Language of document : ECLI:EU:T:2021:102

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

24. Februar 2021(*)

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Beihilfe zur vorsorglichen Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena – Vorprüfungsphase – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Einrede der Unzulässigkeit – Eigenschaft als Beteiligter – Rechtsschutzinteresse – Klagebefugnis – Zulässigkeit“

In der Rechtssache T-161/18

Anthony Braesch, wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg),

Trinity Investments DAC mit Sitz in Dublin (Irland),

Bybrook Capital Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman (Kaimaninseln),

Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,

Bybrook Capital Badminton Fund LP mit Sitz in Grand Cayman,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Siragusa, A. Champsaur, G. Faella und L. Prosperetti,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch K. Blanck und A. Bouchagiar als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 4690 final der Kommission vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, der Richter V. Kreuschitz, Z. Csehi und G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Kläger, Herr Anthony Braesch, die Trinity Investments DAC, die Bybrook Capital Master Fund LP, die Bybrook Capital Hazelton Master Fund LP und die Bybrook Capital Badminton Fund LP, sind, was Herrn Anthony Braesch betrifft, ein Vertreter von Inhabern von Anleihen mit der Bezeichnung „Floating Rate Equity-Linked Subordinated Hybrid-FRESH“ 2008 (im Folgenden: FRESH-Anleihen) und im Übrigen Inhaber dieser Anleihen.

2        Im April 2008 nahm die Banca Monte dei Paschi di Siena (im Folgenden: BMPS) eine der J. P. Morgan Securities Ltd (im Folgenden: JPM) vorbehaltene Kapitalerhöhung in Höhe von 950 Mio. Euro vor, in deren Zusammenhang JPM Aktien der BMPS, die „FRESH-Aktien“, zeichnete. Zur gleichen Zeit, am 16. April 2008, schloss JPM mit der BMPS einen Nießbrauchsvertrag, nach dem JPM das (bloße) Eigentum an den Aktien behält, wohingegen der BMPS das Nießbrauchsrecht zusteht, und einen Vertrag über den Tausch von Beteiligungen (im Folgenden: FRESH-Verträge). JPM erhielt die für die Zeichnung der FRESH-Aktien erforderlichen finanziellen Mittel von der Bank of New York Mellon (Luxembourg), ersetzt durch die Mitsubishi UFJ Investor Services & Banking (Luxembourg) SA (im Folgenden: MUFJ), die die FRESH-Anleihen am 16. April 2008 nach luxemburgischem Recht in Höhe von 1 Mrd. Euro ausgab. JPM schloss mit MUFJ einen Tauschvertrag nach luxemburgischem Recht, während MUFJ mit den Inhabern der FRESH-Anleihen einen Treuhandvertrag schloss, der ebenfalls luxemburgischem Recht unterlag. Auf der Grundlage dieser – von den Klägern als „FRESH-Instrumente“ bezeichneten – verschiedenen Verträge werden die Erträge, die JPM von der BMPS gemäß den FRESH-Verträgen erhält, zunächst an MUFJ und danach an die Inhaber der FRESH-Anleihen in Form von Coupons übertragen.

3        Mit Beschluss vom 27. November 2013 genehmigte die Europäische Kommission die von der Italienischen Republik der italienischen Bank, BMPS, gewährte Beihilfe zur Umstrukturierung auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans und bestimmter Verpflichtungszusagen. Im Juni 2015 hatte die BMPS die Beihilfe vollständig zurückgezahlt.

4        Am 29. Juli 2016 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die Ergebnisse des 2016 durchgeführten EU-weiten Stresstests, aufgrund dessen im Rahmen eines ungünstigen Stress-Szenarios bei der BMPS eine Unterkapitalisierung festgestellt wurde.

5        Am 23. Dezember 2016 erließen die italienischen Behörden das Decreto-legge n. 237 – Disposizioni urgenti per la tutela del risparmio nel settore creditizio (Decreto-legge Nr. 237 mit dringenden Bestimmungen zum Schutz der Ersparnisse im Kreditsektor) (GURI Nr. 299 vom 23. Dezember 2016), das durch die Legge di conversione (Umwandlungsgesetz) vom 17. Februar 2017 (GURI Nr. 43 vom 21. Februar 2017) in ein Gesetz umgewandelt und geändert wurde (im Folgenden: Decreto-legge 237/2016). Damit wurde der rechtliche Rahmen für die Liquiditätshilfe und vorsorgliche Rekapitalisierungen festgelegt.

