Language of document : ECLI:EU:T:2011:588

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

12. Oktober 2011(*)

„Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Belgischer Energiemarkt – Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird – Verpflichtungen in der ersten Phase der Prüfung – Entscheidung, mit der die teilweise Verweisung der Prüfung des Zusammenschlusses an die nationalen Behörden abgelehnt wird – Nichtigkeitsklage – Verbraucherverband – Rechtsschutzinteresse – Nichteinleitung des eingehenden Prüfverfahrens – Verfahrensrechte – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑224/10

Association belge des consommateurs test-achats ASBL mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Fratini und Rechtsanwalt F. Filpo,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan, A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Électricité de France (EDF) mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte C. Lazarus, A. Amsellem und A. Fontanille, dann Rechtsanwälte C. Lazarus und A. Creus Carreras,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (2009) 9059 der Kommission vom 12. November 2009, mit der ein Zusammenschluss gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1) für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurde (Sache COMP/M.5549 – EDF/Segebel) und der Entscheidung C (2009) 8954 der Kommission vom 12. November 2009, mit der der Antrag der zuständigen belgischen Behörden auf teilweise Verweisung des Falles nach Art. 9 der Verordnung abgelehnt wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten E. Moavero Milanesi (Berichterstatter) sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Association belge des consommateurs test-achats ASBL, ist ein Verein ohne Gewinnzweck, dessen Hauptziel der Schutz der Verbraucherinteressen insbesondere in Belgien ist. Sie ist von den Behörden unabhängig und wird durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert. Mit rund 350 000 Einzelmitgliedern handelt es sich um den größten Verbraucherverband in Belgien.

2        Im Juni 2009 erfuhr die Klägerin, dass die Électricité de France (EDF) angekündigt hatte, die alleinige Kontrolle über die Segebel SA erwerben zu wollen (im Folgenden: in Rede stehender Zusammenschluss). Die Segebel SA war eine Holding, deren einziger Vermögenswert eine Beteiligung von 51 % an der SPE SA war, dem zweitgrößten Stromanbieter in Belgien nach dem ältesten Anbieter Electrabel SA, der von der GDF Suez SA kontrolliert wurde. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hielt der französische Staat 84,6 % der Aktien der EDF. An GDF Suez hielt Frankreich eine Minderheitsbeteiligung von 35,91 %. Diese Beteiligungen wurden von der Agence des participations de l’État über zwei getrennte Direktionen verwaltet.

3        Am 23. Juni 2009 richtete die Klägerin ein Schreiben an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, in dem sie ihre Bedenken zum in Rede stehenden Zusammenschluss äußerte (im Folgenden: Schreiben vom 23. Juni 2009). In diesem Zusammenhang forderte sie die Kommission auf, die angeblichen negativen Auswirkungen der Präsenz des französischen Staates unter den Anteilseignern von EDF und von GDF Suez auf den Wettbewerb zu untersuchen, insbesondere auf den belgischen Gas- und Strommärkten. Darüber hinaus beantragte die Klägerin ihre Anhörung nach Art. 11 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 133, S. 1), da der in Rede stehende Zusammenschluss Auswirkungen auf von Endverbrauchern genutzte Waren oder Dienstleistungen habe.

4        Die Kommission antwortete der Klägerin am 20. Juli 2009, dass ihre Stellungnahme bei der Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses berücksichtigt würde, wenn dieser als Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung eingestuft würde.

5        Am 23. September 2009 meldete EDF den in Rede stehenden Zusammenschluss gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1) bei der Kommission an. Am 30. September 2009 wurde eine Bekanntmachung der Anmeldung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 235, S. 26) veröffentlicht und interessierten Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin hat auf diese Bekanntmachung nicht reagiert.

6        Am 14. Oktober 2009 stellte die Autorité belge de concurrence (belgische Wettbewerbsbehörde) bei der Kommission einen Antrag auf teilweise Verweisung der Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses nach Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 in Bezug auf den belgischen Strommarkt (im Folgenden: Verweisungsantrag).

7        Die Kommission nahm eine Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses vor, indem sie Fragebögen an Kunden, Wettbewerber, Lieferanten und Berufsverbände sowie an die Commission de régulation de l’électricité et du gaz (Regulierungskommission für Strom und Gas, im Folgenden: CREG) sandte. Darüber hinaus wurden die von EDF am 23. Oktober 2009 abgegebenen Verpflichtungszusagen im Rahmen der Anhörung von 20 unterschiedlichen Akteuren, insbesondere bestimmter Stromerzeuger und ‑versorger, der CREG und der Autorité belge de concurrence, einem Markttest unterzogen.

8        Am 12. November 2009 erließ die Kommission zum einen die Entscheidung C (2009) 8954 (Sache COMP/M.5549 – EDF/Segebel) (im Folgenden: ablehnende Verweisungsentscheidung), mit der der Antrag der zuständigen belgischen Behörden auf teilweise Verweisung des Falles abgelehnt wurde, und zum anderen die Entscheidung C (2009) 9059 (Sache COMP/M.5549 – EDF/Segebel) (im Folgenden: Genehmigungsentscheidung), mit der der in Rede stehende Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurde. Die Genehmigungsentscheidung erging auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004. Aufgrund der geänderten Verpflichtungszusagen der EDF war die Kommission nämlich der Ansicht, dass der in Rede stehende Zusammenschluss nicht mehr Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe und somit im Rahmen der Phase des von den genannten Vorschriften geregelten Zusammenschlusskontrollverfahrens (im Folgenden: Phase I) genehmigt werden könne, ohne das in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung vorgesehene Verfahren (im Folgenden: Phase II) einzuleiten.

9        In der Genehmigungsentscheidung machte die Kommission geltend, dass im Rahmen des in Rede stehenden Zusammenschlusses nur bestimmte Strom- und Gasmärkte in Belgien, in Frankreich und in den Niederlanden betroffen seien. Was die belgischen Märkte betreffe, so handle es sich erstens um den Stromerzeugungsmarkt, den Stromgroßhandelsmarkt und den Stromhandelsmarkt (Erwägungsgründe 15 bis 117), zweitens um den Markt für Ausgleichs- und Hilfsdienste (Erwägungsgründe 118 bis 130) und drittens um den Einzelhandelsmarkt für Stromlieferungen an kleine und große Industriekunden (Erwägungsgründe 131 bis 152). Da nur SPE, nicht jedoch EDF, auf dem Strom- und Gasversorgungsmarkt für Haushaltskunden tätig gewesen sei, sei dieser Markt vorliegend nicht berücksichtigt worden (Erwägungsgründe 11 und 139).

