Language of document : ECLI:EU:T:2021:101

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

24. Februar 2021(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union – Wortmarke B-Direct – Ältere Unionsbildmarke bizdirect – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑61/20,

Sonova AG mit Sitz in Stäfa (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Sabellek,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch R. Manea und A. Söder als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Digitmarket – Sistemas de lnformação SA mit Sitz in Maia (Portugal),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 28. November 2019 (Sache R 88/2019-1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Digitmarket – Sistemas de Informação und Sonova

erlässt


DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, des Richters G. De Baere und der Richterin G. Steinfatt (Berichterstatterin),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 3. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 7. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 13. Februar 2017 meldete die Klägerin, die Sonova AG, beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) die internationale Registrierung der Wortmarke B-Direct mit Benennung der Europäischen Union mit der Nr. 1342390 an, die am 19. April 2017 im internationalen Register eingetragen wurde.

2        Die Registrierung wurde für folgende Waren der Klassen 9 und 10 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Software für Hörgeräte“;

–        Klasse 10: „Hörgeräte und ‑instrumente und Teile davon; Zubehör für Hörgeräte“.

3        Am 4. Mai 2017 wurde dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäß Art. 3 Abs. 4 Satz 4 des am 27. Juni 1989 in Madrid angenommenen Protokolls zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (ABl. 2003, L 296, S. 22) in der Fassung vom 12. November 2007 die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union mitgeteilt.

4        Die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 2017/084 vom 5. Mai 2017 veröffentlicht.

5        Am 26. Juni 2017 erhob die Digitmarket – Sistemas de Informação SA nach Art. 41 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch Art. 46 der Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) Widerspruch gegen die Eintragung der streitigen Marke für die Waren der Klasse 9.

6        Der Widerspruch wurde auf die nachstehend wiedergegebene Unionsbildmarke gestützt, die am 29. Juni 2015 unter der Nr. 13 602 545 für Waren der Klasse 9 mit der folgenden Beschreibung eingetragen worden war: „Computersoftware; Computer; Zubehör und Teile für Computer; Gegen- und Wechselsprechanlagen; Mikrorechner; Minicomputer; Mikrofone; Computerspeicher; Interfaces [Schnittstellengeräte oder ‑programme für Computer]; Datenverarbeitungsgeräte; Datenverarbeitungsmaschinen/Speichergeräte für Computer, RAM-Schaltkreise, Chips; Halbleiterbauelemente, integrierte Schaltkreise, elektronische Leiterplatten, Mikroprozessoren; Elektronische Schaltkreise, Terminals, Steuerungen; Schaltkreise, integrierte; Schaltkreise, integrierte; Module für die Datenverarbeitung; Batterien und Telekommunikationsausrüstung; Computersoftwarenetze, erweiterte Netze und globale Rechnernetze; Computersoftware für die Entwicklung von Software und das Einrichten von Websites (‚Webauthoring‘); Computerbezogene Sicherheitsvorrichtungen für tragbare Computerprodukte; Kästen und Taschen (für Computer, Computerperipheriegeräte und Computermaterial); EDV-Programme; Betriebssystemsoftware und Anwendungssoftware; Softwaredokumentation und ‑bedienungshandbücher auf maschinenlesbaren Trägermedien oder Papier in Bezug auf Computer oder Computerprogramme“.

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7        Als Widerspruchsgründe wurden die Eintragungshindernisse nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

8        Mit Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 19. November 2018 wurde dem Widerspruch in vollem Umfang stattgegeben und der Antrag auf Schutz der internationalen Registrierung in der Europäischen Union für alle streitigen Waren, d. h. für die Waren der Klasse 9, mit der Begründung zurückgewiesen, dass gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke bestehe.


9        Am 14. Januar 2019 legte die Klägerin nach den Art. 66 bis 68 der Verordnung 2017/1001 gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

10      Mit Entscheidung vom 28. November 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

11      Die Beschwerdekammer stellte erstens fest, dass sich die von der streitigen Marke erfassten Waren „Software für Hörgeräte“ und die von der älteren Marke erfassten Waren „Software“ an die breiten Verkehrskreise richteten, deren Aufmerksamkeit hoch sei und von denen erwartet werde, dass sie angemessen gut informiert, aufmerksam und umsichtig seien. Insbesondere wies die Beschwerdekammer darauf hin, dass zum einen Hörgeräte teure, nicht häufig gekaufte Waren seien und zum anderen die Betriebssoftware für diese Geräte von ihren Benutzern sorgfältig ausgewählt werde, da sie sich auf deren Hörkomfort und Wohlbefinden auswirken könne.

12      Da es zur Verweigerung der beantragten Eintragung ausreiche, dass ein relatives Eintragungshindernis nur in einem Teil des Unionsgebiets bestehe, folgte die Beschwerdekammer zweitens mangels diesbezüglicher Einwände der Parteien dem Ansatz der Widerspruchsabteilung, die sich für die Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr auf das spanische Gebiet der Europäischen Union konzentriert hatte, in dem das gemeinsame Element „direct“ aufgrund seiner Nähe zu dem spanischen Begriff „directo“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden werde.

13      Drittens hätten die Parteien nicht bestritten, dass die in Rede stehenden Waren identisch seien.

14      Viertens ging die Beschwerdekammer im Wesentlichen davon aus, dass der gemeinsame Bestandteil „direct“ eine relativ schwache Unterscheidungskraft habe, dennoch aber im Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Das Argument der Klägerin, die maßgeblichen Verkehrskreise nähmen das Element „biz“ der älteren Marke als Abkürzung für den englischsprachigen Begriff „business“ wahr, könne nicht durchgreifen, da dieses Element im Spanischen keine Bedeutung habe und die spanischsprachigen Verkehrskreise, die nicht unbedingt Englisch sprächen, es im Zusammenhang mit der älteren Marke nicht als eine solche Abkürzung erkennen würden, wenn dieser Begriff für „Software“ der Klasse 9 verwendet werde. Der Bestandteil „biz“ der älteren Marke sei daher normal unterscheidungskräftig.

15      Darüber hinaus enthalte die ältere Marke zusätzliche, von der Klägerin selbst hervorgehobene Elemente wie das Logo, die Farbtonvarianten und eine etwas besondere Typografie, die der älteren Marke insgesamt eine gewisse Unterscheidungskraft verliehen. Auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein durchschnittlicher spanischsprachiger Verbraucher die streitige Marke in ihrer Gesamtheit als nicht unterscheidungskräftig ansehe. Insbesondere werde der Anfangsbuchstabe „b“ weder mit dem englischen Verb „(to) be“ noch mit der drahtlosen Kommunikationstechnologie „Bluetooth“ in Verbindung gebracht.

16      Fünftens prüfte die Beschwerdekammer die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken. Sie stellte im Wesentlichen fest, dass diese in ihrem jeweiligen Anfangsbuchstaben „b“ und dem Bestandteil „direct“, der jeweils das Ende dieser Marken bilde und proportional der bedeutendste Bestandteil sei, in visueller Hinsicht übereinstimmten. Dagegen unterschieden sie sich hinsichtlich des Bindestrichs an zweiter Stelle der streitigen Marke und der Buchstaben „i“ und „z“ an zweiter und dritter Stelle der älteren Marke. So bestehe die ältere Marke, die in einer Stilisierung und einer Variation von Farbtönen von dezenter grauer Farbe dargestellt sei, zum einen aus dem Wortzeichen „bizdirect“ und zum anderen aus einem Bildzeichen, das einen Kreis aus Dreiecken umfasse. Ebenso wiesen die einander gegenüberstehenden Marken Elemente ähnlicher Länge auf, die in der streitigen Marke an ähnlichen Positionen und in der gleichen Abfolge wiederholt würden. Folglich stellte die Beschwerdekammer ebenso wie die Widerspruchsabteilung eine durchschnittliche visuelle Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken fest.

