Language of document : ECLI:EU:T:2019:624

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

19. September 2019(*)

„Humanarzneimittel – Aussetzung der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Gadolinium enthaltenden Kontrastmitteln – Art. 31 und 116 der Richtlinie 2001/83/EG – Vorsorgeprinzip – Gleichbehandlung – Verhältnismäßigkeit – Unparteilichkeit“

In der Rechtssache T‑783/17,

GE Healthcare A/S mit Sitz in Oslo (Norwegen), Prozessbevollmächtigte: D. Scannell, Barrister, G. Castle und S. Oryszczuk, Solicitors,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und A. Sipos als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2017) 7941 final der Kommission vom 23. November 2017 betreffend die Zulassungen von Gadolinium enthaltenden Kontrastmitteln für die Verwendung beim Menschen mit einem oder mehreren der Wirkstoffe „Gadobensäure, Gadobutrol, Gadodiamid, Gadopentetsäure, Gadotersäure, Gadoteridol, Gadoversetamid und Gadoxetsäure“ gemäß Art. 31 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67), soweit dieser Beschluss Omniscan betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, des Richters L. Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín (Berichterstatter) und der Richterin I. Reine,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2019

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die GE Healthcare A/S, ist eine norwegische Tochtergesellschaft, die vollständig im Eigentum der GE Healthcare Inc. steht. Sie gehört zur Unternehmensgruppe GE Healthcare, die sich weltweit mit einer Reihe medizinischer und pharmazeutischer Tätigkeiten befasst.

2        Die Klägerin ist die Herstellerin von Omniscan (Gadodiamid) und Inhaberin von Genehmigungen für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassungen) dieses Arzneimittels in fünfzehn Mitgliedstaaten.

3        Omniscan ist ein gadoliniumhaltiges Kontrastmittel mit linearer Struktur (im Folgenden: lineares Gadolinium), im Gegensatz zu ebenfalls gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln, die jedoch eine makrozyklische Struktur aufweisen (im Folgenden: makrozyklisches Gadolinium). Es wird intravenös verabreicht und als Kontrastverstärker eingesetzt, um die mittels Magnetresonanztomografie (im Folgenden: MRT) und Magnetresonanzangiografie gewonnenen Bilder zu verbessern. Mit gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln lassen sich die Darstellung von Tumoren und Läsionen bei Patienten verbessern und die Präzision der Diagnose chronischer Krankheiten wie Krebs und Herzerkrankungen optimieren. Sie werden als Arzneimittel eingestuft.

4        Im Laufe des Jahres 2010 stellte der Ausschuss für Humanarzneimittel (im Folgenden: CHMP) bei Patienten, die unter einer schweren Niereninsuffizienz leiden, einen Zusammenhang zwischen gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln und nephrogenen systemischen Fibrosen fest. Diese Feststellung führte zum Erlass von Maßnahmen zum Management dieses Risikos. Zu diesen Maßnahmen gehören Warnhinweise in den Produktinformationen, Beschränkungen für die Verwendung bei Patienten mit Niereninsuffizienz sowie eine Kontraindikation bei Patienten mit schwerer oder akuter Niereninsuffizienz.

5        Am 14. Januar 2016 fand eine gemeinsame Auswertung von Dokumenten statt, in denen die durch Arzneimittel hervorgerufenen Nebenwirkungen erfasst und untersucht wurden, mit anderen Worten von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten (im Folgenden: RAUB). Bei dieser Auswertung der RAUB in Bezug auf gadoliniumhaltige Kontrastmittel stellte der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (im Folgenden: PRAC) fest, dass einige Veröffentlichungen über eine Retention von Gadolinium im menschlichen Körper berichteten, insbesondere im Gehirn, bislang aber keine klinischen Folgen dieser Retention festgestellt worden waren. In diesem Stadium vertrat der PRAC die Auffassung, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan weiterhin positiv sei. Gleichwohl empfahl der PRAC, die Anreicherung und die Retention von Gadolinium im Gehirn in den Risikomanagementplan aufzunehmen und dort darauf hinzuweisen, dass es noch keine Erkenntnisse über die klinische Bedeutung dieser Retention gebe. Schließlich regte der PRAC an, diese Anreicherung und ihre klinischen Folgen zum Gegenstand einer eingehenden Prüfung zu machen.

6        Am 9. März 2016 leitete die Europäische Kommission die in Art. 31 der Richtlinie 2001/83 vorgesehene Befassung mit der Begründung ein, dass eine erneute Prüfung gadoliniumhaltiger Kontrastmittel eine eingehendere Beurteilung der Nachweise für ihre Anreicherung im Gehirn ermöglichen könne. Die Kommission fügte hinzu, dass eine solche Prüfung auch Gelegenheit zu einer erneuten Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dieser Arzneimittel geben werde, um zu entscheiden, ob die Zulassungen aufrecht erhalten, geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden sollten.

7        Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/83 sieht ein Verfahren vor, wonach „[d]ie Mitgliedstaaten, die Kommission, der Antragsteller oder der Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen … in besonderen Fällen von Unionsinteresse den [CHMP] mit der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 32, 33 und 34 [befassen], bevor sie über einen Antrag auf [Zulassung], über die Aussetzung oder den Widerruf einer [Zulassung] bzw. über jede andere Änderung der [Zulassung], die für erforderlich gehalten wird, entscheiden“. Außerdem bestimmt Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2001/83: „Ergibt sich eine solche Befassung aus der Bewertung von Pharmakovigilanzdaten eines genehmigten Arzneimittels, ist die Angelegenheit an den [PRAC] zu verweisen … Der [PRAC] gibt … eine Empfehlung ab. Die abschließende Empfehlung wird dem [CHMP] … übermittelt …“.

8        In einer ersten Empfehlung vom 9. März 2017 sprach sich der PRAC u. a. dafür aus, die Zulassung von Omniscan auszusetzen.

9        Am 20. März 2017 beantragte die Klägerin eine Überprüfung der ersten Empfehlung des PRAC. In diesem Antrag auf Überprüfung machte die Klägerin geltend, diese erste Empfehlung beruhe auf Fehlern und Versäumnissen, habe das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan fehlerhaft beurteilt und das Vorsorgeprinzip nicht richtig angewandt. Außerdem rügte die Klägerin die Zusammensetzung der vom PRAC angehörten Sachverständigengruppe. Schließlich vertrat die Klägerin die Auffassung, angesichts der Möglichkeit, andere Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen, sei die Aussetzung der Zulassung von Omniscan unverhältnismäßig.

10      Der PRAC gab am 6. Juli 2017 eine zweite Empfehlung ab. Sie unterscheidet sich kaum von der ersten.

11      So räumte der PRAC ein, dass Gadolinium nach seiner Verabreichung im Gehirn nachgewiesen werden könne. Er führte ferner aus, die langfristigen klinischen Folgen seiner Retention im Gehirn seien noch unbekannt; zwar seien noch keine neurologischen Nebenwirkungen als Folge dieser Anreicherung nachgewiesen worden, aber es lägen nur wenige Langzeitdaten vor. Gleichwohl war der PRAC der Ansicht, dass das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der verfügbaren Informationen über die Auswirkungen des Gadoliniums in den Fallstudien nicht als Beweis für die fehlende Toxizität dieses Arzneimittels im Gehirn angesehen werden könne. Insbesondere unter Berücksichtigung der Daten, die auf eine Dechelation der linearen Arzneimittel in vivo und der betroffenen Zonen des Gehirns hindeuteten, hielt der PRAC schädliche Auswirkungen wie z. B. Störungen der Feinmotorik oder kognitive Störungen sowie potenzielle Wechselwirkungen mit Krankheiten für plausibel. Der PRAC war daher der Auffassung, dass die Bedenken im Hinblick auf neurologische Schäden, die mit der Anreicherung von Gadolinium im Gehirn einhergingen, nachvollziehbar und ernst zu nehmen seien. Der PRAC äußerte jedoch die Ansicht, dass zwar sowohl lineare als auch makrozyklische gadoliniumhaltige Arzneimittel in der Lage seien, das Gehirn zu erreichen, die linearen Arzneimittel dort aber ein Jahr oder länger zurückblieben, während makrozyklische Arzneimittel nur zu einem vorübergehenden Anstieg der Gadoliniumkonzentration im Gehirn führten und schneller abgebaut würden.

12      Soweit die Klägerin geltend gemacht hatte, dass für die Bildgebung der myokardialen Perfusion in vier Mitgliedstaaten allein Omniscan indiziert sei, weil es für diese Art der Bildgebung von spezifischem Interesse sei, stellte der PRAC dieses Interesse in Abrede. Der PRAC stellte fest, dass für Omniscan auch eine Indikation für die Ganzkörper-MRT bestehe, die die Bildgebung des Herzens einschließlich der Bildgebung der Myokardperfusion umfasse. Der PRAC wies auch darauf hin, dass die Verwendung gadoliniumhaltiger Kontrastmittel bei Patienten mit schwerer oder akuter Niereninsuffizienz kontraindiziert sei, stellte aber fest, dass nach der Einführung von Maßnahmen zur Risikominimierung im Jahr 2010 keine neuen bestätigten Fälle einer nephrogenen systemischen Fibrose beobachtet worden seien. Der PRAC wies ferner auf das Auftreten von Hautplaques nach der Injektion von linearem Gadolinium hin. Was schließlich Überempfindlichkeitsreaktionen betrifft, räumte der PRAC ein, dass die Zusammenfassung der Merkmale von Omniscan bereits Warnungen und Hinweise auf geeignete Maßnahmen zur Risikoverminderung enthielt, stellte aber zugleich fest, dass die behaupteten Unterschiede zwischen Omniscan und den anderen gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln insoweit zu gering seien, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu beeinflussen.

13      Nach alledem vertrat der PRAC unter Berücksichtigung des Vorhandenseins von Ersatzprodukten und ernsthafter Bedenken hinsichtlich potenzieller neurologischer Störungen sowie der Risiken, die schon zuvor mit der Verwendung von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium in Verbindung gebracht worden waren – einschließlich des signifikanten Risikos einer nephrogenen systemischen Fibrose und des Auftretens von Hautplaques – die Auffassung, dass es den Patienten nicht zuzumuten sei, diese Risiken in Erwartung schlüssiger wissenschaftlicher Nachweise in Bezug auf die langfristigen neurotoxischen Wirkungen von Omniscan hinzunehmen, und dass die Vorteile dieses Arzneimittels als MRT‑Kontrastmittel diese Risiken nicht überwögen.

14      Letztlich bekräftigte der PRAC in seiner zweiten Empfehlung seine Schlussfolgerung, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium nicht länger günstig sei und dass ihre Zulassungen, von Ausnahmen abgesehen, ausgesetzt werden sollten, während die Zulassungen makrozyklischer Arzneimittel lediglich geändert werden sollten. Wie in seiner ersten Empfehlung sprach sich der PRAC dafür aus, diese Aussetzung nur dann wieder aufzuheben, wenn die Zulassungsinhaber Daten zur Verfügung stellen, aus denen sich entweder ergibt, dass ein bislang nicht nachgewiesener klinisch relevanter Nutzen besteht, der gegenüber den Risiken im Zusammenhang mit dem Arzneimittel überwiegt, oder dass das Arzneimittel nicht zur Retention von Gadolinium im Gewebe -einschließlich des Gehirns – führt.

15      Die zweite Empfehlung des PRAC wurde dem CHMP übermittelt. Der CHMP gab sein Gutachten am 20. Juli 2017 ab. Trotz abweichender Auffassungen der Vertreter von zwölf Mitgliedstaaten und der norwegischen und der isländischen Vertreter stimmte er darin den Empfehlungen des PRAC im Wesentlichen zu. Insbesondere vertrat er darin die Ansicht, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan nicht länger günstig sei.

16      Allerdings wich der CHMP in bestimmten Punkten von der zweiten Empfehlung des PRAC ab.

17      Zunächst machte der CHMP sich nicht die Aussage des PRAC zu eigen, dass die makrozyklischen Arzneimittel nur zu einem vorübergehenden Anstieg des Gadoliniums im Gehirn führten und rasch abgebaut würden. Er hielt es für ausreichend, darauf hinzuweisen, dass „die Gadoliniummessungen im Gehirn … Unterschiede zwischen linearen und makrozyklischen Arzneimitteln hinsichtlich der Anreicherung im Zeitverlauf gezeigt [hätten]“.

18      Zweitens vertrat der CHMP angesichts der breiten Verwendung von Gadolinium und des Fehlens von Daten über Nebenwirkungen seiner Anreicherung im Gehirn die Auffassung, dass diese nachteiligen Auswirkungen und die potenziellen Wechselwirkungen dieses Arzneimittels mit Krankheiten eher „möglich“ als „anzunehmen“ seien, da „anzunehmen“ ein höheres Schadensrisiko impliziere.

19      Schließlich war der CHMP der Ansicht, dass das Risiko des Auftretens von Hautplaques, das der PRAC mit der Exposition gegenüber linearem Gadolinium in Verbindung gebracht habe, nur auf einer begrenzten Zahl von Fällen beruhe und daher kein relevanter Grund für die Aussetzung der Zulassungen sein könne.

