Language of document : ECLI:EU:C:2021:110

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

11. Februar 2021(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutsamkeit einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht dargetan wird – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑600/20 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 10. November 2020,

Anne-Marie Klose, wohnhaft in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin I. Seher,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta sowie der Richter M. Ilešič und E. Juhász (Berichterstatter),

Kanzler: A. Calot Escobar,


auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Frau Anne-Marie Klose die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2020, Klose/EUIPO (Darstellung eines Rechtecks mit drei farbigen Segmenten) (T‑81/20, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:403), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 12. Dezember 2019 (Sache R 1995/2019-2) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das ein Rechteck mit drei farbigen Segmenten darstellt, als Unionsmarke abgewiesen hat.

 Zur Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Nach Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hat der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss.

6        Die Rechtsmittelführerin stützt ihren Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels auf vier Argumente, mit denen sie geltend macht, dass die in ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Rechtsfragen zu einem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam seien.

7        Mit ihrem ersten Argument wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht im Wesentlichen vor, bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke nicht alle von der Markenanmeldung umfassten Waren als Zubehör für den Reitsport betrachtet zu haben. Sie macht geltend, dass es für die Einheit und Entwicklung des Unionsrechts entscheidend sei, bei der Beurteilung der Waren und Dienstleistungen deren spezifische Beschreibung in der Anmeldung zu berücksichtigen und eine Abgrenzung zu den allgemeinen Oberbegriffen zu finden.

8        Mit ihrem zweiten Argument macht sie geltend, dass das Gericht ihr Klagevorbringen, wonach Bildmarken und Farbmarken nicht identisch behandelt werden dürfen, nicht berücksichtigt habe. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist die Frage, ob Bildmarken und Farbmarken identisch oder unterschiedlich zu behandeln sind, für die Einheit und Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam.

9        Mit ihrem dritten Argument führt die Rechtsmittelführerin aus, dass sich das Gericht auf die Feststellung beschränkt habe, die angemeldete Bildmarke sei nur mit gewöhnlichen Konturen und gewöhnlichen Farben gestaltet, und dass es damit gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Urteil vom 16. September 2004, SAT.1/HABM (C‑329/02 P, EU:C:2004:532) verstoßen habe. Für die Einheit und die Kohärenz des Unionsrechts sei es wichtig, festzulegen, wie künstlerische Kreativität mit einer Herkunftsfunktion und einfache Gestaltung von Formen und Farben, die lediglich der Dekoration diene, voneinander abzugrenzen seien.

10      Mit ihrem vierten Argument trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass es für die Einheit und die Entwicklung des Unionsrechts von Bedeutung sei, zu wissen, ob die bereits im Register der Unionsmarken vorhandenen Eintragungen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 Auswirkungen auf die Eintragung einer neuen Marke haben könnten, wenn sie aufgrund ihrer Verwendung als Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Produkte wahrgenommen würden.

11      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es der Rechtsmittelführerin obliegt, darzutun, dass die mit ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Außerdem muss, wie sich aus Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 170a Abs. 1 und Art. 170b Abs. 4 der Verfahrensordnung ergibt, der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall der teilweisen Zulassung des Rechtsmittels die Gründe oder Teile des Rechtsmittels zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Da der Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln nach Art. 58a der genannten Satzung die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Fragen beschränken soll, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, sind vom Gerichtshof nämlich nur die Gründe im Rahmen des Rechtsmittels zu prüfen, die solche Fragen aufwerfen; dies muss vom Rechtsmittelführer dargetan worden sein (Beschluss vom 3. September 2020, Gamma-A/EUIPO, C‑199/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:662, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Daher muss ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die durch jeden Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, erläutern, ob diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist, und speziell darlegen, warum diese Frage im Hinblick auf das geltend gemachte Kriterium bedeutsam ist. Was insbesondere die Rechtsmittelgründe betrifft, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nähere Angaben zu der Bestimmung des Unionsrechts oder der Rechtsprechung enthalten, gegen die durch das angefochtene Urteil oder den angefochtenen Beschluss verstoßen worden sein soll, in gedrängter Form darlegen, worin der vom Gericht angeblich begangene Rechtsfehler besteht, und Ausführungen dazu machen, inwieweit sich dieser Fehler auf das Ergebnis des angefochtenen Urteils oder Beschlusses ausgewirkt hat. Ist der gerügte Rechtsfehler das Ergebnis einer Verletzung der Rechtsprechung, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in gedrängter Form, aber klar und genau darlegen, erstens, wo der behauptete Widerspruch zu finden ist, indem sowohl die Randnummern des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses, die der Rechtsmittelführer in Frage stellt, als auch die Randnummern der Entscheidung des Gerichtshofs oder des Gerichts angegeben werden, die missachtet worden sein sollen, und zweitens die konkreten Gründe, aus denen ein solcher Widerspruch eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels, der die in der Rn. 13 des vorliegenden Beschlusses angeführten Angaben nicht enthält, ist von vornherein nicht geeignet, zu belegen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die seine Zulassung rechtfertigt (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin zwar die angeblichen Rechtsfehler des Gerichts benennt, sie aber nicht ausreichend erläutert und jedenfalls nicht dartut, inwieweit diese Rechtsfehler, ihr Vorliegen unterstellt, für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Fragen aufwerfen würden, die die Zulassung des Rechtsmittels rechtfertigen würden.