17      In Bezug auf den Klang vertrat die Beschwerdekammer im Wesentlichen die Auffassung, dass die Aussprache der Marken in den Buchstaben „b“, „d“, „i“, „r“, „e“, „c“ und „t“ übereinstimme, sich aber in der älteren Marke hinsichtlich der Buchstabengruppe „biz“, ausgesprochen von den maßgeblichen Verkehrskreisen als „biθ“, unterscheide, die nicht der Aussprache des in der streitigen Marke enthaltenen Buchstabens „b“, ausgesprochen als „be“, entspreche. Auch wenn der Buchstabe „b“ und die Buchstabengruppe „biz“ nicht identisch ausgesprochen würden, begännen die einander gegenüberstehenden Marken dennoch mit demselben Buchstaben „b“. Ebenso bestehe eine Übereinstimmung hinsichtlich der deutlichen Pause zwischen dem Anfangsbuchstaben „b“ und dem zweiten Bestandteil „direct“ der streitigen Marke einerseits und der Buchstabengruppe „biz“ und dem zweiten Bestandteil „direct“ der älteren Marke andererseits. Zudem werde der Bindestrich der streitigen Marke nicht ausgesprochen. Die Beschwerdekammer stellte daher eine durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken fest.

18      In begrifflicher Hinsicht vertrat die Beschwerdekammer wie die Widerspruchsabteilung die Auffassung, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „direct“ im Sinne von „ohne Umweg, ohne Vermittler“ eine Ähnlichkeit mittleren Grades bestehe. Da das Element „biz“ der älteren Marke und der Buchstabe „b“ der streitigen Marke für die maßgeblichen Verkehrskreise keine klare Bedeutung hätten, seien sie nicht geeignet, der durch den gemeinsamen Bestandteil „direct“ hervorgerufenen begrifflichen Ähnlichkeit entgegenzuwirken.


19      Sechstens gelangte die Beschwerdekammer unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände und deren Wechselwirkung, insbesondere der Tatsache, dass die einander gegenüberstehenden Marken von durchschnittlicher Ähnlichkeit und die streitigen Waren mit denen der älteren Marke identisch seien, zu dem Schluss, dass in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zwischen den einander gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

20      Siebtens und letztens könne diese Feststellung nicht durch den Verweis der Klägerin auf eine frühere Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Frage gestellt werden, da zum einen die Beschwerdekammer nicht durch frühere Entscheidungen in anderen Sachen gebunden sei und zum anderen die in jener Sache einander gegenüberstehenden Marken sich wesentlich stärker unterschieden als diejenigen in der vorliegenden Rechtssache.

II.    Anträge der Parteien

21      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

22      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Zulässigkeit der erstmals dem Gericht vorgelegten Beweismittel

23      Das Dokument in Anhang A.10 der Klageschrift, das Auszüge aus dem Register des EUIPO über eingetragene Marken mit dem Wortbestandteil „direct“ enthält, wurde erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt und kann daher nicht berücksichtigt werden.

24      Da die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet ist, ist es nicht Aufgabe des Gerichts, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Somit ist das oben genannte Dokument zurückzuweisen, ohne dass seine Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

B.      Zur Begründetheit

25      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend.

26      Dieser Klagegrund besteht aus vier Teilen: fehlerhafter Vergleich der betroffenen Waren sowie fehlerhafte Beurteilung des Aufmerksamkeitsgrads des Durchschnittsverbrauchers, der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und der Verwechslungsgefahr.

1.      Einleitende Bemerkungen

27      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 196 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 gegen internationale Registrierungen, in denen die Europäische Union benannt ist, ebenso Widerspruch erhoben werden kann wie gegen veröffentlichte Anmeldungen von Unionsmarken.

28      Darüber hinaus sind im vorliegenden Fall die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21) zeitlich anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist nämlich weiterhin das materielle Recht anwendbar, das zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke gilt, gegen die ein Widerspruch gerichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, EUIPO/Equivalenza Manufactory, C‑328/18 P, EU:C:2020:156, Rn. 2). Da die Klägerin die internationale Registrierung der streitigen Marke am 13. Februar 2017 beantragt hat, ist im vorliegenden Fall die Verordnung Nr. 207/2009 anzuwenden. Zudem unterliegt der Rechtsstreit den Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001, da nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

2.      Zum Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

29      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

30      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Daraus folgt, dass, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ein Mindestmaß an Ähnlichkeit aufweisen, eine notwendige Voraussetzung für die Verwechslungsgefahr fehlt, die demnach unabhängig vom Ähnlichkeitsgrad der Waren und Dienstleistungen und vom Grad der Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu verneinen ist. Auch wenn die Waren und Dienstleistungen identisch oder sehr ähnlich wären und die ältere Marke extrem hohe Kennzeichnungskraft besäße, könnten diese Umstände nämlich das Fehlen dieser notwendigen Voraussetzung hinsichtlich der Ähnlichkeit der Zeichen nicht ausgleichen. Wenn die Zeichen hingegen – wenn auch nur geringfügige – Ähnlichkeit aufweisen, kann die Verwechslungsgefahr nicht von vornherein ausgeschlossen werden, da der geringe Ähnlichkeitsgrad der Zeichen durch die Identität oder die hochgradige Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und durch die erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (Urteil vom 21. Februar 2018, Laboratoire Nuxe/EUIPO – Camille und Tariot [NYouX], T‑179/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:89, Rn. 27 und 28; vgl. auch Urteil vom 21. November 2018, Shenzhen Jiayz Photo Industrial/EUIPO – Seven [SEVENOAK], T‑339/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:815, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).


33      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt hierbei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 16. Dezember 2015, Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien/HABM – Ruiz Moncayo [RED RIDING HOOD], T‑128/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:977, Rn. 23).

a)      Zum ersten Teil: fehlerhafter Vergleich der in Rede stehenden Waren

34      Mit diesem ersten Teil macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der von der Beschwerdekammer durchgeführte Vergleich der in Rede stehenden Waren fehlerhaft gewesen sei. Insbesondere schlägt die Klägerin ein anderes Verständnis des Verzeichnisses der von der älteren Marke erfassten Waren vor, das auf der Erwägung beruht, dass das Vorhandensein des Begriffs „Computer“ in der deutschen Fassung des Warenverzeichnisses darauf hindeute, dass nur für Computer bestimmte Software erfasst werde, so dass zwischen der von der älteren Marke erfassten „Computersoftware“ und der von der streitigen Marke erfassten „Software für Hörgeräte“ keine Verwechslungsgefahr vorliege. Letztere weise keine Ähnlichkeit oder allenfalls eine geringe Ähnlichkeit mit der von der älteren Marke erfassten „Computersoftware“ auf, da zwischen den Bereichen, auf die sich die einander gegenüberstehenden Marken bezögen, keine Überschneidung bestehe. Nach Auffassung der Klägerin geht die breite Öffentlichkeit, von der erwartet werde, dass sie gut informiert, aufmerksam und umsichtig sei, nicht davon aus, dass ein Unternehmen, das Computersoftware entwickle, auch Software für Hörgeräte entwickle, deren Funktionen auf die Besonderheiten des jeweiligen Hörhilfemodells abgestimmt seien und die daher wahrscheinlich von dem Unternehmen, das die fraglichen Geräte herstelle, selbst entwickelt werde.