6        Auf die Erklärung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 23. Dezember 2016 hin, dass die BMPS solvent sei, erteilte die Kommission mit Beschluss vom 29. Dezember 2016 auf der Grundlage von seitens der italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen die vorläufige Genehmigung zur Zahlung einer individuellen Liquiditätshilfe in Höhe von 15 Mrd. Euro an die BMPS. Die italienischen Behörden verpflichteten sich, binnen zwei Monaten nach der Gewährung der Garantien einen Umstrukturierungsplan vorzulegen, sofern die Beihilfe nicht innerhalb dieses Zeitraums zurückgezahlt worden sein sollte.

7        Nachdem der Versuch der BMPS, neues privates Kapital zu beschaffen, nicht zum Erfolg geführt hatte, stellte sie am 30. Dezember 2016 einen Antrag auf Gewährung einer außerordentlichen öffentlichen Finanzierungshilfe in Form einer vorsorglichen Rekapitalisierung gemäß dem Decreto-legge 237/2016.

8        Am 28. Juni 2017 meldeten die italienischen Behörden bei der Kommission unter Beifügung eines neuen Plans zur Umstrukturierung und neuer Verpflichtungszusagen eine Beihilfe zur Rekapitalisierung der BMPS in Höhe von 5,4 Mrd. Euro an.

9        Am selben Tag übermittelte die EZB der Kommission ein Schreiben, in dem sie angab, dass die BMPS gegenwärtig solvent sei.

10      In dem nach Abschluss der Vorprüfungsphase erlassenen Beschluss C(2017) 4690 final vom 4. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47677 (2017/N) – Italien – Neue Beihilfe und geänderter Plan zur Umstrukturierung der Banca Monte dei Paschi di Siena (im Folgenden: angefochtener Beschluss) bewertete die Kommission zwei Beihilfemaßnahmen. Die erste Maßnahme (im Folgenden: Maßnahme 1) besteht in der oben in Rn. 6 genannten Liquiditätshilfe in Höhe von 15 Mrd. Euro in Form von staatlichen Garantien für erstrangige Verpflichtungen. Die zweite Maßnahme (im Folgenden: Maßnahme 2) besteht in der oben in Rn. 8 genannten Beihilfe zur vorsorglichen Rekapitalisierung der BMPS in Höhe von 5,4 Mrd. Euro.

11      Nachdem sie die Maßnahmen 1 und 2 als staatliche Beihilfen eingestuft hatte, wies die Kommission darauf hin, dass die Rechtsgrundlage für die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV über Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats sei. Die Kommission ging davon aus, dass die Maßnahmen 1 und 2 Beihilfen zur Umstrukturierung der BMPS seien, und prüfte ihre Vereinbarkeit auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans unter Zugrundelegung von sechs Mitteilungen zur weltweiten Finanzkrise, insbesondere der Mitteilung der Kommission über die Wiederherstellung der Rentabilität und die Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften (ABl. 2009, C 195, S. 9), der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise ab dem 1. Januar 2012 (ABl. 2011, C 356, S. 7) und der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen ab dem 1. August 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („Bankenmitteilung“) (ABl. 2013, C 216, S. 1).

12      Was die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen im Hinblick auf die Mitteilungen zur Krise anbelangt, vertrat die Kommission erstens die Auffassung, dass der Umstrukturierungsplan geeignet sei, die Rentabilität der BMPS langfristig wiederherzustellen. Zweitens führte sie aus, dass die Verteilung der Lasten für die Inhaber von Aktien und nachrangigen Anleihen angemessen sei und die Umstrukturierungskosten und den Betrag der Beihilfe entsprechend den Anforderungen der Bankenmitteilung auf ein Minimum beschränke, und kam zu dem Ergebnis, dass im Umstrukturierungsplan hinreichend Lastenverteilungsmaßnahmen vorgesehen seien. Drittens beinhalte der Umstrukturierungsplan in ausreichendem Umfang Maßnahmen zur Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverzerrungen. Auch eine angemessene Aufsicht über die Durchführung des Umstrukturierungsplans sei gewährleistet. Daher stünden die Beihilfemaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zur Behebung der Auswirkungen einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Italiens.

13      Sodann prüfte die Kommission die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit den Bestimmungen der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190). Sie führte aus, die Bedingungen, unter denen die Beihilfemaßnahmen (Maßnahmen 1 und 2) gewährt worden seien, seien mit der Ausnahme im Sinne von Art. 32 Abs. 4 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 vereinbar.

