Language of document : ECLI:EU:T:2011:262

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

9. Juni 2011 (*)

„Prozesskostenhilfe“

In der Rechtssache T‑309/10 AJ II

Christoph Klein, wohnhaft in Großgmain (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Schneider Addae-Mensah

Antragsteller,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Sipos und G. Wilms als Bevollmächtigte,

Antragsgegnerin,

betreffend einen Antrag auf Prozesskostenhilfe, der vor Erhebung einer Schadensersatzklage gegen die Kommission wegen angeblicher Verschleppung zweier Schutzklauselverfahren gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169, S. 1) gestellt worden ist,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

1        Mit Beschluss vom 13. September 2010 wurde dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen die Kommission mit der Maßgabe gewährt, dass die Auslagen und Gebühren seines Rechtsanwalts grundsätzlich 5 000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) nicht überschreiten dürfen.

2        Mit Antragsschrift, die am 2. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Antragsteller beantragt, die gewährte Prozesskostenhilfe zu erweitern.

3        Zur Begründung seines neuen Antrags trägt der Antragsteller vor, durch die fortwährende vorsätzliche Untätigkeit der Kommission sei nahezu die gesamte Wertschöpfung der ihm erteilten ca. 30 Patente für zwei innovative Medizinprodukte über die gesamte Patentlaufzeit von 20 Jahren innerhalb der Europäischen Union zerstört worden, was 2008 zum unverschuldeten Untergang sämtlicher Schutzrechte und zu einer enteignungsgleichen Situation geführt habe. Dadurch sei dem Antragsteller und dessen Gesellschaft ein beträchtlicher Vermögensschaden zugefügt worden, der nach eigenen fiktiven Hochrechnungen rund 800 Millionen Euro bzw. rund 3,5 Milliarden Euro betrage. Eine möglichst neutrale und objektive Ermittlung der genauen Schadenshöhe in Bezug auf die verloren gegangenen immateriellen Werte bzw. Patente dürfte für das Gericht und die Streitbeteiligten nahezu unmöglich sein. Hierzu bedürfe es eines anerkannten Sachverständigen und Gutachters, der über ein entsprechendes Fachwissen und Erfahrung verfüge. Die möglichst genaue Ermittlung der Schadenshöhe sei jedoch die absolute Grundlage einer Schadensersatzklage.

4        Er macht geltend, aufgrund seiner katastrophalen wirtschaftlichen Lage könne er einen solchen anerkannten Gutachter nicht mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragen. In diesem Fachbereich gebe es nur wenige ausgewiesene Sachverständige, zu denen nach Bekunden des österreichischen Patentamts weltweit Herr Prof. W., ein anerkannter Experte für die wirtschaftliche Bewertung von immateriellen Schutzrechten, zähle. Laut Kostenvoranschlag von Prof. W. würden sich die Kosten eines solchen Gutachtens auf mindestens rund 20 000 Euro (zzgl. MwSt.) belaufen.

5        Der Antragsteller bittet deshalb aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes und zur Sicherstellung eines fairen Prozesses um die Gewährung einer erweiterten Prozesskostenhilfe dergestalt, dass ihm entweder Prozesskostenhilfe zur Bezahlung des Gutachters gemäß beigefügtem Kostenvoranschlag gewährt wird oder das Gericht den vorgeschlagenen Sachverständigen zum Gutachter zur Ermittlung der genauen Schadenshöhe gerichtlich bestellt.

6        Die Kommission hat sich mit Schriftsatz vom 27. Mai 2011 dafür ausgesprochen, den Antrag auf erweiterte Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, da er offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber offensichtlich unbegründet sei.

7        Nach Art. 94 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts deckt die „zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Gerichten“ bewilligte Prozesskostenhilfe für die Verfahren vor dem Gericht die Kosten des Beistands und der rechtlichen Vertretung vor dem Gericht vollständig oder teilweise. Gemäß Art. 96 § 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Präsident über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss, der im Fall der Versagung der Prozesskostenhilfe mit Gründen zu versehen ist.

8        Im vorliegenden Fall erscheint der Antrag auf erweiterte Prozesskostenhilfe verfrüht. Einer genauen Bestimmung der Höhe des geltend gemachten Schadens bedarf es nämlich erst, wenn die Haftung der Kommission dem Grunde nach, gegebenenfalls durch Zwischenurteil, festgestellt worden ist. Sofern eine solche Haftung verneint wird, erübrigt sich jegliche – kostenintensive – Ermittlung der Schadenshöhe. Daher ist der vorliegende Antrag zurückzuweisen, ohne dass gegenwärtig zu prüfen ist, ob die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten erweiterten Prozesskostenhilfe erfüllt sind. Dies beeinträchtigt nicht die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller geplanten Schadensersatzklage, soweit diese zunächst auf die Feststellung einer Haftung der Kommission dem Grunde nach gerichtet ist und die – gegebenenfalls gutachtlich zu bestimmende – Schadenshöhe einem späteren Verfahrensabschnitt vorbehalten wird.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

Der Antrag von Herrn Christoph Klein auf Gewährung einer erweiterten Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Luxemburg, den 9. Juni 2011.

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       M. Jaeger


* Verfahrenssprache: Deutsch.