführten Gründen einen Schwerekoeffizient von 16 % verdient.

942    Die Argumente 5 bis 9 beweisen nicht das Gegenteil. Diese Argumente verweisen im Wesentlichen auf die Rügen, die die Klägerinnen im Rahmen des zweiten Teils des fünften Klagegrundes zur Stützung ihres Nichtigkeitsantrags erhoben haben. Das Gericht hat diesen Teil oben in den Rn. 824 bis 864 geprüft und zurückgewiesen, und nichts lässt die Annahme zu, dass die besagten Argumente einen Schwerekoeffizienten unterhalb von 16 % rechtfertigen.

943    Was insbesondere das Vorbringen angeht, wonach die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung keine Folgen für die allgemeine Öffentlichkeit gehabt habe, auf das sich das siebte zur Stützung des vorliegenden Antrags geltend gemachte Argument bezieht, so ist hinzuzufügen, dass der Betrag einer Geldbuße nicht allein deshalb als unangemessen angesehen werden kann, weil er nicht den wirtschaftlichen Schaden wiedergibt, der durch den behaupteten Verstoß verursacht wurde oder hätte verursacht werden können (Urteil vom 29. Februar 2016, Schenker/Kommission, T‑265/12, EU:T:2016:111, Rn. 287). Dieses Argument rechtfertigt somit keine Herabsetzung des Schwerekoeffizienten.

944    Dagegen muss der Schwerekoeffizient nach Ansicht des Gerichts herabgesetzt werden, um die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Koordinierung des Treibstoffaufschlags auf den Strecken von Thailand in den EWR zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 in Bezug auf diesen Aufschlag nicht gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hat. Daraus ergibt sich nämlich eine Reduzierung des Umfangs dieses Bestandteils. Da die Reduzierung von begrenzter Dauer ist und nicht die Flüge aus dem EWR nach Thailand betrifft, hält das Gericht es für ausreichend, den Schwerekoeffizienten von 16 % auf 15,7 % herabzusetzen, um dem Rechnung zu tragen.

945    Bezüglich des Zusatzbetrags ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung einen Betrag zwischen 15 und 25 % des Umsatzes zum Grundbetrag hinzufügt, um die Unternehmen von der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken. In dieser Ziffer heißt es, dass die Kommission bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz zugrunde zu legen ist, mehrere Umstände, u. a. die in Ziff. 22 derselben Leitlinien genannten, berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Umstände, die die Kommission bei der Festsetzung des Schwerekoeffizienten berücksichtigt, nämlich u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.

946    Der Unionsrichter hat daraus abgeleitet, dass, selbst wenn die Kommission keine spezielle Begründung in Bezug auf den im Rahmen des Zusatzbetrags verwendeten Anteil am Umsatz darlegt, der bloße Verweis auf die Analyse der für die Beurteilung der Schwere herangezogenen Umstände insoweit genügt (Urteil vom 15. Juli 2015, SLM und Ori Martin/Kommission, T‑389/10 und T‑419/10, EU:T:2015:513, Rn. 264).

947    Im 1219. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass der „für den Zusatzbetrag anzuwendende Prozentsatz“ in Anbetracht der „besonderen Umstände des vorliegenden Falls“ und der zur Ermittlung des Schwerekoeffizienten herangezogenen Kriterien „16 % betragen [sollte]“.

948    Folglich hält das Gericht aus den in den Erwägungsgründen 1198 bis 1212 des angefochtenen Beschlusses und oben in Rn. 944 angeführten Gründen einen Zusatzbetrag von 15,7 % für angemessen.

949    Außerdem ist die von der Kommission gewählte Methode zur Berechnung des bei jeder der drei Klägerinnen zu erhebenden Zusatzbetrags, wie sie aus den Erwägungsgründen 1221 bis 1229 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, anzuwenden.

