Language of document : ECLI:EU:T:2021:51

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

3. Februar 2021(*)(1)

„Institutionelles Recht – Parlament – Mobbing – Beschlüsse des Präsidenten des Parlaments, mit denen das Vorliegen einer Belästigung zweier akkreditierter parlamentarischer Assistenten festgestellt und gegen einen Abgeordneten die Sanktion eines Verlusts des Anspruchs auf Tagegeld für zwölf Tage verhängt wird – Art. 11 und 166 der Geschäftsordnung des Parlaments – Interne Beschwerde – Beschluss des Präsidiums des Parlaments, mit dem die Sanktion bestätigt wird – Art. 167 der Geschäftsordnung des Parlaments – Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Zulässigkeit – Verteidigungsrechte – Außervertragliche Haftung“

In der Rechtssache T‑17/19,

Giulia Moi, wohnhaft in [vertraulich] (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Pisano und P. Setzu,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch T. Lazian, S. Seyr und M. Windisch als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend zum einen eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung verschiedener Maßnahmen, die im Rahmen eines gegen die Klägerin eröffneten Verfahrens zur Feststellung und Ahndung einer Belästigung ergriffen worden sind, hilfsweise eine Klage auf Feststellung des überhöhten und/oder unverhältnismäßigen Charakters der gegen sie verhängten Sanktion und ihre Ersetzung durch die in Art. 166 Buchst. a der Geschäftsordnung des Parlaments vorgesehene Sanktion, und zum anderen eine Klage nach Art. 268 AEUV auf Verurteilung des Parlaments zur Zahlung einer Entschädigung und zur entsprechenden Veröffentlichung in der Plenarsitzung des Parlaments durch den Präsidenten,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, der Richter L. Madise und P. Nihoul (Berichterstatter), der Richterin R. Frendo sowie des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2020

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, Frau Giulia Moi, war von 2014 bis 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments.

2        Am 22. November 2017 stellten zwei ihrer akkreditierten parlamentarischen Assistenten (im Folgenden: zwei APA) einen Antrag auf Beistand nach Art. 24 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) und machten eine schwierige Arbeitssituation geltend.

3        Am 27. und 28. November 2017 legten die beiden APA bei dem durch Art. 1 Abs. 1 der internen Regelung für Beschwerden von akkreditierten parlamentarischen Assistenten über Mitglieder des Europäischen Parlaments wegen Belästigung und für die Prävention von Belästigung am Arbeitsplatz vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung (im Folgenden: Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung) eingesetzten Ausschuss für Beschwerden von akkreditierten parlamentarischen Assistenten über Mitglieder des Parlaments wegen Belästigung und für die Prävention von Belästigung am Arbeitsplatz (im Folgenden: Beratender Ausschuss) Beschwerde wegen Belästigung ein.

4        Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2018 informierte der Beratende Ausschuss die Klägerin über den Inhalt der Beschwerden der beiden APA und forderte sie auf, zu deren Behauptungen Stellung zu nehmen.

5        Am 27. Februar 2018 wurden die beiden APA vom Beratenden Ausschuss gehört.

6        Am 9. März 2018 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme zu den Beschwerden der beiden APA ein.

7        Am 20. März 2018 wurde die Klägerin vom Beratenden Ausschuss gehört.

8        Am 28. März 2018 übermittelte die Klägerin dem Beratenden Ausschuss zusätzliche Unterlagen.

9        Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 übermittelte die Vorsitzende des Beratenden Ausschusses dem Präsidenten des Parlaments eine Stellungnahme, in der der Beratende Ausschuss das Vorliegen von Mobbing im Sinne von Art. 12a Abs. 3 des Statuts feststellte.

10      Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2018, zugestellt am folgenden Tag, informierte der Präsident des Parlaments die Klägerin über die Schlussfolgerungen der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses hinsichtlich des Vorliegens einer Belästigung und forderte sie auf, zu diesen Schlussfolgerungen bis zum 20. Juli 2018 Stellung zu nehmen.

11      Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2018, beim Parlament eingegangen am darauffolgenden 20. Juli, kam die Klägerin der Aufforderung des Präsidenten nach und bestritt das Vorliegen einer Belästigung.

12      In einem Schriftsatz vom 2. Oktober 2018 informierte der Präsident des Parlaments nach Prüfung der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses und der Stellungnahme der Klägerin diese darüber, dass „[er] die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses, der festgestellt [habe], dass die von den beiden Beschwerdeführern geltend gemachte Situation Mobbing im Sinne des Statuts [darstelle], [teile]“. Im Laufe des Verfahrens vor dem Gericht bezeichnete das Parlament diesen Schriftsatz als „Beschluss des Präsidenten über die Belästigung“. Dieser Titel soll im weiteren Verlauf des vorliegenden Urteils zur Bezeichnung des fraglichen Dokuments verwendet werden.

13      Am selben Tag übermittelte der Präsident des Parlaments der Klägerin ein weiteres mit „Beschluss des Präsidenten vom 2. Oktober 2018“ überschriebenes Dokument, in dem er zum einen feststellte, dass das Verhalten der Klägerin „gegen die Grundsätze und Werte, auf die die [Geschäftsordnung des Parlaments] Bezug [nehme], insbesondere gegen Art. 2 [EUV] sowie die Art. 1 (Achtung der Würde des Menschen) und 31 (Recht der Arbeitnehmer auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, [verstoße]“, und zum anderen darauf hinwies, dass er „beschlossen [habe], [der Klägerin] als Sanktion für ihr Verhalten gegenüber den [beiden APA], das als Mobbing eingestuft [werde], den Verlust des Anspruchs auf Tagegeld für einen Zeitraum von zwölf Tagen aufzuerlegen“. Im Laufe des Verfahrens bezeichnete das Parlament diesen Schriftsatz als „Beschluss des Präsidenten über die Sanktion“. Dieser Titel soll im weiteren Verlauf des vorliegenden Urteils zur Bezeichnung des genannten Dokuments verwendet werden.

14      Die beiden oben in den Rn. 12 und 13 erwähnten Dokumente wurden der Klägerin zusammen zugestellt.

15      Am 16. Oktober 2018 legte die Klägerin gemäß Art. 167 der Geschäftsordnung des Parlaments in der geltenden Fassung (im Folgenden: Geschäftsordnung) beim Präsidium des Parlaments eine interne Beschwerde gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion ein. In dieser Beschwerde trat sie der Tatsache entgegen, dass ihr Verhalten gegenüber den beiden APA als Belästigung eingestuft werden könne, und beantragte hilfsweise die Verhängung einer milderen Sanktion.

16      Mit Beschluss vom 12. November 2018, erlassen am darauffolgenden 14. November in der Plenarsitzung und am selben Tag zugestellt, bestätigte das Präsidium des Parlaments den Beschluss über die Sanktion (im Folgenden: Beschluss des Präsidiums des Parlaments).

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

17      Mit Klageschrift vom 11. Januar 2019 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

18      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, das Parlament im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung zur Einreichung bestimmter Dokumente aufgefordert und den Parteien schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt. Die Parteien sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

19      Auf Vorschlag der Vierten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

20      Die Parteien haben mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts in der Sitzung vom 10. Juli 2020 beantwortet.

21      Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin,

–        in erster Linie, den Beschluss des Präsidiums des Parlaments, den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion sowie „alle vorherigen, damit zusammenhängenden und darauf folgenden Maßnahmen“ aufzuheben;

–        hilfsweise „die verhängte Disziplinarstrafe für überhöht [oder] unverhältnismäßig zu erklären und es daher bei einer Sanktion nach Art. 166 [Abs. 3] Buchst. a der Geschäftsordnung … bewenden zu lassen“;

–        jedenfalls das Parlament nach billigem Ermessen zur Zahlung von 50 000 Euro oder eines vom Gericht höher oder niedriger festgesetzten Betrags als Wiedergutmachung und zur entsprechenden Veröffentlichung in der Plenarsitzung durch den Präsidenten des Parlaments zu verurteilen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

22      Die Klägerin stellt ferner verschiedene Anträge auf Erlass prozessleitender Maßnahmen und von Maßnahmen zur Beweiserhebung sowie Anträge auf Vorlage von Beweisen und Beweisangeboten.