20      Im Anschluss an das Gutachten des CHMP übersandte die Kommission am 1. September 2017 den Entwurf ihres Beschlusses dem Ständigen Ausschuss für Humanarzneimittel und setzte damit eine Frist in Lauf, in der die Mitgliedstaaten ihre Stellungnahmen abgeben konnten. Die Tschechische Republik, Italien und Polen erhoben Einwände gegen diesen Entwurf.

21      Von August bis November 2017 führten die Klägerin und die Kommission weiteren Schriftwechsel über das Gutachten des CHMP.

22      Am 23. November 2017 nahm die Kommission den Durchführungsbeschluss C(2017) 7941 final betreffend die Zulassungen von Gadolinium enthaltenden Kontrastmitteln für die Verwendung beim Menschen mit einem oder mehreren der Wirkstoffe „Gadobensäure, Gadobutrol, Gadodiamid, Gadopentetsäure, Gadotersäure, Gadoteridol, Gadoversetamid und Gadoxetsäure“ gemäß Art. 31 der Richtlinie 2001/83/EG an (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

23      Gemäß Art. 3 Abs. 1 und Anhang IB dieses Beschlusses müssen die Mitgliedstaaten die Zulassungen für die Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium, darunter Omniscan, aussetzen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 und Anhang IV dieses Beschlusses darf die Aussetzung der Zulassungen nur unter der Voraussetzung aufgehoben werden, dass ihr Inhaber Daten zur Verfügung stellt, aus denen sich entweder ergibt, dass ein bislang nicht nachgewiesener klinisch relevanter Nutzen besteht, der gegenüber den Risiken im Zusammenhang mit dem betreffenden Arzneimittel überwiegt, oder dass das Arzneimittel keiner signifikanten Dechelation unterliegt und nicht zur Retention von Gadolinium im Gewebe führt. Aus Art. 3 Abs. 3 und 5 des in Rede stehenden Beschlusses ergibt sich jedoch, dass die Mitgliedstaaten die Aussetzung der Zulassung für einen Zeitraum von höchstens zwölf Monaten zurückstellen können, wenn sie der Auffassung sind, dass die betreffenden Arzneimittel unverzichtbar sind.

24      Aus den Erwägungsgründen 4 und 5 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass seine Gründe in der wissenschaftlichen Bewertung durch den CHMP zu finden sind, die ihm beigefügt ist.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

25      Mit Klageschrift, die am 1. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

26      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 1. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Dieser Antrag ist mit Beschluss vom 11. Juli 2018, GE Healthcare/Kommission (T‑783/17 R, EU:T:2018:503), zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten worden.

27      Am 20. Februar 2018 hat die Kommission die Klagebeantwortung eingereicht.

28      Am 17. April 2018 hat die Klägerin die Erwiderung eingereicht.

29      Am 4. Juni 2018 hat die Kommission die Gegenerwiderung eingereicht.

30      Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

31      Mit Schreiben vom 6. November 2018 hat das Gericht der Kommission eine prozessleitende Maßnahme mitgeteilt, auf die die Kommission am 23. November 2018 geantwortet hat.

32      Die Parteien haben in der Sitzung vom 29. Januar 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. In dieser mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bestätigt, dass ihre Klage nur darauf gerichtet sei, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er Omniscan betreffe.

33      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

34      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Frage, ob die Klage im Namen aller Inhaber von Zulassungen für Omniscan erhoben wurde

35      Nach Angaben der Kommission trägt die Klägerin in ihrer Klageschrift vor, nicht nur im eigenen Namen zu handeln, sondern auch im Namen der anderen Inhaber von Zulassungen für Omniscan, die zur Unternehmensgruppe GE Healthcare gehören. Unter diesen Umständen weist die Kommission darauf hin, dass die Klägerin Nachweise hierfür nur in der Anlage zu ihrer Erwiderung und damit verspätet vorgelegt habe, so dass die Klage nicht auf diese anderen Inhaber ausgedehnt werden könne. Im Übrigen sei die Klägerin von der Aussetzung der Zulassungen, die anderen Gesellschaften erteilt worden seien, nicht unmittelbar betroffen.

36      Die Klägerin entgegnet, dass der angefochtene Beschluss sie unmittelbar und individuell betreffe, weil er sich auf die Zulassungen auswirke, die anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe GE Healthcare sowie zwei weiteren Vertriebsgesellschaften in Zypern und in Deutschland erteilt worden seien, sie der einzige Hersteller dieses Arzneimittels sei und dieser Beschluss sie hindere, es auf den Markt zu bringen. Als Anlage zu ihrer Erwiderung legt sie ferner Schriftstücke dieser Gesellschaften vor, die belegen sollen, dass sie auch in ihrem Namen handele. Schließlich hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie im Namen aller Inhaber von Zulassungen für Omniscan handele, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

37      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Abs. 1 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gerichts den Namen und den Wohnsitz der klagenden Partei enthalten muss.

38      Die Klageschrift ist im vorliegenden Fall aber ausdrücklich nur im Namen der Klägerin erhoben worden. Ferner ist die der Klageschrift beigefügte und den Anwälten der Klägerin erteilte Vollmacht nur von ihr und allein in ihrem Namen ausgestellt worden. Außerdem kann der Umstand, dass die Klägerin zur Darlegung der Zulässigkeit ihrer Klage in der Klageschrift beiläufig darauf hingewiesen hat, dass der angefochtene Beschluss auch die Interessen ihrer Muttergesellschaft und der anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe GE Healthcare beeinträchtige, nicht belegen, dass sie nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen und für Rechnung anderer Unternehmen handelte, die zudem in der Klageschrift nicht aufgeführt sind. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Klage nur im Namen der Klägerin erhoben wurde.

39      Im Stadium der Erwiderung vorgelegte Dokumente, die im Lauf des Verfahrens verfasst wurden und bestätigen, dass die Klägerin auch im Namen anderer Gesellschaften handele, können die Tragweite der Klage nicht verändern. Ihre Vorlage kann auch nicht, wie die Klägerin ohne Erfolg geltend macht, als eine Präzisierung des in der Klageschrift eingenommenen Standpunkts, als eine Vertiefung der darin entwickelten Argumentation oder als eine Antwort auf neue Gesichtspunkte angesehen werden. Einer solchen Vorlage Wirksamkeit zu verleihen würde zum einen gegen Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, gegen Art. 76 Abs. 1 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gerichts sowie gegen die Rechtsnatur der Erwiderung verstoßen und zum anderen eine Umgehung der in den Art. 142 bis 144 dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Regeln der Streithilfe ermöglichen.

40      Folglich ist davon auszugehen, dass die Klage allein im Namen der Klägerin erhoben wurde, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob diese in der Lage wäre, vor dem Gericht andere Gesellschaften zu vertreten.

B.      Zu den Klagegründen

41      Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 116 der Richtlinie 2001/83, zweitens einen Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und das Diskriminierungsverbot, viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und fünftens einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend macht.

42      Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eingeräumt, dass die ersten beiden Klagegründe zusammenhängen. Sie sind daher zusammen zu prüfen.

1.      Erster und zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 116 der Richtlinie 2001/83 bzw. gegen das Vorsorgeprinzip

a)      Einleitende Bemerkungen

43      Da die Klägerin sich insbesondere auf Art. 116 der Richtlinie 2001/83 beruft, ist vorab darauf hinzuweisen, dass dieser Artikel bestimmt, dass die zuständigen Behörden die Zulassung aussetzen, zurücknehmen oder ändern, wenn sie der Ansicht sind, dass das Arzneimittel schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene quantitative und qualitative Zusammensetzung aufweist.

44      Diese Voraussetzungen für die Änderung, Aussetzung oder Rücknahme einer Zulassung sind alternativ und nicht kumulativ (Urteil vom 11. Dezember 2014, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, T‑189/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1056, Rn. 41). Sie müssen außerdem gemäß dem von der Rechtsprechung aufgestellten allgemeinen Grundsatz ausgelegt werden, wonach dem Schutz der öffentlichen Gesundheit gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen zweifelsohne vorrangige Bedeutung beizumessen ist (Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 99).

45      Zudem ermächtigt das Vorsorgeprinzip, das ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, die zuständigen Behörden im Fall von Ungewissheiten, zur Vermeidung bestimmter potenzieller Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt Schutzmaßnahmen zu ergreifen, ohne dass abgewartet werde müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2014, Acino/Kommission, C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip müssen die Gefahren für die Gesundheit, denen die in Art. 116 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 genannten Gründe vorbeugen sollen, folglich nicht konkret sein, sondern nur potenziell bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. April 2014, Acino/Kommission, C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 59, und vom 3. Dezember 2015, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, C‑82/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:796, Rn. 23).

47      In diesem System verleiht Art. 116 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 den Unternehmen, die Inhaber einer Zulassung sind, Rechte, da er sicherstellt, dass die Zulassungen bestehen bleiben, solange das Vorliegen einer der Voraussetzungen für ihre Änderung, Aussetzung oder Rücknahme nicht nachgewiesen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 96). Im Hinblick auf die Beweislast folgt daraus, dass es der zuständigen Behörde – im vorliegenden Fall der Kommission – obliegt, nachzuweisen, dass die in Art. 116 der Richtlinie 2001/83 genannten Voraussetzungen für die Rücknahme, Aussetzung oder Änderung einer Zulassung erfüllt sind (Urteil vom 7. März 2013, Acino/Kommission, T‑539/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:110, Rn. 79).

48      Wegen des Vorsorgeprinzips kann sich die Kommission jedoch darauf beschränken, ernsthafte und stichhaltige Anhaltspunkte zu liefern, die, ohne die wissenschaftliche Ungewissheit zu beseitigen, vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit des fraglichen Arzneimittels, an seiner therapeutischen Wirksamkeit, an einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis oder an der angegebenen quantitativen und qualitativen Zusammensetzung erlauben (Urteile vom 3. Dezember 2015, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, C‑82/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:796, Rn. 23, und vom 7. März 2013, Acino/Kommission, T‑539/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:110, Rn. 66).

49      Allerdings ist der Erlass eines Beschlusses über die Änderung, Aussetzung oder Rücknahme der Zulassung eines Arzneimittels nur gerechtfertigt, wenn dieser Beschluss durch objektive und neue Daten wissenschaftlicher oder medizinischer Art untermauert wird (Urteile vom 26. November 2002, Artegodan u. a./Kommission, T‑74/00, T‑76/00, T‑83/00 bis T‑85/00, T‑132/00, T‑137/00 und T‑141/00, EU:T:2002:283, Rn. 174, 177 und 191 bis 194, und vom 11. Dezember 2014, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, T‑189/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1056, Rn. 44 und 75).

50      Insoweit muss die zuständige Behörde die wichtigsten wissenschaftlichen Berichte und Expertisen angeben, auf die sie sich stützt, und im Fall einer erheblichen Divergenz die Gründe erläutern, aus denen sie von den Schlussfolgerungen in den Berichten oder Expertisen der betroffenen Unternehmen abweicht. Diese Verpflichtung besteht insbesondere im Fall wissenschaftlicher Ungewissheit. Dabei ist kontradiktorisch und transparent zu verfahren, um sicherzustellen, dass der betreffende Stoff Gegenstand einer eingehenden und objektiven wissenschaftlichen Beurteilung war, die auf einer Gegenüberstellung der repräsentativsten wissenschaftlichen Auffassungen und der von den betroffenen Arzneimittelbetrieben vertretenen wissenschaftlichen Standpunkte beruhte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 2002, Artegodan u. a./Kommission, T‑74/00, T‑76/00, T‑83/00 bis T‑85/00, T‑132/00, T‑137/00 und T‑141/00, EU:T:2002:283, Rn. 200, und vom 11. Dezember 2014, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, T‑189/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1056, Rn. 52).

51      Dies vorausgeschickt, ist darauf hinzuweisen, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass das Gericht die Beurteilung des PRAC und des CHMP nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen darf. Seine gerichtliche Kontrolle erstreckt sich nur auf die Ordnungsmäßigkeit ihrer Funktionsweise sowie auf die innere Kohärenz und die Begründung der Empfehlung des PRAC und des Gutachtens des CHMP. Unter dem letztgenannten Gesichtspunkt kann das Gericht nur prüfen, ob die Empfehlung und das Gutachten eine Begründung enthalten, anhand deren die Erwägungen beurteilt werden können, auf die sie sich stützen, und ob ein verständlicher Zusammenhang zwischen den medizinischen oder wissenschaftlichen Feststellungen und den Schlussfolgerungen hergestellt wird, zu denen die Empfehlung und das Gutachten gelangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2014, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, T‑189/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1056, Rn. 52).

52      Im Licht dieser Erwägungen sind die von der Klägerin vorgetragenen Argumente zu prüfen. Diese betreffen die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Beurteilung sowohl der Risiken als auch des Nutzens von linearem Gadolinium und von Omniscan im Besonderen.

b)      Zur Beurteilung der Risiken von linearem Gadolinium und von Omniscan im Besonderen

53      Die Klägerin beanstandet zunächst die Beurteilung der mit der Verwendung linearen Gadoliniums verbundenen Risiken neurologischer Nebenwirkungen und sodann die Beurteilung der mit dieser Verwendung verbundenen sonstigen Risiken. In diesem Rahmen trägt sie vor, dass das Vorsorgeprinzip verlange, dass ein Risiko für die öffentliche Gesundheit plausibel und nicht bloß hypothetisch oder theoretisch sein müsse. Diese Plausibilität ergebe sich jedoch nicht aus der Prüfung, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liege.