35      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

36      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Ähnlichkeit der mit der streitigen Marke gekennzeichneten Waren mit denen der älteren Marke von der Klägerin vor der Beschwerdekammer nicht bestritten wurde, nicht dazu führen kann, dass ihr das Recht genommen wird, vor dem Gericht die diesbezüglichen Beurteilungen der Beschwerdekammer anzufechten, die sich im vorliegenden Fall in den Rn. 49 und 52 der angefochtenen Entscheidung die Begründung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu eigen gemacht hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. März 2015, Emsibeth/HABM – Peek & Cloppenburg [Nael], T‑596/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:193, Rn. 35 und 36, und vom 28. November 2019, Soundio/EUIPO – Telefónica Germany [Vibble], T‑665/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:825, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Daher ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht die Feststellung der Widerspruchsabteilung bestätigt hat, dass die von der streitigen Marke erfasste „Software für Hörgeräte“ mit der von der älteren Marke erfassten „Computersoftware“ identisch ist.

38      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem sie zueinander stehen. Dazu gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Schließen die von den älteren Marken erfassten Waren die mit der Anmeldung beanspruchten Waren ein, so sind nach ständiger Rechtsprechung die Waren als identisch anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn die von der älteren Marke erfassten Waren in einer allgemeineren Kategorie, auf die sich die Markenanmeldung bezieht, enthalten sind (vgl. Urteile vom 7. September 2006, Meric/HABM – Arbora & Ausonia [PAM-PIM’S BABY-PROP], T‑133/05, EU:T:2006:247, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 5. Oktober 2017, Forest Pharma/EUIPO – Ipsen Pharma [COLINEB], T‑36/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:690, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Was die von der streitigen Marke erfassten Waren „Software für Hörgeräte“ betrifft, ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer davon auszugehen, dass sie zu der allgemeineren Kategorie der von der älteren Marke erfassten „Software“ gehören. Das Argument der Klägerin, diese Waren seien nicht identisch, weil das Vorhandensein des Begriffs „Computer“ in der deutschen Fassung des Verzeichnisses, der dem französischen Begriff „informatique“ entspreche, darauf hindeute, dass nur der Bereich der Computersoftware gemeint sei, ist zurückzuweisen.

41      Nach Art. 147 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001, der im Wesentlichen eine Verfahrensvorschrift enthält, ist nämlich im Zweifelsfall der Wortlaut in der Sprache des EUIPO verbindlich, in der die Anmeldung der Unionsmarke eingereicht wurde. Wurde die Anmeldung in einer Amtssprache der Union eingereicht, die nicht eine Sprache des EUIPO ist, so ist der Wortlaut in der vom Anmelder angegebenen zweiten Sprache verbindlich.


42      Im vorliegenden Fall war die ältere Marke in Portugiesisch angemeldet worden. Portugiesisch gehört jedoch nicht zu den Sprachen des EUIPO im Sinne von Art. 146 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001. Daher ist im vorliegenden Fall die vom Anmelder der älteren Marke als zweite Sprache angegebene englische Fassung des Verzeichnisses der Waren der älteren Marke maßgebend. In der englischen Fassung des Verzeichnisses der von der älteren Marke erfassten Waren werden die in der französischen Fassung als „logiciels“ und in der deutschen Fassung als „Computersoftware“ bezeichneten Waren „Computer software“ genannt und enthalten somit ebenfalls den Begriff „Computer“. Dieser Begriff bezweckt jedoch keine Bereichsbeschränkung in der Weise, dass von den in der Kategorie „Computer software“ enthaltenen Waren ausschließlich für Computer bestimmte Software erfasst würde. Der englische Begriff „computer“ ist nämlich in dem Sinne weit zu verstehen, dass er alle automatischen Maschinen erfasst, die u. a. die Speicherung und Verarbeitung von Informationen sowie die Kontrolle anderer Maschinen ermöglichen. Nach der Online-Ausgabe des Oxford Dictionary bedeutet der englische Begriff „computer“: „… elektronische Maschine, die Informationen speichern, analysieren und finden, Zahlen und andere Daten verarbeiten und andere Maschinen kontrollieren kann“ (electronic machine that can store, organize and find information, do processes with numbers and other data, and control other machines). Dass in der englischen Fassung der Warenbeschreibung vor dem Begriff „software“ der Begriff „computer“ eingefügt ist, führt folglich nicht zu einem Widerspruch zwischen den verschiedenen Sprachfassungen in dem Sinne, dass die erfassten Bereiche je nach der verwendeten Sprachfassung unterschiedlich wären, da dieser Begriff der Definition des französischen Begriffs „logiciels“ und des deutschen Begriffs „Computersoftware“ entspricht.

43      Die streitige Marke bezieht sich somit auf eine Kategorie von besonderen Waren, nämlich „Software für Hörgeräte“, während sich die ältere Marke auf „Computersoftware“ bezieht, d. h. auf eine allgemein beschriebene Warengruppe. Es ist festzustellen, dass die von der streitigen Marke erfassten Waren „Software für Hörgeräte“ und die von der älteren Marke erfassten Waren „Computersoftware“ ihrer Art nach gleich sind, da sie alle Software enthalten. Die von der streitigen Marke erfasste „Software für Hörgeräte“ gehört zur weiteren Gruppe der von der älteren Marke erfassten „Computersoftware“. Die Klägerin hat im Übrigen nichts vorgetragen, was diese Feststellung in Frage stellen könnte, da ihr gesamtes Vorbringen auf dem abweichenden Verständnis des Warenverzeichnisses der älteren Marke beruht.

44      Daher hat die Beschwerdekammer fehlerfrei die Auffassung vertreten, dass die von der streitigen Marke erfassten Waren „Software für Hörgeräte“ und die von der älteren Marke erfassten Waren „Computersoftware“ identisch seien.

45      Der erste Teil des einzigen Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: fehlerhafte Beurteilung des Aufmerksamkeitsgrads des Durchschnittsverbrauchers

46      Mit diesem zweiten Teil macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der Durchschnittsverbraucher einen außergewöhnlich hohen Aufmerksamkeitsgrad aufbringe. Insbesondere könne sich eine Hörhilfe mit ihrer Software nicht nur auf das Wohlbefinden des Benutzers, sondern auch auf seine Fähigkeit zur Teilnahme am sozialen Austausch auswirken. Ebenso würden diese Waren in viel größeren Abständen gekauft als alle zwei bis drei Jahre, wie von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung geschätzt.

47      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

48      Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin weder der Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung entgegentritt, dass sich die streitigen Waren insbesondere an die breite Öffentlichkeit richteten, noch dem sowohl von der Widerspruchsabteilung als auch von der Beschwerdekammer gewählten Ansatz, die Prüfung der Verwechslungsgefahr auf das spanischsprachige Unionsgebiet zu konzentrieren (Rn. 24 und 25 der angefochtenen Entscheidung).