23      Das Parlament beantragt,

–        den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion als unzulässig zurückzuweisen;

–        den Antrag auf Nichtigerklärung aller vorherigen, damit zusammenhängenden und darauf folgenden Maßnahmen als unzulässig zurückzuweisen;

–        die Ersuchen an das Gericht, Anordnungen gegen das Parlament zu erlassen und an dessen Stelle zu entscheiden, als unzulässig zurückzuweisen;

–        die Anträge auf Vorlage von Beweisen und Beweisangeboten sowie die Anträge auf Erlass prozessleitender Maßnahmen und von Maßnahmen zur Beweiserhebung als unzulässig zurückzuweisen;

–        die Schadensersatzanträge als unzulässig zurückzuweisen;

–        die Klage als teilweise unzulässig zurück‑, jedenfalls als im Übrigen unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die gesamten Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Anwendbares Recht

24      Einleitend ist zu bemerken, dass im vorliegenden Fall die Art. 11, 166 und 167 der Geschäftsordnung sowie die Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung anwendbar sind.

25      Wie vom Parlament in seinen Antworten auf die Fragen des Gerichts anerkannt worden ist, hat der Präsident des Parlaments in seinem Beschluss über die Sanktion irrtümlich auf den Beschluss des Präsidiums des Parlaments vom 2. Juli 2018 über die Arbeitsweise des für die Prüfung Mitglieder des Parlaments betreffender Beschwerden wegen Belästigung zuständigen Beratenden Ausschusses und auf die entsprechenden Verfahren Bezug genommen.

26      Gemäß seinem Art. 15 Abs. 1 gilt der letztgenannte Beschluss nämlich nur für Anträge auf Beistand, die nach dem 1. September 2018 gestellt worden sind. Wie oben aus Rn. 2 hervorgeht, haben die beiden APA die Anträge auf Beistand jedoch am 22. November 2017 eingereicht.

B.      Nichtigkeitsantrag

1.      Zulässigkeit des Nichtigkeitsantrags im Hinblick auf Art. 76 der Verfahrensordnung

27      Ohne ausdrücklich eine Unzulässigkeitseinrede zu erheben, stellt das Parlament fest, dass die Klägerin ihren Nichtigkeitsantrag entgegen Art. 76 der Verfahrensordnung nicht in klar identifizierbare Klagegründe untergliedert habe.

28      In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung die Klageschrift u. a. den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen hinreichend klar und genau sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2018, SH/Kommission, T‑283/17, EU:T:2018:917, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Im vorliegenden Fall trifft es zu, dass die Klageschrift nicht auf einer sukzessiven Geltendmachung unter gesonderten Überschriften dargestellter Klagegründe beruht.

30      Wie die Klägerin in der Erwiderung bemerkt, hindert diese Vorgehensweise das Gericht jedoch nicht daran, zur Stützung des Nichtigkeitsantrags drei Klagegründe, denen das Parlament im Übrigen entgegengetreten ist, zu ermitteln. Diese Klagegründe werden erstens aus einer Verletzung von Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Verpflichtung zur Unparteilichkeit sowie des „Rechts auf Beteiligung und ein kontradiktorisches Verfahren“, zweitens einem Begründungsmangel und drittens einem Ermessensmissbrauch hergeleitet.

31      Folglich ist davon auszugehen, dass die Klageschrift den Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung genügt.

2.      Gegenstand des Nichtigkeitsantrags

32      Wie aus der Beschreibung des Gegenstands der Klageschrift und ihren Anträgen hervorgeht, begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments.

33      Auf der ersten Seite der Klageschrift – bei der Definition des Klagegegenstands – beantragt die Klägerin außerdem die Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion.

34      Zudem ist der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung zwar weder in der Beschreibung des Gegenstands der Klageschrift noch in deren Anträgen ausdrücklich unter den Maßnahmen aufgeführt, deren Nichtigerklärung begehrt wird, aus der Darstellung der Klagegründe geht aber hervor, dass die Klägerin diesen Beschluss eindeutig hat anfechten wollen.

35      Der vorstehende Punkt wird vom Parlament im Übrigen nicht bestritten.

36      Da das Parlament den genannten Antrag ermitteln und ausführlich darauf antworten konnte, ist davon auszugehen, dass sich der Nichtigkeitsantrag ebenfalls auf den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung bezieht, auch wenn dieser Beschluss in der Beschreibung des Klagegegenstands in der Klageschrift nicht förmlich enthalten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 1967, Simet und Feram/Hohe Behörde, 25/65 und 26/65, EU:C:1967:4, S. 56 f.).

37      Die Tatsache, dass der Nichtigkeitsantrag auch den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung betrifft, wird durch den von der Klägerin in der Beschreibung des Klagegegenstands und in Rn. 17 der Klageschrift gestellten Antrag auf Nichtigerklärung aller sonstigen vorherigen, mit der Sanktion zusammenhängenden oder darauf folgenden Maßnahmen bestätigt.

38      Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Klägerin mit dem letztgenannten Antrag andere Entscheidungen als den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung gemeint hätte.

39      Deshalb ist davon auszugehen, dass sich der Nichtigkeitsantrag auf den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung, den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion und den Beschluss des Präsidiums des Parlaments (im Folgenden: angefochtene Beschlüsse) bezieht.

3.      Zulässigkeit des Nichtigkeitsantrags, soweit er sich auf den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion bezieht

40      Das Parlament vertritt die Ansicht, der Nichtigkeitsantrag sei, soweit er sich gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion richte, aus zwei Gründen, von denen einer in erster Linie und der andere hilfsweise geltend gemacht wird, als unzulässig zurückzuweisen.

41      In erster Linie trägt das Parlament vor, der Beschluss des Präsidenten über die Sanktion sei durch den Beschluss des Präsidiums des Parlaments ersetzt worden, der die endgültige Stellungnahme des Organs und damit die Stellungnahme darstelle, gegen die die Klage gerichtet werden müsse.

42      Hierzu ist anzumerken, dass der Beschluss des Präsidiums des Parlaments auf eine interne Beschwerde hin ergangen ist, die von der Klägerin auf der Grundlage von Art. 167 der Geschäftsordnung gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion eingelegt worden war.

43      Die Tatsache, dass ein Beschluss mit einem Verwaltungsrechtsbehelf angefochten werden kann, unabhängig davon, ob dieser Rechtsbehelf zwingend oder freiwillig ist, wirkt sich nach der Rechtsprechung nicht auf das Recht des Betroffenen aus, jederzeit eine gerichtliche Klage gegen den genannten Beschluss zu erheben (Urteil vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 34).

44      Daher kann die Einleitung eines Beschwerdeverfahrens nach Art. 167 der Geschäftsordnung insbesondere angesichts des Rechts auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 47 der Charta der Grundrechte nicht das Recht auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen den streitigen Beschluss beeinträchtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 35).

45      Außerdem ist hervorzuheben, dass die Verwaltungsbeschwerde und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung nach ständiger Rechtsprechung Bestandteil eines vielschichtigen Verfahrens sind. Unter diesen Umständen bewirkt die Klageerhebung beim Unionsrichter, selbst wenn sie formal gegen die Zurückweisung der Beschwerde gerichtet ist, dass der Unionsrichter mit der beschwerenden Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist (Urteile vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 36, und vom 19. September 2018, Selimovic/Parlament, T‑61/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:565, Rn. 45).

46      Überdies ist eine Klage nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung unabhängig davon zulässig, ob sie nur gegen die Entscheidung gerichtet ist, die Gegenstand der Beschwerde war, gegen die Entscheidung, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wurde, oder gegen diese beiden Entscheidungen zusammen, vorausgesetzt, dass die Beschwerde und die Klage innerhalb der im oben angeführten Artikel vorgesehenen Fristen eingereicht wurden (vgl. Urteil vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Erlass des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments die Klägerin selbst dann nicht daran hindert, Klage gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion zu erheben, wenn der letztgenannte Beschluss Gegenstand eines Rechtsbehelfs nach Art. 167 der Geschäftsordnung gewesen sein sollte.