950    Aus den Erwägungsgründen 1214 bis 1217 des angefochtenen Beschlusses geht ferner hervor, dass die Kommission wegen der Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung folgende Multiplikationsfaktoren herangezogen hat:

–        4 5/12 für SAS, 4 8/12 für SAS Cargo und 4 für SAS Consortium auf den EWR-internen Strecken;

–        1 9/12 für SAS und SAS Cargo auf den Strecken Union-Drittländer;

–        3 8/12 für SAS und SAS Cargo sowie 1 6/12 für SAS Consortium auf den Strecken Union-Schweiz;

–        8/12 für SAS und SAS Cargo auf den Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer.

951    Da das Gericht keinen Fehler bei der Bestimmung der Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt hat, ist es dementsprechend verpflichtet, das zehnte Argument zurückzuweisen und die in der vorstehenden Randnummer dargelegten Multiplikationsfaktoren heranzuziehen.

952    Somit ist der Grundbetrag der Geldbuße auf 19 953 394,43 Euro für SAS Consortium, 92 200 925,36 Euro für SAS Cargo und 93 345 061,65 Euro für SAS festzusetzen.

953    Was die allgemeine Ermäßigung um 50 % betrifft, so kann dem Antrag der Kommission, den Klägerinnen den Vorteil dieser Ermäßigung zu entziehen, nicht stattgegeben werden. Wie aus der Klagebeantwortung hervorgeht, setzt dieser Antrag voraus, dass das Gericht entscheidet, dass der Umsatz aus dem Verkauf eingehender Frachtdienste nicht in die Verkaufswerte einbezogen werden durfte. Das Gericht hat es oben in Rn. 929 jedoch abgelehnt, eine solche Entscheidung zu fällen.

954    Nach Anwendung der allgemeinen Ermäßigung um 50 %, die nur insoweit für den Grundbetrag gilt, als er sich auf die Strecken EWR (ohne Union)-Drittländer und Union-Drittländer bezieht (vgl. 1241. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), was die Klägerinnen im Rahmen des Nichtigkeitsantrags nicht mit Erfolg angefochten haben, wobei diese Ermäßigung nicht unangemessen ist, muss der Grundbetrag nach Rundung daher auf 19 900 000 Euro für SAS Consortium, 65 000 000 Euro für SAS Cargo und 65 000 000 Euro für SAS festgesetzt werden. Das Gericht hält es insoweit für angemessen, den Grundbetrag auf die ersten beiden Ziffern abzurunden – außer in Fällen, in denen die Ermäßigung mehr als 2 % des Betrags vor Rundung ausmacht (dann wird der Betrag auf die ersten drei Ziffern gerundet). Diese Methode ist objektiv, lässt allen beschuldigten Transportunternehmen, die gegen den angefochtenen Beschluss geklagt haben, eine Herabsetzung zugutekommen und vermeidet eine Ungleichbehandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 166).

955    Bezüglich des elften Arguments, das sich auf das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalls bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 1243 bis 1245 des angefochtenen Beschlusses den Grundbetrag der gegen SAS Cargo und SAS Consortium verhängten Geldbuße wegen Rückfälligkeit um 50 % erhöht hat. Die Argumentation der Klägerinnen überschneidet sich mit der Argumentation zur Stützung des vierten Teils des zur Untermauerung des Nichtigkeitsantrags geltend gemachten fünften Klagegrundes, den das Gericht oben in den Rn. 868 bis 885 geprüft und zurückgewiesen hat, und nichts lässt die Annahme zu, dass das Rückfallverhalten der Klägerinnen eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um weniger als 50 % rechtfertigen würde.

956    Was schließlich die Anpassungen des Grundbetrags der Geldbuße angeht, so ist daran zu erinnern, dass die Klägerinnen in den Genuss der allgemeinen Ermäßigung um 15 % gekommen sind, deren ausreichenden Charakter sie im Rahmen des fünften Teils des zur Untermauerung des Nichtigkeitsantrags geltend gemachten fünften Klagegrundes und im Rahmen des 13. bis 15. Arguments bestreiten. Dieses Vorbringen überschneidet sich mit den Argumenten, die im Rahmen des fünften Teils des fünften Klagegrundes, den das Gericht oben in den Rn. 886 bis 904 geprüft und zurückgewiesen hat, entwickelt worden sind, und nichts darin rechtfertigt eine zusätzliche Ermäßigung wegen der Ermutigung durch bestimmte Regulierungssysteme oder einschlägige Praktiken bzw. Zusicherungen. Umgekehrt kann dem Antrag der Kommission auf Entzug des Vorteils dieser Ermäßigung aus ähnlichen wie den oben in Rn. 953 dargelegten Gründen nicht stattgegeben werden.

