Language of document : ECLI:EU:T:2014:879

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

30. September 2014(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑68/11 DEP

Erich Kastenholz, wohnhaft in Troisdorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Acker,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch S. Hanne, dann durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Qwatchme A/S mit Sitz in Løsning (Dänemark) Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Zöbisch,

wegen Festsetzung der der Streithelferin vom Kläger zu erstattenden Kosten im Anschluss an das Urteil vom 6. Juni 2013, Kastenholz/HABM – Qwatchme (Uhrenzifferblätter) (T‑68/11, Slg, EU:T:2013:298),

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Beteiligten

1        Mit Klageschrift, die am 25. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob Herr Erich Kastenholz eine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 2. November 2010 (Sache R 1086/2009‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Erich Kastenholz und der Qwatchme A/S und auf Verurteilung des HABM zur Kostentragung.

2        Die Streithelferin, Qwatchme A/S, trat dem Rechtsstreit bei, um die Klageabweisung und die Verurteilung des Klägers zur Kostentragung zu beantragen.

3        Mit Urteil vom 6. Juni 2013, Kastenholz/HABM – Qwatchme (Uhrenzifferblätter) (T‑68/11, Slg, EU:T:2013:298, im Folgenden: Urteil des Gerichts), wies das Gericht die Klage ab und verurteilte den Kläger auf Grundlage des Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts zur Kostentragung.

4        Mit Schreiben vom 21. Juni und 12. Juli 2013 forderte die Streithelferin den Kläger auf, ihr die auf 7 004,60 Euro bezifferten Kosten zu erstatten. Diese Schreiben blieben unbeantwortet.

5        Mit Schriftsatz, der am 2. August bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist und unter der Nummer C‑435/13 P eingetragen wurde, legte der Kläger nach Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein.

6        Mit Schriftsatz, der am 9. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin nach Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt, mit dem sie das Gericht ersucht hat, den Betrag der auf das Verfahren vor dem Gericht entfallenden erstattungsfähigen Kosten, deren Erstattung dem Kläger obliegt, auf 7 004,60 Euro festzusetzen.

7        Mit Schriftsatz, der am 19. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ist der Kläger diesem Antrag entgegengetreten, wobei er die zu erstattenden Kosten als überhöht rügte.

8        Mit Beschluss vom 6. Mai 2014 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zum Ergehen einer abschließenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑435/13 P ausgesetzt.

9        Mit Beschluss vom 17. Juli 2014, Kastenholz/HABM (C‑435/13 P, EU:C:2014:2124), hat der Gerichtshof das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen und ihm die Kosten auferlegt.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbringen der Parteien

10      Die Streithelferin ersucht das Gericht, ihre erstattungsfähigen Kosten auf 7 004,60 Euro festzusetzen, und fügt zur Stützung ihres Antrags eine Tabelle bei, in der zum einen die von ihrem Anwalt erbrachten Dienstleistungen mit Angabe der aufgewendeten Zeit und des Stundensatzes, sowie zum anderen die im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht angefallenen Auslagen aufgeführt sind.

11      Aus der vorbenannten Tabelle ergibt sich, dass sich die auf das Verfahren vor dem Gericht entfallenden Kosten aus den folgenden Posten zusammensetzen: erstens einem Betrag von 5 750,01 Euro als Anwaltshonorar; zweitens einem Pauschalbetrag von 170 Euro als Auslagen u. a. für Telefongespräche, E-Mails und Fotokopien; drittens einem Betrag von 1 084,59 Euro für Reise- und Aufenthaltskosten nach bzw. in Luxemburg zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht am 8. November 2012.

12      Zunächst ist der Kläger der Meinung, dass das vom Anwalt der Streithelferin abgerechnete Honorar überhöht und nicht nach dem deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgesetzt worden sei. In einer Rechtssache wie der vorliegenden, bei der der Streitwert 50 000 Euro nicht übersteige, müsse sich die Anwaltsvergütung ohne Auslagen und Reisekosten nämlich auf 2 948,80 Euro belaufen.

13      Zweitens rügt der Kläger den Pauschalbetrag von 20 Euro, der achtmal für Mitteilungen, insbesondere per E-Mail, in Rechnung gestellt wurde.