48      Hilfsweise macht das Parlament geltend, die Klage sei, soweit sie sich gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion richte, unzulässig, weil sie nach Ablauf der in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehenen Zweimonatsfrist erhoben worden sei.

49      In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsbehelf auf Verwaltungsebene, sei er freiwillig oder nicht, eine gütliche Beilegung des zwischen dem Betroffenen und der Verwaltung entstandenen Streits ermöglichen und fördern soll, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden (Urteile vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 25, und vom 19. September 2018, Selimovic/Parlament, T‑61/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:565, Rn. 43).

50      Im vorliegenden Fall stellt das Verfahren nach Art. 167 der Geschäftsordnung einen freiwilligen vorgerichtlichen Rechtsbehelf dar. Dieser würde seiner praktischen Wirksamkeit beraubt, wenn der betreffende Abgeordnete, nachdem er von dieser Möglichkeit zum Zweck einer gütlichen Beilegung Gebrauch gemacht hat, vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens eine gerichtliche Klage erheben müsste, um die Frist für eine Klage gegen den Beschluss, der Gegenstand des genannten Verfahrens ist, einzuhalten (Urteil vom 19. September 2018, Selimovic/Parlament, T‑61/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:565, Rn. 43).

51      Darüber hinaus ist zu bemerken, dass die Sanktion, wenn das Präsidium des Parlaments nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von vier Wochen über die interne Beschwerde entscheidet, gemäß Art. 167 der Geschäftsordnung als null und nichtig gilt, so dass in einem solchen Fall keine gerichtliche Klage erforderlich ist (Urteil vom 19. September 2018, Selimovic/Parlament, T‑61/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:565, Rn. 44).

52      Deshalb ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens spätestens am Tag des Ablaufs der ab Zustellung des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments berechneten Klagefrist beantragen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2018, Selimovic/Parlament, T‑61/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:565, Rn. 48; vgl. in diesem Sinne auch entsprechend Urteil vom 21. Februar 2018, LL/Parlament, C‑326/16 P, EU:C:2018:83, Rn. 41).

53      Im vorliegenden Fall ist der Beschluss des Präsidiums des Parlaments am 12. November 2018 ergangen und der Klägerin am darauffolgenden 14. November zugestellt worden. Die Nichtigkeitsklage ist jedoch am 11. Januar 2019 erhoben worden.

54      Folglich kann die Klage, soweit sie den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion betrifft, nicht als verspätet angesehen werden.

4.      Zulässigkeit des Nichtigkeitsantrags, soweit er sich auf den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung bezieht

55      Darüber hinaus vertritt das Parlament die Ansicht, der Nichtigkeitsantrag, soweit er sich auf den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung beziehe, sei nach Ablauf der in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehenen Fristen gestellt worden.

56      Insoweit ist zu bemerken, dass der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung, worauf das Parlament hinweist, am 2. Oktober 2018 ergangen ist, während die vorliegende Klage am 11. Januar 2019, also mehr als zwei Monate nach Zustellung dieses Beschlusses, erhoben worden ist.

57      In der mündlichen Verhandlung hat das Parlament dargelegt, dass das Verfahren betreffend Belästigungen, die Mitgliedern des Parlaments zur Last gelegt würden, so organisiert worden sei, dass zum einen deren besonderer Situation und zum anderen dem vom Präsidium des Parlaments geäußerten Wunsch, nur mit der Beschwerde über die Sanktion befasst zu werden, ohne an dem Teil des Verfahrens beteiligt zu sein, der sich auf die Feststellung einer Belästigung beziehe, Rechnung getragen werde.

58      Deshalb sei ein zweigeteiltes Verfahren eingerichtet worden, wobei jeder dieser Teile einer anderen Regelung bezüglich der Rechtsbehelfe unterliege, da die vom Parlament geschaffenen organisatorischen Rahmenbedingungen – anders als der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung – es der beschuldigten Person ermöglichten, beim Präsidium des Parlaments eine interne Beschwerde gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion einzulegen.

59      Den Angaben des Parlaments zufolge beruhen diese organisatorischen Rahmenbedingungen auf den Art. 166 und 167 der Geschäftsordnung einerseits und Art. 12 der Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung andererseits.

60      In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass Art. 166 („Sanktionen“) der Geschäftsordnung in seinem Abs. 1 Unterabs. 1 Folgendes bestimmt:

„Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Ordnung oder Störungen der Arbeit des Parlaments unter Verletzung der in Artikel 11 festgelegten Grundsätze fasst der Präsident einen mit Gründen versehenen Beschluss über die angemessene Sanktion.“

61      Art. 167 („Interne Beschwerdeverfahren“) der Geschäftsordnung sieht Folgendes vor:

„Das betroffene Mitglied kann binnen zwei Wochen ab der Bekanntgabe der vom Präsidenten aufgrund des Artikels 166 Absätze 1 bis 4 verhängten Sanktion beim Präsidium eine interne Beschwerde einreichen. Die Beschwerde bewirkt die Aussetzung der Anwendung der Sanktion. Das Präsidium kann unbeschadet der dem betroffenen Mitglied zustehenden externen Beschwerdemöglichkeiten spätestens vier Wochen nach Eingang der Beschwerde oder, sofern das Präsidium in diesem Zeitraum nicht zusammentritt, bei seiner nächsten Sitzung, die verhängte Sanktion aufheben, bestätigen oder ändern. Ergeht innerhalb der festgesetzten Frist kein Beschluss des Präsidiums, gilt die Sanktion als null und nichtig.“

62      In Art. 12 der Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung heißt es wie folgt:

„1.      Der Präsident erlässt auf der Grundlage der Stellungnahme des [Beratenden Ausschusses] eine begründete Entscheidung, ob nachweislich eine Belästigung vorliegt. Er unterrichtet den Ausschuss schriftlich über die Maßnahmen, die er zu ergreifen gedenkt. Er informiert die Beteiligten entsprechend. Bevor er eine Entscheidung über das Vorliegen einer Belästigung trifft, hört der Präsident stets das betreffende Mitglied.

3.      Gegebenenfalls erlässt der Präsident des Parlaments eine Sanktion gegen das betreffende Mitglied gemäß den Artikeln 11 und 166 der [Geschäftsordnung]. Die Anhörung des Mitglieds gemäß Absatz 1 gilt als Anhörung im Sinne von Artikel 166 Absatz 1 der [Geschäftsordnung].“

63      Entgegen den Ausführungen des Parlaments ergibt sich aus den vorstehend angeführten Vorschriften nicht, dass Verfahren bezüglich einer Belästigung, wenn sie Mitglieder dieses Organs betreffen, notwendigerweise zu gesonderten Beschlüssen für die Belästigung und die Sanktion führen müssen einerseits und diese Beschlüsse unterschiedlichen Rechtsbehelfsregelungen unterworfen werden müssen andererseits.

64      Art. 166 der Geschäftsordnung und Art. 12 der Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung sehen nämlich lediglich vor, dass im Fall eines ungebührlichen Verhaltens eine begründete Entscheidung erlassen wird und eine Sanktion verhängt werden kann, ohne auszuschließen, dass diese auf den ersten Blick untrennbar miteinander verknüpften Elemente in derselben Entscheidung behandelt werden.

65      Im gleichen Sinne wird in Art. 167 der Geschäftsordnung lediglich der Ausgangspunkt für die Frist zur Einlegung einer Beschwerde festgelegt und darauf hingewiesen, dass diese Frist ab der Verhängung der Sanktion zu laufen beginnt, ohne auszuschließen, dass die Belästigung auch in der die Sanktion enthaltenden Entscheidung festgestellt werden kann.