10      Zu den etwaigen einseitigen Auswirkungen des in Rede stehenden Zusammenschlusses wird in der Genehmigungsentscheidung festgestellt, dass EDF vor dem angemeldeten Zusammenschluss begonnen habe, in Belgien zwei Standorte für die Errichtung von kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlagen zu erschließen, ohne dass jedoch bislang die entsprechenden endgültigen Investitionsentscheidungen ergangen seien, und auch versucht habe, mehrere Projekte zu initiieren, um Zugang zu Stromerzeugungskapazitäten zu erlangen (Erwägungsgründe 43 bis 45). Da EDF nur über eine beschränkte Einsatzkapazität verfüge, die außerdem vertraglich bis 2015 gebunden sei, gebe es somit keine erheblichen Überschneidungen zwischen dem Stromerzeugungsmarkt und dem Stromgroßhandelsmarkt in Bezug auf die derzeitige Stromerzeugungskapazität (Erwägungsgrund 62). Da SPE jedoch bereits an mehreren Projekten zum Ausbau der Stromerzeugungskapazität gearbeitet habe, hätten – so die Genehmigungsentscheidung – ernsthafte Zweifel in Bezug auf die Anreize für die durch den in Rede stehenden Zusammenschluss entstehende Einheit an der Weiterentwicklung der beiden genannten Standorte bestanden (Erwägungsgründe 63 und 116); diese Zweifel seien durch die geänderten Verpflichtungszusagen der EDF ausgeräumt worden (Erwägungsgründe 206 bis 246).

11      In Bezug auf etwaige abgestimmte Wirkungen berücksichtigt die Genehmigungsentscheidung u. a. das Vorbringen der Autorité belge de concurrence, dass die Beteiligung des französischen Staates an EDF und GDF Suez die Gefahr einer Abstimmung zwischen Letzterer und der durch den in Rede stehenden Zusammenschluss entstehenden Einheit mit sich bringe. Sie kommt jedoch zum Schluss, dass EDF gegenüber GDF Suez als ein Unternehmen angesehen werden könne, das über eine autonome Entscheidungsbefugnis verfüge, und somit als ein tatsächlicher Wettbewerber von GDF Suez (Erwägungsgründe 89 bis 99).

12      In der ablehnenden Verweisungsentscheidung stellt die Kommission aufgrund einer ähnlichen wettbewerbsrechtlichen Beurteilung wie in der Genehmigungsentscheidung fest, dass die in Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 genannten Verweisungsvoraussetzungen erfüllt seien. Die Kommission ist jedoch der Ansicht, dass sie nach wie vor die am besten geeignete Behörde zur Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses sei, da sie erstens in den vergangenen Jahren einen erheblichen Sachverstand zu den belgischen Strommärkten erworben habe und zweitens die von der Autorité belge de concurrence geltend gemachten wettbewerblichen Bedenken über die belgischen Märkte hinausreichten und daher eine länderübergreifende Analyse erforderten, für die die Autorité belge de concurrence nicht über hinreichende Ermittlungsmöglichkeiten verfüge. Darüber hinaus bringe die Verweisung die Gefahr mit sich, dass der in Rede stehende Zusammenschluss aufgrund des belgischen Wettbewerbsrechts ohne Möglichkeit der Festlegung von Auflagen genehmigt werden müsse (Erwägungsgründe 260 bis 263).

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

13      Mit Klageschrift, die am 17. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

14      Mit Schriftsatz, der am 10. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat EDF ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Der Streithilfeantrag ist gemäß Art. 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts den Parteien zugestellt worden, die keine Einwände erhoben haben.

15      Mit Beschluss vom 17. November 2010 hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts dem Streithilfeantrag stattgegeben.

16      Am 6. Januar 2011 hat die Streithelferin ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht, zu dem die Klägerin fristgerecht Stellung genommen hat, während die Kommission darauf verzichtet hat.

17      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

18      Mit Schreiben vom 25. März 2011 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung die Kommission zur Vorlage bestimmter Unterlagen aufgefordert und schriftlich zu beantwortende Fragen an sie gerichtet. Die Kommission hat diesen prozessleitenden Maßnahmen innerhalb der gesetzten Fristen Folge geleistet.

19      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 11. Mai 2011 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

20      Die Klägerin beantragt,

–        die Genehmigungsentscheidung und die ablehnende Verweisungsentscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

21      Die Kommission und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

22      Die Klägerin stützt ihre Klage gegen die Genehmigungsentscheidung auf drei Klagegründe: erstens auf eine Verletzung der Begründungspflicht, einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die von der Kommission vorgenommene Würdigung der strukturellen Verbindungen zwischen EDF und GDF Suez, zweitens auf einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung, da ihr das Recht auf Beteiligung am Verfahren versagt worden sei, und drittens auf einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, da die Phase II nicht eingeleitet worden sei.

23      In Bezug auf die ablehnende Verweisungsentscheidung führt die Klägerin im Wesentlichen als Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 an.

24      Ohne mit besonderem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, zieht die Kommission die Zulässigkeit der Klage in Zweifel, soweit diese auf die Nichtigerklärung sowohl der Genehmigungsentscheidung als auch der ablehnenden Verweisungsentscheidung gerichtet ist.

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Genehmigungsentscheidung

25      Nach Ansicht der Kommission ist die Klägerin nicht zur Erhebung einer Klage gegen die Genehmigungsentscheidung, die sie weder unmittelbar noch individuell betreffe, befugt.

26      Die Kommission macht geltend, die Klägerin genüge nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen, die in der auf das Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, Slg. 1963, 213), zurückgehenden Rechtsprechung festgelegt worden seien, und falle nicht unter die in Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Kategorie von Personen, die von der Kommission angehört werden könnten und sogar müssten, wenn sie dies beantragten. Somit stünden der Klägerin die Verfahrensrechte nicht zu, die die Kommission durch die Nichteinleitung der Phase II verletzt haben solle, in der Dritten jedenfalls keine weiterreichende Beteiligung am Verfahren eingeräumt werde als in der Phase I.