1)      Zu den neurologischen Risiken

54      Hinsichtlich der neurologischen Risiken beanstandet die Klägerin nacheinander die Beurteilung durch den PRAC und die Beurteilung durch den CHMP.

i)      Zur Beurteilung durch den PRAC

55      Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beurteilung durch den PRAC, wonach Omniscan die Patienten neurologischen Risiken aussetze, durch keine neuen Nachweise untermauert werde und der PRAC die ihm insoweit obliegende Beweislast zu Unrecht umgekehrt habe.

–       Hinsichtlich des Fehlens neuer Nachweise

56      Die Klägerin macht geltend, dass das Vorsorgeprinzip die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung befreie, ernsthafte und stichhaltige Anhaltspunkte zu liefern, die Zweifel an der Unbedenklichkeit oder der Wirksamkeit des in Rede stehenden Arzneimittels erlaubten. Insbesondere liege die Beweislast nach der Erteilung einer Zulassung bei der Behörde und diese könne eine Zulassung nur auf der Grundlage neuer Daten aussetzen, nicht aber auf der Grundlage einer bloßen Neubewertung der bereits zuvor geprüften Risiken.

57      Im vorliegenden Fall gebe es aber keinen stichhaltigen, überzeugenden und neuen Nachweis dafür, dass sich für die Patienten aus der Verwendung linearen Gadoliniums und seiner Anreicherung im Gehirn das Risiko neurologischer Schäden ergebe. Die Studien über die Retention von Gadolinium im Organismus und seine Toxizität seien bereits zum Zeitpunkt des Verfahrens der einheitlichen Beurteilung der regelmäßigen, aktualisierten Unbedenklichkeitsberichte verfügbar gewesen. Der PRAC habe sie bereits zu diesem Zeitpunkt geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan angesichts des fehlenden Nachweises von Schäden günstig bleibe. Die neueren Daten hätten keine weiter gehenden Erkenntnisse erbracht, mit Ausnahme der Feststellung, dass makrozyklisches Gadolinium im Gehirn persistiere und nur teilweise abgebaut werde. Außerdem habe eine Studie der M.‑Klinik in den Vereinigten Staaten ergeben, dass kognitive oder andere neurologische Störungen nicht mit Omniscan in Verbindung gebracht werden könnten.

58      Dieses Vorbringen der Klägerin überzeugt jedoch nicht.

59      Zunächst muss die Aussetzung einer Zulassung nach der oben in den Rn. 45, 48 und 49 angeführten Rechtsprechung im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip nicht auf stichhaltige und überzeugende Beweise gestützt werden, wie die Klägerin geltend macht. Es genügt, dass sie auf ernsthaften und stichhaltigen Anhaltspunkten beruht, die sich aus neuen wissenschaftlichen oder medizinischen Daten ergeben, soweit sie, ohne notwendigerweise jede wissenschaftliche Ungewissheit auszuräumen, vernünftige Zweifel u. a. an einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis erlauben.

60      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren der einheitlichen Beurteilung der RAUB nach Art. 107e Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/83 darin besteht, dass ein Berichterstatter innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt des RAUB einen Bericht erstellt, die Mitgliedstaaten und der Zulassungsinhaber innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Berichts Stellung nehmen können, der Berichterstatter den Bericht innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt dieser Stellungnahmen aktualisiert und der PRAC in seiner auf diese Aktualisierung folgenden Sitzung den endgültigen Bericht annimmt und eine Empfehlung abgibt. Mit dem Verfahren der einheitlichen Beurteilung der RAUB geht somit eine kritische Analyse des Nutzen-Risiko-Verhältnisses eines Arzneimittels einher, die jede neue Information über das Arzneimittel berücksichtigt und zur Änderung, Aussetzung oder Rücknahme der Zulassung führen kann. Dieses Verfahren ist jedoch verhältnismäßig summarisch. Somit kann sich eine vertiefte wissenschaftliche Analyse als notwendig erweisen und die Einleitung eines anderen Verfahrens erfordern, wie es in Art. 31 und 32 der Richtlinie 2001/83 vorgesehen ist. Im Wesentlichen umfasst dieses komplexere Verfahren die Erstellung eines vorläufigen Berichts durch einen oder zwei Berichterstatter, wie im vorliegenden Fall, die Übermittlung dieses Berichts an die Zulassungsinhaber und an die Mitgliedstaaten zur Stellungnahme, die Erstellung eines aktualisierten Berichts unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen, die Annahme einer Empfehlung durch den PRAC, dies alles binnen 150 Tagen, die Möglichkeit für die Zulassungsinhaber, eine Überprüfung zu verlangen, die Möglichkeit, Sachverständige heranzuziehen, die Annahme einer neuen Empfehlung durch den PRAC, die Übermittlung dieser neuen Empfehlung an den CHMP, die Abgabe eines Gutachtens durch den CHMP sowie die Übermittlung dieses Gutachtens an die Kommission, die Zulassungsinhaber und die Mitgliedstaaten, bevor die Kommission eine Entscheidung trifft.

61      Im Rahmen der einheitlichen Beurteilung der RAUB war der PRAC in Anbetracht neuerer Daten der Auffassung, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan positiv bleibe, aber auch, dass keine Informationen über die klinische Bedeutung der Gadoliniumretention im Gehirn vorlägen und diese Retention sowie ihre klinischen Folgen eine eingehende Untersuchung erforderten. Diese Anregung veranlasste die Kommission, das Verfahren nach Art. 31 der Richtlinie 2001/83 einzuleiten, das zu dem angefochtenen Beschluss geführt hat.

62      Unter diesen Umständen können die Daten, die im Stadium der einheitlichen Beurteilung der RAUB verfügbar waren, nicht als bereits vollständig beurteilte Daten angesehen werden, die eine Aussetzung der Zulassung von Omniscan im Anschluss an das streitige Verfahren nicht rechtfertigen können.

63      Jedenfalls ergibt sich aus der zweiten Empfehlung des PRAC, dass dieser sich u. a. auf rund 50 Studien gestützt hat, die 2016 und 2017 veröffentlicht worden waren, d. h. nach dem Verfahren der einheitlichen Beurteilung der RAUB.

64      Es trifft zwar zu, dass der PRAC sich in seiner zweiten Empfehlung auch auf die seit 2010 anerkannte Tatsache berufen hat, dass Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium mit einem erheblichen Risiko nephrogener systemischer Fibrosen in Verbindung gebracht wurden. Diese Feststellung war jedoch nicht der entscheidende Grund für die zweite Empfehlung des PRAC und den angefochtenen Beschluss. Wie die Kommission vorträgt, wurde dieses Risiko als Beispiel für eine Nebenwirkung der Freisetzung von linearem Gadolinium im Gewebe und seine spätere Anreicherung herangezogen, was die Befürchtung verstärkte, dass das im Gehirn freigesetzte Gadolinium auch eine toxische Wirkung haben könnte. Bereits zuvor bekannte Daten können jedoch ohne Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip und gegen Art. 116 der Richtlinie 2001/83 berücksichtigt werden, soweit sie lediglich herangezogen werden, um die Auffassung, zu der die Behörde auf der Grundlage neuer Daten gelangt ist, zu bestätigen.

65      Nach alledem ist anzuerkennen, dass sich die zweite Empfehlung des PRAC auf neue wissenschaftliche oder medizinische Daten stützte.

–       Hinsichtlich der Umkehr der Beweislast

66      Die Klägerin wirft dem PRAC vor, seine zweite Empfehlung damit begründet zu haben, dass fehlende oder unzulängliche Daten nicht als Beweis dafür angesehen werden könnten, dass mit der Retention von Gadolinium im Gehirn kein Risiko neurologischer Nebenwirkungen verbunden sei. Der PRAC habe ihr damit zu Unrecht die Beweislast auferlegt, die den zuständigen Behörden obliege.

67      Nach Prüfung der verfügbaren Beobachtungsdaten hat der PRAC die Auffassung vertreten, obwohl die klinischen Folgen der Retention von Gadolinium im Gehirn noch unbekannt oder ungeklärt seien, könne das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der sich aus den Fallberichten ergebenden Daten nicht als Beweis für das Fehlen eines Risikos neurologischer Nebenwirkungen angesehen werden.

68      Die Empfehlung des PRAC kann jedoch nicht allein auf diese Behauptung reduziert werden.

69      Der PRAC hat sich zunächst auf Studien gestützt, die zeigen, dass Gadolinium, sei es linear oder makrozyklisch, in der Lage ist, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und das Gehirn zu erreichen.

70      Sodann hat der PRAC Autoren zitiert, die darauf hingewiesen haben, dass Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium wegen ihrer geringeren Stabilität mehr Gadolinium im umgebenden Gewebe freisetzen als makrozyklische Arzneimittel und daher stärker dazu neigen, sich dort anzureichern. So ist beobachtet worden, dass die linearen Arzneimittel eine zehnfach höhere Retention im Gehirn aufweisen als die makrozyklischen Arzneimittel und dort für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr und sogar noch länger zurückbleiben können.

71      Der PRAC hat ebenfalls festgestellt, dass es trotz einer breiten Verwendung von Gadolinium keine Studie gab, die im Anschluss an eine Gadoliniumexposition klinische Anzeichen einer Neurotoxizität über eine Zeitspanne von mehr als 50 Wochen nach intravenöser Applikation oder über eine bestimmte Konzentration hinausgehende histopathologische Befunde aufzeigte. Gleichwohl machte der PRAC darauf aufmerksam, dass die Daten über die Langzeitwirkungen der Retention von Gadolinium im Gehirn noch begrenzt seien, die mit dieser Anreicherung möglicherweise in Verbindung zu bringenden Nebenwirkungen verzögert und subtil auftreten könnten und ihre Spontanmeldung von verschiedenen Zufälligkeiten abhängen könne. Der PRAC hat insbesondere die von der Klägerin zur Unterstützung ihres Arzneimittels vorgelegte Studie der M.‑Klinik berücksichtigt, ist ihr aber nicht gefolgt, u. a. weil ihre Ergebnisse aufgrund des kleinen Kreises der untersuchten Probanden, der relativ kurzen Nachbeobachtungzeit in Bezug auf mögliche Langzeitwirkungen sowie des Fehlens detaillierter Informationen über die verwendeten statistischen Methoden und deren Zuverlässigkeit beschränkt seien. Ebenso war der PRAC der Ansicht, dass die Studien, die auf Experimenten an gesunden Tieren basierten, denen intravenös Gadoliniumdosen verabreicht wurden, für die diversen beim Menschen zu beobachtenden und möglicherweise durch die Gadoliniumretention im Gehirn ausgelösten Krankheitsformen nicht als aussagekräftig angesehen werden könnten. Darüber hinaus hat der PRAC einige weitere Studien angeführt, die auf einen Zusammenhang zwischen einer Gadoliniumexposition und verschiedenen Nebenwirkungen hindeuten wie z. B. Kopfschmerzen, Seh- oder Hörstörungen, Verdauungs‑, Atmungs- oder Muskel-Skelett-Symptome oder auch Störungen der Feinmotorik oder kognitive Störungen in Abhängigkeit von den Hirnarealen, die durch die Anreicherung von Gadolinium und seine Dechelation betroffen sind. Der PRAC hat ferner darauf hingewiesen, dass die Toxizität von Gadolinium in Fällen nachgewiesen wurde, in denen es direkt in das zentrale Nervensystem von Ratten injiziert wurde, was zu Veränderungen der Morphologie und des Verhaltens in Abhängigkeit von der verabreichten Dosis führte. Schließlich hat der PRAC, wie bereits dargelegt, als Beweis für die Toxizität von linearem Gadolinium im Gewebe darauf hingewiesen, dass es mit einem erheblichen Risiko nephrogener systemischer Fibrosen assoziiert worden ist.

72      Letztendlich hat sich der PRAC auf die Schlussfolgerungen einer von ihm beauftragten Sachverständigengruppe gestützt und ist seinerseits zu dem Schluss gekommen, dass zum einen lineares Gadolinium sich wegen seiner Neigung zur Dechelation im Gehirn anreichere und zum anderen Nebenwirkungen dieser Anreicherung plausibel seien.

73      Somit ist festzustellen, dass der PRAC sich auf eine Beurteilung objektiver wissenschaftlicher oder medizinischer Daten gestützt hat, die zwar nicht jede wissenschaftliche Ungewissheit ausschließen, aber dennoch ernsthafte und stichhaltige Anhaltspunkte dafür bieten können, dass sich erstens lineares Gadolinium in einem größerem Ausmaß und für einen längeren Zeitraum im Gehirn anreichert als makrozyklisches Gadolinium und zweitens diese Anreicherung möglicherweise toxische Wirkungen entfaltet.

74      Unter diesen Umständen konnte der PRAC, ohne die Beweislast umzukehren, davon ausgehen, dass das Fehlen oder die Unzulänglichkeit aus Fallberichten stammender Daten nicht als Beweis für das Fehlen eines Risikos neurologischer Nebenwirkungen angesehen werden kann, weil er über Anhaltspunkte verfügte, die insoweit berechtigte Zweifel weckten.