66      Außerdem führt die vom Parlament vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Beschluss über die Sanktion und dem Beschluss über die Belästigung – wenn unterstellt wird, dass sie sich auf die oben in den Rn. 60 bis 62 wiedergegebenen Vorschriften stützen kann – zu einer asymmetrischen Behandlung dieser Beschlüsse in Bezug auf die Rechtsbehelfsmöglichkeiten, obwohl die genannten Beschlüsse untrennbar miteinander verbunden sind.

67      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Rechtsbehelfe, wie das Präsidium des Parlaments in Rn. 4 seines Beschlusses hervorhebt, „wirksam“ sein müssen.

68      Dieses Erfordernis ist in Art. 47 der Charta der Grundrechte verankert, wonach jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht hat, einen solchen Rechtsbehelf einzulegen.

69      Wie das Parlament feststellt, hat der unmittelbar mit einem Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion befasste Unionsrichter, wenn das Mitglied des Parlaments keine interne Beschwerde gegen diesen Beschluss einlegt, die Möglichkeit, im Rahmen ein und desselben Gerichtsverfahrens die Beziehungen zwischen Sanktion, Sachverhalt und Verfahren zu prüfen.

70      Angesichts der Verpflichtung, die Wirksamkeit des Rechtsbehelfs zu gewährleisten, rechtfertigt kein Grund eine abweichende richterliche Kontrolle des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion, wenn das Mitglied des Parlaments vor Anrufung der Gerichte eine interne Beschwerde gegen diesen Beschluss einlegt.

71      Damit der Rechtsbehelf wirksam ist, muss sich die Prüfung des Unionsrichters nämlich gleichzeitig auf die das Verhalten betreffende Entscheidung und die Entscheidung über die Sanktion beziehen können, wie es der Fall ist, wenn keine interne Beschwerde gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion eingelegt wird, da eine Sanktion nur dann rechtmäßig ist, wenn erstens die das erwiesene Verhalten betreffende Feststellung auf ausreichende Nachweise gestützt wird, zweitens diese Feststellung Gegenstand einer angemessenen rechtlichen Würdigung gewesen ist und drittens die Sanktion in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des genannten Verhaltens steht, wobei alles zusammen zu Entscheidungen geführt haben muss, die nach Durchführung eines mangelfreien Verfahrens ergangen sind.

72      Das Bestehen untrennbarer Zusammenhänge zwischen der Feststellung der Belästigung, der Sanktion und dem Ablauf des Verfahrens hat der Präsident des Parlaments im Übrigen selbst anerkannt. Zum einen hat er in Rn. 7 seines Beschlusses über die Sanktion bemerkt, dass „[d]ie Schlussfolgerungen und Gründe des Beschlusses über die Feststellung von Mobbing die Grundlage für den vorliegenden Beschluss über die Anwendung einer Sanktion darstell[t]en“. Zum anderen hat er in Rn. 11 desselben Beschlusses selbst das Verhältnis zwischen den verschiedenen Elementen des Sachverhalts beschrieben, indem er darauf hingewiesen hat, dass „[die … verhängte Sanktion] [u]nter Berücksichtigung der Schwere des Verhaltens der [Klägerin], das sie über einen längeren Zeitraum, wiederholt und systematisch an den Tag gelegt [habe] und das von einer groben Respektlosigkeit gegenüber den in Art. 11 Abs. 3 der [Geschäftsordnung] festgelegten Werten und Grundsätzen [zeuge], … angemessen und im Hinblick auf den begangenen Verstoß verhältnismäßig [sei]“.

73      In dem Wunsch, sich zu verteidigen, hat die Klägerin im vorliegenden Fall verständlicherweise von der durch die Geschäftsordnung gebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine interne Beschwerde gegen den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion einzulegen.

74      In Anbetracht der Notwendigkeit, die Wirksamkeit eines Rechtsbehelfs vor dem Unionsrichter zu gewährleisten, darf dieser Umstand jedoch nicht dazu führen, dass der Klägerin eine gerichtliche Überprüfung vorenthalten wird, in deren Verlauf alle Aspekte des streitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung der sie verbindenden untrennbaren Zusammenhänge untersucht werden.

75      Hätte die Klägerin den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung direkt vor dem Unionsrichter angefochten, hätte sich das Präsidium des Parlaments im Übrigen zwischen zwei Optionen entscheiden müssen, von denen keine hinsichtlich ihrer administrativen und rechtlichen Konsequenzen zufriedenstellend gewesen wäre. Bei der ersten Option hätte sich das Präsidium zur Sanktion äußern können, ohne die gerichtliche Entscheidung abzuwarten; in diesem Fall hätte die Klägerin auch gegen den erwähnten Beschluss Klage erheben können, was den Richter wahrscheinlich dazu bewogen hätte, die beiden Klagen zu verbinden und seine Rechtmäßigkeitsprüfung der Belästigung aufzuschieben. Bei der zweiten hätte das Präsidium möglicherweise die gerichtliche Entscheidung abwarten wollen und sich damit dem Risiko ausgesetzt, seine Befugnis zur Überprüfung der Sanktion nicht ausüben zu können, da zum einen die angefochtene Sanktion des Präsidenten des Parlaments gemäß Art. 167 der Geschäftsordnung als null und nichtig gilt, sofern das Präsidium nicht innerhalb von vier Wochen nach Eingang der Beschwerde einen Beschluss fasst, und zum anderen aus den Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht hervorgeht, dass das Präsidium die Möglichkeit hat, ein bei ihm anhängiges Verfahren in Erwartung des Ausgangs eines Gerichtsverfahrens auszusetzen.

76      Unter derartigen Umständen verlangt das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf in Verbindung mit dem Grundsatz der geordneten Rechtspflege, dass der Richter im vorliegenden Fall gleichzeitig mit der Rechtmäßigkeit der einen einzigen Rechtsstreit darstellenden Beschlüsse, nämlich hier des das Vorliegen von Belästigungshandlungen feststellenden Beschlusses und des davon abhängenden Beschlusses über die Sanktion, die solche Handlungen nach sich ziehen, befasst wird.

77      Daher ist davon auszugehen, dass, da der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung untrennbar mit dem Beschluss über die Sanktion verbunden ist, die Frist für die Nichtigkeitsklage gegen den ersten ebenso wie beim zweiten erst ab Bekanntgabe des auf die interne Beschwerde nach Art. 167 der Geschäftsordnung hin ergangenen Beschlusses des Präsidiums des Parlaments zu laufen begonnen hat (vgl. oben, Rn. 52).

78      Folglich ist anzunehmen, dass der Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidenten über die Belästigung nicht als verspätet angesehen werden kann und damit zulässig ist.

5.      Begründetheit

79      Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, sie habe während des Verfahrens, das zur Einstufung ihres Verhaltens als Belästigung einerseits und zur Verhängung einer Sanktion andererseits geführt habe, weder Zugang zum Inhalt der Untersuchungsakte noch zu den Beschwerden der beiden APA oder deren Aussagen vor dem Beratenden Ausschuss gehabt, obwohl sie das beantragt habe.

80      Dieser Argumentation tritt das Parlament entgegen.

a)      Zulässigkeit des Klagegrundes

81      Mit einer schriftlichen Frage hat das Gericht die Parteien gefragt, ob der sogenannte Grundsatz der Übereinstimmung zwischen Beschwerde und Klage im vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist und wie sich diese mögliche Anwendung auswirken würde, da Klagegründe oder Rügen vor dem Unionsrichter nach diesem Grundsatz nur zulässig sind, wenn sie bereits im Rahmen des Vorverfahrens vorgebracht worden oder eng mit einer im gleichen Rahmen vorgetragenen Beanstandung verknüpft sind.

82      Das Parlament hat geantwortet, dass, sollte diese Regel im vorliegenden Fall Anwendung finden, der Klagegrund im Zusammenhang mit der Verletzung der Verteidigungsrechte für unzulässig erklärt werden müsse, da er von der Klägerin im Rahmen ihrer internen Beschwerde beim Präsidium des Parlaments nicht vorgebracht worden sei.