14      In dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission erstens fest, dass die Maßnahmen 1 und 2 staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, und zweitens, dass diese Maßnahmen die Anforderungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV erfüllten und dass sie aus Gründen der Finanzstabilität mit dem Binnenmarkt vereinbar seien.

 Verfahren und Anträge der Parteien

15      Mit Klageschrift, die am 5. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

16      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 16. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission die Einrede der Unzulässigkeit im Sinne von Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Kläger haben ihre Stellungnahme zu dieser Einrede am 10. Juli 2018 eingereicht.

17      Mit Entscheidung vom 8. Oktober 2018 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts gemäß Art. 69 Buchst. d der Verfahrensordnung beschlossen, das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur Entscheidung des Gerichtshofs, die das Verfahren in der Rechtssache C‑544/17 P, BPC Lux 2 u. a./Kommission, beendet, auszusetzen.

18      Am 30. Januar 2019 hat das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, zu den Auswirkungen des Urteils vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission (C‑544/17 P, EU:C:2018:880) auf die vorliegende Rechtssache Stellung zu nehmen und auf Fragen zu antworten, und die Kommission ersucht, eine nicht vertrauliche Fassung des Plans zur Restrukturierung der BMPS vorzulegen. Die Kommission und die Kläger haben ihre Antworten am 7. bzw. 8. März 2019 eingereicht.

19      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung ist der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

20      Auf Vorschlag der Dritten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

21      Am 3. Februar 2020 hat das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, auf Fragen zu antworten. Die Kommission und die Kläger haben am 14. bzw. 19. Februar 2020 ihre Antworten eingereicht.

22      Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung den Parteien schriftliche Fragen gestellt und diese aufgefordert, in der mündlichen Verhandlung darauf zu antworten.

23      Die Parteien haben in der Sitzung vom 9. Juli 2020 mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

24      Die Kläger beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die Behandlung der FRESH-Instrumente betrifft;

–        die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen;

–        alle vom Gericht als zweckmäßig angesehenen Maßnahmen zu treffen, einschließlich prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 Abs. 3 der Verfahrensordnung und Beweiserhebungsmaßnahmen nach Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung.

25      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        die Kläger zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

26      In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragen die Kläger ferner, die Einrede der Unzulässigkeit der Kommission zurückzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

27      Zur Stützung ihrer Klage tragen die Kläger fünf Klagegründe vor.

28      Mit ihrem ersten Klagegrund machen die Kläger geltend, die Kommission habe im Rahmen der vorsorglichen Rekapitalisierung rechtswidrig Lastenverteilungsmaßnahmen genehmigt, und rügen eine Verletzung der Art. 18 und 21 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) sowie einen Begründungsmangel.

29      Mit ihrem zweiten Klagegrund tragen die Kläger vor, die Kommission habe rechtswidrig die Aufhebung der FRESH-Verträge verlangt. Sie habe in diesem Zusammenhang Lastenverteilungsmaßnahmen genehmigt, die über die Bankenmitteilung hinausgingen und mit dieser nicht vereinbar seien, und somit die fundamentalen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung verletzt. Ferner sei der angefochtene Beschluss mit Begründungsmängeln behaftet, da die Kommission weder begründe noch erläutere, weshalb die FRESH-Verträge aufzuheben seien.

30      Mit ihrem dritten Klagegrund machen die Kläger geltend, der angefochtene Beschluss diskriminiere die Inhaber der FRESH-Anleihen. Der angefochtene Beschluss sei rechtswidrig, da damit die im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen unter Verletzung des in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 14 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie im Protokoll Nr. 12 zu dieser Konvention verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung genehmigt würden, soweit sie die Inhaber von FRESH-Anleihen gegenüber anderen Gläubigern der BMPS diskriminierten.

31      Mit ihrem vierten Klagegrund tragen die Kläger vor, die Kommission habe, indem sie die Anwendung der Lastenverteilungsmaßnahmen auf die FRESH-Instrumente genehmigt habe, die mit Art. 17 der Charta der Grundrechte und Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleisteten Eigentumsrechte der Inhaber der FRESH-Anleihen verletzt.