 Vorbemerkungen

27      Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV kann eine natürliche oder juristische Person gegen eine an eine andere Person ergangene Entscheidung nur Klage erheben, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft. Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass bei Entscheidungen der Kommission zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt die Voraussetzungen der Klagebefugnis interessierter Dritter unterschiedlich zu beurteilen sind, je nachdem, ob diese Mängel in Bezug auf den Inhalt dieser Entscheidungen geltend machen (im Folgenden: erste Kategorie) oder behaupten, die Kommission habe die ihnen durch die Rechtsvorschriften der Europäischen Union über die Kontrolle von Zusammenschlüssen verliehenen Verfahrensrechte verletzt (im Folgenden: zweite Kategorie).

28      Was die erste Kategorie betrifft, reicht allein der Umstand, dass eine Entscheidung geeignet ist, die rechtliche Stellung des Klägers zu beeinflussen, nicht aus, um diesen als klagebefugt anzusehen (Urteile des Gerichts vom 27. April 1995, CCE de la Société générale des grandes sources u. a./Kommission, T‑96/92, Slg. 1995, II‑1213, Randnr. 26, und CCE de Vittel u. a./Kommission, T‑12/93, Slg. 1995, II‑1247, Randnr. 36). Insbesondere ist für das individuelle Betroffensein nach der im Urteil Plaumann/Kommission (Slg. 1963, 211) entwickelten Formel erforderlich, dass diese Entscheidung den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.

29      Im Hinblick auf die zweite Kategorie müssen Dritte, wenn ihnen eine Verordnung verfahrensmäßige Rechte gewährt, allgemein über eine Klagemöglichkeit zum Schutz ihrer berechtigten Interessen verfügen. Insbesondere im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten natürlicher oder juristischer Personen ist hervorzuheben, dass Verletzungen des Rechts bestimmter Dritter, im Verwaltungsverfahren auf Antrag ordnungsgemäß angehört zu werden, vom Unionsrichter grundsätzlich nur auf der Stufe der Kontrolle der Ordnungsmäßigkeit der von der Kommission erlassenen endgültigen Entscheidung geahndet werden können. Selbst wenn diese Entscheidung ihrem Inhalt nach den Kläger nicht individuell und/oder unmittelbar betrifft, ist diesem also dennoch die Klagebefugnis gegen diese Entscheidung zuzuerkennen, wenn er gerade prüfen lassen will, ob die Verfahrensgarantien, auf die er im Verwaltungsverfahren Anspruch hatte, verletzt worden sind. Nur wenn das Gericht eine Verletzung dieser Garantien feststellen sollte, die das Recht des Klägers beeinträchtigt, auf Antrag seinen Standpunkt im Verwaltungsverfahren in sachdienlicher Weise vorzutragen, müsste es diese Entscheidung wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften für nichtig erklären. Liegt eine solche wesentliche Verletzung der Verfahrensrechte des Klägers nicht vor, dann kann allein der Umstand, dass sich dieser vor dem Unionsrichter auf die Verletzung dieser Rechte im Verwaltungsverfahren beruft, nicht zur Zulässigkeit der Klage führen, soweit sie auf Klagegründe gestützt ist, mit denen die Verletzung materiell-rechtlicher Vorschriften geltend gemacht wird (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile CCE de la Société générale des grandes sources u. a./Kommission, Randnr. 46, und CCE de Vittel u. a./Kommission, Randnr. 59).

30      Eine Klage, die nicht unter die erste Kategorie fällt, kann demnach nur insoweit für zulässig erklärt werden, als sie auf die Gewährleistung des Schutzes der dem Kläger im Verwaltungsverfahren zuerkannten Verfahrensgarantien gerichtet ist, wobei das Gericht inhaltlich zu prüfen hat, ob die Entscheidung, deren Nichtigerklärung beantragt wird, diese Garantien verletzt (vgl. in diesem Sinne Urteile CCE de la Société générale des grandes sources u. a./Kommission, Randnr. 47, und CCE de Vittel u. a./Kommission, Randnr. 60).

31      Zudem ist anzumerken, dass diese Unterscheidung an diejenige erinnert, die oft bei Streitigkeiten zu den Bestimmungen des Vertrags über staatliche Beihilfen getroffen wird, die ebenfalls unter das Wettbewerbsrecht der Union fallen und die daher einschlägige Beispiele aus der Rechtsprechung bieten, unbeschadet eventuell erforderlicher Anpassungen bei der Übertragung dieser Beispiele auf Streitigkeiten im Rahmen der Kontrolle von Zusammenschlüssen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt der bloße Umstand, dass ein Kläger als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV angesehen werden kann, und ihm daher bestimmte Verfahrensgarantien zugutekommen, nicht für die Zulässigkeit der Klage, wenn der Kläger die Begründetheit der Entscheidung, in der die Kommission geprüft hat, ob eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, in Frage stellt, sondern er muss nachweisen, dass ihm eine „besondere Stellung“ im Sinne des Urteils Plaumann/Kommission zukommt. Stellt die Kommission hingegen mit einer nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ergangenen Entscheidung fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, können die Beteiligten die Beachtung ihrer Verfahrensgarantien folglich nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb erklärt der Unionsrichter eine Nichtigkeitsklage eines Beteiligten im Sinne des Art. 108 Abs. 2 AEUV gegen eine solche Entscheidung für zulässig, wenn der Kläger mit dieser Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, Slg. 2009, I‑5963, Randnrn. 30, 31 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zur Zulässigkeit der Klage gegen die Genehmigungsentscheidung, soweit sie auf deren Inhalt gerichtet ist

32      Im vorliegenden Fall fällt die Klägerin nicht unter die erste oben in Randnr. 27 genannte Kategorie, da sie nicht die im Urteil Plaumann/Kommission vorgesehenen Voraussetzungen für ein individuelles Betroffensein erfüllt.