75      Die Rügen, die die Klägerin gegenüber der vom PRAC vorgenommenen Beurteilung der mit der Gadoliniumretention im Gehirn verbundenen Risiken neurotoxischer Wirkungen erhebt, sind daher unbegründet.

ii)    Zur Beurteilung durch den CHMP

76      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass der CHMP zum größten Teil keine eigene Beurteilung vorgenommen und jedenfalls durch seine Abweichung von bestimmten Beurteilungen des PRAC dessen Empfehlung untergraben habe.

–       Hinsichtlich des Umstands, dass der CHMP keine eigene Bewertung vorgenommen habe

77      Soweit es um die neurologischen Nebenwirkungen geht, macht die Klägerin geltend, dass der CHMP in seinem Gutachten im Wesentlichen der zweiten Empfehlung des PRAC zugestimmt habe, ohne eine eigene Beurteilung vorgenommen zu haben.

78      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Behörde nur dann, wenn ein Bündel hinreichend übereinstimmender Indizien vorliegt, die die Argumentation der klagenden Partei stützen, dass keine wirkliche Prüfung stattgefunden habe, den Beweis für die Vornahme einer solchen Prüfung zu erbringen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. September 2004, Tenreiro/Kommission, T‑216/03, EU:T:2004:276, Rn. 59).

79      Der Umstand, dass sich der CHMP weitgehend der Auffassung des PRAC angeschlossen hat, bedeutet aber nicht, dass er keine eigene Beurteilung der verfügbaren medizinischen oder wissenschaftlichen Daten vorgenommen hätte. Dies gilt umso mehr, als die Zulassungsinhaber ihren Standpunkt am 18. Juli 2017 vor dem CHMP vertreten konnten und der CHMP, nachdem er den Inhalt der zweiten Empfehlung des PRAC erläutert und erklärt hatte, dass er dessen Schlussfolgerungen insgesamt zustimme, diese Schlussfolgerungen nuancierte, bevor er seine eigenen Schlussfolgerungen vorlegte. Schließlich zeigen die unterschiedlichen Auffassungen der Vertreter von zwölf Mitgliedstaaten und der Vertreter Norwegens und Islands, die dem Gutachten des CHMP beigefügt sind, dass innerhalb des CHMP eine Diskussion stattgefunden hat.

80      Es ist daher nicht erwiesen, dass der CHMP keine eigene Bewertung der neurologischen Risiken vorgenommen habe, die sich aus einer Exposition gegenüber Gadolinium ergeben können.

–       Hinsichtlich des Umstands, dass der CHMP von bestimmten Beurteilungen durch den PRAC abgewichen sein soll

81      Die Klägerin weist darauf hin, dass der CHMP von bestimmten Beurteilungen des PRAC abgewichen sei und damit dessen Empfehlung „untergraben“ habe. Daraus soll sich nach Auffassung der Klägerin ergeben, dass die Gesichtspunkte, die seinem eigenen Gutachten und dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegen, weder stichhaltig noch überzeugend sind.

82      Die Klägerin weist erstens darauf hin, dass der CHMP es, soweit es darum gehe, dass Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium von denen auf der Basis von makrozyklischem Gadolinium zu unterscheiden seien, für erforderlich gehalten habe, die Aussage des PRAC zu korrigieren, wonach „[m]akrozyklische Kontrastmittel … nur mit einem vorübergehenden Anstieg der [Gadolinium]-Konzentration im Gehirn verbunden [sind] und … eine frühe Auswaschung [durchlaufen]“. Der CHMP habe es für ausreichend gehalten, darauf hinzuweisen, dass „Gadolinium-Messungen im Gehirn über einen längeren Zeitraum Unterschiede zwischen linearen und makrozyklischen Kontrastmitteln im Hinblick auf eine Anreicherung … im Zeitverlauf zeigen“.

83      Die damit vom CHMP vorgenommene Differenzierung stellt jedoch nicht die Feststellung in Frage, dass lineares Gadolinium stärker dechelatiert als makrozyklisches Gadolinium und länger im Gehirn persistiert. Auf der Grundlage u. a. dieser Feststellungen haben der PRAC und der CHMP die Kontrastmittel anhand ihrer Zugehörigkeit zu diesen beiden Gadoliniumarten unterschieden und die Kommission, von Ausnahmen abgesehen, die Zulassungen für die einen, nicht aber für die anderen ausgesetzt. Somit ist die vom CHMP gewählte abweichende Formulierung entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, die Gründe für den angefochtenen Beschluss zu schwächen.

84      Die Klägerin weist zweitens darauf hin, dass der CHMP in seinem Gutachten die Auffassung vertreten habe, es könne nicht davon ausgegangen werden, wie der PRAC es getan habe, dass schädliche Auswirkungen von Gadolinium und potenzielle Wechselwirkungen mit Krankheiten „anzunehmen“ [„plausibles“] seien. Ferner stellt die Klägerin fest, dass der CHMP es vorgezogen habe, anstelle des Begriffs „anzunehmen“ den Begriff „möglich“ zu verwenden, weil „anzunehmen“ ein „höheres Potenzial für Schädigungen“ impliziere. Sie weist darauf hin, dass der CHMP aus demselben Grund der Ansicht gewesen sei, der Ausdruck „bislang“ in der Schlussfolgerung des PRAC, wonach „bislang nicht nachgewiesen ist, dass eine Gadoliniumablagerung im Gehirn neurologische Nebenwirkungen wie etwa kognitive und motorische Störungen verursacht“, gestrichen werden solle.

85      In Anbetracht der seit 1988 verabreichten rund 300 Millionen Dosen von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln und des Fehlens von Daten über die Auswirkungen ihrer Ablagerung im Gehirn macht die Klägerin geltend, dass der CHMP damit die dem angefochtenen Beschluss zugrundeliegende These des PRAC verworfen habe.

86      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein potenzielles Risiko genügt, um den Erlass einer Maßnahme nach Art. 116 der Richtlinie 2001/83 zu rechtfertigen (siehe oben, Rn. 46). Ferner braucht die Aussetzung einer Zulassung im Gegensatz zum Vorbringen der Klägerin nicht notwendigerweise auf stichhaltige und überzeugende Beweise gestützt zu werden. Es genügt, dass sie auf ernsthaften und stichhaltigen Anhaltspunkten beruht, auch wenn diese nicht jede wissenschaftliche Ungewissheit ausräumen (siehe oben, Rn. 59).

87      Zudem ermächtigt das Vorsorgeprinzip, wie bereits dargelegt (siehe oben, Rn. 45), die zuständigen Behörden im Fall von Ungewissheiten, zur Vermeidung bestimmter potenzieller Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, ohne dass abgewartet werde müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden.

88      Auch wenn die Risikobewertung, wie die Klägerin geltend macht, nicht auf rein hypothetische Erwägungen gestützt werden darf, hat der Gerichtshof jedoch anerkannt, dass der Vorsorgegrundsatz den Erlass beschränkender Maßnahmen rechtfertigt, selbst wenn es sich als unmöglich erweist, das Bestehen oder den Umfang des behaupteten Risikos mit Sicherheit festzustellen, weil die Ergebnisse der durchgeführten Studien unzureichend, unschlüssig oder ungenau sind, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die Gesundheit der Bevölkerung aber fortbesteht, falls das Risiko eintritt (Urteile vom 10. April 2014, Acino/Kommission, C‑269/13 P, EU:C:2014:255, Rn. 58, und vom 3. Dezember 2015, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, C‑82/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:796, Rn. 22).

89      Im vorliegenden Fall hat der CHMP das Bestehen eines Risikos aber dadurch, dass er der zweiten Empfehlung des PRAC die beiden vorgenannten Nuancen hinzugefügt hat, nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Der CHMP hat zwar – wie vor ihm auch der PRAC – eingeräumt, dass beim Menschen keine Nebenwirkungen als Folge der Anreicherung von Gadolinium im Gehirn nachgewiesen worden seien, obwohl dieses Arzneimittel in großem Umfang verwendet worden sei. Gleichwohl hat der CHMP nicht den Standpunkt des PRAC in Frage gestellt, dass erstens die Langzeitdaten zur Sicherheit begrenzt seien, zweitens die mit dieser Anreicherung möglicherweise in Verbindung zu bringenden Nebenwirkungen verzögert und subtil auftreten könnten und drittens ihre Spontanmeldung von verschiedenen Zufälligkeiten abhängen könne. Der CHMP hat zwar eingeräumt, dass neurologische Nebenwirkungen wie z. B. kognitive oder motorische Störungen nicht nachgewiesen worden seien, zugleich aber anerkannt, dass ein Risiko von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Krankheiten bestehe, und zwar angesichts der Daten, die auf eine Dechelation linearer Wirkstoffe in vivo hindeuteten, sowie der nicht-klinischen Daten, die auf die Toxizität von dechelatiertem Gadolinium hinwiesen.

90      Der Vollständigkeit halber ist einzuräumen, wie die Kommission in ihren Verfahrensschriftsätzen geltend macht, dass der CHMP mit der Verwendung des Adjektivs „möglich“ anstelle des vom PRAC verwendeten Begriffs „anzunehmen“ vermeiden wollte, bei den Patienten Angstzustände hervorzurufen, ohne jedoch in der Sache vom Standpunkt des PRAC abzuweichen, zumal er dessen Empfehlung, die Zulassungen von Kontrastmitteln auf der Basis linearen Gadoliniums auszusetzen, bestätigt hat.

91      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen können die Ersetzung des Begriffs „anzunehmen“ durch das Adjektiv „möglich“ und die Streichung des Adverbs „bislang“, die der CHMP in der Empfehlung des PRAC vorgenommen hat, für die Anwendung von Art. 116 der Richtlinie 2001/83 und des Vorsorgeprinzips nicht als bedeutsam angesehen werden. Sie können die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses somit nicht in Frage stellen.

2)      Zu den anderen als neurologischen Risiken

92      Was die anderen als neurologischen Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Gadolinium als Kontrastmittel anbelangt, weist die Klägerin darauf hin, dass der CHMP von der Feststellung des PRAC, dass das Auftreten von Hautplaques Folge einer Exposition gegenüber linearem Gadolinium sei, mit der Begründung abgewichen sei, dass diese Feststellung auf einer begrenzten Zahl von Fällen beruhe. Die Klägerin macht ferner geltend, der Umstand, dass Gadolinium bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz nephrogene systemische Fibrosen zur Folge haben könne, reiche nicht aus, um die Schlussfolgerung zu bestätigen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan ungünstig sei, weil der CHMP bereits im Jahr 2010 zu dem Schluss gekommen sei, dass das Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose hinreichend berücksichtigt und durch Warnhinweise und Verwendungsbeschränkungen neutralisiert worden sei, weil dieses Gutachten sechs Jahre später vom PRAC im Rahmen des Verfahrens der einheitlichen Bewertungsverfahrens der RAUB bestätigt worden sei und weil eine Zulassung, wie bereits dargelegt, in Anwendung des Vorsorgeprinzips nur ausgesetzt werden könne, wenn neue Daten vorlägen, die es im vorliegenden Fall nicht gebe. Daraus folge, dass andere als neurologische Nebenwirkungen kein relevanter Grund für die Aussetzung der Zulassung von Omniscan sein könnten.

93      In der zweiten Empfehlung des PRAC stellte das Risiko des Auftretens von Hautplaques nach einer Gadoliniumexposition jedoch nur einen Grund von zweitrangiger Bedeutung dar. Außerdem entlehnt der angefochtene Beschluss seine Begründung aus dem Gutachten des CHMP und nicht aus der Empfehlung des PRAC. Dieses Gutachten stützt sich seinerseits im Wesentlichen auf die Anreicherung von linearen Gadolinium im Gehirn und auf das Risiko neurotoxischer Wirkungen, die diese Anreicherung mit sich bringen kann. Daher kann der Umstand, dass sich der CHMP die Auffassung des PRAC in Bezug auf das Risiko des Auftretens von Hautplaques nicht zu eigen gemacht hat, die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses nicht berühren.

94      Das Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose wird lediglich insoweit herangezogen, als es die Toxizität des Gadoliniums in Geweben bestätigt, und stellt ebenfalls keinen ausschlaggebenden Grund für den angefochtenen Beschluss dar. Darüber hinaus ist bereits dargelegt worden (siehe oben, Rn. 64), dass schon zuvor bekannte Daten ohne Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip und gegen Art. 116 der Richtlinie 2001/83 berücksichtigt werden können, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, lediglich herangezogen werden, um die Auffassung, zu der die Behörde auf der Grundlage neuer Daten gelangt ist, zu bestärken.

95      Nach alledem sind die von der Klägerin im Hinblick auf andere als neurologische Risiken erhobenen Rügen nicht geeignet, den angefochtenen Beschluss rechtswidrig zu machen.

c)      Zur Bewertung des Nutzens von linearem Gadolinium und von Omniscan im Besonderen

96      Die Klägerin macht geltend, die zuständigen Behörden hätten den Nutzen berücksichtigen müssen, den Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion und in Bezug auf Überempfindlichkeitsreaktionen biete.

1)      Zum Nutzen von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion

i)      Zu den medizinischen Argumenten

97      Die Klägerin trägt vor, dass Omniscan im Vergleich zu anderen Kontrastmitteln einen speziellen Vorteil für die Bildgebung der myokardialen Perfusion biete, der PRAC diesen Vorteil aber außer Acht gelassen habe, indem er in seiner zweiten Empfehlung ausgeführt habe, dass die Indikation für eine Ganzkörper-MRT, die zugunsten der meisten anderen gadoliniumhaltigen Arzneimittel bestehe, auch die Bildgebung des Herzens einschließlich der Bildgebung der myokardialen Perfusion umfasse.