32      Mit ihrem fünften Klagegrund rügen die Kläger, die Kommission habe Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV, Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) und ihre Verfahrensrechte verletzt, indem sie das förmliche Prüfverfahren nicht eröffnet habe, obwohl es „ernsthafte Bedenken“ hinsichtlich der Vereinbarkeit der Lastenverteilungsmaßnahmen mit dem Unionsrecht gegeben habe.

33      Gemäß Art. 130 Abs. 1 und 7 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag des Beklagten vorab über die Unzulässigkeit oder die Unzuständigkeit entscheiden. Im vorliegenden Fall macht die Kommission in ihrer Einrede der Unzulässigkeit geltend, dass die Klage unzulässig sei, da die Kläger zum einen kein Rechtsschutzinteresse hätten und zum anderen nicht im Sinne von Art. 263 AEUV klagebefugt seien.

34      Das Gericht hält es für erforderlich, vorab zu prüfen, ob die Kläger „Beteiligte“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV oder im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 sind, da diese Einstufung im vorliegenden Fall für das Vorliegen sowohl ihres Rechtsschutzinteresses als auch ihrer Klagebefugnis im Hinblick auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses als eines gemäß Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung ergangenen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, ausschlaggebend ist.

 Zur Eigenschaft der Kläger als „Beteiligte“

35      In Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 wird der Begriff „Beteiligter“, der gleichbedeutend mit dem Begriff „Beteiligter“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV ist, definiert als u. a. „Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“. Die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ weist darauf hin, dass diese Bestimmung nur eine nicht abschließende Aufzählung der Personen enthält, die als Beteiligte eingestuft werden können, so dass sich dieser Begriff auf eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten bezieht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, 323/82, EU:C:1984:345, Rn. 16, vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63, und vom 13. Juni 2019, Copebi, C‑505/18, EU:C:2019:500, Rn. 34).

36      In Anbetracht dieser Definition hat der Unionsrichter den Begriff des Beteiligten weit ausgelegt. So folgt aus der Rechtsprechung, dass Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 es nicht ausschließt, dass ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, als Beteiligter betrachtet wird, sofern es geltend macht, dass seine Interessen durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt werden könnten, und dass es hierfür ausreicht, dass es in rechtlich hinreichender Weise dartut, dass sich die Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ebenso kann eine Gewerkschaft als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV betrachtet werden, wenn sie dartut, dass sie selbst oder ihre Mitglieder durch die Gewährung einer Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzt sind, vorausgesetzt, sie legt in rechtlich hinreichender Weise dar, dass sich die Beihilfe auf ihre Situation oder die der von ihr vertretenen Mitglieder konkret auswirken könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, EU:C:2009:435, Rn. 33).

37      Im vorliegenden Fall haben die Kläger in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass sich die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen und daher der Erlass des angefochtenen Beschlusses konkret auf ihre Situation auswirken könnte, so dass sie als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 einzustufen sind.

38      Die Kläger tragen vor, die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens würden es ihnen ermöglichen, unter Ausübung der ihnen mit Art. 108 Abs. 2 AEUV gewährten Verfahrensrechte als Beteiligte ihre Stellungnahmen mit dem Ziel abzugeben, sicherzustellen, dass die im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Lastenverteilungsmaßnahmen sowie die von den italienischen Behörden in diesem Zusammenhang abgegebenen Verpflichtungszusagen von der Kommission einer eingehenderen Prüfung unterzogen würden. Die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens könne zu anderen und mit dem Unionsrecht vereinbaren Lastenverteilungsmaßnahmen führen.

39      Konkret vertreten die Kläger die Auffassung, der Teil des angefochtenen Beschlusses, der die Lastenverteilung betreffe, beeinträchtige ihre Interessen, da der Umstrukturierungsplan, wie er von der Kommission genehmigt worden sei, die Möglichkeit vorsehe, die FRESH-Verträge aufzuheben, wozu es später zu ihrem Nachteil gekommen sei. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der den FRESH-Instrumenten zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen der wirtschaftliche Verlust, der sich angesichts des Ausbleibens von Zahlungen aus den an ihre FRESH-Anleihen gebundenen Coupons auf lange Sicht ergebe, substanziell sei und sich gegebenenfalls auf Beträge von mehreren Hundert Mio. Euro belaufen könne.