33      Erstens sind die von der Klägerin vertretenen Personen nur aufgrund ihrer objektiven und abstrakten Eigenschaft als Energieverbraucher von der Genehmigungsentscheidung betroffen, da die Lieferpreise aufgrund der infolge dieser Entscheidung eintretenden Konzentration des Angebots ansteigen könnten, so dass alle Strom- und Gasverbraucher, die im räumlich relevanten Markt ansässig sind, gleichfalls von dieser Entscheidung berührt werden. Daher berührt die Genehmigungsentscheidung die genannten Personen nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder Umstände, die sie in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten der Entscheidung. Da diese Personen von der Genehmigungsentscheidung nicht individuell betroffen sind, kann der Klägerin nicht eine individuelle Betroffenheit zuerkannt werden, weil eine zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen einer bestimmten Gruppe von Rechtssubjekten errichtete Vereinigung nicht im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV von einem Rechtsakt individuell betroffen ist, der die allgemeinen Interessen dieser Gruppe betrifft (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 18. September 2006, Wirtschaftskammer Kärnten und best connect Ampere Strompool/Kommission, T‑350/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 29 bis 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Zweitens ist zur Möglichkeit, dass die Klägerin von der Genehmigungsentscheidung individuell betroffen ist, da ihre eigenen Interessen als Vereinigung berührt sind, festzustellen, dass diese Interessen im Rahmen eines Verfahrens zur Prüfung eines Zusammenschlusses vor allem darin bestehen, seinen Standpunkt im Verfahren darlegen zu können, das zur Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit dieses Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt führt. Somit ist ein solches Betroffensein nur für die Frage erheblich, ob die Klägerin unter die zweite, oben in Randnr. 27 genannte Kategorie fällt.

35      Daher ist die Klage gegen die Genehmigungsentscheidung unzulässig, soweit sie auf deren Inhalt gerichtet ist.

 Zur Zulässigkeit der Klage gegen die Genehmigungsentscheidung, soweit sie auf die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerin gerichtet ist

36      Zur Frage, ob die Klägerin unter die zweite, oben in Randnr. 27 genannte Kategorie fällt, ist anzumerken, dass nach Art. 11 Buchst. c zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 802/2004 Verbraucherverbänden das Recht auf Anhörung im Sinne von Art. 18 der Verordnung Nr. 139/2004 zusteht, wenn das Zusammenschlussvorhaben von Endverbrauchern genutzte Waren oder Dienstleistungen betrifft. Art. 18 Abs. 4 letzter Satz der Verordnung Nr. 139/2004 besagt, dass wenn natürliche oder juristische Personen, die ein hinreichendes Interesse darlegen, beantragen, von der Kommission angehört zu werden, ihrem Antrag stattzugeben ist. Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 802/2004 verleiht Dritten, die nach Art. 18 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung Nr. 139/2004 schriftlich ihre Anhörung beantragen, das Recht, ihren Standpunkt vorzubringen.

37      Daher kann der Klägerin als Verbraucherverband mit den oben in Randnr. 1 beschriebenen Eigenschaften ein Verfahrensrecht zustehen, nämlich das Recht auf Anhörung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens der Kommission zur Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Nach der ersten Voraussetzung muss der Zusammenschluss von Endverbrauchern genutzte Waren oder Dienstleistungen betreffen, nach der zweiten muss tatsächlich ein schriftlicher Antrag auf Anhörung durch die Kommission im Prüfverfahren eingereicht worden sein.

38      Sofern diese Bedingungen erfüllt sind, kann die Klägerin die Genehmigungsentscheidung wegen Verletzung dieses Verfahrensrechts anfechten. Hierzu ist anzumerken, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen darauf hingewiesen hat, dass ihr nicht gestattet worden sei, im Verfahren vor der Kommission ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen und an diesem Verfahren teilzunehmen, da die Genehmigungsentscheidung ohne Eröffnung der Phase II ergangen sei. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts klargestellt, dass die in der Klage geltend gemachten Klagegründe sowohl den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen als auch die Verletzung ihrer Verfahrensrechte betreffen.

39      Zwar schreiben die auf die Kontrolle von Zusammenschlüssen anwendbaren Vorschriften, wie die Kommission angemerkt hat, nicht vor, dass Dritte, wie etwa die Klägerin, nur in der Phase II angehört werden, so dass die Verletzung des etwaigen Anhörungsrechts der Klägerin sich daher nicht daraus ergibt, dass die Genehmigungsentscheidung nach der Phase I ergangen ist. Dieser Einwand der Kommission hat jedoch keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung aufgrund der Verletzung der Verfahrensrechte der Klägerin. Es steht nämlich fest, dass die Klägerin überhaupt nicht angehört worden ist, auch nicht in der Phase I. Unter der Annahme, dass die Klägerin in beiden Phasen die gleichen Verfahrensrechte hat, ist die Klage, die darauf abzielt, dass das Gericht prüft, ob diese Verfahrensrechte verletzt worden sind, jedenfalls zulässig, ungeachtet der Phase des Verfahrens, nach der die Genehmigungsentscheidung ergangen ist.

–       Über die Voraussetzung hinsichtlich der Endverbraucher

40      Was die erste oben in Randnr. 37 genannte Voraussetzung betrifft, so verlangt Art. 11 Buchst. c zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 802/2004, nach dem Verbraucherverbänden das Recht auf Anhörung nur dann zusteht, wenn das Zusammenschlussvorhaben von Endverbrauchern genutzte Waren oder Dienstleistungen betrifft, insoweit nicht, dass das Vorhaben sich unmittelbar auf die genannten Waren oder Dienstleistungen bezieht.

41      Darüber hinaus ist anzumerken, dass in dem Schreiben vom 23. Juni 2009 ausdrücklich darauf Bezug genommen wurde, dass der in Rede stehende Zusammenschluss nach Ansicht der Klägerin die Verbraucherinteressen im Hinblick auf Preis und Leistung berührt und dass die Kommission in ihrem Antwortschreiben dem nicht widersprochen hat.

42      Zwar ergibt sich aus der Genehmigungsentscheidung, dass der in Rede stehende Zusammenschluss nach Ansicht der Kommission nur Nebenwirkungen auf die Verbraucher hat. Im Erwägungsgrund 139 der Genehmigungsentscheidung hat die Kommission nämlich festgestellt, dass im Hinblick auf den Einzelhandelsmarkt für Stromlieferungen der in Rede stehende Zusammenschluss nur bei den großen und kleinen Industrie- und Geschäftskunden auf den belgischen Stromversorgungsmärkten zu horizontalen Überschneidungen führt, ohne auf die Stromversorgung von Haushaltskunden Bezug zu nehmen. In den Erwägungsgründen 151 und 152 hat sie jedoch anerkannt, dass der in Rede stehende Zusammenschluss Auswirkungen auf die verschiedenen belgischen Einzelhandelsmärkte haben könnte, wobei es sich aber um Nebenwirkungen handle, die keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des in Rede stehenden Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt gäben. Das Bestehen dieser Nebenwirkungen wird auch im Erwägungsgrund 207 der Genehmigungsentscheidung erwähnt.