957    Darüber hinaus hat die Kommission den Klägerinnen in den Erwägungsgründen 1258 und 1259 des angefochtenen Beschlusses wegen ihrer geringfügigen Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 % gewährt, die die Klägerinnen im Rahmen des zwölften zur Stützung des vorliegenden Antrags angeführten Arguments für unzureichend halten. Es sei in Erinnerung gerufen, dass die Kommission die Klägerinnen zu Unrecht für den Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zahlung von Provisionen zur Verantwortung gezogen und dementsprechend den Grad ihrer Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung überschätzt hat. Es war folglich unangemessen, den Klägerinnen dafür eine Ermäßigung von lediglich 10 % zu gewähren.

958    In Anbetracht der Tatsache, dass sich die beschuldigten Transportunternehmen – im Hinblick auf die Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung insgesamt – nur während eines begrenzten Zeitraums über die Verweigerung der Zahlung von Provisionen abgestimmt haben, hält das Gericht daher eine Ermäßigung um 21 % wegen der geringfügigen Beteiligung der Klägerinnen an dieser Zuwiderhandlung für angemessen.

959    Dagegen rechtfertigt es die Entfernung der in den Erwägungsgründen 196, 223, 406, 415, 443 und 517 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Kontakte aus dem Indizienbündel nach Auffassung des Gerichts nicht, den Klägerinnen dafür eine zusätzliche Ermäßigung zu gewähren. Diese Kontakte bezogen sich auf den Schriftverkehr über den Treibstoffaufschlag, der im Rahmen der WOW-Allianz (Erwägungsgründe 223 und 517), des ACCS (443. Erwägungsgrund) und ganz allgemein auf der Ebene der Zentralverwaltung (Erwägungsgründe 196, 406 und 415) stattgefunden hat. Zum einen ist hervorzuheben, dass die Beteiligung der Klägerinnen an jeder einzelnen der drei Arten gegenseitiger Mitteilungen und erst recht am Bestandteil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Treibstoffaufschlag allgemein ungeachtet der Tatsache, dass diese Kontakte aus dem Indizienbündel, auf das sich die Kommission berufen konnte, entfernt worden sind, weiterhin umfassend untermauert ist. Zum anderen ist zu beachten, dass keine dieser gegenseitigen Mitteilungen den Sicherheitsaufschlag betrifft. Würde den Klägerinnen wegen ihrer geringfügigen Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Ermäßigung von mehr als 21 % gewährt, wäre das somit unangemessen.

960    Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass die Ermäßigung um 15 %, in deren Genuss die Klägerinnen im Rahmen der Kronzeugenregelung gekommen sind, nach wie vor angemessen ist.