40      Daraus folgt, dass die Kläger nachgewiesen haben, dass die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen in ihrer Gesamtheit, so wie sie angemeldet und in dem angefochtenen Beschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurden, ihre Situation im Sinne der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung konkret beeinflussen können. Insoweit ist es unerheblich, dass die Kläger die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Binnenmarkt, so wie sie in diesem Beschluss festgestellt wird, als solche nicht in Abrede stellen. Denn die Verpflichtungszusagen der italienischen Behörden betreffend den Umstrukturierungsplan und die Lastenverteilung sind Teil der angemeldeten Beihilfemaßnahmen, so dass sich dieser Beschluss auf diese Maßnahmen und diese Verpflichtungszusagen in ihrer Gesamtheit bezieht (vgl. in diesem Sinne entsprechend Beschluss vom 1. Dezember 2015, Banco Espírito Santo/Kommission, T‑814/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:936, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil vom 19. September 2019, FIH Holding und FIH/Kommission, T‑386/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:623, Rn. 52). Da die angemeldeten Beihilfemaßnahmen und die von den italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen, die der Beurteilung durch die Kommission unterlagen, insofern untrennbar miteinander verbunden sind, als Letztere Voraussetzung für die Vereinbarkeitsfeststellung sind und durch den angefochtenen Beschluss die Durchführung dieser Beihilfemaßnahmen genehmigt wurde und die Zusagen für verbindlich erklärt wurden, wird die Situation der Kläger notwendigerweise durch alle diese Umstände beeinträchtigt, und die Kläger können ihre Interessen nur verteidigen, indem sie die Nichtigerklärung dieses Beschlusses in seiner Gesamtheit beantragen.

41      Daher können sich die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen, wie sie angemeldet und in dem angefochtenen Beschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurden, auf die Situation der Kläger konkret auswirken, was es rechtfertigt, sie als „Beteiligte“ einzustufen.

42      Im Hinblick auf diese Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kläger ein Rechtsschutzinteresse haben und ihnen die Klagebefugnis im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zusteht.

 Zum Rechtsschutzinteresse

43      Die Kommission trägt vor, die Kläger hätten kein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Nichtigerklärung des auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 erlassenen Beschlusses, mit dem die der BMPS gewährte staatliche Beihilfe auf der Grundlage der von den italienischen Behörden freiwillig übernommenen Verpflichtungen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden sei. In ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts betreffend die Folgen, die sich aus dem Urteil vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission (C‑544/17 P, EU:C:2018:880), ergeben, hat sie im Wesentlichen ausgeführt, es sei Sache der Kläger, darzutun, dass sie ein Rechtsschutzinteresse auf der Grundlage eines nationalen Streitverfahrens hätten, das gegen die Lastenverteilungsmaßnahmen angestrengt worden sei, die von den italienischen Behörden und von der BMPS im Zusammenhang mit der der BMPS gewährten staatlichen Beihilfe durchgeführt worden seien. Die Kläger hätten aber nicht erläutert, inwieweit eine Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses offenkundige positive Auswirkungen auf das von ihnen vor dem luxemburgischen Gericht eingeleitete Verfahren hätte, und ihr Rechtsschutzinteresse somit nicht nachgewiesen.