43      Auch der Umstand, dass es sich hierbei möglicherweise um Nebenwirkungen handelt, führt nicht dazu, dass der Klägerin ihr Anhörungsrecht genommen wird. Die Kommission kann nämlich Art. 11 Buchst. c zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 802/2004 nicht so eng auslegen, dass die Anwendung dieser Bestimmung im Wesentlichen auf die Fälle beschränkt wird, in denen ein Zusammenschluss unmittelbare Auswirkungen auf die Endverbrauchermärkte hat. Dies gilt umso mehr, da zum einen die Kommission nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 bei der Prüfung eines Zusammenschlusses insbesondere die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher zu berücksichtigen hat. Zum anderen müssen nach Art. 153 Abs. 2 EG, dessen Wortlaut im Wesentlichen dem von Art. 12 AEUV entspricht, die Erfordernisse des Verbraucherschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Unionspolitiken und -maßnahmen berücksichtigt werden. Zudem soll nach Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007, C 303, S. 1) die Politik der Union ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherstellen.

44      Schließlich darf die Kommission den Antrag eines Verbraucherverbands auf Anhörung als Dritter, wenn er ein hinreichendes Interesse an einem Zusammenschluss darlegt, nicht zurückweisen, ohne ihm Gelegenheit gegeben zu haben, das Interesse der Verbraucher an dem Zusammenschluss darzulegen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 27. Januar 2000, BEUC/Kommission T‑256/97, Slg. 2000, II‑101, Randnr. 77).

45      Daraus folgt, dass die Klägerin die erste oben in Randnr. 37 genannte Voraussetzung erfüllt.

–       Über die Voraussetzung hinsichtlich der Stellung eines Anhörungsantrags

46      Bei der zweiten oben in Randnr. 37 genannten Voraussetzung ist zu prüfen, ob die Klägerin ihren Antrag auf Anhörung nach Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 und Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 802/2004 wirksam gestellt hat.

47      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in dem Schreiben vom 23. Juni 2009 erklärt hat, von dem ihr nach Art. 11 Buchst. c der Verordnung Nr. 802/2004 zustehenden Anhörungsrecht im Rahmen des Kontrollverfahrens des in Rede stehenden Zusammenschlusses Gebrauch machen zu wollen. Darüber hinaus steht fest, dass das Schreiben vom 23. Juni 2009 älter als die Anmeldung des in Rede stehenden Zusammenschlussvorhabens und erst recht älter als die Veröffentlichung der Bekanntmachung der Anmeldung im Amtsblatt der Europäischen Union ist.

48      Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 bestätigte die Kommission den Empfang dieses Schreibens und teilte der Klägerin mit, dass ihre Stellungnahme bei der Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses berücksichtigt würde, wenn dieser als Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung eingestuft würde.

49      Weder in der Verordnung Nr. 139/2004 noch in der Verordnung Nr. 802/2004 wird im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Kommission, bestimmte Dritte auf Antrag anzuhören, angegeben, innerhalb welcher Frist ein entsprechender Antrag zu stellen ist. In diesen Verordnungen ist insbesondere nicht ausdrücklich vorgeschrieben, dass dieser Antrag nach der Anmeldung des Zusammenschlusses, auf den er sich bezieht, oder nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung dieses Zusammenschlusses zu stellen ist.

50      Das diesbezügliche Schweigen der Vorschriften der Union über Zusammenschlüsse kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Anhörungsantrag, sofern die anderen einschlägigen Bedingungen erfüllt sind, die Verpflichtung der Kommission nach sich zieht, ihm stattzugeben, selbst wenn der Antrag vor der Anmeldung des in Rede stehenden Zusammenschlusses bei der Kommission eingereicht worden ist. Den Vorschriften der Union über die Kontrolle von Zusammenschlüssen ist nämlich zu entnehmen, dass die Handlung, die das Prüfungsverfahren der Kommission förmlich einleitet, eben die Anmeldung ist.

51      Hierzu ist anzumerken, dass nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer Kontrollbeteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission ordnungsgemäß anzumelden sind. Nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 ist eine Anmeldung auch dann möglich, wenn die beteiligten Unternehmen der Kommission gegenüber glaubhaft machen, dass sie gewillt sind, einen Vertrag zu schließen, oder im Fall eines Übernahmeangebots öffentlich ihre Absicht zur Abgabe eines solchen Angebots bekundet haben, sofern der beabsichtigte Vertrag oder das beabsichtigte Angebot zu einem Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung führen würde. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 bezeichnet der Ausdruck „angemeldeter Zusammenschluss“ im Sinne dieser Verordnung auch beabsichtigte Zusammenschlüsse, die nach Unterabs. 2 angemeldet werden.

52      Außerdem ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 139/2004, dass die Kommission unmittelbar nach dem Eingang der Anmeldung eines Zusammenschlusses mit deren Prüfung beginnt und innerhalb von 25 Arbeitstagen eine Entscheidung über den angemeldeten Zusammenschluss zu ergehen hat, wobei diese Frist in den in den Vorschriften ausdrücklich genannten Fällen verlängert und/oder ausgesetzt werden kann. Die Frist beginnt mit dem Arbeitstag, der auf den Tag des Eingangs der Anmeldung folgt, oder, wenn die bei der Anmeldung zu erteilenden Auskünfte unvollständig sind, mit dem Arbeitstag, der auf den Tag des Eingangs der vollständigen Auskünfte folgt. Innerhalb dieser Frist, die die Phase I abgrenzt, muss die Kommission entscheiden, ob die Verordnung Nr. 139/2004 auf den angemeldeten Zusammenschluss Anwendung findet und, wenn dies der Fall ist, ob er in dieser Phase genehmigt werden kann, da er keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, oder aber ob die Phase II eingeleitet werden muss, um die entsprechenden Bedenken einer näheren Prüfung zu unterziehen.