83      Dem vom Parlament vertretenen Standpunkt tritt die Klägerin entgegen.

84      In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Klage auf Art. 263 AEUV und nicht auf Art. 270 AEUV gestützt wird.

85      Im Rahmen von Streitverfahren, die auf der Grundlage der letztgenannten Vorschrift eingeleitet werden, und für die durch das Statut festgelegte obligatorische vorherige Beschwerde ist der Grundsatz der Übereinstimmung entwickelt worden, ohne dass der Gerichtshof oder das Gericht ihn zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Klagen ausgeweitet hätte, die auf der Grundlage von Art. 263 AEUV erhoben werden und denen deshalb eine Verwaltungsphase vorausgeht.

86      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Übereinstimmung im Rahmen von Art. 270 AEUV den in dieser Vorschrift geregelten spezifischen Kontext berücksichtigt. Danach ist der Gerichtshof der Europäischen Union für alle Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig, die im Statut [der Beamten] und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten festgelegt sind, welche die Zulässigkeit von Klagen vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich von der Einlegung einer vorherigen Beschwerde einerseits und einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Ablehnungsentscheidung der Anstellungsbehörde andererseits abhängig machen.

87      Außerdem ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass weder die Geschäftsordnung noch ein anderer im vorliegenden Fall anwendbarer Rechtsakt die Zulässigkeit einer Klage, die ein Mitglied des Parlaments vor dem Unionsrichter erhebt, von der Einlegung einer vorherigen Beschwerde beim Parlament abhängig macht. Ohne einen solchen Rechtsakt ist der Klägerin in Anbetracht des in Art. 47 der Charta der Grundrechte vorgesehenen Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf selbst dann die Möglichkeit zu geben, sämtliche Klagegründe vor dem Unionsrichter vorzubringen, wenn sie das vor dem Präsidium des Parlaments nicht getan hat.

88      Im vorliegenden Fall ist die Anwendung des Grundsatzes der Übereinstimmung umso weniger gerechtfertigt, als sich das in Art. 167 der Geschäftsordnung vorgesehene interne Beschwerdeverfahren, so wie es vom Parlament beschrieben wird, nur auf die Sanktion beziehen kann. Unter diesen Umständen kann die Suche nach einer gütlichen Einigung nicht dazu führen, dass die Feststellung einer Belästigung, die nur vor dem Richter angefochten werden kann, in Frage gestellt wird, und erstreckt sich somit nicht auf die gesamte Streitigkeit zwischen dem betreffenden Abgeordneten und dem Parlament.

89      Jedenfalls hat sich die Tatsache, dass die Klägerin das aus den Verteidigungsrechten hergeleitete Argument nicht früher vorgebracht hat, nicht auf die Prüfung der internen Beschwerde ausgewirkt, da das Präsidium des Parlaments, wie es in den Rn. 4 und 5 seines Beschlusses ausführt, zum Zeitpunkt der Annahme seines Standpunkts überprüft hat, ob das angewandte Verfahren nicht mit einem offensichtlichen Mangel behaftet war, der die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion beeinträchtigen konnte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 21. November 2000, Carrasco Benítez/Kommission, T‑214/99, EU:T:2000:272, Rn. 37 und 38).

90      Daher ist der Grundsatz der Übereinstimmung aus den oben dargelegten Gründen auf einen Rechtsstreit wie den von der Klägerin beim Gericht anhängig gemachten nicht anwendbar und der erste Klagegrund kann deshalb nicht mit der Begründung für unzulässig erklärt werden, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte nicht im Rahmen der internen Beschwerde nach Art. 167 der Geschäftsordnung vor dem Präsidium des Parlaments geltend gemacht worden sei.

b)      Begründetheit des Klagegrundes

91      Was die Begründetheit des Klagegrundes angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf eine gute Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte insbesondere das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird, das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses und die Verpflichtung der Verwaltung umfasst, ihre Entscheidungen zu begründen.

92      Im Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB (C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 53), hat der Gerichtshof festgestellt, dass das in dieser Vorschrift vorgesehene Recht, gehört zu werden, jeder Person die Möglichkeit garantiert, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird.

93      In einem Fall, in dem eine Aufhebungsklage von einer belästigten Person gegen die Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Beschwerde erhoben worden war, hat der Gerichtshof in Anwendung von Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte die Auffassung vertreten, dass der Untersuchungsausschuss vor der Übermittlung seiner Empfehlungen an den Präsidenten des Organs und jedenfalls der Präsident selbst vor dem Erlass einer für die Klägerin nachteiligen Entscheidung deren Recht wahren mussten, in ihrer Eigenschaft als Beschwerdeführerin gehört zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 56).

94      Nach Ansicht des Gerichtshofs hatte die Klägerin als Beschwerdeführerin ein Recht darauf, dass ihr zumindest eine Zusammenfassung der Erklärungen der des Mobbings beschuldigten Person und der verschiedenen angehörten Zeugen übermittelt wird, damit sie sachgerecht Stellung nehmen kann. Diese Erklärungen waren nämlich vom Untersuchungsausschuss in seinem Bericht zur Formulierung von Empfehlungen an den Präsidenten des betreffenden Organs genutzt worden, auf die er die streitige Entscheidung gestützt hatte. Die Zusammenfassung war gegebenenfalls unter Wahrung berechtigter Interessen der Vertraulichkeit zu übermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 57).

95      Dieser Standpunkt ist im Urteil vom 25. Juni 2020, HF/Parlament (C‑570/18 P, EU:C:2020:490, Rn. 57 bis 62), in dem der Gerichtshof in einem weiteren Verfahren, das zur Zurückweisung einer Beschwerde wegen Mobbings geführt hat, unter Anwendung derselben Vorschrift entschieden hat, dass die belästigte Person als Beschwerdeführerin ein Recht darauf hatte, dass ihr zumindest eine Zusammenfassung sowohl der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses als auch der Protokolle der Zeugenanhörung übermittelt wird, da die für die Entscheidung über das Vorliegen von Mobbing zuständige Behörde die streitige Entscheidung auf diese Dokumente gestützt hatte, bestätigt worden.

96      In Rn. 66 des Urteils vom 25. Juni 2020, HF/Parlament (C‑570/18 P, EU:C:2020:490), hat der Gerichtshof klargestellt, dass zur Sicherstellung der Vertraulichkeit der Zeugenaussagen und der Ziele, die diese schützt, auf bestimmte Techniken wie die Anonymisierung bzw. die Verbreitung des Inhalts der Zeugenaussagen in Form einer Zusammenfassung oder auch die Unkenntlichmachung bestimmter Teile des Inhalts der Aussagen zurückgegriffen werden kann, wobei sicherzustellen ist, dass die Rechtsmittelführerin angehört wird, bevor eine sie beschwerende Entscheidung getroffen wird.

97      In den Rechtssachen, die zu den Urteilen vom 4. April 2019, OZ/EIB (C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 53), und vom 25. Juni 2020, HF/Parlament (C‑570/18 P, EU:C:2020:490), geführt haben, war die Person, die das Recht forderte, in sachdienlicher Weise gehört zu werden, wie oben in den Rn. 93 und 95 dargelegt, eine Beschwerdeführerin, die der Ansicht war, belästigt worden zu sein.

98      Ein solcher Sachverhalt unterscheidet sich von dem der vorliegenden Rechtssache, in der das Argument betreffend einen unzureichenden Zugang zu den Akten nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von der des Mobbings beschuldigten Person, die aus diesem Grund bestraft worden ist, vorgebracht wird.

99      In diesem Fall findet der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, den auch die Klägerin im Rahmen ihres ersten Klagegrundes geltend gemacht hat, in vollem Umfang Anwendung.