14      Drittens und letztens weist der Kläger darauf hin, dass die mündliche Verhandlung vor dem Gericht am 8. November 2012 ungefähr eineinhalb Stunden gedauert habe, wohingegen die von der Streithelferin vorgelegte Tabelle die auf die mündliche Verhandlung verwandte Zeit mit acht Stunden ausweise. Nach Auffassung des Klägers hätte, selbst wenn diese Dauer u. a. die Stunden der Reisezeit berücksichtige, auf Letztere der hälftige Stundensatz angewandt werden müssen.

 Würdigung durch das Gericht

15      Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht nach Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Gegenpartei durch unanfechtbaren Beschluss.

16      Nach Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten als erstattungsfähige Kosten „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“. Erstattungsfähige Kosten sind somit nur die Aufwendungen, die sowohl für das Verfahren vor dem Gericht entstanden sind als auch dafür notwendig waren (Beschlüsse vom 28. Juni 2004 Airtours/Kommission, T‑342/99 DEP, Slg, EU:T:2004:192, Rn. 13, und vom 23. Oktober 2013, Phonebook of the World/HABM, T‑589/11 DEP, EU:T:2013:572, Rn. 8).

17      In Rechtsstreitigkeiten, die Rechte des geistigen Eigentums betreffen, gelten nach Art. 136 § 2 der Verfahrensordnung als erstattungsfähige Kosten außerdem „[d]ie Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, sowie die Kosten, die durch die Einreichung der in Artikel 131 § 4 Absatz 2 vorgesehenen Übersetzungen der Schriftsätze oder Schreiben in die Verfahrenssprache entstehen“.

18      Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass der Unionsrichter nicht die Vergütungen festsetzen kann, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen hat, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der kostenpflichtigen Partei verlangt werden kann. Das Gericht braucht bei der Entscheidung über einen Antrag auf Kostenfestsetzung weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine etwaige Gebührenvereinbarung zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen zu berücksichtigen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, EU:T:2004:192, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht, da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits, Gegenstand und Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad und den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren zu berücksichtigen (vgl. u. a. Beschlüsse vom 29. Oktober 2010, Celia/Leche Celta, C‑300/08 P‑DEP, EU:C:2010:655, Rn. 14, und vom 10. Januar 2002, Starway/Conseil, T‑80/97 DEP, Slg, EU:T:2002:1, Rn. 27).

20      Die Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten im Antrag der Streithelferin hat nach Maßgabe dieser Kriterien zu erfolgen.

21      Was erstens den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits sowie seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dieser u. a. erstmals einen Antrag auf Nichtigerklärung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) zum Gegenstand hatte, wobei das angegriffene Geschmacksmuster nach Auffassung des Klägers eine unerlaubte Verwendung eines nach deutschem Urheberrecht geschützten Werkes darstellt. Der Rechtsstreit hatte somit aus unionsrechtlicher Sicht eine gewisse Bedeutung, ohne jedoch eine besondere oder ungewöhnliche Schwierigkeit aufzuweisen.

22      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn das Ausgangsverfahren naturgemäß für die Streithelferin von einem gewissen wirtschaftlichen Interesse war, dieses wirtschaftliche Interesse in Ermangelung hierzu von der Streithelferin vorgetragener Gesichtspunkte nicht als ungewöhnlich wichtig angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 7. Januar 2008, Rodrigues Carvalhais/HABM, T‑206/04 DEP, EU:T:2008:2, Rn. 13, und vom 6. Juni 2013, Ford Motor/HABM, T‑486/07 DEP, EU:T:2013:297, Rn. 18).

23      Drittens und letztens ist zur Beurteilung des Schwierigkeitsgrads der Angelegenheit und des Arbeitsumfangs des Anwalts der Streithelferin darauf hinzuweisen, dass für den Unionsrichter grundsätzlich die Gesamtzahl der Arbeitsstunden entscheidend ist, die für das Verfahren vor dem Gericht objektiv erforderlich waren. Der Unionsrichter kann insoweit den Wert der geleisteten Arbeit nur nach Maßgabe der Genauigkeit der mitgeteilten Daten beurteilen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, EU:T:2004:192, Rn. 30).