44      Die Kläger wenden sich gegen das Vorbringen der Kommission.

45      Eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann. Außerdem muss dieses Interesse bestehend und gegenwärtig sein, wofür auf den Tag der Klageerhebung abzustellen ist (vgl. Urteil vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission, C‑544/17 P, EU:C:2018:880, Rn. 28 und 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Es obliegt dem Kläger, sein Rechtsschutzinteresse, das die wesentliche und vorrangige Grundvoraussetzung jeder Klage darstellt, nachzuweisen. Für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Handlung ist es insbesondere erforderlich, dass der Kläger sein Interesse an der Nichtigerklärung der Handlung schlüssig darlegt (vgl. Urteil vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission, C‑544/17 P, EU:C:2018:880, Rn. 33 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Im Übrigen kann sich das Rechtsschutzinteresse aus jeder Klage vor einem nationalen Gericht ergeben, in deren Rahmen eine eventuelle Nichtigerklärung der vor dem Unionsrichter angefochtenen Handlung dem Kläger einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission, C‑544/17 P, EU:C:2018:880, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Schließlich ist es nicht Sache des Unionsrichters, für die Prüfung des vor ihm bestehenden Rechtsschutzinteresses die Wahrscheinlichkeit der Begründetheit einer bei den nationalen Gerichten erhobenen Klage nach nationalem Recht zu beurteilen und sich somit hinsichtlich dieser Beurteilung an deren Stelle zu setzen. Dagegen ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die vor dem Unionsrichter erhobene Nichtigkeitsklage der klagenden Partei durch ihr Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 7. November 2018, BPC Lux 2 u. a./Kommission, C‑544/17 P, EU:C:2018:880, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Zur Stützung ihres Rechtsschutzinteresses machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass erstens mit einer Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses die Verpflichtung der italienischen Behörden entfalle, für die Beachtung der Lastenverteilungsmaßnahmen zu sorgen. Zweitens habe die Nichtigerklärung zur Folge, dass der Umstrukturierungsplan, auf dessen Grundlage dieser Beschluss erlassen worden sei, für die BMPS nicht mehr bindend sei, was es ihnen als Inhaber von FRESH-Anleihen ermögliche, die Wiederherstellung ihrer Rechte oder eine Entschädigung zu erlangen. Drittens führe die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens, in dessen Rahmen sie durch die Abgabe von Stellungnahmen ihre Verfahrensrechte ausüben könnten. Die italienischen Behörden oder die BMPS könnten dann die Lastenverteilungsmaßnahmen ändern, um so ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht sicherzustellen, und die Kommission könnte andere, weniger benachteiligende Bedingungen und Verpflichtungen als die von ihr berücksichtigten Lastenverteilungsmaßnahmen vorgeben. Schließlich würde nach Ansicht der Kläger die Anerkennung des Umstands, dass die BMPS sie rechtswidrig ihrer Rechte enthoben habe, ihre Position in dem Zivilverfahren stärken, dass Herr Braesch als Vertreter der Inhaber der FRESH-Anleihen vor dem Bezirksgericht Luxemburg gegen die BMPS, MUFJ, JPM und die Gesellschaft amerikanischen Rechts JP Morgan Chase Bank mit dem Ziel eingeleitet habe, die Kündigung der FRESH-Verträge und insbesondere des Vertrags über den Tausch von Beteiligungen für rechtswidrig erklären zu lassen.

50      Insoweit führen die Kläger insbesondere aus, dass die vor dem luxemburgischen Gericht angefochtene Entscheidung der BMPS, die FRESH-Verträge zu kündigen, untrennbar mit dem angefochtenen Beschluss zusammenhänge. Die BMPS gebe selbst an, dass der Umstrukturierungsplan auf dem Grundsatz beruhe, dass die FRESH-Verträge aufgelöst werden müssten und dass die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Beurteilung, dass die Lastenverteilung hinreichend sei, auf der Kündigung der FRESH-Verträge durch die BMPS beruhe. Die Kläger ziehen daraus den Schluss, dass es dem luxemburgischen Gericht, wenn der angefochtene Beschluss für nichtig erklärt werde, möglich sei, die Wirksamkeit der FRESH-Verträge wiederherzustellen.

51      Es ist festzustellen, dass die Kläger als Beteiligte im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses haben, dessen Inhalt nicht getrennt von den seitens der italienischen Behörden abgegebenen Verpflichtungszusagen im Zusammenhang mit dem Plan zur Umstrukturierung der BMPS, einschließlich der Lastenverteilungsmaßnahmen, betrachtet werden kann (vgl. oben, Rn. 37 bis 41). Dieses Rechtsschutzinteresse folgt insbesondere daraus, dass die Kommission nach einer solchen Nichtigerklärung veranlasst wäre, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, in dessen Rahmen sie ihre Verfahrensrechte gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV mit dem Ziel ausüben könnten, die Beurteilung durch dieses Organ im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV und damit den Inhalt seines Beschlusses zu beeinflussen. Denn die Kläger machen im Rahmen ihres fünften Klagegrundes eine Verletzung der entsprechenden Verfahrensgarantien geltend, deren Beachtung sie nur durchsetzen können, wenn sie die Möglichkeit haben, den angefochtenen Beschluss vor dem Unionsrichter anzufechten (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T‑578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 41). Das gilt umso mehr, als sich die Kommission im vorliegenden Fall nach einer langen Voranmeldungsphase mit umfangreicher Kommunikation mit den italienischen Behörden und der Anmeldung der in Rede stehenden Maßnahmen am 28. Juni 2017 auf eine lediglich sechs Tage dauernde vorläufige Prüfung beschränkte, bevor sie am 4. Juli 2017 den angefochtenen Beschluss erließ, ohne dass die Beteiligten die Gelegenheit hatten, ihre Stellungnahmen abzugeben.