49      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteile vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. September 2019, Sixsigma Networks Mexico/EUIPO – Marijn van Oosten Holding [UKIO], T‑367/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:645, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung), so dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers bei Artikeln des laufenden Verbrauchs geringer ist als bei beständigen Gütern oder schlicht bei wertvolleren Gütern oder solchen mit ungewöhnlicherem Verwendungszweck (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Oktober 2007, Bang & Olufsen/HABM [Form eines Lautsprechers], T‑460/05, EU:T:2007:304, Rn. 33).

50      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung erstens festgestellt, dass Hörhilfen verhältnismäßig teure Waren seien, zweitens, dass sie in der Regel nicht öfter als einmal alle zwei oder drei Jahre gekauft würden und drittens, dass die Betriebssoftware für diese Hörgeräte von den Benutzern sorgfältig ausgewählt werde, da sie sich auf ihren Hörkomfort und damit ihr allgemeines Wohlbefinden auswirken könne. Sie hat daher die Art der fraglichen Waren und insbesondere ihre Kosten berücksichtigt. Sie hat auch berücksichtigt, dass der Durchschnittsverbraucher sie nicht regelmäßig nutze, was zur Folge habe, dass er eine Kaufentscheidung nach eingehender Prüfung und nach genauer und bedachter Auswahl treffe, und daraus den Schluss gezogen, dass der Grad der Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers hoch sei.

51      Um die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung des Aufmerksamkeitsgrads des Durchschnittsverbrauchers zu beanstanden, genügt es nicht, dass ein Kläger vorträgt, der Verbraucher schenke in einem bestimmten Bereich Marken besondere Aufmerksamkeit. Er muss diese Behauptung auch mit Tatsachen und Beweisen belegen (Urteile vom 13. April 2005, Gillette/HABM – Wilkinson Sword [RIGHT GUARD XTREME sport], T‑286/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2005:126, Rn. 21, vom 16. Oktober 2013, Zoo Sport/HABM – K-2 [zoo sport], T‑455/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:531, Rn. 35, und Beschluss vom 9. September 2019, Shore Capital International/EUIPO – Circle Imperium [The Inner Circle], T‑575/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:580, Rn. 23).

52      Im vorliegenden Fall beruht die Behauptung der Klägerin, die maßgeblichen Verkehrskreise legten einen außergewöhnlich hohen Grad an Aufmerksamkeit an den Tag, der noch höher sei als der von der Beschwerdekammer angenommene „hohe“ Grad, allein auf der Behauptung, dass zum einen der Abstand zwischen zwei Käufen länger sei als der von der Beschwerdekammer geschätzte Zeitraum und zum anderen Hörgeräte die Fähigkeit der Verbraucher zur Teilnahme am sozialen Austausch berührten und damit die Lebensqualität entscheidend beeinflussen könnten. Diese Argumente wurden jedoch nicht durch geeignete Beweismittel untermauert. Im Übrigen deutet entgegen dem Vorbringen der Klägerin nichts darauf hin, dass diese Umstände, selbst wenn sie bewiesen wären, tatsächlich größere Auswirkungen hätten und dazu beitragen würden, einen noch höheren Aufmerksamkeitsgrad hervorzurufen als von der Beschwerdekammer festgestellt.

53      Folglich ist der zweite Teil des einzigen Klagegrundes zurückzuweisen.

c)      Zum dritten Teil: fehlerhafte Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken

54      Mit diesem dritten Teil wendet sich die Klägerin teilweise gegen die oben in den Rn. 14 und 16 geschilderte Beurteilung der Beschwerdekammer und stellt die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in Abrede.

55      Dieser Teil umfasst im Wesentlichen fünf Rügen, nämlich Fehler bei der Beurteilung des Vorhandenseins unterscheidungskräftiger und dominierender Bestandteile in den einander gegenüberstehenden Marken, beim visuellen, klanglichen und begrifflichen Vergleich dieser Marken und bei der Gesamtbeurteilung der Ähnlichkeit dieser Marken.

1)      Zu den unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteilen

56      Erstens vertritt die Klägerin im Wesentlichen die Auffassung, die Beschwerdekammer habe verkannt, dass der gemeinsame Bestandteil „direct“ kein unterscheidungskräftiger oder dominierender Bestandteil sei. Dieser Bestandteil werde nämlich für Waren der Klasse 9 inflationär benutzt, so dass der Verbraucher nicht ihn, sondern die übrigen Bestandteile der älteren Marke heranziehe, um die Herkunft der streitigen Waren zu bestimmen. Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin als Anhang A.10 zur Klageschrift Auszüge aus dem Register des EUIPO vorgelegt, die eingetragene Marken mit dem Bestandteil „direct“ betreffen. Zweitens bekräftigt sie die Auffassung der Beschwerdekammer in Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung, der Begriff „direct“ werde von den maßgeblichen spanischen Verkehrskreisen im Sinne von „ohne Umweg, ohne Vermittler“ verstanden. Drittens sei die Buchstabengruppe „biz“ aufgrund ihrer intensiveren Farbe der dominierende Bestandteil der älteren Marke. Dies müsse umso mehr gelten, als der Verbraucher dem Anfang einer Marke im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit schenke als deren Ende. Viertens werde die ältere Marke durch ihre ungewöhnliche grafische Gestaltung hinsichtlich der verwendeten Schriftart, der Buchstaben „b“, „d“, „r“, „c“ und „t“, deren Rundungen jeweils einem Kreisbogen folgten und ausschließlich mit geraden Linien kombiniert seien, sowie dem fehlenden I-Punkt, geprägt, was für den Gesamteindruck bedeutsam sei. Das dem Wortelement „bizdirect“ vorangestellte Bildelement, das aus zwölf Dreiecken bestehe, die der Größe nach sortiert in einem Kreis angeordnet seien und deren Spitze jeweils auf das nachfolgende Dreieck zeige, sei ebenfalls für den Verbraucher bedeutsam, da dieser es mit einer Wendeltreppe und mit dem animierten Symbol, das auf vielen Computern und mobilen Endgeräten beim Laden eines Programms oder einer Internetseite eingeblendet werde, in Verbindung bringe. Die Beschwerdekammer habe daher die Bedeutung des Bestandteils „direct“ für den Gesamteindruck der älteren Marke überbewertet, und die Bedeutung der übrigen Bestandteile, insbesondere der grafisch-typografischen Gestaltung, unterbewertet. Fünftens komme dem Bestandteil „direct“ nur eine untergeordnete Bedeutung in dem von der streitigen Marke hervorgerufenen Gesamteindruck zu, der durch den Buchstaben „b“ geprägt sei, der den Anfang der Marke bilde und keine beschreibende Bedeutung habe.

57      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

58      Es ist insoweit festzustellen, dass die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken sich nicht darauf beschränken kann, nur einen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das die maßgeblichen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass die Tatsache, dass ein Bestandteil nicht zu vernachlässigen ist, nicht bedeutet, dass er dominierend ist; ebenso bedeutet die Tatsache, dass ein Bestandteil nicht dominierend ist, keineswegs, dass er zu vernachlässigen ist (Urteile vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 42 bis 44).