24      Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin eine detaillierte Liste der von ihrem Anwalt erbrachten Dienstleistungen vorgelegt hat, in der die aufgewendete Zeit und der auf diese Dienstleistungen anwendbare Stundensatz angegeben wurden. Es ist ebenso darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin keine genaue Abrechnung der verschiedenen Auslagen eingereicht hat, die u. a. auf Telefongespräche, E-Mails und Fotokopien entfallen, da diese pauschal abgerechnet wurden. Schließlich hat die Streithelferin keine Nachweise oder Rechnungen vorgelegt, die es dem Gericht ermöglichen würden, die Begründetheit der u. a. auf Telefongespräche, E-Mails und Fotokopien entfallenden Auslagen einerseits und der Reise- und Aufenthaltskosten nach bzw. in Luxemburg andererseits festzustellen.

25      Im Übrigen ist festzustellen, dass der von der Rechtssache verursachte Arbeitsaufwand, der von der Streithelferin geltend gemacht wird, in praktischer Hinsicht übertrieben erscheint.

26      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin am 24. Februar 2011 eine einen Absatz umfassende Stellungnahme zur Bestimmung der Verfahrenssprache eingereicht hat.

27      Weiterhin war die angefochtene Entscheidung relativ kurz (zwölf Seiten) und hat es so den Verfahrensbeteiligten ermöglicht, ebenfalls recht kurze Schriftsätze einzureichen. So war die am 25. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangene Klageschrift auf 13 Seiten abgefasst, die Klagebeantwortung des HABM auf 18 Seiten und die Klagebeantwortung der Streithelferin auf acht Seiten.

28      Schließlich hatten die Verfahrensbeteiligten weder eine Erwiderung noch eine Gegenerwiderung einzureichen.

29      Demnach ist zum einen hinsichtlich der von der Streithelferin als Anwaltshonorar geforderten 5 750,01 Euro festzustellen, dass, auch wenn der vom Kläger im Übrigen nicht angegriffene Stundensatz dieses Honorars in Höhe von 250 Euro nicht unangemessen erscheint, der angeblich auf das Verfahren vor dem Gericht entfallende Zeitaufwand, nämlich etwas mehr als 23 Stunden, in Anbetracht der in den Rn. 21, 22 und 25 bis 28 des vorliegenden Beschlusses ausgeführten Gründe übertrieben erscheint. Demnach erscheint es angemessen, den Betrag des erstattungsfähigen Anwaltshonorars der Streithelferin auf 3 750 Euro festzusetzen.

30      Zum anderen ist zu dem von der Streithelferin geltend gemachten Pauschalbetrag von 170 Euro für u. a. auf Telefongespräche, E-Mails und Fotokopien entfallende Auslagen darauf hinzuweisen, dass weder eine genaue Abrechnung noch Nachweise vorgelegt wurden. In Anbetracht der Allgemeinheit dieser Forderung ist der Betrag der geltend gemachten Kosten leicht nach unten zu korrigieren und auf 100 Euro festzusetzen.

31      Zu den von der Streithelferin für Reise- und Aufenthaltskosten nach bzw. in Luxemburg geltend gemachten 1 084,59 Euro schließlich geht aus der von der Streithelferin vorgelegten Tabelle hervor, dass sich dieser Betrag aus den Beträgen von 24 Euro für Hin- und Rückfahrt zwischen München und dem Flughafen, 790,59 Euro für ein Flugticket für den Hin- und Rückflug München-Luxemburg, 210 Euro für ein Hotelzimmer in Luxemburg und 60 Euro Taxikosten in Luxemburg zusammensetzt. In Anbetracht dieser Aufstellung, die im Übrigen vom Kläger nicht angegriffen wird, hält das Gericht die Höhe der von der Streithelferin geforderten Reise- und Aufenthaltskosten nach bzw. in Luxemburg ungeachtet der Tatsache, dass ihm keinerlei Rechnung vorgelegt wurde, für angemessen.

32      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass eine Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten der Streithelferin für das Verfahren vor dem Gericht auf 4 934,59 Euro angemessen ist, wobei dieser Betrag allen Umständen der Rechtssache bis zum Ergehen des vorliegenden Beschlusses Rechnung trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die Herr Erich Kastenholz an die Qwatchme A/S zu erstatten hat, wird auf 4 934,59 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 30. September 2014

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       H. Kanninen


* Verfahrenssprache: Deutsch.