100    Nach der Rechtsprechung gilt dieser allgemeine Grundsatz in allen Verfahren gegen eine Person, die zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Mai 2012, Skareby/Kommission, F‑42/10, EU:F:2012:64, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dem ist insbesondere so, wenn das Verfahren zu einer Sanktion führen kann (Urteil vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 92). Dieser fundamentale Grundsatz der Unionsrechts muss auch dann sichergestellt werden, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt (Urteile vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, EU:C:1986:302, Rn. 27, vom 9. November 2006, Kommission/De Bry, C‑344/05 P, EU:C:2006:710, Rn. 37, und vom 27. Oktober 2016, EZB/Cerafogli, T‑787/14 P, EU:T:2016:633, Rn. 72).

101    Nach ständiger Rechtsprechung umfassen die Verteidigungsrechte den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Akteneinsicht und gehören zu den Grundrechten, die Bestandteil der Unionsrechtsordnung und in der Charta der Grundrechte verankert sind (vgl. Urteil vom 10. September 2013, G. und R., C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    Der besagte Grundsatz findet im vorliegenden Fall Anwendung, da das Verfahren, das gegen die Klägerin eröffnet worden ist, zu einer Sanktion gegen ein Mitglied des Parlaments wegen Mobbings führen kann und auch geführt hat.

103    In einem Verfahren zur Feststellung des Vorliegens einer Belästigung bedeutet der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, dass der beschuldigten Person vor Erlass der sie beschwerenden Entscheidung unter Beachtung etwaiger Vertraulichkeitserfordernisse der gesamte belastende und entlastende Akteninhalt betreffend die genannte Belästigung übermittelt und sie dazu angehört wird.

104    Die Übermittlung des gesamten Akteninhalts ist in Anhang IX Art. 3 Abs. 1 des Statuts bei Personen, für die dieses Statut gilt und gegen die nach einer Untersuchung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) ein Disziplinarverfahren anhängig ist, im Übrigen ausdrücklich vorgesehen.

105    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten und der mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin während des Verfahrens, das zur Feststellung der Belästigung und zur Verhängung der Sanktion geführt hat, mit Schreiben vom 23. Februar 2018 zwar über den Inhalt der Beschwerden der beiden APA informiert worden ist, aber weder Einsicht in deren Aussagen vor dem Beratenden Ausschuss vom 27. Februar 2018 noch in den Akteninhalt, insbesondere die E‑Mails und die Textnachrichten, gehabt hat, obwohl diese verschiedenen Informationen bei der Entscheidung über das Vorliegen einer Belästigung und der Bestrafung der Klägerin berücksichtigt worden sind.

106    In der mündlichen Verhandlung hat das Parlament vorgetragen, dass es den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte beachtet habe, aber nicht verpflichtet sei, der Klägerin vollständige Akteneinsicht zu gewähren. Jedenfalls macht es zunächst geltend, die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Akteneinsicht beantragt. Sodann sei die Übermittlung der E‑Mails und Textnachrichten, auf die sich der Beratende Ausschuss und später der Präsident des Parlaments bei der Annahme seiner Stellungnahme bzw. beim Erlass seines Beschlusses gestützt hätten, auf Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit dieser Unterlagen gestoßen. Schließlich sei die Übermittlung der besagten Informationen nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin, an die sie gerichtet worden seien oder von der sie stammten, ihren Inhalt gekannt habe.

107    Was das erste Argument angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass die Akteneinsicht im Rahmen eines Verfahrens wegen Belästigung entgegen dem Vorbringen des Parlaments nicht von einem Antrag der betroffenen Person abhängig gemacht werden darf. Es ist nämlich Sache der zuständigen Behörde, die das gegen diese Person eingeleitete Verfahren führt, alle erforderlichen Garantien, insbesondere die Garantien im Zusammenhang mit den Verteidigungsrechten, einzuhalten, ohne auf eine entsprechende Aufforderung zu warten.

108    Zum zweiten Argument ist festzustellen, dass das Parlament in seiner Argumentation ganz allgemein auf die Notwendigkeit verwiesen hat, die Beschwerdeführer zu schützen, um zu erklären, weshalb der Zugang zu den betreffenden Dokumenten im fraglichen Verfahren beschränkt worden war, ohne die Informationen zu benennen, die aufgrund ihrer Besonderheiten eine Form von Vertraulichkeit erfordert haben sollen, oder die Gründe zur Rechtfertigung dieser Vertraulichkeit anzuführen.

109    Jedenfalls sei daran erinnert, dass die Vertraulichkeit durch einen Rückgriff auf verschiedene Techniken wie die Anonymisierung, die Verbreitung des Inhalts der Akte in Form einer Zusammenfassung oder die Unkenntlichmachung bestimmter Teile ihres Inhalts sichergestellt werden kann (Urteil vom 25. Juni 2020, HF/Parlament, C‑570/18 P, EU:C:2020:490, Rn. 66).

110    In Bezug auf das dritte Argument, das übrigens im Widerspruch zum zweiten steht, ist zu bemerken, dass die beschuldigte Person für eine wirksame Verteidigung die Möglichkeit haben muss, den Akteninhalt, auf den die gegen sie erhobenen Anschuldigungen in den sie betreffenden Entscheidungen gestützt worden ist, genau zu kennen.

111    In der mündlichen Verhandlung hat das Parlament vorgetragen, dass es seine Sache sei, festzulegen, welche Informationen einer des Mobbings beschuldigten Person übermittelt würden, während es Aufgabe der beschuldigten Person sei, die diesen Informationen zugrunde liegenden Schriftstücke anzufordern, wenn sie das für notwendig erachte.

112    Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Im Rahmen eines Verfahrens wegen Belästigung haben die zuständigen Behörden dem Betroffenen unter Beachtung etwaiger Vertraulichkeitserfordernisse nicht nur die Informationen zu übermitteln, auf denen die Belästigungsvorwürfe beruhen, sondern auch die Unterlagen zur Stützung dieser Vorwürfe und gegebenenfalls solche, mit denen sich die Vorwürfe entkräften ließen, da der Betroffene die Möglichkeit haben muss, selbst festzulegen, wie seine Verteidigung vorbereitet und begründet werden soll.

113    Daher ist das vom Parlament gegen die Anwendung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte im vorliegenden Fall angeführte Vorbringen zurückzuweisen.

114    Folglich ist festzustellen, dass der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte im vorliegenden Fall verletzt worden ist.

c)      Folgen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte

115    Nach der Rechtsprechung führt eine Verletzung der Verteidigungsrechte nur dann zur Nichtigerklärung einer am Ende eines Verfahrens ergangenen Entscheidung, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 76).

116    Für den Gerichtshof ist diesem Erfordernis Genüge getan, wenn eine Klägerin nicht sachgerecht hat Stellung nehmen können, weil sie keinen Zugang zu Unterlagen gehabt hat, die ihr bei gebührender Beachtung der Verteidigungsrechte hätten übermittelt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 77 und 78, sowie vom 25. Juni 2020, HF/Parlament, C‑570/18 P, EU:C:2020:490, Rn. 73), und ihr daher zumindest eine geringe Chance genommen worden ist, sich sachdienlicher zu verteidigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service, C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 56).

117    In einem solchen Fall wirkt sich eine unterbliebene Übermittlung von Aktenstücken, auf die sich die Verwaltung gestützt hat, unter dem Gesichtspunkt des gebotenen Schutzes der Verteidigungsrechte nämlich zwangsläufig auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen aus, die am Ende eines Verfahrens ergriffen werden, das nachteilige Auswirkungen für die Klägerin haben könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 78, und vom 25. Juni 2020, HF/Parlament, C‑570/18 P, EU:C:2020:490, Rn. 73).

118    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten und der mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin während des sie betreffenden Verfahrens weder Zugang zu den Aussagen der beiden APA vor dem Beratenden Ausschuss vom 27. Februar 2018 noch zur gesamten Akte, insbesondere zum vollständigen Inhalt der E‑Mails bzw. Textnachrichten, die den Anschuldigungen zugrunde lagen, gehabt hat, obwohl diese Informationen bei der Feststellung einer Belästigung und der Verhängung der Sanktion berücksichtigt worden sind.