53      Da die Kommission nur bei „angemeldeten Zusammenschlüssen“ eine Entscheidung nach Art. 6 der Verordnung Nr. 139/2004 erlässt, entspricht es der Logik der Vorschriften der Union über die Kontrolle von Zusammenschlüssen, dass die Schritte, die Dritte unternehmen müssen, um am Verfahren beteiligt zu werden, nach der förmlichen Anmeldung eines Zusammenschlusses erfolgen müssen.

54      Im Übrigen ist zu beachten, dass oftmals – lange bevor die entsprechenden Vorhaben gegebenenfalls als Zusammenschlüsse bei der Kommission angemeldet werden – in den interessierten Kreisen und sogar in der Presse Informationen über mögliche wirtschaftliche Vorhaben kursieren, auf die die Verordnung Nr. 139/2004 Anwendung finden könnte.

55      Zum einen wird dadurch, dass ein Anhörungsantrag nach Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 und Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 802/2004 nach der Anmeldung des Zusammenschlusses, auf den sich der Antrag bezieht, zu stellen ist, im Interesse Dritter vermieden, dass Letztere derartige Anträge stellen, ohne dass der Gegenstand des Prüfverfahrens der Kommission festgelegt worden ist, da diese Festlegung erst zum Zeitpunkt der Anmeldung des betreffenden wirtschaftlichen Vorhabens erfolgt. Zum anderen bleibt der Kommission dadurch die Arbeit erspart, die bei ihr eingegangenen Anträge gezielt danach zu trennen, ob sie sich auf wirtschaftliche Vorhaben beziehen, die allein auf abstrakten Annahmen oder auf schlichtem Hörensagen beruhen, oder sich auf Vorhaben beziehen, die zu einer Anmeldung führen.

56      Das entgegengesetzte Szenario würde zu einer unnötigen Erschwernis der in den Vorschriften der Union über die Kontrolle von Zusammenschlüssen vorgesehenen Aufgaben der Kommission führen. Das Erfordernis, dass die Dritten, die angehört werden möchten, ihre entsprechenden Anträge nach der Anmeldung des betreffenden Zusammenschlusses stellen, entspricht dem Beschleunigungsgebot, das nach der Rechtsprechung die allgemeine Systematik der Vorschriften der Union über die Kontrolle von Zusammenschlüssen kennzeichnet und die Kommission im Hinblick auf den Erlass der abschließenden Entscheidung zur Einhaltung strikter Fristen verpflichtet (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Dezember 2007, Cementbouw Handel & Industrie/Kommission, C‑202/06 P, Slg. 2007, I‑12129, Randnr. 39, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Randnr. 49). Daher ist die Kommission angesichts dieser strikten Fristen nicht verpflichtet, für jeden angemeldeten Zusammenschluss zu prüfen, ob bereits vor der Anmeldung Dritte ein Interesse bekundet haben.

57      Dritte können sich nicht darauf berufen, von der Anmeldung nichts gewusst zu haben. Vielmehr werden sie von der Kommission selbst ausdrücklich darüber informiert, da die Kommission, wenn sie feststellt, dass ein Zusammenschluss unter diese Verordnung fällt, nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union unter Angabe der Namen der beteiligten Unternehmen, ihres Herkunftslands, der Art des Zusammenschlusses sowie der betroffenen Wirtschaftszweige veröffentlichen muss. Durch diese Veröffentlichung ist gewährleistet, dass die Information über die Anmeldung eines Zusammenschlusses allgemein zur Verfügung gestellt wird.

58      Da jedoch für die Einleitung des Prüfverfahrens der Kommission nur der Zeitpunkt der Anmeldung erheblich ist, kann die Kommission die Anhörungsanträge, die bei ihr nach der Anmeldung, aber vor der Veröffentlichung im Sinne der genannten Vorschrift, eingehen, nicht außer Acht lassen.

59      Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin der Kommission zwei Monate vor der Anmeldung des in Rede stehenden Zusammenschlusses ihren Wunsch nach Anhörung mitgeteilt, falls die Kommission nach der Anmeldung dieses Zusammenschlusses ihn als einen Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ansehen sollte. Dies kann jedoch kein Ersatz für die fehlende Erneuerung des Antrags oder die fehlende Initiative der Klägerin sein, nachdem der geplante Zusammenschluss zwischen EDF und Segebel, von dem die Klägerin schon vorher Kenntnis hatte, tatsächlich ordnungsgemäß angemeldet worden war und daher das in der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Verfahren in Gang gesetzt worden war, in dem die Klägerin hatte angehört werden wollen.

60      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin sich aufgrund der Antwort der Kommission auf das Schreiben vom 23. Juni 2009 nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen kann. In ihrer Antwort hatte sich die Kommission nämlich nicht dazu verpflichtet, selbst mit der Klägerin wegen einer etwaigen weiteren Stellungnahme wieder Kontakt aufzunehmen. Die Kommission hatte sich nur dazu verpflichtet, den Inhalt des besagten Schreibens zu berücksichtigen, falls der in Rede stehende Zusammenschluss ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung sein sollte. Aus den Erwägungsgründen 89 bis 99 der Genehmigungsentscheidung ergibt sich, dass die Kommission die in dem Schreiben vom 23. Juni 2009 aufgeworfene Frage berücksichtigt hat, ob EDF und GDF Suez trotz der starken Präsenz des französischen Staates unter ihren Anteilseignern als zwei unabhängige Unternehmen eingestuft werden können, und zu dem Schluss gekommen ist, dass dies der Fall sei. Unabhängig von der Stichhaltigkeit dieser Erwägungsgründe und der Tiefgründigkeit ihrer Prüfung ist unbestreitbar, dass die Kommission sich entsprechend ihrer Antwort auf dieses Schreiben verhalten hat.

61      Im Übrigen kann sich nach ständiger Rechtsprechung zwar jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, bei dem ein Unionsorgan aufgrund bestimmter Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Ist jedoch ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Maßnahme der Union, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2009, Kommission/Koninklijke FrieslandCampina, C‑519/07 P, Slg. 2009, I‑8495, Randnr. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Im vorliegenden Fall verfügte die Klägerin spätestens im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Anmeldung über die Bestätigung, dass der in Rede stehende Zusammenschluss schließlich bei der Kommission angemeldet worden war. Zudem hatte sie Zugang zu den Informationen, dass die Kommission zum einen nach vorläufiger Prüfung und vorbehaltlich ihrer endgültigen Entscheidung hierüber der Ansicht war, dass der in Rede stehende Zusammenschluss unter die Verordnung Nr. 139/2004 fallen könnte (Nr. 3 der Bekanntmachung der Anmeldung), und zum anderen interessierte Dritte aufgefordert hatte, innerhalb von zehn Tagen nach der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung zum in Rede stehenden Zusammenschluss Stellung zu nehmen (Nr. 4 der Bekanntmachung der Anmeldung).