961    Nach alledem ist der Betrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße wie folgt zu berechnen: Der Grundbetrag wird bestimmt, indem auf den Wert der von den Klägerinnen im Jahr 2005 auf den EWR-internen Strecken sowie auf den Strecken Union-Drittländer, EWR (ohne Union)-Drittländer und Union-Schweiz getätigten Verkäufe unter Berücksichtigung der Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zunächst ein Prozentsatz von 15,7 %, dann wegen der Dauer der Zuwiderhandlung die oben in Rn. 950 beschriebenen Multiplikationsfaktoren, angepasst nach den oben in Rn. 951 getroffenen Feststellungen, und schließlich ein Zusatzbetrag von 15,7 % angewandt werden, was zu einem Zwischenbetrag von 19 900 000 Euro für SAS Consortium, 92 200 925,36 Euro für SAS Cargo und 93 345 061,65 Euro für SAS führt. Nach Anwendung der allgemeinen Ermäßigung um 50 % beläuft sich dieser Betrag gerundet auf 19 900 000 Euro für SAS Consortium, 65 000 000 Euro für SAS Cargo und 65 000 000 Euro für SAS. Nach Erhöhung des für SAS Consortium und SAS Cargo geltenden Grundbetrags wegen Rückfälligkeit um 50 % sowie Anwendung der allgemeinen Ermäßigung um 15 % und einer zusätzlichen Ermäßigung um 21 % wegen der geringfügigen Beteiligung der Klägerinnen an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ist dieser Betrag sodann auf 22 686 000 Euro für SAS Consortium, 74 100 000 Euro für SAS Cargo und 43 647 500 Euro für SAS festzusetzen. Schließlich sind diese Beträge im Rahmen der Kronzeugenregelung um 15 % zu kürzen, was zu einer endgültigen Geldbuße in Höhe von 19 283 100 Euro für SAS Consortium, 62 985 000 Euro für SAS Cargo und 37 100 375 Euro für SAS führt.

962    Hinsichtlich des Betrags der Geldbußen, für den die Klägerinnen einzeln bzw. gesamtschuldnerisch haften, sollte nach Ansicht des Gerichts nicht von der Methode abgewichen werden, die die Kommission in den Erwägungsgründen 1226 und 1231 bis 1234 des angefochtenen Beschlusses beschrieben hat. Die allein gegen SAS Consortium verhängte Geldbuße ist somit auf 7 030 618 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo und SAS Consortium verhängte Geldbuße auf 5 937 909 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo, SAS Consortium und SAS verhängte Geldbuße auf 6 314 572 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo und SAS verhängte Geldbuße auf 29 045 427 Euro sowie die gegen SAS Cargo verhängte Geldbuße auf 21 687 090 Euro festzusetzen.

IV.    Kosten

963    Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

964    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen mit einem erheblichen Teil ihrer Anträge obsiegt. Bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles haben sie daher ein Viertel ihrer eigenen Kosten zu tragen, während die Kommission ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Klägerinnen zu tragen hat.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Abs. 1 Buchst. o, p und q, Abs. 2 Buchst. o und p, Abs. 3 Buchst. o und p sowie Abs. 4 Buchst. o, p und q des Beschlusses C(2017) 1742 final der Kommission vom 17. März 2017 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht) wird für nichtig erklärt, soweit darin die Beteiligung der SAS AB, der SAS Cargo Group A/S und von Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden an dem Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt wird, der die Verweigerung der Zahlung von Provisionen auf Aufschläge betrifft.

2.      Art. 1 Abs. 2 Buchst. o und p wird für nichtig erklärt, soweit darin für Strecken von Thailand in die Europäische Union in Bezug auf den mit dem Treibstoffaufschlag zusammenhängenden Teil der Zuwiderhandlung ein zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 begangener Verstoß gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird. Art. 1 Abs. 3 Buchst. o und p wird für nichtig erklärt, soweit darin für Strecken von Thailand in den Europäischen Wirtschaftsraum in Bezug auf den mit dem Treibstoffaufschlag zusammenhängenden Teil der Zuwiderhandlung ein zwischen dem 20. Juli 2005 und dem 14. Februar 2006 begangener Verstoß gegen Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird.

3.      Art. 3 Buchst. n bis r wird für nichtig erklärt.

4.      Die gegen Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden verhängte Geldbuße wird auf 7 030 618 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo Group und Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden verhängte Geldbuße auf 5 937 909 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo Group, Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden und SAS verhängte Geldbuße auf 6 314 572 Euro, die gesamtschuldnerisch gegen SAS Cargo Group und SAS verhängte Geldbuße auf 29 045 427 Euro und die gegen SAS Cargo Group verhängte Geldbuße auf 21 687 090 Euro festgesetzt.

5.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten von SAS Cargo Group, Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden und SAS.

7.      SAS Cargo Group, Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden und SAS tragen ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

Kanninen

Schwarcz

Iliopoulos

Spielmann

 

      Reine

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. März 2022.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.