52      Im Übrigen lässt sich nicht ausschließen, dass eine mögliche Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses Einfluss auf das Ergebnis des insbesondere vor dem luxemburgischen Gericht anhängigen Streitverfahrens haben kann. In diesem Kontext hat das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme die Parteien aufgefordert, sich dazu zu äußern, ob sich die Aufhebung der FRESH-Verträge aus dem Plan zur Umstrukturierung der BMPS ergab. In ihrer Antwort hat die Kommission ausgeführt, dass sich die Aufhebung dieser Verträge aus dem Umstrukturierungsplan in Verbindung mit dem Decreto-legge 237/2016 ergeben habe und dass die italienischen Behörden und die BMPS bei der Erarbeitung dieses Plans, der Teil der von den italienischen Behörden bei der Prüfung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission abgegebenen Verpflichtungszusagen gewesen sei, eng zusammengearbeitet hätten. Dagegen haben die Kläger in ihrer Antwort auf dieselbe Frage angegeben, dass dieser Umstrukturierungsplan ausdrücklich vorausgesetzt habe, dass die FRESH-Verträge unwirksam und nicht durchsetzungsfähig seien.

53      Insoweit genügt der Hinweis, dass die Beurteilung durch die Kommission in dem angefochtenen Beschluss auf der Prüfung beruht, ob die Beihilfen zur Umstrukturierung der BMPS auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans, der nach Inhalt und Durchführung eng mit den von den italienischen Behörden insgesamt abgegebenen Verpflichtungszusagen, wie sie diesem Beschluss beigefügt sind, zusammenhängt, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind (vgl. oben, Rn. 39 bis 41). Unter diesen Umständen ist es nicht Sache des Unionsrichters, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen des nationalen Richters zu setzen oder etwa vorweg darüber zu entscheiden, ob die vor diesem Richter erhobene Klage in Anbetracht des Wegfalls der Rechtswirkungen des angefochtenen Beschlusses nach seiner möglichen Nichtigerklärung nach nationalem Recht begründet ist (vgl. die oben in Rn. 48 angeführte Rechtsprechung).

54      Daher haben die Kläger in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass eine mögliche Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ihnen einen Vorteil verschaffen kann.

55      Somit macht die Kommission zu Unrecht geltend, dass die Kläger ihr Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV in Bezug auf die Erwirkung der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht nachgewiesen hätten.

 Zur Klagebefugnis

56      Die Kommission trägt vor, die Kläger seien nicht klagebefugt. Sie macht insbesondere geltend, dass sich die Kläger mit ihrem fünften Klagegrund insoweit gegen den angefochtenen Beschluss wendeten, als das förmliche Prüfverfahren nicht eröffnet worden sei, und dass sie dartun müssten, dass sie „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 seien. Die Kläger seien aber nicht die Begünstigten der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen, ihre Eigenschaft als Inhaber von Anleihen könne nicht ausreichen, um sie als Beteiligte zu betrachten, und es gebe keinen Hinweis darauf, dass sie Wettbewerber der Begünstigten sein könnten.

57      Die Kläger treten dem Vorbringen der Kommission entgegen.

58      Ein Verweis auf die oben stehenden Erwägungen in den Rn. 35 bis 41 genügt, um das Hauptargument der Kommission, dass die Kläger ihre Eigenschaft als „Beteiligte“ nicht dargetan hätten, zu widerlegen. Die Kommission hat somit in der mündlichen Verhandlung mit Verweis auf das Urteil vom 19. Dezember 2019, BPC Lux 2 u. a./Kommission (T‑812/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:885), erfolglos geltend gemacht, dass der angefochtene Beschluss sich nur auf die wirtschaftliche Situation der Kläger auswirke und ihre rechtliche Lage nur mittelbar berühre, da insbesondere allein JPM eine Vertragsbeziehung mit der BMPS unterhalte, ihr Gläubiger sei und mit MUFJ einen gesonderten Vertrag geschlossen habe, die ihrerseits mit den Klägern als Inhabern von FRESH-Anleihen einen weiteren Vertrag geschlossen habe. Gleiches gilt für ihr Vorbringen, dass die Aufhebung der FRESH-Verträge aus dem Decreto-legge 237/2016 folge und im Umstrukturierungsplan vorgesehen sei. Jedenfalls ergibt sich aus den oben stehenden Erwägungen in den Rn. 37 bis 41, dass die Kläger zu Recht geltend machen, dass sich die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen konkret auf ihre Situation auswirken, was es rechtfertigt, sie als „Beteiligte“ einzustufen.