63      Unter diesen Umständen hätte die Klägerin die Initiative ergreifen können und müssen, um der Kommission eine Stellungnahme zu übermitteln oder zumindest ihren Antrag auf Anhörung im Laufe des Verfahrens zu bestätigen. Im Übrigen hätte die Klägerin angesichts des Zeitplans, der der Kommission durch die Verordnung Nr. 139/2004 vorgegeben ist, wissen müssen, dass es sehr rasch zu einer Entscheidung über den in Rede stehenden Zusammenschluss kommen konnte und in dieser Entscheidung der in Rede stehende Zusammenschluss schon in der Phase I für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden konnte.

64      Daraus folgt, dass die Klägerin nicht die zweite Voraussetzung für die Zulässigkeit ihrer Klage gegen die angefochtene Entscheidung erfüllt, die sie auf die Verletzung ihrer Verfahrensrechte gestützt hat.

–       Schlussfolgerung hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage gegen die Genehmigungsentscheidung

65      Da die Klägerin weder die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach dem Urteil Plaumann/Kommission erfüllt noch die, die für eine Klage zur Wahrung der Verfahrensrechte gelten, ist sie nicht zur Erhebung einer Klage gegen die Genehmigungsentscheidung befugt.

66      Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die Argumente der Klägerin zu ihrem Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz in Frage gestellt werden, dessen Bedeutung sie durch den Vertrag von Lissabon, insbesondere durch den zwingenden Charakter, den die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erlangt habe, sowie durch bestimmte Entwicklungen in den Rechtsordnungen mehrerer Mitgliedstaaten bestätigt sieht.

67      Es genügt nämlich der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung über die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage nicht aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz hinweggegangen werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, Slg. 2007, I‑10005, Randnr. 64, und Beschluss des Gerichtshofs vom 26. November 2009, Região autónoma dos Açores/Rat, C‑444/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 70). Folglich kann sich ein Einzelner, der von einer Entscheidung der Kommission nicht unmittelbar und individuell betroffen ist und somit durch diese Maßnahme nicht in seinen Interessen verletzt ist, gegenüber einer solchen Entscheidung nicht auf das Recht auf gerichtlichen Schutz berufen (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 17. Februar 2009, Galileo Lebensmittel/Kommission, C‑483/07 P, Slg. 2009, I‑959, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Aus den oben dargelegten Umständen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Soweit diese Klage die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerin betrifft, folgt ihre Unzulässigkeit aus der Untätigkeit der Klägerin nach der Anmeldung des in Rede stehenden Zusammenschlusses bei der Kommission. Somit kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Unzulässigerklärung der vorliegenden Klage ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtige.

69      Nach alledem ist der Klageantrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Genehmigungsentscheidung als unzulässig abzuweisen.

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung der ablehnenden Verweisungsentscheidung

70      Die Kommission macht erstens geltend, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der ablehnenden Verweisungsentscheidung unzulässig sei, da die Klageschrift unter Verstoß gegen Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts keine kurze Darstellung der Klagegründe zur Stützung dieses Antrags enthalte.

71      Nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, sowie nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift u. a. eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Daher ist in ihr im Einzelnen darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Satzung des Gerichtshofs und der Verfahrensordnung des Gerichts nicht entspricht. Außerdem muss diese Darstellung, selbst wenn sie nur kurz ist, so klar und genau sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage oder eines bestimmten Klagegrundes erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage oder der Klagegrund stützt, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 36, und vom 12. Dezember 2007, Italien/Kommission, T‑308/05, Slg. 2007, II‑5089, Randnrn. 71 und 72).

72      Die Klägerin hat diese Voraussetzungen erfüllt. Auch wenn sie nicht klar erläutert hat, aus welchen Gründen die Umstände des vorliegenden Falles es erfordert hätten, dass die Kommission dem Verweisungsantrag stattgibt, so hat sie doch gerügt, dass die Kommission den Verweisungsantrag nicht hinreichend gründlich geprüft habe, was zu einem Missbrauch ihres Ermessensspielraums führen könne, und dass sie sich nicht an ihre einschlägige frühere Entscheidungspraxis gehalten habe.

73      Daher ist der erste Unzulässigkeitsgrund, den die Kommission anführt, zurückzuweisen.

74      Zweitens trägt die Kommission vor, dass im Gegensatz zu einer Entscheidung über die Verweisung der Prüfung eines Zusammenschlusses an die nationalen Behörden, die der Gegenstand der Rechtssache gewesen sei, in der das Urteil des Gerichts vom 3. April 2003, Royal Philips Electronics/Kommission (T‑119/02, Slg. 2003, II‑1433), ergangen sei, die ablehnende Verweisungsentscheidung weder unmittelbar noch individuell Dritte wie die Klägerin betreffe.

75      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Klage eines an einem Zusammenschluss interessierten Dritten gegen die Entscheidung, mit der die Kommission dem Verweisungsantrag einer nationalen Wettbewerbsbehörde stattgibt (im Folgenden: Verweisungsentscheidung), zulässig (Urteile des Gerichts Royal Philips Electronics/Kommission, Randnrn. 299 und 300, und vom 30. September 2003, Cableuropa u. a./Kommission, T‑346/02 und T‑347/02, Slg. 2003, II‑4251, Randnrn. 81 und 82).

76      Zur Beantwortung der Frage, ob eine ablehnende Verweisungsentscheidung, mit der einem solchen Antrag hingegen nicht stattgegeben wird, zum selben Ergebnis führt, muss man den wichtigsten Argumentationsschritten folgen, aufgrund deren das Gericht zum oben erwähnten Ergebnis gekommen ist.