59      Nach der Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile einer zusammengesetzten Marke dominierend sind, die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile insbesondere in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden. In zweiter Linie kann auch auf die jeweilige Rolle der einzelnen Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der zusammengesetzten Marke abgestellt werden (Urteil vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, EU:T:2002:261, Rn. 35; vgl. auch Urteile vom 16. Januar 2008, Inter‑Ikea/HABM – Waibel [idea], T‑112/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:10, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 16. Juli 2014, Erreà Sport/HABM – Facchinelli [ANTONIO BACIONE], T‑36/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:673, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Im vorliegenden Fall ist erstens die Frage der originären Unterscheidungskraft des gemeinsamen Elements „direct“ im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren zu untersuchen, um zu prüfen, ob bzw. inwieweit es geeignet ist, dazu beizutragen, diese als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu identifizieren und sie damit von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Continental Reifen Deutschland/Compagnie générale des établissements Michelin, C‑84/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:596, Rn. 73, und vom 22. Mai 2012, Sport Eybl & Sports Experts/HABM – Seven [SEVEN SUMMITS], T‑179/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:254, Rn. 55).

61      Die Klägerin, der die Beweislast obliegt, hat aber weder nachgewiesen, dass dieses Wortelement, das dem spanischen Begriff „directo“ nahe steht und für das spanischsprachige Publikum „ohne Umweg, ohne Vermittler“ bedeutet, im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren eine besondere Bedeutung oder zu diesen eine Verbindung hat, noch, dass seine Verwendung in dem betreffenden Bereich üblich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2018, SEVENOAK, T‑339/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:815, Rn. 55). Das Fehlen einer unmittelbaren Verbindung zwischen dem fraglichen Bestandteil und den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren verleiht diesem Bestandteil nämlich Unterscheidungskraft.

62      Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin entkräftet, dass eine erhebliche Zahl von Marken mit dem Begriff „direct“ eingetragen sei. Abgesehen davon, dass das Dokument in Anhang A.10 der Klageschrift unzulässig ist, da es zum ersten Mal im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt wurde (siehe oben, Rn. 23 und 24), geht nämlich aus der Rechtsprechung hervor, dass die Klägerin zur Stützung ihrer Behauptung wesentliche Ähnlichkeiten hätte nachweisen müssen, nicht nur in Bezug auf das Vorhandensein des Wortelements „direct“ in älteren Marken, sondern auch in Bezug auf die Platzierung, die Schriftart, die Art der verzierenden Darstellung, eine etwaige besondere Schreibweise eines der Buchstaben dieses Wortes sowie gegebenenfalls Wort- und Bildzusätze vor oder nach diesem Wort oder dieser Zahl. Darüber hinaus hätte sie dartun müssen, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken auf dieselben Waren beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Februar 2013, Seven for all mankind/Seven, C‑655/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:94, Rn. 49, vom 14. Januar 2016, The Cookware Company/HABM – Fissler [VITA+VERDE], T‑535/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:2, Rn. 40 und 41, und vom 21. November 2018, SEVENOAK, T‑339/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:815, Rn. 55). Durch die Vorlage der Liste allein erfüllt die Klägerin daher nicht die ihr obliegende Beweislast.

63      Auch wenn das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass mit ihm eine Koexistenz älterer Marken auf dem Markt dargetan werden soll, die möglicherweise die Verwechslungsgefahr verringern könnte, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Eventualität nur berücksichtigt werden kann, wenn die Klägerin im Verwaltungsverfahren vor dem EUIPO zumindest hinreichend nachgewiesen hat, dass die betreffende Koexistenz darauf beruht, dass für die angesprochenen Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr zwischen den älteren Marken, auf die sie sich beruft, und der älteren Marke, auf die sich der Widerspruch stützt, bestand, und unter dem Vorbehalt, dass die in Rede stehenden älteren Marken und die einander gegenüberstehenden Marken identisch sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Mai 2005, Grupo Sada/HABM – Sadia [GRUPO SADA], T‑31/03, EU:T:2005:169, Rn. 86, und vom 3. Oktober 2019, Wanda Films und Wanda Visión/EUIPO – Dalian Wanda Group [WANDA FILMS], T‑533/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:727, Rn. 56).

64      Es genügt jedoch die Feststellung, dass die Klägerin keine näheren Angaben zu den Waren oder Dienstleistungen gemacht hat, für die die älteren auf dem Markt befindlichen Marken eingetragen sind. Außerdem stellt die Liste allein keinen Nachweis für die Benutzung dieser Marken dar. Sie beweist daher weder ihre Koexistenz auf dem Markt noch das Fehlen einer Verwechslungsgefahr zwischen diesen Marken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2012, Lancôme/HABM – Focus Magazin Verlag [COLOR FOCUS], T‑204/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:523, Rn. 50).


65      Daraus folgt, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass dem Bestandteil „direct“ jede Unterscheidungskraft fehlt.

66      Zweitens hat entgegen dem Vorbringen der Klägerin die fehlende Unterscheidungskraft des Bestandteils „direct“ allein, selbst wenn sie erwiesen wäre, nicht zur Folge, dass dem anderen Bestandteil „biz“ der älteren Marke automatisch Unterscheidungskraft und Dominanz verliehen würde. Eine solche Unterscheidungskraft und Dominanz ist nämlich im Hinblick auf die inneren Eigenschaften dieses anderen Bestandteils und das relative Gewicht, das er in dieser Marke im Vergleich zu dem Bestandteil „direct“ einnimmt, zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2016, Gervais Danone/EUIPO – Mahou [B’lue], T‑803/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:251, Rn. 30).

67      Was die Beurteilung der Bedeutung betrifft, die den unterschiedlichen Bestandteilen der einander gegenüberstehenden Marken beizumessen ist, ist darauf hinzuweisen, dass eine Ähnlichkeit zwischen zwei Marken nicht voraussetzt, dass ihr gemeinsamer Bestandteil in dem von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck dominiert. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert nämlich die Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen zwei Marken die Betrachtung jeder dieser Marken als Ganzes, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Nur wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind, kann es indessen für die Beurteilung der Ähnlichkeit allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen. Dabei reicht es aus, dass die genannte gemeinsame Komponente nicht vernachlässigbar ist (vgl. Urteil vom 27. September 2018, Sevenfriday/EUIPO – Seven [SEVENFRIDAY], T‑449/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:612, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Wie die Klägerin im Übrigen geltend macht, wurde ebenfalls bereits wiederholt entschieden, dass der Verbraucher dem Anfang einer Marke im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit widmet als deren Ende und dass das Wort am Anfang des Zeichens geeignet ist, einen bedeutenderen Eindruck zu hinterlassen als der Rest des Zeichens (vgl. Urteile vom 19. Juni 2018, Damm/EUIPO – Schlossbrauerei Au, Willibald Beck Freiherr von Peccoz [EISKELLER], T‑859/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:352, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. November 2018, SEVENOAK, T‑339/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:815, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Regel kann jedoch, wie das EUIPO zu Recht ausführt, nicht losgelöst von den Umständen des konkreten Falles, insbesondere den spezifischen Merkmalen der einander gegenüberstehenden Zeichen, angewandt werden (Urteil vom 13. April 2011, United States Polo Association/HABM – Textiles CMG [U.S. POLO ASSN.], T‑228/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:170, Rn. 37).