98      Es bestünden aber erhebliche Unterschiede zwischen einer Ganzkörper-MRT und einer Bildgebung der myokardialen Perfusion, die präziser und effizienter sei, um Personen mit einem Herzinfarktrisiko zu erkennen, die Patienten zu verwalten und einen etwaigen letalen Ausgang zu verhindern. Außerdem unterschieden sich die Dosierungen und die Verabreichungsvorschriften für eine Ganzkörper-MRT und für eine myokardiale Perfusionsbildgebung. Folglich laufe die Feststellung des PRAC, dass die Indikation für eine Ganzkörper-MRT die Bildgebung des Herzens umfasse, darauf hinaus, den Ärzten nahezulegen, die Zulassungen zu ignorieren, die von denjenigen Mitgliedstaaten erteilt worden seien, die Omniscan ausdrücklich als einziges gadoliniumhaltiges Kontrastmittel für die Bildgebung der myokardialen Perfusion zugelassen hätten. Die Entscheidung, ein Arzneimittel außerhalb seiner Indikationen zu verschreiben, sei jedoch allein Sache des verschreibenden Arztes.

99      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihr Vorbringen zum Nutzen von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion sowohl auf medizinische Erwägungen stützt, denen die Kommission mit gleichartigen Argumenten entgegentritt, als auch auf die wissenschaftliche Literatur. Wie bereits dargelegt (siehe oben, Rn. 51), darf das Gericht seine eigene Beurteilung aber nicht an die Stelle der Beurteilungen durch den PRAC und den CHMP setzen, und seine Kontrolle erstreckt sich nur darauf, ob diese Ausschüsse ordnungsgemäß vorgegangen sind, sowie auf die Schlüssigkeit und die Begründung ihrer Empfehlungen und Gutachten. Folglich kann das Gericht nicht prüfen, ob die Behauptungen der Klägerin zutreffen.

100    Daher kann das Gericht auch nicht über das Argument der Klägerin befinden, der vom PRAC und vom CHMP eingenommene Standpunkt zur Bildgebung der myokardialen Perfusion laufe darauf hinaus, den Ärzten nahezulegen, die Zulassungen zu ignorieren, die von denjenigen Mitgliedstaaten erteilt worden seien, die Omniscan ausdrücklich als gadoliniumhaltiges Kontrastmittel für diese Bildgebung zugelassen hätten. Dieses Argument der Klägerin geht nämlich von der Prämisse aus – zu der sich das Gericht nicht äußern kann –, dass die Indikation für die Bildgebung der myokardialen Perfusion eigenständig sei und nicht als ein Unterfall der Indikation für den ganzen Körper angesehen werden könne.

101    Jedenfalls weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass ein Ausschuss wie der PRAC oder der CHMP, wenn er mit Fällen von Unionsinteresse befasst ist, im Rahmen des Verfahrens nach Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 auf europäischer Ebene seine eigene Bewertung des betreffenden Arzneimittels vornehmen muss, die unabhängig von der Bewertung durch die nationalen Behörden ist, die ihm nicht entgegengehalten werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2015, PP Nature-Balance Lizenz/Kommission, C‑82/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:796, Rn. 36 und 37).

ii)    Zu den anderen als medizinischen Argumenten

102    Im Anschluss an Argumente, die eine wissenschaftliche Beurteilung erfordern, trägt die Klägerin weitere Rügen vor, die sich auf die Beachtung der Leitlinien, auf einen Verstoß gegen die Pflicht zu vollständiger Prüfung sowie auf einen Sachverhaltsirrtum beziehen, die das Gericht zu prüfen habe.

–       Hinsichtlich des Vorteils von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion

103    Die Klägerin macht erstens geltend, dass der PRAC und der CHMP die Bedeutung der Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion außer Acht gelassen und somit gegen die Leitlinien für die gute Pharmakovigilanz-Praxis verstoßen hätten, denen zufolge das Nutzen-Risiko-Verhältnis für jede Indikation zu bewerten sei.

104    Der PRAC und der CHMP haben jedoch die spezifische Indikation, die Omniscan in einigen Ländern für die Bildgebung der myokardialen Perfusion hatte, sehr wohl berücksichtigt. Bei der Beurteilung dieser Indikation haben der PRAC und der CHMP jedoch die Auffassung vertreten, weil diese Bildgebung aus medizinischer Sicht von der Indikation für den ganzen Körper umfasst sei – was das Gericht, wie dargelegt, nicht zu prüfen hat –, könne diese Indikation das Nutzen-Risiko-Verhältnis, das auf der Anreicherung von linearem Gadolinium im Gehirn und dem Risiko der Toxizität dieser Anreicherung beruhe, nicht in eine günstige Richtung drehen.

105    Zweitens trägt die Klägerin vor, nichts weise darauf hin, dass ihre Ausführungen zur Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, die sie in ihrem Antrag auf Überprüfung vorgebracht habe, vom PRAC in seiner zweiten Empfehlung und im Anschluss daran vom CHMP berücksichtigt worden seien.

106    In seiner ersten Empfehlung hatte der PRAC die „alleinige“ Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion mit der Begründung als irrelevant angesehen, dass eine Indikation für eine Ganzkörper-MRT die Bildgebung des Herzens einschließlich der Bildgebung der myokardialen Perfusion umfasse.

107    In ihrem Antrag auf Überprüfung hat die Klägerin zunächst dargelegt, dass sie nicht behaupte, Omniscan habe eine „alleinige“ Indikation für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, weil auch Multihance (Gadobensäure) in bestimmten Ländern und Gadovist (Gadobutrol) in Polen eine Zulassung für diese Verwendung erhalten hätten. Sodann hat die Klägerin geltend gemacht, mit seiner Auffassung, dass eine Indikation für eine Ganzkörper-MRT die Bildgebung der myokardialen Perfusion umfasse, habe der PRAC die Tatsache verkannt, dass diese Bildgebung die Verabreichung eines Stressmedikaments erfordere und keine anatomische, sondern eine funktionelle Untersuchung darstelle, die für die Detektion einer Myokardischämie unerlässlich sei.

108    In seiner zweiten Empfehlung verblieb der PRAC dabei, dass die Klägerin behauptet habe, Omniscan verfüge über eine alleinige Indikation für die Bildgebung der myokardialen Perfusion. Auch wenn diese Aussage nicht eindeutig ist, ist sie gleichwohl nicht geeignet, den angefochtenen Beschluss rechtswidrig zu machen, weil die Klägerin in ihren Verfahrensschriften selbst erklärt, dass für Omniscan in vier Mitgliedstaaten, nämlich Kroatien, Zypern, Portugal und Rumänien, eine solche „alleinige“ Indikation bestehe.

109    Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass der PRAC in seiner zweiten Empfehlung eingeräumt hat, dass – wie die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen hat – das Hauptziel bei der Bildgebung der myokardialen Perfusion in der Detektion einer Myokardischämie bestehe, wobei eine Bildgebung in Ruhe mit einer solchen unter Stressbelastung kombiniert und zu diesem Zweck ein dynamisches Bildgebungsverfahren angewandt werde. Sodann hat der PRAC festgestellt, dass in den verfügbaren Unterlagen erwähnt werde, dass Omniscan für die Ganzkörper-MRT im Allgemeinen, aber auch speziell für andere Untersuchungen indiziert sei, wie z. B. für die Beurteilung koronarer Herzkrankheiten durch die Bildgebung der myokardialen Perfusion, was durch die von der Klägerin vorgelegte Zusammenfassung der Produkteigenschaften im Vereinigten Königreich bestätigt wird. Der PRAC hat daraus den Schluss gezogen, dass die Ganzkörper-MRT tatsächlich die Bildgebung der myokardialen Perfusion umfasse. Er hat darüber hinaus ausgeführt, dass diese Schlussfolgerung im Einklang mit der Einschätzung der konsultierten Experten stehe, denen zufolge lineare und makrozyklische Kontrastmittel bei der Bildgebung des Herzens frei austauschbar seien, so dass hinsichtlich ihres klinischen Nutzens kein nachgewiesener Unterschied bestehe.

110    Außerdem hat der Berichterstatter des PRAC darauf hingewiesen, dass die Klägerin keine chemischen oder physiologischen Gesichtspunkte vorgebracht habe, die ihre Ansicht stützten, dass vergleichbare Ergebnisse, wie sie mit Omniscan erzielt werden könnten, mit anderen Kontrastmitteln nicht zu erzielen seien. Hierzu hat der Berichterstatter ausgeführt, es sei bereits nachgewiesen worden, dass mit Multihance und Gadovist vergleichbare Ergebnisse erzielt werden könnten.

111    Daraus folgt, dass die Klägerin ohne Erfolg geltend macht, ihre Ausführungen zur Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, die sie in ihrem Antrag auf Überprüfung vorgebracht habe, seien nicht berücksichtigt worden.

112    Drittens macht die Klägerin geltend, der PRAC und der CHMP hätten die Vorteile von Omniscan bagatellisiert, indem sie argumentiert hätten, dass es nicht das einzige Kontrastmittel sei, das für die Bildgebung der myokardialen Perfusion indiziert sei, weil Gadovist, ein Kontrastmittel auf Basis von makrozyklischem Gadolinium, in Deutschland eine Ganzkörperindikation habe, die anerkanntermaßen auch diese Art der Bildgebung umfasse. Das Unternehmen, das die Zulassung beantragt habe, soll jedoch nach dem Vorbringen der Klägerin wegen der Bedenken, die einige Mitgliedstaaten geäußert hätten, in Wirklichkeit darauf verzichtet haben, eine spezifische Zulassung für die Bildgebung der myokardialen Perfusion zu beantragen. Folglich könne aus der Tatsache, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: deutsches Institut) Gadovist für die Ganzkörper-MRT zugelassen habe, nicht abgeleitet werden, dass dieses Institut auch die Eignung von Gadovist für die Bildgebung der myokardialen Perfusion anerkannt habe.

113    Hierzu ist festzustellen, dass der Mitberichterstatter des PRAC in seiner vorläufigen Bewertung der Gründe für die Überprüfung der ersten Empfehlung des PRAC tatsächlich der Ansicht war, dass die Indikation von Gadovist für die Bildgebung der myokardialen Perfusion in Deutschland unter dem Begriff „Ganzkörper“ erfasst worden sei.

114    Aus dem Beurteilungsbericht des deutschen Instituts geht hervor, dass Gadovist eine spezifische Indikation für die Magnetresonanzbildgebung des Schädels, des Rückenmarks, der Leber und der Nieren gehabt und der Inhaber dieser Zulassung am 13. September 2011 beantragt habe, diese Indikation auf den ganzen Körper zu erweitern.

115    In seiner Erörterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse hat der Berichterstatter des deutschen Instituts u. a. darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Gadovist für bestimmte Teile des Körpers wie z. B. Bauchspeicheldrüse, Dickdarm oder Prostata nicht dokumentiert und für andere, wie die Gebärmutter, umstritten sei, während für die Magnetresonanzbildgebung des Herzens, einschließlich der Perfusionsbildgebung, ausreichende Belege vorlägen. Da der Inhaber der Zulassung jedoch eine Erweiterung der Indikation auf den ganzen Körper beantragt habe, hat der Berichterstatter klargestellt, dass diese Organe in der Liste der Indikationen nicht mehr aufgeführt würden. Einige Mitgliedstaaten haben im Rahmen dieses Verfahrens Fragen aufgeworfen. Insbesondere ein Mitgliedstaat vertrat die Auffassung, dass unter den beantragten Indikationen für den „ganzen Körper“ die für das Herz besondere Beachtung verdiene und insbesondere ein Vergleich der kardialen Magnetresonanz mit anderen Untersuchungsverfahren angebracht sei. Im Hinblick auf die Antworten des Zulassungsantragstellers ist dieser Punkt als erledigt angesehen worden.

116    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin geht daher aus diesem Bericht nicht eindeutig hervor, dass der Inhaber der Zulassung von Gadovist mit Rücksicht auf die Bedenken einiger Staaten darauf verzichtet habe, eine spezifische Zulassung für die Bildgebung der myokardialen Perfusion zu beantragen. Die Behauptungen der Klägerin hierzu sind im Übrigen im Konjunktiv formuliert. Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass der Mitberichterstatter des PRAC in seiner vorläufigen Bewertung der Gründe für die Überprüfung der ersten Empfehlung des PRAC bestätigt hat, dass das deutsche Institut aufgrund von Studien die Indikation von Gadovist für die Bildgebung der myokardialen Perfusion unter dem Begriff „Ganzkörper“ anerkannt habe. Da dieser Mitberichterstatter Mitglied dieses Instituts war, ist es unwahrscheinlich, dass er dessen Standpunkt missverstanden haben könnte.

117    Nach alledem ist festzustellen, dass nicht erwiesen ist, dass der PRAC und der CHMP den Vorteil von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion außer Acht gelassen hätten, indem sie zu Unrecht davon ausgegangen seien, dass Gadovist in Deutschland eine Indikation für den ganzen Körper gehabt habe, die anerkanntermaßen auch diese Art der Bildgebung umfasse.