59      Im Übrigen ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass der angefochtene Beschluss einen Beschluss, keine Einwände zu erheben, auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 darstellt, dessen Rechtmäßigkeit von der Frage abhängt, ob Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt bestehen. Da solche Bedenken zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens führen müssen, an dem die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 teilnehmen können, ist davon auszugehen, dass jeder Beteiligte im Sinne der letztgenannten Bestimmung unmittelbar und individuell von einem solchen Beschluss betroffen ist. Die Personen, denen die Verfahrensgarantien nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 zugutekommen, können deren Beachtung nämlich nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, den Beschluss, keine Einwände zu erheben, vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb genügt die mit dem spezifischen Gegenstand der Klage zusammenhängende besondere Eigenschaft als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589, um nach Art. 263 Abs. 4 AEUV den Kläger zu individualisieren, der einen Beschluss, keine Einwände zu erheben, anficht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 47 und 48 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 43 und 44 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T‑578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 41).

60      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger mit ihrem fünften Klagegrund vorbringen, dass die Kommission gegen Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie Art. 4 Abs. 3 und 4 der Verordnung 2015/1589 verstoßen und ihre Verfahrensrechte verletzt habe, da es „ernsthafte Bedenken“ hinsichtlich der Vereinbarkeit der Lastenverteilungsmaßnahmen mit dem Unionsrecht gegeben habe, die die Kommission hätten veranlassen müssen, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsverstöße, die die Kläger der Kommission im Rahmen ihrer ersten vier Klagegründe vorwerfen, nämlich eine Verletzung der Richtlinie 2014/59 dadurch, dass sie die Aufhebung der FRESH-Verträge genehmigt und für bindend erklärt habe, eine Verletzung der Verordnung Nr. 806/2014, ein Verstoß gegen die Bankenmitteilung sowie eine Verletzung der allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.

61      Aus einer gefestigten Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass ein Kläger, wenn er die Nichtigerklärung eines nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 getroffenen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, beantragt, im Wesentlichen rügt, dass dieser Beschluss getroffen worden sei, ohne dass das betreffende Organ das förmliche Prüfverfahren eröffnet habe, und dass es dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Zur Stützung einer solchen Klage kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Vorprüfungsphase verfügte oder verfügen konnte, Anlass zu ernsthaften Schwierigkeiten bei der Feststellung, ob eine staatliche Beihilfe vorliegt, oder zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen, ohne dass sich dadurch der Gegenstand der Klage oder die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit ändern würden. Vielmehr ist nach dieser Rechtsprechung das Bestehen solcher Schwierigkeiten gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 zu eröffnen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T‑578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 45 und 46).

62      Insoweit ist im Einklang mit Feststellungen in der früheren Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 10. Dezember 2008, Kronoply und Kronotex/Kommission, T‑388/02, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:556, Rn. 85, und vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T-578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 44) hervorzuheben, dass die Kläger – in Rn. 141 der Klageschrift – ausdrücklich vorbringen, dass in den ersten vier Klagegründen gezeigt werde, dass die Kommission zumindest ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Lastenverteilungsmaßnahmen mit dem Unionsrecht hätte haben müssen. Da es sich im vorliegenden Fall um eine Klage handelt, mit der die Rechtmäßigkeit eines nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 ohne Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens erlassenen Beschlusses gerügt wird, sind bei der Beurteilung der Begründetheit alle Rügen und Argumente zu prüfen, die die Kläger im Rahmen ihrer Klagegründe geltend gemacht haben, um zu beurteilen, ob sie ernsthafte Schwierigkeiten hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen erkennen lassen, angesichts deren die Kommission dieses Verfahren hätte eröffnen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2019, a&o hostel and hotel Berlin/Kommission, T‑578/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:437, Rn. 45, 46 und 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Somit ist festzustellen, dass die Genehmigung der Beihilfemaßnahmen im Hinblick auf den Umstrukturierungsplan in dem angefochtenen Beschluss die Kläger als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 unmittelbar und individuell betrifft.

64      Daher sind die Kläger klagebefugt.

65      Nach alledem ist die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 Kosten

66      Nach Art. 133 der Verfahrensordnung wird über die Kosten im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden. Da das vorliegende Urteil das Verfahren nicht beendet, ist die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Einrede der Unzulässigkeit wird zurückgewiesen.

2.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Collins

Kreuschitz

Csehi

De Baere

 

      Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Februar 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.