69      Im vorliegenden Fall vermag das Argument der Klägerin, dass der Bestandteil „biz“ am Anfang der älteren Marke und der Anfangsbuchstabe „b“ der streitigen Marke die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich zögen und dass die Beschwerdekammer die Bedeutung dieser Bestandteile beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken unterschätzt habe, nicht zu überzeugen. Wie oben in den Rn. 58 und 59 ausgeführt, ist bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken auf den durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen. Aus den Rn. 32 und 33 der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Beschwerdekammer gerade deshalb, weil sie den jeweils hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigt hat, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die einander gegenüberstehenden Marken einen durchschnittlichen Grad an visueller, klanglicher und begrifflicher Ähnlichkeit aufwiesen, während ihr gemeinsamer Bestandteil „direct“ aus ihrer Sicht eine relativ schwache Unterscheidungskraft aufweise (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 22. Mai 2014, Cantina Broglie 1/HABM – Camera di Commercio, Industria, Artigianato e Agricoltura di Verona [ZENATO RIPASSA], T‑153/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:496, Rn. 60 und 61).

70      Was drittens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die ältere Marke sei gekennzeichnet zum einen durch ihre ungewöhnliche grafische Gestaltung in Bezug auf die verwendete Schriftart, die Buchstaben „b“, „d“, „r“, „c“ und „t“, deren Rundungen jeweils einem Kreisbogen folgten und ausschließlich mit geraden Linien kombiniert seien, sowie dem fehlenden I-Punkt, und zum anderen durch das dem Wortelement „bizdirect“ vorangestellte Bildelement, das aus zwölf Dreiecken bestehe, die der Größe nach sortiert in einem Kreis angeordnet seien und deren Spitze jeweils auf das nachfolgende Dreieck zeige, ist darauf hinzuweisen, dass bei Marken, die aus Wort- und Bildelementen bestehen, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Kennzeichnungskraft der Wortelemente die der Bildelemente übertrifft, weil ein Durchschnittsverbraucher zur Bezugnahme auf die fragliche Ware eher den Namen der Marke nennen wird, als ihr Bildelement zu beschreiben (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012, Gitana/HABM – Teddy [GITANA], T‑569/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:282, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil vom 14. Juli 2016, Preferisco Foods/EUIPO – Piccardo & Savore’ [PREFERISCO], T‑371/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:414, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da die Verbraucher die Marken nicht gleichzeitig betrachten und die grafischen Elemente der Marken einen rein dekorativen Charakter haben, den sie sich nur schwer einprägen können, werden die Verbraucher dazu neigen, ihre Aufmerksamkeit auf den gemeinsamen Bestandteil „direct“ zu richten und diesen im Gedächtnis zu behalten.

71      Daher gelangte die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass der Wortbestandteil „direct“ im Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken nicht außer Acht gelassen werden dürfe.

2)      In visueller Hinsicht

72      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken in visueller Hinsicht nicht ähnlich seien. Erstens unterscheide sich die streitige Marke von der älteren Marke in Bezug auf den Großbuchstaben „B“, gefolgt von einem Bindestrich. Zweitens weise die streitige Marke keines der dominierenden Gestaltungselemente der älteren Marke auf, wie den Bildbestandteil, die Abstufung, die ungewöhnliche Schriftart und den fehlenden Punkt auf dem Buchstaben „i“. Drittens habe die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass der Bestandteil „direct“ proportional die bedeutendste Komponente sei, verkannt, dass sich dieser Bestandteil, der in der älteren Marke ungefähr die Hälfte der Fläche und in der streitigen Marke 80 % einnehme, in seinen Proportionen unterscheide. Jedenfalls sei die Fläche, die ein Bestandteil der einander gegenüberstehenden Zeichen einnehme, kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung des von einer Marke hervorgerufenen Gesamteindrucks.

73      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

74      Zum visuellen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken ist darauf hinzuweisen, dass nichts dagegen einzuwenden ist, dass geprüft wird, ob zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke bildliche Ähnlichkeit besteht, da beide Markenarten Gegenstand einer grafischen Gestaltung sind, die einen optischen Eindruck vermitteln kann (vgl. Urteil vom 4. Mai 2005, Chum/HABM – Star TV [STAR TV], T‑359/02, EU:T:2005:156; Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Da es sich bei der streitigen Marke um eine Wortmarke handelt, könnte sie von ihrem Inhaber in verschiedenen grafischen Darstellungen benutzt werden, einschließlich jenen, die mit denjenigen der älteren Marke identisch sind. Folglich kommt den Bildbestandteilen der älteren Marke im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr gegenüber ihrem Wortbestandteil nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Aufgrund der hauptsächlich verzierenden Funktion der Bildelemente der älteren Marke kann auch der Umstand, dass diese Elemente in der streitigen Marke nicht abgebildet sind, nicht jede visuelle Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken ausschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2018, SEVENFRIDAY, T‑449/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:612, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist daher für den visuellen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken nicht wesentlich, dass die Buchstaben im vorliegenden Fall in der älteren Marke die oben in Rn. 70 beschriebenen Besonderheiten aufweisen.

76      Im vorliegenden Fall weisen die einander gegenüberstehenden Marken eine unterschiedliche Zahl von Buchstaben auf, da die ältere Marke aus neun Buchstaben besteht, während die streitige Marke nur sieben Buchstaben enthält. Ein solcher Unterschied ist jedoch nicht geeignet, die visuelle Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Marken erheblich zu verringern. Die einander gegenüberstehenden Marken weisen nämlich sechs Buchstaben in der gleichen Reihenfolge auf, und zwar „d“, „i“, „r“, „e“, „c“ und „t“. Die Zeichen beginnen mit demselben Buchstaben „b“ und enden mit dem Bestandteil „direct“. Der Unterschied in der Schreibweise findet sich nur im zweiten und im dritten Buchstaben in der älteren Marke, nämlich „i“ und „z“, und im Bindestrich zwischen dem Anfangsbuchstaben „b“ und dem Bestandteil „direct“ in der streitigen Marke. Die Beschwerdekammer gelangte daher in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis, dass der gemeinsame Bestandteil „direct“ in den einander gegenüberstehenden Marken proportional die bedeutendste Komponente sei.

77      Außerdem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer im Rahmen des visuellen Zeichenvergleichs den Bildbestandteil der älteren Marke gebührend berücksichtigt hat und, wie oben in Rn. 70 ausgeführt, zu Recht festgestellt hat, dass er mit dem Bestandteil „biz“ dazu beitrage, den Grad der Ähnlichkeit der Zeichen zu begrenzen, den sie als lediglich durchschnittlich eingestuft hat. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieses Bildelement entgegen der – im Übrigen nicht substantiierten – Behauptung der Klägerin tatsächlich eine größere Wirkung hätte und dazu beitragen würde, einen anderen visuellen Eindruck zu erzeugen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. Mai 2020, Pontinova/EUIPO – Ponti & Partners [pontinova], T‑76/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:212, Rn. 42).

78      Zum Vorbringen der Klägerin, dass die von einem Bestandteil der einander gegenüberstehenden Marken eingenommene Fläche kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung des von einer Marke hervorgerufenen Gesamteindrucks sei, genügt die Feststellung, dass die Klägerin, wie oben in den Rn. 65 und 71 ausgeführt, nicht nachgewiesen hat, dass dem Bestandteil „direct“ jede Unterscheidungskraft fehle, so dass dieser Bestandteil in dem von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufenen Gesamteindruck nicht außer Acht gelassen werden kann.