16      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass dieser ein Rechtsmittel nicht bereits dann zulassen muss, wenn es bestimmte, dem mit ihm angefochtenen Urteil oder Beschluss eigene Rechtsfragen aufwirft. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr dartun, dass sein Rechtsmittel unabhängig von den angesprochenen Rechtsfragen eine oder mehrere Rechtsfragen aufwirft, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, wobei die Tragweite dieses Kriteriums über den Rahmen des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses und letztlich den des Rechtsmittels hinausgeht (Beschluss vom 26. November 2020, Scorify/EUIPO, C‑418/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:968, Rn. 23).

17      Er muss sowohl dartun, welche Rechtsfragen durch das Rechtsmittel aufgeworfen werden, als auch, inwieweit sie bedeutsam sind, und zwar konkret anhand der Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich mit allgemeinen Ausführungen (Beschluss vom 4. Juni 2020, Société des produits Nestlé/Amigüitos pets & life und EUIPO, C‑97/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:442, Rn. 18).

18      Jedenfalls ist festzustellen, dass es der Rechtsmittelführerin mit dem in Rn. 7 des vorliegenden Beschlusses angeführten Argument in Wirklichkeit darum geht, die Tatsachenwürdigung anzugreifen, die das Gericht im Hinblick auf die Unterscheidungskraft der Marke bezüglich der von der Anmeldung umfassten Waren vorgenommen hat. Ein solches Vorbringen ist jedoch grundsätzlich nicht geeignet, eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufzuwerfen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. November 2020, Katjes Fassin/EUIPO, C‑446/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:910, Rn. 14).

19      Im Hinblick auf das in Rn. 8 des vorliegenden Beschlusses genannte Argument genügt die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin sich auf die Behauptung beschränkt, Bildmarken und Farbmarken dürften nicht identisch behandelt werden, ohne im Entferntesten darauf einzugehen, aus welchen konkreten Gründen diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sein soll.

20      Hinsichtlich des in Rn. 9 des vorliegenden Beschlusses angeführten Arguments ist darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, das Gericht habe gegen einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verstoßen, nicht ausreicht, um entsprechend der dem Urheber eines Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels obliegenden Beweislast zu belegen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, da der Antragsteller hierfür sämtliche in Rn. 13 des vorliegenden Beschlusses angeführten Anforderungen erfüllen muss (Beschluss vom 13. Oktober 2020, Abarca/EUIPO, C‑313/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:821, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall sind nicht sämtliche Anforderungen erfüllt.

21      In Bezug auf das in Rn. 10 des vorliegenden Beschlusses vorgebrachte Argument genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte zu beurteilen ist, und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 17. Dezember 2020, Brands Up/EUIPO, C‑404/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1058, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Somit ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nicht dargetan hat, dass mit dem Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

23      Das Rechtsmittel ist daher nicht zuzulassen.

 Kosten

24      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

25      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei des Verfahrens zugestellt worden ist und ihr Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Frau Anne-Marie Klose trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 11. Februar 2021

Der Kanzler

 

Die Präsidentin der Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

R. Silva de Lapuerta


*      Verfahrenssprache: Deutsch.