77      Zum unmittelbaren Betroffensein hat das Gericht festgestellt, dass ein Zusammenschluss oder ein Teil dieses Zusammenschlusses als unmittelbare Folge der Verweisungsentscheidung der ausschließlichen Kontrolle durch die nationale Wettbewerbsbehörde unterstellt wird, die die Verweisung beantragt hat und die auf der Grundlage ihres nationalen Wettbewerbsrechts entscheidet. Soweit die Verweisungsentscheidung daher die Kriterien, nach denen sich die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Zusammenschlusses beurteilt, und das geltende Verfahren abändert, ändert sie auch die rechtliche Stellung Dritter, indem sie diesen die Möglichkeit nimmt, die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Zusammenschlusses von der Kommission unter unionsrechtlichem Blickwinkel prüfen zu lassen. Hierzu hat das Gericht erklärt, dass diese Feststellung nichts mit der Frage zu tun hat, ob das nationale Wettbewerbsrecht, das im Anschluss an die Verweisungsentscheidung gilt, Dritten die gleichen Verfahrensrechte einräumt wie das Unionsrecht, da diese Entscheidung jedenfalls zur Folge hat, dass Dritten die Verfahrensrechte genommen werden, die ihnen Art. 18 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1990, L 257, S. 13) gewährt, dessen Wortlaut Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 entspricht. Im Übrigen hat das Gericht festgestellt, dass diese Verweisungsentscheidung Dritte daran hindert, die Beurteilung, der die nationalen Behörden den Zusammenschluss unterziehen, bei ihm anzufechten, während ohne eine Verweisung die von der Kommission getroffene Beurteilung beim Gericht anfechtbar wäre (vgl. in diesem Sinne Urteile Royal Philips Electronics/Kommission, Randnrn. 280 bis 287, und Cableuropa u. a./Kommission, Randnrn. 57 bis 65).

78      Was das individuelle Betroffensein angeht, hat das Gericht insbesondere untersucht, ob die an einem Zusammenschluss interessierten Dritten ohne die Verweisung ein Anhörungsrecht nach Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 4064/89 gehabt hätten. Nachdem es festgestellt hat, dass dies der Fall wäre, hat es daraus hergeleitet, dass die Verweisungsentscheidung, mit der Dritten die Möglichkeit genommen wird, vor dem Gericht eine Beurteilung anzufechten, die sie ohne die Verweisung hätten anfechten können, diese Dritten in gleicher Weise individuell betrifft wie eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die Verweisung erlassen worden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteile Royal Philips Electronics/Kommission, Randnrn. 295 und 297, und Cableuropa u. a./Kommission, Randnrn. 74, 76 und 79).

79      Das Gericht hat die Zulässigkeit der Klage eines Dritten gegen die Verweisungsentscheidung aufgrund zweier Erwägungen bejaht, nämlich dass das Unionsrecht diesen Dritten zum einen während der Prüfung eines Zusammenschlusses durch die Kommission Verfahrensrechte und ihnen zum anderen einen gerichtlichen Rechtsschutz zur Anfechtung etwaiger Verletzungen dieser Rechte zuerkennt.

80      Diese Verfahrensrechte und dieser gerichtliche Rechtsschutz werden durch die ablehnende Verweisungsentscheidung nicht im Geringsten beeinträchtigt. Diese garantiert im Gegenteil den an einem Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung interessierten Dritten zum einen, dass dieser von der Kommission nach Unionsrecht geprüft werden wird und, zum anderen, dass eine etwaige Klage gegen die verfahrensbeendende Entscheidung der Kommission in die Zuständigkeit des Gerichts fällt.

81      Unter diesen Umständen kann die Klagebefugnis der Klägerin nicht aus einer analogen Anwendung der oben in Randnr. 74 angeführten Rechtsprechung hergeleitet werden.

82      Zum Vorbringen der Klägerin, die ablehnende Verweisungsentscheidung ändere die Voraussetzungen für die Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses, ist festzustellen, dass nach Art. 9 Abs. 9 der Verordnung Nr. 139/2004 der betroffene Mitgliedstaat Klage erheben kann, um die Anwendung seines innerstaatlichen Wettbewerbsrechts durchzusetzen. Hingegen erlaubt nichts in dem in der genannten Verordnung vorgesehenen Kontrollsystem für Zusammenschlüsse von gemeinschaftlicher Bedeutung den Schluss, dass die Klägerin zur Anfechtung der ablehnenden Verweisungsentscheidung der Kommission befugt ist, weil diese verhindert, dass die Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses und die Rechtsmittel gegen die Prüfungsentscheidung unter das nationale Recht eines Mitgliedstaats und nicht unter das Unionsrecht fallen.

83      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit einer Klage gegen die ablehnende Verweisungsentscheidung nicht aus der Tatsache abgeleitet werden kann, dass das betreffende nationale Recht der Klägerin weiterreichende Verfahrensrechte und/oder einen weiterreichenden gerichtlichen Rechtsschutz als das Unionsrecht gewähren könnte. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es nämlich, dass die Zulässigkeit einer Klage vor den Unionsgerichten davon abhängt, ob die Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dessen nationale Wettbewerbsbehörde sich erfolglos um die Verweisung der Prüfung eines Zusammenschlusses bemüht hat, interessierten Dritten weiterreichende Verfahrensrechte und/oder einen weiterreichenden gerichtlichen Rechtsschutz als das Unionsrecht gewährt. Die Tragweite dieser Verfahrensrechte und des gerichtlichen Rechtsschutzes hängt nämlich von einer Reihe von Faktoren ab, die zum einen schwer miteinander vergleichbar sind und zum anderen der schwer kontrollierbaren Entwicklung des Rechts und der Rechtsprechung unterliegen.

84      Im Übrigen ist Ziel einer Nichtigkeitsklage vor den Unionsgerichten die Sicherstellung der Einhaltung der Rechtsvorschriften der Union – unabhängig vom Umfang der Verfahrensrechte und des gerichtlichen Rechtsschutzes, den diese Vorschriften gewähren –, und nicht die Berufung auf einen etwaigen weiterreichenden Schutz, der sich aus dem nationalen Recht ergibt.

85      Nach alledem ist der Klageantrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der ablehnenden Verweisungsentscheidung und somit die Klage in ihrer Gesamtheit für unzulässig zu erklären.

 Kosten

86      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Im Übrigen kann das Gericht gemäß Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt.

87      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen. EDF trägt ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Die Association belge des consommateurs test-achats ASBL trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Électricité de France (EDF) trägt ihre eigenen Kosten.

Moavero Milanesi

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Oktober 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.