–       Hinsichtlich des Vorteils von Omniscan in Bezug auf das Risiko von Überempfindlichkeitsreaktionen

118    Die Klägerin macht ferner geltend, der PRAC und der CHMP hätten den Vorteil linearen Gadoliniums in Bezug auf die Häufigkeit von Überempfindlichkeitsreaktionen auf diese Art von Kontrastmitteln falsch bewertet. Sie trägt vor, dass Omniscan insbesondere in dieser Hinsicht besser verträglich sei als die makrozyklischen Arzneimittel.

119    Wie bereits oben in Rn. 51 dargelegt, ist es aber nicht Sache des Gerichts, die Beurteilung des PRAC und des CHMP durch seine eigene zu ersetzen. Folglich kann es die wissenschaftliche Kontroverse zwischen der Klägerin und diesen Ausschüssen in Bezug auf die möglichen Vorteile eines Kontrastmittels wie Omniscan im Vergleich zu anderen Arzneimitteln auf der Basis makrozyklischen Gadoliniums nicht entscheiden.

120    Die Klägerin macht jedoch geltend, dass der PRAC und anschließend der CHMP eine von der Klägerin vorgelegte Metaanalyse von Professor P., die die bessere Verträglichkeit von Kontrastmitteln auf der Basis linearen Gadoliniums im Vergleich zu makrozyklischen Arzneimitteln bestätige, nicht geprüft hätten.

121    Aus seiner zweiten Empfehlung geht indessen hervor, dass der PRAC diese Metaanalyse berücksichtigt hat, ihr aber nicht gefolgt ist, weil sie, wie andere Studien auch, einer Reihe erheblicher Einschränkungen unterlegen habe, die ihre Konzeption, ihre Abhängigkeit von der Aufzeichnung von Nebenwirkungen und die Möglichkeit von Meldelücken oder von Meldungen beträfen, die auf Änderungen in der Verwendung der Produkte zurückgingen. Im Einzelnen hat der Mitberichterstatter des PRAC in seinem aktualisierten Beurteilungsbericht vom 30. Juni 2017 ausgeführt, dass die Metaanalyse von Professor P. auf einer Auswahl nachträglich mitgeteilter Nebenwirkungen beruhe, während allgemein bekannt sei, dass den Gesundheitsbehörden nur ein kleiner Teil der aufgetretenen Nebenwirkungen angezeigt werde, so dass diese spontanen Meldungen über Nebenwirkungen für eine quantitative Analyse und einen Vergleich zwischen den Arzneimitteln nicht verwendet werden könnten.

d)      Ergebnis bezüglich des ersten und des zweiten Klagegrundes

122    Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die zweite Empfehlung des PRAC und das Gutachten des CHMP fehler- oder lückenhaft gewesen seien.

123    Daher sind der erste und der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich ist, das letzte, im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachte Argument der Klägerin zu prüfen, dem zufolge die behaupteten Fehler und Versäumnisse des PRAC und des CHMP nicht durch den Umstand kompensiert werden könnten, dass die Mitgliedstaaten die Aussetzung der Zulassung von Omniscan gemäß Art. 3 des angefochtenen Beschlusses für zwölf Monate zurückstellen könnten.

2.      Dritter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung

124    Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus vier Gründen, die darauf beruhten, dass ihre Wettbewerber in den Genuss einer bevorzugten Behandlung der Kontrastmittel gekommen seien, für die sie eine Zulassung hätten.

125    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung nach ständiger Rechtsprechung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 12. Juni 2015, Health Food Manufacturers’ Association u. a./Kommission, T‑296/12, EU:T:2015:375, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).

a)      Erster Fall behaupteter Diskriminierung

126    Einen ersten Fall der Diskriminierung sieht die Klägerin in dem Umstand, dass die Zulassung von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium ausgesetzt worden ist, während eine vergleichbare Maßnahme gegen Kontrastmittel auf der Basis von makrozyklischem Gadolinium nicht getroffen wurde. Sie macht geltend, für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen objektiven Grund, weil es keinen Beweis für eine durch die Gadoliniumretention im Gehirn verursachte Schädigung gebe und der CHMP überdies die Auffassung vertreten habe, dass solche Schädigungen nicht „anzunehmen“ seien. Diese unterschiedliche Behandlung beruhe in der Tat allein auf der Prämisse, dass das Gehirn Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium länger speichere als solche auf der Basis von makrozyklischem Gadolinium. Diese Behauptung sei aber nicht untermauert.

127    Aus den vorstehenden Rn. 69 bis 71 ergibt sich jedoch, dass der PRAC festgestellt hat, dass wissenschaftliche Daten zum einen zeigten, dass das Gehirn Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium länger speichere als solche auf der Basis von makrozyklischem Gadolinium, und zum anderen den Schluss zuließen, dass die Exposition gegenüber linearem Gadolinium wegen dessen geringerer Stabilität im Vergleich zu makrozyklischem Gadolinium ein potenzielles Toxizitätsrisiko aufweise.

128    Außerdem ergibt sich aus den vorstehenden Rn. 86 und 91, dass der vom CHMP vorgenommenen Ersetzung des vom PRAC verwendeten Begriffs „anzunehmen“ durch das Adjektiv „möglich“ keine entscheidende Bedeutung zukommt.

129    Unter diesen Umständen durfte die Kommission davon ausgehen, dass die beiden Arten von Gadolinium hinreichend unterschiedliche Merkmale aufwiesen, um eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen. Somit hat sie nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verstoßen.

b)      Zweiter Fall behaupteter Diskriminierung

130    Einen zweiten Fall der Diskriminierung sieht die Klägerin in dem Umstand, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss die Zulassung von Omniscan ausgesetzt hat, nicht aber die Zulassung von Magnevist (Gadopentetsäure), obwohl es sich bei beiden um Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium handelt. Im Hinblick auf Magnevist sehe der angefochtene Beschluss in seinem Art. 4 lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Bewertung der Wirksamkeit und der Sicherheit von Gadopentetsäure enthaltenden Kontrastmitteln die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen des CHMP berücksichtigen müssten.

131    Die Klägerin macht geltend, da es keinen Beweis dafür gebe, dass die Retention von linearem Gadolinium im Gehirn Schäden verursache, sei es objektiv nicht gerechtfertigt, zwischen Magnevist und anderen Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium allein deshalb zu unterscheiden, weil Magnevist niedriger dosiert verabreicht werde.

132    Wie bereits oben in den Rn. 71 und 73 dargelegt, durfte der PRAC aufgrund der wissenschaftlichen Daten vom Vorliegen ernsthafter und stichhaltiger Anhaltspunkte dafür ausgehen, dass die Anreicherung linearen Gadoliniums im Gehirn ein neurotoxisches Risiko darstellt. In seiner zweiten Empfehlung hat der PRAC außerdem darauf hingewiesen, dass Studien gezeigt hätten, dass Magnevist, ebenso wie Omniscan, nach seiner Verabreichung im Gehirn nachweisbar sei. Der PRAC hat jedoch auch festgestellt, dass Magnevist als Kontrastmittel für die Arteriografie in einer 200 Mal niedrigeren Dosis verwendet wird als andere intravenös injizierte Kontrastmittel wie Omniscan. Darüber hinaus hat der PRAC festgestellt, dass die Patienten in diesem Fall in der Regel nur einmal gegenüber diesem Arzneimittel exponiert würden, während dies gegenüber Omniscan mehrfach geschehen könne.

133    Aufgrund dieses Unterschieds in der Verabreichung der beiden Arzneimittel durften der PRAC, der CHMP und anschließend die Kommission unterschiedliche Ansätze verfolgen, insbesondere zwischen Magnevist und Omniscan unterscheiden, und ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung davon ausgehen, dass die Mitgliedstaaten lediglich aufzufordern waren, die Schlussfolgerung zu berücksichtigen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Magnevist im Falle einer intraartikulären Injektion positiv bleibt.

c)      Dritter Fall behaupteter Diskriminierung

134    Einen dritten Fall der Diskriminierung sieht die Klägerin in dem Umstand, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss die Zulassung von Omniscan ausgesetzt hat, nicht aber die Zulassungen von Multihance und Primovist (Gadoxetsäure), obwohl es sich bei allen um Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium handelt. Im Hinblick auf Multihance und Primovist sehe der angefochtene Beschluss in seinem Art. 4 lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Bewertung der Wirksamkeit und der Sicherheit von Gadobensäure oder Gadoxetsäure enthaltenden Kontrastmitteln die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen des CHMP berücksichtigen müssten.

135    Die Klägerin macht insoweit geltend, da der PRAC und der CHMP der Auffassung gewesen seien, dass Multihance und Primovist wegen ihres Nutzens für die Leberbildgebung ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis aufwiesen, sei es diskriminierend, die spezifische Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion nicht als ebenso vorteilhaft anzusehen.

136    Es ist festzustellen, dass diese Rüge auf der Prämisse beruht, dass Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion von besonderem Belang sei. Der PRAC und der CHMP haben dies jedoch bestritten, und es ist daran zu erinnern (siehe oben, Rn. 99), dass es nicht Sache des Gerichts ist, die wissenschaftliche Kontroverse zwischen den Parteien zu der Frage zu entscheiden, ob u. a. wesentliche Unterschiede zwischen der „Ganzkörper“-Bildgebung und der Bildgebung der myokardialen Perfusion bestehen. Darüber hinaus ergibt sich aus der Prüfung der ersten beiden Klagegründe (siehe Rn. 113 bis 117), dass nicht erwiesen ist, dass die Feststellung des PRAC, eine Indikation für den „ganzen Körper“ umfasse die Omniscan in vier Mitgliedstaaten zuerkannte Indikation für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, fehlerhaft war.

137    Andererseits hat der PRAC darauf hingewiesen, dass Multihance und Primovist ihrerseits für die Spätphase der Bildgebung (delayed phase imaging) schwach vaskularisierter Leberläsionen, die sich mit anderen gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln nicht realisieren lasse, von Nutzen seien und so eine frühe Diagnose potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen ermöglichten. Unter diesen Umständen und trotz der Risiken, die sich aus der Anreicherung von Gadolinium im Gehirn ergeben, hat der PRAC das Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser beiden Arzneimittel als weiterhin günstig erachtet, soweit ihre Anwendung sich auf diese Art der Leberbildgebung beschränkt.

138    In diesem Zusammenhang ist angesichts ihrer unterschiedlichen Eigenschaften nicht ersichtlich, dass der Umstand, dass Multihance und Primovist anders behandelt wurden als Omniscan, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verstößt.

d)      Vierter Fall behaupteter Diskriminierung

139    Einen vierten Fall der Diskriminierung sieht die Klägerin in dem Umstand, dass der angefochtene Beschluss zwar darauf abziele, die Risiken für die menschliche Gesundheit zu verringern, aber wegen eines hypothetischen Risikos der Neurotoxizität Kontrastmittel auf der Basis von makrozyklischem Gadolinium gegenüber solchen auf der Basis von linearem Gadolinium bevorzuge, ohne zu berücksichtigen, dass die zuletzt genannten – und insbesondere Omniscan – ein günstigeres Sicherheitsprofil in Bezug auf das Risiko schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen aufwiesen, das zwar gering, aber gleichwohl vorhanden sei.

140    Es ist jedoch zunächst darauf hinzuweisen, dass weder der PRAC noch der CHMP noch die Kommission die Auffassung vertreten haben, dass das Risiko einer Neurotoxizität von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium hypothetisch sei. In Übereinstimmung mit dem Gutachten des CHMP, auf das sie in dem angefochtenen Beschluss Bezug nimmt, hielt die Kommission die Neurotoxizität dieser Kontrastmittel für möglich.

141    Sodann hat der PRAC zwar festgestellt, dass Studien über ein geringeres Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktion berichteten, insbesondere bei Omniscan, aber gleichwohl darauf hingewiesen, dass „die Studien [zur Überempfindlichkeit] eine Reihe erheblicher Einschränkungen aufweisen: die Konzeption der Retrospektive oder der Studie, die Abhängigkeit von der Aufzeichnung von Nebenwirkungen sowie die Möglichkeit von Meldelücken oder von Meldungen, die auf Änderungen in der Verwendung der Produkte zurückgehen“. Der PRAC hat ferner festgestellt, dass „[d]ie Rate schwerer Reaktionen sehr gering war und die Studien, die die Häufigkeit von Überempfindlichkeitsreaktionen auf [Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium] ausgewertet hatten, sämtlich berichteten, dass bei einer sehr geringen Zahl der Patienten eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion auftrat“. Zudem hat der PRAC ausgeführt, dass „[d]as Risiko der Überempfindlichkeit in den Produktinformationen gadoliniumhaltiger Kontrastmittel in angemessener Weise angesprochen [werde]“.

142    Die Klägerin legt zwar eine Veröffentlichung des American College of Radiology vom 4. April 2017 mit dem Titel „Antworten auf die Empfehlungen des PRAC“, eine Erklärung von Professor A. sowie eine Metaanalyse von Professor P. vor, aus denen hervorgeht, dass lineares Gadolinium im Hinblick auf das Risiko einer Überempfindlichkeit ein günstigeres Sicherheitsprofil als makrozyklisches Gadolinium aufweisen soll.