119    Insoweit sei darauf hingewiesen, dass die Definition des Mobbings im Sinne von Art. 12a Abs. 3 des Statuts, die mit der Definition in Art. 3 Abs. 1 der Regelung vom 14. April 2014 in der am 6. Juli 2015 geänderten Fassung übereinstimmt, eine kontextbezogene Einstufung der Handlungen und Verhaltensweisen der Beamten und Bediensteten voraussetzt, die nicht immer einfach vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2018, SQ/EIB, T‑377/17, EU:T:2018:478, Rn. 99, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 75).

120    Unter diesen Umständen ist auf der Grundlage der oben in den Rn. 115 bis 117 angeführten Rechtsprechung davon auszugehen, dass der Klägerin, die keinen Zugang zum vollständigen Akteninhalt gehabt hat, im vorliegenden Fall eine Chance genommen worden ist, sich sachdienlicher zu verteidigen, und sich diese Regelwidrigkeit zwangsläufig auf den Inhalt der gefassten Beschlüsse über das Vorliegen der Belästigung und über die Sanktion ausgewirkt hat.

121    Daher ist zu ermitteln, inwieweit sich der Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte auf die Rechtmäßigkeit der verschiedenen angefochtenen Beschlüsse ausgewirkt hat.

1)      Beschluss des Präsidenten über die Belästigung

122    Der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung ist der erste, der nach Durchführung des wegen des oben festgestellten Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte mangelhaften Verfahrens gefasst worden ist.

123    Da er erlassen worden ist, ohne dass dem Präsidenten die Informationen und Argumente zur Verfügung standen, die die Klägerin hätte vortragen können, wenn sie im Einklang mit dem erwähnten Grundsatz in die Lage versetzt worden wäre, von den Aktenstücken, auf die sich der Präsident zu stützen beabsichtigte, Kenntnis zu nehmen, ist dieser Beschluss aufzuheben.

2)      Beschluss des Präsidenten über die Sanktion

124    Es liegt auf der Hand, dass auch die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion von dem oben festgestellten Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte betroffen ist. Ihm liegen nämlich die behaupteten Belästigungshandlungen, deren Feststellung selbst von einem Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte betroffen ist, zugrunde.

125    Folglich ist der Beschluss des Präsidenten über die Sanktion wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte aufzuheben.

3)      Beschluss des Präsidiums des Parlaments

126    Das Parlament vertritt die Ansicht, der Beschluss seines Präsidiums beziehe sich nur auf die Sanktion, so dass er durch den Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, der nur den Beschluss des Präsidenten über die Belästigung betreffe, nicht beeinträchtigt sein könne.

127    Hervorzuheben ist, dass der Beschluss des Präsidiums des Parlaments den Beschluss des Präsidenten über die Sanktion bestätigt und auch ihm die behaupteten Belästigungshandlungen zugrunde liegen, deren Feststellung durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte beeinträchtigt wird. Die Rechtswidrigkeit dieser Feststellung zieht somit zwangsläufig die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments nach sich.

128    In seinem Beschluss hat das Präsidium des Parlaments zwar die von ihm im Rahmen einer Beschwerde nach Art. 167 der Geschäftsordnung wahrzunehmende Aufgabe begrenzt, indem es in Rn. 4 zum einen darauf hingewiesen hat, dass es „nur dafür zuständig [sei], die Sanktion selbst zu überdenken“, und zum anderen, dass eine Überprüfung betreffend die „Begründetheit“ des Beschlusses über die Belästigung oder die dem Beschluss über die Verhängung einer Sanktion zugrunde liegenden „Handlungen“ nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle.

129    Gleichwohl hat das Präsidium des Parlaments in derselben Rn. 4 seines Beschlusses zugegeben, dass es die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens, das zum Erlass des Beschlusses über die Belästigung geführt hat, überprüft habe.

130    So hat das Präsidium des Parlaments dargelegt, dass es „zur Stärkung des Rechtsschutzes [als] angemessen [erachtet wurde], eine Untersuchung durchzuführen, die sich auf die Überprüfung der Frage beschränkt, ob die Feststellung von Mobbing unter guten Bedingungen getroffen worden und insbesondere das angewandte Verfahren nicht mit einem offensichtlichen Mangel behaftet war, der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Verhängung einer Sanktion beeinträchtigen konnte“.

131    Im gleichen Sinne hat das Präsidium des Parlaments in Rn. 5 seines Beschlusses ausgeführt, dass das Verfahren mit keinem Mangel behaftet sei, der die Gültigkeit des Beschlusses über die Belästigung und des Beschlusses über die Sanktion in Frage stelle. Es hat nämlich darauf hingewiesen, dass „das Präsidium [auf dieser Grundlage] der Meinung [war], dass der Präsident … unter guten Bedingungen Mobbing festgestellt [hatte] und das angewandte Verfahren nicht mit einem offensichtlichen Mangel behaftet war, der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Verhängung einer Sanktion beeinträchtigen konnte“.

132    Daher hat das Präsidium des Parlaments seinen Beschluss auf eine Beurteilung gestützt, die aus den oben in den Rn. 91 bis 114 dargelegten Gründen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte vorgenommen worden ist.

133    Dieser Beschluss ist somit wegen Verstoßes gegen den genannten Grundsatz aufzuheben.

4)      Ergebnis zum Nichtigkeitsantrag

134    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist davon auszugehen, dass der Beschluss des Präsidenten über die Belästigung, der Beschluss des Präsidenten über die Sanktion und der Beschluss des Präsidiums des Parlaments aufzuheben sind, ohne dass es einer Prüfung der weiteren im ersten Klagegrund enthaltenen Rügen, der weiteren Klagegründe der Klägerin, ihrer Anträge auf Vorlage von Beweisen und Beweisangeboten oder ihrer Anträge auf Erlass prozessleitender Maßnahmen und von Maßnahmen zur Beweiserhebung bedarf.

C.      Antrag auf Ersetzung der verhängten Disziplinarstrafe durch die in Art. 166 Abs. 3 Buchst. a der Geschäftsordnung vorgesehene Sanktion

135    In den Anträgen der Klageschrift beantragt die Klägerin hilfsweise, „die verhängte Disziplinarstrafe für überhöht und unverhältnismäßig zu erklären“ und es „bei einer Sanktion nach Art. 166 Abs. 3 Buchst. a der Geschäftsordnung … bewenden zu lassen“. Die in der letztgenannten Vorschrift vorgesehene Sanktion ist die Rüge.

136    Da der oben in Rn. 135 erwähnte Antrag subsidiären Charakter im Verhältnis zum Nichtigkeitsantrag hat und diesem stattgegeben worden ist, braucht über den erstgenannten Antrag nicht entschieden zu werden.

D.      Schadensersatzantrag

1.      Entschädigungsantrag

137    In der Klageschrift beantragt die Klägerin die Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von 50 000 Euro oder eines vom Gericht nach billigem Ermessen höher oder niedriger festzusetzenden Betrags für das Verhalten seines Präsidenten und der Mitglieder seines Präsidiums. Die gegen die Klägerin verhängte Sanktion habe aufgrund ihres ungerechten Charakters ausgesprochen nachteilige Folgen gehabt, auch deshalb, weil sie von den Medien innerhalb des Parlaments und in den Mitgliedstaaten aufgegriffen worden sei.

138    In der Erwiderung gibt die Klägerin an, dass sie drei Arten von Schäden erlitten habe, nämlich erstens einen Vermögensschaden, der sich aus dem Verlust des Tagegelds für zwölf Tage und der Tatsache ergebe, dass sie sich mit den Diensten einer einzigen akkreditierten parlamentarischen Assistentin habe begnügen müssen, zweitens einen immateriellen Schaden, der durch ihren Imageverlust aufgrund der medialen Bedeutung der verhängten Sanktion entstanden sei, und drittens einen Schaden, der aus ihrem Ausschluss aus der Fünf-Sterne-Bewegung herrühre.