79      Somit ist die Beschwerdekammer in Rn. 43 der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die einander gegenüberstehenden Marken in visueller Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit aufwiesen.

3)      In klanglicher Hinsicht

80      Die Klägerin macht geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen eine lediglich geringe klangliche Ähnlichkeit aufwiesen. Erstens sei die Auffassung der Beschwerdekammer, die Buchstabengruppe „biz“ werde vom spanischsprachigen Publikum „biθ“ ausgesprochen, falsch, da der Bestandteil „biz“ als „bið“ ausgesprochen werde. Zweitens wiesen die einander gegenüberstehenden Marken unterschiedliche Vokalfolgen auf, nämlich den Vokal „i“ in der älteren Marke und den Vokal „e“ in der streitigen Marke, und unterschieden sich daher in der ersten Silbe, die den von den einzelnen Marken hervorgerufenen Gesamteindruck präge. Drittens komme dem gemeinsamen Bestandteil „direct“ aufgrund seiner fehlenden Unterscheidungskraft und Dominanz angesichts des von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufenen Gesamteindrucks nur untergeordnete Bedeutung zu.

81      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

82      Die Aussprache der einander gegenüberstehenden Marken ist hinsichtlich des gemeinsamen Wortelements „direct“ identisch. Zudem ist ihre Silbenstruktur identisch, da sie jeweils drei Silben aufweisen. Die sich daraus ergebende Ähnlichkeit kann durch die Abweichung, die durch den Anfangsbuchstaben „b“ der streitigen Marke und den Bestandteil „biz“ der älteren Marke hervorgerufen wird, nicht ausgeglichen werden. Das Vorhandensein eines Bindestrichs innerhalb der streitigen Marke hat als solches mündlich keine Auswirkungen. Jedenfalls ist mit dem EUIPO darauf hinzuweisen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise bei der Aussprache der einander gegenüberstehenden Marken eine Pause zwischen ihrem Anfangsbestandteil, nämlich „biz“, bei der älteren Marke und „B-“ bei der streitigen Marke und ihrem gemeinsamen Bestandteil „direct“ machen.

83      Was die Aussprache des Buchstabens „z“ an dritter Stelle der älteren Marke betrifft, genügt der Hinweis, dass dieser unabhängig davon, ob er vom Verbraucher mit einem stimmlosen oder stimmhaften dentalen Frikativ ausgesprochen wird, nicht als besonders markanter Konsonant angesehen werden kann, der geeignet wäre, den von der älteren Marke hervorgerufenen klanglichen Eindruck wesentlich zu beeinflussen. Da den einander gegenüberstehenden Marken der erste Buchstabe „b“ und der Bestandteil „direct“ gemeinsam sind, verleiht die Aussprache des Buchstabens „z“ dem Gesamtbegriff „bizdirect“ keinen hinreichend abweichenden Klang.

84      Wie die Beschwerdekammer in Rn. 44 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, kann auch die unterschiedliche Aussprache des Buchstabens „b“, der von den maßgeblichen Verkehrskreisen in der streitigen Marke als „be“ ausgesprochen wird, während die ersten beiden Buchstaben der älteren Marke „bi“ ausgesprochen werden, nichts daran ändern, dass beide Marken mit dem gemeinsamen Konsonanten „b“ beginnen.

85      Das Vorbringen der Klägerin, dem gemeinsamen Bestandteil „direct“ komme im Hinblick auf den Gesamteindruck, der von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufen werde, wegen seiner vermeintlich fehlenden Unterscheidungskraft und nicht dominierenden Bedeutung nur eine untergeordnete Bedeutung zu, kann nicht gefolgt werden, da dieser Bestandteil zwei der drei Silben dieser Marken ausmacht und deren Aussprache erheblich bestimmt.

86      Daher hat die Beschwerdekammer in den Rn. 44 und 45 der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit bestehe.

4)      In begrifflicher Hinsicht

87      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die einander gegenüberstehenden Marken sich begrifflich nicht ähnlich seien. Insbesondere seien sich die maßgeblichen Verkehrskreise wegen der fehlenden Bedeutung der Buchstabengruppe „biz“ am Anfang der älteren Marke und des Buchstabens „b“ am Anfang der streitigen Marke, gefolgt von einem Bindestrich, über die begriffliche Bedeutung der Gesamtmarken im Unklaren. In Anbetracht des Bestandteils „direct“, der „ohne Umweg, ohne Vermittler“ bedeute, fragten sich die maßgeblichen Verkehrskreise, was genau „direkt“ und „ohne Umweg“ funktionieren solle, und suchten folglich nach der Bedeutung der Bestandteile „B-“ und „biz“. Jedenfalls erkenne das maßgebliche Publikum aufgrund unterschiedlicher Elemente, die dem gemeinsamen Bestandteil „direct“ vorangestellt seien, dass die einander gegenüberstehenden Marken unterschiedliche Bedeutungen hätten.

88      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

89      Die Klägerin beanstandet nicht die Beurteilung der Beschwerdekammer in Bezug auf die Bedeutung des gemeinsamen Bestandteils „direct“, der für die maßgeblichen Verkehrskreise den Begriffen „ohne Umweg“ und „ohne Vermittler“ entspricht. Das vage Argument, dass diese Bedeutung den Verbraucher dazu verleite, die Frage zu überdenken, was gerade „direkt“ und „ohne Umweg“ funktionieren solle, so dass er nach der Bedeutung der Bestandteile „B-“ und „biz“ suche, kann nicht durchgreifen. Es genügt insoweit, in Übereinstimmung mit dem EUIPO festzustellen, dass es wenig realistisch erscheint, dass der Durchschnittsverbraucher solche Überlegungen oder gar Nachforschungen anstellt.

90      Folglich hat die Beschwerdekammer in den Rn. 46 und 47 der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei eine durchschnittliche Ähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht festgestellt.

5)      Zur Beurteilung des von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufenen Gesamteindrucks

91      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe bei ihrer Gesamtbeurteilung die unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile der einander gegenüberstehenden Marken außer Acht gelassen und ihre Ähnlichkeit fast ausschließlich aus ihrer Ähnlichkeit hinsichtlich des weder unterscheidungskräftigen noch dominierenden Bestandteils „direct“ abgeleitet. Erstens ergebe sich die fehlende Ähnlichkeit aus der visuellen Verschiedenheit der einander gegenüberstehenden Marken. Zweitens vertritt die Klägerin unter Berufung auf das Urteil vom 22. Juni 2010, CM Capital Markets/HABM – Carbon Capital Markets (CARBON CAPITAL MARKETS Emissions Compliance Solutions & Carbon Finance) (T‑490/08, EU:T:2010:250, Rn. 44 bis 51, 54 bis 56 und 61 bis 63), die Auffassung, dass die geringe klangliche Ähnlichkeit zwischen diesen Marken durch ihre Unähnlichkeit in visueller und begrifflicher Hinsicht neutralisiert werde.

92      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

93      In Bezug auf das Urteil vom 22. Juni 2010, CARBON CAPITAL MARKETS Emissions Compliance Solutions & Carbon Finance (T‑490/08, EU:T:2010:250), genügt die Feststellung, dass sich die Klägerin auf die Erwähnung dieses Urteils beschränkt, ohne das geringste Argument dafür vorzubringen, dass es die Beurteilung der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall entkräften könnte. Außerdem ist mit dem EUIPO darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil einen Sachverhalt betrifft, der sich von dem des vorliegenden Falles unterscheidet. Erstens unterschieden sich die Marken, die in der von der Klägerin angeführten Rechtssache verglichen wurden, von denen des vorliegenden Falles. Zweitens waren die in jener Rechtssache in Rede stehenden Marken visuell unähnlich. Da dies hier nicht der Fall ist, kann das Vorbringen der Klägerin nicht durchgreifen.