143    Es ist jedoch nicht Sache des Gerichts, den angefochtenen Beschluss unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu überprüfen (siehe oben, Rn. 51). Außerdem war der PRAC, wie bereits dargelegt (siehe oben, Rn. 121), der Ansicht, dass die Metaanalyse von Professor P. erhebliche Einschränkungen aufweise. Ferner beschränkt sich die Veröffentlichung des American College of Radiology auf die summarische Feststellung, dass lineare Kontrastmittel „ein geringeres Risiko akuter Reaktionen aufweisen als makrozyklische Kontrastmittel“, ohne diese Schlussfolgerung zu untermauern. Die Erklärung von Professor A. wurde nach dem angefochtenen Beschluss abgegeben und konnte daher vom PRAC, vom CHMP und von der Kommission nicht berücksichtigt werden. Außerdem sind ihre Objektivität und ihre Beweiskraft nicht erwiesen, weil sie ausdrücklich zur Stützung der von der Klägerin erhobenen Klage abgegeben wurde.

144    Daher nicht zu erkennen, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verstoßen hätte, indem sie Kontrastmittel auf der Grundlage von makrozyklischen Gadolinium und solche auf der Grundlage von linearem Gadolinium unterschiedlich behandelte, weil diese unterschiedliche Eigenschaften haben.

145    Nach alledem ist der dritte Klagegrund unbegründet.

3.      Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

146    Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss selbst dann gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, wenn festgestellt werden sollte, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Kontrastmitteln auf der Grundlage von linearem Gadolinium ungünstig sei.

147    Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, nach ständiger Rechtsprechung verlangt, dass die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist, und die Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. Urteil vom 7. März 2013, Acino/Kommission, T‑539/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:110, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).

148    Zur Stützung ihres Klagegrundes trägt die Klägerin erstens vor, dass die Aussetzung der Zulassung von Omniscan nicht erforderlich gewesen sei. Insoweit weist sie darauf hin, dass die Kommission eine Etikettierung und Warnhinweise für ausreichend gehalten habe, um die tatsächlichen Risiken nephrogener systemischer Fibrosen und akuter Überempfindlichkeitsreaktionen, die alle gadoliniumhaltigen Kontrastmittel aufwiesen, zu neutralisieren; im Widerspruch dazu habe sie aber die Zulassungen von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium ausgesetzt, um ein rein hypothetisches Risiko zu vermeiden, das mit der Retention dieser Arzneimittel im Gehirn verbunden sei.

149    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin erneut zu Unrecht behauptet (siehe oben, Rn. 140), die Kommission habe den angefochtenen Beschluss auf ein rein hypothetisches Toxizitätsrisiko von linearem Gadolinium gestützt.

150    Außerdem hat der PRAC auf eine Anregung der Klägerin hin andere, weniger strikte Maßnahmen zur Risikominimierung als die Aussetzung der Zulassung von Kontrastmitteln auf der Basis von linearem Gadolinium in Betracht gezogen, sie aber für undurchführbar oder unzureichend befunden. Der CHMP hat sich seiner Meinung angeschlossen.

151    Im Hinblick auf eine mögliche Aktualisierung der Informationen über Omniscan war der PRAC der Auffassung, dass die Anreicherung im Gehirn ein inhärentes Merkmal intravenös injizierter gadoliniumhaltiger Kontrastmittel sei und eine dahin gehende Information nicht zur Verringerung der mit dieser Anreicherung verbundenen Risiken führen würde.

152    Der PRAC hat ferner ausgeführt, dass es nicht möglich sei, die Verwendung von Omniscan auf bestimmte Patientengruppen zu beschränken, wie dies im Hinblick auf das Risiko nephrogener systemischer Fibrosen geschehen oder von 19 Mitgliedstaaten sowie von Island und Norwegen vorgeschlagen worden sei, weil derzeit keine Gruppe mit einem geringeren Risiko einer Anreicherung im Gehirn identifiziert werden könne.

153    Darüber hinaus war der PRAC der Ansicht, dass es im klinischen Umfeld unrealistisch sei, die Anzahl der einem Patienten im Laufe seines Lebens verabreichten Dosen begrenzen oder Maßnahmen ergreifen zu wollen, die die Häufigkeit und den Zeitpunkt der Injektionen betreffen, weil Expositionen gegenüber Gadolinium möglicherweise nicht aufgezeichnet würden, insbesondere im Fall eines Wechsels des Radiologen oder des praktischen Arztes.

154    Schließlich vertrat der PRAC die Auffassung, dass Beschränkungen der Anwendung von Omniscan die Bevölkerung dennoch weiterhin einem Risiko aussetzen würden, weil sichere Schwellenwerte für eine Retention von dechelatiertem Gadolinium im Gehirn und anderen Körpergeweben nicht bekannt seien und es nicht möglich sei, einen Zeitraum zu definieren, innerhalb dessen sich keine potenziellen Nebenwirkungen manifestierten.

155    Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der angefochtene Beschluss widersprüchlich und unverhältnismäßig sei, weil die Kommission eine Etikettierung und Warnhinweise für ausreichend befunden habe, um das Risiko nephrogener systemischer Fibrosen und akuter Überempfindlichkeitsreaktionen zu minimieren, zugleich aber die Aussetzung der Zulassungen für die meisten Kontrastmittel auf der Basis von linearem Gadolinium angeordnet habe, um ein Risiko im Zusammenhang mit der Anreicherung dieser Arzneimittel im Gehirn zu vermeiden.

156    Zur Stützung ihres Klagegrundes trägt die Klägerin zweitens vor, die Aussetzung der Zulassung von Omniscan sei nicht angemessen gewesen. Sie macht insoweit geltend, dass sich die Unverhältnismäßigkeit des angefochtenen Beschlusses daraus ergebe, dass er zum einen zum Verlust ihrer in vier Mitgliedstaaten anerkannten spezifischen Indikation für die Bildgebung der myokardialen Perfusion und zum anderen dazu führe, dass ein Arzneimittel, das sich im Vergleich zu anderen durch eine geringere Häufigkeit von Überempfindlichkeitsreaktionen auszeichne, nicht mehr zur Verfügung stehe.

157    Dieses Vorbringen stützt sich jedoch auf die Prämisse, dass Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion und im Hinblick auf das Risiko schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen von besonderem Belang sei. Da es aber nicht Sache des Gerichts ist, die diese beiden Fragen betreffende wissenschaftliche Kontroverse zwischen den Parteien zu entscheiden (siehe oben, Rn. 51, 99 und 119), kann das Gericht aus diesem behaupteten besonderen Belang auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ableiten.

158    Diese Rüge der Klägerin ist umso weniger begründet, als sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 113 bis 117) ergibt, dass nicht erwiesen ist, dass der PRAC mit seiner Feststellung, eine Indikation für den „ganzen Körper“ schließe die Indikation für die Myokard-Perfusionsbildgebung ein, einen Fehler begangen hat, zumal der PRAC, wie oben in den Rn 121 und 141 dargelegt, die Studien und die Metaanalyse von Professor P. zum Risiko einer Überempfindlichkeit mit der Begründung verworfen hat, dass sie erhebliche Einschränkungen aufwiesen.

159    Die Klägerin leitet die Ungeeignetheit des angefochtenen Beschlusses ferner daraus ab, dass er vor dem Hintergrund fehlender Nachweise neurologischer Schäden trotz millionenfacher Verschreibung den gesamten Markt für gadoliniumhaltige Kontrastmittel einer kleinen Gruppe von Herstellern von Kontrastmitteln auf der Basis makrozyklischen Gadoliniums vorbehalte, obwohl sich die zuletzt genannten Arzneimittel ebenfalls im Gehirn anreicherten.

160    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dem Schutz der öffentlichen Gesundheit im Einklang mit einem von der Rechtsprechung aufgestellten allgemeinen Grundsatz gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen unbestreitbar vorrangige Bedeutung beizumessen ist (siehe oben, Rn. 44). Außerdem haben der PRAC und der CHMP festgestellt, dass zwischen Kontrastmitteln auf der Basis linearen Gadoliniums und solchen auf der Basis makrozyklischen Gadoliniums ein Unterschied besteht und letztere eine zehnfach geringere Retention im Gehirn aufweisen als lineare Arzneimittel und dort weniger lang zurückbleiben (siehe oben, Rn. 70). Darüber hinaus haben der PRAC und der CHMP ausgeführt, dass Langzeit-Sicherheitsdaten nur begrenzt vorlägen, die mit der Anreicherung im Gehirn möglicherweise in Verbindung zu bringenden Nebenwirkungen verzögert und subtil auftreten könnten und ihre Spontanmeldung von verschiedenen Zufälligkeiten abhängen könne. Schließlich haben der PRAC und der CHMP darauf hingewiesen, dass es Studien gebe, die einen Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Gadolinium und verschiedenen Nebenwirkungen nahelegten (siehe oben, Rn. 74). Unter diesen Umständen kann aus der Tatsache, dass die Kontrastmittel vielfach injiziert wurden, ohne dass neurologische Nebenwirkungen nachzuweisen waren, nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschlossen werden.

161    Die Klägerin macht drittens geltend, die Voraussetzungen, von denen der angefochtene Beschluss die Aufhebung der Aussetzung der Zulassungen abhängig mache, seien so streng, dass diese Aussetzung einer Rücknahme der Zulassung gleichkomme. Es sei nämlich unwahrscheinlich, dass es in Zukunft gelingen könne, die derzeit nicht erwiesenen Vorteile von linearem Gadolinium festzustellen und die Retention von Gadolinium im Gewebe zu widerlegen.

162    Gemäß Art. 3 Abs. 2 und Anhang IV des angefochtenen Beschlusses kann die Aussetzung der Zulassung von Omniscan unter der Voraussetzung aufgehoben werden, dass ihr Inhaber Daten zur Verfügung stellt, aus denen sich entweder ergibt, dass ein bislang nicht nachgewiesener klinisch relevanter Nutzen besteht, der gegenüber den Risiken im Zusammenhang mit dem betreffenden Arzneimittel überwiegt, oder dass das Arzneimittel keiner signifikanten Dechelation unterliegt und nicht zu einer Gadoliniumretention in Geweben führt.

163    Die Kommission macht insoweit geltend, es sei nicht ungewöhnlich, dass sich für ein Arzneimittel Jahre nach seinem Inverkehrbringen eine neue Indikation ergebe. So könne das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Omniscan neu bewertet werden. Die Kommission trägt ferner vor, die Klägerin könne auch gewisse Änderungen der Struktur oder der Zusammensetzung ihres Arzneimittels vorschlagen, die es stabiler machten, was seine Anreicherung im Gehirn verringere.

164    Das Gericht kann jedoch weder über die Wahrscheinlichkeit spekulieren, dass für Omniscan eine neue Indikation gefunden wird, noch über die Möglichkeit, die Struktur oder Zusammensetzung von Omniscan zu ändern.

165    Außerdem räumt die Kommission in ihren Verfahrensschriftsätzen ein, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass Ergebnisse von Beobachtungsstudien, mit denen Bedenken hinsichtlich der Toxizität linearen Gadoliniums ausgeräumt werden sollen, innerhalb angemessener Frist verfügbar sein würden, und zwar in Anbetracht der Heterogenität der mit einer MRT untersuchten Patientenpopulation, der Anzahl der für solche Studien erforderlichen Patienten und der methodologischen Beschränkungen solcher Studien. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass interventionelle klinische Studien, in denen die Auswirkungen der verschiedenen Arzneimittel verglichen werden, als unethisch angesehen werden könnten.

166    Aber selbst wenn unterstellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Aussetzung der Zulassung von Omniscan nur schwer erfüllbar sind, ändert das nichts daran, dass diese Aussetzung im Licht der vorstehenden Rn. 155 bis 160 nicht unverhältnismäßig erscheint.

167    Der vierte Klagegrund ist daher nicht begründet.

4.      Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

168    Die Klägerin macht erstens geltend, dass das Verfahren nicht unparteiisch gewesen sei, und zweitens, dass die betroffenen Stellen nicht alle von ihr abgegebenen Erklärungen umfassend geprüft hätten.

a)      Zur Unparteilichkeit des Verfahrens

169    Die Klägerin macht geltend, der Grundsatz der Unparteilichkeit sei dadurch verletzt worden, dass Professor T. der Sachverständigengruppe angehört habe, deren Gutachten in der ersten Empfehlung des PRAC verwendet worden sei. Professor T. sei in einer u. a. gegen die Klägerin gerichteten Sammelklage auf Schadensersatz als Berater tätig geworden und in einem Verleumdungsverfahren wegen seiner Erklärungen über Omniscan ihr persönlicher Prozessgegner gewesen.

170    Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sind zur Beachtung der vom Unionsrecht garantierten Grundrechte verpflichtet, zu denen der in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Grundsatz der guten Verwaltung gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 154).

171    Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte bestimmt u. a., dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch behandelt werden.

172    Hierzu ist festzustellen, dass das Erfordernis der Unparteilichkeit, das den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auferlegt wird, darauf abzielt, die Gleichbehandlung zu gewährleisten, auf der die Union beruht. Diese Anforderung soll insbesondere dazu dienen, Situationen möglicher Interessenkonflikte von Beamten und sonstigen Bediensteten zu vermeiden, die im Namen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen handeln. In Anbetracht der grundlegenden Bedeutung der Gewährleistung der Unabhängigkeit und Integrität sowohl für das interne Funktionieren als auch für das Außenbild der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union umfasst das Erfordernis der Unparteilichkeit alle Umstände, bei denen der Beamte oder Bedienstete, der aufgefordert wurde, über einen Fall zu entscheiden, vernünftigerweise erkennen muss, dass sie in den Augen Dritter seine Unabhängigkeit in diesem Bereich beeinträchtigen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2007, Komninou u. a./Kommission, C‑167/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:633, Rn. 57).