139    Das Parlament vertritt die Ansicht, der Antrag sei als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

140    In diesem Zusammenhang ist zunächst zu bemerken, dass der Ersatz des Vermögensschadens aus dem Verlust des Tagegelds für zwölf Tage eine mögliche Folge der im Hinblick auf die Nichtigerklärung des Beschlusses des Präsidenten über die Sanktion und des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments zu ergreifenden Maßnahmen ist. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, gemäß Art. 266 Abs. 1 AEUV die zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat. In der Zuständigkeitsverteilung zwischen Justiz und Verwaltung hat das Organ, von dem die für nichtig erklärte Handlung ausgegangen ist, zu bestimmen, welche Maßnahmen zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils erforderlich sind (vgl. Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

141    Was die Tatsache angeht, dass sich die Klägerin mit den Diensten einer einzigen akkreditierten parlamentarischen Assistentin hat begnügen müssen, ist sodann festzustellen, dass es für ein Organ nicht illegitim ist, Vorkehrungen zu treffen, um Personen, die über eine Belästigung klagen, von der Person zu entfernen, die dieser Belästigung beschuldigt wird.

142    Im Übrigen zielen die Anträge der Klägerin auf den Ersatz eines immateriellen Schadens ab.

143    Insoweit ist festzuhalten, dass die Aufhebung einer angefochtenen Maßnahme nach der Rechtsprechung als solche ein angemessener und grundsätzlich hinreichender Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden sein kann, der möglicherweise durch diese Maßnahme entstanden ist (Urteile vom 9. Juli 1987, Hochbaum und Rawes/Kommission, 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, EU:C:1987:348, Rn. 22, und vom 9. November 2004, Montalto/Rat, T‑116/03, EU:T:2004:325, Rn. 127), es sei denn, der Kläger tut dar, dass er einen immateriellen Schaden erlitten hat, der sich von dem die Aufhebung begründenden Rechtsverstoß trennen lässt und durch diese Aufhebung nicht vollständig wiedergutgemacht werden kann (Urteil vom 31. Mai 2018, Korwin-Mikke/Parlament, T‑352/17, EU:T:2018:319, Rn. 78).

144    Im vorliegenden Fall ist die Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse als hinreichend anzusehen, zumal die Entscheidung des Gerichts über den Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte der Frage nach dem Vorliegen einer Belästigung nicht vorgreift.

145    Darüber hinaus ist zu bemerken, dass die Klägerin nicht gemäß den für das Verfahren vor dem Gericht geltenden Vorschriften dargelegt hat, welche Tatsachen die Haftung des Parlaments für den behaupteten immateriellen Schaden begründen sollen.

146    Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Klage auf Ersatz eines Schadens, der von einem Unionsorgan verursacht worden sein soll, den Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung nur, wenn in ihr Tatsachen angeführt werden, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe genannt werden, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet werden (vgl. Urteil vom 20. Juli 2017, ADR Center/Kommission, T‑644/14, EU:T:2017:533, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der Klageschrift nicht angegeben, worin „das Verhalten [des] Präsidenten [des Parlaments] und [der] Mitglieder [seines] Präsidiums“, das diesem immateriellen Schaden zugrunde liegen soll, und der Kausalzusammenhang zwischen Verhalten und Schaden bestand. Sie hat darin auch nicht erläutert, was sie persönlich durchgemacht hatte.

148    Zudem sind „Beweise und Beweisangebote [gemäß Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung] im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen“.

149    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Beweise für ihren immateriellen Schaden nicht in der Anlage zur Klageschrift vorgelegt, obwohl sie zeitlich vor dieser liegen. Die verschiedenen Veröffentlichungen datieren nämlich von Oktober 2018, und die Entscheidung, mit der sie aus ihrer Partei ausgeschlossen worden ist, trägt das Datum 31. Dezember 2018.

150    Zwar können „[d]ie Hauptparteien [nach Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung] für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist“.

151    Festzustellen ist jedoch, dass die Klägerin nicht angegeben hat, weshalb die von ihr vorgelegten Beweismittel verspätet eingereicht worden sind.

152    Unter diesen Umständen ist der Entschädigungsantrag zurückzuweisen.

2.      Weitere Schadensersatzanträge

153    In Rn. 63 der Klageschrift beantragt die Klägerin, „das Parlament zur Ergreifung von Entschädigungsmaßnahmen, die … in der Mitteilung des ergangenen Beschlusses in der Plenarsitzung des Parlaments … und in der Übermittlung der Information an die wichtigsten Informationsorgane in der Verantwortung und auf Kosten des Parlaments … bestehen, sowie zur Annahme aller Marketing-Mitteilungen zu verurteilen, die geeignet sind, ein angemessenes Image der Klägerin in der öffentlichen Meinung wiederherzustellen“. Darüber hinaus beantragt die Klägerin in den Anträgen der Klageschrift, dem Präsidenten aufzugeben, die Information über die Wiedergutmachung in der Plenarsitzung zu veröffentlichen.

154    Wie das Parlament hervorhebt, kann der Unionsrichter einem Organ oder einer Einrichtung der Union keine Anweisungen erteilen, ohne in die ausschließlichen Befugnisse der Verwaltung einzugreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2019, HJ/EMA, T‑881/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:5, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

155    Nach der Rechtsprechung führt dieser Grundsatz aufgrund der Unzuständigkeit des Gerichts nicht nur zur Zurückweisung der Anträge, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gestellt werden und mit denen dem Organ oder der beklagten Einrichtung aufgegeben werden soll, die zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; er gilt vielmehr grundsätzlich auch für eine Schadensersatzklage, in deren Rahmen ein Kläger die Verurteilung eines Organs zur Ergreifung bestimmter Maßnahmen zur Wiedergutmachung des behaupteten Schadens beantragt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2019, HJ/EMA, T‑881/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:5, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156    Somit sind die Anträge auf Schadensersatz, der in „der Mitteilung des ergangenen Beschlusses in der Plenarsitzung des Parlaments … und in der Übermittlung der Information an die wichtigsten Informationsorgane in der Verantwortung und auf Kosten des Parlaments … sowie [in der] Annahme aller Marketing-Mitteilungen [besteht], die geeignet sind, ein angemessenes Image der Klägerin in der öffentlichen Meinung wiederherzustellen“, zurückzuweisen.

IV.    Kosten

157    Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

158    Unterliegen mehrere Parteien, so entscheidet das Gericht nach Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung über die Verteilung der Kosten.

159    Gemäß Art. 135 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei neben ihren Kosten nur einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.

160    Im vorliegenden Fall verlangt die Billigkeit, dass das Parlament, obwohl der Schadensersatzantrag der Klägerin zurückgewiesen worden ist, zur Tragung seiner gesamten eigenen Kosten und der Kosten der Klägerin verurteilt wird, da es mit seinem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 2. Oktober 2018, mit dem das Verhalten von Frau Giulia Moi gegenüber zwei ihrer akkreditierten parlamentarischen Assistenten als Mobbing eingestuft wird, der Beschluss des Präsidenten des Parlaments vom 2. Oktober 2018, mit dem Frau Moi als Sanktion für ihr als Mobbing eingestuftes Verhalten gegenüber zwei ihrer parlamentarischen Assistenten der Verlust des Anspruchs auf Tagegeld für einen Zeitraum von zwölf Tagen auferlegt wird, und der Beschluss des Präsidiums des Parlaments vom 12. November 2018 betreffend die von Frau Moi am 16. Oktober 2018 gemäß Art. 167 der Geschäftsordnung des Parlaments eingelegte Beschwerde werden aufgehoben.

2.      Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

3.      Das Parlament trägt die Kosten.

Gervasoni

Madise

Nihoul

Frendo

 

      Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Februar 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Italienisch.


1      Gemäß den Vorschriften über den Schutz persönlicher Daten im Rahmen der Rechtsprechungstätigkeit des Gerichts ist durch Beschluss des Kanzlers in der öffentlichen Fassung des Urteils eine Angabe entfernt und durch den Vermerk [vertraulich] ersetzt worden.