94      Es ist daher mit der Beschwerdekammer und dem EUIPO festzustellen, dass in Anbetracht der durchschnittlichen Ähnlichkeit in visueller, klanglicher und begrifflicher Hinsicht zwischen der streitigen Marke und der älteren Marke zwischen diesen Marken in ihrer Gesamtbetrachtung eine durchschnittliche Ähnlichkeit besteht.

95      Folglich ist der dritte Teil des einzigen Klagegrundes zurückzuweisen.

d)      Zum vierten Teil: fehlerhafte Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr

96      Mit diesem vierten und letzten Teil macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Die maßgeblichen Verkehrskreise brächten den einander gegenüberstehenden Marken ein außergewöhnlich hohes Maß an Aufmerksamkeit entgegen. Selbst wenn man ein geringes Maß an Waren- oder Markenähnlichkeit annehmen wollte, hätte dies keine Verwechslungsgefahr zur Folge, da kein Faktor, weder Warenähnlichkeit, Markenähnlichkeit noch Kennzeichnungskraft der älteren Marke, zu einem erhöhten Grad vorliege, was aber Mindestvoraussetzung dafür wäre, einen geringen Grad an Ähnlichkeit auszugleichen. Darüber hinaus macht die Klägerin unter Berufung auf das Urteil vom 5. Dezember 2013, Grebenshikova/HABM – Volvo Trademark (SOLVO) (T‑394/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:627, Rn. 37 und 38), geltend, dass dem visuellen Vergleich bei der Kennzeichnung von Software eine besonders hohe Bedeutung zukomme.

97      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

98      Es ist einleitend darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Klägerin vor der Beschwerdekammer nicht vorgebracht hat, der von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufene visuelle Eindruck sei für die in Rede stehende Software von besonders hoher Bedeutung, ihr nicht das Recht nehmen kann, dieses Argument vor dem Gericht geltend zu machen (vgl. oben, Rn. 36).

99      Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung, wie bereits oben in Rn. 30 festgestellt, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise umfassend und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen.

100    Im vorliegenden Fall ist erstens oben in Rn. 44 festgestellt worden, dass die von der streitigen Marke erfassten Waren „Software für Hörgeräte“ und die von der älteren Marke erfassten Waren „Computersoftware“ identisch sind.

101    Zweitens hat die Klägerin weder die Feststellungen der Beschwerdekammer in den Rn. 21, 24 und 25 der angefochtenen Entscheidung beanstandet, dass sich die streitigen Waren insbesondere an die breite Öffentlichkeit richteten, noch den sowohl von der Widerspruchsabteilung als auch von der Beschwerdekammer gewählten Ansatz, die Prüfung der Verwechslungsgefahr auf das spanischsprachige Gebiet der Union zu konzentrieren.

102    Zum Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise ergibt sich oben aus Rn. 52, dass die Klägerin ihre Behauptung, der Durchschnittsverbraucher zeichne sich nicht durch einen hohen, sondern durch einen außergewöhnlich hohen Aufmerksamkeitsgrad aus, nicht untermauert hat.

103    Zudem ist in Übereinstimmung mit dem EUIPO davon auszugehen, dass selbst ein außerordentlicher Aufmerksamkeitsgrad für sich genommen nicht geeignet ist, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auszuschließen. Wenn nämlich eine Verwechslungsgefahr durch andere Faktoren, wie die Identität oder große Ähnlichkeit der Marken und die Identität der Waren, hervorgerufen wird, kann zur Verhinderung einer Verwechslung nicht allein auf die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise abgestellt werden. Es ist in jedem Einzelfall eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorzunehmen. Im Rahmen dieser umfassenden Beurteilung ist der Aufmerksamkeitsgrad der betroffenen Verkehrskreise nur einer der verschiedenen Gesichtspunkte, die zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2013, Equinix [Germany]/HABM – Acotel [ancotel.], T‑443/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:605, Rn. 53 bis 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hierbei geht es um den Aufmerksamkeitsgrad, den die maßgeblichen Verkehrskreise bei der Ermittlung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Waren an den Tag legen. Dass die in Rede stehenden Verkehrskreise der Frage mehr Beachtung beimessen, um welchen Hersteller oder Anbieter es sich im Fall der Waren oder Dienstleistungen, die sie erwerben möchten, genau handelt, bedeutet hingegen nicht, dass sie die Marke, mit der sie konfrontiert werden, bis ins letzte Detail untersuchen oder minutiös mit einer anderen Marke vergleichen. Denn selbst für ein Publikum, das einen hohen Aufmerksamkeitsgrad an den Tag legt, trifft es zu, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (vgl. Urteil vom 21. November 2013, ancotel., T‑443/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:605, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Drittens ergibt sich oben aus Rn. 65, dass der Wortbestandteil „direct“ in dem von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufenen Gesamteindruck nicht außer Acht gelassen werden darf.

105    Viertens weisen die einander gegenüberstehenden Marken, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, eine durchschnittliche visuelle, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit auf. Die Wortbestandteile der beiden Marken, die in dem von ihnen jeweils hervorgerufenen Gesamteindruck eine herausragende Stellung einnehmen, sind nahezu identisch. Sie unterscheiden sich nur durch die Buchstaben „i“ und „z“ in der älteren Marke anstelle des Bindestrichs in der streitigen Marke. Diese Unterschiede sind nur von geringer Bedeutung, da die maßgeblichen Verkehrskreise, auch wenn sie einen hohen oder außergewöhnlich hohen Aufmerksamkeitsgrad an den Tag legen, nur ein unvollkommenes Bild der älteren Marke im Gedächtnis behalten haben werden.

106    Was im Übrigen die Unterschiede betrifft, die zwischen den beiden Marken aufgrund des Vorhandenseins der Bildelemente in der älteren Marke bestehen, ist es angesichts der großen Ähnlichkeit ihrer Wortbestandteile möglich, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die streitige Marke, wenn sie mit ihr konfrontiert sind, als eine aktualisierte und modernisierte Version der älteren Marke wahrnehmen und nicht als eine andere Marke, die auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist. Daher reicht das Vorhandensein dieser Bildelemente in der älteren Marke nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2013, ancotel., T‑443/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:605, Rn. 56).

107    Angesichts der durchschnittlichen visuellen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken kann diese Feststellung auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, dass dem visuellen Vergleich dieser Marken bei der Entscheidung des Verbrauchers im Bereich der Software besondere Bedeutung zukomme.

108    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen und unabhängig davon, welchen genauen Aufmerksamkeitsgrad die maßgeblichen Verkehrskreise an den Tag legen, ist daher festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht und ohne Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 angenommen hat, dass im vorliegenden Fall für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bestehe.

109    Somit ist der vierte Teil des einzigen Klagegrundes zurückzuweisen und demnach die Klage insgesamt abzuweisen.

IV.    Kosten

110    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Sonova AG trägt die Kosten.

Collins

De Baere

Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Februar 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.