173    Daher obliegt es diesen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen, dem Unparteilichkeitsgebot in seinen beiden Ausprägungen nachzukommen, zum einen der subjektiven Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Spanien/Rat, C‑521/15, EU:C:2017:982, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

174    Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass sie sich im vorliegenden Fall gerade auf einen Verstoß gegen die objektive Unparteilichkeit berufe.

175    Was speziell die zweite Ausprägung des Grundsatzes der Unparteilichkeit angeht, ist festzustellen, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, wenn mehreren von ihnen eigene und unterschiedliche Zuständigkeiten im Rahmen eines Verfahrens zukommen, das zu einer einen Rechtsunterworfenen beschwerenden Entscheidung führen kann, verpflichtet sind, jeweils soweit es sie angeht, das Gebot der objektiven Unparteilichkeit zu beachten. Folglich kann selbst in einem Fall, in dem nur eines von ihnen diesem Gebot nicht nachgekommen ist, die am Ende des betreffenden Verfahrens vom anderen getroffene Entscheidung rechtswidrig sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Spanien/Rat, C‑521/15, EU:C:2017:982, Rn. 94).

176    Das Erfordernis der Unvoreingenommenheit, dem die Organe somit unterliegen, gilt zudem auch für die insoweit hinzugezogenen Sachverständigen. Insbesondere muss ein Sachverständiger, der um Erstellung eines Gutachtens über die Wirkungen eines Arzneimittels gebeten wird, seine Aufgabe absolut unvoreingenommen erfüllen (Urteil vom 9. September 2010, Now Pharm/Kommission, T‑74/08, EU:T:2010:376, Rn. 88).

177    Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission nicht den von der Klägerin in Bezug auf Professor T. vorgetragenen Sachverhalt und räumt ein, dass dieser Sachverhalt anhand des Grundsatzes der Unparteilichkeit zu beurteilen ist und nicht anhand der Vorschriften der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) über den Umgang mit konkurrierenden Interessen von Mitgliedern der wissenschaftlichen Ausschüsse und der Sachverständigen, anhand deren die EMA ihn geprüft hat.

178    Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass das Gericht in seinem Urteil vom 9. September 2010, Now Pharm/Kommission (T‑74/08, EU:T:2010:376, Rn. 93), entschieden hat, dass sich aus der Verpflichtung zur Unparteilichkeit nicht ableiten lässt, dass ein Sachverständiger allein deswegen rechtlich daran gehindert wäre, im Rahmen eines ein Arzneimittel betreffenden Verfahrens hinzugezogen zu werden, weil er bereits ein Gutachten zu demselben Arzneimittel im Rahmen eines anderen Verfahrens erstellt hat. Nach Ansicht der Kommission war dies die Rolle von Professor T. bei der von der Klägerin angesprochenen Sammelklage. Die Kommission weist auch darauf hin, dass Professor T. nicht der Initiator, sondern lediglich der Beklagte des Verleumdungsverfahrens gewesen sei.

179    Es ist jedoch festzustellen, dass sich im vorliegenden Fall der Streit zwischen der Klägerin und Professor T. nicht auf eine bloße Divergenz der wissenschaftlichen Standpunkte eines Pharmaunternehmens und eines Sachverständigen beschränkt. Dieser Streit hat nämlich zu einem Konfliktverhältnis geführt, das sich vor allem daraus ergab, dass Professor T. bis 2010 an der Seite von Rechtsanwälten in einem u. a. gegen die Klägerin gerichteten Sammelverfahren auf Schadensersatz wegen der Schäden auftrat, die durch gadoliniumbasierte Kontrastmittel und insbesondere durch Omniscan herbeigeführt worden sein sollen. Daraus folgt, dass die im Urteil vom 9. September 2010, Now Pharm/Kommission (T‑74/08, EU:T:2010:376), gefundene Lösung nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist. Vielmehr war eine solche Intervention im Rahmen eines Rechtsstreits geeignet, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit von Professor T. in dem Verfahren aufkommen zu lassen, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat.

180    Es ist jedoch zu prüfen, ob dieser Umstand entscheidende Auswirkungen auf den Ablauf oder den Ausgang dieses Verfahrens hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Spanien/Rat, C‑521/15, EU:C:2017:982, Rn. 104).

181    Hierzu ist festzustellen, dass Professor T. weder dem PRAC noch dem CHMP angehörte, sondern nur einer vom PRAC gemäß Art. 32 der Richtlinie 2001/83 eingesetzten Sachverständigengruppe. Der PRAC hat diese Sachverständigen anhand einer Namensliste bestellt, die die Mitgliedstaaten gemäß Art. 62 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1) der EMA übermittelt hatten. Nach dem oben genannten Art. 32 hatte diese Sachverständigengruppe nur die Aufgabe, ein Gutachten für den PRAC zu erstellen, der zuvor präzisiert hatte, zu welchen speziellen Fragen sie sich äußern sollte.

182    Aus dem Protokoll der Sitzung der Sachverständigengruppe vom 5. September 2016 geht zwar hervor, dass von den 13 Mitgliedern, aus denen sie ursprünglich bestand, sechs aus verschiedenen Gründen einen Interessenkonflikt angezeigt hatten und nicht an den endgültigen Schlussfolgerungen mitwirken konnten, so dass diese Schlussfolgerungen nur von den verbleibenden Mitgliedern, darunter Professor T., angenommen wurden. Das ändert indessen nichts daran, dass die Schlussfolgerungen der Sachverständigengruppe von sieben Mitgliedern als Kollegium angenommen wurden. Das Kollegialprinzip stellt aber eine Garantie der Unparteilichkeit dar (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 19. Februar 2009, Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament, C‑308/07 P, EU:C:2009:103, Rn. 44). Außerdem deutet – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nichts darauf hin, dass Professor T. aufgrund seiner Funktion oder seiner Position einen entscheidenden Einfluss innerhalb dieser begrenzten Gruppe ausgeübt hätte. Er hatte insbesondere nicht den Vorsitz.

183    Weiter geht aus dem Protokoll der Sitzung vom 5. September 2016 hervor, dass die Sachverständigengruppe nicht speziell zu den Risiken und zum Nutzen von Omniscan Stellung genommen hat, sondern zu einer ganzen Reihe aus Gadolinium abgeleiteter Moleküle. Sie hat sich somit darauf beschränkt, aus allgemeiner Sicht zu prüfen, ob Gadolinium das Gehirn erreichen und sich dort anreichern kann, welche Risiken mit einer solchen Anreicherung verbunden sind, ob Kontrastmittel auf der Basis von linearem und von makrozyklischem Gadolinium eventuell austauschbar sind, ob Patientengruppen identifiziert werden können, für die die Exposition gegenüber Gadolinium ein erhöhtes Risiko birgt, ob die Art und Weise der Anwendung der Kontrastmittel so geändert werden kann, dass die Risiken minimiert werden, und welche Studien durchgeführt werden könnten.

184    Außerdem hat der PRAC am 19. Juni 2017 eine zweite Sachverständigengruppe konsultiert, der Professor T. nicht angehörte. Auch wenn diese zweite Gruppe ein anderes Mandat hatte als die erste, wie die Klägerin vorträgt, ändert das nichts daran, dass die zweite Gruppe sich zu den von der Klägerin vorgebrachten Gründen für eine Überprüfung geäußert hat.

185    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der PRAC sich u. a. auf rund fünfzig Studien stützte, die 2016 und 2017 veröffentlicht worden waren (siehe oben, Rn. 63) und die er sorgfältig geprüft hat, indem er viele von ihnen mehrfach zitiert sowie ihren Wert und ihre Tragweite gewürdigt hat, wie sich aus den Akten ergibt.

186    Schließlich sind die Gründe des angefochtenen Beschlusses in dem Gutachten des CHMP zu finden, der seine eigene Bewertung vorgenommen und die zweite Empfehlung des PRAC nuanciert hat, wie oben in Rn. 79 festgestellt worden ist.

187    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Teilnahme von Professor T. an der Sachverständigengruppe weder für den Ablauf noch für den Ausgang des Verfahrens, das zu dem angefochtenen Beschluss geführt hat, entscheidend war. Somit führt diese Teilnahme nicht zu der Feststellung, dass das Verfahren, als Ganzes betrachtet, keine ausreichenden Garantien geboten habe, um jeden berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit von Professor T. auszuschließen.

188    Folglich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit zurückzuweisen.

b)      Zu dem Vorwurf, dass die betroffenen Stellen nicht alle abgegebenen Erklärungen umfassend geprüft hätten

189    Die Klägerin macht erstens geltend, dass die Gründe, die sie zur Stützung ihres Überprüfungsantrags vorgebracht habe, nicht berücksichtigt worden seien. Zweitens trägt sie vor, dass sachliche Irrtümer, die die spezifische Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, den Gadoliniumspiegel im Gehirn, die Dauer der Gadoliniumretention und die Dosierung von Kontrastmitteln betroffen hätten, nicht korrigiert worden seien. Drittens macht sie geltend, die zuständigen Stellen hätten sich zu Fragen im Zusammenhang mit den Grenzen von MRT‑Studien, zu Unstimmigkeiten bei der Datenerhebung und zu der offensichtlichen Überzeugung des PRAC, dass bestimmte Veröffentlichungen von den Zulassungsinhabern gesponsert worden seien, nicht geäußert.

190    Die Klägerin spezifiziert aber weder, welche Gründe für ihren Überprüfungsantrag unberücksichtigt geblieben sein sollen, noch welche sachlichen Irrtümer in Bezug auf die spezifische Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion begangen worden seien. Sie gibt auch nicht an, welche tatsächlichen Irrtümer in Bezug auf den Gadoliniumspiegel im Gehirn, die Dauer der Gadoliniumretention und die Dosierung von Kontrastmitteln nicht korrigiert worden seien. Sie benennt auch nicht die Fragen im Zusammenhang mit den Grenzen von MRT‑Studien und den Unstimmigkeiten bei der Datenerhebung, zu denen der PRAC, der CHMP und die Kommission sich nicht geäußert hätten. Sie beschränkt sich bei all diesen Rügen darauf, auf die Anlagen zur Klageschrift zu verweisen. Es ist aber nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteil vom 31. Mai 2018, Kaddour/Rat, T‑461/16, EU:T:2018:316, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die betreffenden Rügen sind daher lediglich vorgetragen, aber im Gegensatz zu dem, was Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung vorschreibt, nicht durch eine Argumentation untermauert worden. Folglich sind die Rügen der Klägerin für unzulässig zu erklären. Außerdem kann der Umstand, dass die Rüge der Klägerin im Hinblick auf die offensichtliche Überzeugung des PRAC, bestimmte Veröffentlichungen seien von den Zulassungsinhabern gesponsert worden, nicht spezifisch beantwortet wurde, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen, weil die EMA bereits am 16. August 2017 klargestellt hat, dass nicht davon auszugehen sei, dass ein Sponsoring als solches Auswirkungen auf die Ergebnisse einer Studie habe.

191    Jedenfalls geht aus den Akten hervor, dass der Überprüfungsantrag der Klägerin zu einer Sitzung einer Sachverständigengruppe geführt hat. Der Berichterstatter und der Mitberichterstatter haben die von der Klägerin zur Stützung dieses Antrags vorgebrachten Gründe in ihren Beurteilungsberichten vom 28. Juni 2017 bewertet und kommentiert. Insbesondere ist in den vorstehenden Rn. 111, 113 und 117 festgestellt worden, dass der PRAC seine erste Empfehlung zum Nutzen von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion anhand der Begründung des Überprüfungsantrags der Klägerin überprüft hat und der Irrtum, der insoweit in Bezug auf die vom deutschen Institut erteilte Zulassung von Gadovist für den ganzen Körper begangen worden sein soll, nicht erwiesen ist. Darüber hinaus hat auch der CHMP das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Gadolinium untersucht und im Übrigen die zweite Empfehlung des PRAC nuanciert (siehe oben, Rn. 79).

192    Wie die Kommission geltend macht, bedeutet das Bestehen einer wissenschaftlichen Meinungsverschiedenheit zwischen der Klägerin und dem PRAC oder dem CHMP zudem nicht, dass die Ausführungen der Klägerin zur spezifischen Indikation von Omniscan für die Bildgebung der myokardialen Perfusion, zum Gadoliniumspiegel im Gehirn, zur Dauer der Gadoliniumretention und zur Dosierung von Kontrastmitteln unberücksichtigt geblieben seien.

193    Folglich ist die Rüge der Klägerin, die betroffenen Stellen hätten nicht alle von ihr eingereichten Erklärungen vollständig geprüft, ebenso zurückzuweisen wie der gesamte Klagegrund, der auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützt wird.

194    Da nach alledem kein Klagegrund durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

IV.    Kosten

195    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die GE Healthcare A/S trägt die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

Kanninen

Calvo-Sotelo Ibáñez-Martín

Reine

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. September 2019.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.